[CA] Bowron Lakes

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  • hotdog
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    • 15.10.2007
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    [CA] Bowron Lakes

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Kanada, British Columbia
    Reisezeit: 5.8.-13.8.2008
    Region/Kontinent: Nordamerika

    Prolog

    116 km, 8 Portagen. Ungefähr vor einem Jahr wurde der Traum geboren, die Bowron Lakes im Westen Kanadas zu befahren. Wildnis, Bären, Elche, klare Seen, Berge, Ruhe, Lagerfeuer. Das war die Vorstellung. Etliche Reiseberichte haben wir gelesen, hunderte Fotos gesehen, unsere Tauglichkeit und die unseres Equipments auf einer kleinen Tour auf Vancouver Island getestet. Und dann war es endlich so weit. Wir sitzen in der Becker's Lodge und schauen auf den Bowron Lake in die Richtung, aus der wir 10 Tage später wieder zurück kommen sollten.

    Es ist Sonntag Abend und wir wollen eigentlich am nächsten Tag starten. Pro Tag dürfen 27 Boote auf die Runde. Eine Reservierung wird empfohlen, aber es gibt immer einige Drop-in Permits für Kurzentschlossene. Wir spekulieren darauf, weil wir lange nicht genau wissen, wann wir hier ankommen werden. Nun sind wir da und im Registration Center am Startpunkt der Runde werden uns erstmal alle Hoffnungen genommen: kein Permit für den nächsten Tag, für den übernächsten auch nicht. Anfang August ist hier die Hölle los. Aber am Mittwoch könnten wir ganz sicher los. *uff* Zwei Tage rumhängen? Zum Glück hat Lothar, der Chef der Becker's Lodge, offenbar gute Kontakte zum Registration Center und ermöglicht es irgendwie, daß wir doch schon am Dienstag losfahren können.

    1. Tag

    Wir vertreiben uns also am Montag die Zeit anderweitig und sind Dienstag früh um 9 Uhr pünktlich und fertig bepackt am Registration Center. Das Kanu, ein Old Town Penopscot 17, zwei Rettungswesten, 3 Paddel und eine Tonne haben wir in der Becker's Lodge ausgeliehen. Im Registration Center werden erstmal die 60$ pro Person abgedrückt, die uns berechtigen, uns maximal 14 Tage im Provincial Park aufzuhalten und auf den insgesamt 54 Campsites, die gleichmäßig auf der Runde verteilt sind, zu übernachten. Dann gibt es eine Art Einweisung per 10-minütigem Video, in dem uns erklärt wird, wie wir uns in diesem Provincial Park zu verhalten haben, ein paar mahnende Worte gibt es dann noch und Hinweise, wo mit Bären zu rechnen ist, und dann geht's ans Wiegen.

    Um die Wege, auf denen die Kanus zwischen den Seen transportiert werden, zu schützen, darf in jedem Boot nur 28 kg Extragepäck verstaut werden, Paddel, Rettungswesten, Axt und Wasser ausgenommen. Alles, was darüber ist, muß während der Portagen getragen werden. Wir haben yum Transport im Boot 4 Packsäcke und die Tonne vorgesehen, das übrige Gepäck trägt jede von uns in einem Rucksack auf ihrem Rücken. Unser Gepäck wird gewogen und für gut befunden und das Ergebnis auf einem Zettel notiert. Dieser wird eingeschweißt und dann mit Kabelbinder fest am Boot befestigt, damit jederzeit überprüft werden kann, ob wir das Limit einhalten.

    Und dann geht's auch schon los.

    Mit uns starten eine 14-köpfige Jugendgruppe und ein paar Individualpaddler. Mittags gibt es ein zweites Startfenster. Als allererstes muß die erste von insgesamt 8 Portagen bewältigt werden, 2,4 km zum Kibbee Lake. Sie hat eine leichte Steigung, aber der Weg ist breit und eben genug, sodaß wir es ohne Probleme in ca. einer Stunde schaffen. Am Kibbee Lake stechen wir endlich in See! Aber nur, um nach 2,4 km und ca. eine halbe Stunde später wieder auszusteigen.

    Die zweite Portage steht an: 2 km zum Indianpoint Lake. Auch die ist problemlos nach einer Stunde geschafft. Und schon paddeln wir auf dem Indianpoint Lake.

    Dieser ist atemberaubend schön! Glasklar und still breitet er sich vor uns aus und schnell hat sich die große Reisegruppe, in der wir bisher unterwegs waren, derart entzerrt, daß wir das Gefühl haben, alleine auf dem See zu sein.
    Wir durchpaddeln gut die Hälfte des insgesamt 6,4 km langen Sees und landen am Campsite #6 an, um hier unser Nachtlager aufzuschlagen. Es ist noch früh am Nachmittag, aber ein Spot von den insgesamt 7 ist schon belegt. Später kommt noch eine deutsche Dreiergruppe und eine kanadische Familie dazu, worüber wir zunächst enttäuscht sind, denn wir wollten ja eigentlich alleine in der Wildnis und überhaupt. Später erweist sich dieser Umstand jedoch als äußerst hilfreich und beruhigend und wir lernen die Anwesenheit anderer Paddelgruppen zu schätzen. Aber dazu später mehr.

    Die insgesamt 54 Campsites auf den Bowron Lakes sind alle unterschiedlich groß, manche haben nur 2 Spots, das sind rechteckige in Holzstämme eingefaßte einigermaßen ebene Flächen, etwa so:

    manche haben 6 oder gar 10 Spots, je nachdem, wie populär die Ecke grad ist. Es gibt auch Gruppenplätze, die nur für eben solche reserviert sind und die von Individualpaddlern nicht benutzen werden sollen. Da gerade Hauptreisezeit ist, sind ein paar Gruppenplätze für Individualreisende geöffnet worden, um die Campsitesituation etwas zu entspannen. Tatsächlich erleben wir, daß manche Plätze schon um 12 Uhr mittags belegt werden und kommen uns fast vor wie am Strand von Mallorca. Ganz so schlimm ist es dann am Ende aber doch nicht und auf dem See merkt man von den vielen Menschen hier sowieso nichts. Die Campsites sind außerdem mit mindestens einer Feuerstelle ausgestattet, einem Plumpsklo und einem Bearcache, das sind so große Metallschränke, in denen das Essen, das Geschirr und alles, was irgendwie riecht, gelagert werden soll. Mülleimer gibt's keine, d.h. alles, was nicht verbrannt werden kann, muß mitgenommen werden. Organische Abfälle sollen verbrannt werden, weshalb es auf der ganzen Strecke verteilt Woodlots gibt, also Plätze, an denen Holz gelagert wird, bei denen man sich bedienen kann, wenn nicht sogar am Campsite selbst genug Holz bereitliegt. Da das Holz eher grob gehackt ist, empfiehlt sich unbedingt die Mitnahme einer vernünftigen Axt. Abwaschwasser wird ins Klo gekippt. Und erstaunlicherweise erleben wir, daß sich hier auch jeder an diese Vorgaben hält. Und wir lernen, daß man sein Zahnputzzeug auch prima ins Feuer spucken kann und daß Birkenrinde ein toller Feuerstarter ist. Aber zurück zu den vielen Leuten...

    Der erste Tag neigt sich dem Ende, unsere Nachbarn waren schon im Zelt verschwunden, da tönt ein lautes "Hier ist ein Bär!" von der deutschen Gruppe am anderen Ende über den Platz. Ich bewaffne mich todesmutig mit Bärenspray und schaue, was da los ist. Und tatsächlich: Da ist ein Bär! Ein vielleicht zwei bis drei Jahre alter Schwarzbär versucht sich an unseren Platz heranzupirschen. Wir und die anderen Deutschen laufen ziemlich planlos und wirr durch die Gegend während die Nachbarn, eine Familie aus Vancouver und ein Vater/Sohn-Gespann aus ichweißnichwo, ganz cool und ruhig dem Tier zu verstehen geben, daß es sich trollen soll. Was es auch widerwillig tut. Dann gehen die Kanadier alle wieder in ihre Zelte und lassen uns Greenhorns verschreckt zurück. "Das passiert bei uns öfter", "Ist ganz normal" und "Sicher kommt er heute Nacht zurück, aber da wird schon nichts passieren" sind ihre Antworten. Dieser Bär kommt aber schon eine halbe Stunde später zurück, es ist inzwischen dunkel und man kann kaum noch was sehen, nur ab und an glitzernde Bärenaugen *grusel* Diesmal ist es schon schwieriger, den Bären zu vertreiben. Aber irgendwann rennt er doch weg und läßt uns sehr verstört zurück. Wie sollen wir nur diese Nacht überstehen geschweige denn die darauffolgenden 7 Nächte?
    Verständlich wohl, daß unser Schlaf in dieser Nacht allenfalls als leicht zu bezeichnen ist, aber der Bär, der, wie wir später erfahren, schon als potenzieller Problembär bekannt ist und George genannt wird, läßt sich nicht mehr blicken.

    Tagesetappe: 11,7 km, GPS-Track:

    Zuletzt geändert von hotdog; 28.10.2011, 21:55. Grund: Charakter des Berichts eingefügt
    Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

  • casper

    Alter Hase
    • 17.09.2006
    • 4940
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    #2
    AW: [CA] Bowron Lakes

    Zitat von hotdog Beitrag anzeigen
    Land: Kanada, British Columbia
    Reisezeit: 5.8.-13.8.2008
    Region/Kontinent: Nordamerika

    "Hier ist ein Bär!" Und tatsächlich: Da ist ein Bär!
    Den Grusel kann ich verstehen.
    Bei mir wäre da höchstwahrscheinlich schon Feierabend
    Prima geschrieben.
    Bitte schnell weiterschreiben

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    • dooley242

      Fuchs
      • 08.02.2008
      • 2096
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [CA] Bowron Lakes

      Da freut man sich doch auf mehr und wartet:
      Gruß

      Thomas

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      • Gast-Avatar

        #4
        AW: [CA] Bowron Lakes

        ich freue mich schon auf weitere so schöne Fotos!

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        • Gast-Avatar

          #5
          AW: [CA] Bowron Lakes

          Oh ja, bitte mehr davon... so aus der Ferne ist die Sache mit dem "Problembär" ganz interessant und lustig .... an Ort und Stelle säh' das anders aus
          ( da wär ich ein Angsthase³)

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          • hotdog
            Freak

            Liebt das Forum
            • 15.10.2007
            • 16106
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [CA] Bowron Lakes

            2. Tag

            Die erste Nacht ist überstanden und uns empfängt ein sonniger Morgen mit einem Blick auf den Indianpoint Lake.

            Frühstück und Zusammenpacken, ein Ritual, das uns von nun an jeden Morgen begleiten wird, dauert ca. zwei Stunden und um 10 Uhr sind wir abfahrbereit. Wir gehen nochmal bei der deutschen Gruppe vorbei und sinnieren darüber, ob es nun deren Steaks oder mein Fisch gewesen ist (oder vielleicht doch die stark gewürzten Hühnerspieße der unerschrockenen Familie?), was den Bären angelockt hat. Wir kommen zu keinem Ergebnis und fahren los.

            Nach 30 Minuten ist die 3. Portage erreicht, 1,6 km. Erst geht es steil bergauf, im weiteren Verlauf ist diese Portage aber ganz angenehm. Und bald sitzen wir wieder im Boot auf dem Isaac Lake.

            Dieser ist mit 38 km Länge der längste See der Runde und teilt sich auf in einen 6,8 km langen Westarm und einen 31,2 km langen Hauptarm. Er ist tiefblau und glasklar. In der strahlenden Sonne zeichnet sich manchmal unser Schatten am Grund ab.

            Ich habe gelesen, daß man hier Fischadler beobachten kann, und wie auf Bestellung zeigt sich einer, zieht seine Kreise am Himmel und stößt ab und an ins Wasser, um schließlich mit einem Fisch als Beute zurück zu seinem Horst zu fliegen. Campsite #12 ist um 12 Uhr schon wieder bevölkert. Wir wundern uns nur und ziehen weiter. Unterwegs filtern wir etwas Wasser, laden Holz an einem Woodlot ein und rasten am Campsite #15. Hier müssen wir unser frisch gekochtes Süppchen gegen ein paar freche Erdhörnchen verteidigen.

            Campsite #15 ist einer von den Campsites, die mit einem Cooking Shelter ausgestattet sind. Das ist zwar meistens eine zugige Angelegenheit, weil diese Shelter in der Regel keine Seitenwände besitzen, aber immerhin sind sie überdacht, es gibt einen Ofen, auf dem man kochen kann und es stehen auch Tische und Bänke drin. An diesem Campsite gibt es auch eine von 5 Rangerstationen mit Nottelefon, von denen aus man im Ernstfall Hilfe rufen kann. Die Rangerstationen selbst sind nicht immer besetzt. Tatsächlich haben wir auf der ganzen Runde nur an einer Stelle welche wahrgenommen.

            Als wir um 15:30 Uhr wieder aufbrechen, kommen schon die ersten Nachtgäste an. Wir treffen sie später wieder und nennen sie im Folgenden "Die Speedracer", weil sie an diesem Tag erst gestartet sind während wir schon den zweiten Tag unterwegs sind. Wir paddeln noch ein Stück den Hauptarm hinunter bis zum Campsite #18, ein romantischer Platz am Moxley Creek mit Kiesstrand und Trapper Cabin, in der zur Not 6 Personen übernachten können.

            Nach einem erfrischenden Bad im See treffen die nächsten ein, zwei Brüder mit Sohn, die uns erklären, daß sie es diesmal ruhiger angehen lassen wollen, weil sie einen Passagier (den Sohn) dabei haben. Deshalb würden sie nun 4 Tage veranschlagen statt 3 Campsite #18 ist nun voll besetzt, aber am Abend landet noch ein Pärchen an. Sie suchen sich ein Plätzchen auf dem Kiesstrand und da sie ihr Abendessen auf dem Lagerfeuer zubereiten, tragen sie von nun an den Namen "gemeine Feuerkocher".

            Die Brüder geben uns Rotwein aus (aus dem Tetrapack, aber unter diesen Umständen köstlich) und wir genießen die blaue Stunde am Ufer. In der Ferne schreit ein Eistaucher und im Hintergrund plätschert der Bach. Total kitschig!



            Tagesetappe: 17,3 km, GPS-Track:

            Zuletzt geändert von hotdog; 25.10.2009, 10:32. Grund: Bilder umgehostet und Layout angepasst
            Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

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            • bennym
              Gerne im Forum
              • 09.11.2007
              • 58

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [CA] Bowron Lakes

              Toller Bericht! Weiter so !

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              • heron
                Fuchs
                • 07.08.2006
                • 1745

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [CA] Bowron Lakes

                Superschöner Bericht - weckt meine Erinnerungen an die Boundary Waters
                Warte schön langsam ungeduldig auf die Fortsetzung

                gx
                sabine
                Ich habe keine grossen Ambitionen. Still sitze ich und betrachte wohlgemut das Gewimmel der Welt.
                Ich benötige nur so viel, wie ich mir ohne Anstrengung und Demütigung beschaffen kann. (György Bálint)

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                • hotdog
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                  • 15.10.2007
                  • 16106
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [CA] Bowron Lakes

                  3. Tag

                  Heute Morgen sind wir früh fertig: 9:25 Uhr - Rekord! Wir haben aber auch viel vor. Wir wollen bis zum Ende des Isaac Lakes paddeln, ca. 28 km. Deshalb halten wir uns hier gar nicht weiter auf und fahren los.
                  Zunächst kommen wir gut voran. Wir rasten an den Campsites #20 und #23.

                  Gegen 15 Uhr kommt Wind auf. Wir wurden im Vorfeld schon vor diesen tückischen Winden gewarnt, deshalb halten wir uns nah am Ufer. Die Strecke zieht sich, aber sie ist wunderschön. In der Ferne können wir immer wieder uns schon bekannte Kanugruppen ausmachen: die unerschrockene Familie von Campsite #6, die zwei Männer, die Brüder mit Sohn, die Deutschen und zwei Teenager, Geschwister, die von ihrem Vater offensichtlich zum Team-Building auf die Runde geschickt worden waren. Und auch ein Fischadler, der um seinen Horst kreist, läßt sich beobachten.

                  Inzwischen sind die Arme doch schon recht lang und um 18:15 Uhr erreichen wir endlich Campsite #28 und sind zu unserem Erstaunen zunächst ganz allein hier. Erstaunt deshalb, weil einerseits die Campsites, die wir zuvor passiert hatten, zum größten Teil schon besetzt waren, und zum Anderen an diesem Platz die berüchtigte Chute liegt. Die Chute bildet die Einfahrt zum Isaac River und ist eine stufenartige Verengung, in der das Wasser beschleunigt wird, mit anschließender Rechtskurve. Für ein Kajak sicher kein Problem, aber ein offenes Kanu, dazu noch voll beladen, kann hier durchaus in Schwierigkeiten geraten, wenn die Besatzung nicht geübt ist. Deshalb gibt es die Möglichkeit, diese Stelle zu umtragen, was auch gerne genutzt wird. Wie ich im Vorfeld lesen konnte, wird dieser Platz gerne genutzt, um einen Tag zu pausieren, sei es, um auszuruhen oder ein bisschen in der Chute zu spielen oder anderen dabei zuzuschauen. Deshalb vermutete ich, hier einige Zelte vorzufinden. Nicht so an diesem Tag. Kurz nach uns kommt die unerschrockene Familie an. Das war's.











                  Nach dem Essen in einem Cooking Shelter schauen wir dem Treiben an der Chute zu. Die unerschrockene Familie hat ein kleines Kajak dabei, mit dem sie mehrmals die Chute befahren. Ich bin total neidisch. Meine Wildwassererfahrungen liegen zwar schon eine Weile zurück, aber diese kleine Stufe würde ich zu gerne selbst fahren. Tatsächlich fragen sie mich, ob ich Lust hätte, mit ihrem Kajak da runter zu fahren. Und ob ich Lust hatte! Obwohl mir eigentlich noch die letzten 28 km in den Armen stecken müßten, bin ich schnell umgezogen und schon sitze ich im Boot. Das Verhalten des Kajaks, das eher ein Seekajak ist denn ein Wildwasserkajak, ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber es ist trotzdem eine sehr spaßige Angelegenheit und viel zu schnell vorbei.

                  Glücklich, zufrieden und mit der Gewißheit, die Hälfte der Strecke geschafft zu haben, lassen wir den Abend ausklingen mit einem Kakao mit Rum und dem schönsten Ausblick, den die Bowron Lakes zu bieten haben.



                  Tagesetappe: 29 km, GPS-Track:

                  Zuletzt geändert von hotdog; 25.10.2009, 10:40. Grund: Bilder umgehostet und Layout angepasst
                  Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

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                    • 15.06.2008
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                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [CA] Bowron Lakes

                    Schööööön *träum* .....es muß sofort der 4.Teil her - jetzt

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                    • hotdog
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                      #11
                      AW: [CA] Bowron Lakes

                      4. Tag

                      Wieder ein sonniger Morgen. Wir frühstücken mit Blick auf den Isaac Lake.

                      Wunderschön!

                      Und dann läßt sich auch noch ein Elch am anderen Ufer blicken. Besser geht's ja wohl nicht!

                      An der Chute ist heute Morgen nichts los. Eine Gruppe vom Nachbarcampsite zieht es vor, die Stelle zu umtragen. Auch die unerschrockene Familie macht sich zu Fuß auf den Weg. Ich bin die Chute ja gestern Abend schon gefahren, also fällt es mir leicht, dem Bitten der compañera nachzugeben. Wir beginnen ebenfalls den Tag mit der 4. Portage. An deren vorläufigen Ende wartet der nächste Elch auf uns.

                      Auf dem zweiten Teil der Portage überholen uns die Brüder mit Sohn, die ganz ohne Cart unterwegs sind und deshalb ganz auf die klassische Tour ihr Kanu auf der Schulter tragen. Obwohl sie ja eigentlich in 4 Tagen hier durchrauschen wollten, haben wir sie auf dem Isaac Lake "abgehängt". D.h. sie haben gestern einfach das gute Wetter ausnutzend einen kurzen Paddeltag eingelegt während wir es vorzogen, das längste Stück der Runde zu paddeln.

                      Kurz darauf knickt la compañera trotz festem Schuhwerk um. Der Knöchel wird zunächst noch nicht dick, aber es wird sie doch im weiteren Verlauf der Tour beeinträchtigen und unsere Geschwindigkeit bei den folgenden Portagen verlangsamen. Zum Trost gibt es Blaubeeren am Wegesrand. Wir sind froh um jede Auffrischung unseres Vitamindepots und genehmigen uns die ein oder andere handvoll im Vorbeigehen, auch wenn wir wissen, daß wir die einheimischen Bären verstimmen werden, wenn wir ihnen ihre Nahrung streitig machen. Wir haben uns inzwischen an die Möglichkeit gewöhnt, daß hinter der nächsten Kurve ein Bär auftauchen könnte, und machen schon fast instinktiv immer ein bisschen Lärm, wenn wir uns alleine wähnen.

                      Dann kommt das erste aufregende Stück Paddeln im Fluß, ein paar hundert Meter nur vor der 5. Portage. Wir empfinden die Strömung des Isaac Rivers als ziemlich stark, ein paar Kurven und Engen müssen genommen werden. Mit höchster Aufmerksamkeit vorn und ein paar kräftigen Paddelschlägen hinten schaffen wir den Parcours ohne Probleme und finden auch auf Anhieb den Ausstieg bevor es die 11m hohen Isaac River Falls hinunter geht.

                      Die 5. Portage ist verhältnismäßig kurz, dafür aber am Ende um so steiler. Wegen des lädierten Knöchels beschließen wir, Boot und Gepäck getrennt zu nehmen und in zwei Etappen zu gehen. Das ist zunächst recht beschwerlich, doch während wir von den Speedracern überholt werden, schnappt sich einer von denen das andere Ende unseres Kanus und - schwupps - sind auch wir am Ende der Portage angelangt. Wir gehen noch mal zurück, um uns den Wasserfall anzusehen und paddeln dann ein kurzes Stück den McLeary Lake, um am Campsite #31 zu rasten und uns für die bevorstehende Befahrung des Cariboo Rivers zu stärken. Hier hat sich schon eine Gruppe häuslich eingerichtet, die Lazy Group, und wir beobachten den dritten Elch für heute, einen stattlichen Bullen, beim Äsen im See.

                      Wie uns die Lazy Group erzählt, waren es am Vormittag insgesamt 4 Elche, die sich hier im See zu Schau gestellt haben. Drei sind inzwischen schon verschwunden, nur der Bulle ist offensichtlich noch nicht satt.

                      Dann folgt die größte Herausforderung des heutigen Tages: der Cariboo River. Er ist 5,2 km lang, weist eine recht starke Strömung auf, und die Schwierigkeit besteht darin, Baumstämme, die unter der Wasseroberfläche lauern, rechtzeitig zu erkennen und ihnen auszuweichen. Eine angespannte halbe Stunde lang bewegen wir uns stramm paddelnd durch sein Labyrinth auf milchig-trübem Wasser - Schmelzwasser - immer schön in der Hauptströmung und erreichen schließlich den Lanezi Lake. Sichtlich erleichtert, nun den anspruchvollsten Teil der Reise hinter uns zu haben, landen wir um 17 Uhr am Campsite #34 am idyllischen Turner Creek an.

                      Hier haben sich bereits die Speedracer und die gemeinen Feuerkocher niedergelassen, aber auch für uns ist noch ein Plätzchen frei. Zur Feier des Tages gibt es heute Cinnamon Coffee Cake auf dem Trangia gebacken - einfach köstlich!














                      Tagesetappe: 16,8 km, GPS-Track:

                      Zuletzt geändert von hotdog; 24.10.2009, 19:21. Grund: Bilder umgehostet und Layout angepasst
                      Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

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                      • Gast-Avatar

                        #12
                        AW: [CA] Bowron Lakes

                        wirklich schöne Fotos und auch der Bericht ist amüsant.
                        Bin gespannt, wie es weiter geht.

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                        • hotdog
                          Freak

                          Liebt das Forum
                          • 15.10.2007
                          • 16106
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [CA] Bowron Lakes

                          5. Tag

                          In der Nacht kündigt ein kurzes aber heftiges Gewitter einen Wetterumschwung an. Doch am Morgen ist es zunächst wieder sonnig. Nach dem üblichen Frühstück-und-Zusammenpacken-Ritual sind wir um 10:15 Uhr auf dem Wasser. Heute ist "unser" Lazy Day. Das bedeutet, wir paddeln nur 9,5 km zum Campsite #37. Wir haben noch 5 Tage Zeit, die Runde zu beenden, und wollen nach den anstrengenden letzten Tagen noch ein bisschen am Lanezi bleiben. Nach zwei Stunden erreichen wir unser heutiges Etappenziel und sind die ersten an einem wunderschönen Spot. Die Entscheidung, heute nicht allzuweit zu paddeln, erweist sich als goldrichtig. Hinter den Bergen braut sich einiges zusammen. Endlich schlägt die goldene Stunde unseres mitgeführten Tarps.

                          Hatte es bisher ein Dasein im Verborgenen gefristet, so wird es von nun an an jedem Campsite mit wachsender Begeisterung aufgebaut, denn mir fallen immer neue, bessere Aufbauvariationen ein und ich denke ernsthaft darüber nach, ein Buch darüber zu veröffentlichen, das dann "Das große Buch des Tarpens" heißen könnte. Mit diesem künftigen Standardwerk der Tarpbautechnik würde ich dann sicherlich reich und berühmt werden und könnte weiterführende Werke in dieser Reihe veröffentlichen, z.B. "Tarpen für Dummies", "Zen oder die Kunst des Tarpens" oder für Fortgeschrittene "Schnurlos Tarpen".

                          Kaum sind Zelt und Tarp aufgebaut, fängt es auch schon an zu regnen. Das ist Timing! Später trudelt die Lazy Group ein, die die übrigen beiden Spots besetzt. Nun ist Campsite #37 komplett. Es ist ja noch früh und wir vertreiben uns die Zeit mit erfolglosem Angeln, Baden, Knoten Knoten, Regenablaufrinnen Graben und Holz Hacken. Die Lazy Group, die aus zwei Pärchen besteht, die sich am Anfang der Runde kennengelernt haben und spontan beschlossen haben, zusammen zu reisen, hat dementsprechend alles doppelt dabei und überläßt uns hier und auch später wieder eine ordentliche Axt (sie konnten wohl unsere kläglichen Holzhackversuche mit unserer etwas kurz geratenen Axt nicht lange mitansehen).

                          Langsam wird es ungemütlich. Immer wieder regnet und gewittert es mit dem dazugehörigen auffrischenden Wind.

                          Trotz der widrigen Verhältnisse sehen wir einige Boote weiterziehen. Nur die Teenager landen an. Sie sind völlig durchnäßt und durchgefroren und zumindest er, vielleicht 17 oder 18 Jahre alt, hat ganz offensichtlich keinen Bock mehr und versucht verzweifelt, seiner Schwester einen Platz zwischen unseren Zelten schmackhaft zu machen. Sie dagegen, älter, aber auch nicht älter als vielleicht 20, drängt ihn dazu weiterzuziehen. Wir laden sie erstmal an unser Feuer und unter unser Tarp ein, damit sie sich ausruhen können und nochmal über ihre Pläne nachdenken. Sie erzählen uns, daß ihr Vater ihnen 7 Tage Zeit für die Runde gegeben hat und extra mit dem Auto aus Vancouver anreisen wird, um sie abzuholen. Das bedeutet, sie müssen in zwei Tagen zurück sein. Wir versuchen sie zu überzeugen, daß ihr Vater ihnen schon nicht den Kopf abreißen wird, wenn sie sich verspäten. Schließlich kann sich das Wetter hier immer schlagartig ändern, man strandet irgendwo und muß ausharren. Das müsse der Vater mit einkalkulieren und dann halt einfach warten. Aber die beiden stehen so unter Druck, daß sie nach kurzer Verschnaufpause weiterpaddeln. Wenigstens bis zum Sandy Lake wollen sie noch. Wir schauen ihnen nachdenklich hinterher und bedauern, daß sie diese Reise sicher nicht in so angenehmer Erinnerung behalten werden wie wir.

                          Der Abend bleibt regnerisch, windig und kühl, das mühsam entfachte Feuer will nicht so richtig wärmen, also verziehen wir uns früh ins schützende Zelt.

                          Tagesetappe: 9,2 km, GPS-Track:

                          Zuletzt geändert von hotdog; 25.10.2009, 08:38. Grund: Bilder umgehostet und Layout angepasst
                          Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

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                            #14
                            AW: [CA] Bowron Lakes

                            6. Tag

                            Endlich das typische Bowron Lakes Wetter! Bisher hatte ich ja nur davon gelesen. In 70% der Reiseberichte wird es als kühl, neblig, windig und regnerisch beschrieben. So ist das also. Wir überlegen, ob es Sinn macht, hier zu bleiben und auf besseres Wetter zu warten, entscheiden uns aber dagegen. Besser bei dem Wetter im Boot sitzen und aktiv sein als irgendwo zu hocken und zu frieren. Wir packen alles mehr oder weniger naß ein und sind um 9:15 Uhr abfahrbereit. Rekord! Heute geht es erst ein kurzes Stück durch den Cariboo River gefolgt von dem recht flachen Sandy Lake wieder in den Cariboo River, der hier ein träger breiter Fluß ist.

                            Kurz vor den Cariboo Falls geht es links ab in den Unna Lake. Auf dem Weg dorthin erfreut uns ein einsamer Elch, der 4. inzwischen, mit seiner Anwesenheit.

                            Frohen Mutes biegen wir in den Unna Lake ein. Hier weht jedoch eine steife Brise und wir haben Mühe, an Land zu kommen. Am Unna Lake gibt es eine Reihe schöner Campsites am Sandstrand, von denen wir uns den besten aussuchen können. Insgesamt gibt es 10 Spots, so viele, weil hier in der Regel viele Paddler die Gelegenheit wahrnehmen, zu den Cariboo Falls zu wandern, und deshalb mindestens eine Nacht bleiben. Wir entscheiden uns für die #40c und bauen uns ein hübsches Küchentarp.

                            Später gesellen sich in einer angenehmen Entfernung die Lazy Group und die Deutschen zu uns. Ein kurzer Spaziergang am Nachmittag führt uns zum Rum Lake. Den obligatorischen Ausflug zu den Cariboo Falls verschieben wir aber auf den nächsten Tag, denn um zu den Wasserfällen zu kommen, muß man den Unna Lake überqueren. Bei dem starken Wind wollen wir uns das nicht unbedingt antun. Stattdessen ertüchtigen wir uns beim Holz Hacken, Holz liegt hier ja jede Menge bereit und die tolle Axt der Lazy Group haben wir auch wieder.

                            Dieser Tag ist ansonsten sehr ereignisarm. Bei dem Wetter scheinen nicht viele Boote unterwegs zu sein. Am Abend treibt uns der stärker werdende Regen bei nur noch 9°C und auffrischendem Wind früh ins Zelt.

                            Tagesetappe: 11,4 km, GPS-Track:

                            Zuletzt geändert von hotdog; 25.10.2009, 08:59. Grund: Bilder umgehostet und Layout angepasst
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                              #15
                              AW: [CA] Bowron Lakes

                              7. Tag

                              Es hat die ganze Nacht geregnet. Und auch morgens ist der Himmel tief verhangen. Trotzdem machen wir den obligatorischen Ausflug quer über den See zu den Cariboo Falls, die dann noch eine kleine Wanderung durch den Wald entfernt liegen. Wie wir noch aus dem Registration Center in Erinnerung haben, treibt hier ein Bär, der originellerweise auch George genannt wird, "sein Unwesen". Da wir an diesem Morgen allein unterwegs sind, machen wir uns lauthals bemerkbar. Von schmutzigen Kneipenliedern über deutsche Schlager bis zu Thank you for the Music ist alles dabei. Wir haben eine Menge Spaß dabei und offensichtlich Erfolg: kein George weit und breit!

                              Das Tosen der Wassermassen der Cariboo Falls kann man schon von Weitem hören. Der Cariboo River fällt hier 24 Meter in die Tiefe. Bei diesem diesigen Wetter ein beeindruckendes Schauspiel.

                              Zurück am Zeltplatz wird alles im Boot verstaut und los geht's. Inzwischen hat der Regen fast aufgehört, nur noch ein bisschen Nieselregen ab und zu. Unser Weg führt uns ein Stück den Cariboo River zurück, dann biegen wir links ab in den Babcock Creek, wo wir anlanden müssen. Früher gab es hier eine Treidelstrecke. Inzwischen muß der Babcock Creek auf 1,2 km umtragen werden, um das Bachbett zu schützen. Die Portage, die 6. seit wir vor 7 Tagen gestartet sind, kommt uns wie eine Autobahn vor, breit genug zum Überholen. Dieser Teil der Bowron Lakes kann auch von Paddlern erreicht werden, die nicht die ganze Runde paddeln wollen sondern nur die Westseite befahren wollen (die "gemeinen Westseitenpaddler"). Daher ist hier wohl mit Gegenverkehr zu rechnen, was aber am heutigen Tag nicht der Fall ist. Nach dem Babcock Lake die 7. Portage, 400 Meter lang, im Anschluß der kleine Skoi Lake und die 8. Portage, ebenfalls 400 Meter. Und dann sind plötzlich alle Portagen dieser Reise geschafft und wir erreichen die Spectacle Lakes.

                              Ab jetzt müssen wir nur noch paddeln! Unser Ziel ist der Campsite #48, ein Platz mit Cooking Shelter und Cabin. Hier wollen vermutlich alle hin, denn bei dieser Wetterlage klingt ein festes Dach über dem Kopf und ein Ofen verdammt attraktiv. Als wir am Nachmittag ankommen, sind dann natürlich alle regulären Spots belegt. Auch in der Cabin haben sich schon einige eingerichtet (gemeine Westseitenpaddler vermutlich, denn diese Gesichter hab ich noch nie hier gesehen). Was tun also? Hier und da gäbe es noch eine ebene Stelle, an der man ein Zelt aufstellen könnte, aber das sagt uns alles nicht so zu, der eine zu nah am Shelter, der andere zu weit außen, ein dritter zu tief im Wald... Kurz ziehen wir in Erwägung, auf den benachbarten Campsite #47 auszuweichen. Der ist zu Fuß erreichbar und wir könnten trotzdem das Shelter nutzen. Auf dem Weg dorthin machen wir folgende Entdeckung:

                              Sind das Bärenspuren?

                              Tatsächlich! Am Morgen sei ein Bär da gewesen, wird uns erzählt. Vielleicht eine Mutter mit Kind? Die Spuren sehen ganz danach aus. Wir verwerfen die Idee, ganz allein am Campsite #47 zu bleiben, und finden plötzlich den Platz neben dem Shelter gar nicht so übel.

                              Das Cooking Shelter entpuppt sich als der Treffpunkt schlechthin. Ein paar Leute haben ihre großen Planen geopfert, um ein bisschen Windschutz zu bieten, der Ofen läuft auf Hochtouren und alle wuseln rum, hängen Sachen zum Trocken auf, kochen, unterhalten sich.

                              Hier treffen wir allerhand bekannte Gesichter wieder. Die Stimmung ist fröhlich gelöst, insbesondere da inzwischen die Sonne wieder hervorgekommen ist. Irgendjemand verbreitet die Nachricht, jemand hätte im Radio gehört, das Wetter würde wieder besser werden. Alles wird gut!

                              Für die meisten hier ist heute der letzte Abend und so liegt auch ein bisschen Wehmut in der Luft. Es werden lebhaft Erfahrungen ausgetauscht. Wer war wann bei welchem Unwetter auf welchem Campsite? Habt ihr die Elche am McLeary gesehen? Ach ihr wart die mit dem Bären an Campsite #6! Und was ist eigentlich aus den Teenagern geworden? Lustig, wie sich hier Informationen verbreiten. Der Vater des Vater/Sohn-Gespanns interessiert sich für meine Tarpkonstruktion, die ich ihm stolz erkläre.



                              Für manche wird der Abend feucht-fröhlich. Das Vater/Sohn-Gespann hat allein 10 Liter Wein mit auf die Runde geschleppt. Der ist nun nach 8 Tagen alle und sie greifen auf ihre eiserne Reserve zurück, eine Nalgeneflasche voll Whiskey. Wir dagegen mit unseren 0,4 Litern Rum...

                              Später können wir noch den Mond bewundern. Nach zwei regenreichen, bewölkten Tagen ein toller Anblick. Und dann ist auch schon Bettizeit.



                              Tagesetappe: 17,8 km, GPS-Track:

                              Zuletzt geändert von hotdog; 25.10.2009, 09:45. Grund: Bilder umgehostet und Layout angepasst
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                                #16
                                AW: [CA] Bowron Lakes

                                8. Tag

                                Obwohl wir direkt neben dem Shelter schlafen, ist es in der Nacht erstaunlich ruhig. Hier draußen geht man ja doch zeitig ins Bett (wir wurden einmal als "Partyanimals" bezeichnet, weil wir um 21:30 Uhr noch am Lagerfeuer saßen). Als wir aufstehen, läuft der Ofen schon auf Hochtouren. Schon praktisch so ein Teil: wärmt und spart Brennstoff. Auf seiner "Herdplatte" wird Wasser erhitzt, Brot geröstet, ja sogar Baked Beans with Eggs wird darauf gezaubert. Erstaunlich, was manche Leute nach 8 Tagen noch in ihren Beständen haben. Der Tag verspricht schön zu werden, also entschließen wir uns dazu, heute hier zu bleiben. Für diejenigen, die heute zum Endpunkt der Bowron Lakes paddeln wollen, die ideale Gelegenheit, uns noch einiges aus ihren Vorräten anzubieten. Ein Apfel, 4 Eier und - unter großem Gelächter - eine halbe Rolle Klopapier sind unsere Ausbeute. Ich hatte mich vor der Reise, als wir unsere Ausrüstung zusammengestellt hatten, überhaupt nicht damit beschäftigt und la compañera ging davon aus, daß hier, wie in allen anderen Provincial Parks, die Klohäuschen mit Klopapier ausgestattet wären. Trotzdem packte sie zur Sicherheit mal zwei Rollen ein - zu wenig für zwei Leute in 9 Tagen, denn hier muß man, bis auf Feuerholz, alles selbst mitschleppen. Also hieß es, sich in der Hinsicht ein wenig einzuschränken und das Papier zu rationieren. Das war eine durchaus amüsante Unterhaltung. Ihr ungläubiger Blick, als ich ihr erzählte, daß es Leute gibt, die ernsthaft darüber diskutieren, wie man den Klopapierbedarf durch geeignete Nahrungsauswahl reduzieren könnte, sprach Bände. Aber dank der milden Gabe, ist dieser Missstand ja nun beseitigt.



                                Als alle weg sind, nur die Hälfte der Lazy Group bleibt mit uns hier, kehrt himmlische Ruhe ein. Bis zur Ankunft der nächsten Kanus vergehen ein paar Stunden, die wir mit Baden, Angeln, Sonneliegen und Nichtstun füllen. Ein schöner entspannter Urlaubstag! Ach, ein bisschen was tun wir schon: zwischendurch fahren wir einmal rüber ans andere Ufer, um Holz zu holen. Netterweise werden wir dabei von einer Eistaucherfamilie begleitet.

                                Nachmittags trudeln dann die nächsten Nachtgäste ein, darunter eine Drei-Generationen-Familie bestehend aus Großeltern, Eltern und Kindern. Mit denen plaudern wir im Laufe des Abends noch ganz nett, aber ansonsten ist dieser Tag nicht vergleichbar mit dem gestrigen, viel ruhiger, viel weniger Menschen. Wir lösen unseren bescheidenen Rumvorrat im heißen Kakao auf und denken mit Wehmut daran, daß morgen schon alles vorbei ist.

                                Tagesetappe: 0 km, GPS-Track: keiner
                                Zuletzt geändert von hotdog; 25.10.2009, 10:12. Grund: Bilder umgehostet und Layout angepasst
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                                  • 16106
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                                  #17
                                  AW: [CA] Bowron Lakes

                                  9. Tag

                                  Am Morgen hängt tiefer Nebel über den Spectacle Lakes, der sich aber schnell verzieht.

                                  Wir schmeißen den Ofen an und bereiten uns ein amtliches Outdoorfrühstück: Spiegeleier und Bannock. Die Eier, die wir gestern geschenkt bekommen haben, wurden zum Schutz in Wachs gegossen. Das hat sie sehr robust gemacht und mir einige Mühe bereitet, diesen Schutz zu zerstören. Scheint also zu funktionieren.

                                  Um 9:30 Uhr ist alles gepackt und es geht auf unsere letzte Etappe. Die Spectacle Lakes sind schnell verlassen und wir erreichen den Swan Lake. Dieser ist sehr flach und

                                  wir können schöne große Fische im Wasser beobachten (komisch nur, daß die nie gebissen haben). Ein kurzer Halt am Campsite #52 und wir erreichen den Bowron River. Hier kommen uns zahlreiche Tagesausflügler entgegen. Merkwürdig, so viele Menschen auf einmal hier zu treffen. Irgendwie kommen wir uns sehr erfahren und cool vor und ich bilde mir ein, Erfurcht in den Blicken der anderen zu sehen. Der Bowron River hat eine kaum spürbare Strömung und so kommt uns die Strecke, flach und von hohen Gräsern gesäumt, fast endlos vor. Eigentlich ein Elchparadies, aber heute sind keine in Sicht.


                                  Dann ist endlich der Bowron Lake erreicht. Die letzten 7,2 km! Wir halten nochmal an einem Strand gegenüber der Becker's Lodge. Es ist noch früh und wir haben es nicht eilig, an unser Ziel zu kommen. Um 14:30 Uhr sind wir dann doch da. Einerseits traurig, daß diese tolle Reise nun zu Ende geht, andererseits aber auch voller Vorfreude auf eine heiße Dusche und ein weiches Bett.

                                  Wir geben unser Equipment ab, beziehen unsere Cabin und genehmigen uns erstmal ein/zwei/drei eisgekühlte Warsteiner aus der Dose auf unserer Terrasse. *uff* Das haut um! Duschen, Wäsche Waschen und Essen in der Lodge ist dann schon fast anstrengend und wir fallen erschöpft ins wirklich weiche Bett. Was für ein Gefühl!

                                  Tagesetappe: 18,9 km, GPS-Track:

                                  Zuletzt geändert von hotdog; 25.10.2009, 10:19. Grund: Bilder umgehostet und Layout angepasst
                                  Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

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                                    #18
                                    AW: [CA] Bowron Lakes

                                    und denken mit Wehmut daran, daß morgen schon alles vorbei ist.
                                    So geht's mir auch beim lesen... schade, dass deine Reise so "schnell" vorbei ist.
                                    Würde gern noch von vielen solchen Tagen lesen...

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                                      #19
                                      AW: [CA] Bowron Lakes

                                      Epilog

                                      Am Morgen danach sitzen wir beim Frühstück in der Lodge und können einfach den Blick nicht abwenden von diesem See, der sich mit strahlendem Sonnenschein von uns verabschiedet. Ich spüre eine tiefe Zufriedenheit: wir haben es geschafft, wir waren gut vorbereitet und es war eine tolle Erfahrung. Mitten in diese Gedanken platzt Lothar, der Chef der Becker's Lodge, mit den Worten: "Ich habe hier zwei Leute, denen könnt ihr bestimmt
                                      weiterhelfen." Die zwei Leute, nennen wir sie Silke und Ingo, kommen aus dem Spreewald und wollen eigentlich heute morgen auf die Runde starten. Sie haben ein Permit und alles gepackt und es könnte sofort losgehen. Ingo hatte sich, ähnlich wie ich, schon ein ganzes Jahr auf diesen Trip vorbereitet und fiebert ihm entgegen. Nun sitzt er hier ganz bedröppelt, denn Silke überfiel in der Nacht eine heftige Panikattacke und sie fühlt sich nun außerstande, die Paddeltour anzutreten. Ihre größte Angst: wenn wir einmal losfahren, müssen wir es bis zum Ende durchstehen, es gibt keinen Seitenausgang, kein Zurück. Das ist wohl wahr, aber wir schwärmen in den höchsten Tönen von diesem großartigen Naturerlebnis und davon, wie leicht es doch im Nachhinein betrachtet war. Unsere Bärenbegegnung (ein klitzekleines Detail) verschweigen wir, wir wollen sie ja nicht noch mehr verunsichern. Aber danach fragt sie ja auch nicht. Kurzum: wir scheinen glaubhaft genug rübergekommen zu sein, denn sie ist nun bereit, die Paddeltour anzugehen und Ingo ist überglücklich.

                                      Ich habe mich danach oft gefragt, wie es ihnen wohl ergangen ist.
                                      Zuletzt geändert von hotdog; 25.10.2009, 10:27. Grund: Bilder umgehostet und Layout angepasst
                                      Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

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                                      • boehm22

                                        Lebt im Forum
                                        • 24.03.2002
                                        • 8237
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [CA] Bowron Lakes

                                        Bin heute erst dazu gekommen den Rest zu lesen.
                                        Toller Bericht, vielen Dank - macht mich schon wieder süchtig auf Canada.
                                        Viele Grüße
                                        Rosi

                                        ---
                                        Follow your dreams.

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