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Land: Belgien, Niederlande, Deutschland
Reisezeit: August 2009
Region/Kontinent: Mitteleuropa
Wir wollten schon immer mal zu Fuß von zu Hause bis an die Nordsee wandern. Wir würden die Rucksäcke schultern, die Haustür würde mit einem Plopp hinter uns ins Schloss fallen, mein letzter Blick würde zweifelnd dem Rasen gelten - ob die Nachbarn das überleben, wenn der drei Wochen nicht gemäht wird? - und dann wären wir weg.
Eine kurze, dafür sehr steile Anhöhe müssten wir hinauf, danach hinunter an den Rhein, weiter ins Ahrtal und dann quer über die Eifel bis nach Aachen. Von der Printenstadt entweder nach Holland oder nach Belgien. So wichtig wäre das nicht, Hauptsache nicht alles durch Deutschland.
Zugegeben, das mit dem »Wir« stimmt so nicht ganz, denn meine Frau hatte überhaupt keine Schwierigkeiten sich eine Autofahrt vorzustellen, die gegebenenfalls an einem sommerlichen Nordseestrand enden könnte. Zugeben muss ich auch, dass es einer an Hirnwäsche grenzende Überzeugungsarbeit meinerseits bedurfte, bis meine Frau die Idee ebenfalls toll fand. Gut, dass ich dafür auf einem anderen Gebiet würde bluten müssen, war sonnenklar, aber man(n) schiebt diese Art der Wiedergutmachung schließlich gewohnheitsmäßig ganz nach hinten.
Im Frühjahr 2009 war es dann soweit, Wanderkarten mussten her, denn im kommenden Hochsommer wollten wir uns auf den Weg machen. Die Karten von der Haustür bis zum Thron Karls des Großen liegen schon immer bei uns im Regal. Fehlte noch das kleine Stück durch Belgien bis an die Küste irgendwo nahe bei Holland, Belgien sollte es auf alle Fälle werden. Schnell hin, bevor es verschwunden ist, so in etwa. In Deutschland belgische Wanderkarten zu bekommen ist überhaupt kein Problem, solange man ins Hohe Venn oder in die Ardennen möchte. Das ist Grenznah. Für deutsche Kartenhändler sozusagen der Beifang zu den Eifelkarten.
Und weil das Bestellformular auf der wirklich informativen Seite der De Vlaamse ‘Grote Routepaden’, da gibt es wirklich alles fürs Wandern in Belgien, sich jedes Mal beim Lesen der deutschen Postleitzahl aufgehängt hatte (macht die Seite heute immer noch, glaube ich), alle einschlägig aus dem Internet bekannten Kartenhändler ebenfalls gepasst hatten, mussten wir nach Köln. Meine Frau fand das ganz toll, denn dort könnte Wiedergutmachung Teil I einsetzen. Kölner, Anrainer, Holländer und Aachener werden wissen was ich meine.
Seit dem Frühjahr ‘97 ist eine kleiner, wohlsortierter und auf Karten aller Art spezialisierter Laden meine Lieblingsadresse in Köln. Der Laden liegt schön weit weg von der Innenstadt, und dann haben die Leute auch noch Ahnung von der Sache und die haben alles, wenn nicht, wird’s besorgt. So war das immer - bis zum Frühjahr 2009.
Belgien - Achtung!, das ist jetzt der Teil für Heimatkundeschwänzer - liegt mitten in Europa, von dort wird über das Wohl und Wehe von drei viertel des Kontinents bestimmt, dort spricht man mehrere Sprachen und die östlichen Landesteile liegen so nahe bei Köln, dass nicht wenige Ostbelgier für den Wochenendeinkauf in die Stadt am Rhein fahren. Oder von der anderen Seite aus betrachtet, ist Belgien nichts anderes als die Verlängerung des Kölner Grüngürtels nach Westen.
Wanderkarten für Belgien, das sei überhaupt kein Problem, hatte die freundliche Verkäuferin uns beschieden und dabei aufs Regal gezeigt. Sicher, die hatte ich schon durchgesehen. Die Ardennen, das Hohe Venn. Wie schon erwähnt, das hat jeder anständige Kartenhändler vorrätig. Unser Sinn stand nach Wanderkarten für den GR5, einer der ganz großen Wege durch Europa. Der fängt als Deltapad in Holland an, mutiert beim Grenzübertritt nach Belgien zum GR5 und behält diese Nummer durch Luxemburg und durch Frankreich, bis hinunter nach Nizza. Der GR5 ist einer der ganz großen Europäischen Fernwanderwege, der E2 eben. Das könnte schwierig werden, meinte die freundliche Dame, sei jedoch sicherlich machbar. Listen wurden gewälzt, ein Ordner rausgekramt, eine ebenso freundliche Kollegin um unterstützenden Rat gefragt. Ja, man müsse beim Lieferanten nachfragen. Es könne aber dauern, 8 Wochen mindestens, sogar noch länger. Eigentlich wollten wir dann schon unterwegs sein. Mir war das entschieden zu lang und zu ungewiss. Gut, versuchen wir’s bei Globetrotter, die haben auch ‘ne brauchbare Karten- und Buchabteilung.
Sicher bin ich nicht, aber genau das war der Zeitpunkt, auf den meine Frau gewartet hatte. Für Männer wie mich, hat Globetrotter in Köln mit der Platzwahl einen gigantischen Fehler gemacht: mitten rein in Kölns Innenstadt, umzingelt von Schuh- und Klamottenläden haben die ihren Schuppen gestellt. Das macht man nicht! Wusste das Globetrotter-Management in Hamburg nicht, dass Köln sehr reizvolle Industriegebiete an allen Stadträndern hat? Oder warum haben die sich nicht solche Nachbarn gesucht wie bei ihrem Outlet Center in Bonn? ‘ne Eierlikörfarbrik und zwei Autohäuser. Mehr Nachbarschaft braucht’s nicht!
Das könnte eventuell schwierig werden, meinte der freundliche junge Mann, der in Globetrotters Karten- und Buchabteilung sein Geld verdient. Wenn er ehrlich sein soll, sei sein Wissen um belgische Wanderkarten eher bescheiden, aber wenn ich Titel und ISBN hätte, würde sich jemand mit Ahnung um meine Wünsche kümmern. Der mit der Ahnung war an dem Tag leider nicht da. Wofür gibt es den E-Mail. Er würde sich melden, der mit der Ahnung von Belgien.
Beim Regalstöbern ist mir tatsächlich ein belgischer Topogids in die Hände gefallen: GR 5A Wandelronde van Vlaanderen Deel Noord. 250 Kilometer von De Panne bis nach Antwerpen, davon die ersten 65 direkt an der Nordseeküste entlang. Sicher, für den Hochsommer genau die passende Strecke für Idioten, hatte ich gedacht und das dünne Buch ins Regal zurückgestellt.
Am nächsten Tag war die E-Mail aus Köln da. Tenor: Das gewünschte Buch sollte in spätestens 2 Wochen da sein. Das hatte gestimmt, denn um diese Zeit war die nächste Mail da. Abholen oder per Post? Abholen, wegen Wiedergutmachung, nun Teil II, und dann hatten wir noch so’ne Idee.
Wollen wir uns tatsächlich im Hochsommer durchs glühendheiße Ahrtal quälen, unsere Rucksäcke über die bewaldeten Hügel der Nordeifel schleppen; uns Landschaften, die vom mittäglichen Sommerdunst erschlagen werden, anschauen und die wir zudem schon kennen? Diese Fragen hatten wir alle mit ein klaren Nein beantwortet. Neue Idee: Wir fangen an der Nordsee an, genauer in Hoek van Holland, und folgen dem E2 nach Süden, vielleicht bis Luxemburg. Dafür mussten mal wieder neue Karten, beziehungsweise Topogids her. Kein Problem, hatte ich mir gedacht, wenn die in Köln das Buch aus Belgien so schnell besorgen können, sollte die neue Bestellung locker, flockig über die Bühne gehen.
Der mit der Ahnung von Belgien war an dem Tag da, unser bestelltes Buch auch. Oh, das könnte Probleme aufwerfen, hatte der mit der Ahnung von Belgien gesagt, als er sich unsere neuen Buchwünsche angehört hatte. Neben dem Lieferanten für den belgischen Topogids, sei nun zusätzlich einer fürs holländische Buch mit im Spiel. Um der Sache vorzugreifen: Der Mann mit der Ahnung von Belgien, sollte recht behalten mit seinen Ahnungen, denn die Bücher waren nicht lieferbar. Und als ob ich es geahnt hätte, hatte ich das oben genannte Buch für die Idiotensommertour auf dem GR 5A aus dem Regal genommen, die Rückversicherung sozusagen. Wenn nichts geht, geht die Wandelronde van Vlaanderen.
An diesem Tag hatten wir unseren Enkel mit. Seitdem weiß ich, dass all die virtuellen Frösche, Fische, sogar Ameisen in Röhren 3-Jährige nicht so lange bei Laune halten, wie Opa das gerne hätte. Zusatz: Die Oma auch nicht. Wenn er in die Regenkammer gedurft hätte, hätte Opa noch etwas Zeit schinden können. Die Oma war dagegen. Keine Chance!
Am Kartentisch ist mir “Mr.Sunrise” über den Weg gelaufen. Der war ebenfalls auf der Suche nach Karten, hatte es dabei jedoch bedeutend einfacher als wir. Bücken, Schublade aufziehen, kurze Sucherei. Stirnrunzeln ob’s passt. Passt! Eine Sache von wenigen Minuten, er wollte schließlich nur nach Norwegen, nicht in so ein Exotenland wie wir.
Zur seiner Solotour durch Jotunheim geht es hier.
Unsere Planung für eine Ersatzroute, sollten die Bücher nicht kommen, sah nun so aus: Mit dem Zug nach De Panne und über den GR 5A nach Antwerpen. Von dort auf einer selbstgestrickten Strecke bis zum GR 5/E2, dem wir bis Maastricht folgen wollten. Weiter durch den südlichsten Zipfel Hollands bis nach Aachen, wiederum auf einer DIY-Route, und den letzten Rest quer durch die nördliche Eifel bis an den Rhein, das vorzugweise auf den Hauptwanderwegen des Eifelvereins. Wie oben schon erwähnt: die Bücher sind nicht gekommen.
Angereist sind wir am 8.8. fürn Appel und 'en Ei mit dem Zug. Erstaunlicherweise war das trotz einer saftigen Verspätung, die sich der ICE in Belgien geholt hatte, eine ziemlich flotte Anreise. Im Morgengrauen weg, am frühen Nachmittag da.
Im Internet hatte ich uns einen Campingplatz dicht beim Bahnhof rausgesucht. Nein, der Platz ist voll, meinte die Frau, die nach mehrmaligen Läuten doch noch den Weg zur Haustür gefunden hatte. Tür zu, wir beide waren eben am Beginn der Kehrtwendung, Tür auf. Ah, Wanderer! Sicher, für die findet sich immer ein Plätzchen. Macht 25 Euro. Wenige Schritte später wussten wir, dass der Platz mal eben zu einem Drittel voll war. Woher die unverhoffte Gnade? Wanderfreundlich oder weil sie uns den Campingplatz neben dem lauten Vergnügungspark nicht zumuten wollte? Wir werden es nie erfahren.
De Panne besteht aus einem kleinen Bahnhof, einer großen Haltestelle für die Küstenstraßenbahn und ein paar Klinkerhäusern - das dachten wir nur solange, bis wir die 2 Kilometer, die den idyllischen und ruhig gelegen Bahnhof und den noch viel ruhiger gelegenen Campingplatz vom Strand trennen, runtergespult hatten.
De Panne ist das genaue Gegenteil von Idylle, von Ruhe, von Beschaulichkeit, von ursprünglicher Architektur. Ich bezweifle sogar, dass De Panne überhaupt Belgien ist. De Panne besteht aus einem langen, breiten, sauberen, überwachten, quitschlebendigen Strand. Aus 15-stöckigen, fantasielosen Hochhäusern direkt an der Strandpromenade. Wenn man die Promenade entlang schaut, wollen beide nicht enden. Die Promenade nicht, die Hochhäuser nicht. Und Menschen waren an diesem Nachmittag dort unterwegs. Menschen, Menschen, Menschen.
Und hier sollen wir morgen früh mit Rucksäcken auf dem Rücken und Wanderschuhen an den Füßen unsere Wanderung nach Hause beginnen?, zweifelten wir. Der Gedanke, der mir spontan vor dem Bücherregal in Köln in den Sinn gekommen war nicht so verkehrt: Zur Sommerferienzeit die passende Wanderstrecke für Idioten. Allerdings, mit solchen Strecken sind wir oft gut gefahren.
Quellenangabe für die Karte: Wikipedia (nl), basierend auf dem CIA Factbook.
Reisezeit: August 2009
Region/Kontinent: Mitteleuropa
Zu Fuß von der Nordsee in die Eifel
Wir wollten schon immer mal zu Fuß von zu Hause bis an die Nordsee wandern. Wir würden die Rucksäcke schultern, die Haustür würde mit einem Plopp hinter uns ins Schloss fallen, mein letzter Blick würde zweifelnd dem Rasen gelten - ob die Nachbarn das überleben, wenn der drei Wochen nicht gemäht wird? - und dann wären wir weg.
Eine kurze, dafür sehr steile Anhöhe müssten wir hinauf, danach hinunter an den Rhein, weiter ins Ahrtal und dann quer über die Eifel bis nach Aachen. Von der Printenstadt entweder nach Holland oder nach Belgien. So wichtig wäre das nicht, Hauptsache nicht alles durch Deutschland.
Zugegeben, das mit dem »Wir« stimmt so nicht ganz, denn meine Frau hatte überhaupt keine Schwierigkeiten sich eine Autofahrt vorzustellen, die gegebenenfalls an einem sommerlichen Nordseestrand enden könnte. Zugeben muss ich auch, dass es einer an Hirnwäsche grenzende Überzeugungsarbeit meinerseits bedurfte, bis meine Frau die Idee ebenfalls toll fand. Gut, dass ich dafür auf einem anderen Gebiet würde bluten müssen, war sonnenklar, aber man(n) schiebt diese Art der Wiedergutmachung schließlich gewohnheitsmäßig ganz nach hinten.
Im Frühjahr 2009 war es dann soweit, Wanderkarten mussten her, denn im kommenden Hochsommer wollten wir uns auf den Weg machen. Die Karten von der Haustür bis zum Thron Karls des Großen liegen schon immer bei uns im Regal. Fehlte noch das kleine Stück durch Belgien bis an die Küste irgendwo nahe bei Holland, Belgien sollte es auf alle Fälle werden. Schnell hin, bevor es verschwunden ist, so in etwa. In Deutschland belgische Wanderkarten zu bekommen ist überhaupt kein Problem, solange man ins Hohe Venn oder in die Ardennen möchte. Das ist Grenznah. Für deutsche Kartenhändler sozusagen der Beifang zu den Eifelkarten.
Und weil das Bestellformular auf der wirklich informativen Seite der De Vlaamse ‘Grote Routepaden’, da gibt es wirklich alles fürs Wandern in Belgien, sich jedes Mal beim Lesen der deutschen Postleitzahl aufgehängt hatte (macht die Seite heute immer noch, glaube ich), alle einschlägig aus dem Internet bekannten Kartenhändler ebenfalls gepasst hatten, mussten wir nach Köln. Meine Frau fand das ganz toll, denn dort könnte Wiedergutmachung Teil I einsetzen. Kölner, Anrainer, Holländer und Aachener werden wissen was ich meine.
Seit dem Frühjahr ‘97 ist eine kleiner, wohlsortierter und auf Karten aller Art spezialisierter Laden meine Lieblingsadresse in Köln. Der Laden liegt schön weit weg von der Innenstadt, und dann haben die Leute auch noch Ahnung von der Sache und die haben alles, wenn nicht, wird’s besorgt. So war das immer - bis zum Frühjahr 2009.
Belgien - Achtung!, das ist jetzt der Teil für Heimatkundeschwänzer - liegt mitten in Europa, von dort wird über das Wohl und Wehe von drei viertel des Kontinents bestimmt, dort spricht man mehrere Sprachen und die östlichen Landesteile liegen so nahe bei Köln, dass nicht wenige Ostbelgier für den Wochenendeinkauf in die Stadt am Rhein fahren. Oder von der anderen Seite aus betrachtet, ist Belgien nichts anderes als die Verlängerung des Kölner Grüngürtels nach Westen.
Wanderkarten für Belgien, das sei überhaupt kein Problem, hatte die freundliche Verkäuferin uns beschieden und dabei aufs Regal gezeigt. Sicher, die hatte ich schon durchgesehen. Die Ardennen, das Hohe Venn. Wie schon erwähnt, das hat jeder anständige Kartenhändler vorrätig. Unser Sinn stand nach Wanderkarten für den GR5, einer der ganz großen Wege durch Europa. Der fängt als Deltapad in Holland an, mutiert beim Grenzübertritt nach Belgien zum GR5 und behält diese Nummer durch Luxemburg und durch Frankreich, bis hinunter nach Nizza. Der GR5 ist einer der ganz großen Europäischen Fernwanderwege, der E2 eben. Das könnte schwierig werden, meinte die freundliche Dame, sei jedoch sicherlich machbar. Listen wurden gewälzt, ein Ordner rausgekramt, eine ebenso freundliche Kollegin um unterstützenden Rat gefragt. Ja, man müsse beim Lieferanten nachfragen. Es könne aber dauern, 8 Wochen mindestens, sogar noch länger. Eigentlich wollten wir dann schon unterwegs sein. Mir war das entschieden zu lang und zu ungewiss. Gut, versuchen wir’s bei Globetrotter, die haben auch ‘ne brauchbare Karten- und Buchabteilung.
Sicher bin ich nicht, aber genau das war der Zeitpunkt, auf den meine Frau gewartet hatte. Für Männer wie mich, hat Globetrotter in Köln mit der Platzwahl einen gigantischen Fehler gemacht: mitten rein in Kölns Innenstadt, umzingelt von Schuh- und Klamottenläden haben die ihren Schuppen gestellt. Das macht man nicht! Wusste das Globetrotter-Management in Hamburg nicht, dass Köln sehr reizvolle Industriegebiete an allen Stadträndern hat? Oder warum haben die sich nicht solche Nachbarn gesucht wie bei ihrem Outlet Center in Bonn? ‘ne Eierlikörfarbrik und zwei Autohäuser. Mehr Nachbarschaft braucht’s nicht!
Das könnte eventuell schwierig werden, meinte der freundliche junge Mann, der in Globetrotters Karten- und Buchabteilung sein Geld verdient. Wenn er ehrlich sein soll, sei sein Wissen um belgische Wanderkarten eher bescheiden, aber wenn ich Titel und ISBN hätte, würde sich jemand mit Ahnung um meine Wünsche kümmern. Der mit der Ahnung war an dem Tag leider nicht da. Wofür gibt es den E-Mail. Er würde sich melden, der mit der Ahnung von Belgien.
Beim Regalstöbern ist mir tatsächlich ein belgischer Topogids in die Hände gefallen: GR 5A Wandelronde van Vlaanderen Deel Noord. 250 Kilometer von De Panne bis nach Antwerpen, davon die ersten 65 direkt an der Nordseeküste entlang. Sicher, für den Hochsommer genau die passende Strecke für Idioten, hatte ich gedacht und das dünne Buch ins Regal zurückgestellt.
Am nächsten Tag war die E-Mail aus Köln da. Tenor: Das gewünschte Buch sollte in spätestens 2 Wochen da sein. Das hatte gestimmt, denn um diese Zeit war die nächste Mail da. Abholen oder per Post? Abholen, wegen Wiedergutmachung, nun Teil II, und dann hatten wir noch so’ne Idee.
Wollen wir uns tatsächlich im Hochsommer durchs glühendheiße Ahrtal quälen, unsere Rucksäcke über die bewaldeten Hügel der Nordeifel schleppen; uns Landschaften, die vom mittäglichen Sommerdunst erschlagen werden, anschauen und die wir zudem schon kennen? Diese Fragen hatten wir alle mit ein klaren Nein beantwortet. Neue Idee: Wir fangen an der Nordsee an, genauer in Hoek van Holland, und folgen dem E2 nach Süden, vielleicht bis Luxemburg. Dafür mussten mal wieder neue Karten, beziehungsweise Topogids her. Kein Problem, hatte ich mir gedacht, wenn die in Köln das Buch aus Belgien so schnell besorgen können, sollte die neue Bestellung locker, flockig über die Bühne gehen.
Der mit der Ahnung von Belgien war an dem Tag da, unser bestelltes Buch auch. Oh, das könnte Probleme aufwerfen, hatte der mit der Ahnung von Belgien gesagt, als er sich unsere neuen Buchwünsche angehört hatte. Neben dem Lieferanten für den belgischen Topogids, sei nun zusätzlich einer fürs holländische Buch mit im Spiel. Um der Sache vorzugreifen: Der Mann mit der Ahnung von Belgien, sollte recht behalten mit seinen Ahnungen, denn die Bücher waren nicht lieferbar. Und als ob ich es geahnt hätte, hatte ich das oben genannte Buch für die Idiotensommertour auf dem GR 5A aus dem Regal genommen, die Rückversicherung sozusagen. Wenn nichts geht, geht die Wandelronde van Vlaanderen.
An diesem Tag hatten wir unseren Enkel mit. Seitdem weiß ich, dass all die virtuellen Frösche, Fische, sogar Ameisen in Röhren 3-Jährige nicht so lange bei Laune halten, wie Opa das gerne hätte. Zusatz: Die Oma auch nicht. Wenn er in die Regenkammer gedurft hätte, hätte Opa noch etwas Zeit schinden können. Die Oma war dagegen. Keine Chance!
Am Kartentisch ist mir “Mr.Sunrise” über den Weg gelaufen. Der war ebenfalls auf der Suche nach Karten, hatte es dabei jedoch bedeutend einfacher als wir. Bücken, Schublade aufziehen, kurze Sucherei. Stirnrunzeln ob’s passt. Passt! Eine Sache von wenigen Minuten, er wollte schließlich nur nach Norwegen, nicht in so ein Exotenland wie wir.
Zur seiner Solotour durch Jotunheim geht es hier.
Unsere Planung für eine Ersatzroute, sollten die Bücher nicht kommen, sah nun so aus: Mit dem Zug nach De Panne und über den GR 5A nach Antwerpen. Von dort auf einer selbstgestrickten Strecke bis zum GR 5/E2, dem wir bis Maastricht folgen wollten. Weiter durch den südlichsten Zipfel Hollands bis nach Aachen, wiederum auf einer DIY-Route, und den letzten Rest quer durch die nördliche Eifel bis an den Rhein, das vorzugweise auf den Hauptwanderwegen des Eifelvereins. Wie oben schon erwähnt: die Bücher sind nicht gekommen.
Angereist sind wir am 8.8. fürn Appel und 'en Ei mit dem Zug. Erstaunlicherweise war das trotz einer saftigen Verspätung, die sich der ICE in Belgien geholt hatte, eine ziemlich flotte Anreise. Im Morgengrauen weg, am frühen Nachmittag da.
Im Internet hatte ich uns einen Campingplatz dicht beim Bahnhof rausgesucht. Nein, der Platz ist voll, meinte die Frau, die nach mehrmaligen Läuten doch noch den Weg zur Haustür gefunden hatte. Tür zu, wir beide waren eben am Beginn der Kehrtwendung, Tür auf. Ah, Wanderer! Sicher, für die findet sich immer ein Plätzchen. Macht 25 Euro. Wenige Schritte später wussten wir, dass der Platz mal eben zu einem Drittel voll war. Woher die unverhoffte Gnade? Wanderfreundlich oder weil sie uns den Campingplatz neben dem lauten Vergnügungspark nicht zumuten wollte? Wir werden es nie erfahren.
De Panne besteht aus einem kleinen Bahnhof, einer großen Haltestelle für die Küstenstraßenbahn und ein paar Klinkerhäusern - das dachten wir nur solange, bis wir die 2 Kilometer, die den idyllischen und ruhig gelegen Bahnhof und den noch viel ruhiger gelegenen Campingplatz vom Strand trennen, runtergespult hatten.
De Panne ist das genaue Gegenteil von Idylle, von Ruhe, von Beschaulichkeit, von ursprünglicher Architektur. Ich bezweifle sogar, dass De Panne überhaupt Belgien ist. De Panne besteht aus einem langen, breiten, sauberen, überwachten, quitschlebendigen Strand. Aus 15-stöckigen, fantasielosen Hochhäusern direkt an der Strandpromenade. Wenn man die Promenade entlang schaut, wollen beide nicht enden. Die Promenade nicht, die Hochhäuser nicht. Und Menschen waren an diesem Nachmittag dort unterwegs. Menschen, Menschen, Menschen.
Und hier sollen wir morgen früh mit Rucksäcken auf dem Rücken und Wanderschuhen an den Füßen unsere Wanderung nach Hause beginnen?, zweifelten wir. Der Gedanke, der mir spontan vor dem Bücherregal in Köln in den Sinn gekommen war nicht so verkehrt: Zur Sommerferienzeit die passende Wanderstrecke für Idioten. Allerdings, mit solchen Strecken sind wir oft gut gefahren.
Quellenangabe für die Karte: Wikipedia (nl), basierend auf dem CIA Factbook.
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