Preisexplosion im Outdoor-Bereich
Man muß gelegentlich daran erinnern,
daß es früher, also vor nicht allzulanger Zeit,
überhaupt kein Outdooring gab und auch keine Outdoorer.
Es gab Expeditionisten, Alpinisten und Wanderer.
Letztere sind inzwischen auf der Schutzliste aussterbender Arten gelandet,
man hat ihnen Reservate zugewiesen und versucht,
die ganze Gruppe auf Pedelecs umzuschulen,
um wenigstens einige Exemplare davon zu erhalten.
Für die Hersteller galt damals eine strikte Material- und Produktorientierung:
Man produzierte etwas und verkaufte es mit ordentlichem Aufschlag an den Handel und
der für das Doppelte an den Kunden;
hangelte sich dabei aber immer am Produkt entlang,
es war in seinen Herstellungskosten immer Basis aller Kalkulation.
Mittlerweile orientiert sich die Betriebswirtschaft jedoch nicht mehr an der Ware,
sondern am Kunden.
Man fragt nicht: 'Was ist die Ware wert? Was sollen wir dafür verlangen', sondern:
'Was ist der Kunde bereit zu zahlen.'
Man entkoppelt den Preis einer Ware komplett vom Produkt.
Diese ökonomische Entkoppelung geht einher mit einer sozialstrukturellen Uminterpretation
von 'Draußensein'.
Dummerweise habe ich vor noch nicht allzulanger Zeit
all meine alten Kataloge und, vor allem: Fjällräven-Prospekte weggeworfen,
manches gar aus den Siebzigern und mich so aller Nachweise beraubt,
mit denen man sozusagen an Industriezeugnissen belegen könnte,
wie aus Naturfreunden, aus Weitwanderern, aus Liebhabern von Flora und Fauna,
aus Erkundern einsamer Spaziergänge an abgelegenen Orten und Freiluftübernachtern
und Gelegenheitsbiwakierern,
also an Leuten mit einem spezifischen Interesse,
ein großwähniges Umerziehungsprojekt gestartet wurde:
'Draußensein' wurde nun als Gestaltungsaufgabe definiert
und damit in Arbeit uminterpretiert:
Sie wird zur Erlebnisarbeit und bedarf der Investition und vorausschauender Planung und intensiven Materialeinsatzes.
'Outdooring' ist nunmehr Selbstartikulation des Subjektes,
ein Zeigen und Darstellen und Identität beisteuerndes Ingredienz
multipler Persönlichkeit, die sich an dem bedient, was gerade en vogue ist.
Daß dabei die Preise für den Warenbezug,
ohne jegliche Verbindung zur Ware in die Höhe schießen,
weil sie nämlich mehr der Selbstfindung des Konsumenten dienlich sind,
als ihrer Schutzfunktion nachkommen müssen,
ist logische Konsequenz:
Die Ware in ihrem Geldwert ist Signum sozialindizierender Wertstellung des Beziehenden.
'Ich bin meine Klamotte', könnte man schlicht sagen. 'Du darfst' und 'Das bin ich mir wert'.
Schauen wir uns die aktuellen Jackenpreise an:
Es gab mal, auch vor noch nicht allzulanger Zeit, eine Art Schamgrenze dessen,
was man verlangen darf und was der Kunde bereit ist zu zahlen:
Das waren 200 Mark.
Jahrelang, ja, jahrzehntelang hat kein Hersteller gewagt, darüber hinaus zu gehen.
Dann kam der Euro und aus 200 Mark wurden 200 Euro und dann
wurden die ersten Testballons gestartet:
Jacken über der Schamgrenze und dann sogar gänzlich schamlos: 300 Euro für eine Jacke
und sogar noch mehr.
Für ein, zwei Jahre schien sich hier die Spitze zu halten,
350 Euro für eine Jacke zu bezahlen,
das schien das Äußerste zu sein,
was man dem Kunden abverlangen darf
und was er bereit ist, zu löhnen.
Irrtum.
Die marketingtechnischen Einflüsterer gaben die Losung vor:
'Mehr geht immer.' Bloß nicht zu den Billigheimern gehören.
'Verlang, was du verlangen willst, der Kunde wird es bezahlen, weil er primär
daran interessiert ist, Geld auszugeben und nicht daran, eine Ware zu erwerben, die ihrer Funktion genüge tut.'
Die 350 Euro Grenze ist nun mehr die Billiguntergrenze:
TNF Miramar Jacket: 330 Euro.
Salomon Adreanalin Jacket: 360 Euro.
Bergans Siljan Jacket: 390 Euro.
Marmot Troll Jacket: 450 Euro
Mammut Scarp Jacket: 380 Euro
Mammut Arolla Jacket: 480 Euro
Schöffel Vana Jacket: 400 Euro
Haglöfs Spitz Jacket: 440 Euro
Mammut Stoney Jacket: 420 Euro
Salewa Albonaska Jacket: 400 Euro
Die angesagten Jacken sammeln sich über der 500er - Linie:
Halti Fracture Jacket: 500 Euro
Mammut Alagna Jacket: 600 Euro
MountainForce Outrider Jacket: 600 Euro
Der Trend aber geht an die 1000er-Mauer:
Spyder Alpen Jacket: 900 Euro
Kjus Formula Jacket: 800 Euro
Und durchbricht die Schallmauer.
Kjus Northern Jacket: 1000 Euro
Kjus Slopes Jacket: 1100 Euro
Weh dem, der auch noch Hosen braucht!
Interessant ist,
dass die Bekleidung für Snowboarder, und sage mir keiner dass die Boarder nicht schwitzen und daher keiner hochfunktionellen Kleidung bedürfen, in dem Katalog, dem ich die obigen Preise entnommen habe, gänzlich unter 200 Euro bleibt:
Bench Bubbles Jacket: 150 Euro
Roxy Jacket: 170 Euro
Quicksilver Jacket: 200 Euro
Billabong Jacket: 180 Euro
Nitro Descades Jacket: 200 Euro
Burton Theory Jacket: 180 Euro
Protest Cottam Jacket: 140 Euro
ONeill Chiasa Jacket: 180 Euro
PlusMinus Slam Jacket: 180 Euro
Folgerung: Den Marktregeln, die für Outdoorer gelten, haben sich die Snowboarder bisher erfolgreich verweigert. Die zahlen diese Preise einfach nicht.
Oder andersherum:
In dem Maße, wie man die Natur zur Sau macht,
steigen die Preise für die Bekleidung zu ihrer Begehung.
Das ist nur konsequent: Ein knapper werdendes Gut selektiert sein Publikum immer zuerst über den Preis. Wer sich kein ordentliches Gewand leisten kann, bleibt eben draußen und trägt allenfalls urban.
Im Outdooring werden wir im nächsten Jahrzehnt die reziproke Entwicklung wie im Golfsport erleben.
Verknappung und Elitenbildung und Kanalisierung der Massen auf vorgebahnten Wegen.
Der Preis ist das Zeichen kommender Zeiten.
Leute, studiert die Kataloge!
Man muß gelegentlich daran erinnern,
daß es früher, also vor nicht allzulanger Zeit,
überhaupt kein Outdooring gab und auch keine Outdoorer.
Es gab Expeditionisten, Alpinisten und Wanderer.
Letztere sind inzwischen auf der Schutzliste aussterbender Arten gelandet,
man hat ihnen Reservate zugewiesen und versucht,
die ganze Gruppe auf Pedelecs umzuschulen,
um wenigstens einige Exemplare davon zu erhalten.
Für die Hersteller galt damals eine strikte Material- und Produktorientierung:
Man produzierte etwas und verkaufte es mit ordentlichem Aufschlag an den Handel und
der für das Doppelte an den Kunden;
hangelte sich dabei aber immer am Produkt entlang,
es war in seinen Herstellungskosten immer Basis aller Kalkulation.
Mittlerweile orientiert sich die Betriebswirtschaft jedoch nicht mehr an der Ware,
sondern am Kunden.
Man fragt nicht: 'Was ist die Ware wert? Was sollen wir dafür verlangen', sondern:
'Was ist der Kunde bereit zu zahlen.'
Man entkoppelt den Preis einer Ware komplett vom Produkt.
Diese ökonomische Entkoppelung geht einher mit einer sozialstrukturellen Uminterpretation
von 'Draußensein'.
Dummerweise habe ich vor noch nicht allzulanger Zeit
all meine alten Kataloge und, vor allem: Fjällräven-Prospekte weggeworfen,
manches gar aus den Siebzigern und mich so aller Nachweise beraubt,
mit denen man sozusagen an Industriezeugnissen belegen könnte,
wie aus Naturfreunden, aus Weitwanderern, aus Liebhabern von Flora und Fauna,
aus Erkundern einsamer Spaziergänge an abgelegenen Orten und Freiluftübernachtern
und Gelegenheitsbiwakierern,
also an Leuten mit einem spezifischen Interesse,
ein großwähniges Umerziehungsprojekt gestartet wurde:
'Draußensein' wurde nun als Gestaltungsaufgabe definiert
und damit in Arbeit uminterpretiert:
Sie wird zur Erlebnisarbeit und bedarf der Investition und vorausschauender Planung und intensiven Materialeinsatzes.
'Outdooring' ist nunmehr Selbstartikulation des Subjektes,
ein Zeigen und Darstellen und Identität beisteuerndes Ingredienz
multipler Persönlichkeit, die sich an dem bedient, was gerade en vogue ist.
Daß dabei die Preise für den Warenbezug,
ohne jegliche Verbindung zur Ware in die Höhe schießen,
weil sie nämlich mehr der Selbstfindung des Konsumenten dienlich sind,
als ihrer Schutzfunktion nachkommen müssen,
ist logische Konsequenz:
Die Ware in ihrem Geldwert ist Signum sozialindizierender Wertstellung des Beziehenden.
'Ich bin meine Klamotte', könnte man schlicht sagen. 'Du darfst' und 'Das bin ich mir wert'.
Schauen wir uns die aktuellen Jackenpreise an:
Es gab mal, auch vor noch nicht allzulanger Zeit, eine Art Schamgrenze dessen,
was man verlangen darf und was der Kunde bereit ist zu zahlen:
Das waren 200 Mark.
Jahrelang, ja, jahrzehntelang hat kein Hersteller gewagt, darüber hinaus zu gehen.
Dann kam der Euro und aus 200 Mark wurden 200 Euro und dann
wurden die ersten Testballons gestartet:
Jacken über der Schamgrenze und dann sogar gänzlich schamlos: 300 Euro für eine Jacke
und sogar noch mehr.
Für ein, zwei Jahre schien sich hier die Spitze zu halten,
350 Euro für eine Jacke zu bezahlen,
das schien das Äußerste zu sein,
was man dem Kunden abverlangen darf
und was er bereit ist, zu löhnen.
Irrtum.
Die marketingtechnischen Einflüsterer gaben die Losung vor:
'Mehr geht immer.' Bloß nicht zu den Billigheimern gehören.
'Verlang, was du verlangen willst, der Kunde wird es bezahlen, weil er primär
daran interessiert ist, Geld auszugeben und nicht daran, eine Ware zu erwerben, die ihrer Funktion genüge tut.'
Die 350 Euro Grenze ist nun mehr die Billiguntergrenze:
TNF Miramar Jacket: 330 Euro.
Salomon Adreanalin Jacket: 360 Euro.
Bergans Siljan Jacket: 390 Euro.
Marmot Troll Jacket: 450 Euro
Mammut Scarp Jacket: 380 Euro
Mammut Arolla Jacket: 480 Euro
Schöffel Vana Jacket: 400 Euro
Haglöfs Spitz Jacket: 440 Euro
Mammut Stoney Jacket: 420 Euro
Salewa Albonaska Jacket: 400 Euro
Die angesagten Jacken sammeln sich über der 500er - Linie:
Halti Fracture Jacket: 500 Euro
Mammut Alagna Jacket: 600 Euro
MountainForce Outrider Jacket: 600 Euro
Der Trend aber geht an die 1000er-Mauer:
Spyder Alpen Jacket: 900 Euro
Kjus Formula Jacket: 800 Euro
Und durchbricht die Schallmauer.
Kjus Northern Jacket: 1000 Euro
Kjus Slopes Jacket: 1100 Euro
Weh dem, der auch noch Hosen braucht!
Interessant ist,
dass die Bekleidung für Snowboarder, und sage mir keiner dass die Boarder nicht schwitzen und daher keiner hochfunktionellen Kleidung bedürfen, in dem Katalog, dem ich die obigen Preise entnommen habe, gänzlich unter 200 Euro bleibt:
Bench Bubbles Jacket: 150 Euro
Roxy Jacket: 170 Euro
Quicksilver Jacket: 200 Euro
Billabong Jacket: 180 Euro
Nitro Descades Jacket: 200 Euro
Burton Theory Jacket: 180 Euro
Protest Cottam Jacket: 140 Euro
ONeill Chiasa Jacket: 180 Euro
PlusMinus Slam Jacket: 180 Euro
Folgerung: Den Marktregeln, die für Outdoorer gelten, haben sich die Snowboarder bisher erfolgreich verweigert. Die zahlen diese Preise einfach nicht.
Oder andersherum:
In dem Maße, wie man die Natur zur Sau macht,
steigen die Preise für die Bekleidung zu ihrer Begehung.
Das ist nur konsequent: Ein knapper werdendes Gut selektiert sein Publikum immer zuerst über den Preis. Wer sich kein ordentliches Gewand leisten kann, bleibt eben draußen und trägt allenfalls urban.
Im Outdooring werden wir im nächsten Jahrzehnt die reziproke Entwicklung wie im Golfsport erleben.
Verknappung und Elitenbildung und Kanalisierung der Massen auf vorgebahnten Wegen.
Der Preis ist das Zeichen kommender Zeiten.
Leute, studiert die Kataloge!
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