[CN] 2012 Trekking entlang der Chinesischen Mauer(n) VI

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  • chinook
    Fuchs
    • 27.04.2005
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    • Meine Reisen

    [CN] 2012 Trekking entlang der Chinesischen Mauer(n) VI

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    Mitreisende
    Eine kurze Episode von der Grossen Mauer der Xixia-Dynastie.
    Erst seit 2010 ist bekannt, dass die äußere (nördliche) der vormals als Mauern der Han-Dynastie betrachteten Mauern aus der Xixia-Dynastie stammt (14C-Analysen von organischem Material, entnommen in der äußeren Mongolei).
    Um diese Erkenntnis durch weitere Fakten zu untermauern hatte ich beschlossen, diese Mauer aufzusuchen. Voraus gegangen war eine monatelange Analyse der Google Earth Aufnahmen dieses Gebietes. So konnte ich viele hundert Kilometer des Mauerverlaufs sowie eine Großzahl von Festungsanlagen identifizieren.
    Die Xixia-Dynastie 西夏朝 (1032–1227) war die letzte Dynastie Nordwest-Chinas vor dem Einfall der Mongolen. Da die Bevölkerung militärischen Wiederstand leistete wurde sie komplett ausgelöscht, mit ihr auch Sprache, Schrift und Kultur. Die Identifizierung dieser Mauer als zur Xixia-Dynastie gehörig führt zu einer kompletten Neubewertung dieser geschichtlichen Epoche.

    Nach einer, wie immer in China, längeren Anreise zur nächstgrößeren Millionenstadt 巴彦淖尔市 (Bayannao'er, Bayan Nur) und einer Busreise in die (inner-)mongolische Wüste gings mit einem Taxi weiter. Der Taxifahrer schüttelte fassungslos mit dem Kopf als ich ihm eröffnete von dieser Stelle zu Fuß weiter zu gehen. Keine der Wüsten, die ich vorher besucht hatte war auch nur annähernd so trostlos wie diese:





    Hier das aussagekräftigste Foto, das mir von der "Mauer" gelang. Heute sicher nicht mehr als 10cm hoch und praktisch unsichtbar, selbst, wenn man direkt auf ihr steht. Schwer vorstellbar, dass diese Mauer eine Barriere gegen eine angreifende Kavallerie darstellte.



    Im Gelände ohne GPS nicht auffind- oder identifizierbar, auf Satellitenfotos sieht dies ganz anders aus. Weiß die Mauer, grün eine Festungsanlage/dauerhaftes Militärlager.



    Ein herannahender Sandsturm:



    Ca. eine Minute später ...



    Und noch eine weitere Minute später. Kurz darauf war fotografieren schon nicht mehr möglich.



    Der Mauerverlauf im abebbenden Sandsturm:



    Gegen Abend war ich am geplanten Etappenende angekommen (ca. 30km durch die Wüste). Ebenfalls kaum erkennbar die Seiten der Verteidigungsanlage.



    Nochmal das ganze auf einem Satellitenfoto. Der rote Punkt ist die Stelle, an der ich mein Zelt aufgestellt habe.





    Dies ist leider das letzte Foto, dass ich in dieser Gegend machen konnte. Es wurde kalt und war weiterhin windig, so dass ich vorzog, mein Zelt aufzusuchen.
    Nachdem ich wenige Minuten im wärmenden Schlafsack verbracht hatte, hörte ich plötzlich Motorengeräusche(!). Da ich unsicher war, was die Ursache sein könnte, zog ich schnell meine Oberkleidung an. Als ich dann aus dem Zelt herausgekrochen kam, sah ich mich von ca. 20 schwerbewaffneten Soldaten (Sturmgewehre im Anschlag) umringt. Ich wurde befragt, was ich dort zu suchen habe, meine Sachen wurden inspiziert. Nach wenigen Minuten wurde ich aufgefordert, meine Sachen zusammen zu packen, man wolle mich mitnehmen. Angesichts der schwergewichtigen Argumente habe ich dann Folge geleistet.
    Mir wurde mein Messer abgenommen, meine Hände hinter dem Rücken gefesselt und mir die Augen verbunden. Die Fahrt dauerte ca. 2h und ich wurde (immer noch gefesselt und mit verbundenen Augen) in den Keller eines Gebäudes geführt.
    Dort musste ich vor den Augen mehrer Soldaten (da war noch Militärpolizei und Sicherheitspolizei dabei) meine Sachen einzeln vorzeigen und wurde dann verhört. Nachdem alles fotografiert wurde und ein langes Protokoll geschrieben wurde wies man mir das beste Zimmer der Kaserne zu.
    Um 04:00 Uhr in der Nacht wurde ich geweckt und in einen Konferenz-Raum geführt. Vor einer Galerei mit Fotos von Mao Ze Dong, Zhou Enlai und anderen Politikern der Nach-Revolutionszeit befand sich eine lange Reihe von Tischen mit roten Fahnen und Aschenbechern, hinter denen der lokale Parteisekretär (er war wegen mir 300km aus der Provinzhauptstadt angereist) sowie mittelhohe Militärs Platz genommen hatten. Sie hatten meinen Rucksack durchwühlt und begannen ein erneutes Verhör, das mit einer Videokamera aufgezeichet wurde. Alles übrigends auf Chinesisch ... Das Verhör dauerte ca. 3 Stunden.
    Diskutiert wurden meine Satelliten-Fotos, meine Metalldetektor (ich hatte gehofft, am nächsten Morgen nach Artefakten zu suchen) mein Handy (die Kontakte) und noch viel mehr.
    Was nicht diskutiert wurde, war mein (zweiter) US-amerikanischer Pass (ich vermute, dieses Fass sollte nicht auch noch aufgemacht werden. Nicht gefunden wurde mein GPS (am Körper, sie haben keine Leibesvisitation durchgeführt).
    Mir wurde dann noch eröffnet, dass man gezielt und über viele Stunden nach mir gesucht hatte (ich nehme an, der Taxifahrer hatte mich bei einer Kontrollstation gemeldet), der Sandsturm aber verhindert hat, dass man mich schnell finden konnte (Fußspuren). Ich stand unter dem Verdacht, ein ausländischer Spion zu sein.

    Insgesamt bin ich nicht schlecht behandelt worden (mit einem chinesischen Staatsbürger wäre wohl anders verfahren worden), am nächsten Morgen wurde mir bedeutet (das kam vorher gar nicht zur Rede), dass ich im grenznahen Gebiet nichts verloren habe. Mit einer Eskorte bin ich dann nach Bayannao'er gebracht und wurde in den nächsten Bus zur Provinzhauptstadt gesetzt. An der nächsten Straßenecke bin ich dann ausgestiegen, hab in einem Hotel eingecheckt um mich drei Tage von dieser in der Summe doch etwas traumatisierenden Erfahrung zu erholen.

    Ich bin sicher, dass ich unter anderen Vorraussetzungen meine Untersuchung dieser hochinteressanten Mauer fortsetzen werde ...


    -chinoook
    Zuletzt geändert von chinook; 27.02.2013, 23:48.
    Realität ist ein Problem von Leuten, die nicht mit Alkohol umgehen können.

  • chinook
    Fuchs
    • 27.04.2005
    • 2232

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [CN] 2012 Trekking entlang der Chinesischen Mauer(n) VI

    Zwei Tage später, immer noch in Bayennao'er, ich saß ich bei Lammfleischspießen und Bier in einem kleinen Restaurant.
    Plötzlich kommt jemand an meinem Tisch vorbei, wie sich herausstellt einer der Soldaten, die mich in der Nacht durch die Wüste gefahren hatten.
    Er begrüßt mich enthusiastisch und fordert mich auf, mit ihm in einen Nebenraum zu kommen.



    Dabei waren der Fahrer, zwei der Soldaten, ein weiterer Kamerad sowie deren Freundinnen. Der Abend dauerte noch sehr lange ...


    -chinoook
    Zuletzt geändert von chinook; 01.03.2013, 17:59.
    Realität ist ein Problem von Leuten, die nicht mit Alkohol umgehen können.

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    • ronaldo
      Freak
      Moderator
      Liebt das Forum
      • 24.01.2011
      • 11879
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      #3
      AW: [CN] 2012 Trekking entlang der Chinesischen Mauer(n) VI

      Hi,

      alle Achtung, du traust dich was... da gehts am Limes doch wesentlich lockerer zu, oder...

      Gruß, Ronald

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      • blauloke

        Lebt im Forum
        • 22.08.2008
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        #4
        AW: [CN] 2012 Trekking entlang der Chinesischen Mauer(n) VI

        Deine Mauerwanderungen verfolge ich immer gerne.
        Diesmal hast du mal Pech gehabt mit deiner Verhaftung.
        Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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