[RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • squirrel
    Gerne im Forum
    • 25.04.2010
    • 83
    • Privat

    • Meine Reisen

    [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Rumänien
    Reisezeit: August 2011



    "Travel in Romania is as rewarding as it is challenging. [...] Rather than expecting an easy ride, try to accept whatever happens as an adventure - encounters with Gypsies, wild bears and tricky officials are likely to be far more interesting than anything purveyed by the tourist board." (aus der Einleitung zu The Rough Guide to Romania)

    Auch diese Warnung konnte mich nicht abhalten.

    Anscheinend wurde ich bei meiner Ungarn-Rumänien-Radtour 2010 von dem unter Rumänienreisenden wohlbekannten Rumänien-Virus angesteckt.

    Jedenfalls kam mir die Idee zu dieser Tour schon letzten November, also recht bald nach dem Ende der vorigen Tour. Zu viele Orte konnte ich letztes Jahr nicht erreichen, und zu sehr hat mich die kulturelle Andersartigkeit mitten in Europa, aber auch die Offenheit und Gastfreundschaft der Rumänen beeindruckt, um das Land als Reiseziel abzuhaken. An sehenswerten Zielen gab es noch die Bergstraße durch das Făgăraș-Gebirge, die historischen Städte Siebenbürgens, und die Moldauklöster auf der anderen Seite der Ostkarpaten. Der andere Grund für die Tour waren eine Reihe rumänischer Kontakte, die aus meiner vorigen Arbeit weiterbestanden.

    Nach den eher kühlen Nächten letzten Oktober legte ich meinen Urlaub dieses Mal in den August, in der Hoffnung auf angenehme Temperaturen speziell in den Bergen.


    Montag, 15.8.2011
    Anreise, Teil I


    Los geht's am frühen Nachmittag vom Münchner Hauptbahnhof. Lange habe ich die Vor- und Nachteile der verschiedenen Transportmittel - Bahn, Bus, Flugzeug - gegeneinander abgewägt, um schließlich doch wieder bei der Bahn zu landen. Für den Vorteil eines sehr geringen Risikos von Transportschäden am Fahrrad nehme ich das Umsteigen und eine Übernachtung in Ungarn in Kauf. So geht es über Salzburg, Wien, Bruck an der Leitha und Györ nach Komárom an der ungarisch-slowakischen Grenze, wo ich eine kurze Nacht bis zum ersten Zug am nächsten Morgen nach Budapest verbringen darf.

    Über die Donaubrücke erkunde ich den slowakischen Teil der Doppelstadt, bis mich einsetzender Regen zum Unterstellen unter dem Dach des ehemaligen Grenzpostens und schließlich zur Rückkehr zum Bahnhof bringt. Die "spannendsten" Begegnungen unterwegs sind häufig nachts und an Bahnhöfen, so auch diesmal: Ein junger Obdachloser hält mich die Stunden bis zur Abfahrt wach. Er spricht recht gutes Englisch, und ist über das mp3 eines seiner Lieblingslieder, das ich ihm von meinem Handy auf seines übertragen kann, noch glücklicher als über die Proviantvorräte, die ich mit ihm teile. In seiner Freude vergisst er für einige Stunden die Bitte um etwas Geld...


    Dienstag, 16.8.
    Anreise, Teil II


    Pünktlich um 3:40 verlasse ich Komárom per Regionalzug, um zum Sonnenaufgang in Budapest anzukommen. Die Stadtdurchquerung vom Bahnhof Deli pu im Westen zu Keleti pu im Osten kenne ich noch vom letzten Jahr, das bereitet also keine Probleme. Das Problem bereitet mir eher der Schaffner des Intercities in Richtung Arad, der mich wegen meines Fahrrads nicht einsteigen lässt. Formal hat er ja recht, aber die rumänischen Schaffner der ICs zwischen Rumänien und Ungarn sind normalerweise deutlich entspannter. Ich bin jedoch zu übermüdet, um zu verhandeln. Außerdem habe ich den Ersatzplan schon vorbereitet: Per Regionalzug geht es bis nach Szolnok, wo ich ein paar Stunden Zeit zum Frühstücken und Erkunden der Stadt bei angenehmem Sonnenschein habe. Ein weiterer Zug bringt mich am frühen Nachmittag bis zum Grenzort Lököshaza.

    Dort muss ich auf's Fahrrad umsteigen. Anscheinend gibt es tatsächlich keine Möglichkeit, ein Fahrrad im Zug von Ungarn nach Rumänien zu transportieren. Ein Blick auf die Uhr rät mir zur Eile, will ich noch den Zug von Arad nach Timișoara und mein Tagesziel, den Campingplatz in Timișoara, erreichen. Da es in der Umgebung von Lököshaza weit und breit keinen (offiziellen) Straßen-Grenzübergang nach Rumänien gibt, schließe ich auf eine gemeinsame Verschwörung der Eisenbahnplaner mit den Straßenplanern gegen Radfahrer. Irgendwie komme ich trotzdem noch rechtzeitig in Arad an und bin eine gute Stunde später in Timișoara.

    Es dämmert bereits, und die letzte Aufgabe des Tages ist es, den Campingplatz am östlichen Stadtrand zu finden. Dummerweise habe ich keinen Stadtplan mitgenommen, der den richtigen Ausschnitt Timișoaras zeigt (Planungsfehler Nr. 1, weitere folgen), und so muss ich nach Bauchgefühl fahren. Zwei Stunden später habe ich den Campingplatz immer noch nicht gefunden, obwohl ich die Straße, in der der Campingplatz sein sollte, mehrmals komplett abgefahren bin. Etwa zehn Leute habe ich unterwegs schon nach dem Weg gefragt, und genauso viele verschiedene Anweisungen bekommen. Es ist inzwischen dunkel, und mein Frust nach diesem langen Tag nimmt zu. Ich sehe meine Reiseorganisation als gescheitert an und freunde mich langsam mit der Notlösung an, mein Zelt mitten auf einer Wiese nahe des Zoos aufzustellen, in der Gesellschaft einiger herrenloser Hunde. Schließlich komme ich doch noch an ortskundige Helfer, die mir verraten, das die Einfahrt zum Campingplatz ein paar hundert Meter weiter in einer anderen Straße liegt. Noch selten zuvor habe ich mich so über einen Schlafplatz gefreut wie jetzt.

    Bei hochsommerlichen Temperaturen schlafe ich auch ohne Schlafsack ganz ordentlich. Meinen neu gefertigten Schlafsack werde ich erst morgen abholen.

    70 km, 3:55 h Fahrzeit

    Mittwoch, 17.8.
    Timișoara


    Nach der langen Anreise lege ich heute erst mal einen Ruhetag ein. Entspannt verbringe ich den Vormittag an den bekannten Kirchen, Plätzen und Parks der Stadt.



    Für den Nachmittag habe ich mich mit Valeriu von der Schlafsackschmiede Nahanny zur Schlafsackübergabe verabredet. Neben einem passgenauen Prakticus bekomme ich eine Menge Tipps zum Umgang damit und die Information, dass ich der zweite deutsche Kunde (und ODS-User) bin, der seinen Schlafsack persönlich abholt (an dieser Stelle vielen Dank an alle Verfasser von Testberichten zu Nahanny-Produkten!).

    Abends treffe ich D. und M., zwei ehemalige Kolleginnen, in einer der zahlreichen terase rund um den Piața Unirii.

    Donnerstag, 18.8.
    Anreise, Teil III


    Den ersten Test hat der neue Schlafsack mit Bravour bestanden, wenn auch am oberen Rand des Komfortbereichs.


    Zwar nicht der schönste Zeltplatz der Reise, aber dafür der teuerste

    Heute geht es im Zug weiter nach Sibiu, wo ich am Nachmittag ankomme. Von dort radle ich durch Sibiu und bis in das Dorf Cisnadioara, wo ich das Zelt auf einem relativ naturnahen Campingplatz aufstelle. Die Obstgärten, "Zimmer frei"-Schilder und die deutschen Namen der Pensionen im Dorf vermitteln den Eindruck, irgendwo in Südtirol oder am Bodensee zu sein.


    Der mit Abstand schönste (offizielle) Zeltplatz der Reise


    Ordnungsliebe auf dem Zeltplatz (die Zeltnummer, nicht das Innenleben )


    Hier wird Gastfreundschaft eingefordert: "Ich warte hier so lange, bis du mir von deiner leckeren Salami etwas abgibst."

    Für den Abend habe ich mich in Sibiu mit I., einer weiteren ehemaligen Kollegin, verabredet. Sie organisiert gerade die letzten Details für ein Mountainbike-Rennen nahe Sibiu, das am Sonntag mit mehreren hundert Teilnehmern stattfinden wird. Passend für meine morgige Fahrt über den Transfăgărășan steuern wir ein bei den lokalen Radfahrern beliebtes Pasta-Restaurant an, außerdem bekomme ich von I. einige nützliche Streckeninformationen.

    Auf dem Rückweg zum Campingplatz bemerke ich noch Planungsfehler Nr. 2, der die 10 km Strecke etwas unangenehm werden lässt: "Nachts fahr' ich bestimmt nicht Fahrrad in Rumänien, also brauche ich auch kein funktionierendes Licht..."

    48 km, 2:28 h
    Zuletzt geändert von squirrel; 04.01.2012, 17:54.

  • Vegareve
    Freak

    Liebt das Forum
    • 19.08.2009
    • 14385
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

    Zitat von squirrel Beitrag anzeigen
    also brauche ich auch kein funktionierendes Licht..."
    Oh, das ist ziemlich selbstmörderisch, aber dort nicht unüblich .
    "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

    Kommentar


    • Fernwanderer
      Alter Hase
      • 11.12.2003
      • 3885
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

      Ok! Ich bin angefüttert.
      Wann gehts weiter?
      In der Ruhe liegt die Kraft

      Kommentar


      • squirrel
        Gerne im Forum
        • 25.04.2010
        • 83
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

        Zitat von Vegareve Beitrag anzeigen
        Oh, das ist ziemlich selbstmörderisch, aber dort nicht unüblich .
        Wenn die Motorengeräusche von hinten lauter wurden, bin ich immer freiwillig von der Straße runter; das war zwar nervig, aber relativ sicher.

        Zitat von Fernwanderer Beitrag anzeigen
        Wann gehts weiter?
        Ich versuche, mit einer Geschwindigkeit von etwa 1 (d.h. einen Reisetag pro Tag) zu schreiben. Hoffentlich ist das Schreiben jetzt nicht mehr so zäh wie am Anfang...

        Kommentar


        • volx-wolf

          Lebt im Forum
          • 14.07.2008
          • 5576
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

          Ich freue mich auch sehr auf eine Fortsetzung - kenne es aber auch sehr gut, dass das Schreiben sich immer etwas hinzieht
          Egal, ob früher oder später: Mach auf jeden Fall weiter!!!

          Moralische Kultur hat ihren höchsten Stand erreicht, wenn wir erkennen,
          daß wir unsere Gedanken kontrollieren können. (C.R. Darwin)

          Kommentar


          • squirrel
            Gerne im Forum
            • 25.04.2010
            • 83
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

            Freitag, 19.8.
            Transfăgărășan


            Heute geht es endlich los, der erste Tag auf dem Fahrrad ist gekommen. Passend dazu präsentiert sich die Landschaft in bestem Kaiserwetter. Über einige Dörfer südlich von Sibiu gelange ich auf die E68, leider kein Fernwanderweg, sondern eine Europastraße, aber die einzig praktikable Anfahrt zum Transfăgărășan. Mittags erreiche ich Cârtișoara am Fuße der Bergstraße.




            Kontraste

            Die nun vor mir liegende Straße überwindet auf den nächsten gut 30 km etwa 1500 Höhenmeter und führt vom Flachland recht direkt ins Hochgebirge. Der abrupte Wechsel dieser beiden Landschaften sorgt auf der Auffahrt immer wieder für spektakuläre Aussichten in beide Richtungen, die etwas Abwechslung in das gleichmäßige Treten bringen. Der Autoverkehr ist recht mäßig, noch ist das Wochenende nicht gekommen. Schnell ist der Zustand erreicht, in dem ein paar Schluck Quellwasser und eine Banane besser schmecken als guter Wein oder ein aufwändig zubereitetes Dessert.


            Tankstelle



            Nach gut vier Stunden erreiche ich die den höchsten Punkt der Strecke, die Tunneleinfahrt. Auf den letzten Metern davor reiht sich ein Verkaufsstand an den nächsten, und Volksmusik beschallt den gesamten Bereich. Das Stilfserjoch scheint mir dagegen ein beschaulicher Ort zu sein. Ich handle gegen den Rat, nicht mit Hungergefühl einzukaufen, und habe schnell meine Fahrradtaschen mit Wasser, Obst und Nusskuchen für das Abendessen und den morgigen Tag aufgefüllt.


            Der Blick zurück

            Bei der Fahrt durch den unbeleuchteten Tunnel, der den Hauptkamm des Făgărăș unterquert, macht sich Planungsfehler Nr. 2 wieder bemerkbar. Die Notlösung, mit der Taschenlampe Blinkzeichen in beide Richtungen zu geben, funktioniert aber ausreichend.

            Landschaft und Stimmung nach dem Tunnelausgang sind komplett anders als auf der Nordseite: Langsam abfallende, hintereinander geschachtelte und von der Spätnachmittagssonne halbseitig angestrahlte Hänge ersetzen die steilen Abbrüche der Nordseite, und außer einer Kleinbaustelle ist es still und fast menschenleer. Ich freue mich auf die morgen bevorstehende 90 km lange und 1600 Höhenmeter abbauende Abfahrt und weiß, dass heute einer der Höhepunkte dieser Tour ist. Während der Abfahrt entlang der ersten paar Kurven und Serpentinen steigt lange verloren geglaubtes Liedgut wieder in mir auf.

            Recht schnell ist ein schöner Platz zum Übernachten, sogar mit fließendem Wasser, gefunden, aber davor lerne ich noch etwas über die Befindlichkeiten mancher Autofahrer, die hier unterwegs sind: Auf dem Rad fährt man auf einer Bergabfahrt fast automatisch schneller als die meisten Autos, und so habe ich auf freier Strecke einige davon überholt. Vermutlich hat sich ein Fahrer dadurch provoziert oder herausgefordert gefühlt, denn nachdem ich an einem möglichen Zeltplatz anhalte, höre ich hinter mir quietschende Reifen, und sehe, wie sich eines der überholten Autos nach einer zu schnell gefahrenen Serpentine wieder auf die eigene Spur zurück befördert. Dem Fahrer ist das Manöver gelungen, und vielleicht hat auch er etwas gelernt...

            Beinahe an jeder flachen Stelle entlang der Serpentinen bilden sich bis zur Abenddämmerung kleine Streusiedlungen aus Zelten. Die meisten Camper sind mit dem Auto unterwegs, lediglich zwei weitere Reiseradler sehe ich, die auch hier oben übernachten.




            Der mit Abstand schönste (inoffizielle) Zeltplatz der Reise


            Karpatenglühen

            90 km, 5:54 h

            Kommentar


            • Abt
              Lebt im Forum
              • 26.04.2010
              • 5726
              • Unternehmen

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

              Das war uns damals einfach zu kalt, dort oben zu zelten.Das Bild stammt von 1987.
              (Ich nehme das Bild dann wieder heraus)



              Ich fahre gerne virtuell hier weiter mit.

              Kommentar


              • squirrel
                Gerne im Forum
                • 25.04.2010
                • 83
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                Zitat von Alibotusch Beitrag anzeigen
                Das war uns damals einfach zu kalt, dort oben zu zelten.Das Bild stammt von 1987.
                (Ich nehme das Bild dann wieder heraus)
                Cool, so sah "Outdoor" vor 25 Jahren aus, vermutlich ohne Gore-Tex, Silnylon und Ortlieb...
                Welche Jahreszeit war das?

                PS Lass das Foto gerne hier stehen.

                Kommentar


                • Abt
                  Lebt im Forum
                  • 26.04.2010
                  • 5726
                  • Unternehmen

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                  Auf jeden Fall war es auch Anfang Oktober.
                  Ich habe mal einen Blick in deinen Ausrüstungsteil geworfen und herzlich gelacht über das, was wir damals so mitführten: 8 kleine Tüten Kaffee (zum Bestechen diverser Dienstlichkeiten)...verschiedene Zigarettensorten, Verhüterli, zwei große Salamis 18 Diafilme..1Ofenrohr ähnlisches 135iger Tele, 1 WW-Objektiv, Speichen und jeder zwei Schläuche,- Bremsgummis ! kurzum die halbe fliegende Wekstatt.
                  Zuletzt geändert von Abt; 08.01.2012, 02:59.

                  Kommentar


                  • slarti
                    Erfahren
                    • 08.01.2011
                    • 121
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                    Hey Squirrel,

                    Rumänien ist ein fantastisches Radreiseland. Die Europastraßen sind zwar der Horror (es gibt eben fast keine Autobahnen), aber man kann sehr abwechslungsreiche Touren zusammenstellen. 2011 war ich auch dort, allerdings im März mit zweistelligen Minustemperaturen nachts. Trotzdem eine schöne Tour. Angereist bin ich übrigens auch mit dem Zug, allerdings mit verpacktem Rad.

                    Kommentar


                    • squirrel
                      Gerne im Forum
                      • 25.04.2010
                      • 83
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                      Samstag, 20.8.
                      Transfăgărășan


                      Noch vor der Morgendämmerung stehe ich auf und wandere zu einem 300 Meter höher gelegenen Sattel, um den Sonnenaufgang und die umliegenden Gipfel zu beobachten.




                      Auch diese Nacht war keine echte Herausforderung für meinen neuesten Reisebegleiter.

                      Bei stärker werdenden Böen und vom Grat herabziehenden Wolken baue ich zügig mein Zelt ab und verpacke alles für die Abfahrt.


                      Bis heute konnte ich nicht herausfinden, welchen Zweck dieser Bolzen neben meinem Zeltplatz hat. Vermessung? Eventuell ein militärischer Hintergrund? Oder doch nur ein abgebrochener Hering eines größeren Zeltes?

                      Nach 8 km rauschender Abfahrt ein kurzer Blick auf den Tacho: 43 km/h Momentangeschwindigkeit, und die Anzeige sagt, dass ich gerade unter der bisherigen Durchschnittsgeschwindigkeit unterwegs bin... Etwa 20 km geniale Abfahrt werden mir so auf der gut ausgebauten, fast verkehrsfreien Straße geschenkt.

                      Die nächsten 29 km entlang der Uferlinie des Stausees Vidraru müssen dagegen hart erarbeitet werden: Die unzähligen Schlaglöcher und halbherzigen Ausbesserungen, zusammen mit vielen kleinen Gegenanstiegen kosten mich zwei Stunden Zeit und die gute Laune nach der bisherigen Abfahrt.


                      Erst wenn der Boden am Grund des Schlaglochs nicht mehr sichtbar ist, ist es tief genug für Vorsichtsmaßnahmen...

                      Nach dem Ende des Stausees geht es auf einer besseren Straße weiter bergab, zunächst durch eine Schlucht und anschließend durch die Dörfer oberhalb von Curtea de Argeș. Deutlich spüre ich das wärmere Klima südlich der Karpaten.

                      In Curtea de Argeș entkomme ich der größten Mittagshitze in der Kathedrale und im Schatten der Bäume im Park um die Kathedrale. Nach einer kurzen Mittagspause breche ich auf in Richtung Râmnicu Vâlcea. Zwei Hügelketten in der herunterbrennenden Sonne geben mir den "Rest" und zwingen mich zu mehreren Pausen. Auch Müsliriegel, Kekse und Trinken wirken nicht mehr so wie erhofft. Die Auffahrt gestern war wohl doch etwas kräftezehrend. Erst ein heraufziehendes lokales Gewitter sorgt wieder für Motivation und Kraft auf den letzten Kilometern.

                      Im Accelerat von Râmnicu Vâlcea zurück nach Sibiu herrschen "typisch rumänische" Verhältnisse: Recht bald nach der Abfahrt ist das halbe Abteil miteinander im Gespräch, und ich kann mich mit den Überresten meiner Französischkenntnisse zumindest mit einigen Mitfahrern unterhalten. Genauso schnell macht auch eine Flasche Țuica die Runde, und mitgebrachtes Proviant wird einander angeboten.

                      Von Sibiu aus habe ich auf der inzwischen bekannten Route bald wieder Cisnadioara erreicht. Der Campingplatz ist nun fast komplett belegt, vor allem mit Teilnehmern der Geiger Mountainbike Challenge, die sich auf das Rennen morgen vorbereiten. Aber auch eine vierköpfige Gruppe (ausgewanderter) Rumäniendeutscher treffe ich, die noch regelmäßig ihre ehemalige Heimat besuchen und gerade eine zweiwöchige Trekkingtour durch die Südkarpaten beendet haben. Ich bin so müde, dass ich kurz nach dem Abendessen schlafen gehe und nichts mehr vom Lärm des restlichen Abends mitbekomme.

                      135 km, 5:57 h

                      Die Route der letzten zwei Tage gibt es hier zum Nachverfolgen.
                      Zuletzt geändert von squirrel; 31.05.2012, 23:16.

                      Kommentar


                      • Yukonpaul
                        Anfänger im Forum
                        • 20.04.2010
                        • 33
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                        Hallo,

                        toller Bericht, schöne Fotos und wie es scheint, ein super Erlebnis gewesen zu ein. Danke für deinen Bericht.

                        Beste Grüße
                        Paul

                        Kommentar


                        • squirrel
                          Gerne im Forum
                          • 25.04.2010
                          • 83
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                          Sonntag, 21.8.
                          Sibiu - Mediaș


                          Teil 2 der Route ist hier abgelegt.

                          Heute möchte ich es ruhiger angehen als die letzten zwei Tage. Daher wähle ich nur Mediaș statt wie ursprünglich geplant Sighișoara als Tagesziel. Nach einem gemütlichen Frühstück zusammen mit der Wandergruppe von gestern abend besuche ich die Kirchenburg von Cisnădioara, eine der ältesten Kirchen Siebenbürgens.



                          Über einen kurzen Abstecher zum Start und Ziel der Geiger Mountainbike Challenge erreiche ich das Zentrum von Sibiu. Dort gönne ich mir ein Mittagessen, bevor ich am frühen Nachmittag die Stadt Richtung Nordosten verlasse. Welliges Hügelland, immer wieder unterbrochen durch kleine Dörfer, prägen diesen Teil Siebenbürgens. Der Weg nach Mediaș ist auf einer verkehrsarmen Straße kaum zu verfehlen.


                          Die schönen...


                          ... und die weniger schönen Seiten Rumäniens, hier Copșa Mică

                          Bald ist Mediaș erreicht -- ein schönes, wenig touristisch geprägtes Städtchen mit unübersehbaren Spuren der siebenbürgischen Geschichte. Kurz nach der Stadt finde ich in der Umgebung einer Stichstraße in ein kleines Tal ein paar geeignet erscheinende Plätze zum Übernachten. Gerade noch rechtzeitig kommt mir beim Anblick einer stark ausgetretenen und erodierten Böschung der Gedanke, dass ich gerade dabei bin, eine Weide zum Zeltplatz zu machen... Bald ist aber ein Ersatzplatz gefunden. Die Ruhe der Nacht wird nur durch eine vorbeiziehende Schafherde und gelegentliches Bellen eines Hundes unterbrochen.


                          Alte Verteidigungsanlage mit moderner Kommunikationstechnik

                          91 km, 5:02 h


                          Montag, 22.8.
                          Mediaș - Sighișoara


                          Noch in der Morgendämmerung breche ich mein Nachtlager ab. Trotz der hochsommerlichen Temperaturen tagsüber ist es in der Früh recht frisch und klamm.
                          Durch viele Dörfer, fast jedes hat eine Kirchenburg, geht es weiter Richtung Biertan.

                          Im ersten Dorf nach der Abzweigung hin zu diesem Highlight unter den Kirchenburgen bilden fünf bettelnde Kinder, als sie mich sehen, eine Menschenkette als Straßensperre. Diese Wegelagerei ist mir etwas zu aufdringlich... Mein erster Ansatz, einfach ohne zu bremsen weiter zu fahren, funktioniert nicht. Gerade als ich anhalten muss, klärt ein entgegenkommender Touristenbus die Situation: Die Kinder müssen die Menschenkette auflösen und geben mir so die Chance zur Flucht nach vorne - allerdings nicht ohne mich mit einem gezielten Steinwurf zu verabschieden. Ich frage mich, welche Erfahrungen diese Kinder schon mit den vielen anderen Touristen auf dem Weg nach Biertan gemacht haben, um auf diese Taktiken zu setzen, und frage mich auch, wie die Begegnung verlaufen wäre, wenn ich (freiwillig) angehalten hätte.

                          In Biertan kann ich mich einer österreichischen Busreisegruppe anschließen und bekomme so für ein Trinkgeld eine Führung durch die Kirche und die umgebenden Verteidigungsanlagen.


                          Biertan -- Blick über den innersten der drei Verteidigungsringe



                          Mittags erreiche ich schließlich Sighișoara und entdecke nach einiger Suche die Auffahrt zum Campingplatz, der auf einem Hügel über der Stadt liegt. Nachdem die Transfăgărăș-Straße kein ernsthaftes Hindernis war, bringt mich nun die extrem steile Straße auf den Hügel zum Schieben...

                          Nachdem das Zelt steht, verbringe ich den restlichen Tag im historischen Stadtzentrum von Sighișoara.


                          Blinder Passagier in der Zeltplane




                          Kreative Problemlösung



                          57 km, 2:55 h


                          Dienstag, 23.8.
                          Durch das Szeklerland


                          Auch bergab ist mir der Weg vom Campingplatz zurück in die Stadt zu steil, um ihn mit Gepäck zu fahren. Ich staune nicht schlecht über eine Gasleitung, die neben der Straße oberirdisch wie eine Art Leitplanke läuft. Gelegentlich fehlt eine der Stützen, und die Leitung hängt bis zum Boden durch. Weiter unten ist die Leitung ein beliebtes Turngerät der Kinder geworden...

                          Heute möchte ich die ersten Ausläufer der Ostkarpaten erreichen. Schon kurz nach Sighișoara bemerke ich deutliche Veränderungen: Kaum noch ein Ort präsentiert sich mit einer Kirchenburg, die Landschaft ist merklich dünner besiedelt, und die Hügelketten werden höher. Außerdem werden die Schilder und Beschriftungen immer unaussprechlicher, ein klares Zeichen, dass ich im ungarisch geprägten Szeklerland angekommen bin.

                          Unverändert ist aber der Sonnenschein und die hochsommerliche Hitze, die nun seit einer Woche ununterbrochen anhält. Inzwischen fahre ich im langärmeligen Trikot, um die Arme vor der Sonne zu schützen -- und es ist deutlich angenehmer als im kurzärmeligen. Kurz nach der Mittagspause erreiche ich einen ersten kleinen Pass, einen Sattel zwischen Lupeni und Corund. Weiter geht es nach Praid, wo die 25 km lange Auffahrt auf den Pasul Bucin (1287 m) startet. Die Straße führt mit nur leichter Steigung durch den Wald, so fährt es sich recht angenehm.

                          Unterwegs sehe ich immer wieder einzelne Personen und Familien, die den Vorbeifahrenden eimerweise frisch gepflückte wilde Waldbeeren anbieten. Bei einer dieser Familien halte ich an, um mein Proviant um leckere Himbeeren zu ergänzen. Ein paar einfachste Zelte aus Plastikplanen am Straßenrand dienen ihnen als Behausung. Über Menge und Preis der Himbeeren werden wir uns schnell einig, aber natürlich werde ich danach nach allem Möglichen befragt -- nur leider auf ungarisch, so dass ich rein gar nichts verstehe... Immer wieder versucht der Familienvater, mir eine Frage langsam und deutlich genug zu formulieren, und immer wieder kann ich nur meine Verständnisprobleme andeuten. Die Versuche enden schließlich im gemeinsamen Lachen über unser Unvermögen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Immerhin ist Lachen eine für jeden verständliche Form der Kommunikation...

                          Der Campingplatz auf der Passhöhe existiert leider nur in meiner Karte, also nehme ich ein Zimmer in einer einfachen Pension. Das Zimmer ist keine 5 Quadratmeter groß und sehr einfach eingerichtet, aber das ganze Haus hat einen Stil, bei dem ich mich schnell wohlfühle. Bis auf die Außenmauern scheint alles aus Holz gebaut zu sein.





                          96 km, 5:22 h

                          Kommentar


                          • EbsEls
                            Erfahren
                            • 23.07.2011
                            • 433
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                            Dieses Haus wird in unserer Geschichte auch noch eine wesentliche Rolle spielen. Bleibt aufmerksam.
                            Ja, es ist eine großartige Ecke, um zu Erlebnissen zu radeln ... und ich befürchte, der Virus wird sich auch bei Dir dauerhaft einnisten. Leider werden die Bahntransportmöglichkeiten für ein Rad immer mehr eingeschränkt. Es wird wohl nur das "verpackte Rad" die Lösung sein.
                            Zuletzt geändert von EbsEls; 13.02.2012, 19:12.
                            Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                            Eberhard Elsner

                            Kommentar


                            • volx-wolf

                              Lebt im Forum
                              • 14.07.2008
                              • 5576
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                              Schön, dass Du weiter schreibst.
                              Schöner Bericht über eine schöne Gegend, dass weckt Erinnerungen.
                              Wenn auch wir damals die Kirchenburgen abgewandert sind.

                              Zitat von squirrel Beitrag anzeigen
                              Ich staune nicht schlecht über eine Gasleitung, die neben der Straße oberirdisch wie eine Art Leitplanke läuft. Gelegentlich fehlt eine der Stützen, und die Leitung hängt bis zum Boden durch. Weiter unten ist die Leitung ein beliebtes Turngerät der Kinder geworden...
                              Das waren bestimmt keine Gasleitungen sondern Fernwärmerohre.

                              Moralische Kultur hat ihren höchsten Stand erreicht, wenn wir erkennen,
                              daß wir unsere Gedanken kontrollieren können. (C.R. Darwin)

                              Kommentar


                              • EbsEls
                                Erfahren
                                • 23.07.2011
                                • 433
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #16
                                AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                                Das waren bestimmt keine Gasleitungen sondern Fernwärmerohre.

                                Ne, ne, Volx-Wolf, wenn die Farbe der Rohre gelb ist, sind es die örtlichen Gasleitungen.
                                Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                                Eberhard Elsner

                                Kommentar


                                • volx-wolf

                                  Lebt im Forum
                                  • 14.07.2008
                                  • 5576
                                  • Privat

                                  • Meine Reisen

                                  #17
                                  AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                                  Stimmt ja ... ich hatte nur letztens wieder das Erlebnis, dass jemand die typischen Fernwärmerohre nicht (mehr) kannte.
                                  Das bezog ich auf diese Situation hier.

                                  Moralische Kultur hat ihren höchsten Stand erreicht, wenn wir erkennen,
                                  daß wir unsere Gedanken kontrollieren können. (C.R. Darwin)

                                  Kommentar


                                  • Abt
                                    Lebt im Forum
                                    • 26.04.2010
                                    • 5726
                                    • Unternehmen

                                    • Meine Reisen

                                    #18
                                    AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                                    ...man kann sie schon als Fernwärmerohre bezeichnen, wenn sie offen sind und brennen...

                                    Danke Squirrel, schöner Bericht.


                                    Der gezeigte (besagte) Turm war die Wohnstatt der Küsterfamilie Helch auf dem Burgberg neben der Bergkirche in Sighisoara (Schäßburg)

                                    _____________________________________________________________

                                    Einen Campingplatz -> Westl. gab es, aber direkt in Schäßburg gab es früher keinen. Wo liegt der jetzt genau?
                                    Zuletzt geändert von Abt; 14.02.2012, 17:47.

                                    Kommentar


                                    • volx-wolf

                                      Lebt im Forum
                                      • 14.07.2008
                                      • 5576
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                                      Zitat von Alibotusch Beitrag anzeigen
                                      ...man kann sie schon als Fernwärmerohre bezeichnen, wenn sie offen sind und brennen...

                                      Moralische Kultur hat ihren höchsten Stand erreicht, wenn wir erkennen,
                                      daß wir unsere Gedanken kontrollieren können. (C.R. Darwin)

                                      Kommentar


                                      • squirrel
                                        Gerne im Forum
                                        • 25.04.2010
                                        • 83
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        AW: [RO] Transsilvanien, Ostkarpaten und südliche Bukowina "cu bicicleta"

                                        Zitat von EbsEls Beitrag anzeigen

                                        Ne, ne, Volx-Wolf, wenn die Farbe der Rohre gelb ist, sind es die örtlichen Gasleitungen.
                                        Ja, genau so eine gelbe Leitung war es, nur eben auf Leitplankenhöhe.

                                        Zitat von Alibotusch Beitrag anzeigen
                                        Einen Campingplatz -> Westl. gab es, aber direkt in Schäßburg gab es früher keinen. Wo liegt der jetzt genau?
                                        Auf dem Hügel direkt nördlich des Bahnhofs hat eine Gaststätte/Hotel einen angeschlossenen kleinen Campingplatz. Eigentlich besteht der CP nur aus eine Wiese und ein paar sanitären Anlagen, es scheint also eher der Nebenerwerb des Betriebs zu sein. Die Zufahrt dazu zu finden, hat etwas länger gebraucht, man muss von der Strada Viilor nördlich des Bahnhofs erst rechts abzweigen und dann unter der Brücke in Richtung des Hügels fahren. Wenn man die Auffahrt gemeistert hat, ist die Belohnung aber ein Ausblick über die gesamte Stadt.

                                        Kommentar

                                        Lädt...
                                        X