Wesentliche (vermeidbare) Alpin-Unfallursachen

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  • Michael Boos
    Erfahren
    • 22.10.2003
    • 331

    • Meine Reisen

    Wesentliche (vermeidbare) Alpin-Unfallursachen

    Aus aktuellem Anlass hacke ich wieder auf meine Tastatur ein:

    Ich nerve mich dann, wenn wieder jemand für immer in den Bergen geblieben ist und Betroffene hinterlässt, und man sich fragen muss: war das zwingend nötig?

    1. Eindeutig vorhersehbare und somit klar vermeidbare Risiken:

    - Frontgewitter mit darauffolgendem Temperatursturz für längere Zeit
    (Beispiele: Katastrophen bei Erstbegehungen und Versuchen dazu von N-Wandrouten an Eiger, Piz Badile, Civetta, Grandes Jorasses, um nur einige der Spektakulärsten jeweils mit mehreren Toten!!) Vielleicht stimmt die Zeitangabe, WANN das Gewitter eintrifft nicht ganz; aber bei jeder Kaltfront ist SICHER, dass es kommt UND sie ist eindeutig vorherseh- und auf jeder Wetterkarte erkennbar;

    - Spaltensturz unangeseilt: Gletscherspalten gibz nur auf Gletscher, und man stürzt bloss in die Spalten, die man nicht sieht (weil sie zugeschneit sind). Es gibt nicht: geringe Spaltengefahr oder grössere Spaltengefahr, genausowenig wie jemand mehr oder weniger schwanger werden könnte: entweder besteht Spaltengefahr oder eben nicht. Ich habe noch nie von jemandem gehört, der gleichzeitig in zwei Spalten gestürzt ist - eine hat immer gereicht...

    2. Objektiv individuell vorhersehbare, aber subjektiv je nachdem sehr schwierig erkenn- und somit vermeidbare Risiken:

    - Selbstüberschätzung (wo liegen meine persönlichen technischen/konditionellen/psychischen/kraft-/wissensmässigen Grenzen)

    - Ehrgeiz macht blind (ich sollte schon längst umkehren; weshalb bin ich hier? ich muss auf den Gipfel ...)

    3. Mangelndes Differenzierungsvermögen und daher Empfehlung von gefährlichem Tun im (eigentlichen) Wissen um die inhärenten Risiken und mangelndes Beurteilungsvermögen derjenigen, die beraten werden:

    - Empfehlung, ein Gletscher könne allein begangen werden, es sei eine Spur/es habe nur wenige Spalten/es habe viele andere, die einen dann schon rausholen u.ä.

    - Empfehlung, man solle diese oder jene Technik anwenden, von der inhärente Risiken bekannt sind (gleichzeitiges Abseilen zweier Personen an Strängen eines Seils, das nicht fixiert ist, damit es abgezogen werden kann; Gehen am kurzen Seil auf Wächtengrat; unangeseilt auf Gletscher u.a.m)

    Das ist eine kleine Liste - was könnte man noch drauf nehmen?

  • Flachlandtiroler
    Freak
    Moderator
    Liebt das Forum
    • 14.03.2003
    • 29004
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    Alleine vorgestern hätte man für jeden der genannten Punkte Beispiele angetroffen... und doch ist (soweit ich weiß, toi toi toi) nix passiert
    Hinzusetzen würde ich noch unzureichende Ausrüstung, obwohl das eigentlich selten geworden ist.

    Dieses und auch letztes Jahr bin ich öfter umgedreht, als es Ehrgeiz und Auftrieb gern gehabt hätten Vor dem Hintergrund des aktuellen Geschehens bin ich aber doch ganz froh drum...

    Gruß, Martin
    Meine Reisen (Karte)

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    • Gast-Avatar

      #3
      Ich denke die immer wieder auftauchenden Materialempfehlungen könnte man noch aufnehmen.

      D.h.: "...Da braucht man keine Steigeisen..." , "...ist einfach, geht auch ohne Klettersteigset"

      Also, welches Material wird für welche Tour benötigt (Keile, Friends, Eisschrauben, genauso auch entsprechende Kleidung)

      Ich bin ja selbst ziemlich unerfahren und diesen Sommer in Courmayeur sagte mir auch ein Bergführer der Steig zur Borelli Hütte sei einfach und man bräuchte nicht unbedingt ein Klettersteigset (Zitat: "...ist vermutlich besser eins mitzunehmen") Ich war nachher heilfroh, da ich an machen Stellen ohne (subjektive) Sicherung ziemlich sicher die Krise bekommen hätte

      Grüße,
      Ant

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      • Becks
        Freak

        Liebt das Forum
        • 11.10.2001
        • 19612
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        Wie Martin schon sagte: allein am Sonntag am Piz Bernina hätte man wieder eine Folge zum Thema: "So NICHT!" im Bereich Sicherheit am Berg drehen können.

        Punkte, die man auf den ersten Beitrag noch drauflegen kann:

        - Mangelhafte Ausrüstung
        Sieht man vor allem bei den älteren Bergsteigern. Vor 30 Jahren hat man es so gemacht, also klettert man auch heute mit der Technik/Ausrüstung.

        - Unerfahrenheit im Umgang mit der Ausrüstung
        Der beste Hüftgurt in Kombination mit Seil und Karabiner nutzt nichts wenn man nicht weiß wie man einen HMS-Knoten bindet.

        - Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen
        Drängeln, schubsen, schieben, an unmöglichen Stellen überholen, unüberlegt und unvorsichtig im gelände oberhalb anderer Gruppen rumturnen (und mit Eis und Steinen werfen).

        Alex
        After much research, consideration, and experimentation, I have decided that adulthood is nothing for me. Thank you for the opportunity.

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        • ToP
          Dauerbesucher
          • 25.02.2002
          • 516

          • Meine Reisen

          #5
          Da Ihr schon beim Material seid, was sich heute jeder kaufen kann - Das fehlende Wissen zur eigenen Ausrüstung, zu wenig Übung, nicht nur in der Sache an sich, sondern auch in Bezug auf Bergrettung, erste Hilfe, "Notfallmaßnahmen",... .

          Torsten

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          • Flachlandtiroler
            Freak
            Moderator
            Liebt das Forum
            • 14.03.2003
            • 29004
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            Wenn ich mir die aktuellen Beiträge im basislager anschaue , zwei Beispiele:
            Zitat von [Bishorn
            ]Leider Schneesturm extrem kalt 40cm Neuschnee Nebel 20 m Sicht. Auf 3800m (etwas mehr als die Hälfte) umgekehrt. [...] Wegen regem Verkehr auch Spur drin wenns nicht mehr schneit. Spaltengefahr recht gering trotzdem natürlich nicht alleine gehen!!
            Total nACK, da hat's im unteren Teil jede Menge Spalten -- klar daß man die nach Neuschnee nicht mehr sieht...
            Zitat von [Mönch/Nollen
            ]Super Tour mit Schneefall, Sonne,Nebel,Sturmböen,Elekrische Gewitterentladung auf Uelis Helm-eine normale Hochtour eben. [...] Ueli ist das Steigeisen zu schwer geworden und fand es desshalb cooler den Nachstieg nur mit einem Eisen zu machen!
            Klar, die Leute haben's drauf aber solche Ratschläge können IMHO grob mißverstanden werden (§3 von Michaels OP).

            Gruß, Martin
            Meine Reisen (Karte)

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            • felö
              Fuchs
              • 07.09.2003
              • 1976
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              ... das Selbstvertrauen ist meistens auf die falschen Leute verteilt ...

              Mangelnde Erfahrung und Coolness, wenn´s unvorhersehbar mal beschissen wird und Sachen/Bedingungen eintreten, die nicht für einen Spaziergang verdächtig sind.

              Vergleich mit anderen Bergsteigern, die potenziell ja viel unfitter aussehen (Beispiel: die schwachen unsportlichen Frauen - was die können kann ich schon lange) - gerade in Klettergärten ist dadurch schon der ein oder andere Nicht-Kletterer verunglückt.

              Felö

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              • Flachlandtiroler
                Freak
                Moderator
                Liebt das Forum
                • 14.03.2003
                • 29004
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                Zitat von felö
                Vergleich mit anderen Bergsteigern, die potenziell ja viel unfitter aussehen (Beispiel: die schwachen unsportlichen Frauen - was die können kann ich schon lange) - gerade in Klettergärten ist dadurch schon der ein oder andere Nicht-Kletterer verunglückt.
                Klettergarten: Das liegt aber doch dann an dem Sicherungs-Heini und nicht an dem "Nicht-Kletterer" der sich in eine zu schwere Route gewagt hat?

                Weitere Unfallursachen: Die meisten Alpin-Unglücke verursachen ja immernoch (qua ihrer größeren Anzahl) Wanderer, nicht Bergsteiger. Da gehört noch dazu:
                - bei Orientierungsproblemen vom Weg abgewichen
                - Verletzten/Erschöpften allein gelassen

                Gruß, Martin
                Meine Reisen (Karte)

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                • opa
                  Lebt im Forum
                  • 21.07.2004
                  • 6727
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  hm. kann nur vom klettern und skitouren erzählen. zumindet beim klettern trifft es nach meiner erfahrung ziemlich oft erfahrene, routinierte leute wegen irgendwelcher kommunikations- oder flüchtigkeitsfehler. anseilknoten nur halb gemacht, fehler beim umbauen, unklarheit, ob abseilen oder ablassen.... so sachen passieren meistens keinen anfängern, da die eher einmal mehr prüfen.

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                  • Michael Boos
                    Erfahren
                    • 22.10.2003
                    • 331

                    • Meine Reisen

                    #10
                    Na, wieder was älteres ausgegraben: Saisonbedingt ist nun an das nicht abgehörte Lawinenbulletin als weitere Unfallquelle im Winter zu denken.
                    Und: Eine alte Spur im Hang heisst nicht, er sei gefahrlos begehbar!
                    Eis: Der sichere Umgang mit Eispickel ist eine absolute Gefühlssache. Man glaubt sonst bloss allzurasch, er halte - und er hält nicht. Üben, üben, üben.

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                    • chakra
                      Anfänger im Forum
                      • 02.06.2004
                      • 45

                      • Meine Reisen

                      #11
                      Hallo Michael, kurze Frage:
                      Du schreibst im ersten Beitrag es gibt keine geringe und auch keine grössere Spaltengefahr, sondern eine Spalte reicht. Meinst du das kann man auch auf die Lawinengefahr übertragen? Es gibt geringe Warnstufen und hohe. Dann wäre ja die geringste Warnstufe schon zuviel, da eine Lawine ja auch schon reicht. Ich hab keine Ahnung, war noch nie im Winter unterwegs.

                      Gruss

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                      • Flachlandtiroler
                        Freak
                        Moderator
                        Liebt das Forum
                        • 14.03.2003
                        • 29004
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        Es gibt schon Sachen, die sind extrem unwahrscheinlich -- und manchmal passieren sie tatsächlich. So ist z.B. mal jemand im Wald von einer klitzkleinen Lawine verschüttet worden, die genau maßgeschneidert war um einen Menschen so zu verschütten, daß es nicht mehr herauskommt. Für solche Fälle ist "Der Schubert" als Lektüre zu empfehlen.

                        Bedenke, der Himmel könnte Dir auf den Kopf fallen...

                        Gruß, Martin
                        Meine Reisen (Karte)

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                        • Michael Boos
                          Erfahren
                          • 22.10.2003
                          • 331

                          • Meine Reisen

                          #13
                          Wir haben einmal gemäss der Reduktionsmethode von Munter eine 0.666 für einen Hang ermittelt; der ist (kurz nachdem mein Bauch Alarm anzeigte) gekommen und hat einige verschüttet. Nachher nachgerechnet, ergab das dasselbe Restrisiko.
                          Originalton Munter: Es gibt nicht "ein bisschen schwanger - entweder man ist oder man ist nicht; genauso ist es mit den Lawinen." :wink:
                          Wir können versuchen, die Lage möglichst richtig zu beurteilen und dann durch geschicktes Verhalten (Routenwahl, Entlastungsabstände) kein Schneebrett auszulösen, wenn wir davon erfasst werden könnten.

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                          • Timmey
                            Erfahren
                            • 25.06.2004
                            • 291

                            • Meine Reisen

                            #14
                            ich finde einfach viele Leute wissen gar nicht was sie tun. Neulich in einem Kletterstudio, haben wir uns abgewechselt mit andren.
                            Ich habe mich mit dem doppelten achter eingebunden. war relativ schnell fertig. Der andere wusste wohl nicht wie ein HMs Knoten geht. Also hat er ihn angefangen, gesehen das ich fertig bin. Darauf hin hat er das Seil einfach durch den Hacken gsteckt´und meinte fertig. Ein Glück habe ich vorher nochmal geguckt.
                            Wenn man sich überlegt das es tötliche Unfälle auf Künstlichen Kletterrouten gibt. Dan frage man sich wohl mal wodran das liege. Entweder Klettern sie mit Omas Pakettband für die Garten Arbeit, vergessen sich einzubinden an Standplätzen oder sind einfach nur dumm. Ich bilde an unsrer Schule selbst Kinder der 5 und 6 Klasse im Kletter aus. Dazu gehört im ersten Kletterschein. Abseilen mit Prusik, auskennen mit dem Material, das sichern und erfolgreiche besteigen einer Einfachen Route mit Achter Sicherung. Dies wird dan immer gesteigert bis zum dritten Kletterschein, der der schwierigste ist. Ich bin heil froh, den die Kinder Klatter sehr ordentlich. Sie drehen die Schrauber sogar so fest zu, das ich Nachkletter muss um sie zu öffnen. Ich sage mir aber besser so wie gar nicht. Den bei solchen sachen passieren die Dümmsten Unfälle.

                            Ich denke nei älteren Leuten ist das einfach zu fahrlässig schon in der Ausbildung. wenn man sieht wie viele keine Komandos benutzen aus Cool heit, finde ich das erschreckent.
                            Leben deine Outdoor-Ideen wann du willst, später will es die Natur vielleicht nicht!!!

                            Kommentar


                            • Flachlandtiroler
                              Freak
                              Moderator
                              Liebt das Forum
                              • 14.03.2003
                              • 29004
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              Zitat von Timmey
                              Wenn man sich überlegt, daß es tödliche Unfälle auf künstlichen Kletterrouten gibt.
                              Hier geht es um alpine Fehler. [Und Gott sei Dank nicht um Rechtschreibefehler ]
                              IMHO ist der "Coolness"-Faktor beim richtigen alpinen Klettern geringer, weil meist keine Zuschauer da sind und weil es eben objektive Gefahren gibt. Die Griffe und Tritte sind nicht bunt & eingedübelt, sondern von Mutter Natur vor langer Zeit angebracht worden usw.
                              Schlendrian gibt es natürlich trotzdem, z.B. wenn Zeitdruck herrscht.

                              Gruß, Martin
                              Meine Reisen (Karte)

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