[MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

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  • Ro
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    • 29.05.2009
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    [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Marokko
    Reisezeit: März 2010
    Region/Kontinent: Nordafrika

    12. Februar 2010, 5:50 Uhr, Hannover Flughafen.

    Zum fünften Mal Marokko. Immer wieder werde ich gefragt ob es nicht langweilig wird. Nein, wird es wirklich nicht, und wer es nicht glauben kann möge bitte selbst mal nach Marokko fahren. Wie immer freue ich mich riesig auf das Land und die Menschen, auf die Muezzine, den thé à la menthe, auf abenteuerliche Pisten und die "Inchallah"-Mentalität (aber bitte nur wenn's uns gerade passt...).

    Genial, dass Stefan wieder dabei ist, die Tour letztes Jahr war eine absolut runde Sache und jetzt wollen wir mehr, soll heißen: Hoher Atlas! Ich will mir ja treu bleiben, daher hier noch schnell das obligatorische Vor-der-Tour-Gejammere: Ich bin erkältet. Zudem starke Rückenschmerzen wegen der zurückliegenden harten Umzugswochenenden. Nicht zuletzt völlig außer Form, die letzte Radtour >50 Kilometer war irgendwann im letzten Sommer. Alles Gelaber, ich weiß genau, dass alle Sorgen vergessen sein werden sobald ich erstmal im Sattel sitze. So, Boarding geht los, Film ab!!






    1. Tag -> Taroudannt (64 Km, Schnitt 23 km/h)

    Al hamdulilah! Wieder einmal umsonst all meine Sorgen wegen des Fahrradtransports, komplett unversehrt nehmen wir unsere Böcke in Agadir-Al Massira entgegen. Ich weiß gar nicht warum mir das jedes Mal wieder Bauchschmerzen bereitet, bisher gab's eigentlich noch nie Probleme. Unweit des Flughafens kehren wir kurz in einem Café ein, in dem wir schon letztes Jahr waren. Der Besitzer erkennt uns und scheint zu denken, dass wir seit einem Jahr in Marokko umherreisen...


    Heute steht ansonsten nicht mehr als gemütliches Einrollen auf dem Programm, stetiger Rückenwind schiebt uns in Richtung Taroudannt. Unterwegs unzählige nette Begegnungen, schon am ersten Tag grüßen uns hunderte Menschen durch Winken, "Bonjour"-Rufen, Hupen oder Beifall klatschen - hier fühle ich mich wohl! Bemerkenswert sind die augenscheinlichen Folgen des extrem regenreichen Winters: die Landschaft ist satt grün wie ich es hier noch nie zuvor gesehen habe, sämtliche Straßen haben bisher nur notdürftig ausgebesserte Beschädigungen, riesige Pfützen säumen den Weg. Da bin ich ja mal gespannt auf die Pisten die uns in den Bergen erwarten...


    In Taroudannt, meiner Lieblingsstadt in Marokko, gehen wir wie immer ins Hotel Atlas, essen Couscous am Place Assaragh und spielen Billard in einem Kellerloch, umringt von kiffenden Jugendlichen. Alles wie immer, ich fühle mich schon fast zuhause hier. Zur Dämmerung ruft der Muezzin, Gänsehaut, wir kommen an.


    2. Tag -> Igherm (86 Km, Schnitt 14 km/h)

    Kurz hinter Taroudannt stelle ich fest, dass ich die Schrauben eines Cleats (Schuh-Pedale-Bindung) verloren habe. Von nun an kurbele ich also zunächst asymmetrisch, will sagen einseitig eingeklickt weiter. Mit unrundem Tritt geht's hinein in den Anti-Atlas, gleich zu Beginn der Tour erwarten uns heute rund 2000 Höhenmeter - zum Glück auf Asphalt, die Fitness lässt nämlich noch auf sich warten. Die Landschaft ist idyllisch, überall die typischen Gesteinsmaserungen, mit Blüten übersäte Wiesen, Terrassen und stets im Hintergrund das majestätische Toubkalmassiv.




    Wir tun uns recht schwer, schon früh fangen die Muskeln an zu brennen. So machen wir viele Pausen, schleppen uns voran und erreichen erst gegen 18 Uhr ziemlich ausgepumpt Igherm. Die idealen Bedingungen schreien zwar nach einer Zeltnacht, aber unsere Körper schreien noch lauter: "Dusche! Tajine! Tee!" - und so suchen wir eine freundliche Absteige an der Hauptstraße in Igherm auf. Das Duschwasser ist eiskalt, aber die Tajine ist gut.


    (klick für größere Ansicht)


    3. Tag -> ? (73 Km, Schnitt 14 km/h)

    Entgegen aller Wahrscheinlichkeit hält sich der Muskelkater am Morgen doch in Grenzen. Zum Glück, denn wir müssen gleich nach dem Frühstück mit äußerst heftigem Gegenwind kämpfen - ob wir etwa wieder soviel Pech wie letztes Jahr haben? Bei Kilometer 20 beginnt eine geniale Abfahrt, die uns von der kargen Hochebene hinab in eine herrliche, von Palmen gesäumte Schlucht führt. In der Oase Tagmoute machen wir ausgedehnt Mittagspause mit Omelett und Tee, der Café-Inhaber erzählt uns von einem großen Festival, dass in 10 Tagen in Imi-n-Tatelt, also hier in der Nähe beginnen soll. Da kommen wir leider zu früh...







    Wenig später erreichen wir den Pisteneinstieg, mit der mühsamen Querung des breiten Oueds Tata beginnt eine neuerliche Fahrt ins Ungewisse: Über diese Piste habe ich keinerlei Informationen im Vorfeld auftreiben können, abgesehen davon, dass man sie in GoogleEarth erkennen kann. Das sind meine Lieblingsstrecken, man weiß nie was kommt. In der Tat ist die Piste zunächst etwas besser als selbst ich Optimist erwartet hatte, sogar mit Jeep befahrbar!


    Bei großer Hitze hoppeln wir langsam das Tal hinauf. Das große Spektakel bleibt zunächst aus - oder bin ich einfach nur zu verwöhnt? Die Einsamkeit ist jedenfalls herrlich, nicht ein einziger Mensch begegnet uns mehr heute. Wir biwakieren daher auch direkt neben der Piste. Zu Essen gibt es Piratensuppe mit Graupen, ein toller Abend, nur Feuerholz fehlt zur Perfektion. Plötzlich ein Aufschrei, Stefan hat sein AirBerlin-Kissen in Igherm liegen lassen - ich lache mich kaputt...






    Fortsetzung folgt...
    Zuletzt geändert von Sandmanfive; 05.11.2011, 10:24. Grund: Reisecharakter eingestellt

  • Dogeared
    Erfahren
    • 22.05.2009
    • 306
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

    Hey Ro!


    Endlich wieder ein neuer Marokko-Reisebericht! Ich war schon ganz gespannt wo es Dich dieses Mal hinverschlägt.
    Lass uns nicht zu lang auf die Fortsetzung warten


    Grüße
    C.
    Hike My Hike, Damn it!
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    • Ro
      Erfahren
      • 29.05.2009
      • 194
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      #3
      AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

      Hi,

      Zitat von Dogeared Beitrag anzeigen
      Lass uns nicht zu lang auf die Fortsetzung warten
      Heute nachmittag gehts weiter...
      Aber auf den Bericht zu Tag 15, dem wohl unglaublichsten aller meiner Reisetage, musst Du wohl noch ein paar Tage warten. (Appetit angeregt? )

      Gruß
      Roland

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      • Ro
        Erfahren
        • 29.05.2009
        • 194
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        #4
        AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

        4. Tag -> hinter Akka-Irhén (75 Km, Schnitt 15 km/h)

        Um 7 Uhr passieren wir einen noch verschlafenen Ort, man merkt, dass hier eher keine Touristen durchkommen: Die Frauen verdecken hastig ihre Gesichter und die Kinder starren uns nur mit großen Augen schweigend nach anstatt zu betteln. Ein süßes Mädel winkt schüchtern, verbirgt dabei aber die Hand unterm Schleier. Kurz darauf machen wir eine lange Frühstückspause, kochen Kaffee und braten Cabanossis. Stefan hat schon seit Beginn der Tour einen schleichenden Plattfuß und erwägt nun, ihn zu flicken, entscheidet sich letztlich aber dazu lieber wie bisher gelegentlich zu pumpen.


        Nach einem kleinen Pass folgt eine steinige Abfahrt, der sich einige noch steinigere, lange Oued-Passagen anschließen. Wir schieben jetzt viel, motorisierte Fahrzeuge kommen hier derzeit nicht durch, zu heftig hat das Wasser gewütet.


        In einer Oase reißt ein Haken meiner Lowrider-Taschen ab, wir flicken mit Kabelbindern. Während wir da so werkeln kommt eine sehr alte Frau mit schwerer Last vorbei, die uns prompt zum Tee einlädt. Schnell verselbständigt sich die Situation, Hamed, der Hausherr, erscheint und besteht darauf, dass wir zum Essen bleiben. Ein sehr sympathischer Mann mit tief eingegrabenen Lachfalten, man könnte ihn auch für einen Clown halten. Kurz darauf sitzen wir mit ihm, seinem Vater und vier Söhnen - die Töchter schauen von der Tür aus zu - in seinem Haus und trinken Tee. Nach einiger Zeit kommt eine Tajine auf den Tisch, aus der wir zu acht mit den Händen essen. Ein Stück Fleisch, um genau zu sein ein Stück dickwulstige Hühnerhaut, bleibt bis zum Ende liegen. Gastgeber Hamed macht mit Gesten klar, dass dieses "beste Stück" des Tieres wohl für mich, auf jeden Fall aber für uns vorgesehen ist. Stefan hilft mir zum Glück aus der Patsche, schnappt sich das Stück und schlingt es herunter - Hamed lächelt zufrieden. Anschließend gibt's nochmal Tee, ein Gebet wird gesprochen und wir werden herzlich verabschiedet.

        Gegen Mittag erreichen wir die Asphaltstraße nach Akka-Irhén, bisher stehen 29 Km mit einem Schnitt von gerade einmal 9 km/h zu Buche. Doch jetzt wendet sich das Blatt, bei leichtem Rückenwind, 1-2% Gefälle und mit David Bowie im Ohr (in meinem Fall) fliegen wir mit 40 km/h durch die öde Steinwüste. Der Ort Akka-Irhén wirkt, wie schon letztes Jahr, sehr unangenehm auf uns: Die Kinder betteln aggressiv, das "Bonjour" wird einem hier nur so entgegen gebrüllt. Woran das liegt wird auch gleich klar, als ein Ausflugsjeep-Konvoi aus Tata eintrifft und ein Bündel Touristen, darunter Frauen in kurzen Röcken und schulterfreien Tops, auswirft. Gruselig, wir drücken uns schnell ein paar ziemlich perverse frittierte Fische rein und verkrümeln uns in Richtung Wüste.


        Auf der sich anschließenden schönen Piste reißt eine Lowrider-Schraube aus meiner Gabel, das Gewinde nimmt sie gleich mit. Sei's drum, ein bisschen Schwund ist immer, eine Schlauchschelle tut's auch. Wir zelten neben der Piste, kochen Reis in "Schinkenklößchensuppe Österreich mit Frittaten" und genießen den Abend am Lagerfeuer.


        5. Tag -> Pass vor Issil (42 Km, Schnitt 6 km/h)

        Nach Kaffee und gebratenen Cabanossis zum Frühstück steigen wir gegen 7 Uhr wieder in den Anti-Atlas ein. Die Piste ist zunächst einigermaßen in Ordnung und führt durch eine weite, von Palmen übersäte Schlucht. Das Oued führt sogar noch fließend Wasser, hätte ich hier nicht mit gerechnet. Wir passieren eine gewaltige Kasbah und zwei gar nicht mal so kleine Orte, unfassbar, dass die Michelin-Karte hier in der Gegend nichts verzeichnet.






        Im Laufe des Tages verschlechtert sich der Zustand der Piste leider dramatisch, die Schiebepassagen werden immer länger, keine Chance mehr für Jeeps hier. Wir kommen kaum noch voran, Stefan hat auch noch zwei Platten, jeweils von Dornen verursacht. Die Hitze macht uns zusätzlich zu schaffen und als wir nachmittags den Fuß des Passes vor Issil (der nächsten Versorgungsmöglichkeit) erreichen, haben wir gerade noch 2,5 Liter Wasser...


        Jetzt legt die Piste aber erst richtig los, windet sich steil den Berg hinauf und ist in weiten Teilen nichts anderes als eine Geröllhalde, über die es nun 800 Höhenmeter hochzuschieben gilt. Schnell wird klar, dass wir es heute nicht mehr über den Pass schaffen, also heißt es Wasser sparen, was uns nicht leicht fällt. Aus einem vom Regen übrig gebliebenen grünlichen Tümpel füllen wir uns sicherheitshalber mal Wasser ab...


        Als es dämmert fehlen uns noch 150 Höhenmeter zum Pass, 1 Liter Wasser ist jetzt noch übrig. Noch nie zuvor hab ich mich so verkalkuliert, ärgerlich. Die Piste bietet keinerlei Möglichkeit das Zelt aufzubauen, stattdessen legen wir uns mit unseren Matten auf kleine Plateaus in der Felswand und nennen das Ganze die "Nacht auf dem Affenfelsen". Nach einem spartanischen Abendessen zählen wir noch einige Sternschnuppen, fantastisch wie immer auch die hell leuchtende Milchstraße.




        Fortsetzung folgt...
        Zuletzt geändert von Ro; 21.04.2010, 18:20.

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        • Christoph_
          Gerne im Forum
          • 02.12.2008
          • 60
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

          Sehr schöne Bilder und interessanter Bericht!

          Für mich geht es in 5 Wochen nach Marokko, daher schön hier vorher noch einen Bericht serviert zu bekommen. Ist für mich das erste Mal, dass es nach Marokko geht. Werde die Aktivität aufs Wandern beschränken und den Jebel Toubkal besteigen und im Anschluss daran noch für paar Tage in dem umliegenden Gelände wandern. Außerdem dann noch einen kurzen Abstecher per Kamel in die Sahara.

          Mir scheint das Marokko gerade für Fahrradfahrer ein sehr beliebtes Ziel ist.

          Schönen Gruß
          Christoph
          www.christophhaskamp.de

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          • Ro
            Erfahren
            • 29.05.2009
            • 194
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

            Hi Christoph,
            scheinbar hast Du Deine Tour schon gut geplant, ansonsten würde ich Dir nämlich eine Alternative zum Toubkal vorschlagen. Toubkal wird Dir schon gefallen, keine Frage, aber die ganze Region um Imlil ist halt sehr touristisch - was in Marokko wirklich kein Prädikat der Güte ist.
            Mit den Radfahrern hast Du recht, es gibt sogar eine Internetseite mit Forum nur übers Radeln in Marokko: marokko-per-rad.de (ich bin da nicht unbeteiligt, aber es ist nichts Kommerzielles)
            Viel Freude an Deiner Tour!
            Roland

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            • peter-hoehle
              Lebt im Forum
              • 18.01.2008
              • 5175
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              • Meine Reisen

              #7
              AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

              Seeeehr schöner Anfang
              Interessant ist immer wieder die
              Gastfreundschaft in solchen Ländern.
              Freu mich schon auf die Fortsetzung.

              Gruß Peter
              Wir reis(t)en um die Welt, und verleb(t)en unser Geld.
              Wer sich auf Patagonien einlässt, muss mit Allem rechnen, auch mit dem Schönsten.

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              • Ro
                Erfahren
                • 29.05.2009
                • 194
                • Privat

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                #8
                AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                Hi Peter,
                und da kommt sie auch schon, noch mehr Gastfreundschaft inklusive...


                6. Tag -> Agdz (57 Km und einige mit dem Taxi, Schnitt 17 km/h)

                Das Frühstück ist heute eher dürftig, für jeden ein halbes Brot, Kaffee kochen ist nicht mehr drin, auch ansonsten sind unsere Vorräte aufgebraucht. Immerhin - al hamdulilah! - in Passnähe wird die Piste wieder befahrbar. Am Pass selbst eröffnet sich eine grandiose Aussicht auf die Ebene vor Tazenakht, die zumindest kurz die zurückliegenden Entbehrungen nichtig erscheinen lässt.



                Nach der kurzen Abfahrt irren wir auf der Suche nach Wasser durch das urige Gassengewirr von Issil. Gerade ist eine Kuh ausgebrochen und springt nun wild zwischen den Lehmhäusern umher. Stefan schaltet schnell, springt vom Rad, jagt ihr hinterher und bekommt sie am Hals zu fassen. Sie reißt sich nochmal von ihm los, wenig später ist ihre Flucht jedoch endgültig beendet. Es folgt das Unvermeidliche, wir werden zum Tee eingeladen, diesmal ungewöhnlicherweise von einem kleinen Mädchen. Der Hausherr ist aber auch bald zur Stelle und für die Fremden wird sogleich wieder nur das Beste aufgetischt: Neben Tee noch frischgebackenes Brot, zerlassene Butter, Olivenöl, Omelett, Datteln und frische Milch, bei der wir nicht sicher sind ob sie von Kuh oder Ziege stammt. Die Atmosphäre ist lustig, unser Gastgeber scheint gar nicht so richtig zu realisieren, dass wir kein Arabisch können und plappert in einem fort auf uns ein. Seine Tochter Zahra, die etwa so gut wie ich französisch spricht, macht sich über ihn lustig, übt sich in Konversation und zeigt uns stolz wie Oskar ihr Abschlusszeugnis aus der Grundschule. Stefan und ich fühlen uns pudelwohl, könnten ewig hier ausharren, brechen aber auf als der Vater uns klar macht, dass er noch arbeiten muss. Als wir das Haus verlassen werden wir vor der Tür schon von etwa 30 Kindern und Frauen neugierig erwartet, hat sich also wie immer schnell rumgesprochen dass Touristen da sind...

                Nach Issil ist die Piste sehr gut befahrbar und wir kurbeln die verbliebenen 40 Km bis Tazenakht flott herunter. Dort angekommen ordern wir erstmal Kefta und überlegen uns in Ruhe, wie die Tour weitergehen soll. Die Schneeverhältnisse sprechen zwar ein bisschen gegen den Hohen Atlas, aber wir sind der Steinwüste etwas überdrüssig und entscheiden uns daher, von nun an Kurs auf die Berge zu nehmen. Nächstes Ziel ist damit Agdz! Die eher langweilige Straße dahin bin ich schon zweimal gefahren, für Piste haben wir gerade keine Energie mehr, also springen wir kurzentschlossen nach dem Essen in ein Taxi. 300 Dh kostet die Höllenfahrt, die wir entgegen allen Naturgesetzen überleben - um 16 Uhr setzt uns der Schumacher-Verschnitt am Ortseingang von Agdz ab. Wir brauchen einen Ruhetag und wählen dafür mit dem Hotel Kissane die beste bzw. vielmehr die teuerste Unterkunft vor Ort.






                Der Ruhetag besteht unter anderem aus Oasenspaziergängen, einem Souk- und einem Coiffeur-Besuch, vor allem aber nutzen wir das Gratis-Billard-Angebot unseres Hotels.


                8. Tag -> Sarhro-Gebirge (55 Km, Schnitt 11 km/h)

                Beim Bezahlen des Hotels fällt mir ein ungewöhnlich hoher Posten auf der Rechnung auf, woraufhin der Chef meint, dies sei fürs Frühstück. Kurze Rechnung ergibt, dass wir demnach 13 Frühstücke bezahlen würden. Schwacher und undurchdachter Versuch, das Trinkgeld zudem verzockt... Wir düsen das Draa-Tal hinab und kehren an der Kreuzung in Tansikht in dem fantastischen Restaurant ein, wo ich schon drei Jahre zuvor mit Till versackt war. Auch diesmal wird es eine sehr ausgiebige Pause, von dem paradiesischen Garten kann man sich schlecht losreißen.


                In brütender Mittagshitze steigen wir in die wenig bekannte Sarhro-Piste in Richtung El-Kelaa M'gouna ein, ich bin gespannt was uns hier wieder erwartet. Von nun an geht es den Rest des Tages nur noch bergauf. Zunächst folgen wir einem Oued, das sogar noch Wasser führt und etwa ein Dutzend Male gequert werden muss. Bei den letzten Querungen versuche ich es brachial mit Schwung, bekomme einmal prompt nasse Füsse...


                Irgendwann verlassen wir das Tal und fahren auf sandiger, teils schwerer Piste steil hinauf in eine Sarhro-typische Mondlandschaft. Wir folgen schließlich einer Art Kammweg, links und rechts von uns liegen tiefe Schluchten, die Fernsicht in Richtung Draa-Tal ist grandios. Auf 1750 Metern Höhe entdecken wir den seit einiger Zeit ersten möglichen Zeltplatz und schlagen erschöpft wie wir sind prompt zu. Zu Abend gibt's Hühnersuppe mit Nudeln, dazu Sterne satt.





                9. Tag -> El-Kelaa M'gouna (81 Km, Schnitt 11 km/h)

                Nachts wird es unerwartet stürmisch, das schlecht abgespannte Zelt biegt sich und flattert wild, wir schlafen unruhig. Als die Sonne aufgeht legt sich der Wind aber glücklicherweise. Früh am Morgen erreichen wir eine Art Hochplateau, auf den nächsten 30 Km pendelt die Piste ständig zwischen 1800 und 2100 Metern Höhe auf und ab. Das Radeln macht Spaß hier oben, nach furiosem Beginn wird die Landschaft aber leider zunehmend öder und langweiliger.






                Auf unseren GPS-Displays lacht uns ein Wegpunkt namens "Gites 4" an, den ich vor der Tour von Ralf aus dem marokko-per-rad.de Forum zugespielt bekommen habe. Wir glauben nicht wirklich daran, dass in dieser menschenleeren Gegend eine Gites d'Étape sein könnte, freuen uns dann aber natürlich umso mehr, als sie tatsächlich auftaucht. Wir bekommen eine riesige Kanne Tee und das bisher beste Berberomelett der Tour, einfach perfekt!


                Kurz danach beginnt der lange Abstieg in Richtung El-Kelaa M'gouna, gerade rechtzeitig bessert sich der Zustand der Piste erheblich. Auch die Szenerie gewinnt wieder an Reiz, viel Vulkangestein bildet tolle Kontraste zu den gelben Blütenmeeren - die Abfahrt ist ein rauschendes Fest! In El-Kelaa M'gouna steuern wir wieder einen Wegpunkt von Ralf an, diesmal treffen wir mit dem Hotel Aflafal auf genau die Art von Unterkunft, die wir jetzt brauchen: günstig, sauber, mit nettem angeschlossenen Café - Shukran, Ralf!



                Wir legen wieder einen Ruhetag ein um anschließend fit in den Hohen Atlas starten zu können. Ironischerweise "verletze" ich mich ausgerechnet am Pausentag, klemme mir beim Billard den Daumen in der Bezahlmaschine ein und hole mir so einen prächtigen Bluterguss unterm Nagel...



                Fortsetzung folgt...
                Zuletzt geändert von Ro; 13.04.2010, 17:45.

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                • Christoph_
                  Gerne im Forum
                  • 02.12.2008
                  • 60
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                  Hi Roland,

                  ich habe schon gehört, dass die Gegend recht üerlaufen sein soll. Setze meine Hoffnung aber darauf, dass die meisten einfach zur den Weg zum Toubkal rauf wollen. Hatte erst auch überlegt was am Jebel Sahro zu unternehmen, aber mir dann doch wieder anders überlegt. So richtig viele Informationen findet man nicht zu den ganzen Tracks.

                  Lass deine Vorschläge ruhig mal hören. Pläne sind eh nur gemacht um wieder verworfen zu werden.
                  www.christophhaskamp.de

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                  • burger
                    Erfahren
                    • 19.05.2008
                    • 130
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                    Zitat von Christoph_ Beitrag anzeigen
                    Hi Roland,

                    ich habe schon gehört, dass die Gegend recht üerlaufen sein soll. Setze meine Hoffnung aber darauf, dass die meisten einfach zur den Weg zum Toubkal rauf wollen. Hatte erst auch überlegt was am Jebel Sahro zu unternehmen, aber mir dann doch wieder anders überlegt. So richtig viele Informationen findet man nicht zu den ganzen Tracks.

                    Lass deine Vorschläge ruhig mal hören. Pläne sind eh nur gemacht um wieder verworfen zu werden.
                    hi, bin vom 6-20.5 im toubkal. laß mich auch gerne inspirieren....
                    bei den schönen bildern will ich soofooort los

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                    • Ro
                      Erfahren
                      • 29.05.2009
                      • 194
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                      Setze meine Hoffnung aber darauf, dass die meisten einfach zur den Weg zum Toubkal rauf wollen.
                      Kann durchaus gut sein dass diese Rechnung aufgeht. Ich selber war ja noch nie nah am Toubkal, meine Eindrücke stammen nur aus Erzählungen.

                      Hatte erst auch überlegt was am Jebel Sahro zu unternehmen, aber mir dann doch wieder anders überlegt.
                      Besser so, ist ein bisschen heiß da Anfang Mai.

                      Lass deine Vorschläge ruhig mal hören.
                      Gerne: Nimm den zweithöchsten Berg Marokkos, den Mgoun. Wobei, um ehrlich zu sein, ich weiß nicht ob die Besteigung selbst besonders interessant ist, ich steig ja nicht auf Berge. Aber die ganze Region um den Mgoun ist einfach herrlich und man kann da tolle Trekkingtouren machen. Zum Beispiel nordöstlich vom Gipfel im Ait Bougemez Tal starten (alternativ von Bou Thrarar), erstmal Richtung Tizi-n-Ait Imi, dann nach Westen rüber zum Gipfel. Anschließend noch Mgoun-Schlucht, das muss toll sein, und zuletzt das Tessaouttal, ein absoluter Traum und (noch) total urtümlich. Und Du bist nah an den anderen Standardattraktionen wie Dadestal, Rosental, Ait Benhaddou und auch Wüste. Also ich kenne die Region nur vom Fahrradsattel aus, aber wenn ich mal ne Trekkingtour in MA machen würde dann definitiv dort!

                      Aber ich will Dir den Toubkal auch nicht madig machen...

                      Gruß
                      Roland

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                      • Nammalakuru

                        Lebt im Forum
                        • 21.03.2003
                        • 9352
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                        #12
                        AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                        Herzlichen Dank für den Bericht! Marokko steht - nach wie vor - auf meiner Liste.

                        Beste Grüße,
                        Nam

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                        • peter-hoehle
                          Lebt im Forum
                          • 18.01.2008
                          • 5175
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                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                          @ Roland.....
                          ein wunderschöner Bericht.
                          Besser wie jeder Fernsehabend.

                          Gruß Peter
                          Wir reis(t)en um die Welt, und verleb(t)en unser Geld.
                          Wer sich auf Patagonien einlässt, muss mit Allem rechnen, auch mit dem Schönsten.

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                          • paddel
                            Fuchs
                            • 25.04.2007
                            • 1864
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                            ein wunderschöner Bericht.
                            Besser wie jeder Fernsehabend.
                            Das kann ich nur bestätigen!
                            Froh schlägt das Herz im Reisekittel,
                            vorausgesetzt man hat die Mittel.

                            W.Busch

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                            • Ro
                              Erfahren
                              • 29.05.2009
                              • 194
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                              11. Tag -> Msemrir (96 Km, Schnitt 17 km/h)

                              Endlich hinein in den Hohen Atlas!! Zunächst folgen wir dem Rosental, von dem man wie erwartet von der Straße aus nicht viel sieht. Ich erwarte die Überquerung eines kleinen Passes vor Bou Thrarar, doch stattdessen folgt die Straße stur dem Fluss - umso besser, so sparen wir Kräfte. Nach dem kurzen, angenehmen Pistenstück hinter Bou Thrarar erreichen wir die mir schon bekannte Dadesschlucht. Ich bin allerdings kaum weniger begeistert als bei meinem ersten Aufenthalt hier, die Schlucht ist einfach traumhaft schön! Wir passieren die bekannten Attraktionen wie die Kasbah Ait-Arbi und die "Gehirnfelsen". Beim Fotografieren von Letztgenanntem rutscht Stefan weg und landet mit dem Hosenboden genau in einem Dornenbusch. Es folgt Gejaule und langwieriges Entfernen der Dornen, ich kann nicht anders als ihn auszulachen.




                              Später essen wir ein fürstliches Menü in der Auberge Tissadrine, wo ich drei Jahre zuvor mit Till übernachtet hatte. Danach geht's die berühmten Serpentinen hoch, von den Wohnmobilisten wahlweise angefeuert (danke, das freut uns!) oder verständnislos angestarrt (danke, das finden wir lustig!). Wir haben gute Beine und hängen sogar einen LKW ab, der sich unter ohrenbetäubendem Motorengeheul hinauf kämpft. Danach passieren wir die Engstelle der Schlucht, leider dieses Mal kaum Wasser auf der Straße, wie langweilig. Später dann die Aussicht auf den in einem Canyon mäandernden Dades kurz vor Msemrir, wundervoll!






                              (klick für größere Ansicht)

                              Msemrir selbst schließlich, Julius' weise Warnung vor diesem "elendigen Kaff" im Ohr, in der Tat ist's hässlich und unangenehm. Schnell rein in eine Absteige, oho - die Dusche wird sogar fast heiß. Zum Abendessen noch eine Tajine, alles bestens. Obwohl ich heute fast 80% der Strecke bereits kannte war es dennoch die bisher schönste Etappe der Tour!


                              12. Tag -> Agoudal (67 Km, Schnitt 11 km/h)

                              Am Morgen verlassen wir Msemrir auf guter Piste in Richtung Tizi-n-Ouano. Wir folgen einem weiten Tal und passieren mehrere, größtenteils ziemlich hässliche Siedlungen. Viele der Kinder hier sind echte Blagen, es wird aggressiv gebettelt und gelegentlich auch mal an den Packtaschen gezerrt. Ich bin froh hier nicht alleine unterwegs zu sein, so kann man sich wenigstens zusammen über die Nervensägen lustig machen. Hier mal die meines Erachtens beste Taktik für Steine werfende Kinder: Sobald der Stein fliegt eine Vollbremsung einleiten, das Rad auf den Boden werfen und dem Bengel wie wild hinterherrennen (um dann nach einigen Metern laut fluchend die Verfolgung abzubrechen). So bekommt der Sünder einen Schock, den er so schnell nicht wieder vergisst, und man selbst fühlt sich als Sieger und kann über die an sich unschöne Szene letztendlich lachen. Stefan und ich verfahren jedes Mal so, wer weiß, wie viele Kinder in Zukunft vom Steinwurf Abstand halten...

                              Das Tal wird schließlich enger, eine einfache Furt ist zu bewältigen, dann beginnt der eigentliche Aufstieg zum Tizi-n-Ouano. Gestärkt durch köstliche Piri-Piri Ölmakrelen schrauben wir uns relativ problemlos auf immer noch guter Piste den Pass hinauf. Leider ist die Sicht durch den stürmischen Wind extrem eingeschränkt, nur selten kann man die uns umgebenden schneebedeckten Riesen durch den in der Luft liegenden Staubschleier erahnen. Eine große Eselkarawane kommt uns entgegen, etwa 25 Tiere und ebenso viele Frauen, von denen jede Einzelne von uns Essen und/oder Trinken haben möchte. Viel können wir aber natürlich nicht entbehren... Nachdem wir stundenlang keine Autos mehr gesichtet haben kommen wir kurz vorm Pass plötzlich in eine Art Stau: Ein Konvoi von etwa 10 Jeeps und einigen Cross-Maschinen hat Probleme, kann die für uns harmlosen Schneebretter hier oben nicht passieren. Ein Jeep hängt sogar bereits leicht bedrohlich schräg am Hang. Es handelt sich größtenteils um Russen, einige sind sehr nett, andere offensichtlich davon angepisst, dass wir problemlos durchkommen während sie wahrscheinlich noch einige Stunden lang Schnee schippen müssen. Eine gewisse Schadenfreude können wir natürlich auch nicht verbergen...




                              Kurz danach der Pass, 2913 Meter Höhe zeigt mein GPS, so hoch war ich noch nie zuvor mit dem Rad. Dafür allerdings seltsam unspektakulär der Pass... Die Abfahrt hat es dann aber in sich, hier am Nordhang ist es noch extrem matschig, auch Schnee ist hier noch deutlich mehr als in der Auffahrt. Die Matschklumpen fliegen mir ins Gesicht (keine Schutzbleche) während Stefans Räder alle paar hundert Meter blockieren (Schutzbleche). Wir kommen quasi gar nicht mehr voran, es bleibt letztendlich keine Wahl: Die Schutzbleche müssen abmontiert werden, eine zeitraubende Angelegenheit. Danach rollt es etwas besser, jetzt noch ein paar harmlose Furten, bei denen wir uns beide nasse Füsse holen, weil wir zu faul zum Absteigen sind.






                              Danach die Einfahrt nach Agoudal, wieder extrem ätzende Kids, ein Bengel schießt mit der Steinschleuder auf Stefan! Schnell rein in eine etwas abgelegene Auberge und einmal tief durchatmen. Doch noch ist dieser irre Tag nicht fertig mit uns, kurz vorm Einschlafen entdeckt Stefan einen Skorpion an der Wand unseres Hotelzimmers! Armes Tier, es muss den Löffel abgeben, damit wir ruhig schlafen können...



                              Fortsetzung folgt...
                              Zuletzt geändert von Ro; 13.04.2010, 06:17.

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                              • j.c.locomote
                                Fuchs
                                • 24.10.2008
                                • 1301
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                                Toller Bericht und tolle Bilder!
                                Kann kaum den nächsten Abschnitt abwarten.
                                Und das Bild der Blumenräder ist genial
                                Wer morgens zerknittert aufsteht, hat am Tag die besten Entfaltungsmöglichkeiten.

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                                • Mika Hautamaeki
                                  Alter Hase
                                  • 30.05.2007
                                  • 3979
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                                  Sehr schoene Gegend. Ich find es immer wieder lustig, dass man Marokko mit der Sahara und somit mit Hitze und Sand in Verbindung bringt und am Ende Bilder mit Schnee sieht.
                                  So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                  A. v. Humboldt.

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                                  • Ro
                                    Erfahren
                                    • 29.05.2009
                                    • 194
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                                    Zitat von j.c.locomote Beitrag anzeigen
                                    Und das Bild der Blumenräder ist genial
                                    Endlich würdigt jemand unsere Blumen! Die Marokkaner haben die nur selten kommentiert, vielleicht einfach zu normal dort, haben sie schließlich selber alle im Auto auf dem Armaturenbrett. Hier noch ein Bonus, weil ich so stolz auf die Blumen bin:


                                    Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                    Ich find es immer wieder lustig, dass man Marokko mit der Sahara und somit mit Hitze und Sand in Verbindung bringt und am Ende Bilder mit Schnee sieht.
                                    Der Schnee schockiert mich auch jedes Mal aufs Neue... Mein Bericht vom letzten Jahr passt etwas besser in die Marokko-Schublade.

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                                    • Ro
                                      Erfahren
                                      • 29.05.2009
                                      • 194
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                                      Und weiter gehts, das "Highlight" der Reise naht...

                                      13. Tag -> Imilchil (35 Km, Schnitt 21 km/h)

                                      Wir sind ziemlich ausgelaugt, daher steht heute nicht mehr als ein bisschen "Sonntagsradeln" auf dem Programm. Gemütlich kullern wir das idyllische Melloultal nach Imilchil hinunter. Die sagenumwobene "piste des cols", die wir in Bouzmou steil den Berg hinauf führen sehen, fällt flach, denn auf noch mehr Schnee und Matsch haben wir definitiv keine Lust. In Imilchil finden wir mit der Auberge Todra eine tolle Unterkunft: Der Inhaber arbeitet auch als Bergführer, kann uns zu sämtlichen uns interessierenden Pisten Auskunft geben. Ich lasse mir noch den Bart scheren, ansonsten hängen wir den Rest des Tages rum.







                                      14. Tag -> zw. Tarssout und Tassreft (43 Km, Schnitt 10 km/h)

                                      Einigermaßen erholt passieren wir morgens um 9 Uhr den Lac Tislit. Nach einem kleinen Pass folgt eine tolle Abfahrt bis zum Abzweig nach Anergui. Direkt am Einstieg in die Piste ist ein Oued zu queren, für Fahrzeuge ist hier bereits Endstation. Wir haben Spaß, ich werfe die Taschen über das rauschende Wasser hinweg, Stefan fängt sie drüben auf. Spektakulär ist - wie so oft in Marokko - der abrupte Wechsel der Landschaftsform: Eben noch nichts als Geröll, sorgt nun üppige Bewaldung für mediterranes Flair. Die Piste könnte in einem guten Zustand sein, ja wenn sie nur nicht von den Niederschlägen dieses Winters an unzähligen Stellen komplett zerschossen worden wäre.






                                      Auf einer Art Hochebene versinken wir im Folgenden im Schlamm, Piste und Oued sind hier ein und dasselbe. Wir kommen kaum vorwärts und kochen uns erstmal Reis zur Stärkung. Etwas später häufen sich die Warnungen vorbeiziehender Eselreiter, ein unpassierbares Oued soll bald folgen. Oje, das hat uns jetzt gerade noch gefehlt...


                                      (klick für größere Ansicht)


                                      Und in der Tat, wir treffen auf eine enge Schlucht, durch die ein etwa 80 cm tiefes schnelles Oued rauscht. Absolut grenzwertig, zumal mit den Rädern. Uns kommen drei Mulireiter entgegen, sie blicken skeptisch auf die Räder - "impossible", keine Chance meinen sie. Als ich daraufhin mit einem 100-Dirham-Schein winke ändern sich die Vorzeichen schlagartig, sie springen aus dem Sattel und sind nun bereit uns zu befördern. Allerdings wollen sie das Doppelte. Es beginnt ein zähes Verhandeln, ich bestehe auf meinem letzten Angebot, 150 Dirham, 50 für jeden von ihnen. Sie winken ab und steigen wieder in den Sattel, na gut, ich stecke das Geld wieder ein. Diese Pokerrunde geht an mich, sie steigen wieder ab, dann doch lieber 150 Dirham, Handschlag drauf, los geht der wilde Ritt. Alles rauf auf die Mulis, dreimal muss der Fluss gequert werden, warum hat dieses Tier bloß keine Haltegriffe?! Doch wir kommen heil hinüber, al hamdulilah, was für eine lustige Begebenheit...


                                      Die Landschaft ist im Folgenden paradiesisch, große Schneewände an den Bergen, blühende Mandelbäume, leuchtend grüne Wiesen, dazu das rauschende Oued - einfach herrlich! Leider macht nun Stefans Freilauf Probleme, er scheint endgültig ausgeleiert, erste Anzeichen gab es schon vor Tagen. Die steilen Stücke - von denen es hier leider sehr viele gibt - schieben wir daher gezwungenermaßen. Wir passieren den widerlichen Ort Tarssout, selten zuvor ist uns soviel Feindseligkeit wie hier entgegengeschlagen. Besonders unangenehm sind drei Jugendliche, die an einem im Oued steckengebliebenen Laster arbeiten. Einer mit schiefen Mundwinkeln fordert mich giftig gleich mehrere Male dazu auf, wir sollen bei ihm übernachten - nein danke, lieber schnell weg hier. Bald darauf steuern wir einen idyllischen Zeltplatz am Oued an, um noch Zeit für Reparaturen zu haben. Am Freilauf ist aber nix zu machen, hoffentlich hält er bis Marrakesh! Noch schnell ein paar Nudeln gekocht und ab in den Schlafsack, Wahnsinn wie schnell es hier oben nachts auskühlt.





                                      15. Tag -> ?

                                      Um 6 Uhr krabbele ich aus dem Zelt, will Kaffee kochen. Das Feuerzeug sei in der Lowrider-Tasche bei seinem Fahrrad meint Stefan. Aber wo ist das Fahrrad? "Verarsch mich jetzt nicht", erwidert Stefan aus dem Zelt heraus, doch leider tue ich das nicht, das Rad ist weg!!! Und mit ihm eine Lowrider-Tasche. Beides stand direkt neben dem Zelt, wegen dem rauschenden Oued haben wir aber nichts gehört. Wir sind völlig geschockt, Stefan springt aus dem Zelt, durchsucht erstmal seine anderen Taschen: Glück im Unglück, alle Wertsachen sind noch da. Aber was nun? Wir entscheiden schnell, wollen keine Zeit verlieren: Stefan soll schonmal alles zusammenpacken, während ich ins nächste Dorf (Tassreft) fahre, um dort ordentlich Alarm zu schlagen. Ich könnte ebensogut nach Tarssout zurückfahren, aber irgendwie erhoffe ich mir dort wenig Hilfe...


                                      Wie ich finde eine schöne Stelle um die Geschichte zu unterbrechen, daher: Fortsetzung folgt...
                                      Zuletzt geändert von Ro; 25.04.2010, 14:06.

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                                      • j.c.locomote
                                        Fuchs
                                        • 24.10.2008
                                        • 1301
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [MA] Anti-Atlas und Hoher Atlas per Rad

                                        Boah, wie fies hier zu unterbrechen!
                                        (Aber das mit dem Rad ist krass )

                                        Besonders das letzte Bild finde ich genial: Gras, Schnee und Geröll in einem Bild.
                                        Wer morgens zerknittert aufsteht, hat am Tag die besten Entfaltungsmöglichkeiten.

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