[USA] Colorado Rockies: Unterwegs in und um den Rocky Mountain National Park

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    [USA] Colorado Rockies: Unterwegs in und um den Rocky Mountain National Park

    Tourentyp
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    Lon
    Mitreisende
    Land: USA (Bundesstaat Colorado)
    Reisezeit: September 2006
    Region/Kontinent: Nordamerika

    Hallo,

    im September 2006 waren wir im Westen der USA unterwegs, u.a. im Rocky Mountain State Colorado.
    Der Reisebericht ist nicht mehr ganz taufrisch, aber die Rocky Mountains sind immer eine Reise wert.


    Samstag, 16. September 2006

    Der Wind hat unser Zelt über Nacht getrocknet, trotzdem blicken wir etwas skeptisch gen Himmel, da zwischen dem überwiegenden Blau noch ein paar Dunkle Wolken hängen. Während Frank nach dem Frühstück unter der Dusche verschwindet, beginne ich schon mal mit dem Zeltabbau. Ich schaffe es, dass Zelt trocken im Kofferraum zu verstauen, als die ersten Regentropfen fallen, sich schnell in einen richtigen Platzregen verwandeln und ich ins Auto flüchte. Nach 5 min. ist der Schauer vorüber und auch die mittlerweile tropfnassen Gewebeplanen im Fahrzeug verstaut. Nachdem auch ich eine Dusche genommen habe, sind wir aufbruchsfertig.

    Wir fahren zunächst auf der US 160 zurück in Richtung Durango und biegen auf den Parkplatz des Walmart Supercentre ein. Etwa eine Stunde später treten wir mit einem gut gefüllten Einkaufswagen durch die Automatiktüren des Supermarktes. Nachdem alles verstaut ist, sind wir endlich reisefertig und wir fahren Richtung Stadtzentrum von Durango. Zunächst empfängt uns die typische amerikanische Ausfallstrasseninfrastruktur aus Motels, Tankstellen, Fast Food-Läden. In Durango selbst erwarten uns phantastisch restaurierte viktorianische Fassaden. Besonders das Bahnhofsviertel ist ein Schmuckstück und hier wären wir gerne etwas umhergeschlendert.

    Wir aber wollen weiter über die US 550 Richtung Montrose. Besser bekannt unter der Bezeichnung Million Dollar Highway, soll die Strasse durch die San Juan Mountains eine der schönsten Aussichtsstrassen in Colorado sein. Davon wollen wir uns selbst überzeugen. Zunächst geizt der Highway noch etwas mit seinen Reizen und die Landschaft erinnert eher an eine europäische Mittelgebirgslandschaft mit sanften, bewaldeten Hügeln. Doch schon bald erblicken wir die ersten schneebedeckten Gipfel.



    Die typische Gebirgs-Landschaft aus Wäldern, Flussläufen, kleinen Seen – dazu das Panorama der schneebedeckten San Juan Mountains.



    Hier gefällt es uns. Je höher wir uns auf dem Highway in die Berge schrauben, desto spektakulärer wird die Aussicht. Wir sind längst im Indian Summer angekommen, der uns in den höheren Lagen bereits mit einem Farbenrausch in gelb und rot betört.



    Wir können uns kaum satt sehen, an dem Kontrast aus leuchtenden Espen, grünen Nadelwäldern und den darüber thronenden weiss leuchtenden Gipfel. Die Natur empfängt uns in ihrem Festtagskleid und wir nehmen es dankbar zur Kenntnis, stoppen immer wieder, wenn eine Haltebucht dazu einlädt oder an einer übersichtlichen Stelle für ein Foto.



    Vor uns zieht ein restaurierter Pick Up einen Silver Wing-Trailer und wir geniessen die kurvenreiche Fahrt, bis uns ein abrupt abbremsendes Fahrzeug aus unseren Träumen reisst.

    Der VW Käfer hat plötzlich gestoppt und wir erkennen schon bald den Grund dafür. Die Aussicht ist einfach grandios und auch wir verlassen kurz unser Fahrzeug. Heute sind scheinbar nur Touristen unterwegs und schon bald halten mind. 5 Fahrzeuge am Rand des Highways und bestaunen die majestätischen, schneebedeckten Gipfel die sich über der grünen Hügellandschaft der Nadelwaldzone erheben.



    Einzelne Laubbäume sorgen für farbenfrohe Tupfer. Auf der anderen Seite des Highways flankieren schroffe Gipfel unseren Haltepunkt. Die Weitläufigkeit und Wildheit dieses Highway-Abschnitts lassen sich nicht zufrieden stellend fotographieren, die Szenerie schreit förmlich nach einem Weitwinkelobjektiv, das wir nicht haben. Als Kompromiss schwenken wir mit dem Camcorder und steigen wieder in den Trailblazer. Fast gleichzeitig setzt sich die Kolonne wieder in Bewegung und so zuckeln wir bis zum nächsten zweispurigen Ausbau wieder hinter dem Silver Wing her und geniessen die Landschaft.

    Wähnten wir uns schon auf dem Höhepunkt der Schönheit, beweist uns Mutter Natur wieder, dass sie sich immer noch steigern kann. Um jede Kurve lauert ein neues landschaftliches Highlight und wir sind inzwischen restlos begeistert.



    An der Molas Passhöhe (3322 m/ 10899 ft) stoppen wir wieder, erklimmen einen Hügel und blicken auf einen malerischen See, eingebettet in eine weite, hügelige Landschaft, begrenzt von der schneebedeckten Gebirgskette der San Juan Mountains.



    Pfade durchziehen die Landschaft und eine ¼ Meile nördlich des Molas Passes liegt der Zugang zum Colorado Trail. Dieser 470 Meilen lange Weitwanderweg verbindet Durango und Denver und quert dabei die spektakulären Hochgebirgspanoramen der San Juan Mountains. Hier würden wir gerne unsere Wanderschuhe schnüren, den Rucksack schultern und eintauchen in diesen faszinierenden Teil des amerikanischen Westens. Doch leider drängt die Zeit, wir müssen weiter.



    Hier auf der Höhe ist es beissend kalt und der Wind pfeift ordentlich durch die Kleider, wir steigen wieder ins warme Auto und setzen unsere Fahrt bei bestem Wetter und strahlend blauem Himmel fort. Wir nähern uns Silverton und der Reiz der Umgebung nimmt weiter zu. Langsam gehen mir die Superlative aus, alles andere als „Atemberaubend“ würde diesem Flecken nicht gerecht. Die alte Minenstadt Silverton selbst ist nach dem Niedergang mittlerweile eine florierende Touristenstadt, nicht zuletzt dank der historischen Eisenbahn die auf abenteuerlicher Streckenführung Silverton mit Durango verbindet.

    Von einer Anhöhe erhaschen wir die ersten Blicke auf Silverton.



    Doch noch anziehender als das Städtchen ist die Landschaft aus vielfarbigen Steilhängen, gelb leuchtenden Espenhainen vor der Kulisse der schneebedeckten Berge.



    Silverton wurde in den 1870er Jahren zu einer Boomtown, als im Animas Valley die Minen wie Pilze aus dem Boden sprossen. Nach Eröffnung der Durango & Silverton Narrow Gauge Rail Road im Jahre 1882 erlebte Silverton seine Blütezeit und wurde zu einem Zentrum des Bergbaus - mit den damals üblichen rauen Sitten und berüchtigten wilden Umgangsformen. Nachdem die Silbervorkommen nahezu ausgebeutet waren, lösten Kupfer- und Zinkminen die Silberminen ab, die in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts pö a pö geschlossen wurden. Nachdem die letzte Mine ihren Betrieb einstellte, verkam Silverton zunächst, immer mehr Bewohner verliessen die Stadt. Der niedergehenden Ortschaft wurde durch die Inbetriebnahme der historischen Eisenbahn für Touristenfahrten neues Leben eingehaucht. Heute zieht Silverton, 45 Meilen nördlich von Durango gelegen, Besucher aus aller Welt an die durch die liebevoll restaurierten Fassaden bummeln. Die einstigen Saloons, Spielhöllen und Spelunken beherbergen heute schmucke Restaurants, Cafes und Galerien. Mit Verlassen der letzten Eisenbahn fällt Silverton am Ende des Tages wieder in einen gemächlichen Rhythmus, da nur wenige Gäste über Nacht bleiben.



    Als wir das Ortsschild von Silverton passieren, steht die altehrwürdige Antriebslok der Bahn bereits ordentlich unter Dampf und wir halten an um das Spektakel mitzuerleben. Rauchschwaden ziehen über den Ort und das durchdringende Pfeifen versetzt uns zurück in längst vergangene Zeiten. Das fauchende Stahlross setzt sich schliesslich in Bewegung und wir verfolgen gespannt die Ausfahrt des Trosses mit den gelben Ausflugwaggons aus dem Bahnhof. Bis zu seinem Endhalt in Durango schlängelt sich die Bahn auf einer Strecke von 145 km entlang des Animas Rivers über spektakuläre Brückenkonstruktionen und Tunnel durch den San Juan National Forest.

    Wir wenden uns schliesslich ab und setzen unseren Trailblazer auf Kurs Richtung Silverton Zentrum.



    Entlang der Hauptstrasse reihen sich die malerischen Holz- und Steinbauten auf und wir wissen gar nicht, wohin wir schauen sollen.



    Kirchen, ehemalige Saloons, Hotels locken die Besucher von heute. Unser Blick fällt wieder zurück in die Vergangenheit und wir meinen rhythmische Klavier-Klänge zu hören, die eine der klassisch-fröhlichen Saloonmelodien dudeln. Wir kurbeln die Fenster nach unten und haben uns nicht getäuscht, aus einer Taverne vernehmen wir jetzt deutlich die Musikklänge aus längst vergangenen Zeiten. Wir erwarten fast schon, dass gleich die Schwingtüren aufschlagen und staubige Revolverhelden die Strasse betreten. Aber jetzt geht unsere Phantasie mit uns durch. Zeit Silverton zu verlassen und unsere Fahrt auf dem Teilabschnitt des San Juan Skyways Richtung Ouray fortzusetzen.



    Wir nehmen wieder Fahrt auf und stoppen bereits kurze Zeit später auf einer Anhöhe erneut. Hier am Red Mountain Pass blicken wir auf die erstaunlich gut erhaltenen hölzernen Förderanlagen einer stillgelegten Mine. Kahlschlag hat die rötlichen Hänge freigelegt und die grünen Nadelwälder bilden zusammen mit den weissen Schneehäubchen der Bergkämme einen pittoresken Anblick, den ein Landschaftsmaler nicht farbenfroher hinbekommen hätte.



    Staunend stehen wir einfach nur da und nutzen schliesslich die Gelegenheit und nehmen an einer Tischgruppe mit Blick auf die grandiose Umgebung ein spätes Mittagessen ein.

    Weiter geht es durch die phantastische Natur die hier im südlichen Colorado, entlang der US 550 ihren besonderen Liebreiz ausspielt. Die Strasse erhielt ihren Beinamen „Million Dollar Highway“ aufgrund des hohen Goldgehaltes im einstigen Schotterbelag. Heute ist davon nichts mehr zu sehen, da der Highway durchgängig asphaltiert ist.

    Richtung Ouray steigern sich die Ausblicke von Kurve und Kurve, wie berauscht fahren wir über diese absolute Traumstrasse - die Rocky Mountains müssen sich gewaltig anstrecken, wollen sie es mit den San Juan Mountains aufnehmen.



    Ouray selbst liegt in einem engen Tal, eingerahmt von beeindruckenden, mehr als 4000 m hohen Gipfeln. Die Strassen säumen farbenprächtige Bauten aus der viktorianischen Zeit. Eine Steigerung ist jetzt kaum noch möglich. Wenn wir uns rückblickend unseren Lieblingsort entlang des Million Dollar-Highways aussuchen, ist es Ouray. Ein wunderschönes Westernstädtchen, dass ein absolut authentisches Flair verströmt. Auf dem KOA Campground würden wir sogar eine erschwingliche Bleibe finden... .Wir setzen in Gedanken einen weiteren Highlight-Marker auf unsere USA-Karte mit Punkten, wo wir unbedingt nochmal hin wollen. Da eine spätere Rückkehr sehr wahrscheinlich ist, verzichten wir auch auf die Besichtigung der Box Canyon Falls, die wir uns lieber zukünftig während einer mehrstündigen Wanderung in der reizvollen Umgebung anschauen wollen.
    Wehmütig verlassen wir Ouray in Richtung Montrose.

    Sehr bald verlassen wir die alpinen Höhen und fahren durch eine sich wandelnde Landschaft. Man spürt deutlich, wohin der Weg führt, das schwärzliche Gestein der noch immer hoch aufragenden Felswände kündigt den nächst gelegenen National Park an: Black Canyon of the Gunnison.
    Zuvor kommen wir an weitläufigen Farmgebieten vorbei, entdecken sogar eine Koppel mit eindrucksvollen Long Horn-Rindern. Cowboy-Feeling pur.

    Das Städtchen Montrose empfängt uns mit einer hektischen Betriebsamkeit und dichtem Verkehr, es stellt einen Knotenpunkt zwischen den Parks im Südosten Utahs und den Rocky Mountains dar. Wir fädeln uns auf den Highway 50 ein und fahren durch das Uncompahgre Valley Richtung Gunnison, nehmen die Abfahrt zur State Road 347 und nehmen Kurs auf einen der tiefsten und schmalsten Canyons der Welt. Es ist bereits später Nachmittag, als wir die Zufahrt zum National Park passieren und auf der South Rim Scenic Road die ersten Aussichtspunkte ansteuern.



    Die Fotos vom Black Canyon sind eine ziemliche Katastrophe.

    Wir stoppen am Tomichi Point und erhaschen den ersten Blick auf die im gleissenden Sonnenlicht liegenden schwarzen Felswände.



    Am tiefsten Punkt ist der Einschnitt des Gunnison Rivers bis zu 700 m tief, an der schmalsten Engstelle nur etwa 10 m weit, sodass nur sehr wenig Sonnenlicht bis auf den Grund der Schlucht fällt.

    Wir steigen wieder ins Auto und stoppen erst wieder am bekanntesten View Point des Parks: Painted Wall View.



    Es mag an dem Überangebot an atemberaubenden Panoramen dieses Tages liegen oder auch daran, dass wir in Südfrankreich bereits zahlreiche Canyons bereist und erwandert haben, dass uns der Black Canyon heute nicht so begeistern kann, wie wir es eigentlich erwartet haben. Die beste Fotozeit ist auch vorbei, an der Painted Wall haben wir mit störendem Gegenlicht zu kämpfen.



    Trotzdem schiessen wir ein paar Fotos und bewundern die in den Granit eingebetteten Quarzadern. Dieser Kontrast aus hellem und dunklem Gestein an der 800 m hohen Steilwand ist spektakulär.



    An den folgenden View Points (Cedar und Dragon Point) laufen wir die verschiedenen Kurztrails bis zur Abbruchkante des Canyons. Ein eisiger Wind pfeift durch die Kleider und trotz Softshell-Jacke frösteln wir. Am Cedar Point erwischen uns stürmische Windboen und reissen uns fast die Kamera aus den Händen. Beim Filmen und Fotographieren müssen wir immer wieder absetzen und die heftigsten Böen abwarten.

    Nach einem Halt am Sunset View fahren wir bis zum High Point auf 2523 m auf. Hier ist es noch kälter und windiger. Da es bereits Abend ist, schenken wir uns den Trail zum Warner Point und fahren zurück zum Besucherzentrum. Unterwegs halten wir an den Aussichtspunkten, die wir bei der Auffahrt ausgespart haben. Mittlerweile verdunkeln tiefe Schatten den Canyon und verhindern ansehnliche Fotos. Als wir am Besucherzentrum ankommen, ist es längst geschlossen und wir begnügen uns mit einem Blick durch die weiten Fenster des imposanten Blockhausbau. Hinter dem Visitor Centre steigen wir den Trail ein Stück in den Canyon hinab, da es aber bereits dämmert, müssen wir den Abstieg abbrechen und erklimmen die Höhenmeter nach oben bis zu einer Aussichtskanzel.



    Zurück im Auto überlegen wir kurz, ob die kurvige East Portal bis zum Fluss noch machbar ist, da wir aber nicht im Black Canyon campen wollen, entscheiden wir uns für die Weiterfahrt Richtung Gunnison und verlassen den National Park über die State Road 347.

    Wir biegen wieder auf den US 50 ein und fahren schon bald an den gewaltigen Stauseen der Curecanti National Recreation Area vorbei. Das in der Dämmerung tintenblaue Wasser bildet einen reizvollen Kontrast zur umliegenden Canyonlandschaft. Als wir dann noch die Dillon Pinnacles erhaschen, entscheiden wir uns, hier in der Recreation Area zu zelten. Leider hängt an den Zufahrten zu den Campgrounds ein Schild: Closed.

    Der einzige Campground der nach dem 15. September noch offen ist, liegt direkt neben dem Highway und ist ein hässlicher, kahler Platz der nur von Motorhomes bevölkert wird. Hier wollen wir nicht zelten und beschliessen bis zum KOA in Gunnison durchzufahren und müssen uns sputen.

    Die Registration schliesst um 20.00 Uhr und da es draussen inzwischen nicht nur windig sondern bitter kalt ist, möchten wir diesen perfekten Tag nicht zähneklappernd in unseren Sommerschlafsäcken beenden.
    Kurz vor 8.00 PM fahren wir auf dem Gunnison KOA vor und mieten für diese Nacht eine Cabin. Die schnucklige Blockhütte hat Elektro-Heizung und wir machen es uns nach dem Duschen beim Abendessen mit einer Flasche kalifornischen Wein gemütlich.

    Gefahrene Meilen: 215
    Übernachtung: Cabin auf dem Gunnison KOA Campground 45,57 USD
    Zuletzt geändert von Sandmanfive; 05.11.2011, 00:43. Grund: Reisecharakter eingestellt
    Gruss Kate

    "May your trails be crooked, winding, lonesome, dangerous, leading to the most amazing view. May your mountains rise into and above the clouds." (Edward Abbey)

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    #2
    AW: [USA] Colorado Rockies: Unterwegs in und um den Rocky Mountain National Park

    Sonntag, 17. September 2006

    Heute weckt uns weder die Sonne, noch Regen, Wind oder das Heulen der Kojoten. Wir werden wach, weil es so eisig kalt ist. Wir hatten das Fenster unserer Hütte einen Spalt geöffnet und die Elektroheizung vor dem Einschlafen abgestellt. Jetzt haben wir die Quittung dafür. Es ist 3.53 AM und wir schlottern beide in unseren Schlafsäcken. Frank erbarmt sich schliesslich, krabbelt aus seinem Ajungilak, schliesst das Fenster und stellt die Heizung zum Aufwärmen auf die höchste Stufe. Nach 15 min. ist es wieder mollig warm und nachdem Frank die Heizung auf viertel Leistung zurückgedreht hat, schliessen wir noch für ein paar Stunden die Augen.

    Um 7.00 Uhr sind wir wieder hellwach und ich linse vorsichtig durch das vordere, kleine Fenster nach Draussen. Unser Trailblazer, der Rasen, die Dächer der umliegenden Cabins und der Waschräume sind mit einer dicken Raureifschicht überzogen. Für den Gang zur Toilette mumme ich mich dick ein und betrachte mir den Campground im Hellen. Die Cabins stehen direkt neben den Zeltplätzen, doch dort nahezu gähnende Leere, nur ein unerschrockener Camper im zugereiften Kuppelzelt wünscht mir einen schönen guten Morgen während er in Fleecejacke und Pudelmütze auf der weiss gefrorenen Sitzgruppe sein Frühstück zubereitet.


    Ich bin dankbar, dass Frank das Wasserkochen auf der Veranda übernimmt (Kochen ist in den Cabins nicht erlaubt). Ich lege meine Multifunktionsuhr nach draussen und schon bald haben wir Gewissheit, es ist noch immer -3,5 Grad. Die Komfortbereich unseres leichten Sommerschlafsacks reicht bis 7 Grad.
    Während Frank in Richtung Waschraum verschwindet, gehe ich über den Rasen zur Kitchenshelter um den Abwasch zu erledigen. Ich drehe den Hahn auf und verfluche bereits den Platzwart, der in der kaum besuchten Tentarea bereits das Wasser abgedreht hat. Erst dann sehe ich den dicken Eispropf, der den Hahn verstopft. Ich mache mich auf den Weg zum Sanitärgebäude und versuche das Spülbecken dort, das gleiche Spiel.

    Der Platzwart hat das Malheur bereits entdeckt und ist kurze Zeit später mit einem Gasbrenner zur Stelle, um die Wasserleitung aufzutauen. Mittlerweile ist Frank vom Duschen zurück und er übernimmt das Spülen, während ich mit einer heissen Dusche die Kälte vertreibe.
    Bevor wir starten, kratzt Frank noch mit einer CD-Hülle die Scheiben frei und ich setze einen Eiskratzer auf unsere Einkaufsliste. Der Winter hat uns eingeholt und das bereits bevor wir die Rocky Mountains erreichen.

    Für die Weiterfahrt zum Rocky Mountain National Park haben wir uns das Tal des Arkansas Rivers ausgesucht, der durch den Pike und San Isabel National Forest fliesst.
    Doch zunächst steuern wir den Safeway Markt in Gunnison an. Die Eiskratzer sind heute ausverkauft und so beschränken wir uns auf ein paar Lebensmittel und Feuerholz – damit ist der Kofferraum jetzt bis zum Anschlag gefüllt.

    Von Gunnison fahren wir auf der US 50 durch das liebliche Tal des Tomichi Rivers und nähern uns über den Monarch Pass (3448 m, 11312 ft) der Sawatch Range der Rocky Mountains. Noch ist von Schnee nichts zu merken und hinter der Autoscheibe scheint der Bergsommer noch gegenwärtig. Doch sobald man nur für kurze Zeit das Fahrzeug verlässt, spürt man bereits die eisigen Vorboten des Winters. Bei Poncha Springs biegen wir auf die 285 in Richtung Johnston Village ab und fahren durch dünn besiedeltes Land.

    Etwa ab Nathrop verläuft der Highway auf Sichtweite am Arkansas River entlang. Zahlreiche Raftinganbieter zeugen von der Kraft des White Waters am Arkansas. Doch jetzt ist keine Wildwasser-Saison, die Schlauchboote sind bereits alle für den Winter eingeholt. Die einzigen Sportler sind Angler, die es sich an den Ufern gemütlich gemacht haben und eine Gruppe Mountainbiker. Die Vegetation ist überraschend karg: steiniges Weideland mit niedrigem Buschwerk dominiert. Nur unmittelbar entlang des Wasserlaufes üppiger Baumbestand. In Johnson Village verlassen wir die US 285 und setzen unsere Tour auf dem US 24 fort.

    Flankiert von Arkansas River rechts und der Sawatch Range links, fahren wir inzwischen durch die Laub- und Nadelwälder des San Isabell National Forest Richtung Leadville. Die Espen strahlen in einem intensiven Gelb und lassen uns immer wieder innehalten um eine besonders schöne Aussicht zu geniessen.



    Am Clear Creek Reservoir stoppen wir für unsere Mittagsrast. Bevor wir uns den frittierten Hähnchenteilen widmen können, ziehen wir uns lange Unterwäsche, Schal, Mütze und Handschuhe an.


    Jetzt lässt sich die beissende Kälte aushalten und wir bummeln nach dem Essen ein wenig am Wasser entlang und sehen zwei Anglern beim Fischen zu.

    Unmittelbar vor Leadville - auf der Karte eingezeichnet als grösster Ort zwischen Vail im Norden und Salida im Süden - holt uns wieder das Sozialgefälle der USA ein: Das erste was wir von Leadville erblicken, sind heruntergekommene Trailersiedlungen und zwar in schockierender Anzahl. Das hatten wir hier in der dünn besiedelten Region nicht erwartet. In Leadville selbst auch bröckelnde Fassaden, dazwischen Touristen, die auf den Gehsteigen zwischen Silver Dollar Saloon und anderen historischen Lokalitäten flanieren.


    Wir halten nur kurz für ein paar Fotos von den best erhaltenen (oder restaurierten) Gebäuden und verlassen diese trostlose, sterbende Minenstadt über die State Road 91.


    Die 91 trägt den Beinamen Top of the Rockies Scenic Byway und verwöhnt uns mit Alpinpanoramen vom Feinsten. Die Strasse windet sich in Höhen jenseits der 2700 m durch den Pike National Forest. Wir passieren Kokomo, einst eine florierende Minenstadt die 1881 von einem Feuer zerstört wurde. An die ehemals 12 Hotels, 5 General Stores, 20 Saloons, 4 Tanzsäle, Kirchen und andere Geschäfte erinnert heute nur noch eine Gedenktafel an einem Haltepunkt über dem durch Climax-Abbau zerstörten Tal. Das Tal trägt den bezeichneten Namen Valley of Ghosts.


    Die Rekultivierung des Tales ist durch die Rückstände des Bergbaues schwierig. Über den Fremont Pass (3450 m, 11318 ft) erreichen wir Copper Mountain, das Skizentrum der Region. Die zahlreichen mehrgeschossigen Hotelanlagen sind noch verwaist und warten auf den Ansturm der Wintersportler. Wir halten nur kurz um zu tanken und biegen auf die Interstate 70 ein.

    Der Himmel hat sich immer mehr zugezogen. Sind wir heute morgen noch bei nahezu wolkenlosem Himmel gestartet, drohen jetzt dunkle Wolken mit Niederschlägen. Wir sind kaum 5 Meilen auf der Interstate 70 gefahren, als die ersten Schneeflocken gegen unsere Windschutzscheibe klatschen. Durch dichtes Schneetreiben arbeiten wir uns langsam auf der stark befahrenen Schnellstrasse in Richtung Denver. Wir passieren die liebevoll instandgesetzten viktorianischen Städtchen Frisco und Dillon, für eine Besichtigung haben wir keine Zeit, da wir heute noch unbedingt bis zum westlichen Tor des Rocky Mountain National Park kommen wollen. ...

    Bevor sich eine geschlossene Schneedecke bildet, lassen die Schneeschauer wieder nach, das erste Blau lugt bereits wieder vorsichtig zwischen den grauen Wolken hervor. Bis zu unserem Exit kommen wir an weiteren Minenstädtchen vorbei, darunter der Argo Mill Historic Mining Site. Bergbauinteressierte kommen hier im südwestlichen Colorado voll auf ihre Kosten. Bei Argo Town verlassen wir die Schnellstrasse und fahren kurzzeitig auf der US 6. Den Mount Evans Scenic Byway ab Idaho Springs tun wir uns nicht an. Die höchste Strasse der USA hat stets mit dichtem Besucherverkehr zu kämpfen, nach den heutigen Schneeschauern ist sie womöglich sogar gesperrt.

    Stattdessen nehmen wir die State Road 119 in Richtung Boulder, die sich kurvig Black Hawk entgegen windet. Black Hawk, vor Jahren noch eine heruntergekommene Minenstadt, hat das Glücksspiel neues Leben eingehaucht. Heute reiht sich Casino an Casino, trotzdem hat die Stadt Charme, da die grosszügigen Bauten allesamt im Old Western Style errichtet sind. Man sieht imposante Forts mit wehrhaften Einfriedungen, Saloons, Planwagen, Indianerzelte u.v.m. Gerne wären wir ein wenig zwischen den Western-Kulissen umhergeschlendert, aber wir müssen weiter, die schmalen State Roads bis Estes Park werden noch Zeit kosten.

    Ab Black Hawk trägt die SR 119 den Beinamen Peak to Peak Byway – und genau so fahren wir jetzt: von Passhöhe zu Passhöhe, durch die tiefgrüne Fichten, Kiefern- und Tannenwälder des Roosevelt National Forest, dazwischen immer wieder Espen in den schillernden Farben des Indian Summers. Die dunklen Wolken haben sich verzogen, die Sonne bricht durch die weissen Stämme und taucht die Umgebung in ein Meer aus satten Grün-, Rot- und Gelbtönen, darüber spannt sich der blaue Himmel, in den die schneebedeckten Kuppen der Rocky Mountains eintauchen. Auf der SR 72 queren wir das Peaceful Valley und erreichen schliesslich die SR 7 und die Einfalltore des Rocky Mountain National Park.

    In Allenspark und Meeker Park residieren die Besucher der Wild Basin Area des Rocky Mountain National Park. Heute ist die Zufahrt zum Wild Basin Trailhead gesperrt. Wahrscheinlich ist der Zugang zur von über 4000 m hohen, vergletscherten Gipfeln umrahmten Wildnis bereits für den Winter geschlossen. Der Longs Peak Trailhead ist noch geöffnet, an den Trailheads entlang des Tahosa Valleys parken Autos, immer wieder treffen wir auf Fotographen, die ihre Stative augebaut haben, um den Farbenrausch des Indian Summers festzuhalten. Vorbei an Lily Lake nähern wir uns Estes Park und laufen zuerst das Besucherzentrum an, um uns über die Unterkünfte zu informieren. Jetzt zur Zeit des Indian Summers sind die Room-Rates wieder angezogen und selbst einfache Motels verlangen Preise ab 69 Dollar/Nacht. Wir haben noch die Wahl zwischen Zelten und Cabins. Die meisten Cabins in der Umgebung von Estes Park sind luxuriöse Blockhütten mit eigenem Bad, Kochnische und Kamin - ab 120 Dollar/Nacht zu mieten.

    Da weiterhin mit frostigen Temperaturen zu rechnen ist, beschliessen wir, unser Glück auf dem KOA Campground zu versuchen. Wir haben Glück und können die einfache Blockhütte für 45 Dollar mieten. Wir schaffen unsere Sachen in die Hütte und fahren direkt wieder los, um uns einen ersten Eindruck vom Rocky Mountain National Park zu verschaffen. Nachdem wir uns im Zentrum von Estes Park gründliche verfahren haben und die Business Route der US 34 entlang der Motel- und Gastronomie-Betriebe erwischen, entdecken wir die ersten Wapiti Hirsche, die sich von den Häusern in der Umgebung nicht stören lassen.


    Ein Wapiti mit besonders eindrucksvollem Geweih überspringt schliesslich einen der Zäune und nähert sich bis auf 20 m. Nachdem wir einige Minuten gefilmt haben und uns anschliessend durch den dichten Verkehr gefädelt haben, erreichen wir den Fall River Eingang des National Parks. An der Entrance Station dann die erste Enttäuschung, Old Fall River Road und Trail Ridge Road sind wegen Schnee gesperrt, wann die Strassen wieder offen sein werden, konnte uns der Angestellte leider nicht sagen. Wir trauern nicht lange, da wir das nächste Rudel Wapiti-Hirsche auf einer Lichtung entdecken.


    Wir stoppen wieder und sehen dem Rudel beim Äsen zu. Der mächtige Bulle beobachtet aufmerksam seine Umgebung. Immer wieder hebt er den Kopf mit dem riesigen Geweih und stösst seinen Brunftschrei aus. Erwartet hatte ich einen gewaltigen, dröhnenden, tiefen Laut, stattdessen gleicht der Brunftschrei mehr einem hochtonigem Pfeifen. Macht nichts, wir bekommen trotzdem einiges Geboten, da die Hirschbullen in der Umgebung die Schreie beantworten und wir lauschen gebannt dem vielstimmigen Chor. Langsam wird es Dunkel und wir fahren weiter. Bei den Sheep Lakes treffen wir auf eine riesige Anzahl Wapitis. Es müssen um die 50 Tiere sein, die hier in den weiten Ebenen an den schlammigen Sheep Lakes die Lichtungen bevölkern.


    Hier sind mehrere Platzhirsche präsent und wir verfolgen gespannt das Geschehen. Wir erwarten, dass schon bald die mächtigen Geweihe aneinander krachen, doch ohne Kampf räumt einer der gewaltigen Hirsche das Feld und hält sich fortan auf Distanz zu seinem Gegner. Von der anderen Seite nähert sich wieder ein Bulle, doch auch dieser Widersacher legt kurze Zeit später den Rückwärtsgang ein. Mit uns verfolgen noch etwa 30 weitere Besucher das Spektakel, der Parkplatz ist dicht belegt. Die Tiere stehen so dicht bei uns, dass wir weder Fernglas noch Teleobjektiv brauchen. Leider ist es bereits so dunkel, dass uns kein anständiges Foto gelingen will. Wir fahren weiter zum West Horseshoe Park und treffen auch hier wieder auf andere Besucher und auf weitere Wapitis. Elk Viewing ist eine der Lieblingsbeschäftigungen im Park und wir verstehen warum: Es ist einfach schön, die grossen Hirsche zu beobachten. Wir fahren mit offenem Fenster weiter, um weiter die brünftigen Elks hören zu können.

    Erst als es zu dunkel ist, um noch etwas zu sehen, verlassen wir den Rocky Mountain National Park durch den Beaver Meadow Entrance. Über die US 36 erreichen wir Estes Park und fahren nach einem Stopp am Safeway Markt auf den KOA Campground. Es ist so kalt, dass wir unseren Atem sehen können, doch die Elektroheizung unserer Cabin sorgt schnell für angenehme Temperaturen. Frank erklärt sich bereit, das Kochen zu übernehmen und schon bald bruzzelt unser Fleisch draussen auf dem Grill. Als das Wasser für die Mashed Potatoes auf dem Kocher dampft, rühre ich den Salat an und wir geniessen kurze Zeit später ein leckeres Abendessen. Eingemummt in lange Unterwäsche, Fleece, Mütze, Handschuhe und Trekkingjacke sitzen wir anschliessend noch kurz auf der Veranda und lauschen den Brunftlauten der Wapitis.

    Gefahrene Meilen: 287
    Übernachtung: Cabin auf dem Estes Park KOA Campground 45,24 USD
    Gruss Kate

    "May your trails be crooked, winding, lonesome, dangerous, leading to the most amazing view. May your mountains rise into and above the clouds." (Edward Abbey)

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      #3
      AW: [USA] Colorado Rockies: Unterwegs in und um den Rocky Mountain National Park

      Montag, 18. September 2006

      Da wir uns keinen Wecker gestellt hatten, werden wir erst gegen 8.00 Uhr wach und nach Frühstück und Morgentoilette packen wir unsere Rucksäcke, verlängern die Cabin um eine Nacht und fahren über die US 36 Richtung Beaver Meadows Visitor Centre. Der Parkplatz des Visitor Centres ist gut besucht, wir finden einen Parkplatz neben einem knallroten Hummer, der uns ein Foto wert ist.


      Im Visitor Centre schauen wir uns die Ausstellung und den Book Store an und reihen uns ein in die „Rangerline“. Als wir an der Reihe sind, fragen wir nach dem Zustand des Mills Lake Trails und erhalten die Auskunft, dass ausser einigen Schneeresten mit keinen Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Mit der Trail Ridge Road sieht es anders aus. Es sind etwa 40 cm Schnee zu räumen und die Arbeiten dauern noch an. Der Ranger will sich nicht festlegen, ob die Strasse Morgen wieder offen ist, Übermorgen aber höchst wahrscheinlich. Wir sollten heute Abend noch mal den Strassenbericht abholen. Er drückt uns noch ein Faltblatt mit den Bear Lake Corridor Trails in die Hand und wünscht uns viel Spass beim Hiken. Den werden wir hoffentlich haben. Eine Meile nach dem Visitor Centre zweigt die Bear Lake Road ab und wir biegen in die 9 Meilen lange Stichstrasse ein.


      Wir kommen nicht bis zum populären Bergsee, schon bald stoppt uns eine atemberaubende Szenerie: schneebedeckten Hänge einer 4000er Bergkette bilden einen liebreizenden Kontrast über dem tiefen Grün der Nadelwälder, dazwischen gelbe und orange-rote Farbtupfer – die Laubbäume.


      Davor erstrecken sich weitläufige Wiesen und wir folgen schon bald einem Trail durch die Wiesenlandschaft. Als die Nadelbäume die Wiesenlandschaft ablösen und der Trail durch dichten Nadelwald führt, kehren wir zum Auto zurück.


      Als wir den Bierstadt Lake Trailhead passieren, weißt ein Schild auf belegte Parkplätze am Glacier Gorge Trailhead hin. Wir beschliessen, trotzdem weiter zu fahren und schrauben uns schon bald die Serpentinen entlang des Glacier Creek hinauf. Die Aussicht ist überwältigend und der Parkplatz Glacier Gorge tatsächlich belegt. Eine Parkangestellte sorgt dafür, dass nicht wild geparkt wird und schickt uns weiter hinauf zum Bear Lake Trailhead. Das bedeutet eine halbe Meile längeren Fussweg, da wir zunächst dem Wander-Reitweg zum Glacier Gorge hinabsteigen müssen. Am Bear Lake ergattern wir einen der letzen Parkplätze und hoffen, dass nicht alle Besucher auf die Idee kommen, zum Mills Lake aufzusteigen. Da die Trail Ridge Road und die Old Fall River Road gesperrt sind, konzentriert sich heute beinahe der gesamte Besucherandrang auf die Bear Lake Road.

      Wir packen unseren Rucksack und ziehen die Schnürsenkel unserer Bergstiefel fest. Zum Schluss noch das Trail-Faltblatt in die Kartentasche, doch wo ist es? Wir stellen das halbe Auto auf den Kopf, aber die Hiking-Information bleibt verschollen. Wir haben zwar noch eine Wegbeschreibung aus dem Internet ausgedruckt, aber auf dem Blatt sind alle Seen und die Wanderwege mit Entfernungsangaben eingezeichnet und wir möchten nur ungern ohne los ziehen. Bevor wir wieder zurück zum Visitor Centre abfahren, sehen wir uns um, neben der Bushaltestelle ist ein Rangerkiosk und dort erhalten wir ein neues Informationsblatt, es kann also losgehen.

      Wir laufen zunächst Richtung Bear Lake und sind froh, als wir kurze Zeit später in den weniger stark begangenen Weg Richtung Alberta Falls einbiegen können. Die 0,3 Meilen Richtung Bear Lake werden von ganzen Schwadronen bevölkert. Wir laufen an dem Abzweig zum Glacier Gorge vorbei, jetzt sind wir wieder auf dem Normalweg. Es kommen uns einige Wanderer entgegen und wir grüssen freundlich. Der Trail führt am Glacier Creek entlang und schon bald verändert sich die Lautstärke des Wasserlaufs. Es kann nicht mehr weit sein bis zu den Wasserfällen. In Kehren folgen wir dem Trail und sehen schon bald die Alberta Falls links neben uns. Wir steigen den Weg noch weiter nach oben und klettern ein paar Meter über die Felsen um zur Fallkante zu gelangen. Es stürzt nicht gerade viel Wasser nach unten, eine Folge des trockenen Sommers in den Rocky Mountains. Trotzdem erwischt ein wenig Gischt unsere Kamera und wir trocknen vorsichtig das Objektiv. Die Sonne steht ungünstig, die Fotos sind schlecht und wir wollen es beim Abstieg nochmals versuchen.


      Hier oben ist es bereits ziemlich kühl und wir holen Handschuhe und Mütze aus dem Rucksack. Wir haben etwa 1/3 der Wegstrecke zurückgelegt, ab den Alberta Falls wird der Trail deutlich schmaler, aber auch steiler und steiniger - wir freuen uns, dass wir endlich einen typischen Rocky Mountains Trail unter die Stiefel nehmen können. Der Weg führt abwechselnd durch lichten Kieferwald und an farbenfrohen Espenhainen vorbei, quert Felsbänder und kleine Wasserläufe, die man meistens mit einem grossen Schritt trocken überqueren kann.


      An einem breiteren Flusslauf hilft eine Holzbrücke. In den schattigen Waldstücken treffen wir auf den ersten Schnee, der etwa knöchelhoch auf dem Weg liegt. Doch für unsere gut profilierten Vibramsohlen ist der rutschige Untergrund kein Problem. Als uns eine ganze Schulklasse in luftiger Kleidung entgegenkommt witzelt Frank ob es da oben eine bewirtschaftete Hütte geben würde. Gibt es definitiv nicht und wir wundern uns, dass die zum Teil nur mit dünnen Sweatshirts bekleideten Jugendlichen nicht frieren. An einem Felsplateau rasten wir kurz und stopfen die Fleecejacke in den Rucksack.


      Mit Fleece- und Funktionsjacke wird es beim Aufstieg zu warm.


      Wir verweilen noch ein wenig, geniessen die Aussicht und schauen einem Chipmunk zu, dass ganz aufgeregt zwischen Felsen und Baumstümpfen herumspringt. Nachdem wir noch ein wenig fotographiert und gefilmt haben, stapfen wir weiter.


      Die Höhe merken wir inzwischen nicht nur an der Kälte, der Aufstieg in Höhen jenseits der 2500 m fordert etwas Kondition. Die haben wir normalerweise und ich bin glücklich, dass ich meine Erkältung überwunden habe und die Wanderung geniessen kann. An der Abzweigung Lake Haiyaha – The Loch – Mills Lake folgen wir der linken Spur, es sind laut Wegweisser noch 0,6 Meilen. Nachdem wir weitere Felsbänder gequert haben erhaschen wir den ersten Blick auf unser Ziel – den idyllischen Mills Lake.


      Er liegt eingebettet von schroffen, schneebedeckten Berggipfeln inmitten tiefgrüner Nadelbäume. Riesige Felsbrocken säumen den Uferbereich und zeugen von der schieren Kraft der Elemente. Wir laufen jetzt am Ufer des Sees entlang und suchen ein schönes Fleckchen für unser Lunch. Ausser uns sind nur ganz wenige Besucher hier oben, so bleibt genügend Platz für Jeden.


      Unsere Wahl fällt auf eine Felszunge, die weit in den See hineinreicht und mir machen es uns hier in der Sonne auf einem grossen Stein gemütlich. Mit unseren Faltkissen aus PE-Schaum lässt es sich hier aushalten. Damit wir nicht zu sehr auskühlen, ziehen wir wieder eine Fleeceschicht unter die Trekkingjacken und geniessen in dieser Bilderbuch-Berglandschaft unsere mitgebrachten Sandwiches. Da wir noch immer Hunger haben, isst jeder einen Cliff Bar und wir verharren eine ganze Weile schweigend und bewundern die Ausformkraft der Natur die hier eine malerische Gebirgsseenlandschaft geschaffen hat.


      Als weitere Wanderer nachkommen, räumen wir „unsere“ Felszunge und erkunden den Uferabschnitt des Mills Lake. Jetzt geht es weiter über einen s.g. Boardwalk - ein schmaler Holzsteg zur Schonung der Vegetation. Am Ende des Mills Lake angekommen, laufen wir das kurze Stück bis zum Jewel Lake weiter. Das kleine Anhängsel des Mills Lake liegt gänzlich in gleissendem Sonnenlicht und lässt sich nicht fotographieren, da von der anderen Seite Bäume die Sicht versperren. Macht nichts, so behalten wir die Erinnerung in unserem Herzen und beschränken uns auf einen Schwenk mit dem Camcorder bevor wir den Abstieg in Angriff nehmen. Wir lösen die Wanderstöcke vom Rucksack und steigen hinab.

      Auf dem Rückweg erhaschen wir wieder völlig andere Perspektiven und so zieht sich der Abstieg, da wir zwischendurch immer wieder für ein Foto oder einen Videoschwenk innehalten. An der Weggabelung überlegen wir kurz, ob wir nicht den 3 Meilen längeren Loop über Lake Haiyaja, Dream Lake und Nymph Lake laufen sollen, aber Frank meint, dass ihm die 6,5 Meilen für heute reichen würden (mir eigentlich auch), zumal wir uns ja noch den Bear Lake und Sprague Lake anschauen und noch ein wenig Sightseeing im Park machen wollten. Da es bereits früher Nachmittag ist, eine vernünftige Entscheidung. Der Abstieg erfordert durch den rutschigen Untergrund, der von dem in der Sonne schmelzenden Schnee herrührt, Aufmerksamkeit und unsere Blicke schweifen immer wieder zwischen den Landschaftspanoramen auf unsere Füsse um die Trailbeschaffenheit zu prüfen.


      An den Alberta Falls stoppen wir für ein Foto, sind aber mit den Resultaten noch immer nicht zufrieden. Am Abzweig zur Glacier Gorge entscheiden wir uns für die faule Variante und sitzen kurze Zeit später im Shuttle Bus Richtung Bear Lake. Der breite, gut ausgebaute Weg zwischen Bear Lake und Glacier Gorge Trailhead war nicht so interessant, dass wir ihn unbedingt nochmal gehen müssen. Am Parkplatz schaffen wir die Rucksäcke ins Auto und tauschen die Mützen gegen unsere Baseballcaps.

      Die flachen Schuhe haben wir in der Cabin gelassen und so laufen wir mit unseren Bergstiefeln in Richtung Bear Lake.


      Damit sind wir reichlich overdressed: der Trail um den See ist ein breiter, ebener Schotterpfad, der von den vielen Besuchern stark frequentiert ist. Nach der Einsamkeit am Mills Lake holt uns der Besucherandrang hier aus unseren Wildnisphantasien. Wir bleiben nicht lange, nach Umrundung des Sees sitzen wir bald wieder im Auto und fahren die Bear Lake Road hinab.

      Als nächstes steuern wir den Sprague Lake an, von dem uns heute schon mehrere Besucher erzählt haben und auf den so viel Lob gefallen ist.


      Doch auch dieser See überwältigt uns heute nicht mehr, am interessantesten finden wir noch die Forellen in einem abgetrennten Basin.

      Wir beschliessen, die Trail Ridge Road bis zur Sperrung zu fahren, biegen aber zuerst noch nach Moraine Park ab, um uns diesen mit Wasserläufen durchzogenen Parkabschnitt anzuschauen. Von hier starten die Wanderungen zum Cup Lake, Fern Lake und Odessa Lake, die wir uns für einen anderen Urlaub aufsparen müssen.

      An der Dear Ridge Junction wechseln wir auf die US 34, besser bekannt als Trail Ridge Road. Auf den 50 Meilen von Estes Park nach Grand Lake quert sie drei Vegetationszonen und gibt einen guten Überblick über die unterschiedlichen Lebensräume im National Park. 11 Meilen der Strasse verlaufen oberhalb der Baumgrenze, ihren höchsten Punkt erreicht die Strasse mit 3713 m in der Nähe des Fall River Passes.

      Doch zunächst fahren wir an den Beaver Ponds vorbei (die Biberteiche am Hidden Valley Creek erreicht man über einen kurzen Holzplankenweg) und stoppen zum ersten Mal am Overlook der Many Parks Curve.


      Zu unseren Füssen liegt ein vor 15.000 Jahren von Gletschern ausgehobenes, weitläufiges Tal mit bewaldeten Hängen, darüber bis zu 4000 m hohe Gipfel. Der höchste ist Longs Peak mit über 4400 m. Nachdem wir entlang der Holzbrüstung die Aussicht genossen haben, steigen wir wieder ins Auto, passieren kurze Zeit später die Baumgrenze und stoppen an einem der spektakulärsten Viewpoints entlang der Trail Ridge Road:


      Rainbow Curve bietet eine der klassischen Aussichten auf den Horseshoe Park, die Beaver Ponds und Hidden Valley und wieder bis zu 4000 m hohe Berge.


      Bald quert der Ute Trail die Trail Ridge Road: dieser alte Indianerpfad wurde von den Ute und Arapaho Indianern regelmässig begangen für den Wechsel zwischen Sommer- und Winterjagdgründen. Später wurde der Trail von Trappern, Goldsuchern und frühen Siedlern genutzt.

      Am Forest Canyon tauchen wir ein in die Gebirgstundra und erblicken nach kurzem Fussweg ein U-förmiges, von hohen Gipfeln begrenztes Gletschertal.


      Am Strassenrand liegt der zusammengeschobene Schnee fast einen halben Meter hoch, von einer durchgängigen Schneedecke ist aber nichts mehr zu erkennen.


      Die Kraft der Spätsommersonne hat die die weisse Pracht bereits ordentlich geschmolzen.

      Am Rock Cut führt die Trail Ridge Road mitten durch massige Steinmonolithen. Beim Bau der Strasse ebneten an diesem Hindernis 178 Sprengungen und eine halbe Tonne Schwarzpulver den Weg.


      Über der spärlichen Tundra-Vegetation erheben sich schneebedeckte Gipfel und bilden einen bizarren Kontrast aus bräunlichem Tundra-Gras, schroffen Felsabbrüchen und neuen Schneefeldern.


      Wir fahren über den Iceberg Pass und setzen an den Lava Cliffs unseren heutigen Umkehrpunkt. Die Strasse scheint wieder durchgängig befahrbar zu sein – gute Aussichten für den nächsten Tag. Tiefe Schatten verdunkeln die Gletschertäler und Lavaabbrüche, die hereinbrechende Dämmerung verbannt langsam das Tageslicht, die Schatten werden immer länger, es ist kalt, windig und ungemütlich. Wir tauchen wieder in die subalpine und montane Zone ein.

      Bevor es völlig dunkel ist, stossen wir am West Horseshoe Park wieder auf eine grössere Herde Wapitis und reihen uns ein in die Riege der Elk Viewers.


      Wir halten nur kurz und biegen als nächstes in das Endovalley ein. Auch hier treffen wir in der Nähe des Alluvial Fan, den Überresten einer riesigen Wasser- und Geröll-Moräne, auf eine grössere Ansammlung Wapitis. Wir steigen aus dem Auto und setzen uns auf die Bänke der Picnic Area. Die riesigen Hirsche sind kaum 20 von uns entfernt – eigentlich sind wir viel zu nah dran – doch die Wapitis äsen friedlich das saftige Grün.


      Als zwei Platzhirsche zu einem Duell antreten, ziehen wir uns etwas zurück und direkt neben dem Auto sehen wir, wie die beiden Bullen sich beäugen und ihre ausladenden Geweihe präsentieren. Der hochtönige Brunftschrei begleitet das Imponiergehabe. Auch hier endet der Machtkampf ohne Körperkontakt und der unterlegene Bulle räumt das Feld.


      Wir steigen wieder ins Auto und nach einem letzten Halt an den Sheep Lakes, wo es allerdings mittlerweile so dunkel ist, dass wir die Wapitis nur noch durch die aufhellende Videokamera betrachten können, verlassen wir den Rocky Mountain National Park durch den Fall River Entrance und widmen uns nach einem erlebnisreichen Tag in der Cabin dem gemütlichen Teil des Abends.

      Gefahrene Meilen: 70
      Übernachtung: Cabin auf dem Estes Park KOA Campground 45,24 USD
      Gruss Kate

      "May your trails be crooked, winding, lonesome, dangerous, leading to the most amazing view. May your mountains rise into and above the clouds." (Edward Abbey)

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      • Canyoncrawler
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        #4
        AW: [USA] Colorado Rockies: Unterwegs in und um den Rocky Mountain National Park

        Dienstag, 19. September 2006

        Als wir an diesem Morgen früh aus der Cabin schauen, empfängt uns ein klarer, frostiger Tag, ideale Bedingungen für die US 34, besser bekannt als Trail Ridge Road. Die Strasse ist der höchstgelegene, durchgängig asphaltierte Highway der USA und wurde in den Jahren 1926 bis 1932 mühsam den extremen Witterungsverhältnissen abgerungen. Die Planer legten grossen Wert auf Schonung der empfindlichen Landschaft und trotz der exponierten Höhenlage (3713 m) liegen die Steigungs- und Gefällestrecken bei etwa 5% (max. 7%). Ermöglicht wurde dies durch den Ausbau eines alten Indianerpfades. Und so werden wir heute auf den Spuren der Vorfahren der Utes und Arapahoes reisen, die montane Zone verlassen und uns hinaufschwingen durch die subalpine Zone in die unwirtlichen Höhen der alpinen Gebirgstundra.

        Nachdem wir in Estes Park noch einmal vollgetankt haben, erreichen wir über die US 36 das Beaver Meadows Visitor Centre, halten kurz um die Strassenverhältnisse zu checken. Nachdem wir den Strassenbericht zur Trail Ridge Road (OPEN) gelesen haben, starten wir gutgelaunt in Richtung Meaver Meadows Entrance Station. Der Angestellte bei der Einfahrt begrüsst uns mit einem freundlichen guten Morgen und wünscht uns einen „Nice Day“. An der Dear Ridge Junction nehmen wir die US 34 und in der Nähe der Beaver Ponds empfängt uns das Schild des Scenic Byways.


        Hier legen wir unseren ersten Stopp ein und beraten kurz darüber, ob wir uns die Biberburgen aus der Nähe anschauen sollen. Wir entschliessen uns zur Weiterfahrt (Biberburgen hatten wir in Kanada ausgiebig studieren können) und stoppen erst am Forest Canyon. Wir legen erneut den kurzen Fussweg zum Aussichtspunkt zurück und bewundern die noch immer vorhandenen Schneereste auf dem Tundragras. Einige Besucher haben mitten auf den steinigen Wiesen im Schnee ihre Fussabdrücke hinterlassen und wir hoffen, dass der unvorsichtige Ausflug der empflindlichen Vegetation nicht geschadet hat. Wir machen es ihnen nicht nach und bleiben, wie es die Hinweisschilder fordern, auf dem Trail. Am Overlook betrachten wir wieder ergriffen die von eiszeitlichen Kräften geformte Landschaft. Ein Blick auf die Uhr reisst uns aus unseren Betrachtungen und wir schlendern gemächlich durch die harsche Landschaft zurück zum Trailblazer. Fortan betrachten wir die Umgebung wieder durch die Scheibe und im Inneren des Fahrzeugs spüren wir die unwirtlichen Winde und die kühlen Temperaturen nicht länger.

        Am Rock Cut beschränken wir uns auf einem Blick aus dem Auto und fahren entlang eines fast vollständig abgetragenen Urgebirges, weiter über den Iceberg Pass in für uns noch unbekannte Gefilde.



        Die Schneereste bilden einen bizarren Kontrast auf dem bräunlichen Tundragras, eine abweisende und zugleich reizvolle Szenerie, die die hier in S-förmigen Kurven verlaufenden Trail Ridge Road einrahmt.

        Am mit 3713 m höchsten Punkt der Strasse, zwischen Lava Cliffs und Gore Range, halten wir kurz und fahren weiter jenseits der 3500 m durch die Gebirgstundra zur Gore Range und blicken auf die Never Summer Mountains.


        Beim 3595 m hoch gelegenem Alpine Visitor Centre kratzen wir nochmals die 3600 m Marke an und queren erneut den Ute Trail, bevor sich die Strasse mit weiterhin spektakulärem Verlauf ganz langsam der subalpinen Zone zuwindet. Auf dem Parkplatz des Visitor Centre parken die Autos dicht an dicht, hier sind die Millionen Besucher, die den National Park jährlich überrennen, wieder gegenwärtig. Am Fall River Pass mündet die 9 Meilen lange geschotterte Fahrspur der Old Fall River Road in die Trail Ridge Road ein. Wäre die Old Fall River Road nicht gesperrt gewesen, wäre diese heute unsere Auffahrroute zum Pass gewesen.

        Medicine Bow Curve belohnt uns mit Aussichten auf die Medicine Bow Mountains und die sind vom Feinsten. Am Milner Pass kreuzen wir die kontinentale Wasserscheide, die den amerikanischen Kontinent von Alaska bis Cap Horn zerschneidet. Alle Wasserläufe westlich der Continental Divide münden in den Pazifik, die Wasserläufe östlich davon in den Atlantik. Als wir vom Pass abfahren, erblicken wir eine Szenerie, die ein begabter Landschaftsmaler vergangener Jahrhunderte nicht idyllischer auf Leinwand hätte einfangen können. Die Trail Ridge Road führt direkt an der spiegelnden, blauen Wasserfläche des Poudre Lake vorbei, der nach dem trockenen Sommer nur mit wenig Wasser aufwarten kann. Die Ufer des Sees und der Cache la Poudre Creek werden von sattgrünen Nadelbäumen gesäumt, dahinter zeichnen sich schneebedeckte Gipfel ab die zusammen mit den noch vorhandenen Schneeresten auf den nahenden Winter einstimmen.


        Für ein ansprechendes Foto des Poudre Lake wenden wir bei nächster Gelegenheit unser Fahrzeug und fahren die aufsteigende Trail Ridge Road wieder Richtung Milner Pass hinauf, suchen uns eine passende Wendemöglichkeit und kurven wieder gemächlich die US 34 nach unten. Wir halten an einer einigermassen übersichtlichen Stelle direkt auf der Strasse, ich springe aus dem Wagen, laufe etwa 300 m zu Fuss, um in der Nähe des Poudre River Trailheads die unwirkliche Seenlandschaft einzufangen. Als ich in der Höhe die nächsten Autos erblicke, spurte ich zurück zum Wagen, Frank hat inzwischen die Videokamera ausgepackt und ich filme noch die Abfahrt.

        Unser nächster Stopp ist Farview Curve, die uns mit schönen Ausblicken auf das grüne, von Gletschern ausgehobelte Kawuneeche Valley und die Never Summer Mountains verwöhnt. In der Never Summer Range kann man eine gewaltige Einkerbung ausmachen, dieser 14 Meilen lange Schnitt wurde von Menschenhand geschaffen um die trockenen, weiten Ebenen der Great Plains östlich der Rocky Mountains mit Wasser zu versorgen. 5 Meilen nördlich des Kawuneeche Valley liegen die Quellwasser des Colorado Rivers, dem wir heute bis Utah folgen werden. Am Timber Creek verweilen wir ein wenig und hoffen einen der wieder angesiedelten Elche zu erblicken. Doch auch dieses Jahr haben wir kein Glück – um einen Elch zu fotographieren, werden wir wohl nach Schweden fahren müssen, die nordamerikanischen Elche zeigen sich uns nicht. Vorbei an zahlreichen Trailheads, die zu den schönsten Wanderungen einladen, nähern wir uns Grand Lake.

        Dem Kawuneeche Visitor Centre statten wir einen Kurzbesuch ab und nachdem jeder ein paar Plätzchen geknabbert hat, fahren wir weiter und nach passieren der National Park Grenze trägt die US 34 den schmucken Beinamen Colorado River Headwaters Scenic Byway. Den Colorado bekommen wir auf den nächsten Meilen nicht zu Gesicht, stattdessen linkerhand das schimmernde Blau von Grand Lake und Shadow Mountain Lake. Mit Erreichen der Arapaho National Recreation Area treffen wir auf die riesige Seenlandschaft des Lake Grandby, dessen glitzernde Wasserfläche einen reizvollen Kontrast zu den bewaldeten Hügeln und den gleissenden Gipfeln der Green Ridge bildet.


        In der Picnic Area der Rainbow Bay rasten wir und ich versuche mich an das zu erinnern, was ich über die ehemaligen indianischen Bewohner noch weiss: die Arapahoes zählen zur Algonkin-Sprachfamilie und haben ihren Ursprung weiter im Osten (genauer am Cheyenne River und heutiges Minnesota). Nachdem sie von eindringenden Stämmen von ihrem angestammten Land vertrieben wurden, wanderten sie über den Big Horn River, North Platte River, Arkansas River und Saskatchewan River nach Westen. Sie entwickelten sich zu einem nomadisierenden Reitervolk und durchstreiften künftig Colorado, Kansas und Wyoming. Wir fahren weiter durch den Arapaho National Forest. Heute erinnert man sich im Zusammenhang mit der Geschichte des Arapahoe Indian Tribe besonders an zwei Ereignisse: das Sand Creek Massacre und die Schlacht am Little Bighorn. Ersteres bedeutete eine bittere Niederlage, als Armeeeinheiten unter Colonel Chivington 1864 das friedliche Arapahoe/Cheyenne-Lager von Chief Black Kettle niedermetzelte. Little Big Horn steht für den grössten indianischen Sieg, als die vereinigten Stämme der Cheyenne, Arapahoe und Lakota im Juni 1876 unter Sitting Bull und Crazy Horse die 7. Kavallerie unter General Custer aufrieben und komplett vernichteten.

        Nach diesem Rückblick in die blutigen Zeiten der jüngeren Vergangenheit treffen wir zwischen Lake Granby und der Ortschaft Granby auf den Colorado River dem wir bis Grandby folgen. In Granby nehmen wir die US 40 und fahren durch verschiedene Ski-Gebiete Richtung Interstate 70. Am frühen Nachmittag treffen wir mit knurrendem Magen in Winter Park ein, doch die lange Schlange vor den Schaltern des Fast Food-Tempels dämpft unser Hungergefühl und wir beschliessen, das nächste M oder die nächste Krone zu nehmen.


        Daraus wird vorläufig nichts, am Berthoud Pass queren wir erneut die kontinentale Wasserscheide und stecken im Road Construction-Stau fest. Im Schneckentempo kriechen wir die nächsten 5 Meilen dahin und sind heilfroh, als wir nach der Ortschaft Empire auf die Schnellstrasse treffen.
        Mit „schnell“ ist aber weiterhin nichts, denn die Interstate 70 ist in diesem Abschnitt stark befahren und vor dem Eisenhower Tunnel kommt der Verkehr völlig zum Erliegen. Unsere Mägen knurren mittlerweile so laut, dass es sogar der Fahrer des Nachbarfahrzeugs hören muss, also behelfen wir uns mit einem Cliff Bar, den ich mit langgestrecktem Arm aus dem Fonds unseres Fahrzeugs angle. Direkt vor dem Tunnel verengt sich die Fahrbahn wegen Bauarbeiten auf eine Fahrspur, nachdem wir dieses Nadelöhr passiert haben, fliesst der Verkehr wieder besser und wir kommen jetzt zügig voran, passieren den bereits von der Anreise bekannten Abschnitt zwischen Dillon und Copper Mountain und nähern uns nach überqueren des Vail Passes einem Zentrum des Skisports in Colorado.

        In Vail müssen wir uns für eine von drei Abfahrten entscheiden und landen auf der Suche nach Fastfood nach passieren verschiedener Kreisel mitten in einem Wohngebiet. Der ganze Innenstadtbereich von Vail ist verkehrsberuhigt, das Auto müssten wir in einer der Tiefgaragen parken. Doch so vollbepackt möchten wir unser Auto nicht unbeaufsichtigt zurücklassen und so fahren wir nach einer kurzen Tour durch weitere Wohngebiete wieder zurück Richtung Interstate. Unser Eindruck von Vail: man sieht, dass hier viel Geld zu Hause ist.

        Die dritte Abfahrt listet verschiedene Fast Food-Lokale auf und wir folgen dem Richtungspfeil zu McDonalds und merken uns die Tankstelle für die Rückfahrt vor. Jetzt am frühen Nachmittag ist der McDonalds kaum besucht und wir geben unsere Bestellung für 2 Chicken Sandwich-Menues mit Bacon auf und essen bereits kurze Zeit später unsere Pommes und den Burger, spülen das ganze mit einem halben Liter Cola hinunter und gönnen uns zum Schluss noch ein Softeis. Von einem Ehepaar aus Nebraska werden wir angesprochen und nach unserem Heimatland befragt. Wieder einmal fragen wir uns, woran die Amerikaner die Europäer erkennen, an unseren Essgewohnheiten kann es nicht liegen, die sind heute sehr amerikanisch. Augenzwinkernd bringt Frank mal wieder das Schuhwerk ins Spiel und meint, dass wir uns zur Tarnung vielleicht jeder ein Paar weisse Tennisschuhe zulegen sollte.

        Frisch gestärkt setzen wir unsere Reise fort und treffen wenige Meilen hinter Vail wieder auf den Colorado, der mittlerweile zu einem stattlichen Strom angeschwollen ist. Von der Interstate können wir jetzt den Lauf des Flusses verfolgen und queren ihn im mehrfach im weiteren Verlauf. Auf unserer Karte ist die Interstate 70 in Colorado als landschaftlich reizvolle Strecke verzeichnet und dies deckt sich mit unseren Eindrücken. Besonders spektakulär wird die Landschaft, als wir uns hinter Gypsum und Dotsero dem Glenwood Canyon nähern. Der Colorado hat hier ein wahres Meisterwerk aus rot-braunem Stein ausgewaschen. Viele Meilen fahren wir durch den eindrucksvollen Canyon und ich als Beifahrer werfe immer wieder einen Blick in die Schlucht und halte nach Wanderwegen und Abstiegsmöglichkeiten Ausschau. Trotzdem eine gut ausgebaute Schnellstrasse durch den Canyon führt, ist die grüne Schlucht selbst ziemlich unzugänglich. Wir setzen in Gedanken wieder einen Marker auf unsere persönliche USA-Highlight-Karte und geben uns als Hausaufgaben mit auf den Weg, uns über Wanderungen im Glenwood Canyon zu informieren.

        In Glenwood Springs passieren wir die Abfahrt in Richtung Aspen und fahren als weiter gen Westen. Als Etappenziel war eigentlich Grand Junction bzw. der Campground des Colorado National Monument angedacht, aber mittlerweile diskutieren wir, ob wir nicht das National Monument ausfallen lassen und direkt bis Moab durchfahren. Dabei würde dann allerdings auch der REI Store in Grand Junction auf der Strecke bleiben, denn ein Halt in diesem Mega-Outdoor-Shop würde uns mind. 3 geschätzte Stunden kosten. Ich verrenke mir fast den Hals, als wir uns dem Zentrum von Grand Junction nähern, kein REI Store in Sicht. Gut so, denn wäre er direkt neben der Interstate gewesen, hätten wir mit Sicherheit doch angehalten.

        Wir fahren brav Richtung Rifle und in meinem Kopf beginnt eine Variante Gestalt an zu nehmen. Ich möchte gerne über die Fisher Towers nach Moab, da uns noch ein gescheites Foto des Titan ohne störendes Gegenlicht fehlt. Mein Antrag wird von Frank jedoch mit dem Hinweis abgeschmettert, dass er nach so vielen Meilen Fahrt keine Lust auf eine Wanderung hätte und er nach Möglichkeit noch vor Einbruch der Dunkelheit in Moab eintreffen möchte. Ich kann es ja verstehen, ich schmolle trotzdem ein wenig, als wir an der Abfahrt Cisco vorbeirauschen.

        Als wir nach beinahe 400 Meilen endlich auf die US 191 einbiegen, wächst auch meine Vorfreude auf Moab und ich kann es kaum erwarten, wieder in die vertraute Landschaft von Utah einzutauchen. Am Ortseingang zu Moab sind Bauarbeiten in Gange, riesige Erdbewegungen haben hier stattgefunden, in den lehmigen Fahrrinnen, die die schweren Baufahrzeuge hinterlassen haben, steht noch Wasser. Sollte es etwa in unserem Outdoor-Mekka Moab geregnet haben? Zahlreiche Pfützen am Strassenrand deuten ebenfalls darauf hin.

        Als wir die ersten Häuser von Moab erblicken, dämmert es bereits und wir beeilen uns, auf den Campground zu kommen. Entschieden haben wir uns diesmal für das Moab Valley RV Resort, das mit den besten Sanitäranlagen von Moab wirbt. Da wir nicht ernsthaft mit schlechtem Wetter rechnen und nach den kühlen Temperaturen in Colorado nach Sonne und Wärme lechzen, entscheiden wir uns für einen Zeltplatz ohne schützenden Pavillon. Im letzten Tageslicht setzen wir unseren Tunnel auf den Kiesuntergrund des Zeltplatzes und starten anschliessend einen Rundgang über den Campground. Wir sind mehr als zufrieden mit dem was wir hier vorgefunden haben und nach Zubereitung unseres Abendessens und anschliessender Dusche lümmeln wir uns in die Sommerschlafsäcke und freuen uns auf unsere 2 Tage in Moab.

        Gefahrene Meilen: 426
        Übernachtung: Moab Valley RV Resort 20,71 USD
        Gruss Kate

        "May your trails be crooked, winding, lonesome, dangerous, leading to the most amazing view. May your mountains rise into and above the clouds." (Edward Abbey)

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