[JO] Solo durch die Wüste Jordaniens

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    [JO] Solo durch die Wüste Jordaniens

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Region/Kontinent: Nordafrika

    Die ersten Tage ... weiter werden folgen. Bilder gibts in der Gallerie, aber bald dann noch mehr.
    http://www.outdoor.dropszone.de/4ima....php?cat_id=29
    #####################################################

    Eigentlich kann und will ich über die ersten Tage in Israel nicht wirklich viel schreiben.
    Bei der Landung in Tel-Aviv war es dunstig und schwül, so richtiges Depriwetter. Mit dem Bus Nr.5 nach Jerusalem gab es gleich wieder Probleme. Normalerweise nahm ich immer einen Sherut vom Flughafen aus, aber bei meinem Gepäck war mir ein Bus lieber - Pustekuchen.
    Naja, also Bus Nr.5 genommen, klar, fährt nach Jerusalem Central Station laut dem Fahrer. Eingestiegen und los gehts ... genau 10 min. Dann hält der Kerl an ner Junction (Kreuzung) an und behauptet man müsse nun auf Bus Nr. $$$ warten. Ja ne, is klar. Erstmal 1,5 Stunden auf den Bus Nr. $$$ gewartet, der dann noch völlig überfüllt mit Soldaten war und ich mich vorne irgendwie zwischen die Treppen gedrängelt hatte.
    Egal, völlig entnervt und kaputt kam ich also in Jerusalem an. Nun gings daran in die Altstadt zu tingeln mit knapp 30 Kg Gepäck (Wein für Schwestern, Gebäck für Gregor usw.). Der Weg war mir bekannt, da ich ihn schon früher zigmale gelaufen bin. Jaffa Road entlang und dann irgendwann mal links ab.

    Bei den Schwestern war schon alles vorbereitet da Gregor mich netterweise angemeldet hatte. Als nächstes machte ich mich mit Andy, dem derzeitigen DVHL-Zivi im Paulushaus, bekannt. Gregor meinte, dass er sich nacher noch mit ein paar Studentenkollegen treffen wollte und Andy und ich sollten doch vorbeischauen.
    Also gab es abends noch ein freudiges Wiedersehen mit Gregor in der gleichen Kneipe wo ich damals vor fast 4 Jahren meinen Abschied feierte.
    Ich ging allerdings früh schlafen da die Nacht zuvor am Flughafen fast schlaflos an mir vorbeiging.

    Die folgenden 3 Tage waren eigentlich mehr oder weniger die Hölle. Albträume plagten mich wann immer ich schlafen wollte und liessen mir keine Ruhe. Die Ungewissheit, was nun aus meiner Tour und den ganzen Monaten der Spannung werden würde, fing an mich zu zermürben. Jordanien? Negev? Oder doch Ägypten? Wenn ja, wird alles klappen? Hab ich alle Teile für das Schiff dabei? Bin ich überhaupt gewappnet oder mach ich mir und allen was vor?
    Ich war hin und hergerissen, konnte mich nicht entscheiden, verbrachte die Nächte meist bis in den frühen Morgen ohne ein Auge zuzumachen und grübelte und grübelte.
    Das Schlimmste war diese Einsamkeit, obwohl man von Menschen umgeben ist. Wo ist die Person mit der ich meine Bedenken diskutieren kann, die mich kritisiert, mich bestätigt ... ?

    Ich telefonierte mit Jordanien, versuchte nach 2 Absagen meine letzte Adresse dort zu erreichen. Es klappte, ich hatte eine Frau einer "Agentur" an der Strippe, die nach ausführlichen Erklärungen den Eindruck hinterliess, sie habe immer noch keine Ahnung was ich wolle.
    Ich besorgte mir schonmal Kontakte für den Negev was sich als ziemlich leicht herausstellte, und ich suchte die Nummer von unserem Ägyptenkontakt heraus, für den Fall dass ich mir doch ein paar hundert KM per Bus aufbürden wolle.
    Negev aber wollte ich nicht, Jordanien stand wegen Kontaktpersonen auf wackligen Beinen und Ägypten war ne halbe Weltreise.
    Was zur Hölle sollte ich tun?

    Nach 3 Tagen Paulushaus und der alten Heimat Ostjerusalem wusste ich, dass ich nun eine Entscheidung treffen musste, da ich ansonsten eigentlich gleich wieder nach Hause fahren könnte.
    Ich entschied mich nach einem erneuten Telefonat für Jordanien. Mein Kontakt saß im Wadi Rum, einem Touristengebiet im Süden Jordaniens, welches durch seine schöne Gegend und durch Lawrence von Arabien zum Anziehungspunkt für Touristen aus der ganzen Welt wurde.
    Ich war schon bei meinen damaligen Besuchen dort gewesen, wollte mich also nicht länger dort aufhalten.

    Naja, also Egged-Bus nach Eilat, dem südlichsten Kaff von Israel am Roten Meer, und von dort über die Grenze nach Aquaba. Wenn mein Kontakt dort auch nicht funktionieren würde - egal, dann hau ich mich paar Tage an den Strand, renn noch bissle im Wadi Rum durch die Gegend und fahr dann wieder heim. Hauptsache ich habs probiert und alles gegeben, so mein Motto.

    Wie es das Schicksal so will treff ich an der Grenze Christina. Eine junge, hübsche Deutsche, mit viel Gepäck (4 kleine Stücke), alleine auf dem Weg nach Arabien? Ich ahnte Schlimmes ...
    Die Formalitäten waren ohne Probleme, allerdings mussten wir 30 Minuten das Grenzgebiet verlassen, da es eine Bombendrohung gab.
    Wir nahmen zusammen das Pflichttaxi von der Grenze nach Aquaba und dort trennten uns unsere Wege auch schon wieder.

    Ich mietete mich für 3.5,- Euro in dem Hotel ein, was ich damals mit meinen Zivikollegen besucht hatte, liess mich sauber rasieren und aß leckeres Hähnchen mit Brot und Humus von Abdallah's ... alles war wie früher, anscheinend hatte sich nichts geändert.
    Nach ein paar Besorgungen ging ich früh schlafen. Mein Hotelhoschi hatte mir einen "extra-quiet" room versprochen - kein Wunder, das Zimmer hatte keine Fenster.
    Immerhin aber ein Bad, wo die Klospülung nicht ging und die Dusche in die Schüssel "duschte". War mir aber alles reichlich egal ... 3.5,- Euro, was will ich mehr.
    Ich machte es mir auf dem Boden gemütlich, da ich den beiden Betten nicht traute zwecks Ungeziefer.

    Morgens um 7 Uhr geht ein Bus ins Wadi Rum. Das blöde Ding ging an diesem Tag aus irgendeinem Grund schon um 6.30 Uhr. Ich also den Bus Richtung Maan genommen und sagte dem Fahrer, er solle mich doch an der Abbiegung ins Wadi Rum rauslassen. Den Rest würde ich schon trampen.
    Arabische Kleinbusse sind nicht gemacht für mein Gepäck und daher war das immer ein Abenteuer für sich, alles sicher und sauber zu verstauen.
    Komischerweise überholt mein Bus den Wadi-Rum-Bus genau 1 KM vor der Kreuzung. Also raushetzen und gleichzeitig den anderen Bus anhalten.

    Im Wadi Rum angekommen staunte ich erstmal nicht schlecht über das neue Visitor-Center 3 KM vor dem Dorf Rum. Nett, nett, anscheinend hat der jordanische Staat das Potential erkannt. Knapp 2.50,- Euro Eintritt, damals wars noch umsonst.

    Einer der Brüder welche ich kontaktiert hatte, kam zum Dorfplatz, wo normalerweise die Touris immer abgeladen werden. Es war ein netter junger Kerl mit gutem Englisch, der gegen die 30 ging. Ich unterbreitete ihm bei Kaffee mein Problem und was ich vor hatte. Ein paar weitere Guides gesellten sich zu uns und es wurde wild und heftig diskutiert.
    Irgendwie machte es den Leuten Spaß eine Lösung für mein Problem zu finden und meine Pläne zu erörtern.
    Problemfaktor Nr.1:
    Niemand hatte ein GPS, geschweige denn einen Plan wie man es bedienen sollte. Trotzdem wurde eins aufgetrieben, uralt und in arabischer Sprache only. Klasse, wie soll ich nun den Jungs beibringen, wie sie es bedienen sollten wenn ich nicht arabisch lesen kann und die nicht wissen was sie zu tun haben?

    Die Funktion an sich ist nicht schwer zu begreifen, aber erklär das mal jemandem der noch nie ein GPS in der Hand hatte, bzw. nicht weiss wie es funktioniert. Prinzip:
    Ich rufe an, gebe meine Koordinaten durch und sie speichern diese als Wegpunkt und benützen dann einfach die GOTO-Funktion. Das ist alles, rein theoretisch.

    Wir fuhren erstmal zu Achead nach Hause wo er mich seinen jüngeren Brüdern vorstellte (mein Alter), mit welchen ich nun probierte das Problem zu lösen. Wir fuhren noch zu einem angeblichen Guru im Dorf, was sich aber als Fehler rausstellte. Der hatte noch weniger Ahnung als wir alle zusammen.
    Nungut, irgendwie mussten wir das ja hinkriegen. Das GPS war arabisch only, ok, aber es war ein Garmin und bei den Geräten haben sich die Hauptfunktionen eigentlich nie wirklich verändert. Also liess ich mir jedes Menu Step-By-Step vom Arabischen ins Englische übersetzen und arbeitete mich so Schritt für Schritt weiter voran, bis ich wusste wie man die GOTO-Funktion nutzen konnte.
    Nun zeigte ich es den Jungs, was sie zu tun hatten. Ich prägte ihnen immer wieder die Schritte ein und den Ablauf eines Notfalls. (da soll noch einmal meine Mom zu mir sagen, ich hätte keine Geduld beim Beibringen von technischen Dingen )
    Es war aber auch erstaunlich wie schnell die Jungs lernten und wie sie sich auf einmal für die Technik begeistern konnten.
    Wir machten nun ein paar Proberunde, die wie folgt abliefen:

    Ich versteckte mich mit dem kleineren Bruder irgendwo im Dorf und dann riefen wir den Grossen an und gaben ihm die Koordinaten durch. Er musste nun alle gelernten Schritte selbst vollziehen. Schon beim ersten Versuch kam er nach 5 Minuten mit seinem Jeep um die Ecke gerauscht. Wir spielten dieses Prozedere mehrere Male durch, dann war ich zufrieden.
    Ich wurde von den Jungs noch zum Essen eingeladen und konnte auch bei ihnen in der grossen Halle schlafen. Ich ging früh schlafen nachdem ich mein Schiff zusammengebaut, meine Ausrüstungs gecheckt, die französische Freundin kennengelernt und wir das Finanzielle geregelt hatten.
    Ich war froh, alles wendete sich nach viel Mühen und Bangen doch noch zum Guten? Meine Ausrüstung war vollständig und perfekt, mein Schiff stand einsatzbereit vor mir und ich hatte nichts wichtiges vergessen.
    Alles war bereit für die Abfahrt am nächsten Tag gegen 9 Uhr Richtung Al-Jafr.
    Zuletzt geändert von Sandmanfive; 05.11.2011, 12:48. Grund: Reisecharakter eingestellt

  • Nammalakuru

    Lebt im Forum
    • 21.03.2003
    • 9352
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    ersta!

    Goiler Bericht ... macht süchtig .... mehr davon
    Saubere Arbeit, mien jung :wink:

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    • Dominik

      Lebt im Forum
      • 11.10.2001
      • 9176
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      Abenteuerlich - das mag ich
      Ohne Witz, solche Geschichten sind eine ganz Kategorie als ein Trekkingurlaub in Schweden.
      Da ist alles aufregend.

      Geile Sache, Mene
      freue mich auf den nächsten Schwung
      Viele Grüße
      Dom
      Offizieller Ansprechpartner: Naturlagerplätze - Eifel

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      • jasper

        Fuchs
        • 02.06.2003
        • 2462
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        Hey Dude!

        Kenn ja schon die groben Ereignisse dank deines Newsletters. Schön mal die Hintergründe zu lesen!

        Super spannen geschrieben. Kann man richtig mitfühlen!

        Mehr davon!!!

        MfG,

        Jasper
        www.backcountry-hiking.de
        ... unterwegs in der Natur

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        • Gast-Avatar

          #5
          Ich verstaute mein komplettes Gepäck im Taxi, bleute meinen beiden Jungs nochmals ein was zu tun sei, falls ich mal anrufen würde und verabschiedete mich. Mohammed, mein Fahrer aus Petra, war ein netter Kerl. Er hat 9 Kinder, davon nur 1 Sohn was ihm anscheinend peinlich war, und arbeitete lange Zeit beim Militär. Nun fährt er als Nebenjob paar Touris durch die Gegend.
          Auf dem Highway ging es erstmals Richtung Norden - Richtung Ma'an. Dort liess ich mir noch billig Brot und ein paar zusätzliche Vorräte raus, wie z.b. ein Snickers für jeden Tag. Is irgendwie son Ritual das ich von letztem Jahr Ägypten mit Manu noch kannte: Jeden Tag ein Schokoriegel!
          Wir besuchten nebenher noch flott ein paar Kumpels, ich meine Cousins und Brüder, von Mohammed weil man ja gerade so in der Gegend ist.
          Über Ma'an kann ich eigentlich nur sagen:
          Richtiges unruhiges Hornissennest! Schon 2002 hatten wir nur Schlechtes über diesen Ort erfahren und dies sollte sich dieses Mal wieder bestätigen. Die Leute dort sind unruhig und es gibt anscheinend ne Menge Königsgegner in dieser Gegend. Vor allem alleinreisende "Touris" haben dort kein leichtes Spiel und werden mehr oder weniger unfreundlich empfangen.

          Nach einer halben Stunde Fahrt waren wir etwa 3 Km vor Al-Jafr angelangt. Ich bat Mohammed doch rechts ranzufahren, da ich nicht in den Ort reinfahren wollte. Wieso auch, nicht jeder brauchte ja zu wissen, dass son verrückter Deutscher alleine durch die Wüste rennen will. Mohammed bestätigte das.

          Ich baute meine Deichsel zusammen, verstaute Teile der Ausrüstung im Rucksack und den Rest auf dem Schiff. Die vorbeifahrenden Autos hupten und die Leute sahen mich alle ein wenig komisch an als ich mir neben der Fahrbahn das Zuggeschirr anlegte. Dann gings auch schon los.
          Ich umging erst einmal die wenigen Nomadenzelte und ihre Ziegen- und Schafsherden die sich in etwa 1 Km Entfernung zur Straße angesiedelt hatten und schlug dann einen Süd-Süd-Ost Kurs ein. Ich wollte Abstand zur Straße gewinnen und vor allem nicht gerade beim nächsten Nomaden im Kräutergarten übernachten. Also straight auf die saudische Grenze zu.
          Interessant war eigentlich in den ersten Stunden die Tatsache, dass immer wieder Nomaden anhielten. Das spielt sich dann wie folgt ab:
          Ich laufe, höre Motorengeräusche hinter mir, drehe mich um, sehe einen Laster aus dem Nichts kommend auf mich zurasen, meist vollgestopft mit Leuten. 100 Meter vor mir wird der Laster immer langsamer und rollt nun langsam auf mich zu. Ich lasse meine Stöcke fallen, breite die Arme aus und grinse was das Zeug hält.
          Ungläubig stieg dann meist der Fahrer aus, grinst und sieht mich fragend an. Im Anschluss an die üblichen Begrüssungsfloskeln nach arabischer Art fragte ich dann meist "Inglisi?" (englisch?). "Lä" (nein) kommt die Antwort aus einem Mund, dessen Zähne mich eigentlich an Tropfsteinhöhlen in Deutschland erinnern. Man merkt, dass hier ein ganz anderer Ton gespielt wird, andere Dinge Priorität haben ... hier zählt nicht mehr das Aussehen bzw. die äusserlichen Werte. Hier zählt nur noch was wirklich wichtig ist - leben, überleben und überleben lassen. Es ist für uns schwer vorstellbar unter welchen Bedingungen die Leute leben. Trotzdem machen sie keinen traurigen Eindruck.
          Die schlechten Zähne sind mir bei Nomaden nichts Neues ... die Jungs haben einfach keinen Zahnarzt um die Ecke und meist auch kein Geld dafür. Zudem ist die Ernährung nicht gerade mit unserer zu vergleichen, vor allem in Bezug auf Vitamine.
          Nun, da eigentlich niemand von den Leuten Englisch spricht, auch nicht in primitiver Form, verständigte ich mich eben mit meinen primitiven Arabischkenntnissen und Gebärdensprache. Ich kam mit diesen Kommunikationsformen immer super klar.
          Die Frage ob ich Wasser benötige verneinte ich stolz und zeigte auch gleich auf mein Schiff, auf dem rund 40 Liter des flüssigen Lebens ruhten. Breites Grinsen machte sich auf den Gesichtern meiner Zuhörer breit.
          Lustige Reaktionen fanden meist statt, als ich erklärte, dass ich nach Al-Mudawwarah laufen wollte ... eigentlich alle zeigten mit der Hand Richtung Süden und laberten was von "baid, baid" was man mit "weit,weit" übersetzen könnte.
          Im Prinzip spielten sich so alle Treffen mit den Nomaden ab. Eine Einladung zu "shay" (Tee) lehnte ich freundlich ab. Ich wollte erstmal Kilometer machen und zudem eigentlich nicht das Leben der Leute stören.
          Mein Respekt für die dort Ansässigen war nach diesen ganzen Eindrücken noch größer als vorher und ich wollte eigentlich so wenig wie möglich den Alltag stören bzw. die Leute treffen und eventuell durch mein Auftreten verunsichern.
          Meine Jungs im Wadi Rum hatten mich schon darauf hingewiesen, dass ich mich vielleicht nicht unnötig bemerkbar machen sollte ... die Leute wären lieber unter sich.
          Trotzdem waren alle freundlich, fragten nach Wasser und luden mich teilweise ein. Ich ärgerte mich, dass es mein erster Tag war und ich kein Wasser abgeben bzw. anbieten konnte. Die Leute brauchten es sicherlich nicht, allerdings fühlt man sich ein wenig komisch wenn man nur Angebote bekommt und nichts geben kann.

          Ich überquerte grosse, komplett flache Ebenen die mich eigentlich mehr an Parkplätze bei den Daimler Chrysler Werken in Stuttgart erinnerten: komplett zubetoniert und eine gerade Fläche ohne auch den kleinsten Hügel. Meinem Schiff schien das gerade recht zu sein ... trotz den 50 Kg Ladung lief es wie geschmiert und geölt. Ich konnte also trotz der stehenden Luft und der teilweise drückenden Hitze gut Kilometer machen. Ich lief nur ein paar Stunden, konnte aber immerhin mal knapp 15 Km machen bevor ich mein erstes Nachtlager aufschluf. Damnit, das Thermometer kletterte auf knapp über 30 Grad. Das würden Tage werden ... hmm.
          Gegen 16.30 Uhr Ortszeit, also 15.30 Uhr in Deutschland, ging die Sonne unter und ich zog mich doch relativ flott ins Zelt zurück. Mit aufziehender Dunkelheit fühlte ich mich sicherer und geborgener.
          Ich schlief eigentlich sofort ein und wachte erst gegen 3 Uhr nachts auf, da ich an den Füssen fror. Ich stopfte ein paar Kleidungsstücke in den Schlafsack, schlüpfte noch zusätzlich in mein Seideninlett und schlief dann durch bis Sonnenaufgang um ca. 5 Uhr.
          Ich schaute aus dem Zelt, stellte fest dass alles gefroren war, erschrack als das Thermometer -1 Grad anzeigte und zog mich flott ins Zelt zurück da der aufgezogene Wind mehr als bitterkalt war. Erst gegen 7 Uhr wachte ich auf, da es langsam ziemlich warm im Zelt wurde.
          Über die Kälte in der Nacht machte ich mir keine Sorgen mehr ... denn zusätzlich hatte ich für Notfälle noch Thermounterwäsche dabei, die ich aber nur einmal gebrauchen werden würde. Mein Beeline macht bis etwa 0 Grad, mein Inlett gibt mir auch noch 1-2 Grad und mit dem Zelt hatte ich auch einen wärmenden Schutz.
          Ich konnte also ohne Bedenken in den 2. Tourtag starten.

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          • Merry
            Dauerbesucher
            • 21.11.2003
            • 933
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            klasse mene.. sehr schoen geschrieben ..
            sehr sehr spannend ..
            *will mehr
            tanzen ist traeumen mit den fueßen
            °~°~°~°
            Krieg bedeutet Frieden
            Freiheit ist Sklaverei
            Unwissenheit ist Staerke

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            • MacBundy
              Erfahren
              • 17.08.2005
              • 288

              • Meine Reisen

              #7
              Coole Geschichte!

              (Aber Eilat ist kein *Kaff*, allerdings kann sich da viel geaendert haben seit ick da mal ar. Da war der Grenzuebergang nach Aquaba gerade erst im Bau...)
              --
              \"Du redest von Bier - Du redest in meiner Sprache.\"
              [Al Bundy]

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                #8
                2. TOURTAG
                #########

                Nach dem Aufstehen baute ich rasch mein Lager ab. Im allgemeinen kann man sagen, dass mich das so etwa 10-15 Minuten kostete. Gegen Ende der Tour dauerte es aber meist länger da es auch irgendwie kälter wurde morgens, wahrscheinlich war das aber eher Einbildung.
                Ich schlug wieder den Kurs Süd-Süd-Ost ein und lief los. Die Morgenstunden waren mitunter die schönsten und angenehmsten des ganzen Tages. Die Luft war frisch, kühl und die Sonne ging erst gerade glühend am Horizont auf - herrlich, einfach in den Tag zu marschieren und keine Sorgen zu haben.

                Während der ersten Stunden sah ich immer wieder aus der Ferne das ein oder andere Beduinenlager mit einer Herde von Ziegen und Schafen drumherum. Es war in diesem Moment ein eher beruhigendes als bedrohliches Gefühl ... nicht alleine zu sein und im Notfall einfach rüber zu "den Menschen" zu rennen.

                Gegen Mittag nahm die Hitze extrem zu und damit stieg mein Wasserverbrauch auch enorm an. Ich musste andauernd trinken, trinken und nochmals trinken obwohl ich nicht wollte. Zudem musste ich den ein oder anderen leichten Hügel überqueren, was mit einem Karren von mehr als 50 Kg im Zug schon enorme Anstrengung kostete. Ich fing also an zu schwitzen, was eigentlich nicht geplant war.
                Wo war das kühle Lüftchen das ich normalerweise gewohnt bin zu dieser Zeit in einem Gebiet wie diesem?

                Was die Hügel angeht:
                Eigentlich ist die kurze Ansteigung nicht das Problem, sondern eher der feine Sand der sich an den Anstiegen sammelt und ein Vorkommen fast unmöglich macht. Das Schiff, das normalerweise rennt wie ein junges Tier, wird zur unbarmherzigen Last in der Hitze. Und wenn man mal keinen feinen Sand vorfindet, sind die Steine meist so gross, dass das Schiff heftig durchgerüttelt wird. Alles in Allem sollte man also solche "Buckel" meiden.

                An diesem Tag machte ich aber auch noch eine weitere "Anfängererfahrung", und zwar bez. des ungewollten Stuhlgangs in der Wüste. Zwar kannte ich das schon vom letzten Jahr in Ägypten, aber da waren doch wesentlich mehr Hügel, Schluchten etc. vorhanden als auf diesen trostlosen Flächen.
                Ich mein, jeder macht es, muss es machen und wird es früher oder später mal machen. Die, die mit mir schon auf Tour waren, werden wissen, dass es bez. des Stuhlganges bei mir eine eiserne Regel gibt.
                "Nehm lieber ein paar Klopapierrollen zuviel mit als zuwenig. Deine gesamte Tour könnte davon abhängen."
                Ich hatte also genug dabei, nur man muss sich das so vorstellen:
                Man steht auf einer riesigen Ebene, kilometerweite Sicht und ein endloser Horizont und nun erwartet mein Körper von mir, dass ich hier, unter den Augen des gesamten Publikums, das hinter jedem kleinen Hügel lauert und jeden Moment vorbeikommen könnte, mein Geschäft erledige? Schwer vorstellbar, ich weiss, aber es kostete mich wirklich Überwindung beim ersten Mal.
                Des weiteren ist auch interessant, welche Technik man anwendet. In nördlichen Gefilden wie Skandinavien etc. hat man mit dem stätigen Baumbewuchs ja weniger das Problem, aber wie soll man das erledigen, wenn es nichts gibt wo man sich anlehnen kann, bzw. keine weiteren Hilfsmittel vorhanden sind?
                Ich hab eine ganz praktische Methode mit meinen Wanderstöcken entwickelt, die sich dann auch den Rest der Tour bewährt hat, zudem hatte ich das ein oder andere mal Glück, ein paar größere Steine zu finden die dann kurzfristig zum "Donnerbalken" äähh "Donnerstein" umfunktioniert wurden.
                Soweit mal zu diesem Thema, ich wollte es Euch nicht vorenthalten, da Ihr bei Eurer nächsten Wüstentour sicherlich auch damit konfrontiert werdet. Und nicht vergessen: Nach erledigtem Geschäft das Papier immer verbrennen.

                Bei meiner mittäglichen Feinpeilung stellte ich fest, dass ich zu steil nach Süden laufe. Wenn ich diesen Kurs beibehalte, würde ich in wenigen Tagen in Al-Mudawwarah eintreffen, also beschloss ich nun Ost-Süd-Ost anzupeilen.
                Kurz vor meinem Nachtlager tat es auf einmal einen MORDS Schlag, der Boden wackelte und die Luft erbebte. "Oh my god" war mein einziger Gedanke, was war das? Dann erst erinnerte ich mich an meinen Taxifahrer, der mich doch belehrt hatte, dass westlich meiner Position an der Straße Phosphat abgebaut und mit der Bahn nach Aquaba gebracht wird. Also keine geheimen Bombenversuche von den Saudis oder den Jordaniern. 40 KM etwa war der Highway Ma'an - Al-Mudawarrah entfernt, so meine Schätzungen, trotzdem war die Explosion sehr gut hör- und spürbar.
                Die Explosionen hörte man manchmal sogar noch in Aquaba und hier über die Ebene sowieso. Ich beruhigte mich wieder und schlug nach 30 Minuten mein Nachtlager auf.
                Dennoch setzte ich mich aber die ganze Zeit mit dem Gedanken auseinander, was denn passieren würde wenn hier irgendwo noch ein paar uralt Tretminen im Boden versteckt sein würden, die nur darauf warteten, dass son Wüstensüchtiger wie ich drauf tritt. Der Gedanke an sich lässt einen erschauern ... Minen, meiner Meinung nach eine der abartigsten Kriegsmittel überhaupt. Ich verdrängte den Gedanken, baute mein Zelt auf, telefonierte mit Tilo und genoss die Stille, die Kühle des Abends und das Alleinsein.

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                • Werner Hohn
                  Freak
                  Liebt das Forum
                  • 05.08.2005
                  • 10870
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  Hallo Mene,

                  gefällt mir. Freue mich schon auf die Fortsetzung.

                  Gibt es davon auch eine Version fürs Outdoorwiki? Aufgepeppt mit einigen Bildern, würde dein Bericht sehr gut ins Wiki passen. Bei "Trails und Touren" ist noch jede Menge Platz. :wink:

                  Gruß, Werner
                  .

                  Kommentar


                  • Gast-Avatar

                    #10
                    Hoi Werner,

                    ja, fürs Wiki werd ich auch noch was machen, aber erst wenn alle Tourentage fertig sind.

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                    • Gast-Avatar

                      #11
                      3. Tourtag

                      Der dritte Tag verlief eigentlich ohne weitere Vorkommnisse. Ich hielt mich immer noch zu weit westlich und versuchte daher mich zu zwingen, nach Osten abzuweichen, was mir gar nicht so einfach viel.
                      Allerdings war der dritte Tag auch der Tag der Luftspiegelungen - salop gesagt, der Fata Morganas.

                      Ich überquerte den ganzen Tag eine Ebene die hätte flacher nicht sein können. Steine, Steine ... Steine und ab und zu mal Steine. Bis zum Horizont gab es keine Änderung der Oberfläche, absolut abgefahren. Nunja, und wie ich da so vor mich hintrotte, sehe ich am Horizont einen Baum, ja, einen richtigen Baum. Ich traue meinen Augen nicht und vor allem scheint es so, als würde der Baum vielleicht noch 2-3 KM weg sein. Haha, nach etwa 3-4 Stunden (!!) erreichte ich da gute Stück endlich. Waren lässige 20 Km ... ich traute meinem GPS nicht und meinen Augen schon gar nicht.
                      Schon abartig, was solche Luftspiegelungen anstellen können. Nach ein wenig Recherche hier im Netz hab ich festgestellt, dass das Objekt vor allem gar nicht in der Richtung liegen muss, sondern kann auch versetzt rechts oder links davon liegen. Sprich, Du läufst auf den Baum zu, stundenlang, und irgendwann ist er gar nicht dort, sondern viel weiter rechts oder links. Abgefahren ...

                      Das mit den Fatas hat mich auch in der Hinsicht verwundert, da es ja an diesem Tag relativ kühl war. Trotzdem hat die Luft geflimmert wie noch nie zuvor.

                      Dennoch gab es ab und an mal ein paar willkommene Abwechslungen in Form von Meilensteinen, so nenn ich die einfach mal. Also wenn sich 2-3 Fahrspuren irgendwo gekreuzt haben, hat man einen kleinen Haufen Steine errichtet und diese "Kreuzung" soz. damit gekennzeichnet. Sehr nett, hat man sich sofot wieder heimisch gefühlt, nur die Ampeln haben gefehlt.

                      Mehr von dem Tag gibt es eigentlich kaum zu erzählen, ausser der Abend, bzw. die Nacht, die doch sehr ... ääähh interessant war.
                      Bei Ankunft am Rastplatz baute ich mir meine erste richtige Wüstentoilette. Anschliessend gab es das erste Mal richtig warm, bzw. lauwarm. Es ging eine deftige Brise Wind als die Sonne am Untergehen war, daher hatte mein Dosenkocher mit jordanischem Sprit hart zu kämpfen und alles in allem war es eine mords Sauerei. Dennoch, die Nudeln waren hervorragend und anschliessend telefonierte ich das erste Mal mit meinem Kumpel Jonas in Deutschland.
                      Irgendwie hatte ich danach die Lust zum Zeltaufbauen verloren und beschloss diese Nacht mal unter freiem Himmel zu verbringen - es war ein Fehler, nein, es war nur etwas kühl aber im Endeffekt hat es sich gelohnt.
                      Also baute ich mir einen Windschutz aus Steinen und richtete mich häuslich ein, soweit dies möglich war.
                      Beim Einschlafen in einen unbeschreiblichen Sternenhimmel zu schauen, der wirklich mit Sternenhimmeln in Deutschland nicht zu vergleichen ist, ist schon genial. Man sieht den ganzen Himmel funkeln und kann absolut relaxt einschlafen.
                      Gegen 4 Uhr, kurz vor Dämmerung, wachte ich auf und merkte, dass es mich an den Füssen derbe fror. Allgemein war es nicht gerade warm im Schlafsack trotz Inlet. Ich schaute neben mich, griff nach der Wasserflasche und traute meinen Augen nicht. Alles um mich herum war gefroren ... das Wasser in der Flasche, in dem Sack der neben mir lag (den anderen nutzte ich als Kopfkissen), der Rucksack war mit einem weissen Pelz überzogen und mein Schlafsack ebenso.
                      Ich schaute aufs Thermometer: -4 Grad Celsius. Lecker!
                      Den Blick aufs Thermometer hätte ich mir sparen können, denn jetzt wars das mit dem Schlafen ... mir wurde schlagartig kälter weil es ja -4 Grad war, also musste es kalt sein. Domber, Du Idiot!
                      Nunja, ich kuschelte mich also wieder in die Daunen, spielte Rubbelpoker mit meinen ausgekühlten Zehen und schaute der Sonne zu, wie sie sich mühevoll aus der Senke nach oben kämpfte. Nach und nach verschwand der weisse Mantel auf meiner Ausrüstung und mir selbst und mit jedem Sonnenstrahl wurde es wärmer.
                      Ich zog mir die Schuhe an, rannte 3 Mal um mein Lager, packte mein Zeug zusammen, pfiff mir ein Liedchen und startete in den 4. Tourtag .

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                      • -CaRsTeN-
                        Fuchs
                        • 11.04.2002
                        • 1256
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        Sauber.... wo bleibt die Fortsetzung
                        http://www.bergwandern.net
                        Beschreibung von Tages- und Mehrtagestouren in den Ostalpen sowie ein umfangreicher Bericht über die Besteigung des Kilimanjaro und zur Annapurna Runde in Nepal

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                        • david0815
                          Fuchs
                          • 14.12.2003
                          • 1432

                          • Meine Reisen

                          #13
                          MÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄHHHHHHHHHHHHHRRR davon! Büddeschön!

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                          • Zwiebelforscher
                            Alter Hase
                            • 15.03.2005
                            • 4537
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            ach ja, is doch immer wieder schön zu lesenw enn so nach und nach was hier reinkommt ;)
                            Spinat schmeckt am besten, wenn man ihn kurz vor dem Verzehr durch ein saftiges Steak ersetzt!

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                            • Väinämöinen
                              Gerne im Forum
                              • 13.12.2004
                              • 59

                              • Meine Reisen

                              #15
                              wann gehts denn weiter?
                              Die Kälte hat mir Lieder gesungen, der Regen Verse gebracht, andere Weisen trugen die Winde, trieben die Wellen herbei, die Vögel legten Wörter dazu, die Baumwipfel ganze Sätze

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                              • Waldhoschi
                                Lebt im Forum
                                • 10.12.2003
                                • 5533
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #16
                                ICh glaube, das kann (darf) noch ein wenig dauern, Zur Zeit sind in Bochum Prüfungen angesagt. Viel Erfolg übrigens.

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                                • Gast-Avatar

                                  #17
                                  Oha, damnit ich wusste, dass ich da was verpasst habe.
                                  Egal ... heute Mathe geschrieben, jetzt erstmal mit ner Flasche Jacky auftanken ... vielleicht könnte ich heute Nacht paar Bildle hochladen.
                                  Ansonsten wird der Bericht noch bissle warten ... sorry ...

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                                  • Gast-Avatar

                                    #18
                                    Sodelle,

                                    ich bin mal wieder dazu gekommen ein paar alte Bilder rauszusuchen. Wenn ich mir die so ansehe, werd ich fast wieder sentimental und frag mich warum ich nun eingepfercht vor diesem Rechner sitzen muss, anstatt in den unendlichen Weiten einer Wüste?
                                    Damnit, es war ne verdammt geile Zeit und die Bilder sind für mich die Erinnerungsstütze schlechthin, dennoch glaube ich, dass Ihr mit den Dingern nicht viel anfangen könnt.
                                    Wüste ist nunmal Wüste ... Sand, endlose Weiten, Horizont, Himmel ... das wars dann aber auch fast schon wieder. Also wenn Ihr die Abwechslung vermisst, ist das absolut ok.

                                    Mein Tip: Hinfahren und selbst anschauen ... dann versteht man Wüstenbilder.

                                    http://code-foundation.de/picturegal...506/index.html

                                    PS: Tilo, das soll auch als Vorgeschmack auf Weihnachten gelten.

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                                    • Shirkan
                                      Fuchs
                                      • 12.09.2002
                                      • 1901

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      Super Bilder - überhaupt nicht öde und immer nur Wüste, Sand und Sonne.

                                      Klasse
                                      mfg
                                      Sebastian

                                      --
                                      Liebe das Leben. Lebe die Liebe.

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                                        #20
                                        Seehhrr schöön Mene!!!!

                                        Auch die Bilder, ..sag mal.. waren die Skilift´s auch in Jordan?

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