[EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

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    [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

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    die hier beschriebene reise fand im juli / august 2009 statt. ist also schon ne weile her, aber das lesen von einigen reiseberichten hier im forum hat mich motiviert, meine reise auch mal zusammenzufassen. viel spass beim lesen wünsche ich!

    1.-5. tag:
    nach der ankunft in quito gibt es einiges zu erledigen. die bergausrüstung musste vervollständigt, kartenmaterial gesucht und, dummerweise, das fahrrad geflickt werden. KLM war nicht sehr nett zu meinem lowrider, weshalb ich bekanntschaft mit einigen ecuadorianischen schlossern mache. ich zeige einem der schlosser das gebrochene teil, der macht sich frohgemut ans werk, merkt, dass das teil aus alu ist, fängt an zu basteln, bekommt verstärkung von einem kollegen, dann noch von einem, und nach ca. 20min diskussionen und bastelei sieht mein lowrider nach einem reise-veteranen aus, bevor er die erste reise überstanden hat. aber seither hält er perfekt



    meine helfer haben freude an der herausforderung, an dem gringo und seinem komischen material, so dass sie keinen lohn wollen. bisschen trinkgeld gibts natürlich trotzdem.

    6. tag:
    nachdem dieses problem nun erledigt ist, gehts los. ich packe meinen anhänger und mein stahlross mit dem bergmaterial, verpflegung und was man halt sonst noch so braucht. den ersten tag auf dem fahrrad verbringe ich mehr oder weniger in quito. um vom stadtzentrum zum stadtrand zu kommen benötige ich ungefähr 4 stunden. 4 stunden chaosverkehr, katalysatoren haben wohl die wenigsten autos, dafür haben die zahlreichen busse ihre auspuffrohre ungefähr auf kopfhöhe eines fahrradfahrers. am stadtrand angekommen ist mir bissel schlecht, so beschliesse ich, nicht mehr weit zu fahren, und übernachtete im ersten motel am wegesrand.

    7. tag:
    frischen mutes gehts auf der panamericana weiter in richtung machachi. dort noch mal kurz die vorräte aufstocken und dann mit über 70kg unterm hintern (hab damals noch nie was von UL gehört) los in richtung cotopaxi-nationalpark. nach machachi wird es allmählich einsamer, die abgas-rückstände in der lunge werden durch frische höhenluft abgebaut, ich kann endlich richtig in die reise eintauchen. naturstrassen, nur hin und wieder ein gebäude, und natürlich die grossartige andenlandschaft – herrlich! über einen geeigneten platz zum übernachten muss ich auch nicht mehr nachdenken, einfach fahren bis die lust vorbei ist, dann das zelt auspacken. freiheit pur.



    8. tag:
    der rest des anstiegs auf die hochebene zwischen cotopaxi und ruminahui steht auf dem programm. aber auch oben angekommen kann ich noch keine berggipfel erkennen, die wolken hängen zu tief. egal, erst mal das zelt aufstellen, diesmal wieder auf nem einfachen campingplatz. dann gleich weiter in richtung ruminauhi, ist ja nur ne wanderung, da brauchts nicht besonders gutes wetter. und ist vor allem als akklimatisationstour gedacht, also los gehts mit dem fahrrad bis zur laguna limpipungo, denn wandernd weiter in richtung wolken. auf dem gipfel dann ein beeindruckendes wolkenspektakel. daran muss man sich in ecuador wohl gewöhnen, das wird einem hier immer wieder mal geboten.



    bevor ich dann abends ins zelt krieche, zeigt sich der cotopaxi das erste mal, zwar noch immer schamhaft verschleiert, nichtsdestotrotz sehr reizvoll



    9. tag:
    genug in der fläche rumgegondelt, jetzt gehts wieder bergauf! aber erstmal noch ein paar kilometer über pisten bis zum fuss des cotopaxi. vor dem anstieg merke ich, dass ich noch ersatzbatterien brauche und fahr nochmal zurück zum campingplatz. glück gehabt, die verkaufen mir welche. so reichts an diesem tag halt nicht mehr bis zur refugio und ich verbring noch ne nacht im zelt auf halbem weg zwischen hochebene und refugio.



    10+11. tag:
    es klart auf, im refugio angekommen begrüsst mich eitel sonnenschein. bin zwar schon bisschen müde von den letzten paar tagen, aber der jugendliche übermut will sich dieses schönwetterfenster nicht entgehen lassen. deshalb am nachmittag bisschen ausruhen und nachts um ca. 02:00 aufbrechen in richtung gipfel. ich bin als einziger solo und ohne führer unterwegs, aber der coto ist derart beliebt, dass regelrecht eine autobahn in den schnee gestampft wurde. verlaufen nicht möglich, solange keine schneefall aufkommt. abgesehen vielleicht vom ersten teil, da hats noch keinen schnee sondern nur geröll – weshalb ich natürlich auch prompt nen ungewollten umweg mache. egal, bis 100hm vor dem gipfel hab ich alle überholt. mittlerweile aber saumüde! spüre die anstrengung der vergangenen tage nun doch heftig. hier ist die einzige stelle, die man an diesem berg auf der normalroute auch nur ansatzweise als anspruchsvoll bezeichnen könnte. ca. 15m hoch muss man gut 45° steil ne schneemauer überwinden.



    ich hab nur einen pickel dabei (den andern törichterweise aus gewichtsgründen im refugio gelassen ). und bin müde. so müde. rauf würde bestimmt gehen, rauf ist immer einfacher. aber dann auch wieder runter? mittlerweile hat mich die erste gruppe eingeholt. der führer bietet mir an, dass ich nach dem gipfel an seinem seil wieder runter kann. ich lehne ab, bin ohne führer unterwegs, und jetzt doch auf die hilfe eines führers zurückgreifen wäre falsch gespielt. also umkehren, ins refugio und ins bett. bis am nachmittag wird geschlafen, dann sattel ich wieder mein stahlross und fahre runter in die ebene. übernachtung im zelt, davor noch kurz auf die mitgeschleppte slackline.

    12. tag:
    nun gut, der erste 5000er hat nicht geklappt, aber ecuador bietet ja noch den einen oder anderen ersatz. deshalb gehts weiter. erst zügig über naturstrassen runter zur panamericana, ne kurze strecke auf diesem blechlawinentransporteur, dann wieder über wenig befahrene strassen zum ziel, chaupi, ausgangspunkt für die beiden illinizas.



    13+14. tag:
    pause. per bus zurück nach quito, brauche ne neue gore-hose, meine alte aus der schweiz hat ausgedient. die neue ist mir zwar bisschen zu kurz (bin halt bisschen grösser als der durchschnitts-latino), aber mit gamaschen drüber stört das nicht. in quito hab ich noch die coolste uniform gesehen, die mir je untergekommen ist:



    hab mich lange gefragt, was das wohl für ne truppe ist. claudia, eine freundin die momentan in ecuador arbeitet, hat mich mittlerweile darüber aufgeklärt, dass dies feuerwehrmänner sind. steht ja schliesslich auch auf dem auto
    dann wieder per bus zurück nach chaupi. dort treffe ich aude, ne französin, die ich im cotopaxi-refugio kennenlernte. hab ihr angeboten, dass sie mitkommen kann auf den illiniza norte.

    15. tag
    per jeep (jawohl, bin wegen der begleitung von meinem grundsatz der bergannäherung mit fahrrad abgekommen) gehts richtung illinizas-refugio. auf knapp 4000m ist die fahrstrasse fertig und die letzten paar höhenmeter bis zum refugio werden unter die füsse genommen. auf ca. 4700m steht dann die hütte. wir sind glücklicherweise nur zu zweit, so haben wir genügend platz und können uns möglichst weit weg vom schimmel schlafen legen.



    der rest des tages geht mit landschaftgucken und schwatzen drauf. wenn ich schon mal nicht alleine unterwegs bin profitier ich davon.

    16. tag:
    strahlendes bergwetter lädt zum gipfelgang ein. hab wirklich glück mit dem wetter. während den verschiebungen mit dem fahrrad regen und wolken, aber wenns drauf ankommt hat der wettergott ein herz für mich!
    der illiniza norte (5116m) ist ein wanderberg mit leichter kletterei (I-II) kurz vor dem gipfel. da sich die hütte schon auf 4740m befindet, ist es ein kurzer gipfelgang und man kann ihn ohne stress geniessen. auch für den abstieg bis zum parkplatz reicht es noch locker.



    17-20 tag:
    wieder per fahrrad und alleine gehts von chaupi nach ambato und weiter zum fuss des chimborazo. am 18. tag regnets lange, ich bin mit den kräften langsam wieder am ende. das zelt kann ich nirgends aufstellen, ich finde schlichtweg keinen platz der flach genug dazu wäre, mal abgesehen vom vorplatz von einigen häusern. die ecuadorianer sind sehr nette leute, sie wollen immer helfen. wenn man also fragt, wie weit es noch ist bis zu einem hostel, sagen sie immer, dass es nicht mehr weit ist. egal, wie weit es noch ist. ca. 3 stunden nachdem ich das erste mal gehört habe, in 15min habe es ein hostel, geb ich entnervt auf und übernachte in einem unterstand am wegrand. kann mich darin zwar nicht strecken, aber trocken ist es. nach dem aufstehen am nächsten morgen lichten sich die wolken wieder mal und geben den blick frei auf den chimborazo. motivationsspritze!



    aber s'nützt doch nichts, ich fahre mit dicker expeditions-daunenjacke auf dem fahrrad und friere immer noch. nach weiteren 5-6 stunden erreiche ich endlich das „15-min-hostel“, lasse gepäck und fahrrad dort und gehe per bus nach baños. bisschen krank sein. von der stadt (sehr turistisch) seh ich nicht viel ausser meinem hotelzimmer und der toilette

    21- 24 tag:
    treffe mich wieder mit aude in guaranda. per bus gehts nach maleseyata. von dort aus wollen wir den carihuairazo besteigen. dieses unternehmen scheitert nun doch wegen dem wetter, stockdichter nebel und regen sind im dunkeln morgens um 05:00 uhr nicht sehr orientationsfördernd.
    dann wars halt nur ne wanderung im altiplano, auch hübsch. per anhalter gehts nach riobamba. noch ein tag energie tanken bevors für mich zurück zum fahrrad geht.





    25. tag:
    mit dem fahrrad gehts wieder weiter in richtung whymper-hut. unterwegs winkt mir ein autofahrer freundlich zu, ich winke zurück und denke mir nichts weiter dabei. als fahrradfahrer erregt man hier halt aufsehen, zumal mit der menge gepäck die ich dabei habe. auf der panamericana hab ich sogar dem staatsfernsehen ein interview gegeben was ich hier so treibe. obs gesendet wurde, weiss ich nicht. nehme mal an eher nicht, mein spanisch ist nicht gerade fernsehtauglich
    einige kilometer vor der hütte stell ich nochmal das zelt auf, will diesmal nichts überstürzen.



    26. tag:
    in der nacht wirds kalt. am morgen ist das ganze zelt mit rauhreif überzogen. ich hab heute keinen stress, bleib also liegen und warte, bis die sonne wärmt. plötzlich klopft jemand an die zeltwand. ich mach auf und vor mir steht der mir freundlich zuwinkende autofahrer von gestern. er lädt mich auf einen kaffee in ner hütte 100hm weiter oben ein. ich pack also zusammen und geh in dort oben besuchen. stellt sich raus dass er ein polizist ist, der die solaranlage vor dem haus bewachen muss. morgens rauf in die hütte, abends nach riobamba. den ganzen tag alleine in der hütte. wir gsprächeln 2 stunden über gott und die welt. solche begegnungen machen für mich das fahrradreisen aus, man kommt mit leuten in kontakt, die man, abgeschottet durch eine windschutzscheibe, nie kennengelernt hätte. und ne gute spanisch-übung wars natürlich auch
    gegen abend komm ich dann trotz dem verspäteten start in der carrel-hütte auf ca. 4800m an.

    27 tag:
    von der carrel-hütte gehts nicht mehr mit dem fahrrad weiter. also rucksack packen und rauf in die whymper-hütte. dort schau ich einigen gruppen zu, die schon im abstieg sind. ca. 20 leute haben an diesem tag versucht, den gipfel zu erreichen, geschafft habens grad mal 2 (1 engländer mit einheimischem führer). ich studier bisschen die route, geh mal hoch bis zum einstieg, und verbring noch ne akklimatisationsnacht auf 5000m. spüre die höhe insofern dass ich kaum hunger hab und auch nur wenig schlafe.



    28+29 tag:
    ich steh zeitig auf, da ich eh nicht so gut schlafe. ausserdem überleg ich mir, dass ich so abends richtig schön müde bin und früher ins bett kann. schliesslich reicht beim chimbo der ausspruch “morgenstund hat gold im mund” nicht: die meisten gipfelaspiranten stehen um 23:00 auf und gehen um mitternacht los.
    ich hab gemerkt, dass ich bissel schneller bin als die meisten, und gönne mir deshalb ne stunde länger im bett. hat sich gelohnt, so schlaf ich wenigstens ca. 1,5h, bevor um mitternacht der wecker geht. die taktik mit früh aufstehen und früh einschlafen hat also nicht wirklich geklappt :-) am schlaf hindert mich einerseits die höhe, andererseits auch die vorfreude. endlich gehts los, mein erster 6000er steht an! also raus aus den federn (naja, daunen), und nach ner mitternachtsvesper stapf ich los in richtung 6310m.
    die normalroute geht im zickzack in richtung grat. ich erwische zwar das zick, der zack entgeht mir jedoch, keine ahnung wo ich die kurve verpasst habe. ich kann mich auch nicht an den andern 4 gruppen orientieren, die ebenfalls in dieser nacht ihr glück versuchen, die sind am anfang noch weiter oben. ich studier nochmal die fotos, die ich am vortag gemacht hab, und entscheide dann, dass statt zickzack auch direkt hoch geht. also die beiden pickel gepackt und in frontzackentechnik in richtung grat. zwischendurch hält das metall perfekt im firn, manchmal ists auch nur gefrorenes geröll, hält aber genausogut. nach ner weile komme ich auf den grat und treffe dort auf die vorderste gruppe. hab also für einmal tatsächlich zeit gespart auf einer abkürzung, sehr ungewöhnlich für mich!
    von nun an gehts auf dem grat weiter in richtung gipfel. ich komme in einen flowzustand, seh nur 10-15m schnee im stirnlampenlicht vor mir, die nächsten beiden stunden verändert sich diese ansicht kein bisschen. schliesslich flacht der grat ab, ich bin auf dem vorgipfel. nach einem kurzen abstieg gehts rauf auf den gipfel des chimborazo, ich bin auf 6310m, das hauptziel dieser reise ist erreicht! das gefühl ist unbeschreiblich, ich bin schlichtweg glücklich, tanze für mich alleine auf dem gipfel und geniesse den tag, der ganz langsam heranbricht.



    ich bin 45min vor tagesanbruch auf dem gipfel und kann beobachten, wie der horizont minute für minute heller und farbiger wird. nach 40 minuten, die ich ganz alleine auf dem gipfel geniessen konnte, kommen noch zwei gipfelsieger an. sehr gut, die können gleich ein foto von mir machen.



    alles hat ein ende, und so muss ich mich irgendwann wieder an den abstieg machen. der zieht sich ziemlich in die länge, immerhin findet man den weg bei tageslicht noch besser als in der nacht. müde, aber glücklich, komme ich nach insgesamt gut 10h wieder in der hütte an. da ich weiterhin mühe habe, in der höhe zu schlafen, sattel ich mein fahrrad und weiter gehts nach riobamba → essen → in komatösen schlaf fallen.

    tag 30-32
    nach dem gipfelerfolg am chimbo lass ich mein fahrrad in riobamba. ich hab schliesslich noch ne rechnung offen, der cotopaxi muss schon noch erstiegen werden. per bus gehts bis zur verzweigung panamericana/parque national cotopaxi. dort mach ich autostopp, und ne ecuadorianische familie nimmt mich mit bis zur hütte. als einheimischer hab ich sogar einen vergünstigten eintritt in den nationalpark, sehr praktisch diesmal geht alles rund, von der hütte bis auf den gipfel benötige ich gerade mal 3,5h, ich kann deshalb den gipfel zuerst wieder für mich alleine geniessen, bevor mich eine gefühlte hundertschaft allmählich vom gipfel verdrängt.





    rest der reise:
    mit der besteigung des cotopaxi ist mein gipfelhunger gestillt. mein bergmaterial wird in quito deponiert und zurück gehts nach riobamba, zu meinem geliebten fahrrad. ohne anhänger gehts plötzlich viel flotter vorwärts! als hätt das rad plötzlich nen motor abbekommen
    das neue ziel ist der dschungel. dazu gehts erst an den lagunas de atillo vorbei nach macas. diese strecke ist eine der schönsten, die ich bisher per fahrrad entdecken durfte. man fährt durch den bergregenwald, es hat wenig verkehr, die strassen sind zumeist nicht geteert, aber in gutem zustand, man fährt an dutzenden wasserfällen vorbei. ich halte alle paar meter an, um die landschaft in mich aufzunehmen und ein paar fotos zu schiessen.









    von macas aus fahr ich noch ein bisschen weiter in richtung osten, nach angel rubi. auf meiner karte ist von dort aus ein fussweg eingezeichnet, der in den dschungel raus geht. den möchte ich gerne erkunden. aus dem vorhaben wird nichts: als ich, ein bärtiger gringo auf seinem fahrrad, in das einfache und abgelegene dorf einfahre, verstecken sich die kinder, eines schreit laut “el diablo, el diablo”, nur ein junge ist besonders mutig und rennt eine weile neben mir her und bestaunt mich. ich komme schliesslich zu einem haus, das ich für das “gemeinschaftshaus”, für das besammlungszentrum des dorfes, halte. ich frage jemanden, ob ich mein fahrrad hier irgendwo lassen kann und ob es möglich ist, von hier aus in den dschungel zu gehen. mir wird beschieden, dass dies nur der dorfchef entscheiden kann. also warte ich erstmal. eine alte frau kommt näher und fragt mich in aggressivem ton, was ich hier wolle. sie wirft mir vor, die kinder des dorfes stehlen zu wollen. meine ausrede, dass es wohl schwierig sei, sich sträubende kinder per fahrrad zu entführen, lässt sie nicht gelten. sie erzählt mir, dass zwei tagesmärsche im dschungel ein mutiges volk wohne, das mich umbringen werde, sobald sie mich zu gesicht bekommen würden. in bedauerndem tonfall erklärt sie weiter, dass dies in ihrem dorf leider nicht mehr der fall sei, da sie nicht mehr so mutig seien....ich entscheide mich schliesslich, dass ich den dschungel lieber woanders be- und folglich hier den rückzug an-trete.
    zuvor lädt mich der mittlerweile mit seiner gefolgschaft angekommene dorfchef jedoch noch in das gemeinschaftshaus ein. ich stehe mit ca. 10 männern im kreis und es wird ein weisses gesöff herumgegeben, das in einer holzschale gereicht wird. der anstand gebietet, dass ich mittrinke, nehm ich mal an. ich nehme also einen vorsichtigen schluck. gar nicht sooo schlecht, es ist wohl irgendwas alkoholisches, selbstgebrautes. die umstehenden männer lachen mich ob des kleinen schluckes aus, einer nimmt mir die schale aus der hand, nimmt demonstrativ einen grossen schluck und reicht mir die schale zurück. na dann, prost! geschadet hats mir nicht
    fotos hab ich in dem dorf keine gemacht, ich wollte mir nicht noch vorwerfen lassen, seelen zu stehlen. ich hab in macas im nachhinein noch einige erkundigungen über das dschungelvolk hinter angel rubi eingezogen. obwohl dabei von “sangre violenta” die rede war, hab ich noch immer das gefühl, dass mich die alte frau erfolgreich auf den arm genommen hat

    vorsichtshalber fahre ich trotzdem weiter nach tena, dem touri-tor zum dschungel von ecuador. hier kaufe ich mir gummistiefel und eine machete, treffe sogar noch auf einen gleichgesinnten. der plan ist, von einer strasse aus, die ziemlich direkt von ost nach west führt, nach süden in den dschungel vorzudringen und, falls möglich, eine weitere ost-west-strasse 40km weiter südlich, zu erreichen. also steigen wir in den bus nach coca und verlassen diesen irgendwo unterwegs. wir schultern die rucksäcke, nehmen den kompass hervor und schlagen uns einen weg durch das dickicht.



    ohne machete wären wir keinen meter weit gekommen, so dicht ist das unterholz. nach einigen stunden erreichen wir eine kleine lichtung neben einem flüsschen und spannen die hängematten auf. die erste nacht im dschungel empfinde ich als sehr beruhigend. ein ständiges zirpen liegt in der luft, glühwürmchen fliegen umher, zwischendurch kann ich durch das blätterdickicht sogar einige sterne erkennen. am nächsten tag gehen wir weiter, wir müssen uns noch immer beinahe jeden meter per machete durch die pflanzen schlagen. ich mache mir jedoch keine sorgen dass wir hier grossen schaden hinterlassen, ich bin überzeugt, in 1, 2 monaten sieht man nicht mehr die geringste spur unseres weges.



    gegen abend beginnt es immer mehr zu regnen. wir denken uns nicht viel dabei, schliesslich ist das hier ein regenwald, da wird das wohl normal sein. wir durchqueren wieder mal einen fluss. auf der anderen seite hängen wir die hängematten auf, improvisieren einen regenschutz darüber und legen uns schlafen. dummerweise ist mein poncho, den ich über die matte gespannt habe, nicht gross genug. so regnet es oben und unten in die matte, in der mitte sammelt sich das wasser.



    ich wickle mich in die decke und schlafe trotzdem ziemlich gut. am morgen des dritten tages möchten wir umkehren, das ziel, den dschungel bis zur nächsten strasse (ca. 40km) zu durchqueren, ist definitiv nicht realistisch für uns anfänger. wir haben erst ungefähr 5km luftlinie zurückgelegt. trotzdem ist der rückweg in diesem moment nicht möglich: der regen hat den fluss über nacht in ein perfektes river-rafting-spielfeld verwandelt. zu fuss durchqueren: unmöglich. wir wollen also abwarten, bis der fluss wieder sanfter wird. nach 16 stunden in der hängematte wirds uns dann doch zu bunt, respektive nass und kalt, und wir beschliessen, dem flusslauf in richtung norden zu folgen, um möglicherweise einen durchschlupf zu finden. kaum eine stunde unterwegs, finden wir einen fussweg, der vom fluss wegführt. wir folgen ihm und kommen nach 2 weiteren stunden in ein dorf. also doch nicht so weit weg von der zivilisation wie wir gedacht haben

    zum abschluss der reise möchte ich den Dschungel doch noch wie ein richtiger tourist kennen lernen und buche eine 3-tägige, geführte tour. da bin ich nachts nicht nass, lieg auf ner matratze und habe sogar elektrischen strom. trotzdem schlafe ich schlechter als in der hängematte: anscheinend hat sich unter den mücken rumgesprochen, dass man in diesem camp süsses touri-blut trinken kann. und ich sag euch, die mücken beissen viel fieser als unsere europäisch-verweichlichten fliegedinger!!

    fazit: nächstes mal doch lieber wieder möglichst weit weg von den touri-zielen, dann finden einen auch die mücken nicht
    Zuletzt geändert von Benzodiazepin; 20.09.2013, 21:48.
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  • Fernwanderer
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    #2
    AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

    Sehr, sehr fein!

    Wie gings's weiter?
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    • karpow
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      • 02.01.2010
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      #3
      AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

      ohne jetzt alles gelesen zu haben...aber die fotos der landschaft sind sowas von schön!

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      • lina
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        #4
        AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

        Total spannend – freu mich schon auf die Fortsetzung

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        • Benzodiazepin
          Fuchs
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          #5
          AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

          Zitat von Fernwanderer Beitrag anzeigen
          Sehr, sehr fein!

          Wie gings's weiter?
          muss euch leider enttäuschen, die restlichen paar tage der reise sind definitiv jenseits der "bubibohnensack-outdoor-grenze" und hat folglich hier nichts mehr verloren
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            #6
            AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

            Zitat von Benzodiazepin Beitrag anzeigen
            muss euch leider enttäuschen, die restlichen paar tage der reise sind definitiv jenseits der "bubibohnensack-outdoor-grenze" und hat folglich hier nichts mehr verloren
            Was interessiert mich bubibohnensack?
            Was interessiert Dich bubibohnensack?

            Also irgendwie mußt Du da noch einen vernünftigen Schluß drandengeln - finde ich.

            Aber was interessiert Dich Fernwanderer? Mach wie Du es richtig findest!
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            • lina
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              #7
              AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

              Zitat von Fernwanderer Beitrag anzeigen
              Also irgendwie mußt Du da noch einen vernünftigen Schluß drandengeln - finde ich.
              Finde ich auch!

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              • Benzodiazepin
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                #8
                AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

                Zitat von Fernwanderer Beitrag anzeigen
                Also irgendwie mußt Du da noch einen vernünftigen Schluß drandengeln - finde ich.
                besser jetzt?
                experience is simply the name we give to our mistakes

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                • Fernwanderer
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

                  Zitat von Benzodiazepin Beitrag anzeigen
                  besser jetzt?
                  Jo.
                  In der Ruhe liegt die Kraft

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                  • Flachlandtiroler
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                    • 14.03.2003
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                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

                    Sehr sehr -- danke!

                    OT: Hat nicht wer noch letztens hier behauptet, Radfahren tauge nicht als Training fürs Bergsteigen?

                    Gruß, Martin
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                    • Klappstuhl
                      Alter Hase
                      • 25.01.2009
                      • 4235
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

                      Supertolle Sache, Respekt
                      Danke für den Bericht.

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                      • Nita
                        Fuchs
                        • 11.07.2008
                        • 1722
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

                        Richtig klasse, die Reise und die Fotos. Über mehr Text würde ich mich übrigens auch nicht beklagen ;)
                        Reiseberichte

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                        • Nörls
                          Gerne im Forum
                          • 06.10.2007
                          • 86

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

                          Toller Bericht mit feinen Fotos!

                          Was fährst denn da fürn Rädken? Gibts da vielleicht noch ein Bild auf dem man mehr sieht und ein paar Infos?

                          Gruß Nils!
                          http://kungsleden.jimdo.com/

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                          • Benzodiazepin
                            Fuchs
                            • 12.03.2012
                            • 1322
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

                            Zitat von Nita Beitrag anzeigen
                            Richtig klasse, die Reise und die Fotos. Über mehr Text würde ich mich übrigens auch nicht beklagen ;)
                            noch mehr text? meine fingerspitzen sind doch schon wund vom tippen aber danke für die blumen

                            Zitat von Nörls Beitrag anzeigen

                            Was fährst denn da fürn Rädken? Gibts da vielleicht noch ein Bild auf dem man mehr sieht und ein paar Infos?

                            Gruß Nils!
                            handelt sich um ein papalagi von mtb cycletech.
                            http://www.mtbcycletech.com/web/mtb/...xpedition.html
                            siehe auch gearList -> ausrüstung -> fahrräder
                            wirklich ein feines bike! fallsde sonst noch was drüber wissen willst gerne ne pm an mich
                            experience is simply the name we give to our mistakes

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                            • Nörls
                              Gerne im Forum
                              • 06.10.2007
                              • 86

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

                              super rad! danke für den link!
                              http://kungsleden.jimdo.com/

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                              • Ranger
                                Erfahren
                                • 15.12.2004
                                • 435
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                                #16
                                AW: [EC] Fahrradunterstütztes Bergsteigen in Ecuador

                                Super Reisebericht und tolle Bilder aus der Gegend.
                                Macht Lust auf das Land!!! Danke
                                Gruß
                                Robert

                                www.roberthaasmann.com

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