[NZ] Greenstone/Caples-Track

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    Anfänger im Forum
    • 16.01.2012
    • 31
    • Privat

    • Meine Reisen

    [NZ] Greenstone/Caples-Track

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Unfassbar. Schlicht unfassbar. Katharina und ich sind beide nun über 10 Tage in der Region um Te Anau und hatten beide jeweils nur einen Tag mit etwas Regen - und das in einem Gebiet, das für die vielen Regentage berüchtigt ist.


    Nachdem wir von unserem Manapouri-Track zurückgetrampt waren gönnten wir uns nur eine kurze Nacht im Hostel (Kartoffelgratin und Salat!) bevor es am nächsten Tag Richtung "the Divide", etwa 80km nördlich von Te Anau ging - mit im Gepäck: Ein Rinderfilet, 750g Schokolade, mein Zelt für den Notfall, Luxusnahrungsmittel wie sieben Äpfel (jeden Morgen einen ins Müsli und für jeden Mittag einen), eine ganze - echte - italienische Salami, Käse, ein paar Müsliriegel, jede Menge Couscous, 1 Zucchini und (high-end-trekker eben;) ) 4 Möhren, zwei fürs Couscous und zwei für ganz schlimme Minuten, in denen man irgendetwas Gesundes beissen will. Hört sich im ersten Moment schrecklich schwer an - aber wir hatten ausser Regenklamotten, eine Garnitur zum Wechseln und den Schlafsack ja sonst nichts dabei. Ich schätze wir starteten mit jeweils ca. 15kg und das Gepäck wurde schnell weniger.


    Die erste Stunde teilten wir den Weg noch mit vielen Tageswanderern die den naheliegenden Key Summit bestiegen und einigen rückkehrenden, recht fertig scheinenden Routeburn-Wanderern.



    Der Routebourn-Track ist einer der Great Walks und hat quasi den selben Start- und Endpunkt, nur verläuft der berühmte (und überlaufene) Pfad oberhalb der Baumgrenze, während der Greenstone/Caples-Track jeweils etwas südlicher dem Tal folgt. Ich war von Anfang an gespannt auf den Track: Oft bin ich von Gipfel zu Gipfel gewandert oder an der Küste entlang - aber durch ein breites Flusstal noch nie!
    Nach 1,5h erreichten wir die Abzweigung an der sich Routeburn und Greenstone/Caples-Track teilen, von dort an liefen wir ohne weitere Begegnungen am schönen Lake Howden und Lake McKellar entlang - ständig über die umliegenden hohen Berge staunend.



    Die Hütte lag gemütlich auf einer Lichtung, ganz nah am noch leise dahin plätschernden Greenstone-River. Ein älteres britisches Ehepaar das für 2 Monate zum Wandern nach Neuseeland gekommen war, hatte es sich bereits an der breiten Glasfront gemütlich gemacht und begrüßten uns herzlich. Tony erzählte, er habe früher "wildere" Dinge gemacht, aber man wird älter, deshalb mache er jetzt eben mehr "sowas" - und zeigt auf die Hütte. Pam, seine Ehefrau, sei früher nicht mitgekommen, aber man kann ja auch nicht einfach zu Hause sitzen und auf den Tod warten. You have to do something! Sie haben hier schon zahlreiche Mehrtagestracks gemacht - als nächstes reisen sie via Bus und Fähre nach Stuart Island und machen den 9-Tages-Circuit, einmal um die ganze Insel. Respekt! Vor allem weil Pam später noch zugibt, Höhenangst zu haben und meint, dass es nichts schlimmeres als Swing-Bridges gibt. Und überhaupt sei sie doch "just too old for that!". Gar nicht - und letztendlich kommen sie am nächsten Tag sogar noch vor uns an der nächsten Hütte an, obwohl sie später starteten ;)

    Am kommenden Morgen hingen die Wolken tief und Katharina warf sich vorsichtshalber in die komplette Regenmontur - "dann kommt die Sonne schneller raus!". Der erste Teil führte über zahlreiche Wurzeln - so viele, dass jeder Schritt Konzentration brauchte um überhaupt mit anständigem Tempo voranzukommen. Die Minuten verflogen und immer wieder eröffneten sich atemberaubende Ausblicke auf das Tal, das völlig glasklare Wasser des Greenstone-Rivers und die immer mehr sichtbaren Gipfel um uns herum.





    Nach der entspannten Pause und einem langen Nickerchen in der Mittagssonne (der Wind verscheuchte die Sandflies, ha!) starteten wir die letzten 2 Stunden. Wir waren gespannt auf die hohe Swing-Bridge vor der sich Pam so gefürchtet hatte - Respekt, dass sie es dennoch geschafft hat! Die Brücke war wirklich hoch - und eine der wackligsten die ich bisher betreten habe.




    Die letzte Stunde zog sich noch - trotz des atemberaubenden Ausblicks und des unfassbar guten Wetters. Um uns noch ein letztes Mal herauszufordern ging es auf den letzten 10min zur Hütte noch einmal steil nach unten und über eine Brücke - nur um danach nochmal eine gefühlte Ewigkeit steil nach oben zu führen. Aber auch das schafften wir noch - und wurden mit einer einfach absolut perfekt gelegenen und extrem gemütlichen Hütte belohnt.





    Vor ein paar Tagen war erster Advent!

    Wir gingen zeitig ins Bett - wer hier auf den Sternenhimmel warten will muss noch bis weit in die Nacht wach bleiben - die Sonne geht kurz vor Neun unter aber es ist noch bis mind. 11 vollkommen hell.

    Ich wachte etwas früher auf und weckte Katharina mit einem fertigen Frühstück - und sogar mit einer Adventskerze, fachmännisch auf einer Thunfisch-Dose fixiert.


    Nach einem ganz gemütlichen Morgen starteten wir auf die dritte Etappe - 5,5h. Die Etappen wurden überhaupt immer länger: Der erste Tag war mit 3h noch fast lächerlich kurz, der zweite mit 4,5h schon länger, der dritte eben 5,5 und der vierte hätte ursprünglich eigentlich 7,5h reine Laufzeit gebraucht: Allerdings zwang uns die frühe Busabholung, am dritten Tag noch so weit wie möglich zu laufen um am letzten dann rechtzeitig um drei Uhr am Parkplatz zu stehen. Wir sollten diese Entscheidung aber noch heute bitter bereuen...
    Die Gipfel steckten wie gewohnt morgens noch in dichten Wolken, also liefen wir zügig die 2,5h bis zum Startpunkt des Caples-Tracks - quasi der Hälfte unseres Gesamtweges!





    Die ersten Stunden liefen sehr gut -wir hatten ein gutes Tempo, das Wetter war perfekt, wir hatten gute Laune, es begegneten uns nur wenige Wanderer...


    Kurz nach dem Beginn des Caples Track: Wir gut, dass wir in diesem Moment noch nicht wussten, dass wir noch bis zu diesem großen, schneebedeckten Berg am Ende des Tals laufen müssen!
    Nach 4h erreichten wir die Mid Caples Hut. Die Frau im DOC (Department of Convervation) die uns die uns die Landkarte und den Hüttenpass verkaufte, hatte noch gemeint, dass diese Hütte viel schöner sei, wunderbar gelegen und kaum Sandflies! Hörte sich schon paradiesisch an - aber als wir dort ankamen verschlug es uns die Sprache. WIE SCHÖN!!



    Nur widerwillig verließen wir diesen atemberaubenden Platz und stolperten die letzten 1,5h bis zur nächsten Hütte. Es zog sich elendig lang, auf den Strecken auf den weiten Wiesen war es heiß und die Gewissheit, dass die nächste Hütte niemals mit der letzten mithalten könne, trübte die Lust am Laufen. Aber wirklich nur ein bisschen, die Landschaft war einfach viel zu schön ;)


    Die Hütte war tatsächlich nicht so schön wie die bisherigen. Vor allem die 21 14-jährigen Teenager kamen uns schrecklich laut vor, nachdem wir tagelang nur Vogelgezwitscher und das Rauschen des Baches gehört haben. Wir wuschen uns (Katharina sogar todesmutig im eiskalten Fluss, gemeinsam mit zahlreichen Sandfliegen), kochten noch unser Couscous und verzogen uns schnell in die Schlafsäcke. Morgen erwartete uns eine reine Gehzeit von fast 7h und wir mussten um drei Uhr am Parkplatz stehen.

    Der Wecker klingelte um 5.40Uhr und keine Stunde später befanden wir uns in der ersten Morgensonne auf dem Weg zurück. Die Gefühle waren gemischt - einige hatten von einem "grausamen" Anstieg bis zum Sattel erzählt, endlose und auch in der Beschreibung des DOC-Offices stand, dass es ein "very steep climb" sei - aber auch, dass man innerhalb von 2-3h am Sattel sei. Nach 1,5h war immernoch kein anständiger Anstieg in Sicht und wir hatten schon Zweifel, ob wir möglicherweise besonders langsam gelaufen waren - und es gar nicht bis 3 Uhr schaffen würden...





    Letztendlich kam er doch noch - kurz aber heftig. Und plötzlich lichtete sich der Wald und wir standen in der Morgensonne, morgens um 9 Uhr auf dem Sattel. Easy going! Ab jetzt wirds einfach - nur noch runter, dann rüber zum anderen Hang, dort entlang, einmal um den Key Summit herum und nur ein bisschen runter... Easy! ...Easy? ...Nicht ganz. Natürlich nicht! Aber wenigstens hatten wir nun ein gutes Zeitpolster.






    Der Abstieg war dann tatsächlich "very steep", ununterbrochen ging es über unzähle Wurzeln (nicht so wie wir es in Europa kennen, sondern kreuz und quer, über und unter der Erde, um Steine geschlungen etc etc... unzählige!) und glatt geschmirgelte Steine. Die erste dreiviertel Stunde machte es noch Spaß, es war eine richtige Herausforderung den einfachsten Weg zu finden aber irgendwann gehen all die vorsichtigen Tritte, Stufen und Sprünge in die Knie und die Muskeln. Nach etwa einer Stunde Abstieg und bereits im flacheren Teil hatten wir gerade noch darüber geredet, wir elendig lang dieser Weg erst als Aufstieg sein muss, als uns ein mexikanisch-tschechisches Paar entgegankam und die schlechteste aller Fragen stellte: "Geht das noch lange so weiter??" ... Hm... ja?



    Nur damit die Natur nochmal klar machen konnte, wer hier der Chef ist, verlief das wirklich allerletzte Stück des Abstiegs noch durch einen stinkenden kleinen Tümpel. Kein Vorbeikommen - man muss DURCH! Klar, also das auch noch. Schaffen wir aber auch noch! Katharina probierte den Weg "drumrum" - und landete mit einem Fuß völlig im Sumpf. Ich versuchte mich an einem dünnen Baumstamm - und stand auf einer kleinen Insel mitten im Tümpel - und auch den zweiten - noch dünneren - Baumstamm schaffte ich... fast ;)




    Und weil die Füße dann eh schon schlammig und nass waren und nun der Großteil geschafft war (jetzt waren es wirklich nur noch 2h bis zum Parkplatz!) konnte uns der breite Bach der sich seinen Weg einfach über die Wiese gesucht hatte auch nicht mehr abschrecken: Wir rannten einfach wie die Irren quer durch. Ganz tolle Idee, so sehen die Socken wenigstens auch mal noch Wasser...

    Wir legten noch eine letzte lange Pause direkt am Bach ein - einfach auch um das Ende des Tracks noch etwas hinauszuzögern. Die einzige Motivation nicht spontan noch eine Nacht hier zu bleiben war der gebuchte Bus und das gebuchte Hostel - aber der Track war so unfassbar schön, dass wir beide gerne noch länger geblieben wären.



    Nach der Rückkehr in Te Anau, einem kurzen Besuch im Supermarkt, der Dusche, dem Wäschewaschen und dem unfreiwilligen Umzug von einem ins andere Hostel konnten wir abends tatsächlich noch unsere grandiose Veranda genießen:







    Ein schöner Ausklang für vier so unbeschreiblich tolle Tage. Ich kann es einfach nur immer wieder sagen: Wicked! Absolutely awesome


    PS: Als ich heute in der Morgensonne das erste Mal seit "Langem" das Internet hochfuhr, las ich als erstes die Tagesschau-Schlagzeige: "Weichen frieren ein, Winterreifen werden knapp". Ich tippe diesen Blog im Halbschatten auf einer Hollywood-Schaukel, es hat angenehme 20-25° und keine einzige Wolke am Himmel.... Ich bin mir nicht sicher ob ich hier weg will. Doch ich bin mir sicher: Ich will hier nicht weg, aber genauso sehr freue ich mich auf zu Hause, auch wenn ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, wie jetzt daheim der Weihnachtsbaum schon bereit steht, die Landschaft im Schnee versinkt und ihr zu Hause nicht in kurzer Hose und Top rumlauft... Es ist Freitag, am Dienstag Mittag muss ich im 10h entfernten Christchurch meinen Flieger nach Auckland erwischen - und in nicht einmal einer Woche lande ich wohl in Deutschland... Deutschland! Was für ein seltsames Gefühl nach 3 Monaten auf Reisen... Traurig irgendwie. Aber auch voller Vorfreude auf euch zu Hause.

    Cheers!


    ///
    Den ganzen Bericht inklusiver vieler Bilder gibt es unter ulligunde.posterous.com
    Zuletzt geändert von Ulligunde; 17.01.2012, 16:32.
    Ulligunde ist umgezogen! Schickes Design, mehr Platz, klare Adresse: www.ulligunde.com

  • jannemann
    Anfänger im Forum
    • 01.03.2008
    • 31
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [NZ] Greenstone/Caples-Track

    Toll! Ich fliege bald auch nach Neuseeland und freue mich immer wieder, wenn sich Leute Zeit nehmen und so schöne Zeilen schreiben
    Ich liebe meine neue "Lücke im Lebenslauf"

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