Tourentyp | |
Lat | |
Lon | |
Mitreisende | |
Region/Kontinent: Mitteleuropa
Region/Kontinent: Südeuropa
Hallo zusammen,
folgende einleitene Worte, finden sich in meiner Reiseplanung:
„Philosophie der Reise:
Eine Reise ohne Geld, mit der Vorgabe sich ausschließlich durch Musizieren oder angebotene Tätigkeiten die nötigen Lebensmittel, Fahrscheine und sonstigen wichtigen Dinge zu erarbeiten, die für ein vorankommen - im realen sowie im geistigen Sinn - wichtig sind.
Könnte man diese Reise mit allerlei philosophischen bisweilen humanitären Gedanken füllen, so verfolgt sie doch keinen dieser in erster Linie.
Vielmehr geht es darum, eine spannende und hoffentlich lebensbereichernde
Zeit zu erleben und einfach die Freiheit zu genießen, die wir als Privileg
genießen dürfen; oder wenigstens könnten..“
Und genau so muss man sich die Reise vorstellen, möglichst wenig geplant, unabhängig und "auf der Straße".
2 'Wochen waren ein guter Freund und ich mit dem Daumen unterwegs. Angedachtes Ziel war Korsika inklusive Rückfahrt nach Deutschland.
Für mich persönlich war die Reise – im Gegensatz zu vorrausgegangen Wildnistouren – Neuland.
Städte, Straßen, Menschen, genau das, was ich sonst nicht suche. Doch irgendwie kam in der letzten Zeit der Wunsch hoch, einfach durch Europa zu tingeln, kein Geld dabei zu haben und zu gucken, wie weit man kommt. Es war verdammt aufregend und vor allem sau gut!
Folgende Zeilen sind nicht primär ein Reisebericht, sondern einzelne Fetzen der Tour. Vielleicht kann ich mit den Erfahrungen Impulse setzen, andere begeistern etwas ähnliches zu starten, denn auf diese Art zu Reisen bringt den Begriff „Reisen“ bzw. „Reisender“ in den eigenen Vorstellungen und Gedanken auf eine andere Ebene – so jedenfalls meine Erfahrung.
Vor 20 Jahren war das Trampen eine allseits beliebte Art zu Reisen. In Zeiten von billig Airlines und Mitfahrzentralen gerät diese aufregende Art zu Touren fast schon in Vergessenheit. Dabei erfordert es keine großen Anstrengungen, ist relativ easy planbar und vermittelt vor allem – wieder unsere Eindrücke – ein Gefühl von Freiheit.
Ich richte mich mit im folgenden an einen vor einiger Zeit verfassten Brief, den ich an jemanden verschickt habe. Ein zusammenhängender Text wie sonst üblich ist es ned..
--
...Das Gefühl nicht zu wissen, wo man am nächsten Tag pennt, ob man weit voran kommt und ob man was zu futtern hat...mit dieser Grundstimmung waren wir jeden Tag unterwegs.
Zugegebenermaßen ist das Gefühl eigenentlich nur Fake - wir können freiwillig so leben und in einem krassen Notfall auf unser Konto zurückgreifen. Aber es ist interessant wie weit man "persönlich" geht, bevor dies geschieht.
Wir haben jedenfalls die Sache ernst genommen.
Diese Stimmung des "nicht-Wissen" was morgen läuft und dieses rumziehen frei Schnauze - für einen begrentzen Zeitraum - war für mich die mit wichtigste Erfahrung und der Part der mir am meisten getaugt hat.
Einfach in den Tag leben, ohne an seine Träume und Ziele zu denken.
Je nach persönlichen Bedürfniss, kann das der Seele ziehmlich gut tun.
Das örtliche Ziel unserer Reise war wiegesagt Korsika und als grobe Planung hatten wir folgende Route ausgedacht:
Bonn - Koblenz - Trier - Lyon - Marseille - Korsika - Livorno - Madrid - Basel - Mannheim - Koblenz - Bonn
Da wir innerhalb "AltEuropas" nie richtig getrampt sind, waren wir nicht ganz sicher, wie weit wir überhaupt kommen würden. Korsika war in unseren Vorstellungen sehr weit gelegen.
Alles was wir dabei hatten, war ein Schlafsack, Hygieneartikel, frische Shirts/Unterwäsche, Besteck und Thermoskanne, Fotoausrüstung, kleiner Hocker, Tagebuch und Gitarren.
Nicht viel zu tragen (was beim Trampen zu zweit prinzipiell wichtig ist..)
Wenn ich so vor überlege, welche Bereiche der Reise die interessantesten Geschichten bieten, dann fallen mir einerseits die Leute die uns mitgenommen haben und anderseits die Stellen, an denen wir übernachtet haben ein.
Fange ich mit den Menschen an:
In Europa zu trampen funktioniert, entgegen meiner Skepsis zuvor, immernoch einigermaßen gut. In einigen Ländern geht es schnell, in anderen Ländern muss man schon ne Weile warten..
Deutschland steht in der Liste für "am wenigsten gewartet" sogar an erster Stelle - was mich doch wundert, da laut hören-sagen die meisten Menschen Skrupel haben, jemanden mitzunehmen (selbst aus dem Freundeskreis)
Wir standen in der Heimat jedoch nie länger als max 1. Std (bis auf eine Ausnahme), was im Vergleich zu Italien mit einer Rekordzeit von 12.Std locker auszuhalten ist ;)
Grundsätzlich wird man fast nur von Leuten mitgenommen, die entweder selbst Tramperfahrungen gesammelt haben oder Einwanderer aus irgendwelchen Ländern sind, und somit ein Stück offener für das Fremde sind.
An der Grenze zu Luxenburg z.B. hat uns ein Muster-Moslem bis hinter Lyon mitgenommen. Das sind über 500km und kanpp 6 Std. Autofahrt.
Die Fahrt mit ihm war hammer.
Wir haben uns Nonstop unterhalten und z.T. scharfe Diskussionen geführt. Vor allem war interessant, was der Mann zu erzählen hatte.
Er selbst sei in Marokko geboren, aber in Deutschland aufgewachsen. Nichts desdo trotz, hätte er ein ausgeprägtes Interesse an der Entwicklung Marokkos..
Und so hätte er mittlerweile ein Buch geschrieben, in dem die ScheinDemokratie Marokkos aufgezeigt wird. (Trotz des nicht wählbaren Königs, wird von Demokratie gesprochen; Zugang zur EU usw.)
Bei einer Reise in sein Heimatland wurde er dafür festgenommen und für mehr als 1 Jahr lang ins Gefängis gesteckt.
Erst durch Deutschlands Hilfe konnte er freigekauft werden.
Ich weiß nicht in wie weit die Geschichte stimmt, aber interessant zu hören war es allemal. Seitdem läuft er jedenfalls mit einem neuen Namen auf Anraten der BRD rum..
In Frankreich hat uns ein Holländer in seinem schrottigen Bulli mitgenommen. Schätze mal, dass er so um die 55 Jahre alt war - grinste uns dauernd an und meinte, dass er nach Barcelona unterwegs sei umd dort Hanfprodukte zu verkaufen. :-) Schon witzig.
Auch Raser hat man öfters mal. Zum Teil - ohne Witz - ständig auf der dritten Spur mit 200 km/h. Da ist man froh, wenn man an dem gewünschten Rastplatz rausgelassen wird...
Obwohl man schon noch mitgenommen wird, ist es mit der Zeit anstrengend 4.std und mehr an Rastplätzen zu verbringen. Klar es gehört dazu, aber ich muss sagen dass es auf Island wesentlich mehr Spaß gemacht hat, die Autos zum Stoppen zu bringen ;).
Der Spaß kommt dann eher beim Musizieren in den Straßen - im Vergleich hat man dabei schneller Erfolg.
Üernachtet haben wir unter den unterschiedlichsten Bedingungen und vor allem an ziehmlich abgefahrenen Orten.
Ich könnte zu jedem Schlafplatz die eigene Geschichte erzählen, aber das würde defintiv den Rahmen sprengen...daher lieber ein Abriss der Dinge.
Beim Trampen haben wir die Erfahrung gemacht, dass man vor den Abendstunden defintiv in einer Stadt sein sollte und nicht mehr auf der Autobahn oder an einer Tankstelle. Nachts wird man nur in seltenen Fällen weiter mitgenommen. Am Anfang haben wir eine ganze Nacht durchwacht, immer in der Hoffnung uns würde jemand mitnehmen - was nicht der Fall war.
Nach durchgemachter Nacht ist es doppelt schwer die Leute freundlich anzuschaun, um sie zum Bremsen zu bewegen (bei uns war es dann der Holländer, der sich nicht großartig um unser aussehen gekümmert hat ;= )) Wenn man ein Zeitlimit hat, kann man sich solche Aktionen jedenfalls nicht oft bringen.
Ein paar Nächte mussten wir also an Tankstellen verbringen. Mal im Eingangsbereich sitzend,schlafend, mal im Eingangsbereich einer Toilette, Im dümmsten Fall, direkt neben dem Haupteingang einer großen Raststätte, in den Büschen versteckt :-)
Auf Korsika durften wir hingegen in einem historisch wertvollen Gemeindezentrum einer Kirche übernachten. Dusche, Küche usw. alles für Umsonst und alles nur per Hand und Fuß erklärt (Priester sprach nur ein paar Brocken Englisch).
..Oder am Anfang und am Ende in einem "Familienzentrum mit Übernachtunsmöglichkeiten"..hatten unser eigenes Zimmer, wieder eigene Dusche usw. (hier halfen wir als Gegenleistung bei einigen Arbeiten die ums Haus erledigt werden mussten). Von einer schlechten Gastfreundschaft - gerade in Deutschland - haben wir jedenfalls nichts mitbekommen.
Die krasseste - und ich glaube hier das Wort wirklich passend - Erfahrung haben wir allerdings in Marseille gemacht. Ich bin mir bis heute noch nicht sicher, wie ich darüber denken soll.
Als wir in Marseille ankamen, wollten wir zum ersten Mal ausprobieren, wie sozial die Kirchen vor Ort nun sind, und ob sie zwei halbwegs normalen Typen auf Reisen Obdach gewähren. (Zumindest im Mittelalter war die Kirche verpflichtet, Menschen für eine Nacht eine Unterkunft zu bieten)
Wir gingen also, zugegebenermaßen bereits in der Dämmerung, zu diversen Kirchen in der Stadt, die natürlich bereits alle vereschlossen waren.
Irgendwann erreichten wir dann aber doch noch eine Kirche, in der eine Veranstaltung stattfand.
Man muss sich ein Gewölbe unter der Kirche vorstellen, in dem sich junge Menschen um die 25 zu einer Art Gruppengebet mit einem Prieser trafen.
Der Priester saß jedoch alleine in einer Kapelle, "schweigend in sein Gebet vertieft".
Also trugen wir unser Anliegen ersteinmal den anderen vor, mit der Frage, ob sie den Prieser vielleicht um Auskunft bitten könnten..."Kein Problem".
Irgendwer sprach daraufhin also mit dem Priester (Flüsterton - „Königsvorsprachen like“) und kam mit negativer Antwort zurück "Er wüsste nichts, wo wir übernachten könnten, aber es gäbe ja noch die kostenlose Notfallnummer für Obdachlose 115"....
Einer der Jungs zückte sein Handy und rief für uns bei der Nummer an..man man man :=
Kurz darauf kam dann mit blinkendem Blaulicht (!) ein Polizeiähnlicher Bulli (Samu Social) um uns abzuholen.
Zwei ziehmlich große Männer luden uns ein und gaben sich nicht sehr Kontakfreudig - ich glaube sie wusste nicht, dass wir eigentlich zwei Reisende waren.. Wir fuhren also durch die Stadt, die Hinterbank mit der Fahrerfront durch eine versiffte Plastikscheibe begrenzt.
Zwischendurch hielten wir an um einen dermaßen besoffenen Obdachlosen einzuladen..
Nach kurzer Fahrt aus dem Zentrum ins Industrieviertel hinein hielten wir vor einem gefängnissähnlichen Gebäude.
Vor recht hohen Zäunen standen sicherlich an die 20 Obdachlose und Penner, z.T. mit ihren Hunden, Einkaufswagen und Flaschen in der Hand. Hinter den Zäunen sah es nicht anders aus, nur dass es dort keine Flaschen zu sehen gab.
Ich fühlte mich in einen NewYorker Film der 80er Jahre versetzt. Seeehr krass.
Bevor wir eintreten durften, mussten wir durch eine Kontrolle, in der unsere Pässe eingescannt wurden und unser Gepäck mit Nummern versehen und eingeschlossen wurde.
Die Pädagogen der Einrichtungen konnten Englisch und wir waren in der Lage unsere Lage zu beschreiben. Ich glaube, sie checkten, dass wir etwas an der Hand genommen werden mussten, um in dem Laden zurecht zu kommen - einer der Pädagogen zeigte uns jedenfalls ersteinmal alles.
Bzw. falsch. Zu aller erst gab es was zu futtern
Wir wurden in einen Raum geführt, der mit ca. 8 Personen gefüllt war, die absolut ins Klischee eines „Penners“ passten. Eine Frau mit blutig zerschlagenem Gesicht huschte dabei zwischen den Stühlen her..
Ich bin absolut kein Pingel, was Nahrungsmittel angeht - ich glaube, ich kann wirklich behaupten schon einige abgefahrene Dinge zu mir genommen zu haben, aber was wir dort vorgesetzt bekamen war selbst für mich Grenzwertig.
In einer nach Fisch schmeckenden Sauce, schwamm ein Spüllappenähnliches Fleischstück, verfeinert mit irgendwelchen kleinen Kartoffelnbällchen. Ich weiß nicht, wie man so ein Gericht "herzaubern" kann - selbst die Obdachlosen guckten komisch aus der Suppe.
Als Beilage gab es Baguette (die besten die ich je gegessen habe!), Käse, Rote Beete und einen Yoguhrt..satt wurde man also in jedem Fall! Und ich will eigentlich auch garnichts sagen, es war immerhin umsonst.
Gute gesättigt, zeigte uns unser "Betreuer" in einem größeren (übelst stinkendem) Haus unser Schlafzimmer. Die ganze Aufmachung war wieder Gefängnissähnlich, nur mit dem Unterschied, dass die Schlösser an den Türen und die Zäune ums Haus herrum nicht gegen das Ausbüchsen angebracht waren, sondern, dass keine unerwünschten Leute herein kamen. Logisch
Wir bekamen ein Zimmer, in welchem nur ein weiterer Mann untergebracht war, der zudem einen recht ordentlichen Eindruck machte.
Zwei Betten, ein Feldbett und neue Decken - für uns ein Traum!
Eine Unterhaltung mit dem Mann war ebenfalls möglich, was uns nocheinmal einen weiteren Einblick in die Welt der Obdachlosen gegeben hat - ich glaube es ist anders kaum möglich, so Nah die Menschen mit ihren Problemen kennenzulernen. Der Abend war daher für uns alle eine Bereicherung.
Die Nacht über schliefen wir fest und durch, wurden 7 Uhr aus dem Bett geworfen und bekamen ein Frühstück (wieder lecker Baguette mit Käse und Kaffee).
Böse war, dass ein Großteil der Obdachlosen ihr Frühstück wegwarf. Halb angebissene Baguette lagen auf den Tischen rum, umgekippte Becher usw.. Das einige der Menschen nicht zu schätzen wissen, was sie da eigentlich bekommen, hinterließ bei mir ein Fragezeichen.
Nach dem Frühstück gingen wir Richtung Gepäckaufbewahrung und kamen an einem Pavillionähnlichem Vordach vorbei, an dem um die 40 Obdachlose mukksmäußchenstill auf einen Fernseher starten, in dem MTV lief. Einer der Obdachlosen stand direkt neben dem Fernseher und zeigt mit riesen Kulleraugen immer mal wieder auf die "schönen Frauen" und die "dicken Karren". Ich - und wie sich später rausstellte auch mein Kumpel - bekam eine Gänsehaut und war kurz davor Tränen zu vergießen... Kurz darauf verließen wir mit einigen anderen die Stätte.
Die Erfahrung mit der absoluten sozialen Unterschicht nah auf nah zusammen zu sein, einen Blick in diese Welt werfen zu können - ich will die Erfahrung nicht missen und habe einen noch größeren Respekt vor den Menschen bekommen, die sich für diese Schicht einsetzen und ihnen Hilfe anbieten. Ich bin davon überzeugt, in meinem sozialen Empfinden nachhaltig positiv geprägt worden zu sein.
Man kann sagen, dass es eine andere Welt war.
(Trotzdem besteht weiterhin die Frage, ob der Schritt umsonst in einem solche Haus zu übernachten nicht die Grenze des Anstands überschritten hat. Eigentlich waren wir ja Touristen..)
Ganz kurz will ich noch etwas zum Musizieren erzählen.
Wir haben unsere gesamte Reise (bis auf die Fährenfahrt und eine Zugfahrt, aufgrund von Zeitmangel) wirklich mit der Musi finanzieren können.
Zum Anfang war unser erspieltes Geld noch relativ gering..innerhalb von 40 min. 8 Euro.. im Vergleich nicht viel.
Man muss die Menschen unterhalten, sie anlachen, sie zum träumen bewegen..alles Dinge die wir erst mit der Zeit erlernten. Aber erfolgreich..zum Schluss unserer Tour haben wir in Mannheim innerhalb von
1 Std. 38 Euro (!) verdient..
Wenn die Menschen einfach da stehen und dir zuhören, wenn Leute auf dich zukommen und dir sagen "Hey, super was ihr macht" und es dann noch deine eigenen Stücke sind, dann kann man schon etwas stolz werden. :-)
Insgesamt haben wir unsere geplante Strecke geschafft und können auf 2 dick gefüllte Wochen zurück blicken.
Trampen ist mit der Zeit eine anstrengende Sache - wenn man kein Geld dabei hat und sich seine Schlafplätze ständig suchen muss. Trotzdem ist es ein Gefühl von Freiheit, was ich so bisher noch nicht erlebt habe.
Ich kann es nur jedem ans Herz legen und freue mich, wenn jemand aus dem Forum über ähnliche Erfahrungen berichten würde.
Grüße
Dominik
Region/Kontinent: Südeuropa
Hallo zusammen,
folgende einleitene Worte, finden sich in meiner Reiseplanung:
„Philosophie der Reise:
Eine Reise ohne Geld, mit der Vorgabe sich ausschließlich durch Musizieren oder angebotene Tätigkeiten die nötigen Lebensmittel, Fahrscheine und sonstigen wichtigen Dinge zu erarbeiten, die für ein vorankommen - im realen sowie im geistigen Sinn - wichtig sind.
Könnte man diese Reise mit allerlei philosophischen bisweilen humanitären Gedanken füllen, so verfolgt sie doch keinen dieser in erster Linie.
Vielmehr geht es darum, eine spannende und hoffentlich lebensbereichernde
Zeit zu erleben und einfach die Freiheit zu genießen, die wir als Privileg
genießen dürfen; oder wenigstens könnten..“
Und genau so muss man sich die Reise vorstellen, möglichst wenig geplant, unabhängig und "auf der Straße".
2 'Wochen waren ein guter Freund und ich mit dem Daumen unterwegs. Angedachtes Ziel war Korsika inklusive Rückfahrt nach Deutschland.
Für mich persönlich war die Reise – im Gegensatz zu vorrausgegangen Wildnistouren – Neuland.
Städte, Straßen, Menschen, genau das, was ich sonst nicht suche. Doch irgendwie kam in der letzten Zeit der Wunsch hoch, einfach durch Europa zu tingeln, kein Geld dabei zu haben und zu gucken, wie weit man kommt. Es war verdammt aufregend und vor allem sau gut!
Folgende Zeilen sind nicht primär ein Reisebericht, sondern einzelne Fetzen der Tour. Vielleicht kann ich mit den Erfahrungen Impulse setzen, andere begeistern etwas ähnliches zu starten, denn auf diese Art zu Reisen bringt den Begriff „Reisen“ bzw. „Reisender“ in den eigenen Vorstellungen und Gedanken auf eine andere Ebene – so jedenfalls meine Erfahrung.
Vor 20 Jahren war das Trampen eine allseits beliebte Art zu Reisen. In Zeiten von billig Airlines und Mitfahrzentralen gerät diese aufregende Art zu Touren fast schon in Vergessenheit. Dabei erfordert es keine großen Anstrengungen, ist relativ easy planbar und vermittelt vor allem – wieder unsere Eindrücke – ein Gefühl von Freiheit.
Ich richte mich mit im folgenden an einen vor einiger Zeit verfassten Brief, den ich an jemanden verschickt habe. Ein zusammenhängender Text wie sonst üblich ist es ned..
--
...Das Gefühl nicht zu wissen, wo man am nächsten Tag pennt, ob man weit voran kommt und ob man was zu futtern hat...mit dieser Grundstimmung waren wir jeden Tag unterwegs.
Zugegebenermaßen ist das Gefühl eigenentlich nur Fake - wir können freiwillig so leben und in einem krassen Notfall auf unser Konto zurückgreifen. Aber es ist interessant wie weit man "persönlich" geht, bevor dies geschieht.
Wir haben jedenfalls die Sache ernst genommen.
Diese Stimmung des "nicht-Wissen" was morgen läuft und dieses rumziehen frei Schnauze - für einen begrentzen Zeitraum - war für mich die mit wichtigste Erfahrung und der Part der mir am meisten getaugt hat.
Einfach in den Tag leben, ohne an seine Träume und Ziele zu denken.
Je nach persönlichen Bedürfniss, kann das der Seele ziehmlich gut tun.
Das örtliche Ziel unserer Reise war wiegesagt Korsika und als grobe Planung hatten wir folgende Route ausgedacht:
Bonn - Koblenz - Trier - Lyon - Marseille - Korsika - Livorno - Madrid - Basel - Mannheim - Koblenz - Bonn
Da wir innerhalb "AltEuropas" nie richtig getrampt sind, waren wir nicht ganz sicher, wie weit wir überhaupt kommen würden. Korsika war in unseren Vorstellungen sehr weit gelegen.
Alles was wir dabei hatten, war ein Schlafsack, Hygieneartikel, frische Shirts/Unterwäsche, Besteck und Thermoskanne, Fotoausrüstung, kleiner Hocker, Tagebuch und Gitarren.
Nicht viel zu tragen (was beim Trampen zu zweit prinzipiell wichtig ist..)
Wenn ich so vor überlege, welche Bereiche der Reise die interessantesten Geschichten bieten, dann fallen mir einerseits die Leute die uns mitgenommen haben und anderseits die Stellen, an denen wir übernachtet haben ein.
Fange ich mit den Menschen an:
In Europa zu trampen funktioniert, entgegen meiner Skepsis zuvor, immernoch einigermaßen gut. In einigen Ländern geht es schnell, in anderen Ländern muss man schon ne Weile warten..
Deutschland steht in der Liste für "am wenigsten gewartet" sogar an erster Stelle - was mich doch wundert, da laut hören-sagen die meisten Menschen Skrupel haben, jemanden mitzunehmen (selbst aus dem Freundeskreis)
Wir standen in der Heimat jedoch nie länger als max 1. Std (bis auf eine Ausnahme), was im Vergleich zu Italien mit einer Rekordzeit von 12.Std locker auszuhalten ist ;)
Grundsätzlich wird man fast nur von Leuten mitgenommen, die entweder selbst Tramperfahrungen gesammelt haben oder Einwanderer aus irgendwelchen Ländern sind, und somit ein Stück offener für das Fremde sind.
An der Grenze zu Luxenburg z.B. hat uns ein Muster-Moslem bis hinter Lyon mitgenommen. Das sind über 500km und kanpp 6 Std. Autofahrt.
Die Fahrt mit ihm war hammer.
Wir haben uns Nonstop unterhalten und z.T. scharfe Diskussionen geführt. Vor allem war interessant, was der Mann zu erzählen hatte.
Er selbst sei in Marokko geboren, aber in Deutschland aufgewachsen. Nichts desdo trotz, hätte er ein ausgeprägtes Interesse an der Entwicklung Marokkos..
Und so hätte er mittlerweile ein Buch geschrieben, in dem die ScheinDemokratie Marokkos aufgezeigt wird. (Trotz des nicht wählbaren Königs, wird von Demokratie gesprochen; Zugang zur EU usw.)
Bei einer Reise in sein Heimatland wurde er dafür festgenommen und für mehr als 1 Jahr lang ins Gefängis gesteckt.
Erst durch Deutschlands Hilfe konnte er freigekauft werden.
Ich weiß nicht in wie weit die Geschichte stimmt, aber interessant zu hören war es allemal. Seitdem läuft er jedenfalls mit einem neuen Namen auf Anraten der BRD rum..
In Frankreich hat uns ein Holländer in seinem schrottigen Bulli mitgenommen. Schätze mal, dass er so um die 55 Jahre alt war - grinste uns dauernd an und meinte, dass er nach Barcelona unterwegs sei umd dort Hanfprodukte zu verkaufen. :-) Schon witzig.
Auch Raser hat man öfters mal. Zum Teil - ohne Witz - ständig auf der dritten Spur mit 200 km/h. Da ist man froh, wenn man an dem gewünschten Rastplatz rausgelassen wird...
Obwohl man schon noch mitgenommen wird, ist es mit der Zeit anstrengend 4.std und mehr an Rastplätzen zu verbringen. Klar es gehört dazu, aber ich muss sagen dass es auf Island wesentlich mehr Spaß gemacht hat, die Autos zum Stoppen zu bringen ;).
Der Spaß kommt dann eher beim Musizieren in den Straßen - im Vergleich hat man dabei schneller Erfolg.
Üernachtet haben wir unter den unterschiedlichsten Bedingungen und vor allem an ziehmlich abgefahrenen Orten.
Ich könnte zu jedem Schlafplatz die eigene Geschichte erzählen, aber das würde defintiv den Rahmen sprengen...daher lieber ein Abriss der Dinge.
Beim Trampen haben wir die Erfahrung gemacht, dass man vor den Abendstunden defintiv in einer Stadt sein sollte und nicht mehr auf der Autobahn oder an einer Tankstelle. Nachts wird man nur in seltenen Fällen weiter mitgenommen. Am Anfang haben wir eine ganze Nacht durchwacht, immer in der Hoffnung uns würde jemand mitnehmen - was nicht der Fall war.
Nach durchgemachter Nacht ist es doppelt schwer die Leute freundlich anzuschaun, um sie zum Bremsen zu bewegen (bei uns war es dann der Holländer, der sich nicht großartig um unser aussehen gekümmert hat ;= )) Wenn man ein Zeitlimit hat, kann man sich solche Aktionen jedenfalls nicht oft bringen.
Ein paar Nächte mussten wir also an Tankstellen verbringen. Mal im Eingangsbereich sitzend,schlafend, mal im Eingangsbereich einer Toilette, Im dümmsten Fall, direkt neben dem Haupteingang einer großen Raststätte, in den Büschen versteckt :-)
Auf Korsika durften wir hingegen in einem historisch wertvollen Gemeindezentrum einer Kirche übernachten. Dusche, Küche usw. alles für Umsonst und alles nur per Hand und Fuß erklärt (Priester sprach nur ein paar Brocken Englisch).
..Oder am Anfang und am Ende in einem "Familienzentrum mit Übernachtunsmöglichkeiten"..hatten unser eigenes Zimmer, wieder eigene Dusche usw. (hier halfen wir als Gegenleistung bei einigen Arbeiten die ums Haus erledigt werden mussten). Von einer schlechten Gastfreundschaft - gerade in Deutschland - haben wir jedenfalls nichts mitbekommen.
Die krasseste - und ich glaube hier das Wort wirklich passend - Erfahrung haben wir allerdings in Marseille gemacht. Ich bin mir bis heute noch nicht sicher, wie ich darüber denken soll.
Als wir in Marseille ankamen, wollten wir zum ersten Mal ausprobieren, wie sozial die Kirchen vor Ort nun sind, und ob sie zwei halbwegs normalen Typen auf Reisen Obdach gewähren. (Zumindest im Mittelalter war die Kirche verpflichtet, Menschen für eine Nacht eine Unterkunft zu bieten)
Wir gingen also, zugegebenermaßen bereits in der Dämmerung, zu diversen Kirchen in der Stadt, die natürlich bereits alle vereschlossen waren.
Irgendwann erreichten wir dann aber doch noch eine Kirche, in der eine Veranstaltung stattfand.
Man muss sich ein Gewölbe unter der Kirche vorstellen, in dem sich junge Menschen um die 25 zu einer Art Gruppengebet mit einem Prieser trafen.
Der Priester saß jedoch alleine in einer Kapelle, "schweigend in sein Gebet vertieft".
Also trugen wir unser Anliegen ersteinmal den anderen vor, mit der Frage, ob sie den Prieser vielleicht um Auskunft bitten könnten..."Kein Problem".
Irgendwer sprach daraufhin also mit dem Priester (Flüsterton - „Königsvorsprachen like“) und kam mit negativer Antwort zurück "Er wüsste nichts, wo wir übernachten könnten, aber es gäbe ja noch die kostenlose Notfallnummer für Obdachlose 115"....
Einer der Jungs zückte sein Handy und rief für uns bei der Nummer an..man man man :=
Kurz darauf kam dann mit blinkendem Blaulicht (!) ein Polizeiähnlicher Bulli (Samu Social) um uns abzuholen.
Zwei ziehmlich große Männer luden uns ein und gaben sich nicht sehr Kontakfreudig - ich glaube sie wusste nicht, dass wir eigentlich zwei Reisende waren.. Wir fuhren also durch die Stadt, die Hinterbank mit der Fahrerfront durch eine versiffte Plastikscheibe begrenzt.
Zwischendurch hielten wir an um einen dermaßen besoffenen Obdachlosen einzuladen..
Nach kurzer Fahrt aus dem Zentrum ins Industrieviertel hinein hielten wir vor einem gefängnissähnlichen Gebäude.
Vor recht hohen Zäunen standen sicherlich an die 20 Obdachlose und Penner, z.T. mit ihren Hunden, Einkaufswagen und Flaschen in der Hand. Hinter den Zäunen sah es nicht anders aus, nur dass es dort keine Flaschen zu sehen gab.
Ich fühlte mich in einen NewYorker Film der 80er Jahre versetzt. Seeehr krass.
Bevor wir eintreten durften, mussten wir durch eine Kontrolle, in der unsere Pässe eingescannt wurden und unser Gepäck mit Nummern versehen und eingeschlossen wurde.
Die Pädagogen der Einrichtungen konnten Englisch und wir waren in der Lage unsere Lage zu beschreiben. Ich glaube, sie checkten, dass wir etwas an der Hand genommen werden mussten, um in dem Laden zurecht zu kommen - einer der Pädagogen zeigte uns jedenfalls ersteinmal alles.
Bzw. falsch. Zu aller erst gab es was zu futtern
Wir wurden in einen Raum geführt, der mit ca. 8 Personen gefüllt war, die absolut ins Klischee eines „Penners“ passten. Eine Frau mit blutig zerschlagenem Gesicht huschte dabei zwischen den Stühlen her..
Ich bin absolut kein Pingel, was Nahrungsmittel angeht - ich glaube, ich kann wirklich behaupten schon einige abgefahrene Dinge zu mir genommen zu haben, aber was wir dort vorgesetzt bekamen war selbst für mich Grenzwertig.
In einer nach Fisch schmeckenden Sauce, schwamm ein Spüllappenähnliches Fleischstück, verfeinert mit irgendwelchen kleinen Kartoffelnbällchen. Ich weiß nicht, wie man so ein Gericht "herzaubern" kann - selbst die Obdachlosen guckten komisch aus der Suppe.
Als Beilage gab es Baguette (die besten die ich je gegessen habe!), Käse, Rote Beete und einen Yoguhrt..satt wurde man also in jedem Fall! Und ich will eigentlich auch garnichts sagen, es war immerhin umsonst.
Gute gesättigt, zeigte uns unser "Betreuer" in einem größeren (übelst stinkendem) Haus unser Schlafzimmer. Die ganze Aufmachung war wieder Gefängnissähnlich, nur mit dem Unterschied, dass die Schlösser an den Türen und die Zäune ums Haus herrum nicht gegen das Ausbüchsen angebracht waren, sondern, dass keine unerwünschten Leute herein kamen. Logisch
Wir bekamen ein Zimmer, in welchem nur ein weiterer Mann untergebracht war, der zudem einen recht ordentlichen Eindruck machte.
Zwei Betten, ein Feldbett und neue Decken - für uns ein Traum!
Eine Unterhaltung mit dem Mann war ebenfalls möglich, was uns nocheinmal einen weiteren Einblick in die Welt der Obdachlosen gegeben hat - ich glaube es ist anders kaum möglich, so Nah die Menschen mit ihren Problemen kennenzulernen. Der Abend war daher für uns alle eine Bereicherung.
Die Nacht über schliefen wir fest und durch, wurden 7 Uhr aus dem Bett geworfen und bekamen ein Frühstück (wieder lecker Baguette mit Käse und Kaffee).
Böse war, dass ein Großteil der Obdachlosen ihr Frühstück wegwarf. Halb angebissene Baguette lagen auf den Tischen rum, umgekippte Becher usw.. Das einige der Menschen nicht zu schätzen wissen, was sie da eigentlich bekommen, hinterließ bei mir ein Fragezeichen.
Nach dem Frühstück gingen wir Richtung Gepäckaufbewahrung und kamen an einem Pavillionähnlichem Vordach vorbei, an dem um die 40 Obdachlose mukksmäußchenstill auf einen Fernseher starten, in dem MTV lief. Einer der Obdachlosen stand direkt neben dem Fernseher und zeigt mit riesen Kulleraugen immer mal wieder auf die "schönen Frauen" und die "dicken Karren". Ich - und wie sich später rausstellte auch mein Kumpel - bekam eine Gänsehaut und war kurz davor Tränen zu vergießen... Kurz darauf verließen wir mit einigen anderen die Stätte.
Die Erfahrung mit der absoluten sozialen Unterschicht nah auf nah zusammen zu sein, einen Blick in diese Welt werfen zu können - ich will die Erfahrung nicht missen und habe einen noch größeren Respekt vor den Menschen bekommen, die sich für diese Schicht einsetzen und ihnen Hilfe anbieten. Ich bin davon überzeugt, in meinem sozialen Empfinden nachhaltig positiv geprägt worden zu sein.
Man kann sagen, dass es eine andere Welt war.
(Trotzdem besteht weiterhin die Frage, ob der Schritt umsonst in einem solche Haus zu übernachten nicht die Grenze des Anstands überschritten hat. Eigentlich waren wir ja Touristen..)
Ganz kurz will ich noch etwas zum Musizieren erzählen.
Wir haben unsere gesamte Reise (bis auf die Fährenfahrt und eine Zugfahrt, aufgrund von Zeitmangel) wirklich mit der Musi finanzieren können.
Zum Anfang war unser erspieltes Geld noch relativ gering..innerhalb von 40 min. 8 Euro.. im Vergleich nicht viel.
Man muss die Menschen unterhalten, sie anlachen, sie zum träumen bewegen..alles Dinge die wir erst mit der Zeit erlernten. Aber erfolgreich..zum Schluss unserer Tour haben wir in Mannheim innerhalb von
1 Std. 38 Euro (!) verdient..
Wenn die Menschen einfach da stehen und dir zuhören, wenn Leute auf dich zukommen und dir sagen "Hey, super was ihr macht" und es dann noch deine eigenen Stücke sind, dann kann man schon etwas stolz werden. :-)
Insgesamt haben wir unsere geplante Strecke geschafft und können auf 2 dick gefüllte Wochen zurück blicken.
Trampen ist mit der Zeit eine anstrengende Sache - wenn man kein Geld dabei hat und sich seine Schlafplätze ständig suchen muss. Trotzdem ist es ein Gefühl von Freiheit, was ich so bisher noch nicht erlebt habe.
Ich kann es nur jedem ans Herz legen und freue mich, wenn jemand aus dem Forum über ähnliche Erfahrungen berichten würde.
Grüße
Dominik
Kommentar