[BO] Besteigung des Huayna Potosi 6088m

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • konamann
    Fuchs
    • 15.04.2008
    • 1070
    • Privat

    • Meine Reisen

    [BO] Besteigung des Huayna Potosi 6088m

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Die Vorgeschichte:

    Wir (Jo, Elena, Armin und meine Wenigkeit) waren für ein Hilfsprojekt für zwei Monate in Brasilien, haben dabei Meer und Strände ausgiebig genossen. Danach kam meine Freundin Karin nach, schnell die wichtigsten Küstentädte Brasiliens abgeklappert (und dabei zwei freundlichen Herren mit einem Messer meine Kamera gespendet) und haben schließlich über die Wasserfälle von Iguacu den Sprung nach Bolivien gemacht.

    Genauer gesagt nach Santa Cruz. Das liegt auf ca 350m im Tiefland Boliviens und da wir wussten, dass das mit zuviel Höhe in kurzer Zeit nicht so toll ist, haben wir uns auch 8 Tage Zeit gelassen, um nach Uyuni (3600m) zu kommen und dort unsere Jeeptour (bis auf 5200m) zu starten. Wer zufällig mal von Santa Cruz Richtung Sucre möchte, dem kann ich nur empfehlen, ein paar Tage in Samaipata (2300m) zu verbringen und den angrenzenden Amboro-Nationalpark zu besuchen.



    Tolles Hippiedorf mit einem deutschen Landhaus, Südtiroler Bauernbrot und nebenbei eine atemberaubende Gegend! Einen verpassten Bus später und damit einem extra Tag in Sucre später sind wir pünktlich in Uyuni gelandet und waren auch heilfroh, dass wir nicht eher da waren.

    Das ganze Nest ist einfach nur ein riesiger Bahnhof für die Jeeptouren, ausser Touristen und Lehmhütten gibts da wirklich nix. Naja, vielleicht Staub, Sonne und Steine und "original Baby Alpaka" Pullover...aber sonst nicht viel.

    Auf dem Jeeptrip beginnt nun die eigentliche Geschichte unseres Spontanalpinismus:
    Unser (wirklich hervorragender) Guide Speedy ("I am the original Speedy Gonzales!") bot uns an, doch noch ein paar Tage dran zu hängen und im Rahmen der Jeeptour einen Vulkan (ca 5500m) zu besteigen. Wir hatten uns vorher auch schon etwas in der Richtung überlegt, aber da der Salzsee zu der Zeit überschwemmt war, hatten wir keine Chance, schnell an den Fuß des Berges zu kommen und deswegen die Idee eigentlich schon wieder verworfen. Nun eben die neue Offerte: 5500m mit Speedy oder über einen guten Kumpel von ihm (alles klar...) der Huayna Potosi (6088m) bei La Paz.



    Der kleinere Berg fällt natürlich erstmal weg! Eigentlich ganz nett die Idee, leider hatten wir zu dem Zeitpunkt genau 6 Tage, um nach Cuzco zu kommen um den schon 3 Monate gebuchten Inka Trail zu laufen. Dumme Sache, da wir uns natürlich nicht so kurz vorher irgendwie kaputt machen wollten. Noch dazu hatten wir eigentlich keine Ahnung von dem Berg (ausser die Aussage: alles ganz easy, kann jeder machen, locker in zwei Tagen) und auch nur zwei bergerfahrene Leute (Armin und Ich) in unserer Gruppe. Also Vernunft vor Abenteuer, wir fahren nach Cuzco.



    Aber nicht ohne vorher in La Paz bei einigen Agenturen vorbeizuschauen und Konditionen und Ausrüstung zu checken Preislich nehmen die sich mit ca 100€ für 3 Tage nicht viel, die Ausrüstung besteht standartmäßig aus alten Koflach Plastikstiefeln und - jetzt kommt die Variation - Windhose und -Jacke, Pickel, Helm etc. Gründliches Hinschauen fördert doch deutliche Unterschiede im Material zu Tage.

    Aber nun erstmal nach Cuzco, Inkatrail wandern,


    Sonnentor



    ja da waren wir auch

    Bierchen trinken und danach den Titikakasee besuchen und auf den dortigen Inseln (Isla del Sol) wandern gehen.

    Nach mittlerweile knapp über 3 Wochen auf über 3500m mit einer Woche Rucksackwandern kommen wir wieder in La Paz an. Sehr erfreut stellen wir fest, dass wir nicht mehr so schlimm schnaufen, wenn wir mal schnell die Strasse zum Internetcafe hochrennen. Höhenanpassung scheint zu laufen!





    Ist ja quasi ein Hausberg von La Paz

    Ungeachtet der Tatsache, das Jo gerade beim Arzt war wegen Mittelohrentzündung und Karin Magenprobleme hat, melden wir uns wieder bei den zwei besten Agenturen und buchen schließlich die 3 Tages Tour. Ja, wir Deppen...das sollte man nicht machen. Zwei Wochen drauf freuen und Gruppendynamik sind aber zwei starke Mittel gegen Vernunft. 3 Tage Tour deswegen, weil der erste Tag nur eine Fahrt und 20min laufen ins Basislager mit sich bringt und der Rest des Tages zum Gletschertraining für die Anfänger dient. Der nächste Tag wird damit verbracht, alles Müsliriegelähnliche in La Paz aufzukaufen. Selbst in grossen Supermärkten gibt es aber nicht mehr als bei den Indiofrauen auf der Strasse, 30min Taxifahren waren somit für die Katz gewesen. Dann halt Snickers.



    Notproviant am besten vorher im Bauchraum verstauen

    Nebenbei gibts für mich noch einen Black Diamond RPM Rucksack,
    da mein Eastpack eh gerade den Geist aufgibt und der 90l Gregory auch nicht als Alpinrucksack taugt.
    Achja, Sorioche Pills, eine Mischung aus 100er Aspirin und einem Mittel gegen Übelkeit. Keine Ahnung obs was helfen wird, billig wars jedenfalls und alle Agenturen raten dazu. Kaufen wirs halt mal.


    Abend vor Tag 1:

    Treffen in der Agentur, zu uns 5 kommen noch eine Schwäbin, eine Schweizerin und eine Kanadierin. In großem Chaos probieren wir so lange, bis jeder einen stiefel hat, in den er mit zwei Paar Socken passt. Das Briefing ist in etwa das gleiche wie schon in der Agentur, nur eben nochmal von unserem Haupt-Guide vorgetragen. Wichtig für Nachmacher: Unbedingt Guides nehmen, die GUT Englisch können. oder Spanisch können. mit "a little English"-Sprechern kann man sich nämlich nicht wirklich verständigen. Der Rest des vergeht mit Packen recht schnell. Karin gehts nicht wirklich besser, also packe ich ihre Wasserflaschen und alles was sonst noch geht in meinen großen Rucksack. Macht dann wohl im Endeffekt so knapp 30kg gegen 7kg. Aber was tut man nicht alles für die Frau die man mag...


    Tag 1:


    Aufstehen, Pillen nehmen, Frühstücken gehen, darüber freuen, dass Karin endlich mal wieder was essen kann, dann um 9Uhr treffen bei der Agentur. Wir packen die Säcke für den Koch und eine Menge Equipment und tragen alles zum Van. Rauf aufs Dach mit dem Zeug und los über steile Strassen nach El Alto. Ein faszinierendes Dorf dieses La Paz/El Alto. Manche Strassen sind so steil dass sie bei uns im Winter als Steilabfahrt durchgehen würden und die fahren da Auto... Oben in El Alto halten wir erstmal am Markt, haben ja noch kein Koka. Zum Spass hatten wir das ja schonmal probiert aber so richtig geschmeckt hats keinem. Aber nachdem die Guides darauf schwören...billig wars ja auch wieder.
    Nun aber alle rein ins Auto und ab auf die Holperpiste. Eineinjalb Stunden später stehen wir mit offenem Mund auf einem Hügel hinter La Paz und sehen zum ersten Mal unseren Berg! Wahnsinnig schön, aber auch hoch und voll Schnee.






    Am Parkplatz (4500m) angekommen bekommen wir unsere Bergsteigerklamotten und das Equipment ausgeteilt: Eine Skijacke, eine Skihose, Gamaschein, Expeditionsdaunenhandschuhe, top Black Diamond Raven Pickel und BD Steigeisen und für die die wollen noch Schlafsäcke, Fleecehosen und Pullis. Und oben drauf einen Deckel für den Kopf. Ich hab zum Glück all mein wichtiges Zeug zum drunterziehen dabei.
    Im Einzelnen: Odlo Cubic Unterhemd, Merinoshirt, Mountain Hardwear Monkey Man Fleece, sehr dicke lange Unterhose (in Cuzco gekauft), meine Kompressionsskisocken, ein Paar Merinosocken und BD Polartec Fingerhandschuhe. Ein Cumulus Lightline mit 550gr Daune, Mütze, Trinkflaschen und Stirnlampe nicht vergessen und los gehts.





    Nun gehts gemütlich im Gänsemarsch zum neu gebauten Refugio Huayna Potosi (4700m). Dort lassen wir die Rucksäcke, bekommen eine Reismahlzeit und machen uns auf zum nahegelegenen Gletscher zum Eis-Training. Noch gehts allen recht hervorragend, die Sonne scheint und so lernen die Nicht-Alpinisten wie man Steigeisen anlegt, Gletscher bergauf und runter läuft (bis ca 65°) und dabei den Pickel einsetzt.





    Danach kommt auch für uns zwei andere Spaß auf, im Toprope können wir ein bisschen Steileis bis 90° klettern, zum Glück mit richtigen Eisgeräten und nicht mit unseren Pickeln! Petra, die Schwäbin beglückt uns dabei mit so herrlichen Flüchen, dass wir lachend am Boden liegen und fast die Eisrinne runterrutschen, aber gemeinsam schreien wir sie dann doch noch die Wand hoch! Langsam wird es aber kalt, die Sonne ist weg und die Bergspitze über uns leuchtet schon blauweiß - atemberaubend!



    Gegen 5 sind wir wieder in der Hütte, bekommen erstmal Teewasser und Kekse, danach im Prinzip die gleiche Mahlzeit wie Mittags nochmal, dazu viel Tee und für Jo, Armin und mich Koka zum Kauen. Ob das was bringt haben wir lang diskutiert, aber die Erhöhung der Sauerstoffaufnahme ist medizinisch bewiesen, also warum nicht. Naja es schmeck beschissen...
    Schon abends um halb sechs ist es dunkel und hat um die 0°, Nachts wird es wesentlich kälter. Panorama anschauen fällt eher kurz aus. Warmem Schlafsack sei Dank stört mich das herzlich wenig und ich schlafe eigentlich sehr hervorragend, bis Team Kanada kotzen gehen muss, Team Schweiz friert und meine Herzallerliebste starke Kopfschmerzen bekommt. Also Stirnlampe an und Schmerztabletten gesucht. Dann schnell beim Klogang in Tshirt und langer Unterhose fast erfroren, lieber wieder rein in den Schlafsack und weiterdösen.
    Am nächsten Morgen die Besprechung: Team Kanada wackelig auf den Beinen aber voll Tatendrang, Team Schweiz fit, Jo topfit, Elena hat recht gefroren die Nacht durch, Armin fit, herzallerliebste im Gegensatz zur Nacht recht fit und motiviert. Und mir gehts auch blendend. Keine Ahnung ob das an dem Koka und den Sorioche Pills liegt, kann mich jedenfalls net beschweren. Keiner hat Kopfweh, also starten wir alle in Aufsteig ins HighCamp auf 5200m. Vorher zeige ich den Leuten noch schnell warum mal so eine Pickelhalterung am Rucksack hat und wie die funktioniert.



    Jo rennt voraus, der ist ja auch in Brasilien in der Woche über 20km gelaufen, der muss das können. Alle anderen reihen sich so ein, nur Herzallerliebste Karin bleibt recht schnell zurück. Von der Hütte gehts eben bis zur Gletschermoräne. Da zackig hinauf, auf dem Kamm entlang und dann wieder 20hm runter in eine Mulde. Bei einer kleinen Hausruine machen wir Rast, essen Süßigkeiten und hoffen darauf, dass es Karin bald besser geht. (jaja, die Anzeichen für Dummheit schweben über uns...eigentlich ein klarer Fall von Höhenkrankheit)



    Vom Rastplatz gehts steil bergauf über Geröll, Stufen und
    Steine, die Hütte oben versteckt sich bis ganz zum Schluss. Laufen geht bei mir sehr gut, auch wenn kleine Zwischensprints mich sofort zum schweren Atmen bringen.





    Die letzten 300hm übernimmt ein Guide mal eben Karins eh schon leichten Rucksack, trotzdem bleibt sie ganz am Schluss der Karawane zurück und ich pendle irgendwo zwischen der schon wieder herrlich fluchenden Petra an Position kurzvorschluss und Herzallerliebste Karin hin und her. Knapp über 500Hm dauern so trotzdem gut über zwei Stunden.





    Kurz vor 11, oben an der Hütte (HighCamp) beziehen wir unser Matratzenlager. Die Hütte hat unten zwei Räume und einen Anbau, ein Dachgeschoss mit Lager und zwei Klos aussen. dahin führt eine lustige Blankeispiste, deswegen suchen wir uns lieber nette Steine in der Umgebung. Alles in allem sehr einfach aber auch sehr sauber und ordentlich. Dadurch dass wir als 3Tages Gruppe schon früh los konnten sichern wir uns die guten Matratzen vor den 2 Tages Gruppen, die 3-4 Stunden später eintreffen. Nach dem Mittagssnack (wieder was mit Reis) besteht der Rest des Tages im Prinzip nur aus Schlafen, Kokatee trinken, Kekse essen, Koka kauen und die atemberaubende Landschaft geniessen. Zum Schlafen bin ich zu aufgedreht, das entfällt bei mir.



    Blick bergauf zum Alternativ-Highcamp



    Die Hütte (rechts) nochmal mit Talblick, links das Küchenzelt

    Insgesamt sind wir nun etwa 20 Touristen auf der Hütte, viel Engländer (von denen einer nicht wusste, dass man Fleece und lange Unterhosen mitbringen sollte), zwei Schweizer, ein Belgier, ein weiterer Deutscher der nix sagt und wir.
    Um halb 6 gibt es Abendessen (diesmal Suppe) und danach eine Besprechung mit Gruppeneinteilung. Wir haben für uns 8 Personen 4 Guides dabei, aber Karin erklärt, nachdem sie den ganzen Nachmittag nur geschlafen hat, dass sie nicht gehen wird. Das heisst dann wie folgt: Armin und Ich, Elena und Marisa aus Kanada, Jo und Evelyn aus der Schweiz und Petra alleine, da sie sich auch schon nicht mehr so optimal fühlt.
    Aufbruch für die ersten ist um 0.30 Uhr geplant, Armin und ich als konditionsstärkste Kombo werden kurz vor zwei loslaufen.
    So bleibt uns nur noch, alles zu ordnen und zu packen, den gegenüberliegenden Bergen beim Verglühen zuzuschauen und dazu schweizer Radreisegeschichten zu hören. Die Jungs und Elena kauen weiter fleißig Koka, um sieben liegen schließlich alle im Schlafsack. Nachdem wir noch gewarnt wurden, dass es so kalt werden soll, ziehe ich mal lieber den Pulli in den Schlafsack an. Zumindest die erste Viertelstunde, dann
    schwitze ich aus allen Poren. 20 Leute heizen das Lager ganz anständig, da braucht man sich nicht stressen.
    Ich bekomme auch diese Nacht eher wenig von meiner Umgebung mit, Karin schläft endlich mal gut, dafür bekommen Jo und Petra starke Kopfschmerzen. Kurz vor 12 geht dann der Betrieb wieder los. Alle räumen und machen Hektik, ich denke ihr kennt das ja. Obwohl ich noch eine Stunde liegen bleiben könnte stehe ich mit auf. Petra schwankt schon zum Frühstück, Karin kommt kurz mit runter und kann aber doch nichts zu sich nehmen ausser einen Tee.
    Um halb eins starten Jo, Evelyn, Elena und Marisa, dazu Petra mit ihrem Einzelguide. 15 Minuten später steht sie auch schon wieder da, nach den ersten zehn Metern Aufsteig war ihr so schwindlig dass sie fast zehn Minuten für den Rückweg gebraucht hat. Also ab ins Bett mit ihr. Ihr Führer rennt sofort wieder los, um seine Kollegen oben zu unterstützen.
    Kurz vor zwei gehts dann auch bei uns los. Hinter der Hütte steigen wir 50 Meter über Felsen zum Schneefeld, das auf den Gletscher führt. Dort legen wir die Steigeisen an, queren einen kleinen Steilhang und landen etwa auf Höhe unserer Hütte auf dem ersten Gletscher. Diesen geht es relativ steil 200Hm nach oben, am Campo Argentino, dem anderen Hochlager vorbei, dann über ein paar Felsen auf einen weiteren flacheren Gletscher. Unser grandioser Führer läuft so ein gemütliches Tempo, das wir bis jetzt noch nicht ausser Atem sind. Trotz der sternenklaren Nacht ist es relativ warm, an der Hütte -7° und wir können die dicken Handschuhe noch im Rucksack lassen.



    Ich trage den BD RPM Rucksack mit unserem Wasser, Daunenfäustlingen, Riegeln und einem Fleece für den Notfall, Armin seine Spiegelreflex in der Tasche. Dass wir keine Thermoskannen haben sollte sich später noch rächen, da das Wasser oben am Gipfel dann größtenteils eingefroren war. Schlicht und einfach vergessen zu kaufen, saudumm! Über uns sehen wir die Lichterketten der anderen Gruppen, die fast alle vor uns losgegangen sind.



    Eine Schweizerin mit ihrem Privatguide überholt uns bei einer Pause. Pausen machen wir aber nicht viele, da dann doch die Kälte unbarmherzig in die Klamotten kriecht. Also lieber langsam weitergehen.Unser weg führt nun sanft ansteigend über einen breiten Gletscher (sehen wir zu dem Zeitpunkt natürlich nicht, ist ja Nacht und die Sterne sind auch nicht so hell). Weiter oben lässt sich die Steilstufe erahnen, die ca 150Hm bis zu 55° steil hinaufführt. Ein paar Seilschaften umgehen diese auf einem Umweg weiter rechts, wir halten voll darauf zu. Die Spur ist eigentlich immer sauber getreten und Orientierungsschwierigkeiten gibt es keine. Fröhlich steigen wir unten in den Steilhang ein, hier gibt es mehr Spalten, nicht zu tief aber eben vorhanden. Beim Balancieren an den Spaltenrändern entlang erkennt man auch schnell, dass der Körper langsam ein bisschen zu kämpfen hat. Bis uns eine Spalte den Weg versperrt, die einen ca meterhohen Schritt oder Sprung benötigen würde. man sieht noch deutlich die Spur, auch der Spaltenboden 6m tiefer ist gut zu sehen, dort auch die Bruchstücke des oberen Spaltenrandes, die wahrscheinlich eine Gruppe vor uns dort hinterlassen hat. Aber Action gibts woanders, nach kurzem Überlegen spuren wir seitlich daran vorbei durch den tieferen Schnee nach oben. Bald sind wir wieder in der Spur und es geht langsam wieder in flacheres Gelände. Langsam merken auch wir die Höhe. Wir atmen zwar nicht wesentlich schneller aber man merkt deutlich, dass den Beinen der Sauerstoff fehlt. Bei einer Pause drehen wir uns um und stellen überrascht fest, dass El Alto mit seinen Lichtern wie ein Lavafeld in der Ebene hinter den niedrigeren Nachbarbergen liegt. chon jetzt sind wir quasi entschädigt für die Mühen, so schön ist der Anblick.
    Aber wir haben ja noch was vor! Locker gehts bergauf, nebenbei überholen wir wieder mal ein paar Gruppen, bis wir schließlich auf einer kleinen Kuppe vor der letzten Steilwand den Rest unserer Leute treffen. Jo steht apathisch nebendran und kann grad noch sagen dass sich alles um ihn herum dreht. Gerade er als konditionell stärkster unserer Gruppe (aber Alpinwissen = 0) muss etwa 350Hm unter dem Gipfel aufgeben! Zum Glück haben wir ja eh einen Führer zuviel dabei, der ihn sicher ins Tal bringen wird.
    Kleiner Exkurs, diese Führer steigen dreimal pro Woche auf diesen Berg. Die Kondition möchte ich haben. Für Normaltouristen gibt man etwa 6-7h Aufstieg und 2h Abstieg an. Unser Guide meinte, er kommt hoch und runter unter 3h. Neid kommt auf...
    Gruppe Armin+Ich überholt also die restlichen Mädels und geht als erste in den Steilhang, der zum Gipfelgrat führt. Dieser Hang hat stellenweise an die 70°, zum Glück queren wir hauptsächlich und die Spur ist eigentlich immer gut vorhanden. Der Schnee ist auch noch bretthart, es ist kurz vor 5 Uhr und langsam wird es kälter.
    Knapp 100Hm unter dem Gipfel steht man plötzlich auf einer Schulter und blickt in die Nordwand. Und das nicht zu wenig, die ist verdammt steil wenn man gerade noch so seine Aufstiegswand vor Augen hatte. Der Grat oben ist stellenweise nur etwas über handtuchbreit, rechts geht es steil in die Nordwand und auch die Südostwand links macht einiges her.



    Hier merkt man wieder deutlicher die wackeligen Beine. Jetzt nur nicht die Motivation verlieren, in den Alpen kann ich sowas schließlich auch. Unser Guide nimmt einfach das Seil etwas kürzer und kaum haben wir uns zweimal umgeschaut stehen wir auch schon ganz oben. War doch ganz easy.



    Erstmal können wir es noch garnicht glauben, dass wir jetzt oben sind. Ausser uns ist nur die eine Schweizerin da, so können wir ausführlich ganz oben auf dem Gipfel stehen und die Aussicht geniessen.
    Genau in diesem Moment geht auch noch die Sonne hinter der "kleineren" Bergkette vor uns auf und hinter uns taucht der Titikakasee aus dem Dunst auf. Der knapp 6500m hohe Ilimani, der zweite Hausberg von La Paz erstrahlt und wir sind erstmal zu glücklich um ausser sich freuen viel hinzubekommen.



    Noch grösser wird die Freude, als Armin aus meinem Rucksack eine Dose Gipfelbier zieht! Die hab ich also auch geschleppt... im Gegensatz zu unserem Wasser ist die auch nicht gefroren sondern nur gut gekühlt, so können wir mit unseren Mädels, die gerade eben den Gipfel erreichen, den Sonnenaufgang von ganz oben genießen. Höhere Berge gibt es erstmal keine in der Nähe, die uns die Sicht nach irgendwohin nehmen könnten.



    Eine Viertelstunde später wird es langsam eng auf dem Gipfel, der Großteil der anderen Gruppen rückt (leicht dezimiert) an.



    Für uns heisst das Abstieg und nach dem Ausruhen und Verschnaufen auf dem Gipfel rennen wir den Grat locker hinunter. Im Steilhang ist noch einmal Vorsicht geboten, den Rest der flachen Gletscher legen wir fast im Laufschritt zurück. Den Weg hat uns Jo auch mit den Resten seines Mageninhalts gut markiert...die guten Erdnussriegel





    Jetzt haben wir auch Zeit für Fotopausen, so kommen wir nach einer guten Stunde wieder unten an. Dort sind Karin und Petra gerade vom Sonnenaufgang schauen wieder in die Schlafsäcke zurückgekehrt und auch bei uns setzt nun die Müdigkeit ein. Schnell noch einen Tee und dann erstmal eine Runde auf der Bank vor der Hütte chillen. Leider habe ich beim Abstieg doch so geschwitzt, dass es mir in den feuchten Klamotten schnell ein bisschen frisch wird, also doch noch ne Runde Schlafsack. Langsam trudeln auch die anderen wieder ein.
    Gegen Neun werden wir aufgeweckt, es gibt die Reste an Keksen zu knabbern und wir packen für den Abstieg. Karin und Petra übergeben gleich ihre Rucksäcke an die Guides, dem Jo können wir anderen etwas abnehmen. Unter Protest von Petra ("Des hab I ja no nie ghabt, dass I mein Rucksack ned selber trag!") erreichen wir langsam wieder das Refugio. Dort sammeln wir die restlichen Klamotten ein und laufen die letzten Minuten zum Parkplatz.
    Obwohl wir jetzt wieder unten sind, atmen wir alle heftiger als vorher und fast jeder hat leichtes Kopfweh, müde sind wir sowieso. Trotzdem müssen ja jetzt noch unsere ganzen Sachen wieder zurückgegeben werden und dann alles auf dem Bus verstaut werden. Natürlich haben sich die Guides für ihre wirklich hervorragende Arbeit auch ein Trinkgeld verdient!



    ein letzter Blick zurück

    Nun kann uns auch die Rückfahrt nicht mehr lange aufhalten, ein paar Mageninhalt-Gewichtstunings-stops erreichen wir auch wieder wohlbehalten La Paz und unser Hotel. Auspacken entfällt erstmal! Armin, Elena und
    Ich haben Hunger, Karin ist wieder schlecht, Jo ist sowieso raus. Einen Burger bei Pepe's und eine klitzekleine Schokotorte später geht aber auch bei uns nichts mehr, erst Abends um 6 schaffe ich es in ein Internetcafe um eine mail heim zu schreiben.

    Epilog:
    Der Huayna Potosi wurde uns als easy-going Berg für jeden Touristen verkauft. Das ist er sicher nicht! Obwohl die objektiven Gefahren gering sind und extrem viele Backpacker hier ihren ersten 6000er versuchen, darf man die Höhe nicht unerschätzen. Gerade am Gipfelgrat haben doch noch einige Gruppen den Rückweg angetreten, weil es ihnen zu heikel wurde. Von allen Versuchen liegt die Erfolgsquote laut Guides bei etwa 40%, was schon zeigt, wie viele Unerfahrene hier doch scheitern.
    Wer sowieso in der Gegend ist, ein bisschen Hochtourenerfahrung in den Alpen besitzt und eine gute Kondition hat, braucht sich aber keine Sorgen zu machen. Solange er gut aklimatisiert ist, steht dem Versuch nichts im Weg. Ohne Guide sicher auch kein Problem, nur muss man sich dann um die Hütten und die Verpflegung selbst kümmern. Uns hat das "Luxuspaket" mit Koch schon gefallen.
    Ob mich nun die Sorioche Pills und das Koka auf den Berg gebracht hat, oder nur der Glaube daran und die knapp dreieinhalb Wochen vorher auf über 3500m...wer weiß? ;)

    So oder so eine hoch empfehlenswerte Tour, die wir nie mehr vergessen werden.
    Zuletzt geändert von Sandmanfive; 05.11.2011, 00:32. Grund: Reisecharakter eingestellt
    Draußenkind!

  • Mika Hautamaeki
    Alter Hase
    • 30.05.2007
    • 3979
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [BO] Besteigung des Huayna Potosi 6088m

    Vielen Dank für den spannenden und kurzweiligen Bericht!
    So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
    A. v. Humboldt.

    Kommentar

    Lädt...
    X