[NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

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  • Fjaellripan
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    • 19.01.2008
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    • Meine Reisen

    [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Auftakt.



    Alles strahlt in einem tiefen, klaren Blau: der wolkenlose Himmel, das nahezu glatte Meer, die ferne Bergkette, die schärenreiche zerklüftete Küste nahe Bodø. Wir können es kaum fassen. Das Nordmeer wirkt so gar nicht rau und unberechenbar. Wir hauen uns in die Sonne und entspannen uns mit der Gewissheit in drei Stunden am Ziel zu sein – Moskenesøya, eine schroffe Insel draußen im Nordmeer, oberhalb des Polarkreises, ein kleines Gebirge, das steil mitten aus dem Meer aufragt.
    Wir stimmen Lobsänge auf das Wetter an, da wird merken wir, dass es dunkler geworden ist. Um uns bricht eine Unruhe los, die Temperatur sinkt binnen Minuten um gefühlte 15 Grad, eine steife Brise hebt an die Gesellschaft zu verscheuchen. Müde reib ich mir die Augen, wie kann dat sein? Johannes hechtet zur Reling. „Seenebel hart Steuerbord!“ Stirnrunzelnd werfe ich ein Blick Richtung Lofotwand, die im Abendlicht leuchtend vor uns liegt, nur das wir das nicht sehen. Stattdessen ist da eine weiße Wolkenwand, die auf dem Wasser zu schwimmen scheint und wie eine Welle auf uns zurollt. Das Gehirn rattert, wo das denn plötzlich herkommt, und schon legt sich der Dunst wie ein Schwamm über uns. Die Wohnmobil-Opas und Bikini-Girls trollen sich, schlagartig ist das Oberdeck leer, nur einer von der Schiffsbesatzung versucht Ordnung in das zurückgelassene Gewirr von Liegestühlen zu bringen.

    Der Nebel scheint Zeit und Raum zu schlucken. Ich lehn mich wieder zurück.Wenn man nach oben guckt sieht man Wolkenfetzen, die über uns her rasen. Eine Gestalt löst sich aus dem Grau und steuert auf uns zu. Ein Typ aus Rostock, der schnacken will. Ob uns denn nich kalt is. Alter, wir wollen Outdoor-Urlaub machen, wenn wir dat nich aushalten, können wir uns ja gleich in den Maschinenraum verziehen und als blinde Passagiere so lange zwischen Lofoten und Festland hin und her gondeln, bis in zwei Wochen unser Zug zurück fährt. Nee nee… Der Mensch runzelt die Stirn, man sieht ihm förmlich an, was er denkt: Wie kann man so bekloppt sein und zwei Wochen draußen verbringen und durch die Gegend watscheln…
    Nun ja, die Lofoten sind nun mal nicht das Trekkinggebiet Skandinaviens, doch gerade das ist es, was uns reizt, die Kombination aus steilen, schroffen Bergen, wie man sie im Fjäll nicht findet und dem gewaltigen Nordpolarmeer. Eigentlich hatte ich die Lofoten bei der Reisplanung zunächst ausgeklammert, weil ich an vielen Stellen gelesen hatte, dass sie von Touristenmassen überschwemmt sind, die durch die vielen Tunnelverbindungen zwischen den Inseln leichten Zugang haben. So sollte es zunächst auf die Vesterålen gehen, aber weil uns die Landschaft auf den äußeren Lofoten doch beeindruckender erschien und das äußere Lofotengebiet viele Wandermöglichkeiten auf engerem Raum bietet, als die weitläufigen Vesterålen haben wir uns dann doch anders entschieden.

    Die Ankunft. 5.08.09
    Wie Jona im Wal, werden wir vom höhlenartigen Schiffsrumpf in die Freiheit gespieen. Wir klopfen die Beine wach, die sich nach 40 Stunden nur widerwillig aus ihrem Urlaub zurück melden. Zwischen einer Flut aus Kühlschränken, Omakutschen und Motorrädern stoßen wir vor und erkunden Neuland. Die Landschaft haut uns um. Denn durch den Nebel konnten wir nicht schon stundenlang vorher auf die Lofotwand gucken und uns an diesen Anblick gewöhnen. Wir freuen uns wahnsinnig endlich hier zu sein. Wir werfen einen Blick zurück: Der Seenebel klebt hartnäckig auf dem Wasser, an Land aber ist es klar und wolkenlos. Letztes Sonnenlicht malt die Gipfel golden. Da es schon nach neun ist, beschließen wir erst mal ein Nachtlager zu suchen. Selbiges finden wir unweit von Sørvågen in der Nähe des Einstiegs zum Wanderweg Richtung Munkebu. Wir suchen ein Plätzchen, an einem rauschenden Bach, wo keine Heerschar krakeelender Möwen Rabatz macht, und weihen Johannes Trangia-Kocher mit Tomatencremesuppe und Nudeln ein.

    Rollende Rucksäcke. 6.08.09

    Am nächsten Morgen stellen wir fest, dass der Nebel an Land gekrochen ist. Doch bis elf hat er sich wieder zum Wasser verzogen und bis zum Nachmittag hat er sich schließlich ganz aufgelöst. Das Resultat ist strahlender Sonnenschein und Hitze – man glaubt es kaum, denn als wir vor zwei Tagen in Norddeutschland gestartet sind, war es dort so kalt, dass man eine Jacke brauchte. Wir danken dem Golfstrom und setzen uns in Bewegung – Richtung Å. Dort sind wir auch recht schnell, nach etwa 45 Minuten Marsch. Wir schlagen sogleich den Weg Richtung Stokkvika ein und lassen Å Å sein.
    Der Weg schlängelt sich entlang des Sees Åvatnet durch ein Tal. Er ist gut markiert und mit zahlreichen Kletterhilfen ausgestattet. So ist es auch kein Wunder, dass schon bald die Schar an Wanderern zunimmt. Gegen eins erreichen wir den Sandstrand am Ende des Sees. Wir hauen uns hin und besprechen unseren Plan. (Auf dass ihn keiner nachmachen möge…)
    Wir hatten uns im Voraus überlegt, dass wir, um den vielzitierten Massen an Tagestouries zu entweichen, die Pfade verlassen und in abgelegene Gebiete vorzudringen…
    Johannes guckt skeptisch auf die Bergkette, die uns umgibt. „Bissen steil, wa?“
    Nun ja, man kann es ja mal versuchen. Von hier jedenfalls kann man nicht einschätzen, wie steil das wirklich ist. Wir sehen den „offiziellen“ Weg zur Stokkvika, der im Zickzack in den Hang gefurcht ist und punktförmige Homo sapiens, knapp oberhalb der Baumgrenze. Linkerhand eröffnet sich ein breites Tal und zwischen den Gipfeln Gjerdtindan und Mannen ist der Bergkamm in etwa genauso hoch und so steil wie am Stokkvika-Pass. Der Plan ist zur Gjerdvika herüber zu steigen um an der Westküste entlang zum alten Siedlungsplatz Refsvika und zur Südspitze Hell vorzudringen.
    Unser Entdeckergeist gibt keine Ruhe. Ein wenig skeptisch bin ich doch angesichts der steilen Berge. Klar hab ich vorher Karten gewälzt und Höhenlinien studiert, aber wenn der Flachlandbewohner schließlich davor steht, muss er feststellen, dass die eigene Vorstellungskraft nicht sehr weit reicht. Tatsächlich sind diese Berge überhaupt nicht zu vergleichen mit allem, was ich von Skandinavien kenne.
    Nun ja, dann wird’s halt noch etwas abenteuerlicher. Also die Rucksäcke geschultert um sich die Sache aus der Nähe zu besehen. Der Weg durch das dichte Birken- und Weidengestrüpp ist recht beschwerlich, Spalten zwischen den moosbewachsenen Felsblöcken werden frech vom Heidekraut passiert, Diesteln zerkratzen unsere in abgezippten Hosen steckenden Beine und Kriebelmücken (von denen ich immer noch Narben hab) lauern uns auf. Die Sonne brennt, kein Lüftchen weht. So ergießen sich schon bald Sturzbäche in die Augen und die untrainierte Pumpe rast wie nach einem Marathonlauf. (Ja ja, schon hart das alles.)
    Ich dreh mich um wo Johannes bleibt und seh ihn perplex auf seine blutüberströmte Hand gucken. Tatsächlich hat er sich an irgendeiner Pflanze nur einen kleinen Schnitt zugezogen, aber der Blutdruck tut sein Übriges. Vergeblich versuchen wir Pflaster an der Hand zu befestigen, doch das Blut löst sie immer wieder am. Was soll’s, Wunden heilen an der frischen Luft eh am Besten…
    Wir gelangen auf einen kleinen plateauförmigen Teil des Tales und sehen zum Bergkamm hoch. Wir sehen zwei Möglichkeiten für eine Überquerung und wählen einen Einschnitt links im Berg Gjerdtindan.
    Der Anstieg folgt der einer Exponentialkurve und wir arbeiten uns mit Händen und Füßen voran. Der Hang ist mit Gras bewachsen, dazwischen liegen Geröllfelder. Im Abenteuerfieber bemerken wir kaum, dass es nun so steil ist, dass normales Gehen gar nicht mehr möglich ist. Auf etwa 5/600 Meter Höhe wird unser Tatendrang jäh gebremst durch eine senkrechte Felswand. Die ist zwar nicht hoch und gut zerklüftet und trocken, aber bei einem Blick zurück, wird uns mit einem Mal schwindlig. Der Hang geht so steil runter, dass der kleinste Ausrutscher dazu führen würde, dass man ungebremst 300 Meter eine mit spitzen Felsen durchsetzte Wiese herunter kullern würde. Die Felswand wäre vermutlich ganz lustig, wenn an ihrem Fuß ein Fleck ebene Erde wäre und keine zentnerschweren Rucksäcke an unseren Schultern zerren würden.

    So fällt dann die Entscheidung zur Umkehr auch nicht schwer, zudem hatten wir ja noch eine andere Wegmöglichkeit entdeckt. Doch wir müssen feststellen, dass das Herunter eine weitreichende Problematik ist: soll es nicht sehr schnell und verlustreich von Statten gehen muss man scheiß vorsichtig sein. Ein Glück haben wir gute Schuhsohlen und es ist alles trocken, aber es ist trotzdem der reinste Horror. Das Festhalten ist viel schwieriger als Bergauf, man kann viel schlechter sein Gleichgewicht halten, noch dazu mit Rucksack. Einige „trittsichere“ Steine sind beim Aufstieg „verloren gegangen“ und die grasbewachsenen Stellen erweisen sich als Rutschpolster. Also sind wir zunächst gezwungen über ein Geröllfeld zu tappen. Bei jedem Schritt lösen sich Steine und scheppern lautstark hinunter. An einer glatten felsigen Stelle ist erst mal Sense. Bergauf sind hier noch Trittmöglichkeiten gewesen, doch selbige Steine haben sich durch unseren Aufstieg am Felsen gelockert und es ist unmöglich irgendwo Halt zu finden. So langsam bekommen wir es mit der Angst zu tun.
    Johannes setzt seinen Rucksack ab und will ihn langsam runter rutschen lassen um freier agieren zu können. Der Rucksack rutscht auch das kleine Stück, allerdings stoppt er nun nicht am nächst besten Stein, sondern schlägt einen Purzelbaum, rollt munter über Stock und Stein und bleibt etwa 40 Meter weiter liegen. Ein nervöses Lachen entwischt uns. Johannes kriecht auf allen Vieren rückwärts den Felsen herunter. „Ich roll meinen Rucksack jetzt zu dir runter.“ Der Rucksack rollt und nimmt schnell Fahrt auf. Er verfehlt den Reisekumpel um etwa fünf Meter und macht stattdessen Salto Mortale an einem schanzenartigen Felsvorsprung. Scheppernd schlägt er fünf Meter weiter unten auf, mit dem Deckel voran, wo Fotoapparate und der Audiorekorder verstaut sind… „Hast gewonnen, deiner ist noch zehn Meter weiter.“ Aber zum Lachen ist uns nicht. Irgendwie sah es so gar nicht wie ein Rucksack aus, was da hinab gestürzt ist. Diese anschauliche Demonstration von Meister Gjerd lässt sich nicht verdrängen und uns zittern die Knie, als wir bei den Rucksäcken ankommen. Bei der ersten Inspektion lassen außer ein paar Kratzern am Gewebe des Rucksacks erstaunlicherweise keine Schäden entdecken. Ich mach ein Foto und eine Audioaufnahme. Geht.
    Den Rest des Steilhangs rutschen wir auf dem Hintern Stück für Stück über den Rasen.
    Am Plateau angekommen, finden wir einen kleinen Bach vor und erfrischen unsere verkrusteten Kehlen. Die zweite Pass-Möglichkeit lassen wir mal ganz schnell sein.
    Als wir wieder am Sandstrand ankommen, ist es schon spät und die Tagestouristen sind weg. Wir entledigen uns der schweißtriefenden Klamotten und beruhigen unsere (wirklich) zahlreichen Schrammen und Stiche im kühlen Nass. Herrlich. Das Wasser ist entgegen aller bisherigen Erfahrungen mit klaren Bergseen gar kein Meer feiner spitzer Eisnadeln, sondern einfach angenehm.
    Wir schlagen unser Lager auf dem Strand auf. Johannes meldet Schaden: Knäckebrot zerbröselt, Eier zerquetscht (Hühnereier), Plastetasse hat nen Riss. Letzteres wird mit einem Stück Draht geflickt. Sonst scheint alles ok. Später merke ich, dass meine analoge Spiegelreflex manchmal spinnt, aber die Bilder, die sie gemacht hat sind in Ordnung. Die Zeltstange fand es, wie sich heraus stellen wird, auch nicht so lustig mit einer Steinkante zu kuscheln, aber es ist kein Schaden erkennbar.
    Der Versuch das Abendessen auf dem Feuer zu kochen um Brennstoff zu sparen scheitert an fehlendem Wind und Brennmaterial. Während ich hartnäckig das räucherige Astgewirr anblase, hat Johannes schon längst seinen Trangia aufgebaut. Immerhin ist das Wasser im Topf vom „Lagerfeuer“ schon etwas warm geworden, als ihn der Koch übernimmt, aber auch entsprechend gewürzt.
    Bei einer Brokkolicremesuppe mit Gabelspagetti genießen wir die Stille und das Nicht-Mehr-Vorhandensein von Fraßfeinden (der stechenden Sorte). Ja, uns geht’s wahrhaftig gut!
    Zuletzt geändert von Werner Hohn; 07.12.2010, 18:15.
    Längtan - ein Filmprojekt im Fjäll

  • Scrat79
    Freak
    Liebt das Forum
    • 11.07.2008
    • 12532
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

    Genial!
    Helden auf Tour.
    Hoffe das es bald weiter geht.
    Richtig schön geschrieben.
    Der Mensch wurde nicht zum Denken geschaffen.
    Wenn viele Menschen wenige Menschen kontrollieren können, stirbt die Freiheit.

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    • Ari
      Alter Hase
      • 29.08.2006
      • 2555
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

      Schließe mich an, fängt gut an.

      ...steilen, schroffen Bergen, wie man sie im Fjäll nicht findet...
      - das halte ich für ein Mißverständnis. Fjell = Gebirge, das gibt es in viele Varianten und steile Berge gibt es nicht nur auf den Lofoten.
      Zuletzt geändert von Ari; 11.10.2009, 22:53.

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      • thueringer
        Erfahren
        • 30.06.2009
        • 208
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

        Soweit ganz nett. Allerdings würde mir im Traum nicht einfallen, die ohnehin schon
        spärliche Vegetation - dazu in einem Anfall von Selbstüberschätzung - zu zertrampeln,
        um denen „zu entweichen“, die doch nichts anderes tun, als ich selbst!
        Sorry, aber da fehlt mir jegliches Verständnis. Zumal man eigentlich wissen sollte,
        wie lange es dort oben braucht, bis derartige „Naturverbundenheit“ wieder ausgebügelt ist.

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        • Coenig
          Fuchs
          • 09.07.2005
          • 1400
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

          Zitat von thueringer Beitrag anzeigen
          Soweit ganz nett. Allerdings würde mir im Traum nicht einfallen, die ohnehin schon
          spärliche Vegetation - dazu in einem Anfall von Selbstüberschätzung - zu zertrampeln,
          um denen „zu entweichen“, die doch nichts anderes tun, als ich selbst!
          Sorry, aber da fehlt mir jegliches Verständnis. Zumal man eigentlich wissen sollte,
          wie lange es dort oben braucht, bis derartige „Naturverbundenheit“ wieder ausgebügelt ist.
          Halte ich doch fuer arg ueberzogen. Ich darf also nur vorgegebenen Wegen folgen oder wie darf ich Dich verstehen? Selbstueberschaetzung kønnte hingegen in diesem konkreten Fall passen
          www.instagram.com/christian.engelke

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          • thueringer
            Erfahren
            • 30.06.2009
            • 208
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            #6
            AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

            Nein Aber ich finde, wo es Wege gibt, sollte man sie auch benutzen.
            Wenn jeder querfeldein latschen würde – eben gerade in stark frequentierten
            Gegenden - bleibt nicht viel von der grandiosen Landschaft übrig.

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            • Coenig
              Fuchs
              • 09.07.2005
              • 1400
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              #7
              AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

              Zitat von thueringer Beitrag anzeigen
              Nein Aber ich finde, wo es Wege gibt, sollte man sie auch benutzen.
              Wenn jeder querfeldein latschen würde – eben gerade in stark frequentierten
              Gegenden - bleibt nicht viel von der grandiosen Landschaft übrig.
              Da gibts keinen Weg. Und da geht normal auch keiner lang...
              www.instagram.com/christian.engelke

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              • hosentreger
                Fuchs
                • 04.04.2003
                • 1406

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                Zitat von Coenig Beitrag anzeigen
                Da gibts keinen Weg. Und da geht normal auch keiner lang...
                Man könnte auch formulieren: " ... und da geht auch kein Normaler lang!"

                Aber zum Bericht zurück: Mach' endlich weiter mit der spannenden Beschreibung und lass' Dich hier nicht in müßige Diskussionen verwickeln!!!

                hosentreger
                (der gerade versucht, seine Bescheibung der diesjährigen Alpendurchwanderung "Von hinter München bis vor Venedig" zu Papier zu bringen...)
                Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

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                • Fjaellripan
                  Erfahren
                  • 19.01.2008
                  • 149
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                  Uiui, das geht ja gleich los hier mit den Diskussionen. Hab mir schon gedacht, dass die Aktion unter Vernünftigen nicht auf Gegenliebe stoßen würde.
                  @thueringer: Zu deinem Trost: Wir haben uns nach dieser "Erfahrung" nur noch an "offizielle" Wege gehalten, wobei es diese in dem Maße auf den Lofoten nicht gibt.
                  Anzumerken wäre vielleicht noch, dass es sicherlich jedem schon mal passiert ist, dass er aufgrund unzureichender Markierungen vom Weg abgekommen ist und querfeldein laufen musste. Wenn du also den ökologischen Schaden minimieren willst, geh nicht wandern. Ich denke es verursacht wesentlich mehr Schaden, wenn du mit dem Auto oder gar Flieger in den Urlaub fährst.
                  Im Übrigen schildere ich unsere Begebenheit, die ja im Grunde ziemlich peinlich ist damit andere sie nicht nachmachen. Aber ich will jetzt nicht irgendwelche Argumente an den Haaren herbei ziehen um mich zu rechtfertigen.

                  Zitat von Ari Beitrag anzeigen
                  - das halte ich für ein Mißverständnis. Fjell = Gebirge, das gibt es in viele Varianten und steile Berge gibt es nicht nur auf den Lofoten.
                  Hast natürlich recht. Ich korrigiere mich und sage: ...die man im schwedischen Fjäll (Wo ich bisher vorrangig unterwegs war) nicht findet.
                  Längtan - ein Filmprojekt im Fjäll

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                  • thueringer
                    Erfahren
                    • 30.06.2009
                    • 208
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                    Na wenn`s da keinen Weg gibt, hab ich ihn wohl missverstanden

                    Wir hatten uns im Voraus überlegt, dass wir, um den vielzitierten Massen an Tagestouries zu entweichen, die Pfade verlassen und in abgelegene Gebiete vorzudringen…
                    ...und auch nichts gesagt

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                    • thueringer
                      Erfahren
                      • 30.06.2009
                      • 208
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                      Klar bin ich schon vom Weg abgekommen öfter als mir lieb ist!
                      Klang nur irgendwie "geplant". Wie gesagt, hab da offensichtlich was
                      missverstanden

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                      • Fjaellripan
                        Erfahren
                        • 19.01.2008
                        • 149
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                        Zitat von thueringer Beitrag anzeigen
                        Klar bin ich schon vom Weg abgekommen öfter als mir lieb ist!
                        Klang nur irgendwie "geplant". Wie gesagt, hab da offensichtlich was
                        missverstanden
                        Schon gut, deine Kritik war berechtigt, wie gesagt...
                        Längtan - ein Filmprojekt im Fjäll

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                        • Gast-Avatar

                          #13
                          AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                          Hehe, die Erfahrung, dass querfeldein auf den Lofoten nicht unbedingt immer zum Ziel führt, musste ich dieses Jahr auch machen

                          Bin gespannt wie es weitergeht. Vor allem, weil sich unsere Reiseziele ja scheinbar sehr gut gedeckt haben!

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                          • Fjaellripan
                            Erfahren
                            • 19.01.2008
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                            #14
                            AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                            OT: @ Vincent: Seid ihr zufällig am 9.08. in Kvalvika gewesen? Meine dich da gesehen zu haben...
                            Längtan - ein Filmprojekt im Fjäll

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                            • Gast-Avatar

                              #15
                              AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                              8.8. auf 9.8.

                              Das ist ja scary - bist schon der zweite, der mich entdeckt haben will

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                              • Fjaellripan
                                Erfahren
                                • 19.01.2008
                                • 149
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                                #16
                                AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                                OT: Ja, Alter, du bist bekannt wie'n bunter Hund. Der felsige Mittelteil vom Strand, wo man sich die Kette hochziehen muss. Sach bloß, du hast auch da deine Nacht verbracht. vom achten zum neunten war's etwas ungemütlich, nich wahr?
                                Längtan - ein Filmprojekt im Fjäll

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                                • Fjaellripan
                                  Erfahren
                                  • 19.01.2008
                                  • 149
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                                  #17
                                  AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                                  OT: So, bei dem zahlreichen Feedback, bin ich gleich motiviert weiter zu schreiben. So, das musste mal gesagt werden.

                                  Der Postkartenblick. 7.08.09
                                  Nachts nahm ich im Halbschlaf die von gelegentlichen Schnarchern durchbrochene Geräuschkulisse leichten Regens auf der Plane wahr. Irgendwie krieg ich bei dem Geräusch immer gleich Horrorvorstellungen von tagelangem Dauerregen (der ja an der Atlantikküste gelegentlich vorkommen soll). Bin wohl noch nicht geheilt von einigen Erlebnissen. Aber wir werden gnädig behandelt: Dieses und auch die kommenden Male fiel der Zeitpunkt des obligaten Niederschlagspensum stets auf die Nachstunden. So sorgt die sich alsbald durchsetzende Sonne für eine rasche Trocknung des Zelts am nächsten Morgen.
                                  Nach dem Frühstück rappelten wir uns wieder auf mit der Absicht es heute mit dem offiziellen Weg zur Westküste zu versuchen. Dabei wurden wir mal wieder gründlich verarscht, von unserer Wanderkarte. Mit morgendlicher Kraft voran ging es auf den Trampelpfad, der links an einer Hütte und dann am Seeufer entlang führt. Nun leitet uns die gestrichelte Linie den Hang hoch. Da sind auch einige Trampelpfade, aber wirklich viel begangen wirkt keiner davon. Na gut, die Karte wird’s wissen. Wir klettern wieder mal los während sich das Dickicht förmlich um uns schließt. Schließlich ist nichts mehr zu machen: Ich häng mit dem Rucksack zwischen zwei Birken fest, Johannes ist gar nicht mehr zu sehen, nur ein Rascheln und Knacken. Ja, schön.
                                  Der Abstieg ist dann immerhin recht bequem, da uns zahlreiche Vegetationskörper als lebende Kletterhilfen zur Verfügung stehen.
                                  Zurück auf dem Pfad, entdecken wir dann auch den richtigen Abzweig. Aber wir haben jetzt auch keine Lust mehr, wollen mal wieder raus aus diesem Tal.
                                  Gegen Mittag sind wir in Å. Wir nehmen nicht den Weg rechts zur Straße, sondern folgen einem Pfad rechts auf den Felsen hinauf und uns eröffnet sich ein faszinierender Blick an der fast senkrechten Lofotwand entlang Richtung Hell, mit Varøy im Hintergrund. Das Wetter ist wieder so hochsommerlich, dass ich mein T-Shirt ins Wasser schmeiße und nass anziehe, es aber nach zwei Stunden wieder trocken, ähm wasserfrei, ist. Die Möwen kreisen über dem schwarzblauen Wasser 50 Meter unter uns. Wir genießen den Blick und pfeifen uns ein fettes Stück Wurst rein.
                                  Der Parkplatz von Å ist gepflastert von Liegestühlen, die halbnackte alte Frauen enthalten. Räusper… Wir entern die Touristinformation, weil wir ein Eis haben wollen. Ein auf Mittelalter machender Flötenspieler versucht mit zarten Klängen Geld in seinen Hut zu locken, doch auch schrillere Töne führen nicht zur gewünschten Aufmerksamkeit. Mit einem teuren Klumpen aus der Tiefkühltruhe im Rachen besehen wir uns den Busfahrplan. Wir denken heut ist ein guter Tag für den Reinebringen. Der nächste Bus fährt erst in zweieinhalb Stunden, bis dann sind wir dicke zu Fuß in Reine.
                                  Unterwegs versuchen wir es ein paar Mal mit Trampen, was aber keine Beachtung findet. In Sørvågen machen wir wieder den Abstecher am See lang, ein Weg, der im Winter beleuchtet und im Wanderführer als Tour auch für Alte und Klapprige empfohlen wird.
                                  In Moskenes, wo die Möwen Haus und Hof besiedeln und noch auf den kleinsten Felsvorsprüngen und Fensterbrettern nisten, besahen wir uns diese leicht zu entdeckende Spezies und nahmen ihr Gekreisch auf – das typische Lofotengeräusch. Hinter Moskenes führt die E10 durch zwei Tunnel. Für Wanderer stehen die alten Straßen zur Verfügung. Da haben wir auch mal Ruhe vor den motorisierten Konsorten. An der zweiten dieser Straßen befindet sich der Aufstieg zum Reinebringen, welcher im Übrigen auch kein offizieller Weg, da nicht markiert und beschildert, ist. Ein Geheimtipp ist das aber natürlich schon lange nicht mehr und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass das erste Stück aus einem fünf Meter breiten Streifen blankgelatschten Stück Fels besteht. Bei Regenwetter ist hier bereits Schicht im Schacht, aber momentan sieht alles gut aus. Der Lofotensommer scheint sehr trocken gewesen zu sein. Viele Bäche sind ausgetrocknet und manchmal ist das natürliche Getränkeangebot stark reduziert.
                                  Nun ja, es ist bereits auf den Abend zugeht, machen wir uns schon mal Gedanken über unser Nachtlager. Hier ist überall mindestens ein Anstieg von 60˚ und das Zelt ist als Hängematte nicht geeignet, meint der Hersteller. Da unsere Rucksäcke auch keine Fliegen sind und der Weg scheinbar allen Definitionen von steil gerecht zu werden scheint, verzichten wir auch darauf vincent-like auf dem Gipfel zu kampieren. Stattdessen wenden wir uns dem beschaulichen Reine zu, das uns mit Felsenfräsmaschinen, Presslufthämmern und Baggerschaufelgeschepper begrüßt. Alter, die Schweine kloppen uns den Reinebringen weg! Eile ist geboten. Wir steigen einen Hang unweit des Ortes auf und gelangen in einen kleinen Talkessel mit einem klaren See. Wir errichten flugs das mobile Heim, schmeißen unseren Krempel rein und stopfen alle Wertsachen in unsere glücklicherweise zahlreich vorhandenen Hosentaschen, die dann wie dicke Beulen die Gehorgane übersähen.
                                  Die Reiners sind immer noch dabei an ihrem Berg zu klöppeln, als wir am Wanderpfad starten. In einer schweißreichen halben Stunde dampfen wir nach oben. Obwohl es bereits spät ist, rennen hier immer noch allerhand Hominidae rum. Der Weg war stellenweise stark erodiert und auf dem staubtrockenen, leicht schottrigen Boden ist Trittsicherheit eine Rarität. Oben eröffnete sich uns der von zahlreichen Bildern bekannte Blick, nicht mehr und nicht weniger. Wir nehmen uns eine Stunde Zeit und genießen den Blick auf sämtlichen Stellen des Bergkamms. Ein paar Japaner finden es offenbar cool Luftsprungbilder zu machen, mit dem 500-Meter-Abgrund im Rücken. Joah, wem der Nervenkitzel nicht reicht… Zwei blonde Skandinavierinnen präsentieren ihre bergsteigtrainierten langen Beine… ach ja einen von zackigen Bergen umgebenen Fjord, einen über mehrere Schären verteilter Fischerort und die weite Meeresbucht mit Festlandsküste in der Ferne gibt’s auch noch zu sehen.
                                  Achtung, Bilderflut...
                                  Auf dem letzten Drittel des Abstiegs schauert es leicht, der uns etwas Abkühlung schenkt und die Erde wunderbar riechen lässt. Gegen zehn sind wir am Zelt und völlig k.o. Wir nehmen ein Bad und kochen uns was, während sich die Dämmerung einstellt, die sich jedoch hier im Norden nicht in Dunkelheit verwandelt. Als ich später noch mal am Hang entlang gehe um das mitternächtliche Reine zu fotografieren, entdecke ich seltsame Schilder.
                                  Johannes reinigt grade den Kochtopf, Flocken getrockneten Fetts tanzen im Wasser. „Du, das ist Trinkwasser hier, zelten und baden verboten.“ Er wirft mir einen stirnrunzelnden Blick zu, guckt auf die Essensreste im Wasser, guckt auf die zahlreichen Möwenschisse am Ufer, räuspert sich und packt sein Geschirr zusammen.
                                  Trotz der morgendlichen Gefahr eines Reiner-Lynchmobs packen wir uns hundemüde ins Zelt und hoffen selbiges nicht auf einer Gassirunde von Reiner platziert zu haben.
                                  Längtan - ein Filmprojekt im Fjäll

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                                  • Fjaellripan
                                    Erfahren
                                    • 19.01.2008
                                    • 149
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                                    Ein Strand für uns. 8.08.09
                                    Gelyncht werden wir nicht, dafür beregnet – wieder mal. Das Zelt muss nass und in Hektik verstaut werden, denn unten im Dorf steht schon unser Boot bereit.
                                    Tiefhängende Wolken drängen in den kleinen Talkessel als wir recht eilig den Hang hinunter stürmen. Das Reinefjord-Linienboot ist bereits mit einer Schicht Mensch überzogen. Für zusammen 110 Krönchen entern wir die Meute. Die Dynamik der humanen Ansammlung treibt uns zur Fahrerkabine. Jemand weist nach oben auf das Dach. Wir fläzen uns hin und freuen uns des Ausblicks, da weist uns ein Wutschnauben im Nacken auf sicherheitstechnisches Fehlverhalten unsererseits hin. Offenbar sollten wir nur unser Gepäck hier oben verstauen.
                                    Wir krallen uns an der Reling fest, während das überladene umfunktionierte Fischerboot an lofotentypischen Pfahlbauten und steilen Felswänden vorbei zieht.
                                    Der erste Halt ist Vindstatt und zu unserer Freude taumelt hier bereits der Großteil der Besatzung von Bord. Wir wollen nach Kirkefjord am Ende des rechten Fjordarms. Von beiden Stationen kann man Sandstrandbucht an der Westküste erwandern, bei letzterer hat man aber zudem die Möglichkeit eine Tour Richtung Selfjord anzuschließen.
                                    Außer uns geht nur noch ein Pärchen in Kirkefjord von Bord, der Rest brettert wieder nach Reine zurück.
                                    Erwartungsgemäß setzt sich die Sonne wieder durch und brutzelt uns die Haube. Wir eiern dann auch erst mal recht schlapp los, auch wegen Muskelkaters von der Kraxelei gestern. Zudem ist recht schnell klar, warum die Tagestouristen lieber von Vindstatt los tingeln, ist die dort zu überquerende Bergflanke doch um einiges flacher. Nun ja, wir wollen ja keinen Oma-Urlaub. Oben angekommen eröffnet sich uns dann auch ein prächtiger Ausblick auf den Ort unseres Begehrs.
                                    Das breite gletscherausgefräste Tal ist an der Sohle recht sumpfig und von kristallklaren Bächen durchzogen – Adern der Landschaft, deren leckeres Blut wir trinken. Das Land ist von einer üppigen Flora bedeckt, dere Zusammensetzung deutlich die Spuren extensiver Beweidung zeigt. Allerdings hat hier vermutlich seit einem halben Jahrhundert keine Kuh mehr gegrast, solang zumindest ist dieser Ort nicht mehr besiedelt. Gebäudereste sind auch keine mehr aufzufinden – meist wurden die Siedlungen an der Yttersia, der „Außenseite“ der Insel, nach der Aufgabe komplett abgebaut. Es fasziniert mich, dass hier ein Ort ist, an dem der Mensch an der Wildheit der Natur gescheitert ist. Jetzt jedoch wirkt alles friedlich und die garstigen Winterstürme scheinen zeitlich ziemlich weit weg zu sein.
                                    Der Strand beginnt allmählich - der Bewuchs lockert sich immer mehr auf bis weite weiße Sandflächen vor uns liegen, von buckelartigen Büscheln von an diesen Extremstandort speziell angepassten Pflanzen durchsetzt und mit Strandgut besprenkelt, Denkmale für den globalen Einfluss des Menschen. Erst nähern wir uns vorsichtig – große Eisenkugeln liegen verstreut und der Kumpel fühlt sich an Seeminen erinnert. Doch als wir sie genauer in Augenschein nehmen, stellen wir fest, dass es sich offensichtlich um Ballastkugeln von Grundschleppnetzen handelt. Weiter gen Seeschlag kommen dann auch andere Wirtschaftkreisläufe ins Spiel, so Relikte der chemischen Industrie und Computer-Hardware.
                                    Abgesehen davon ist es einfach herrlich und genau das, was wir uns von den Lofoten erhofft haben und noch viel besser. Allein diese grünblaue Wasserfarbe hätte ich in der Intensität nie für möglich gehalten. Die Farben und Kontraste der Landschaft auf den Lofoten beeindrucken mich immer wieder auf’s Neue. Das lässt sich mit Fotos nur unzureichend wieder geben.
                                    Wir sind völlig allein am Strand. Zwei Zelte haben wir unterwegs im Tal in der Nähe des Bachs gesehen, die verlieren sich in der Landschaft. Ansonsten ist keine Sau hier – Horseid ist die abgelegenste Bucht Moskenesøyas, die noch zu Fuß erreicht werden kann – also für uns normalsterbliche flügellose Wesen zumindest (meine Hochachtung denen, die es nach Hell geschafft haben…). Wir genießen den Strand. Zum Baden ist es nun allerdings leider zu frisch, auch rechne ich damit, dass später noch Möglichkeit dazu bestehen wird (aber da täusch ich mich). Während Johannes wohlgenährt am Strand ratzt, durchstreife ich die Gegend und sichte Austernfischer und Brandseeschwalben. Letztere bezichtigen mich des Hausfriedensbruchs und beschließen aufgrund der Abwesenheit der Exekutiven Selbstjustiz zu betreiben. Die Folge sind Scheinangriffe im Tiefflug, mit denen sie alsbald auch ihre gewünschte Wirkung erzielen.
                                    Später fassen wir einen Fehlentschluss – wir wandern weiter. Ein Hierbleiben scheint aufgrund der frühen Stunde und der erst wenig zurück gelegten Tageskilometer unser Ego nicht zu zu lassen, obgleich wir uns sicherlich hätten beschäftigen und einfach mal entspannen und genießen können. Aber nein, der Geist ist rastlos getrieben von der Unvernunft und der Gier möglichst viel zu sehen. Manchmal denke ich, was man alles verpasst, wenn man aus Angst was zu verpassen, durch die Gegend hetzt. Nun gut, visuell war der Rest des Tages auch durchaus großartig, aber physisch ist es eine ganz große Scheiße.
                                    Der Pass zum Selfjord ist wieder mal verdammt steil und als wir mit Stöhnen und Ächzen endlich oben ankommen, fängt der Spaß erst an. Über einen Kilometer führt der Weg quer zum Hang und ist an vielen Stellen abgerutscht oder verschüttet, so steil ist es. Die Vorstellung auf eine Rutschpartie gefällt uns gar nicht, zumal der 500 Meter weiter unten liegende Arm des Selfjords nicht der ist, wo der Wanderweg weiter führt. Auch war auf der Karte kaum auszumachen, dass man noch einen zweiten Bergkamm überqueren musste, um schließlich auf der anderen Seite wieder steil hoch zwei abzusteigen. Der Talkessel ist mit einem wilden Dickicht aus Birken, Weiden und Farn zugewuchert, welches mit Stellen großblockigem Geröll durchzogen ist. In der Mitte liegt ein kleiner See, der spiegelblank daliegt. Mittlerweile gieren wir nach Wasser, da unsere Flaschen bereits beim Aufstieg geleert werden mussten (um Gewicht einzusparen und in der Annahme, auf der anderen Seite gäbe es Wasser – nun ja). Allerdings sind alle Sümpfe ausgetrocknet und fließend Wasser ist schon gar nicht auszumachen. Auch ist es schon recht spät und Zeltmöglichkeiten sind auch nicht wirklich gegeben. Doch Bequemlichkeiten gehören in den Alltag und so nehmen wir dann auch heldenhaft die Knott- und Kriebelmückenschwärme hin, die sich nun aus dem Gestrüpp erheben. (Nein, ganz so hart waren wir dann doch nich, wir haben ziemlich gejammert.) Na ja, wenigstens ein Teil der Natur liebt uns und wie viele kleine Nadelnstiche spüren wir die Küsse der kleinen Mandibeln.
                                    So ist es sich verständlich, dass wir noch weiter racken bis an eine Stelle, wo der Talkessel sich zum Selfjord hin öffnet und wo der Bewuchs weniger dicht ist. Johannes, der sich weigert, die venösen Abgaben freiwillig an die hiesige Bevölkerung zu leisten, schnürt sich zu, bis er einem Terroristen gleicht. Dann kochen wir unsere Suppe mit leichter Knott-Würzung. „Wenn doch nur ein wenig Wind wehen würde!“, flucht Johannes, öffnet die zugeschnürte Kapuze einen spaltbreit, schiebt sich die Soße hektisch zwischen die Kiemen, verbrennt sich die Zunge und flucht noch mal. Na dann gute Nacht.
                                    Längtan - ein Filmprojekt im Fjäll

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                                    • Alohatrekker
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                                      • 26.05.2007
                                      • 33

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                                      Wow so einen tollen Reisebericht habe ich lange net mehr gelesen. Insbesondere die Fotos sind klasse. ;) Ein Reisziel mehr auf meiner Liste xD
                                      Wie war den eure Reiseroute und welche Karten habt ihr benutzt und welche würdet ihr empfehlen?
                                      Hoffe auf eine baldige Fortsetzung

                                      mfg Alohatrekker
                                      Absoluter Neuling ;)

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                                      • Fjaellripan
                                        Erfahren
                                        • 19.01.2008
                                        • 149
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        AW: [NO] Lofoten + Rago August '09 und eine Prise Chaos

                                        Wir haben die Turkart 1:100 000 vom DNT dabei gehabt. Die ist aber allenfalls zur groben Orientierung geeignet. Zum Wandern absolut nicht. Das wusste ich natürlich, dass der Maßstab nicht ausreicht, aber in der Geobuchhandlung konnte ich keine bessere bekommen. Es gibt gute topografische Karten im Maßstab 1:25 000, allerdings hätte ich da für Moskenesoya bereits drei Kartenblätter gebraucht und die waren auch nicht vorrätig. Das Problem der oben erwähnten Karte ist, dass viele Wanderwege nicht (Flakstad-Pfad) oder falsch eingetragen sind. Allgemein ist die Orientierung kein Problem, da das Gebiet überschaubar und voller markanter Gipfel ist. Die Wege sind gut erkennbar, allerdings sind in einigen Gebieten (um die Munkebu) sehr viele Trampelpfade, sodass man leicht auf einen falschen Weg geraten kann.
                                        Eine gute online Karte ist hier zu finden (wenn du die noch nicht kennst).
                                        Wir sind zahlreiche Pfade gelaufen, bisher kamen im Reisebericht der Pfad von A zur Stokkvika und ein Teil der Moskenesøy-Durchquerung vor.
                                        Längtan - ein Filmprojekt im Fjäll

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