[DE] Nordpfälzer Bergland - Das unbekannte Land + Fotos

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  • Werner Hohn
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    • 05.08.2005
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    [DE] Nordpfälzer Bergland - Das unbekannte Land + Fotos

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Deutschland
    Reisezeit: November 2006
    Reiseart:: Wanderung
    Region/Kontinent: Mitteleuropa

    Die Kurzversion:

    1. Tag:
    Kirn an der Nahe – Desloch – Meisenheim an der Glan – Odenbach – Cronenberg – Pfälzerwaldhütte oberhalb Lauterecken – Hohenöllen – Wolfstein (Jugendherberge) 46 km

    2. Tag:
    Wolfstein – Selberg – Frankelbach – Eulenbis – Rodenbach – Siegelbach – Kaiserslautern 28 km


    Herbst"wald" bei Eulenbis

    Die Langversion:

    Eifelsteig? Rothaarsteig? Oder der Rheinsteig? Fällt alles aus. Keine Lust auf bekannte, ja zum Teil überlaufene Wanderrouten. Durch einsame Wälder wandern? Auch nicht! Im November, dem Monat in dem die Sonnenscheindauer im umgekehrten Verhältnis zu meinem Verlangen nach hellen, warmen und trockenen Tagen steht, steht mir nicht der Sinn nach dunklem, vor Nässe triefenden einheimischen Wald. Von engen Tälern in die, wenn überhaupt, die Sonne nur kurz einen wärmenden Strahl wirft, träume ich um diese Jahreszeit ebenfalls nicht. Da will ich die Sonne auf meinem Gesicht und den Wind in meinem lichten Haupthaar spüren. Wenn als Zugabe diese Sonne noch über einer sanft gewellten Landschaft steht und der Wind nur vereinzelt von einem Wald aufgehalten wird, dann bin ich zufrieden ... fast zufrieden. Ein Panoramaweg der beinahe über die komplette Strecke auch was fürs Auge bietet, macht das Glück komplett. Beim Blick in die Wanderkarten ist schnell klar, dass ich das alles im Nordpfälzer Bergland finde. Da ist das Wegenetz bei weitem nicht so dicht wie im südlich gelegenen Pfälzerwald und Wanderer verirren sich äußerst selten in diese Ecke zwischen der Nahe und Kaiserslautern.
    Die viel gepriesenen Stiege, Steige, Trampelpfade, naturbelassene Wege oder wenigstens einsame Waldautobahnen gibt es in dieser Region nicht. Überwiegend sind es befestigte oder geteerte Feldwege. Welche Bauer fährt noch über einen von schweren landwirtschaftlichen Gerät malträtierten klassischen Feldweg zu seinem Acker?
    Die schweren Wanderschuhe bleiben im Schrank. Das ist ein Gebiet für leichte und weiche Freizeitschuhe, deren Sohlen den harten Untergrund ausgleichen können.

    Der Kommentar „Für den Quatsch bist du langsam zu alt!“, nur wenige Tage vor Beginn der Wanderung von meiner Frau gelassen ausgesprochen, wirft meine Planung über den Haufen. Ausgerüstet mit einem warmen Schlafsack, war die Übernachtung in den offenen Schutzhütten des Pfälzerwald-Vereins vorgesehen. Zugegeben, so richtig aus voller Überzeugung habe ich ihr nicht widersprochen. Die Lust auf zwei einsame Abende in einer zugigen Schutzhütte hält sich bei mir in Grenzen. Wenn’s abends länger hell ist und ich bis zur spät einsetzenden Dämmerung unterwegs sein kann, hat das seine Reize. Was mache ich aber im Spätherbst, wenn es schon am späten Nachmittag stockdunkel ist, alleine in einer Schutzhütte? Meine Einwände sind daher eher mau. Als Mann muss man seiner Frau auch nicht immer widersprechen.

    Die zunächst vorgesehene Etappenaufteilung über drei Tage ist damit hinfällig. Ins Hotel will ich nicht, da bleibt nur noch die Jugendherberge in Wolfstein an der Lauter. Aus einer gemütlichen Tour (3 Tage) wird dann wieder einmal eine kleine Hetzjagd (2 Tage). Von Kirn bis nach Wolfstein sind es mal wieder über 40 Kilometer. Der Abschluss in Richtung des ‚Betze’, ist dann eher gemütlich – hoffe ich.

    9. Nov. 2006 Erster Tag: Kirn – Wolfstein 46 km

    Der Großrechner der Meteorologen hat für heute trockenes, sonniges Wetter errechnet. Spätestens gegen Mittag soll die Sonne sich den Himmel nur noch mit einigen Schönwetterwolken teilen. Mit der Hoffnung auf das etwas frühere Eintreten dieser Kurzzeitvorhersage, starte ich am Bahnhof der Kleinstadt. Weil es keine kostenlosen Parkplätze in der Stadt gibt, bleibt das Auto auf dem Parkplatz eines Discounters zurück.

    Es ist immer wieder ein erhebendes Gefühl an einem Wochentag eine Wanderung zu starten. Ganz besonders um diese Uhrzeit, wenn der große Rest der Menschheit zur Arbeit muss. So empfinde ich, als ich am Bahnübergang warten muss, und mir allmorgendliche Stau der Pendler ansehe.

    Den Anstieg zum Sportzentrum habe ich sportlich genommen: Mir läuft die Brühe den Rücken hinunter, die dicke Winterjacke die ich vorsorglich angezogen habe, verschwindet im Rucksack. Die Jacke werde ich bis zum Ende der Wanderung nicht mehr brauchen. Oben gibt es zur Belohnung eine kurzen Regenschauer, den ich in einer Schutzhütte abwarte. Danach kommt der Weg zur Meckenbacher Höhe.


    Auf der Meckenbacher Höhe

    Hier oben gibt es endlich die Landschaft wegen der ich hier bin – Fernsicht so weit das Auge reicht. Die dunklen Regenwolken treibt der Westwind nach Osten und langsam setzt sich der blaue Himmel durch. Der Wind treibt immer wieder Geschützlärm vom nahen Truppenübungsplatz zu mir herüber. Über Wirtschaftswege, immer auf dem Hügelrücken, komme ich gut nach Südosten voran. Immer wieder durch die Felder oder an einem Waldrand entlang. Nur selten führt der Weg durch geschlossenen Wald. Weit vor Mittag hat sich die letzte Unheil verkündende schwarze Wolke verzogen. T-Shirt Wetter. Vor lauter Begeisterung übers Wetter und die ungehinderte Sicht übers Land, laufe ich ohne Pause bis kurz vor Mittag durch. An der neuen Schutzhütte oberhalb von Desloch ist Pause angesagt. Weiter über die wenig befahrene Landstraße (Autofahrer machen hier noch einen großen Bogen um Wanderer) ins Dorf. Leider biegt der Wanderweg nach gut 12 Kilometer „Höhenwanderung“ in einen schmalen Talweg ab, der hinunter nach Meisenheim an der Glan führt.

    Hier ist gerade Schulschluss. Horden mit Autos bewaffneter Mütter und Omas holen ihre Kinder ab. Der kritischen Überprüfungen einiger besorgter Mütter kann ich wohl nicht standhalten. Ihr Mienenspiel lässt auf eine Einordnung nahe beim Landstreicher schließen. Auf Wanderer mit Rucksack sind die hier nicht eingestellt, eher auf Touristen die auf der stillgelegten Bahnstrecke mit Fahrraddraisinen eine Runde drehen. Schilder die für diese Art der Fortbewegung werben, säumen den Weg.


    Odenbach - Die Keller im Fels

    Öde zieht sich der Wanderweg bis nach Odenbach am Ufer der Glan entlang. Odenbach glänzt mit einem alten Rathaus, menschenleeren Straßen und alten Kellern, die in den weichen Sandstein gehauen wurden. Einige Vorhängeschlösser sehen so aus, als wären sie seit Urzeiten nicht mehr geöffnet worden. Neugierig geworden, will ich etwas über die Keller in Erfahrung bringen. Leider, leider ... auch hier keine Seele auf der Gass.

    Es geht wieder aufwärts mit dem Weg. Endlich wieder freie Sicht übers Land. Oberhalb von Lauterecken wartet die Hütte des Pfälzerwald-Vereins auf mich. Neben der bewirtschafteten Hütte (leider geschlossen, ich könnte einen Kaffee vertragen) stehen ein paar offene Schutzhütten mit Feuerstelle. Es wäre ein schöner Platz für die Nacht gewesen. Weiter geht’s!

    Auf den letzten Kilometern des Tages zeigt sich die Nordpfalz in ihrer ganzen Schönheit. Satt gesehen habe ich mich noch immer nicht an dieser offenen, nur von kleinen Wäldern und nur wenigen Tälern, geprägten Landschaft. Die langsam hinter den Bergen im Westen versinkende Sonne, zeichnet die hügelige Landschaft in einem weichen, beinahe kitschigen Licht. Mich überfällt eine Mir-gehört-die-ganze-Welt Stimmung!


    Bei Hohenöllen

    Am Ufer der Lauter, schon in Tiefenbach, hat das alles ein Ende. Langsam muss ich mich sputen, damit ich noch vor Einbruch der Dunkelheit die Jugendherberge erreiche. Wie erwartet liegt die ganz oben auf dem Berg. Der Anstieg aus dem Ort hat es in sich. Das ich den heute nochmal gehen muss - ich muss zum Essen wieder runter ins Dorf, in der Jugendherberge gibt ausnahmsweise kein Abendessen - macht die Angelegenheit nicht einfacher. Dafür gibt es ein Einzelzimmer mit Dusche zu einem bezahlbaren Preis. Nach dem Duschen noch ein Ründchen aufs Bett (nur mal so) und schon hat sich das mit dem Ab- und Aufstieg erledigt. Als ich wach werde, ist es zu spät für den Gang ins Dorf. Also wieder die Notration aus dem Rucksack. Aufgepeppt mit dem Inhalt aus dem Süßwarenautomat der Herberge, wird es ein brauchbares Abendesssen.

    10. Nov. 2006 Zweiter Tag: Wolfstein – Kaiserslautern 28 km

    Zu meiner Überraschung habe ich beim Frühstück Gesellschaft. Bei der Ankunft war ich noch der Meinung, dass ich der einzige Gast im Haus bin. Im Frühstücksraum sitzen acht Monteure aus Polen. Alle bei bester Laune. Die Jungs haben in einer Fabrik unten im Dorf eine Anlage moniert, und fahren nach dem Frühstück zurück zu ihren Familien. Hochstimmung in der Jugendherberge. Und wie so oft muss das Frühstückbuffet für meine Tagesverpflegung herhalten. Bei dem Kaffeeverbrauch der Polen, werden die paar Brötchen mehr die Jugendherberge nicht in den Ruin treiben.


    Morgennebel in der Nordpfalz

    Die Landschaft ist von einer weißen Reifschicht überzogen, die Nacht war bitterkalt. Die Polen kratzen mit Begeisterung den Reif von den Autoscheiben und ich starte zur Etappe in Richtung Betzenberg. Bevor der in Sicht kommt, muss ich zum Selberg hinauf. Da zahlt sich die Höhenlage der Jugendherberge aus. Die Hälfte der Höhenmeter sind schon geschafft! Auf dem Selberg, (dem höchsten Punkt der Wanderung) bin ich schon wieder im T-Shirt. Die Sonne scheint und unter mir versinken die Täler im dichten Morgennebel. Von der Hütte am Selberg führt einer der wenigen schmalen Wanderwege dieser Tour hinunter nach Rothselberg.
    Es folgt wieder dass warum ich hier bin: freie Sicht über eine im Morgendunst dösende Landschaft. Leider muss ich nach einer kurzen Strecke runter ins Tal nach Frankelbach. Bitterkalt ist es hier im Tal. Kein Sonnenstrahl dringt durch den Nebel. Glücklicherweise geht es direkt wieder hoch zur Platte am Perlenberg. Oben angekommen sehe ich, dass ich mir den Umweg über Frankelbach hätte ersparen können! Für den Aufbau der Windräder wurden neue Wege in die Felder geschoben. Beim Blick in die Karte hatte ich das schon vermutet. Aber sicher ist sicher!

    Den ganzen Morgen warte ich auf den Wind, der gestern für klare Sicht gesorgt hat. Heute zucken noch nicht mal die Flügelspitzen der Windräder. Na ja, es muss dann ohne gehen. Für den Rest des Tages hält sich leider hartnäckig eine leichter Nebelschleier. Am Eulenturm oberhalb von Eulenbis, liegt der schönste Abschnitt der letzten anderthalb Tage hinter mir. So langsam komme ich in den Dunstkreis der Pfalzmetropole und damit auch in den Bereich der USA.
    Der Wanderweg wird über eine kleine unscheinbare Kreisstraße geführt. Hochbetrieb! Ein Auto nach dem anderen kommt mir über die enge und gewundene Straße entgegen. Überwiegend Amerikaner! Ich bin froh als ich die Straße über einen Feldweg verlassen kann. Dem Pfälzerwald Verein ist der Verkehr dem Anschein nach auch aufgefallen. Es gibt eine neue Wegführung, die die Straße umgeht. Das ist mir leider zu spät aufgefallen.

    Die letzten Kilometer ist nur noch monotones Gehen. Vorbei an Rodenbach und Siegelbach komme ich in den Staatswald Kaiserslautern-West. Hier wird es noch einmal interessant. Nicht nur das die nahe Autobahn und die mehrspurigen Zufahrtstraßen den Lärmpegel in die Höhe treiben, auch – es ist immerhin Freitagnachmittag – die Hobbywaldarbeiter sorgen auf den breiten Waldwegen für regen Verkehr.

    An einem mit Sichtschutz versehenen Zaun im Wald warnt mich ein Schild zweisprachig vor dem Betreten des Geländes. Bilder darf ich auch keine machen. Bei Zuwiderhandlungen werde ich nach deutschem -, oder nach amerikanischem – oder nach dem Recht beider Länder bestraft. Donnerwetter! Wo gibt es denn das? Entweder oder. Oder wollen die mich verurteilen wenn ich von deutschem Waldboden ein Foto einer amerikanischen Einrichtung mache. Wohin geht in dem Fall meine Geldstrafe? In eine soziale Einrichtung in Deutschland oder in den Wahlkampftopf des amerikanischen Präsidenten? Werde ich als deutscher Staatsbürger an die USA ausgeliefert? Da tun sich Fragen auf!


    Am Vogelwoog/Kaiserslautern

    Am Vogelwoog, einem Weiher am Stadtrand, sitzen Spaziergänger in der Sonne und lassen die Arbeitswoche ausklingen. Ich hätte hier gerne einen Kaffee getrunken. Doch leider gibt mit die freundliche Dame des Cafes eine Abfuhr. Sie hat noch nicht geöffnet! Also los! Ein kleiner Endspurt bis zum Bahnhof unterhalb des Betzenbergs, denn in dem bekomme ich mit Sicherheit meinen Kaffee.

    Mit der Bahn zurück nach Kirn; und als Dank für die freundliche Überlassung des Parkplatzes, erledige ich meine Wochenendeinkauf beim Discounter.

    Das Technische zum Weg gibt es im Outdoorwiki.
    Zuletzt geändert von Werner Hohn; 27.12.2021, 17:08.
    .

  • mclupo
    Erfahren
    • 02.03.2005
    • 101

    • Meine Reisen

    #2
    Du schaffst es immer wieder einem Lust auf sein Heimatland zu machen. Danke.


    McLupo

    Kommentar


    • Werner Hohn
      Freak
      Liebt das Forum
      • 05.08.2005
      • 10870
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      Tach McLupo,

      glücklicherweise ist das eine eher unbekannte Ecke des Landes, fast so unbekannt wie der schiefe Turm von Dausenau.

      Grüße an die Lahn, Werner
      Angehängte Dateien
      Zuletzt geändert von Werner Hohn; 05.12.2014, 17:27.
      .

      Kommentar


      • mclupo
        Erfahren
        • 02.03.2005
        • 101

        • Meine Reisen

        #4
        Der schiefe Turm ist nicht so unbekannt. Quasi ein nationales Monument.



        McLupo

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