[FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

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  • sejoko
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    • 23.12.2009
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    [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

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    Hallo

    Einmal mehr waren wir in diesem Jahr auf Korsika unterwegs. Nach dem Mare a Mare Sud im letzen Jahr, nun der GR 20.


    Vor dem Hauptgang jedoch erstmal ein kleiner Aperitif. Wohl bekomm's...

    GR 20 - Prolog I


    Köln/Bonn - Bastia oder...

    Voller Vorfreude auf den GR 20 legen wir uns früh schlafen. Unser Flug geht um 6:45 Uhr von Köln/Bonn aus nach Bastia. Um 1:00 Uhr klingelt der Wecker. So früh?! Ich habe den Wecker versehentlich um 1:00 Uhr anstatt auf 2:00 Uhr gestellt. Also noch ein mal umdrehen und eine Stunde gemütlich weiter schlafen. Zweiter Versuch: 2 Uhr! Noch 4 Stunden 45 Minuten bis zum Abflug.

    Wir stehen stehen auf, hüpfen schnell unter die Dusche und Frühstücken noch ein wenig. Das Radio läuft. Noch ein mal gehen wir in Gedanken unsere Packliste durch und überlegen ob wir auch alles eingepackt haben. Wir scheinen nichts vergessen zu haben, also schnappen wir die schon am Vortag gepackten Rucksäcke und hieven sie in’s Auto. Noch 4 Stunden bis zum Flug. Es ist noch dunkel als wir losfahren, die Strassen sind menschenleer und so kommen wir rasch raus aus der Stadt. Schon bald sind wir auf der Autobahn Richtung Troisdorf. Dort angekommen wollen wir die S-Bahn um 5:03 Uhr zum Flughafen nehmen, das Auto lassen wir in der Nähe des Bahnhofs stehen. Als wir im letzten Jahr auf dem Mare a Mare Sud unterwegs waren, haben wir es genau so gemacht und es hat bestens geklappt.

    A661, dann A3 Richtung Köln. Es fängt an zu regnen und wird schlagartig stärker. Die Schilder weisen uns an langsam zu fahren: 120 Km/h, kurz darauf 80 Km/h und sofort darauf 60 km/h! STAU!!!

    “Oh nein” denken wir uns. Wie kann das sein? Wir hören die ganze Radio, von Stau kein Wort. Ohne Vorwarnung stehen wir mittendrin. Nach genau 14 gefahrenen Kilometern stehen wir im Stau am Frankfurter Kreuz. Vollsperrung! Wir steigen aus und sehen uns um. Ich laufe ein wenig nach vorne und versuche heraus zu finden was passiert ist. Der Grund für den Stau liegt nur 50 Meter vor uns. Auf der nassen Strasse liegt ein LKW quer über der gesamten Fahrbahn. Wie uns die Polizei mitteilt scheint niemand verletzt zu sein, aber auf der Autobahn geht nichts mehr.

    15 Minuten später. Im Radio immer noch kein Wort über die Vollsperrung. Noch 3 Stunden 30 Minuten bis zum Flug. Ich frage einen vorbeilaufenden Polizisten, ob er uns etwas zur Fahrbahnräumung sagen kann. Wir erfahren, dass dies hier ein Folgeunfall ist. Der LKW ist in ein Stauende gerast. Der eigentliche Unfall liegt etwa 500 m vor uns, dort seien die Aufräumarbeiten schon voll im Gange. Wie lange dies aber dauert könne niemand sagen. 30 Minuten später, noch 3 Stunden bis zu Abflug. Wir sind verzweifelt. Langsam sollte es voran gehen. Es wird eng! Der LKW vor uns liegt allerdings immer noch quer über der Fahrbahn, von einem Abschleppdienst nichts zu sehen. Seit mehr als einer Stunde stehen wir nun hier. Den Plan in Troisdorf zu parken und mit der S-Bahn zum Flughafen zu fahren verwerfen wir und beschliessen stattdessen, sollten wir hier endlich wegkommen, direkt zum Flughafen zu fahren und das Auto dort in einem sündhaft teueren Parkhaus abzustellen. So hätten wir etwas mehr Zeit. In unserer Verzweiflung versuchen wir die Fluggesellschaft zu erreichen: “Leider rufen Sie ausserhalb unserer Servicezeiten an”.

    Es klopft an der Scheibe. Eine Familie, die auch zum Flughafen muss, erzählt uns, dass noch weitere Leute, so auch sie, mit uns dieses Schicksal teilen und Angst haben ihren Flug zu verpassen. Noch etwas mehr als 2 Stunden bis zum Abflug. Am Telefon weiterhin niemand zu erreichen. Der LKW liegt unverändert auf der Strasse.

    Es wird langsam hell und uns wird langsam klar, dass wir es nicht mehr rechtzeitig zum Flughafen schaffen werden. Unmöglich! Wir sind am Boden zerstört. Soll es das wirklich gewesen sein? Nach 14 Kilometern? Die ganze Vorbereitung umsonst? Das Austüfteln der Etappen, das Raussuchen der Bus- und Zugverbindungen, das Kochen und Dörren unseres Essens…?

    Doch so schnell geben wir nicht auf! Der Flug ist verpasst, das steht fest und so beschliessen wir kurzerhand die Anreise mit dem Auto zu machen. Kaum ist es ausgesprochen fällt die ganze Anspannung und Verzweiflung von uns ab. Der neue Plan steht schnell. Erst noch den Stau aussitzen, die 14 Kilometer wieder nach Hause fahren und eine Fährverbindung nach Korsika buchen. Weniger als 1 Stunde bis zum Abflug, aber das interessiert uns nicht mehr. Dennoch stehen wir nun seit mehr als 3 Stunden hier im Stau und kommen weder vor noch zurück. Zurück? Ein Blick in den Rückspiegel offenbart sonderbares. Der Stau löst sich von hinten auf. Wir werden angewiesen zu wenden und die Autobahn bis zur nächsten Ausfahrt zurück zu fahren. Ein Chaos auf der Autobahn. Sämtliche Autos stehen kreuz und quer auf der Strasse, versuchen zu wenden oder zurück zu fahren. Jetzt sollten wir im Flieger sitzen.

    Gezwungen einen riesigen Umweg zu fahren sind wir nach 50 km wieder zu Hause. Die Enttäuschung ist mittlerweile endgültig verflogen, die Ungewissheit ob wir einen günstigen Platz auf der Fähre erwischen jedoch ist geblieben. Doch schon nach kurzer Suche steht fest wir haben Glück im Unglück. Wir finden 2 Plätze für morgen früh und das sogar recht günstig. Es wird gebucht.

    Wir packen noch Strandzeug und Badetücher ins Auto, denn wir werden 4 Tage länger bleiben als ursprünglich geplant und so hat die ganze Sache doch noch etwas positives für uns. Wir kaufen noch etwas Proviant für die Fahrt und sind schliesslich gegen 10 Uhr erneut auf der Autobahn und fahren Richtung Mittelmeer. Zunächst noch einmal an der Unfallstelle vorbei. Kaum zu glauben, dass wir hier gerade noch mehr als 3 Stunden im Stau standen. Vom Unfall ist bis auf eine verbeulte Leitplanke nichts geblieben. Wir biegen auf die A5, geradewegs Richtung Süden. Über die Schweiz und Italien geht es nach Savona. Voller Vorfreude auf Korsika geniessen wir die völlig entspannte Fahrt. Die Landschaft wandelt sich, die Temperaturen steigen, die Sonne scheint. Ab Mailand fahren wir über Landstraßen bis ans Meer. Eine gute Entscheidung. Wir durchqueren viele schöne Dörfer und ebenso schöne Landschaften.

    Nach 11 Stunden Fahrt und jeder Menge Pausen fahren wir gegen 22 Uhr die letzten Serpentinen runter ans Meer. In Savona angekommen suchen wir uns einen Parkplatz und versuchen mit Isomatten, Trangia und Essen ans Meer zu kommen. Gar nicht so leicht, denn es ist dicht bebaut hier. Wir finden schliesslich einen Weg zwischen den Häusern und machen es uns an einem kleinen Strand bequem. Es kann gekocht werden.

    Müde und mit vollen Bäuchen schlängeln wir uns zum Auto zurück, fahren die letzten Kilometer bis zum Hafen, stellen das Auto ab, bringen die Rückenlehnen in Schlafposition und schlafen “dank” der Strapazen des Morgens und der kurzen Nacht sofort ein.


    Ich hoffe ihr müsst nicht zu lange auf die Fortsetzung warten.

    Gruß
    Sebastian
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  • Chiloe
    Fuchs
    • 19.07.2009
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    #2
    AW: [F] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

    Als Meister der gepflegten Landschaftsphotografie darfst Du die kommenden Abschnitte mit gaaanz viel Bildwerk schmücken, nicht vergessen !
    ausrüstungsverliebter Schönwetter- & Gelegenheitstrekker

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    • sejoko
      Erfahren
      • 23.12.2009
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      #3
      AW: [F] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

      GR 20 - Prolog II


      Bastia - Savona und ein Stück weiter...


      Wir wachen gegen 6 Uhr auf. Genug Zeit um jetzt ein Café zu suchen und lecker zu frühstücken. Ein nettes Café ist schnell gefunden. Klein, urig und mit frühstückenden Nachbarn in Pyjamas. Hier bleiben wir. Für jeden ein Latte Macchiato und ein Canolli. Lecker! So könnte jeder Morgen beginnen. Beim bezahlen sind wir mal wieder völlig begeistert von den günstigen Preisen.

      Jetzt wird es Zeit sich am Hafen in die Reihe wartender Autos einzureihen und auf die Fähre zu warten. Unser Auto, klein und schäbig, inmitten zig nagelneuer und auf Hochglanz polierter Verkaufswagen für die Autohäuser der Insel. Noch ist von der Fähre nichts zu sehen, also nutzen wir die Zeit und schlendern ein wenig im Hafen umher und schauen den kleinen und großen Schiffen beim rangieren zu.



      Kurz nach Sonnenaufgang taucht die Fähre im Hafen auf. Von nun an dauert es eine kleine Ewigkeit bis sage und schreibe eine Handvoll Mitarbeiter der Corsica Ferries die zahllosen Neuwagen an Bord verfrachten. Einsteigen, rein fahren, raus laufen, einsteigen…

      Kaum sind wir an Bord schnappen wir uns etwas Verpflegung und spurten an Deck. Dank der Neuwagen sind nur wenige Passagiere an Bord und wir können uns auf 2 Liegen, 2 Stühlen und einem Tisch ausbreiten. So lässt sich die Überfahrt entspannt geniessen. Na ja, ganz entspannt leider doch nicht, denn wir nähern uns der Insel mit ordentlich Verspätung. Unser Plan das Auto in Bastia an der Bushaltestelle stehen zu lassen und mit dem Bus nach Solenzara zu fahren gerät durch die Verzögerung in Bedrängnis. Mit einer Stunde Verspätung erreichen wir den Hafen. Es muss jetzt schnell gehen, denn in einer Stunde und zwanzig Minuten fährt der Bus. Der letzte des Tages.

      Wir verlassen die Fähre. Die Strasse Bastia’s sind voller Autos und wir kommen nur schleppend voran. Zielstrebig fahren wir den erstbesten Supermarkt an, denn ganz wichtig, wir brauchen noch Spiritus. Hektisch laufen wir an den endlosen Regalen vorbei, nur um nach einer Viertelstunde feststellen zu müssen, dass es keinen Spiritus gibt. Raus, rein ins Auto und weiter. Der nächste Supermarkt, dasselbe Spiel. Kein Spiritus. Uns rennt die Zeit davon, aber wir versuchen es noch in einem dritten Supermarkt. Mit Erfolg. Erleichtert schnappen wir uns die vorletzte Flasche aus dem Regal und eilen, noch mit einem Sechserpack Wasser und Baguette bepackt zur Kasse.

      Die Bushaltestelle ist nicht mehr weit und glücklicherweise findet sich direkt daneben ein schattiger Parkplatz. Die bequemen Sandalen werden noch durch Stiefel ersetzt und kaum stehen wir an der Haltestelle kommt der Bus angefahren. Was für ein Timing! Wir zahlen 30€ für 2 Personen inkl. Gepäck und suchen uns in dem vollen Bus noch 2 Plätze. Solenzara ist nach einer eineinhalbstündigen Fahrt erreicht.

      Wir füllen die Wasserflaschen in unsere Trinkschläuche um, verstauen das Baguette am Rucksack und schwingen uns zum ersten Mal die nun endgültig bepackten Rucksäcke auf den Rücken. Was bei mir etwa 19kg sind, inkl. 3 Liter Wasser und der kompletten Verpflegung für 12 Tage. Mit dem tröstenden Gedanken, dass der Rucksack ja von nun an jeden Tag leichter wird, machen wir uns auf dem Weg.

      Da wir, wie der aufmerksame Leser sicher mitbekommen hat, eigentlich mit dem Flugzeug anreisen wollten und dann exakt 13 Tage Zeit für GR 20 gehabt hätten, haben wir uns bei der Planung dazu entschlossen die erste Etappe, von Conca zum Col de Bavella, zu überspringen und direkt am Col de Bavella einzusteigen. Theoretisch hätten wir nun, mit der gewonnenen Zeit auch diese Etappe laufen können, aber da unser Proviant auf diese Planung ausgerichtet war, blieben wir dabei. Laut Literatur sind es vom Col de Bavella noch etwa 14 Tage bis nach Calenzana. Wir wollen in 12 Tagen dort sein…so lange reicht unser Proviant.

      Am Ortsausgang angekommen folgen wir der Strasse zum Col de Bavella und versuchen die restliche Strecke per Anhalter zurückzulegen. Eine geschlagene Stunde später ist gerade einmal ein Auto an uns vorbei gefahren. Mittlerweile ist es nach fünf Uhr und wir sind heilfroh, dass das zweite Auto anhält. Ein netter Mann aus Augsburg nimmt uns gerne mit. Er fährt jedoch nicht den ganzen Weg zum Col, sondern nur etwa ein drittel zum Weges zu einem Campingplatz. Wir erzählen ihm von unserem Vorhaben, worauf er uns vorschlägt die Weiterfahrt lieber erst morgen zu versuchen. Der Campingplatz zu dem er fahre sei wunderschön und direkt an einer herrlichen Badegumpe gelegen, zudem seien morgens deutlich mehr Auto auf dieser Strecke unterwegs.

      Das Argument mit der Badegumpe überzeugt uns. Wir quartieren uns für eine Nacht auf dem wirklichen wunderschönen, naturbelassenen Campingplatz ein und nutzen die letzten Stunden des Tages für ein ausgiebiges Bad in der Gumpe.




      Weitere Bilder zum Bericht findet ihr unter: GR 20 - Prolog II

      Gruß
      Sebastian
      Zuletzt geändert von sejoko; 03.12.2011, 15:02.
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        #4
        AW: [F] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

        Hallo sejoko,

        na bitte, ihr hättet auch laufen können. War das jetzt U Rosumarinu oder doch der nächste?

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        • sejoko
          Erfahren
          • 23.12.2009
          • 492
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          #5
          AW: [F] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

          Hallo

          Ja, ja...laufen...

          Gibt's auf der Strecke zum Col de Bavella zwei Campingplätze? Bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher, aber ich denke mit "U Rosumarinu" könntest du recht haben. Echt schön dort...für einen Campingplatz

          Gruß
          Sebastian
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            #6
            AW: [F] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

            Ich glaube, es gibt weiter oben noch einen, wäre von unten aber der erste. So ein Augsburger hält natürlich da. Das Becken sieht so riesig aus - kann ich gerade nicht zuordnen, die Perspektive. - Ergo: mehr Fotos, bitte
            Zuletzt geändert von ; 03.12.2011, 15:46.

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            • Juergen
              Fuchs
              • 17.01.2011
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              #7
              AW: [F] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

              OT:
              Zitat von sejoko Beitrag anzeigen
              ...

              Ein Blick in den Rückspiegel offenbart sonderbares. Der Stau löst sich von hinten auf. Wir werden angewiesen zu wenden und die Autobahn bis zur nächsten Ausfahrt zurück zu fahren. Ein Chaos auf der Autobahn. Sämtliche Autos stehen kreuz und quer auf der Strasse, versuchen zu wenden oder zurück zu fahren.

              ...
              Das Problem hatte ich auch mal. Wir haben einfach gewendet und sind zurück
              gefahren bis zur nächsten Ausfahrt. Das geht natürlich nicht, wenn die Polizei
              schon da ist. Nach und nach sind dann alle zurück gefahren. Eigentlich ist es
              Aufgabe der Polizei, das zu organisieren. Und zwar nicht erst nach drei Stunden.

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              • sejoko
                Erfahren
                • 23.12.2009
                • 492
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                #8
                AW: [F] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                1. Etappe


                Col de Bavella - Monte Incudine


                Es ist 5 Uhr morgens. Der Wecker klingelt.

                Nach einigem hin und her wälzen stehen wir schliesslich um 5:40 Uhr auf. 5:00 Uhr war uns heute doch etwas zu früh. Aber auch zu dieser noch sehr frühen Stunde ist der Campingplatz wie ausgestorben. Völlig ungestört packen wir unsere Sachen zusammen und nutzen ein letztes Mal die sanitären Annehmlichkeiten eines Campingplatzes. Das Frühstück lassen wir erst einmal ausfallen und laufen stattdessen gleich zur Strasse. Doch, wie auf dem Campingplatz, tut sich auch hier zu dieser Uhrzeit noch nicht allzu viel. Anstatt uns die Beine in den Bauch zu stehen laufen wir die Strasse entlang. Der zu diesem Zeitpunkt noch bedeckte Himmel beginnt langsam aufzureissen und lässt die ersten Sonnenstrahlen des Tages zu den umliegenden Bergen durchdringen. Die ohnehin schon roten Felsen leuchten förmlich in der Morgensonne.

                Hinter einer Kurve hören wir plötzlich das Klappern eines Motors. Ein Auto, zwei Daumen und tatsächlich, es hält an. Hinter dem Steuer ein junger korsischer Feuerwehrmann auf dem Weg nach Propriano. Wir verfrachten unsere Rucksäcke in den Kofferraum des kleinen Autos und schon kann es losgehen. Wir sind überrascht wie weit es noch bis zum Col ist, aber durch den netten Plausch mit dem Korsen, sofern man das bei unseren französisch Kenntnissen überhaupt so nennen kann, vergeht die Zeit im Nu und wir erreichen gegen 8 Uhr unser Ziel, den Col de Bavella. Endlich ist es soweit. Nach 2 Tagen der Anreise stehen wir nun endlich an unserem Ausgangspunkt des GR 20. Das Frühstück, das wir hier eigentlich nachholen wollten, ist erstmal vergessen und wir machen uns gleich auf den Weg. Zunächst durch Wald laufend halten wir die Augen nach einer gelben Markierung offen. Diese kennzeichnet die alpine Variante des GR 20, die im Gegensatz zum normalen Weg, welcher am Fuße der Bavella-Gruppe durch den Wald verläuft, mitten hindurch führt. Wir zweigen rechts vom Normalweg ab und beginnen mit dem steilen Aufstieg. Die beeindruckenden Felsformationen der Bavella-Gruppe rücken immer näher. Vorbei an imposanten Felstürmen geht es immer weiter nach oben. Es ist zu dieser Uhrzeit glücklicherweise noch nicht sehr heiß, dennoch kommen wir aufgrund der schweren Rucksäcke gut ins schwitzen.



                Der erste Anstieg ist schliesslich geschafft. Zwischen den Felstürmen suchen wir uns ein schattiges Plätzchen und beginnen mit der Dezimierung unserer Essensvorräte. Die Sonne steht mittlerweile hoch am Himmel, über unseren Köpfen ein fantastisches Blau und dazu der herrliche Ausblick. Grandios.

                Weitere längere Anstiege erwarten uns erst einmal nicht mehr. Stattdessen sind von nun an mehrere kleinere und größere Kletterstellen zu überwinden, die uns immer weiter in das Herz der Bavella-Gruppe bringen. Die schwierigsten Stellen sind mit Ketten gesichert, aber dank der schweren Rucksäcke eine nette Herausforderung. Leider viel zu schnell ist diese faszinierende Landschaft durchquert und wir erreichen den Abstieg, der uns durch sehr trockene Wälder hinab ins Tal führt. In zum Teil knöcheltiefem Staub geht es steil bergab, aber die Bäume spenden wohltuenden Schatten. Im Tal angekommen treffen wir wieder auf den Normalweg des GR 20 und folgen diesem in flachem Gelände durch schönen Pinienwald in Richtung Norden.



                Bevor am Ende des Tal der nächste Anstieg, vorbei an der Refuge d’Asinao zum Monte Incudine, auf uns wartet, sehnen wir jedoch eine ausgiebige Pause herbei. Zum Schutz vor der prallen Mittagssonne rollen wir im Schatten eines Baumes unsere Isomatten aus, verköstigen unsere selbst gemachten Müsliriegel und genehmigen uns ein kleines Mittagsschläfchen.

                Auch am frühen Nachmittag sind die Temperaturen noch sehr hoch, aber dennoch, wir müssen weiter. Der Aufstieg zur Refuge führt über offenes Gelände, immer in der Nähe des Ruisseau d’Asinao, einem kleinen Flüsschen, das gemütlich ins Tal plätschert. Es ist heiß und die Gumpen am Flüsschen leider zu klein für ein Bad. Endlich an der Hütte angekommen halten wir uns gar nicht lange auf. Wir nutzen den Brunnen, um unsere Wasservorräte aufzufüllen, essen ein paar Bananenchips und brechen schon bald darauf wieder auf. Mehrere hundert Höhenmeter eines recht anspruchsvollen und steilen Aufstiegs warten auf uns. Unsere Wasservorräte leeren sich schnell. Doch auch dieser Auftieg ist schliesslich geschafft und nach knapp 2 Stunden erreichen wir den Gipfelgrat. Der Wind auf dem Grat verschafft uns Abkühlung. Selbst von hier ist der Ausblick bereits fantastisch. Der Blick in den Süden zeigt die Bavella-Gruppe, im Westen schweift der Blick über das Plateau du Coscione bis an den Golf d’Ajaccio. Über den Grat ist der Gipfel nun schnell erreicht. Die ohnehin schon geniale Aussicht wird von hier aus noch durch den Ausblick nach Norden zur Paglia Orba und Monte Cinto bereichert. Sofort ist uns klar, dass wir die Nacht hier oben verbringen wollen. Ein Plätzchen für das Zelt ist schnell gefunden, auch die Wasservorräte reichen und so steht einem Gipfelbiwak nichts mehr im Wege.

                Wir suchen uns den schönsten Aussichtspunkt und bereiten unser Abendessen zu.

                Nachdem der Sonnenuntergang den Tag mit fantastisch kitschigen Farben beendet hat verkriechen wir uns zum Schutz vor dem Wind ins Zelt. Mit dem Kopf voller Eindrücke schlummern wir zufrieden ein und freuen uns auf den nächsten Tag.




                Weitere Bilder zum Bericht findet ihr unter: GR 20 - 1. Etappe

                Gruß
                Sebastian
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                • Gast-Avatar

                  #9
                  AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                  Schick schick. Der Herr fahre fort!

                  Das Bivak auf dem Mt. Incudine ist ja herrlich. Unten im Tal an der Hütte war es leider recht schnell dunkel. Und der Aufstieg direkt am Morgen ist nichts für mein armes Herz...

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                  • Gwenny

                    Fuchs
                    • 13.07.2003
                    • 1253
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                    #10
                    AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                    Korsika, oh schön!
                    Das Gumpenfoto schaut für mich auch nach "U Rosumarinu" aus - sehr netter Campingplatz.

                    Wann wart ihr eigentlich unterwegs? Eure erste Etappe haben wir Ende Juni etwas abgewandelt als kleine Halbtagestour gemacht, und es war seeeeehr heiß.
                    "Umwege erweitern die Ortskenntnis." (Kurt Tucholsky)

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                    • sejoko
                      Erfahren
                      • 23.12.2009
                      • 492
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                      #11
                      AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                      Zitat von Jan Vincent Beitrag anzeigen
                      Schick schick. Der Herr fahre fort!

                      Das Bivak auf dem Mt. Incudine ist ja herrlich. Unten im Tal an der Hütte war es leider recht schnell dunkel. Und der Aufstieg direkt am Morgen ist nichts für mein armes Herz...
                      Ähnliches hatten wir auch schon während der Tour gehört. Am letzten Tag hatten wir nachmittags bei einer kleinen Pause an einer Hütte eine Unterhaltung mit jemandem, der auch bedauert hat, jetzt seit 2 Wochen in den Bergen unterwegs zu sein und nicht einmal einen Sonnenuntergang miterleben konnte.

                      Die Refuges sind halt leider nicht auf den Gipfeln gebaut.

                      Zitat von Gwenny Beitrag anzeigen
                      Korsika, oh schön!
                      Das Gumpenfoto schaut für mich auch nach "U Rosumarinu" aus - sehr netter Campingplatz.

                      Wann wart ihr eigentlich unterwegs? Eure erste Etappe haben wir Ende Juni etwas abgewandelt als kleine Halbtagestour gemacht, und es war seeeeehr heiß.
                      Ja, wir waren zur gleichen Zeit unterwegs. Das mit der Hitze kann ich echt bestätigen. Gerade der erste Aufstieg in die Bavella-Gruppe war ordentlich anstrengend.

                      Gruß
                      Sebastian
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                      • sejoko
                        Erfahren
                        • 23.12.2009
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                        #12
                        AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                        2. Etappe

                        Monte Incudine - Col de Laparo


                        Pünktlich zum Sonnenaufgang, es ist etwa 5:3o Uhr, stehen wir auf. Die uns umgebende Kulisse ist an diesem Morgen noch beeindruckender als am Abend zuvor. Die aufgehende Sonne wirft ein wunderschönes und besonderes warmes Licht auf die Felsen. Über der Ostküste breitet sich ein Nebelmeer aus. Wir geniessen jeden neuen Sonnenstrahl im kalten Wind, der uns immer noch um die Ohren bläst. Die Luft ist klar, die Bergzüge in der Ferne gut zu erkennen.



                        Für ein Müsli reicht unser Wasser leider nicht mehr aus. Die nächste Quelle befindet sich in der Nähe der Ruine der alten Refuge Pedinielli. Wenn wir Wasser haben möchten um zu frühstücken müssen wir also runter vom Berg. Wir packen zusammen und laufen den Bergrücken zunächst in Richtung Norden entlang, bis der Weg sich nach einer Weile nach Westen wendet und uns auf das vor uns liegende Plateau führt. Nach eineinhalb Stunden erreichen wir die unscheinbare Quelle. Es wird erstmal ausgiebig gefrühstückt. Der Spirituskocher macht uns keine Sorgen mehr. Am Vorabend wollte die Flamme nicht richtig auflodern, dieses Problem haben wir heute morgen glücklicherweise nicht.

                        Bevor es weiter geht erfrischen wir uns ein wenig an der Quelle. Na ja, ein wenig ist gut. An diesem Morgen ist es immer noch recht kühl, doch dies hält uns aber nicht davon ab, unter der eiskalten Quelle zu duschen. Brrrr, eiskalt!

                        Der nächste Abschnitt der Tagesetappe führt uns zunächst über eine schöne Hängebrücke zu einem dicht mit Ginster bewachsenem Plateau. Wieder erwartet uns eine wunderbare Landschaft. Der Ginster blüht zu dieser Jahreszeit in seinem herrlichsten Gelb und riecht fantastisch. Und damit nicht genug. Durch das Hochplateau verlaufen zahlreiche kleine Bachläufe, alle umgeben von herrlich weichen und grünen Wiesen. Es erfordert einiges an Überwindung hier nicht einfach stehen zu bleiben, den Rucksack abzulegen und sich für den Rest des Tages keinen Meter mehr von der Stelle zu bewegen. Dem Plateau schliesst sich, nach einem kurzen Anstieg, ein Wald an. Wieder einmal sind wir dankbar für den Schatten. Unsere Mittagspause verbringen wir auf einer großen Wiese am Wegesrand. Hier verspeisen wir unser letztes Baguette und ein großes Stück Wurst. Ein kleines Nickerchen muss natürlich auch noch sein.



                        Schon bald nach der Wiese nähern wir uns dem Höhepunkt der heutigen Etappe. Der Aufstieg zum Denkmalsgrat beginnt. Kaum sind wir oben angekommen bläst ein heftiger Wind, der auch im weiteren Verlauf der Etappe nicht mehr nachlassen wird. Der Slalom, mal rechts, mal links der Felsen den Grat entlang, erfordert bei dem starken Wind unsere volle Aufmerksamkeit. Immer wieder müssen in kleinen Klettereinlagen schwierigere Stellen passiert werden.

                        Schon bald können wir in der Ferne die Refuge d‘Usciolu erkennen. „Es kann nicht mehr lange dauern“, denken wir uns, doch der Weg von Süd nach Nord ist hier etwas spärlich markiert, so dass wir mir mit einigen kleinen Umwegen und alternativen Kletterstellen noch gut eine Stunde bis zur Hütte brauchen. Endlich angekommen machen wir unter einem Schirm auf der Terrasse Pause und verköstigen einen wohlverdienten Erdnussriegel. Wir nutzen die Gelegenheit, kaufen ein Körnerbaguette und ein Feuerzeug, in der Hoffnung, den Kocher damit besser anzubekommen als mit dem Feuerstahl. Der Hüttenwirt ist ein netter junger Kerl. Wir unterhalten uns ein wenig, erzählen von unserem Gipfelbiwak der vergangenen Nacht. Der Hüttenwirt zeigt sich sichtlich beeindruckt und interessiert.

                        Nach dieser doch etwas längeren Pause wagen wir den erneuten Aufstieg zum folgenden Abschnitt des Grats. Einige hundert Höhenmeter sind zu überwinden. Der Grat ist nicht mehr so ausgesetzt wie auf dem ersten Abschnitt und auch weniger anspruchsvoll und wir kommen daher gut voran. Einzig der immer noch heftige Wind hier oben macht uns etwas zu schaffen. Eigentlich würden wir gerne hier oben unser Zelt aufbauen, doch der Wind ist uns etwas zu stark und so wollen wir lieber etwas unterhalb des Grats nach einem Plätzchen suchen. Wir erreichen schliesslich dessen Ende und steigen in engen Serpentinen steil bergab, als plötzlich, wie aus dem Nichts, dichter Nebel aufzieht. Wir sehen kaum unsere Hand vor Augen. Der Nebel umhüllt den Berg wie ein Band. Unterhalb dieses Nebelbandes ist die Landschaft nach und nach wieder immer besser zu erkennen. Im Osten liegt die flache Ostküste der Insel vor uns, der Blick reicht weit bis auf das Meer. Es beginnt ein kleines Waldstück und wir wittern eine gute Gelegenheit hier unser Lager aufzuschlagen. Nach etwa 9 Stunden Gehzeit stossen wir auf ein kleines Aussichtsplateau mit einer Wiese. Der Entschluss hier zu bleiben ist schnell getroffen. Wir bauen unser Zelt auf und gehen zum gemütlichen Teil des Tages über. Endlich ein verdientes Abendessen, bestehend aus Chili con carne mit Baguette, gefolgt von Grießbrei mit Apfelchips.




                        Weitere Bilder zum Bericht findet ihr unter: GR 20 - 2. Etappe

                        Gruß
                        Sebastian
                        TRAVLRS.COM
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                        • chrisc
                          Anfänger im Forum
                          • 01.09.2011
                          • 27
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                          #13
                          AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                          Absolut geniale Bilder! Hab mir die größere Auswahl auf deiner Homepage gegönnt
                          Freu mich schon auf die Fortsetzung.
                          BergGeflüster.de

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                          • sejoko
                            Erfahren
                            • 23.12.2009
                            • 492
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                            #14
                            AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                            3. Etappe
                            Col de Laparo - Plateau de Gialgone

                            Mitten in der Nacht bekommen wir Besuch. Ein lautes Rascheln vor unserem Zelt, bzw. in der Aspis lässt uns aufhorchen. Ein Fuchs! Wir wollen es kaum glauben. Das Rascheln kommt von unserer Mülltüte, die der Fuchs gefunden hat. Er ist auf nächtlicher Futtersuche. Wir beobachten ihn eine Weile und als er schliesslich merkt, dass es bei uns nichts essbares zu finden gibt, sucht er das Weite. Wir schlafen ein.

                            Am nächsten Morgen bemerken wir, dass einer unserer Trekkingstöcke fehlt. Der Fuchs scheint ihn geklaut zu haben. Nach einer ausgiebigen Suche finden wir ihn glücklicherweise gut versteckt hinter einem Felsen. Noch mal Glück gehabt, bis auf die fast durchgekaute Handschlaufe ist alles in Ordnung. Eine schöne Überraschung, so früh am Morgen.



                            Einem Frühstück bei Sonnenaufgang steht nun nichts mehr im Wege. Von einem Felsen neben unserer Schlafstätte geniessen wir den tollen Ausblick über die Ostküste der Insel, die sich in warmes Licht getaucht weit vor uns ausbreitet. Kein Nebel und keine Wolke stört den Ausblick. Ein fantastisches Panorama. Wir geniessen in aller Ruhe unser Frühstück, packen zusammen und machen uns schliesslich auf den Weg. Laut unserer Wegbeschreibung sollten wir bald auf eine Quelle stossen. Beinahe verpassen wir im dichten Wald die Abzweigung. Auf einem Stein, halb ausgewaschen steht es geschrieben „Source“. Für Nord-Süd-Wanderer jedoch deutlich leichter zu erkennen. Wir folgen dem Pfeil und enden an einer kleinen Bergerie. Ein älterer Mann sitzt auf einer Bank vor der kleinen Holzhütte und lauscht seinem Radio. Auf Nachfrage weist er uns den Weg zur Quelle. Sie liegt einige Meter unterhalb der Hütte. Wir finden eine Quelle mit integrierter Open-Air Dusche. Diese Gelegenheit für eine morgendliche Wäsche lassen wir uns natürlich nicht entgehen.

                            Erfrischt und mit vollen Wasservorräten geht es weiter zum Col de Laparo. An dieser Stellen kreuzt der GR20 der Wanderweg Mare a Mare Centre, der die Insel in Ost-West Richtung überquert. Wir folgen unserem Weg weiter in nördlicher Richtung, lassen den Wald hinter uns und erreichen offenes Gelände. Zunächst begegnen wir noch kleinen Herden von Kühen, die am Wegesrand grasen oder sich im Schatten der letzten Bäume erholen. Das Gelände wird nun anspruchsvoller. Immer wieder sind teilweise schwierige Geröllfelder zu queren und steile Anstiege zu bewältigen. Wir nähern uns der Punta della Cappella und folgen dem Weg, der östlich um den Gipfel herumführt. Bei genauem hinsehen ist von hier bereits die Refuge de Prati zu erkennen, doch die etwa 90 Minuten Gehzeit zur Hütte haben es in sich. Ein schroffer und steiler Bergrücken, der einiges an Konzentration und Trittsicherheit von uns abverlangt liegt vor uns. Viele steile Felsplatten die zu überqueren sind und einige Klettereinlagen sorgen für Spannung. Wir lassen den Bergrücken schliesslich hinter uns und erreichen sanftes Grasland als plötzlich, wie aus dem Nichts dicker Nebel aufzieht. Die Sicht wird immer schlechter, aber in diesem Gelände ist die Refuge gut zu erreichen. Eine Stunde früher hätte der Nebel unangenehm werden können. Auf der Wiese vor der Refuge angekommen gönnen wir uns eine Pause inmitten des dichten Nebels. Nach einem kleinen Snack dösen wir ein. Ich kann nicht sagen wie lange wir auf der Wiese lagen, doch als wir aufwachen scheint die Sonne und ein großes Pferd hat sich zu uns gesellt. Wir packen zusammen und machen uns auf den Weg zum Col de Verde.





                            Bis zur Bocca d’Oru verliert der Weg nur leicht an Höhe, doch von hieran geht es steil bergab. 600 Höhenmeter Abstieg liegen vor uns und mit jedem Meter, den wir an Höhe verlieren steigen die Temperaturen. Die heisse Nachmittagssonne brennt uns auf die Köpfe und wir sind froh schliesslich die Baumgrenze zu unterschreiten. Es dauert nicht mehr lang und wir erreichen den Col de Verde. Den hier an der Strasse liegenden Campingplatz lassen wir getrost links liegen. Laut Wegbeschreibung müssten wir in etwa 90 Minuten das Plateau de Gialgone erreichen können, dort wollen wir uns nach einem Lagerplatz umsehen. Wir folgen einem Forstweg in einen schönen Wald, mit teilweise uralten Bäumen, hinein. Im Wald ist es sehr feucht und so finden wir nach einer Weile eine kleine Quelle am Wegesrand. Mit vollen Wasservorräten und dementsprechend wieder schweren Rucksäcken steht uns der letze Anstieg des Tages bevor. Über Serpentinen gelangen wir zum 400 Meter über uns gelegenen Plateau de Gialgone. Unsere Spekulation hier oben einen Lagerplatz zu finden hat sich als richtig erwiesen. Es erwartet uns eine einladende Ebene mit reichlich Platz und schönem Ausblick. Unter einem großen Baum schlagen wir das Zelt auf. Ein kleiner Bach in unmittelbarer Nähe führt genügend Wasser um uns zu waschen zu können und um zu kochen. Kaum sind fertig mit dem Essen gesellen sich fünf quiekende Schweine aus dem umliegenden Gebüschen zu uns. Sie haben es auf unsere Töpfe abgesehen und wir überlassen ihnen die Reste, bzw. lassen sie den Abwasch erledigen.



                            Eine lange Etappe liegt hinter uns. Wir gönnen uns nach dem Abendessen noch einen heißen Kakao und beobachten wie die untergehende Sonne die umliegenden Berge zum Glühen bringt.

                            Weitere Bilder zum Bericht findet ihr unter: GR 20 - 3. Etappe

                            Gruß
                            Sebastian
                            TRAVLRS.COM
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                            • sejoko
                              Erfahren
                              • 23.12.2009
                              • 492
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                              #15
                              AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                              4. Etappe

                              Plateau de Gialgone - Bocca Palmente

                              Am frühen Morgen frühstücken wir bei herrlichstem Wetter inmitten eines blühenden Rosenbeets. Schmetterlinge umkreisen uns. Wir sitzen auf einem großen Baumstamm und lassen uns zugleich von den ersten Sonnenstrahlen wärmen. Eine wahre Idylle.



                              Von den Schweinen, die uns am Vorabend besucht hatten sehen wir keine Spur. Sie sind wohl weitergezogen. Auch wir ziehen weiter und durchqueren eine wunderschöne Hochebene, die sich in einem saftigen Grün und leuchtenden Gelb zeigt. Es duftet nach Sommer. Der Weg führt uns weiter in einen schattenspendenden Wald. Als wir nach einer Weile am Wegesrand eine Gumpe sehen, beschließen wir spontan im eiskalten Wasser ein Bad zunehmen. Kaum sind wir fertig mit unserer Erfrischung, kommen auch schon 3 ältere Franzosen den Weg entlang, erfreuen sich unser und zeigen sich schwer beeindruckt über unseren Mut ins eiskalte Wasser zu steigen. Die folgenden 3 km führen uns stets leicht bergab weiter durch den Wald, der leider durch Brände an vielen Stellen sehr licht geworden ist. Der Wegesrand ist immer wieder von verkohlten Baumstümpfen gesäumt.

                              Wir erreichen die Pont de Cassacie, überqueren den Casso-Bach und folgen dem Pfad am rechten Bachufer steil bergauf zu den Bergeries de Traggette. Im Hintergrund erhebt sich der eindrucksvolle Gipfel des Monte Renoso. Wir hatten erhofft hier etwas Brot und Wurst zu erstehen, doch leider sind die kleinen urigen Steinhütten alle verschlossen. Die Sonne scheint heute gnadenlos auf uns herab und so sind wir heil froh, als wir 30 Minuten später die Refuge de Capannelle erreichen. Wir hatten im Vorfeld schon einiges darüber gelesen und können es bestätigen: Die angrenzende Skistation ist wirklich sehr hässlich. Sie schneidet eine kahle Schneise mitten durch die herrliche Natur. Die Bergerie de Capannelle direkt oberhalb der Station ist geschlossen, also machen wir es uns auf der Terrasse der Refuge bequem. Hier nutzen wir die Gelegenheit günstig einzukaufen, holen uns ein Brot, eine Wurst und wegen der heißen Sonne auch ein Eis. Frisch gestärkt geht es weiter. Wir müssen allerdings noch ein Stück bergauf zur Crête du Chufidu, bevor es im dichten Wald 200 Höhenmeter extrem steil bergab geht. Die uns auf diesem Stück entgegenkommenden Wanderer sind fix und fertig. Die Anstrengung des Aufstiegs steht ihnen ins Gesicht geschrieben und so wundert uns es nicht, dass beinahe jeder zweiter fragt wie weit es noch zur Refuge de Capannelle sei.

                              Der markierte Weg führt uns weiter durch schier endlose Wälder. Plötzlich kreuzt eine lange Schlange vor uns den Waldweg. Schnell und laut raschelnd verschwindet sie jedoch im Unterholz. Auf einer kleinen Anhöhe nutzten wir die Gelegenheit im Schatten eines schönen großen Baumes ein kleines Nickerchen zu machen. Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zum Abstieg nach Vizzavona. Der Ort ist uns bereits von früheren Reisen bekannt und bietet wenig Schönes, daher wollen wir es nach Möglichkeit vermeiden dort zu nächtigen.



                              Der letzte Abschnitt des Tages führt über sanfte Waldwege vorbei an den Bergeries d‘Alzeta hinauf zur Bocca Palmente. Der Platz eignet sich ideal als Nachtlager. Kurzentschlossen bauen wir unser Zelt auf. Doch noch immer brennt die Sonne gnadenlos auf uns herab und so verbringen wir die restlichen Stunden des Nachmittags entspannt im Schatten des Zeltes.

                              Als die Temperatur schliesslich ein erträgliches Maß erreicht hat, beginnen wir mit dem Kochen. Ein deftiges Abendessen mit Nachtisch ist jetzt genau das Richtige um den Tag ausklingen zu lassen.

                              Satt und glücklich geniessen wir das letzte Tageslicht und beobachten wie die Schatten an der Ostküste länger und länger werden, während die Sonne im Westen eindrucksvoll hinter dem Monte d‘Oro untergeht.



                              Erschöpft schlafen wir zu den sanft klingelnden Kuhglocken ein.

                              Weitere Bilder zum Bericht findet ihr unter: GR 20 - 4. Etappe

                              Gruß
                              Sebastian
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                              • PWD
                                Fuchs
                                • 27.07.2013
                                • 1313
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                                Einfach wunderschööööön!

                                Gruß, Joachim

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                                • sejoko
                                  Erfahren
                                  • 23.12.2009
                                  • 492
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                                  Dankeschöööön!

                                  Gruß
                                  Sebastian
                                  TRAVLRS.COM
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                                  • Lotta
                                    Dauerbesucher
                                    • 17.12.2007
                                    • 929

                                    • Meine Reisen

                                    #18
                                    AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                                    Ein schöner Text und berauschende Fotos - wie immer. Spitze!

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                                    • oesi

                                      Fuchs
                                      • 22.06.2005
                                      • 1520
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [F] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                                      In welchem Monat seid ihr eigentlich unterwegs gewesen? Oder habe ich das nur überlesen?

                                      Zitat von sejoko Beitrag anzeigen
                                      [Wir verlassen die Fähre. Die Strasse Bastia’s sind voller Autos und wir kommen nur schleppend voran. Zielstrebig fahren wir den erstbesten Supermarkt an, denn ganz wichtig, wir brauchen noch Spiritus. Hektisch laufen wir an den endlosen Regalen vorbei, nur um nach einer Viertelstunde feststellen zu müssen, dass es keinen Spiritus gibt. Raus, rein ins Auto und weiter. Der nächste Supermarkt, dasselbe Spiel. Kein Spiritus. Uns rennt die Zeit davon, aber wir versuchen es noch in einem dritten Supermarkt. Mit Erfolg. Erleichtert schnappen wir uns die vorletzte Flasche aus dem Regal und eilen, noch mit einem Sechserpack Wasser und Baguette bepackt zur Kasse.
                                      Ich fliege dieses Jahr Ende Mai nach Bastia und muss dann noch am selben Abend Spiritus dort kaufen, da am näcshsten Tag Sonntag ist und die Geschäfte zu haben. Wo in Bastia hast du den Spiritus bekommen. Hatten die anderen Supermärkte grundsätzlich keinen oder war dieser ausverkauft?
                                      Hattet ihr euch auf der Hälfte des GR20 in Vizzavona oder Corte noch einmal mit Spiritus eingedeckt?

                                      Bisher habt ihr ja immer euer Zelt einfach in der Landschaft aufgeschlagen und nicht bei den Hütten. Das ist ja meines Wissens nicht erlaubt. Hattet ihr da keine Probleme mit Rangern? Habt ihr das Zelt dann direkt am Weg aufgebaut oder seid ihr aus der Sichtweite des Weges gegangen.


                                      Aber auf jeden Fall sehr schöne Bilder und ein toller Bericht. Das steigert meine Vorfreude auf meine Tour ungemein.
                                      Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.
                                      (Johann Wolfgang von Goethe)

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                                      • sejoko
                                        Erfahren
                                        • 23.12.2009
                                        • 492
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [FR] GR 20 - Mit der Sonne im Rücken

                                        Hallo

                                        Soweit ich weiß haben die meisten Geschäfte in Frankreich/ Korsika auch am Sonntag Vormittag geöffnet. Solltest evtl. also auch am Sonntag Spiritus bekommen.

                                        Von Bastia aus führt die N192 nach Süden. An dieser Strasse gibt es zahlreiche kleine und größere Supermärkte. In welchem wir unseren bekommen haben, kann ich dir leider nicht mehr genau beschreiben, wir waren wie gesagt ziemlich in Eile. Eigentlich war es bisher (auf früheren Reisen) kein Problem Spiritus auf Korsika zu bekommen, nur war diesmal irgendwie der Wurm drin.

                                        An den Hütten haben wir nicht übernachtet. Probleme mit Rangern hatten wir nie, genau genommen haben wir auch keine gesehen. Unabhängig davon ist unsere "Philosophie" beim biwakieren: "Leave nothing but your footprint". Sprich wir hinterlassen nichts, aber auch wirklich gar nichts an unserm Lagerplatz. Sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist aber oft, gerade bei den Biwakplätzen in Hüttennähe nicht der Fall. Wir können es daher gut mit unserem Gewissen vereinbaren "wild" zu biwakieren, auch wenn es offiziell nicht erlaubt ist. Einige ausgewiesene Biwakplätze abseits der Hütten gibt es aber auch. Siehe Wegbeschreibung bei "xthelimits". In der Regel haben wir unser Zelt aber erst am späten Nachmittag aufgebaut und waren um 7 Uhr am nächsten Morgen schon wieder unterwegs, also aufstehen so zwischen 5 und 6 Uhr. Ist ohnehin die schönste Zeit des Tages. Wir haben jeden Morgen fantastische Sonnenaufgänge erlebt.

                                        Gruß
                                        Sebastian
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