[DE] Ein Wandertag im Burgwald

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  • WildIVAN
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    • 17.08.2003
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    [DE] Ein Wandertag im Burgwald

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Deutschland
    Region/Kontinent: Mitteleuropa

    Hallo Leute,

    habe folgenden bericht für meine Freundin geschrieben, weil sie viele interessante Dinge über Algen in Bremen lesen muss und nicht mit mir im schönen hessen wandern gehen konnte.

    Es ist mein erster 'Wanderbericht' also wäre ich über konstruktive Kritik echt dankbar!

    Natürlich ist es nicht ganz so dramatisch wie ein Survivalurlaub in der Wildnis Alaskas, ich habe mich trotzdem an ein paar Klimax versucht...

    ________________________________________________________________
    Ein Wandertag im Burgwald

    Langsam aber sicher bahnen sich die Strahlen der aufgehenden Sonne ihren Weg ins Marburger Lahntal. Es verspricht ein richtig schöner Tag zu werden!
    Frohen Mutes verlasse ich gegen 9 Uhr die Haustür, um wie so oft mit dem Bus der Linie 8, die zwei der drei sozialen Brennpunkte Marburgs miteinander verbindet, in Richtung Innenstadt zu fahren. Doch sollte es diesmal nicht wie sonst zum Hörsaalgebäude, zur Uni-Bibliothek oder in die Philosophische Fakultät, kurz und liebevoll auch PhilFak genannt, gehen, sondern zum Bahnhof, um mit dem Zug in die hügelige und bewaldete Landschaft des Burgwaldes zu fahren.
    Widererwarten ist auf dem Bahnsteig so einiges los, doch ist die Regionalbahn 33737, ein aus zwei Waggons bestehender Bummelzug, nicht gerade gefragt. Wer außer mir will auch schon um 9:30 ins Marburger Hinterland??
    Während der 35 minütigen Fahrt, schaue ich mir noch mal die Karte und den Wanderführer an. Dieser Führer hatte mir und meiner Freundin schon einmal einen schönen und abwechslungsreichen Wandertag im Burgwald geschenkt. Heute war Wanderung Nummer 8 an der Reihe „Fast bis ins Sauerland“. Nebenbei verrät der Wanderführer auch noch, dass der Burgwald die größte zusammenhängende Waldfläche Hessens ist und im 17. Jahrhundert flüchtige Hugenotten hier angesiedelt worden waren. Ansonsten genieße ich den leicht diesigen Blick aus dem Fenster auf die Wälder, Felder und Hügel.
    An der Station Ernsthausen, Bahnhof kann man das nicht nennen, steige ich aus und durchquere das verschlafen wirkende Dorf. Eine ältere Frau kehrt den Bürgersteig und Vogelgezwitscher begleitet mich, während ich dem Sträßchen „Stangengrund“ folge, welches mich leicht bergan nach 5 Minuten aus dem Dorf heraus, auf das offene Feld führt. Vor mir drehen sich auf der Hügelkuppe „Hohe Warte“, meinem ersten Etappenziel, vier moderne Windräder im Wind. Der Weg ist erst geteert, wechselt dann über zu geschottert, umsäumt von teils unbestellten und teil gepflügten Feldern. Mitten in der Landschaft steht ein Schild der „Initiative Ortsumgehung Burgwald“. Anscheinend soll eine geplante Ortsumgehung just an dieser Stelle gebaut werden, wo gegen sich diese Initiative wehrt. Eine martialische Drohung geben sie dem Wanderer auch noch mit auf den Weg: „Genießen Sie ihren Spaziergang solange sie es noch können!“. Mit einem Grinsen auf den Lippen überquere ich einen brachliegenden Acker und erreiche die Hügelkuppe „Hohe Warte“. Von hier hat mein einen herrlichen Ausblick auf die bewaldeten Hügel des Burgwaldes im Osten, den verschlungenen Tälern im Westen, sowie auf das kleine Dorf Ernsthausen. Auffallend sind die roten Felder, die ihre Farbe von dem hiesigen Bundsandstein als oberste Gesteinsschicht haben Getrübt wird das alles nur durch die vier riesigen, weißen, hässlichen Ungetüme: die Windräder.
    Einem geteerten Weg folgend, der linkerhand von Laubbäumen, Hecken und einer Nadelbaumart, deren Name mir partout nicht einfallen will, begleitet, führt der Weg den Hügelkamm entlang auf den Waldrand zu. Untermalt von den melodiösen Töne einer Gruppe Eichelhäher erreiche ich den Waldrand. Fast bin ich ein bisschen traurig die Sonnenstrahlen zu verlassen und in den schattigen Wald zu müssen.
    Fast direkt am Waldrand macht ein Schild den Wanderer darauf aufmerksam, dass er die historische Grenze zwischen Hessen /Kassel und Hessen/ Darmstadt übertritt. Im darmstadtschen Teil von Hessen, in dem ich mich jetzt befinde, fälltl links des Weges ein lichter, kahler Buchenwald steil einen Hang hinab, während sich rechter Hand ein dichter meterhoher Nadelwald erstreckt. Auf dem Weg liegt noch Schnee, er ist sehr breit, von Waldfahrzeugen ausgefahren und sehr matschig. Sinnvollerweise trage ich meine schweren Trekkingstiefel. Während ich noch einen umgestürzten Jagdstand betrachte, läuft direkt vor mir ein großer Fuchs über den Weg, mit seinem buschigen Schwanz zuletzt im Gebüsch verschwindend.
    Während ich nun fortan die Spuren von Wild im Schnee beobachte, springt gerade mal fünf Minuten später ein Reh aus dem Gebüsch direkt neben mir und jagt mir einen riesigen Schrecken ein. Vielleicht sollte man doch ein Handy mitnehmen, wenn man allein unterwegs ist.
    Mein Hunger zwingt mich die Frühstückspause in einem glücklicherweise nicht abgeschlossenen Jagdstand am Waldrand einzunehmen. Drinnen ist es eng aber gemütlich und von hier, dem sog. „Pfarrücken“, hat man einen schönen Blick ins Tal hinab und auf die gegenüberliegenden teilweise waldlosen Höhen des Sauerlandes. Nach dampfendem Tee, Brot mit Leberwurst und einem Schokoriegel geht es nun ein längeres Stück zum nächsten Etappenziel, dem Dorf Wiesenfeld.
    Linkerhand weiter am Feld entlang mit schönem Blick ins Tal geht es nun wieder in den Wald hinein. Als Wahl-Hesse bin ich doch beeindruckt von den schönen Ausblicken, die ich der Hügellandschaft zu verdanken habe. So etwas ist man, als Niedersachse vom platten Land, einfach nicht gewohnt.
    Wieder im Wald angelangt, entdecke ich auch zum ersten Mal menschliche Fußabdrücke im Schnee. Schnell wird auch klar warum: Hier wird gerade Holz geschlagen, die Wege sind wieder völlig von Fahrzeugen aufgewühlt, es sieht aus wie auf einem Truppenübungsplatz. Am Wegesrand liegt überall geschlagenes und zum teil gestapeltes Holz. An einer kleinen Buche hängt auch noch ein Kap eines Waldarbeiters. Es trägt die viel sagende Aufschrift: „Matreiter, Tauerhaus“. Die ganze Szenerie wird vom stimmungsvollen Gedröhne einer Motorsäge begleitet.
    Während ich darüber nachdenke, wie gut das Wegenetz im Burgwald markiert und ausgeschildert ist, und immer tiefer in den sich abwechselnden Buchen- und Nadelwald eindringe, stoße ich wieder auf ein historisches Wegschild, das mich aus meinen Gedanken reißt. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sich an dieser Stelle, die Karte, die Beschreibung und die Markierungen widersprechen und war viel zu tief in den Wald gelaufen. Wenn man den Weg weiterverfolgte käme man zwar auch nach Wiesenfeld, aber ich wollte den Weg schon nach dem Wanderführer laufen….


    Fortsetzung folgt!!!
    Zuletzt geändert von Sandmanfive; 07.11.2011, 19:47. Grund: Reisecharakter eingestellt
    \"Ich habe niemals so klar gedacht, so sehr gelebt und war nie so ich selbst, als während der langen Reisen, die ich allein und zu Fuß unternahm.\"

    Jean Jacques Rousseau
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