[MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

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  • sejoko
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    • 23.12.2009
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    [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

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    Hallöchen...

    Ich wollte mich mal wieder an einem Reisebericht versuchen. Wie immer ist er natürlich noch nicht ganz fertig und da ich nicht grade der schnellste beim Schreiben bin, bitte ich euch um etwas Geduld.

    Zwei Wochen lang sind wir im Februar dem Rad durch den Süden Marokko's getourt. Es war unsere erste Reise mit dem Fahrrad, aber ganz sicher nicht die letzte.

    12.02.2011 - 1. Etappe

    2 Uhr morgens. Der Wecker klingelt. Endlich ist es soweit, heute geht’s nach Marokko. Also nichts wie raus aus den Betten. Eine schnelle Dusche und ein kleines Frühstück, die Fahrräder an den Smart gehängt und schon kann es los gehen. Die Fahrt nach Hahn gestaltet sich jedoch äusserst mühsam. Mit dem vollbepackten Smart schaffen wir es kaum die 80 km/h-Marke zu knacken und so erreichen wir gerade einmal eineinhalb Stunden vor Abflug den Flughafen. Wir fahren direkt bis zum Terminalgebäude vor und laden aus. Während Anja das Auto auf dem kilometerweit entfernten Parkplatz abstellt, bringe ich unser Gepäck und die Fahrräder ins Terminal. Vollbepackt mit unseren Taschen schieben wir eilig die Fahrräder zum Check-In-Schalter am anderen Ende des Terminals, nur um dort mitgeteilt zu bekommen, dass dieser Schalter gerade schliesst und der Check-In an einem anderen Schalter, am anderen Ende des Terminals weitergeführt wird. Also den ganzen Weg wieder zurück…was für eine tolle Organisation, aber bei Flugpreisen kann man eigentlich nicht meckern. Schliesslich bringen wir den Check-In noch rechtzeitig eine halbe Stunde vor Abflug zu Ende. Jetzt schnell die Fahrräder an die Speergepäckabgabe bringen, noch durch die Sicherheitskontrolle und eh wir uns versehen sitzen wir im Flieger nach Agadir. Selten haben wir so einen stressigen Reisebeginn erlebt. Da wir so ziemlich die letzten sind, die an Bord gehen gibt es keinen gemeinsamen Sitzplatz mehr für uns. Ich finde einen Platz neben zwei Hobby-Ornithologen und darf mir in den nächsten 4 Stunden zahllose Geschichten über das Brut- und Zugverhalten des Wüstensperlings und unzähligen anderen Vögeln anhören.

    Pünktlich um 10 Uhr Ortszeit landen wir in Agadir. Die Sonne scheint, die Temperaturen mild. Die nächste knappe Stunde verbringen wir wartend in der Schlange an der Passkontrolle. Die hochmotivierten marokkanischen Zollbeamten haben es heute morgen wohl nicht so eilig. Von weitem sehen wir unser Gepäck schon seine Runden auf dem Gepäckband sehen, von den Fahrrädern noch keine Spur. Nach etwas suchen finden wir die Speergepäckausgabe. Unsere Räder stehen noch draussen auf dem Transportwagen. Ein Flughafenarbeiter hebt mein Rad von Wagen, bleibt damit an Anja’s Rad hängen und reisst ihr Rad mit, welches mit voller Wucht auf den Boden knallt. “Das geht ja gut los”, denke ich mir. Der Mitarbeiter entschuldigt sich mehrfach bei uns und so wie es auf den ersten Blick aussieht, ist auch nichts weiter passiert. In einer ruhigen Ecke der Ankunftshalle schrauben wir unsere Fahrräder zusammen und machen uns startklar.

    Mit bester Laune und bei schönstem Sonnenschein schieben wir unsere Fahrräder aus dem Flughafen und fahren los. An einer Tankstelle in unmittelbarer Umgebung des Flughafens decken wir uns mit ausreichend Wasser und Benzin für den Kocher ein. Wir folgen zunächst für einige Kilometer der N10 in Richtung Osten. Schnell fällt uns die Freundlichkeit der Marokkaner auf. Nahezu jedes Auto fährt hupend an uns vorbei, die Fahrer winken uns zu. Die Leute am Strassenrad grüßen uns alle freundlich, rufen uns “Bonjour” zu und feuern uns teilweise sogar an. Wir sind begeistert von der Herzlichkeit der Menschen und fühlen uns auf Anhieb wohl. Wir verlassen die N10 und biegen auf eine Nebenstrasse in Richtung Biougra ab. Der Asphalt wird schlagartig schlechter, aber auch der Verkehr nimmt ebenso schlagartig ab. Wir kommen gut voran bis Anja’s Schaltung plötzlich beginnt Ärger zu machen. Die Schaltung hat beim Sturz des Rades wohl doch etwas abbekommen, aber mit ein paar Handgriffen ist die Schaltung wieder eingestellt und es geht weiter. Die Landschaft ist hier noch flach und überwiegend von Gewächshäusern geprägt. In der Ferne aber sehen wir bereits die ersten Ausläufer des Anti-Atlas, die wir heute noch erreichen werden. Doch nach etwa 20 km erreichen wir zunächst das Städtchen Biougra. Zeit für einen ersten Einblick in die marokkanische Teekultur. An einem Strassencafé machen wir Halt und bestellen ein Kännchen Tee. Zum Tee gibt es 2 riesige Stücke Zucker, grob geschätzt etwa vergleichbar mit 12 Stück des uns bekannten Würfelzuckers. Wir sind etwas ratlos: “Das soll alles in dieses kleine Kännchen?” Na ja, was soll’s. Rein damit. Und in der Tat, der Tee schmeckt köstlich und macht Lust auf mehr.



    Wir fahren weiter. In Biougra biegen wir links in Richtung Ait-Baha ab. Die Landschaft wird zusehends interessanter, die Berge nähern sich. Unterwegs treffen wir noch 2 Holländer, die ebenfalls mit dem Rad unterwegs und fahren eine Weile gemeinsam. Als wir Imi-Mqourn, ein kleines Dorf direkt vor den Bergen, erreichen beschliessen wir zusammen noch eine Teepause einzulegen. Und auch hier wieder 2 riesige Stücke Zucker, die wir direkt in das Kännchen verfrachten. Wir unterhalten uns noch etwas mit den beiden Holländern und stellen fest, dass wir eine ähnliche Route geplant haben. Vielleicht treffen wir uns ja noch mal wieder. Die beiden verabschieden sich schliesslich. Wir bleiben noch ein wenig und geniessen die entspannte Atmosphäre. Mit ausreichend Zucker im Blut können die Berge nun kommen. Direkt hinter dem Dorf eröffnet sich uns eine wunderschöne Gebirgslandschaft und auch die ersten Anstiege lassen nicht lange auf sich warten. Auch wenn wir zu Hause bereits ordentlich für die Tour trainiert haben, so haben es die Anstiege in sich. Aber wir haben es ja nicht eilig und lassen uns daher Zeit. Und wenn hin und wieder doch mal ein Auto vorbeikommt, spornen uns die Anfeuerungsrufe weiter an.



    ach und nach gewinnen wir an Höhe, doch allzu weit wollen wir heute gar nicht mehr kommen. Eine Piste führt schliesslich rechts von der Strasse ab. Wir folgen dieser zunächst ein kleines Stück, dann noch etwas quer durch die Landschaft und schon haben wir einen Platz für unser Zelt gefunden. Hier sollten wir ungestört sein, doch gerade als wir unser Zelt aufbauen wollen sehen wir einen älteren Mann auf uns zu kommen. Oh je, ob das Ärger gibt? Doch weit gefehlt. Der Mann ist äusserst freundlich und begrüßt uns herzlich. Das wir hier Zelten stört ihn nicht im geringsten. Er macht Gesten, dass wir ihm folgen sollen. Wir sind etwas verwirrt, aber wir folgen ihm. Als er plötzlich ein paar Steine von Boden aufhebt und versucht diese unter lauten Rufen auf den gegenüberliegenden Hang zu werfen ist die Verwirrung komplett. Doch nach einiger Zeit entdecken wir des Rätsels Lösung. Auf dem anderen Hang läuft ein Wildschwein entlang, dass uns der Mann, warum auch immer, ganz offensichtlich zeigen wollten. Als der Mann schliesslich merkt, dass wir ihn verstanden haben, zeigt er sich merklich zufrieden und verabschiedet sich schliesslich von uns. Ein interessantes Erlebnis, doch der Magen knurrt und das Zelt ist auch noch nicht aufgebaut.

    Pünktlich zum Sonnenuntergang schmeissen wir endlich den Kocher an und freuen uns auf das Abendessen. Kaum ist die Sonne verschwunden kühlen die Temperaturen spürbar ab und wir verkriechen uns ins Zelt.



    -Tageskilometer: 42km
    -Durchschnittsgeschwindigkeit: 15 km/h
    -Anstieg gesamt: 500m
    -Fahrzeit: 2h 48min
    -Übernachtung auf 500m
    -Tiefsttemperatur: 4 °C

    Ausführlicher bebildert findet ihr den Bericht unter: Mit dem Rad durch Marokko - 1. Etappe

    Fortsetzung folgt...

    Gruß
    Sebastian
    Zuletzt geändert von Sandmanfive; 05.11.2011, 11:07. Grund: Reisecharakter eingestellt
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  • sejoko
    Erfahren
    • 23.12.2009
    • 492
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    #2
    AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

    Hallo

    Dann schieb' ich doch gleich mal die zweite Etappe hinterher...

    13.02.2011 - 2. Etappe

    Der Wecker klingelt um 7 Uhr. Draussen ist es noch sehr frisch, aber jeden Moment muss die Sonne über den Bergen aufgehen. Es hat sich noch keine richtige Routine beim Packen der Fahrradtaschen entwickelt, daher verläuft das zusammenpacken noch etwas chaotisch und langwierig. Nach einem leckeren Frühstück schieben wir die Räder durch Gestrüpp und über Steine zurück zur Strasse. Die Sonne steht schon recht hoch am Himmel und scheint mit voller Kraft. Es erwarten uns zunächst keine weiteren steilen Anstiege. Die Strasse führt in leichtem auf und ab durch wunderbare Landschaft in Richtung Ait-Baha. Kurz bevor wir den Ort erreichen bemerke ich, dass kaum noch Luft in meinem Hinterrad ist. Beim genaueren hinsehen entdecke ich einen dicken Dorn, der seitlich im Rad steckt, den ich mir wohl beim Schieben durch das Gestrüpp eigefangen habe. Zwangspause am Strassenrand. Das Rad ist schnell geflickt, aber Anja’s Schaltung macht wieder Ärger, also müssen wir auch da noch mal ran. Nach gut einer Stunde ist alles repariert und die Fahrräder wieder bepackt.



    Wir erreichen Ait-Baha zur Mittagszeit. Die Strassen sind erstaunlicherweise voller Menschen, ein kleines Geschäft reiht sich an das nächste. Eine Vielzahl von Strassenhändlern haben ihre Stände unter den am Strassenrand stehenden Orangenbäumen aufgebaut. Eine geschäftige, aber angenehme Atmosphäre. Wir kaufen zunächst Wasser und steuern anschließend zielstrebig ein Strassencafé an, von dem aus wir dem Treiben auf den Strassen bei einem Kännchen Tee gemütlich zu schauen.

    Die nun folgende Strecke ist auf der Michelin-Marokkokarte nicht verzeichnet, laut GoogleEarth scheint sie aber vollständig asphaltiert zu sein. Kaum verlassen wir Ait-Baha schon kommen die ersten steilen Anstiege, die es wirklich in sich haben. Wir kommen nur sehr langsam voran, aber dafür werden wir mit einer fantastischen Landschaft und unglaublichen Ausblicken belohnt. Die Vegetation erinnert zum Teil an die korsische Macchia. Auf den Berghängen sind unzählige Terrassen angelegt, die Mandelbäume blühen und zwischendurch immer wieder kleine Dörfer.






    Die Strecke führt größtenteils recht steil bergauf, nur auf ein paar kurzen Abfahrten können wir verschnaufen. Die Strasse scheint so gut wie gar nicht befahren zu werden. Seit Ait-Baha haben wir kein Auto mehr gesehen. Die Landschaft ist mittlerweile von schroffen und steilen Felswänden geprägt, die sich den Wolken in den Weg stellen und so wird es nach und nach immer bewölkter und frischer. Wir spüren die Höhenmeter in den Beinen und halten langsam Ausschau nach einem Übernachtungsplatz, doch die steilen Hänge bieten nicht viele Möglichkeiten. Direkt neben der Strasse finden wir jedoch einige Terrassen, die gerade genug Platz für unser Zelt bieten. Wir tragen die Räder die Terrassen hoch und bauen unser Lager auf. Bei mittlerweile dichter Bewölkung und frischen Temperaturen lassen wir den Tag mit Chilli con Carne und Schokopudding ausklingen und gerade als aus dem benachbarten Dorf der Ruf des Muezzin ertönt verziehen wir uns ins Zelt.



    Wir haben heute kaum Kilometer gemacht, die Fitness lässt noch auf sich warten. Der späte und etwas langwierige Aufbruch am Morgen sowie die Reparaturarbeiten haben uns zusätzlich ausgebremst. Wir beschliessen in Zukunft eine Stunde vor Sonnenaufgang aufzustehen, um den Tag besser nutzen zu können.

    -Tageskilometer: 33km
    -Durchschnittsgeschwindigkeit: 10,6 km/h
    -Anstieg gesamt: 1250m
    -Fahrzeit: 3 h
    -Übernachtung auf 1150m
    -Tiefsttemperatur: 4 °C

    Ausführlicher bebildert findet ihr den Bericht hier: Mit dem Rad durch Marokko - 2. Etappe

    Fortsetzung folgt...

    Gruß
    Sebastian
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    • Atze1407
      Fuchs
      • 02.07.2009
      • 2425
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      #3
      AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

      Kommt gerade recht, dein Bericht. Wenn ich aus dem Fenster heute sehe,- Regen und Dunst. Da ist doch doch schön einen guten Reisebericht aus wärmeren Gegenden, zu lesen und sich über die Fotos zu freuen.

      Nur dieses umschalten auf das "2. Programm" nervt immer.

      Bin gespannt, wie es weiter geht.

      Gruß
      Atze
      Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
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      • sejoko
        Erfahren
        • 23.12.2009
        • 492
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

        Hallo

        Danke, freut mich wenn's gefällt.

        Bei meinem Reisebericht aus Korsika hatte ich auch hier im Forum deutlich mehr Bilder eingebunden, was aber leider zu erheblichen Ladezeiten der Seite geführt hat. Auf meinem Blog habe ich die Möglichkeit die Bilder als kleinere Vorschaubilder einzufügen, was die Ladezeiten deutlich reduziert. Daher das "2. Programm".

        Gruß
        Sebastian
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          #5
          AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

          Hi Sebastian,

          kann es vielleicht sein, das wir uns irgendwo auf halbem Weg von Agdz nach Zagora getroffen haben?

          LG peter

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          • sejoko
            Erfahren
            • 23.12.2009
            • 492
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            • Meine Reisen

            #6
            AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

            Hallo

            Hmm..., ich kann mich ehrlich gesagt nicht daran erinnern. Habe auch gerade noch meine Freundin gefragt, auch ihr fällt dazu nichts ein. Auf dem Weg Agdz nach Zagora haben wir die Holländer, die wir am ersten Tag getroffen haben noch einmal gesehen, ansonsten fällt mir echt nichts ein.

            Wir sind die Strecke am 23.02.11 gefahren. Kommt das hin?

            Etwa 20 km vor Agdz, aus Richtung Tasla kommend, ist uns aber noch ein Pärchen auf Rädern entgegen gekommen.

            Gruß
            Sebastian
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            • Gast-Avatar

              #7
              AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

              Zitat von sejoko Beitrag anzeigen
              Wir sind die Strecke am 23.02.11 gefahren. Kommt das hin?
              Das kommt dann nicht hin.
              Bin da noch auf der Piste Foum Zguid - M`hamid unterwegs gewesen. Das heisst, das ich etwa 2 - 3 Tage später dort war. Mir ist aber auf dem Weg Zagora nach Agdz ein Pärchen entgegengekommen.
              Womöglich selbiges, das ihr getroffen habt.

              LG peter

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              • Poffi
                Erfahren
                • 19.04.2010
                • 147
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                Endlich gehts los nachdem die Vorfreude mit einigen Fotos schon so angeheizt wurde!



                Fortsetzung folgt...
                Entwirf deinen Reiseplan im großen - und laß im einzelnen dich von der bunten Stunde treiben. Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt - sieh sie dir an!
                Kurt Tucholsky

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                • sejoko
                  Erfahren
                  • 23.12.2009
                  • 492
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                  14.02.2011 - 3. Etappe

                  Um 6:45 Uhr wachen wir pünktlich zum Gesang des Muezzin auf. Unsere Vorgabe eine Stunde vor Sonnenaufgang aufzustehen konnten wir zwar nicht einhalten, aber wir werden besser. Ein erster Blick aus dem Zelt auf die noch dunkel vor uns liegende Bergwelt offenbart dicke Wolken und leichten Nieselregen. Um aus dem Zelt zu kommen ist es sowieso noch zu kalt, also nutzen wir die verbleibende Zeit bis zum Sonnenaufgang, um alles was nicht mehr benötigt wird zusammenzupacken. Wir rollen die Isomatten zusammen, packen die Schlafsäcke, ziehen uns um und machen uns startklar. Als es draussen langsam heller wird kommen wir aus dem Zelt. Die dichte Bewölkung ist mittlerweile in Ansätzen einem blauen Himmel gewichen, der Nieselregen hat aufgehört. Bevor es wieder auf die Fahrräder geht noch Müsli und Kaffe zum Frühstück, zähneputzen und waschen. Das Zelt einpacken, Taschen und Fahrräder zurück auf die Strasse tragen und es kann weiter gehen. Insgesamt hat das Packen heute morgen schon deutlich reibungsloser geklappt als noch am ersten Morgen.

                  So wie es gestern aufgehört hat, so geht es heute prompt weiter. Die Strasse, eingerahmt von schroffen roten Felsen, windet sich in langen Serpentinen immer weiter die Berge hinauf. Im Gegensatz zu gestern kommen wir heute besser voran, zwar immer noch nicht besonders schnell, aber zumindest besser. Mit jeder Minute klart der Himmel weiter auf, es entwickelt sich perfektes Fahrradwetter. Sonnig, aber aufgrund der Höhe noch angenehm mild. Die Landschaft ist wunderschön und bietet fantastische Ausblicke über die Täler und vereinzelte, kleine Dörfer. Wir lassen die Serpentinen langsam hinter uns und genießen die ersten rasanten Abfahrten. Doch die Freude weilt nicht lange, wo es bergab geht, da geht es auch kurz darauf wieder bergauf. Wir sind nahezu völlig alleine auf der Strasse unterwegs. Von Autos heute noch keine Spur, nur hin und wieder kommen uns Menschen mit vollbepackten Eseln entgegen, die uns alle äusserst freundlich grüßen und uns zu winken. Das ständige Auf und Ab lässt unsere Wasservorräte schnell schwinden. Eine Quelle am Strassenrand kommt uns daher sehr gelegen und wir machen kurz Pause und füllen unsere Flaschen. Die Landschaft wird nun nach und nach immer kahler, anstelle der vereinzelten Bäume treten nun immer häufiger Kakteen, die in ihrer Wuchsform stark an Korallen erinnern.





                  Noch ein steiler Anstieg und wir kommen schliesslich wieder auf die “Hauptstrasse”, die wir gestern bei Ait-Baha verlassen haben. Mit eineinhalb Spuren, nicht gerade dass, was man sich unter einer Hauptstrasse vorstellt, aber der Verkehr nimmt mit etwa 3-4 Autos pro Stunde doch etwas zu. Die Strecke bleibt nun zunächst eher flach. An einer langgezogenen Kurve tut sich plötzlich ein eindrucksvolles Panorama vor uns auf: Ein weites Tal eingerahmt von Bergen und in der Mitte, auf einem Felsen thronend eine alte Speicherburg.

                  Die Temperaturen erreichen am fühen Nachmittag ihren Tageshöchststand. Eigentlich Zeit für eine längere Pause und so folgen wir der Strasse und halten Ausschau nach einem Restaurant. Heute wollen wir endlich mal eine Tajine probieren. Ein Schild am Strassenrand mit einem Tajinetopf macht uns schliesslich Hoffnung und tatsächlich, das dazugehörige Restaurant lässt nicht lange auf sich warten. Für Tajine sei es aber leider noch zu früh, sagt man uns. Wir weichen stattdessen auf Fleischspieße mit Minzsosse und Salat aus. Eine äusserst köstliche Entscheidung.

                  Nach einer ausgiebigen Verdauungspause satteln wir die Räder und machen uns bei immer noch recht hohen Temperaturen wieder auf den Weg. Jedoch nicht ohne noch an einem Lädchen auf der gegenüberliegenden Strassenseite unsere Wasservorräte aufzufüllen. Eine gute Entscheidung. Es geht fortan immer leicht bergauf und die Sonne knallt. Nach nicht mal 2 km hat jeder schon einen Liter Wasser getrunken. Es folgt noch ein letzter steilerer Anstieg, der uns einen schönen Ausblick auf die zurückgelegte Strecke beschert. Die darauffolgende Abfahrt führt uns zunächst durch ein kleines Dorf und anschliessend in ein dicht mit blühenden Mandelbäumen bewachsenes Tal. Schnell steht fest, hier suchen wir uns ein Plätzchen für die Nacht. Inmitten der Mandelbäume, am Rande eines ausgetrockneten Flussbetts finden wir einen schönen Platz und bauen in der Abendsonne unser Zelt auf. Gerade als das Zelt steht,taucht wie aus dem Nichts eine alte Frau auf. Sie begrüsst uns freundlich, kramt etwas unter ihrem Umhang hervor und drückt uns ein großes Büschel frisch gesammelten Thymian in die Hand. Sie empfiehlt uns daraus einen Tee zu kochen und verabschiedet sich wieder.



                  Während Anja uns einen Tee kocht schraube ich noch etwas an meiner Gangschaltung, die heute immer wieder Probleme gemacht hat. Wir kochen noch eine große Portion Schokopuddig, spielen Karten und geniessen den angenehm milden Abend. Der Mond scheint und macht die Nacht zum Tag.



                  -Tageskilometer: 45km
                  -Durchschnittsgeschwindigkeit: 12 km/h
                  -Anstieg gesamt: 1340m
                  -Fahrzeit: 3 h 40 min
                  -Übernachtung auf 1380m
                  -Tiefsttemperatur: 2 °C

                  Weitere Bilder zum Bericht findet ihr unter: Mit dem Rad durch Marokko - 3. Etappe

                  Gruß
                  Sebastian
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                  Kommentar


                  • Gast-Avatar

                    #10
                    AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                    Die Bilder sind einfach traumhaft.

                    Seid Ihr sicher das Ihr mit dem Fahrrad unterwegs wart? Nach den Tageskilometern sieht es eher nach einem zügigen Fußmarsch aus.

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                    • sejoko
                      Erfahren
                      • 23.12.2009
                      • 492
                      • Privat

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                      #11
                      AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                      Zitat von chrischian Beitrag anzeigen
                      Die Bilder sind einfach traumhaft.

                      Seid Ihr sicher das Ihr mit dem Fahrrad unterwegs wart? Nach den Tageskilometern sieht es eher nach einem zügigen Fußmarsch aus.
                      Ja Ja, mach dich nur lustig...

                      Na ja, wie gesagt...die Fitness war an den ersten Tagen noch nicht so richtig da und auch das Höhenprofil der ersten Tag war nicht ganz ohne, daher nicht gerade "Kilometerhöchstleistungen". Aber darauf kam es uns auch gar nicht an. Da wir keinen strikten Zeitplan hatten, sind wir die Sache eher gemütlich angegangen. Zudem ist die Landschaft auch so schön, dass es eine Schande gewesen wäre da einfach durchzuheizen.

                      Gruß
                      Sebastian
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                      • Ro
                        Erfahren
                        • 29.05.2009
                        • 194
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                        #12
                        AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                        Das Auf und Ab auf der Nebenstrecke südlich von Ait-Baha ist echt ein Hammer, und dann auch noch gleich zum Einstieg... Und da es scheinbar eure erste Reise mit dem Fahrrad war: Respekt! Und wunderbare Fotos!


                        (Du warst doch auch bei marokko-per-rad vor der Reise aktiv, oder?)

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                          #13
                          AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                          Zitat von sejoko Beitrag anzeigen
                          Zudem ist die Landschaft auch so schön, dass es eine Schande gewesen wäre da einfach durchzuheizen.
                          Dem kann ich nur zustimmen.

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                          • sejoko
                            Erfahren
                            • 23.12.2009
                            • 492
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                            #14
                            AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                            Hallo Roland

                            Ja, stimmt. Das Marokko-per-Rad-Forum hat mir gut bei der Reisevorbereitung geholfen. Wenn der Reisebericht komplett geschrieben ist, werde ich ihn daher auch dort veröffentlichen.

                            Gruß
                            Sebastian
                            TRAVLRS.COM
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                            • sejoko
                              Erfahren
                              • 23.12.2009
                              • 492
                              • Privat

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                              #15
                              AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                              15.02.2011 - 4. Etappe

                              Noch bevor der Wecker klingelt werden wir durch den Gesang des Muezzin geweckt. Im Halbschlaf liegen wir im Zelt und lauschen den wunderbaren Klängen, die sich mindestens über eine Viertelstunde hinziehen. Langsam öffnen wir die Augen und sind uns einig, dass war wirklich beeindruckend. Immer noch völlig fasziniert werfe ich um 6:20 einen ersten Blick aus dem Zelt und ich sehe…nichts! Das Tal steckt in dichtem Nebel, das Aussenzelt ist klitschnass. Aber alles halb so wild, wenn die Sonne erstmal aufgegangen ist, wird der Nebel sich mit Sicherheit schnell verziehen, spekulieren wir. Bei unserer morgendlichen Packprozedur sitzt mittlerweile jeder Handgriff und so ist alles, was nicht mehr benötigt wird schnell in den Taschen verstaut. Als wir aus dem Zelt kommen, hat sich der Nebel bereits etwas gelichtet. Wir starten den Tag mit Kaffee und vielen, vielen Pfannkuchen. Nach einer Weile schafft es die Sonne schliesslich über die im Osten liegenden Berge und taucht die Gipfel der Berge auf der anderen Seite des Tals in ein warmes Rot. Ich liebe diese Momente! Wir warten ein wenig bis die Sonne das noch feuchte Zelt trocknet und machen uns bei bester Laune auf den Weg.



                              Heute morgen steht zunächst gemütliches einfahren auf dem Programm. Auf flacher Strecke geht es weiter durch das mit Mandelbäumen bewachsene Tal. Am Ende des Tals der obligatorische, steile Anstieg. Wir folgen der Strasse fortan in einem stetigen Wechsel aus Anstiegen und Abfahrten. Die Anstiege sind mittlerweile weniger anspruchsvoll als noch an den ersten Tagen, aber durch das ständige Auf und Ab kommt einiges an Höhenmetern zusammen. Waren zunächst noch ganze Hänge mit Mandelbäumen bewachsen, so werden diese immer weniger und die Landschaft immer karger. Die Aussicht auf den Bergkuppen ist großartig, teilweise schweift der Blick in die Ferne bis zu den noch schneebedeckten Gipfeln des Hohen Atlas. Wir erreichen schliesslich die Kreuzung nach Igherm und biegen rechts ab.



                              Immer entlang eines ausgetrockneten Flussbeets windet sich die Strasse durch die Berge. Die in der Sonne orange leuchtenden Hänge sind kahl, nur teilweise mit Kakteen bewachsen. Entlang des Flussbeets stehen einige weiß blühende Mandelbäume. Eine fantastische Szenerie. Nach einer Weile erreichen wir das kleine Dorf Ait-Abdallah. Ein Café am Strassenrand lädt zu einer süssen Teepause ein. Wir kaufen noch Wasser und fahren schliesslich weiter. An einem steilen Anstieg fahren wir an zwei am Strassenrand spielenden Jungen vorbei. Da Anja wohl ziemlich angestrengt aussah, kommen sie plötzlich angerannt und schieben sie mit voller Begeisterung ein gutes Stück den Berg hoch. So ein Einsatz muss belohnt werden. Die zwei bekommen von uns einen “Stylo” geschenkt, die wir extra für solche Situationen mitgenommen hatten. Die Freude ist groß und die beiden rennen uns noch eine ganze Weile hinterher.



                              Am frühen Nachmittag nimmt der Wind, der heute schon den ganzen Tag über präsent war, merklich zu. Und natürlich kommt er meist von vorne. Als die Temperaturen am Nachmittag wieder ihren Höhepunkt erreichen und wir etwas Schatten vertragen können machen wir eine Mittagspause unter zwei herrlich duftenden Mandelbäumen. Wir essen eine große Portion Couscous und ruhen uns noch etwas im Schatten aus. Als wir wieder aufbrechen frischt der Wind immer weiter auf. Die folgenden Kilometer kämpfen wir uns bei starkem Gegenwind immer weiter den Berg hinauf. Und selbst wenn es zwischendurch immer mal wieder kurze Abwärtspassagen gibt, so müssen wir weiter in die Pedale treten um vorwärts zu kommen. Auf 1800m Höhe erreichen wir schliesslich den höchsten Punkt unserer Tour. Die Aussicht ist großartig, der Wind unglaublich anstrengend.



                              Die nun folgende langgezogene Abfahrt können wir kaum geniessen. Immer wieder versucht uns der Wind von den Rädern zu wehen, aber ein Gutes hat der Wind auch. Die rasant über unsere Köpfe ziehenden Wolken sorgen für ein fantastisches Spiel aus Licht und Schatten auf den umliegenden Bergen. Dennoch, der Wind zerrt an unseren Nerven und so beginnen wir langsam Ausschau nach einem Zeltplatz zu halten. Wir kämpfen uns noch über 2 Kuppen und entdecken endlich eine Piste die rechts von der Strasse in ein kleines Seitental abzweigt. Nach 1 km finden wir ein schönes Plätzchen unter einen Mandelbaum, leider nicht wie gehofft windgeschützt. Das Aufbauen des Zeltes wird bei diesem Wind zu einer wahren Geduldsprobe, aber irgendwann steht unsere Behausung. Als das Zelt steht kommt ein netter Mann auf einem Mofa vorbei gefahren, er empfiehlt uns noch eine Ecke weiter zufahren, dort sein es wohl etwas windgeschützter. Aber jetzt ist es zu spät…das Zelt steht. Lange halten wir es nicht mehr draussen aus und so verziehen wir uns recht schnell in das schützende Zelt.



                              Die ganze Zeit über peitschen teilweise heftige Böen gegen das Zelt. Eine unruhige Nacht erwartet uns.

                              -Tageskilometer: 52km
                              -Durchschnittsgeschwindigkeit: 12 km/h
                              -Anstieg gesamt: 1500m
                              -Fahrzeit: 4 h 23 min
                              -Übernachtung auf 1660m
                              -Tiefsttemperatur: 2 °C

                              Weitere Bilder zum Bericht findet ihr unter: Mit dem Rad durch Marokko - 4. Etappe

                              Gruß
                              Sebastian
                              TRAVLRS.COM
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                              • sejoko
                                Erfahren
                                • 23.12.2009
                                • 492
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                                16.02.2011 - 5. Etappe

                                Es es eine schrecklich unruhige Nacht. Der Wind wehte ohne unterlass und immer wieder kam auch noch laut prasselnder Regen dazu. Wir haben die Nacht über kaum geschlafen und fühlen uns, als wir am Morgen um 6:45 aus den Schlafsäcken kriechen dementsprechend erschlagen. Der Wind weht immer noch heftig und die Lust das Zelt zu verlassen hält sich dadurch stark in Grenzen. Noch im Zelt packen wir alles was nicht mehr benötigt wird zusammen. Dann nur noch ein Gedanke: Flucht vor dem Wind. Ohne Frühstück und ohne Morgenwäsche schwingen wir uns mit eiskalten Fingern direkt auf die Räder. Die gerade aufgegangene Sonne schafft es kaum uns zu wärmen, aber wir fahren weiter. Wir wollen nur raus aus diesem windigen Teil des Gebirges.



                                Es sind noch 30 km bis Igherm. Dort wollen wir zu Mittag essen. Doch zunächst kämpfen wir uns die Berge hoch und wieder runter, immer mit ordentlich Gegenwind. Plötzlich fällt mir auf, das mein Telefon nicht mehr in meiner Hosentasche ist. “Mist, ich habe mein Telefon verloren”, denke ich mir. Es folgt ein kurzer Stopp und wir machen uns auf die Suche nach dem Telefon. Als wir die Suche schon fast aufgeben wollen, kommt Anja auf die Idee mal im Zelt nachzusehen. Und tatsächlich, bei dem morgendlichen Aufbruchsstress habe ich das Telefon im Zelt liegen gelassen. Auf den Schreck futtern wir erstmal einen Müsliriegel, dann geht es weiter den Berg hoch.



                                Der Müsliriegel bringt nicht viel, ausser mehr Lust auf Essen. Doch hier bei dem Wind etwas zu kochen, dazu fehlen uns jetzt die Nerven. Völlig ausgehungert erreichen wir mit knurrenden Mägen eine Kuppe. Vor uns im Tal liegt Igherm. Voller Vorfreude auf eine Tajine (hoffentlich klappt es heute) und einen süssen, süssen Tee fahren wir in die Stadt. An der Hauptstrasse gibt es einige Restaurants. Wir steuern eins der Restaurants an und bestellen Tajine und Tee. Schon nach dem ersten Bissen bessert sich unsere Laune schlagartig. Ein leerer Magen schlägt wirklich aus Gemüt. Die Tajine schmeckt ausgezeichnet und schon nach kurzer Zeit sitzen wir vor leeren Tellern. Wir bleiben noch eine Weile unter dem schattigen Vordach des Restaurants sitzen und trinken unseren Tee. Bevor es weiter geht, füllen wir noch unsere Wasservorräte auf und suchen eine Tankstelle, um uns wieder mit Brennstoff zu versorgen. Von Igherm aus geht es nun in südöstlicher Richtung nach Tata, eine kleine Stadt am Rande der Wüste. An großen Hunderudeln vorbei geht es raus aus der Stadt.

                                Die Landschaft wird nun immer grandioser. Unter einem stahlblauen Himmel fahren wir durch eine langgezogene Schlucht und immer wieder bewundern wir rechts und links der Strasse die bizarrsten Gebirgsformationen. Hier fällt uns zum ersten Mal auf, das wir immer öfter von Wohnwagen überholt werden. Teilweise fahren die Wohnwagen sogar in 10er Kolonnen an uns vorbei. Hinter dem Steuer fast ausschliesslich französische Rentner. Die warmem Wüstenregionen hier im Süden Marokkos scheinen ein “Geheimtipp” unter französischen Rentnern zu sein. Wir finden die Wohnwagen eher nervig, auch wenn sich alle stets sehr beeindruckt zeigen uns hier auf einem Fahrrad zu sehen. An der wunderbaren Landschaft ändert das jedoch nichts. Es gibt keine nennenswerten Berganstiege mehr, auch der Wind lässt jetzt etwas nach und so können wir die Landschaft mit allen Sinnen geniessen.





                                Immer wieder entdecken wir halb zerfallene Dörfer, die einst an den abenteuerlichsten Plätzen auf Bergkuppen errichtet wurden. Die Berge sind von faszinierenden Strukturen durchzogen und sehen aus wie gemalt. Ein letztes Mal geht es schliesslich in einem langgezogenen Anstieg einen Berg hinauf und wieder werden mit einem tollen Blick über die Landschaft und die zurückgelegte Strecke belohnt. Hier oben frischt der Wind plötzlich wieder auf. Wir fahren ein Stück am Hang entlang als eine Böe mir plötzlich meine Mütze vom Kopf reisst. Kurz vor dem Abgrund schafft Anja es noch sie zu retten.

                                Es folgt eine geniale Abfahrt über steile und enge Serpentinen. Schlagartig verlieren wir an Höhe. Innerhalb weniger Kilometer geht es durch die Felslandschaft von 1600 m auf 1200 m und immer wieder eröffnen sich faszinierende Blicke in die Tiefe. Unten angekommen erwartet uns eine wunderbar grüne Oase.

                                Wir folgen der Oase und geniessen die wärmenden Sonnenstrahlen. Viele Kinder sind auf der Strasse unterwegs. Sie rufen und winken uns zu. Als wir zwei Männer an Strassenrand überholen, rufen sie uns zu und einer fragt nach einer Luftpumpe für das platt neben ihm stehende Mofa. Wir helfen ihm aus. Er beginnt zu pumpen. Nur sehr langsam füllt sich sein Reifen, aber er ist beharrlich und pumpt immer weiter. Wir kommen ins Gespräch und der Mann, der hier neben der Strasse sein Haus bauen lässt, bietet uns an unser Zelt auf seiner Baustelle aufzuschlagen. Sehr nett, aber wir lehnende dankend ab. Durch den Beton kriegen wir unsere Heringe nicht in den Boden. Wir unterhalten uns noch ein Weile und unbemerkt sind wir plötzlich von einer ganzen Horde Kinder umlagert. Der Reifen ist mittlerweile wieder platt, das scheint den Mann nicht weiter zu stören. Aber so langsam müssen wir weiter und so verabschieden wir uns von ihm und den Kindern. Die Strasse folgt einem ausgetrockneten Flussbett. Rechts und Links der Strasse riesige Dattelpalmen und wunderschöne, schattige Oasengärten. Die Oasen bieten sich hervorragend als Nachtlager an und nach kurzer Suche finden wir ein einsames, windgeschütztes Plätzchen unter Palmen am Rande einer Oase. Wir bauen unser Zelt auf und geniessen beim Kochen die letzten Sonnenstrahlen des Tages.



                                Die Nacht ist sternenklar. Fast Vollmond. Kein Wind. Es ist herrlich still. Wir geniessen den Abend und laufen noch ein wenig durch die Nacht. Nie hätten wir nach diesem Morgen gedacht, das der Tag so toll endet.

                                - Tageskilometer: 66km
                                - Durchschnittsgeschwindigkeit: 13,6 km/h
                                - Anstieg gesamt: 1530m
                                - Fahrzeit: 4 h 52 min
                                - Übernachtung auf 1030
                                - Tiefsttemperatur: 4 °C

                                Weiter Bilder zum Reisebericht findet ihr unter: Mit dem Rad durch Marokko - 5. Etappe

                                Gruß
                                Sebastian
                                TRAVLRS.COM
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                                • sejoko
                                  Erfahren
                                  • 23.12.2009
                                  • 492
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                                  17.02.2011 - 6. Etappe

                                  Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht unter Palmen begrüßt uns der Morgen mit einem phantastischen Sonnenaufgang. Schon zum Frühstück, es gibt köstliches Früchtebannock, herrscht in der Oase überraschend viel Trubel. Viele Frauen sind unterwegs und sammeln die auf dem Boden liegenden Datteln ein. Interessiert schauen sie uns beim Frühstücken und beim anschließenden Zusammenpacken zu, auch das ein oder andere kleine Gespräch entwickelt sich.



                                  Wieder auf der Strasse geht es weiter entlang der, mit Bewässerungskanälen durchzogenen, Oasengärten. Vieles blüht und gedeiht. Ein schöner Kontrast zu der kargen Landschaft der letzten Tage. An einer kleinen Quelle am Strassenrand füllen wir im warmen Sonnenschein unsere Wasservorräte wieder auf. Viele Frauen ist festlichen Kleidern sind heute morgen mit uns auf der Strasse unterwegs. Sie grüßen uns und scherzen sie möchten auf dem Gepäckträger mitgenommen werden.

                                  Die 10 km nach Tagmoute sind schnell gefahren. Die Strasse entlang des ausgetrockneten Flussbetts führt die meiste Zeit leicht bergab. Tagmoute selbst ist ein hübscher Ort innerhalb einer weit ausgedehnten Oase und so machen wir im Ort noch eine kleine Pause. Beim Bäcker decken wir uns mit einem zweiten Frühstück ein und setzen uns mit zwei Schokoladencroissants und marokkanischen Keksen in die Sonne. Der Ort erstreckt sich eine Weile entlang der Oase und so gönnen wir uns an der letzten Kreuzung noch einen Tee. Beim Geflügelmetzger nebenan, bei dem Verkaufsraum und Stall auf engstem Raum miteinander vereint sind, hole ich uns noch eine Portion Oliven für das Abendessen. Hinter dem Ort endet die Oase schlagartig und weicht einer großen und weiten, wüstenartigen Ebene. Wir gleiten durch die faszinierende Landschaft.




                                  Wir durchqueren die Ebene und erreichen den nächsten, kurzen Anstieg, der uns zunächst in eine teilweise canyonartige Landschaft mit bizarren Felsformationen führt. In einem Wechsel aus steil abfallenden Berghängen und offener Landschaft geht es Richtung Tata, einem Städtchen am Rande der Wüste.



                                  Bevor wir Tata jedoch erreichen, machen wir an einer Schlucht mit vielen Grotten noch eine Pause. Wir setzen und in den Schatten eines Baumes und futtern ein paar Müsliriegel. Hier fallen uns zum ersten Mal unsere hochroten Köpfe auf. Trotz Kopfbedeckung und Sonnencreme scheinen wir heute etwas viel Sonne abgekommen zu haben.

                                  Nach dieser Pause machen wir uns auf den Weg in das nur noch wenige Kilometer entfernte Tata. Als wir den Ort erreichen fallen uns sofort die mit Wohnwagen überfüllten Parkplätze auf. Der Ort scheint aufgrund des deutlich spürbaren Tourismus relativ wohlhabend zu sein. Die Strassen sind hervorragend ausgebaut und selbst ein Schwimmbad, hier am Rande der Wüste, ist für die Touristen im Bau. Noch kopfschüttelnd erreichen wir den ersten Laden, kaufen Wasser und ordentlich Süssigkeiten. Unser Bedürfnis nach Süssigkeiten ist in den letzten stark gestiegen. Um unseren roten Köpfen noch eine kleinen Sonnenpause zu gönnen, essen wir in einem Hotel mit Restaurant noch eine Tajine und trinken natürlich noch einen Tee. Unsere Köpfe kühlen nur langsam ab, immer noch sind sie ziemlich rot und so beschliessen wir uns nach einem Sonnenschutz umzusehen. An einem Stoffladen erwerben wir 2 Tücher und lassen uns zeigen wie man damit einen Turban bindet. In unsere neuen Tücher gewickelt verlassen wir die Stadt.

                                  Nach einigen Kilometer verlassen wir die Strasse und fahren querfeldein durch die umliegende Steinwüste, um einen Platz für die Nacht zu finden. Es ist recht windig hier draussen. Das Aufbauen des Zeltes bereitet uns wieder mal etwas Mühe.



                                  Wir haben trotz der Tajine großen Hunger, dementsprechend üppig fällt das Abendessen aus. Es gibt Bannock mit Oliven, Nudeln mit Hackfleisch und Karotten und Süßigkeiten. Jede kleine Windböe wirbelt den feinen Sand auf und wir müssen aufpassen unser Essen halbwegs frei vom Sand zu halten. Mit mässigem Erfolg. Selbst im geschlossenen Zelt hat sich eine Schicht aus feinstem Sand auf dem Boden gebildet.

                                  Trotz des Sandes geniessen wir das Essen, beobachten den Sonnenuntergang am Horizont und bestaunen das Farbenspiel am Himmel. Kaum geht die Sonne im Westen unter, geht im Osten bereits der Mond auf. Es ist fast Vollmond. Bevor wir uns ins Zelt zurückziehen versuchen wir das Zelt noch etwas vom Sand zu befreien. Wir müssen aber schnell feststellen, dass das Vorhaben sinnlos ist. Kaum ist etwas Sand aus dem Zelt draussen, schon kommt die nächste Böe und treibt den Sand unter dem Vorzelt wieder ins Innere des Zeltes. Wir werden uns wohl mit dem Sand arrangieren müssen. Aufgrund unserer Müdigkeit aber kein grösseres Problem und so schlafen wir trotz Wind und Sand schnell ein. Es ist eine warme Nacht.



                                  - Tageskilometer: 72km
                                  - Durchschnittsgeschwindigkeit: 17 km/h
                                  - Anstieg gesamt: 650m
                                  - Fahrzeit: 4 h 10 min
                                  - Übernachtung auf 730

                                  Weitere Bilder zum Bericht findet ihr unter: Mit dem Rad durch Marokko - 6. Etappe

                                  Gruß
                                  Sebastian
                                  TRAVLRS.COM
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                                  • Nicki
                                    Fuchs
                                    • 04.04.2004
                                    • 1303
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                                    Gefällt mir sehr.
                                    Die Fotos sind sehr gut gelungen.


                                    Gruß Folko
                                    www.mitrucksack.de
                                    Ganz viel Pyrenäen ( HRP- Haute Randonnée Pyrénéenne - komplett) und ein bisschen La Gomera

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                                    • hosentreger
                                      Fuchs
                                      • 04.04.2003
                                      • 1406

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                                      Nicht nur die Bilder sind sehr beeindruckend, auch die Texte sind informativ und unterhaltsam. Macht Spaß, Euren Bericht zu lesen!

                                      Was für eine Kamera hattet Ihr dabei?

                                      hosentreger
                                      Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

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                                      • sejoko
                                        Erfahren
                                        • 23.12.2009
                                        • 492
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [MA] Von Agadir bis Zagora - Mit dem Rad durch Marokko

                                        Hallo

                                        Danke euch beiden für das positive Feedback. Freut mich wenn Bilder und Bericht gefallen finden.

                                        Wir hatten eine Nikon D90 und ein paar Objektive dabei.

                                        Bald geht's hier auch wieder weiter....

                                        Gruß
                                        Sebastian
                                        TRAVLRS.COM
                                        ein Fenster zur Welt

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