• woelfchen
    Erfahren
    • 20.03.2010
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    [SE] [NO] Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 62.269933402
    Längengrad 12.068908691
    Land: [SE] [NO]
    Reisezeit: Juni 2009
    Region/Kontinent: Nordeuropa

    Irgendwann und irgendwo fand sie für jeden Tourenwanderer einmal statt, die erste Mehrtageswanderung. Dies ist unsere!

    Über zwei Tische des Rastplatzes am Klingforsen, nur wenige Kilometer von Idre entfernt, stapelten sich Lebensmittel, Bekleidung und andere Gegenstände, wie z. B. die Schlafsäcke, Zelt, zwei Kocher, Spiritus, etc., die wir auf unserer ersten längeren Trekkingtour für notwendig erklärten.
    „Das soll alles in den beiden Rucksäcken verstaut werden können?“ Ungläubig standen wir vor dem „Berg“. Es half nichts, auch nach einer weiteren kürzeren Überlegung (schließlich hatten wir zu Hause alles sorgfältig geplant und auch mit abgespeckter Ausrüstung schon zwei Wanderungen unternommen, die mehrere Stunden dauerten – was wir irrtümlicher Weise als ausreichendes Training bezeichneten) machten wir uns daran, die vielen Dinge zu verstauen. Bekleidung und verschiedene Lebensmittel wurden in extra Plastiktüten gepackt, um sie vor evtl. Nässe besser schützen zu können.

    Alles wurde fein säuberlich zusammengepresst und in die Rucksäcke gestopft, bis dann zum guten Schluss nur noch die Iso-Matten und das Zelt übrig blieben, die außen am Rucksack befestigt wurden. Ordentlich transportfähig verpackt wurde unsere Ausrüstung wieder ins Auto verfrachtet und die letzten Kilometer nach Käringsjövallen zurückgelegt.

    Im Autoradio trällerte immer wieder Thom Pace „Wear The Sun In Your Heart“ und „Maybe“ … die Titelmusik zu “Der Mann in den Bergen”, während der frische Fahrtwind durch die offenen Fenster für etwas Abkühlung sorgte. Es war die Einstimmung auf unser Zielgebiet.
    … „deep inside the forest there's a door into another land “ … Ein Jahr zuvor hatten wir eine Tagestour zur Rogenstugan gemacht und waren überwältigt von der Landschaft und der Stille.



    Wir waren uns einig, wenn es ein Paradies gibt, dann muss es genau hier sein. Und so kam, was kommen musste, die Entscheidung, wo unsere erste Trekkingtour stattfinden sollte, wurde gefällt - ganz spontan, in vollkommender Stille, die nur durch ein paar Vögel und den Wind in den Bäumen „gestört“ wurde, am vor uns liegenden, vereisten See Rogen, in den wärmenden Strahlen der Sonne. Es musste einfach traumhaft sein, hier zu wandern. Mit diesem Bild vor Augen erreichten wir den Parkplatz in Käringsjövallen.

    Die Realität:
    “Uff”, mit Schwung wurde der Rucksack hochgewuchtet, Brust- und Hüftgurt geschlossen, die Fototasche vor den Bauch geschnallt, die Wanderstöcke gepackt und … hätte gedacht, es drückt mehr … war gut zu ertragen … jetzt noch …

    ES GEHT LOS …. ROGEN, WIR KOMMEN!!!

    Gegen 15:00 Uhr wanderten wir los. Nach kurzer Zeit drückten die Schultergurte doch schon etwas und so machten wir öfters mal eine kurze Rast. Während dieser kurzen Pausen sammelten sich hunderte von Mücken um uns herum. „Sieben auf einen Streich“, das konnten wir locker überbieten! Dank der Kappen mit Moskitonetz und der fast durchstich sicheren Kleidung war das alles halb so wild. Wir hatten vorher schon geahnt, worauf wir uns einlassen würden und hatten uns vorbereitet.
    4 Stunden später, gegen 21:00 Uhr, erreichten wir nach zahlreichen Pausen erschöpft die ca. 10 km vom Parkplatz entfernte Rogenstugan. Wir waren ganz allein, die STF-Hütte noch geschlossen. Nur der Notraum konnte betreten werden.
    Gut, das wir auch die Chemiekeule gegen Mücken dabei haben. DEET in verschiedenen Varianten und Konzentrationen von 30 %, 40 % und 50 %. Reste davon sind beim Sondermüll zu entsorgen, auf keinen Fall in den normalen Hausmüll geben. Aha … wir sprühten uns dennoch die Hände ein und konnten so wenigstens ohne zerstochene Hände das Zelt aufbauen.
    Anscheinend hatte es sich herumgesprochen, dass wir am Rogen sind und so surrte die gesamte Mückenpopulation des Gebiets um uns herum.


    (zu meiner Verteidigung ... mein Mann hat diesen Hut viel öfters aufgehabt wie ich)

    Kochen brauchten wir nicht, unsere warme Mahlzeit hatten wir schon am Klingforsen zu uns genommen. So gab es im mückenfreien Notraum der Hütte ein paar Brote zu leckerem frischem Wasser aus dem Rogen.
    Perfekt zum ersten Abend bot sich uns der See von seiner schönsten Seite. Ruhige, leicht gewellte Wasseroberfläche zu einem fantastischen Sonnenuntergang.
    Allerdings hatte die Motivation stark abgenommen. Die Tour … bisher gerade mal 10 km … war anstrengender als wir erwartet hatten. Die vielen Hügel, der steinige Untergrund und nicht zuletzt die schweren Rucksäcke zehrten an unseren Kräften. Wollten wir das wirklich durchziehen oder doch besser aufgeben, solange wir noch die Möglichkeit hatten?



    Tag 2:

    Nein, wir haben nicht gekniffen ... zugegeben, hätte mein Mann gesagt, wir gehen wieder zurück, hätte ich ihm ausnahmsweise mal keine Widerworte gegeben.
    Wir erwachten relativ früh am Morgen des 22. Juni. Der Grund war die Hitze. Die Sonne schien nun schon seit ein paar Stunden auf unser Zelt und heizte es auf. Zahlreiche Mücken klebten an der Innenseite des Außenzeltes im Kondenswasser. Genügend flogen aber auch noch herum, aber längst nicht mehr so viele wie am Abend zuvor. Unser Frühstück nahmen wir dennoch in Ruhe und ohne Plagegeister im Notraum der Rogenstugan zu uns. In dieser Zeit konnte das Zelt weiter abtrocknen.

    Nachdem alles wieder verstaut war setzten wir unsere Tour fort. Nach zwei Kilometern war die Kreuzung erreicht, an der wir die endgültige Entscheidung treffen mussten. Wir nahmen Weg zum Tandsjövållen. Der endlos blaue Himmel wich dunklen Regenwolken. Schnell zogen wir die Regenkleidung über, aber nach kurzer Zeit war aber alles wieder vorbei. Es hätte gern noch etwas länger regnen können, der Regen hatte die Mücken vertrieben. Wo war nur der Wind, der uns bei allen anderen Schwedenaufenthalten vor den Plagegeistern geschützt hatte?



    Es folgte der lange und für uns anstrengende Aufstieg zum knapp 1000 m hohen Tandsjövållen mit zahlreichen Verschnaufpausen. Was machten wir hier eigentlich, hatten wir nicht Urlaub? Anstatt uns irgendwo hinzulegen und zu erholen, gingen wir bis an unsere Grenzen und schleppten einen etwas über 20 kg schweren Rucksack bei schwüler Umgebungsluft einen Berg rauf!

    Oben angekommen, wussten wir wieder, warum man solche Anstrengung freiwillig auf sich nimmt. Die Aussicht war fantastisch! Wohin man schaute nur Natur. Berge, Wald und Seen. Nebenbei durften wir live erfahren, wie schnell sich das Wetter am Rogen ändern kann, gelesen hatten wir davon schon zu Hause. Schien eben noch die Sonne, war es wenig später bewölkt und ein kräftiger Regenschauer zog entlang der weit entfernten anderen Seite des Sees, dann über die Rogenstugan weiter Richtung Tännäs. Wir selbst bekamen nur wenige Tropfen ab. Nur kurze Zeit später wieder strahlend blauer Himmel.



    Am Gipfel des Tandsjövållen begegneten uns zwei andere Wanderer, die in uns entgegengesetzter Richtung liefen. Auch sie hatten große Rucksäcke, bewegen sich aber leichtfüßig, als wenn sie nichts auf den Schultern hätten, den steinigen Weg entlang.
    Wir selbst machten eine längere Pause und genossen die Aussicht, währenddessen verlegten wir unser Tagesziel um ca. 4,5 km nach vorn. Der Anstieg hatte uns wieder viel Kraft gekostet und der letzte Abschnitt zum Windschutz am südlichen Ende des Rogens zog sich in die Länge. Als wäre das schon nicht genug gewesen, sah man gar nicht so weit entfernt dunkle Wolken und hörte Donnergrummeln.

    Letzteres mobilisierte ungeahnte Kraftreserven. Wir konnten uns besseres vorstellen, als am Berg, zwischen Felsblöcken und vereinzelten Bäumen mitten in einem Gewitter zu stehen. Ohne weitere Pausen ging es die letzten 3 Kilometer bis zum Windschutz am Rogen weiter.
    Ganz in der Nähe des Windschutzes gab es einen Zeltplatz mit Feuerstellen. Unser Zelt schlugen wir gleich nach der Ankunft auf, das Gewitter zog währenddessen in weitem Bogen um uns herum. Das Abendessen nahmen wir dennoch im Zelt zu uns, da wir auf zusätzliche Proteineinlagen dankend verzichteten.
    Zuletzt geändert von Sandmanfive; 06.11.2011, 07:22. Grund: Reisecharakter eingestellt

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    #2
    AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

    Im Juni ! sehr mutig ! Da hätte ich den Mückenhut auch häufig benutzt.

    schöne Bilder, weiter so...

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      #3
      AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

      Das geht gut los. Weiter.....

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      • woelfchen
        Erfahren
        • 20.03.2010
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        #4
        AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

        Tag 3:

        Auch diesmal wachten wir wieder früh auf. Weniger weil es im Zelt wieder so heiß war, sondern weil wir am Abend zuvor früh eingeschlafen waren. Früh heißt zwischen 7:00 Uhr und 8:00 Uhr.

        Den Weg zur Storrödtjärnstugan legten wir mit nur einer Pause zurück. Bei der Gelegenheit füllten wir unsere Flaschen auf. War das Wasser aus dem Rogen bei der Rogenstugan klar und frisch gewesen, schmeckte es am südlichen Ende eher moorig. Aus dem Bach war es auch nicht besser – wie auch, der Bach floss in den Rogen … Dafür war das Wasser etwas kälter.
        Wir kamen im Vergleich zu den Vortagen wesentlich schneller voran. Der Weg war weniger steinig und führte einen Großteil über Holzstege durch sumpfiges Gelände. Auf dem Holzsteg hatte es sich eine Natter bequem gemacht, die sich von uns nicht stören ließ. So mussten wir ein paar Schritte durch den Sumpf gehen, dass an dieser Stelle zum Glück nicht besonders feucht war.

        Am frühen Mittag erreichten wir die Storrödtjärnstugan. Rückblickend betrachtet wäre der Abschnitt vom Windschutz bis zu dieser STF-Stugan durchaus am Vortag noch zu bewältigen gewesen, denn die Wanderung hierher war nicht besonders anstrengend.

        Auf der anderen Seite waren wir diesen Teil ausgeruht und regeneriert angegangen und die Kondition im Allgemeinen hatte sich durch die bisher zurückgelegten Kilometer sicherlich auch verbessert.



        Wir nutzten die Gelegenheit für ein kurzes Bad im kalten Wasser des dafür vorgesehenen Sees bei der Storrödtjärnstugan. Außerdem konnten wir hier oben unsere Trinkwasserreserven wieder mit frischem sowie klarem „nicht-Moor-Wasser“ auffüllen.
        Die gemütliche Hütte, genauso aufgebaut wie die Rogenstugan, lud dann zum Mittagessen auf richtigen Bänken und einem richtigen Tisch ein. Der Himmel war bewölkt und die Temperaturen etwas niedriger wie die Tage zuvor, es war auch bei weitem nicht mehr so schwül. Ausgeruht und gestärkt wanderten wir weiter.
        Aus dem einfach zu gehenden Weg wurde ein steiniger Pfad. Man musste bei jedem Schritt aufpassen wo man hintrat um nicht umzuknicken oder zu stürzen, ebenso waren Geröllhalden zu überqueren. So brauchten wir länger für die drei Kilometer bis zum Slagusjön als erwartet.
        Wie vorgesehen kochten wir uns in der Rasthütte Kaffee und Tee, dazu gab’s Kekse mit Schokoladenfüllung. Inzwischen war der Himmel wieder aufgeklart und die Sonne kam raus. Das Wasser im See dort war bis auf die Millionen toten Mücken auf der Oberfläche glasklar und herrlich kalt. Die Mücken schienen alle ertrunken zu sein, jedenfalls lies sich keine blicken … bis zum Abend.
        Wir beschlossen kurzerhand in der Hütte zu übernachten, da wir davon ausgingen, der Weg zum nächsten Windschutz am Hävlingen wäre ebenso schwer zu gehen wie der von der Storrödtjärnstugan zum Slagusjön. Dann würden wir vor 20:00 bis 21:00 Uhr nicht am Tagesziel ankommen.



        Ein herrlicher Nachmittag wartete auf uns. Die großen Felsbrocken dienten als Rückenlehne, während wir uns die Sonne auf den Rücken scheinen ließen, lasen und zwischendurch immer wieder den Ausblick auf den See und die umgebenden Berge genossen. Die Stille hier oben war fast schon greifbar.

        Gegen Abend kam ein anderes Paar, das feststellen musste, dass die Hütte schon belegt war und etwa 200 m weiter das Zelt aufstellte.
        Wir wunderten uns, warum die zwei gleich Feuer machten, obwohl es auch ohne schon so warm war. Das Feuer brannte lange. Ein paar Tage später kam dann des Rätsels Lösung. Ansonsten bemerkte man das andere Pärchen nicht im Entferntesten.


        Tag 4

        Das Ausruhen tat uns gut. Bei Sonne und wolkenlosem Himmel setzten wir dann am 24. Juni die Tour fort. Rekordwanderzeit: Wir benötigten gerade mal 1 1/2 Stunden für 4 ½ Kilometer.



        Der Weg war wieder leicht zu gehen, relativ eben, kaum Geröll. Nähe Hävlingen führte der Wanderweg zwischen zwei Moränenrücken hindurch, wie durch eine Schlucht! Beeindruckend.

        Auch die Plagegeister waren uns wohl leid oder hatten andere Menschen gefunden, die sie quälen konnten. Es war richtig angenehm, mal irgendwo sitzen zu können ohne gleich um sich schlagen zu müssen. Und das ohne Einsatz der Chemiekeule.

        Die Entscheidung in der Rasthütte am Slagusjön zu übernachten war goldrichtig gewesen. Das Gelände um den Windschutz am Hävlingen war sehr steinig, wir hätten keinen vernünftigen Platz fürs Zelt gefunden und wohl oder übel mit dem Windschutz vorlieb nehmen müssen – auch ein Toilettenhäuschen (Plumpsklo) war nirgends auszumachen.

        Auf der Weiterwanderung betrachteten wir die Kanuportageanlage zwischen dem Hävlingen und dem Särsjön. Hier brauchte man das Kanu lediglich über die Holzplanken zu ziehen und nicht über den Felshügel zu tragen. Praktisch.



        Auf der anderen Seite des Hävlingen legten wir freiwillig gern wieder unsere Moskitohüte an und machten nur ganz kurze Pausen. Es war anfangs moorig, dafür wuchsen schattenspendende Bäume. Laufen ließ sich die Strecke recht einfach. Nachdem wir Moor und Baumgrenze hinter uns gelassen hatten, war der Wanderweg weithin sichtbar. Ein breit ausgetretener Steig. Am Ende des steilsten Teils des Aufstiegs Richtung Sylen machten wir eine Kaffee-, Tee- und Kekspause.
        Glücklicherweise hatten wir weiter unten am Bach noch mal unsere Wasserreserven aufgefüllt, denn der auf der Karte eingezeichnete See neben unserem „Rastfels“ auf unserer Wanderkarte existierte nicht mehr. Ein riesiges leeres Loch war zu sehen, mehr nicht. Dafür bot sich eine prächtige Aussicht auf langgestreckten Hävlingen, den Särsjön und den vielen anderen kleineren Sehen im Tal, umgeben vom Eis „abgerundeten“ Bergen. In der Ferne befindet sich der Töfsingdalens Nationalpark, an dessen Grenze wir nur vor wenigen Stunden gestanden hatten. Es macht uns Stolz, zu sehen wo wir bisher langgelaufen sind, was wir alles „geschafft“ haben. Wobei das Wort „geschafft“ es nicht richtig ausdrück, denn die Wanderung empfanden wir schon seit zwei Tagen nicht mehr als Strapaze. Im Gegenteil, es machte Spaß, wir mussten uns nicht mehr kämpfen, wir konnten es endlich genießen!

        Leider konnte ich nur die Hälfte meines Kaffees genießen, die andere Hälfte hatte ich verschüttet und Wasser war knapp. Es war heiß, der Anstieg schweißtreibend. Und da hieß es in den Ratgebern, dass ein halber Liter Frischwasser ausreichen würde. Oha, das wäre mehr als knapp gewesen. Einen Liter haben wir von Hävlingen bis nach Sylen auf jeden Fall benötigt und das war - genau genommen - zu wenig bei diesen Temperaturen (gefühlte 30 °C) und der Anstrengung.



        Der weitere Streckenverlauf führte über eine weite Hochebene. Ein traumhafter Ausblick über den Grötvallsjön und das Grøtådalen bot sich uns über eine Wegstrecke von ca. drei Kilometern. Weit entfernt befand sich eine riesige Rentierherde, so weit entfernt, dass wir sie erst für Felsbrocken hielten, bis sie sich bewegten.
        Diese unendliche Weite, die Stille, diese traumhafte, vom Eis geformte, Landschaft … und wir mittendrin. Wir standen, schauten, staunten und strahlten über das ganze Gesicht.
        Zum ersten Mal überquerten wir die Staatsgrenze. Ein Zaun, wohl eher für die Rentiere, trennte uns von Norwegen. Nun ging es nur noch hinab nach Sylen, unserem Tagesziel, mit dem bisher längsten Streckenabschnitt von ca. 14 – 15 Kilometern.

        Wir folgten dem Pfad nicht direkt bis nach Sylen, sondern nachdem wir im Tal angekommen waren, nur noch ein kurzes Stück bis zu einem Zeltplatz in der Nähe eines Baches – zumindest schien es ein Zeltplatz zu sein. Der Røa schenkte uns frisches, klares und kaltes Wasser. Wir nahmen ein Bad - es gab am steilen Ufer „Nischen“ an denen man die Möglichkeit hatte, sich vor der Strömung geschützt, ins Wasser zu stellen. Die Mücken leisten uns bei dem Bad Gesellschaft. Später wuschen wir noch ein wenig Wäsche … Bach und Sonne musste man doch nutzen!

        Auch hier blieben wir nicht lange vorm Zelt sitzen. Genau das hatten wir uns anders vorgestellt. Eigentlich wollten wir nach einer anstrengenden Tour noch ein wenig draußen in der Natur sitzen, aber hier heißt es: Entweder Chemie oder Mücken. Wir entschieden uns für die dritte Alternative und verschwanden im Zelt. Der Schlafsack diente maximal nur noch als Decke, auch tief in der Nacht, es war einfach unerträglich warm geworden. Wir lagen häufig nur noch in Unterwäsche auf den Schlafsäcken. Wie auch an allen vorangegangenen Abenden holte uns die Müdigkeit ein sobald wir lagen, es folgte ein tiefer erholsamer Schlaf.

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        • Mika Hautamaeki
          Alter Hase
          • 30.05.2007
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          #5
          AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

          Juhu, das liest sich richtig gut. Ich liebe diese Ecke. Die bisherige Strecke kenn ich ja auch größtenteils, aber im Juni hätte ich mich das nur im Vollschutzanzug getraut

          Zum Thema Hävlingen:
          Es gibt in der Nähe des Windschutzes sehr gute Zeltplätze, die liegen aber ca 50-100m davon entfernt in kleineren Mulden mitten in den Heidelbeeren. Das Plumpsklo liegt (wohlweislich) ca 150 m von der Hütte weg (mit Blick auf den See nach rechts (also nach Norden)), ca. 20 m vom See entfernt (zumindest bis 2007).

          Das Grötadalen wäre auf jeden Fall ebenfalls einen Besuch wert gewesen (als kleiner Anreiz für die nächste Tour).

          Freue mich schon auf die Fortsetzung!
          So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
          A. v. Humboldt.

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          • woelfchen
            Erfahren
            • 20.03.2010
            • 276
            • Privat


            #6
            AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

            Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
            Zum Thema Hävlingen:
            Es gibt in der Nähe des Windschutzes sehr gute Zeltplätze, die liegen aber ca 50-100m davon entfernt in kleineren Mulden mitten in den Heidelbeeren. Das Plumpsklo liegt (wohlweislich) ca 150 m von der Hütte weg (mit Blick auf den See nach rechts (also nach Norden)), ca. 20 m vom See entfernt (zumindest bis 2007).
            An allen anderen Ecken hatten wir Zeltplätze und das Plumpsklo auf anhieb gefunden, hier leider nicht. Von daher vielen lieben Dank für den Hinweis. Ist gut zu wissen (und an anderer Stelle wird das mal eben notiert).



            Tag 5

            So früh waren wir noch nie wach. Gerade mal 6:30 Uhr, unser Zelt gleichte einer Sauna. Auch die geöffneten Seitentüren brachten keine Abkühlung. Es regte sich kein Lüftchen, die Sonne brutzelte schon seit Stunden vom fast wolkenlosen Himmel herunter. Es ist der fünfte Tag, der 25. Juni. War die Kilometerleistung des vorangegangen Tages noch zu toppen? Ja, zwangsläufiger Weise legten wir diesmal ca. 17 Kilometer zurück.
            Wir frühstückten in Ruhe. Wenigstens war das Wasser kalt und damit auch unsere Pulvermilch. Es gab, wie die ganzen Tage zuvor auch … Müsli und trotz der Temperaturen, eine Tasse Kaffee und Tee. Bevor wir dann wieder schulterten gab es nochmal kaltes Wasser aus dem Røa zu trinken und wir füllten den Trinkwasservorrat auf. Alles versprach ein heißer Tag zu werden.

            Zunächst ging es etwa einen Kilometer eben und einfach weiter, weshalb wir dieses Stück in Rekordzeit hinter uns ließen. Das war zum Aufwärmen denn direkt im Anschluss ging es bergauf … RICHTIG bergauf! Von etwa 800 m auf 940 m in zwei Kilometern. Wir stiegen am Sylvola hinauf, nur um am anderen Ende wieder zum Rønsjøen, der auf 888 m liegt, hinabzusteigen. Unterwegs passierten wir die Grenze zum Femund Nationalpark. Bis hierher war der Weg breit und relativ gut zu gehen.



            Die letzten zwei Kilometer zum See wurden wieder sehr steinig, die Sonne brannte von oben. Die Aussicht war wieder einmal atemberaubend schön. Die Beine und der Oberkörper konnten das Gewicht immer besser tragen. Dennoch war es anstrengend, vor allem bei solch einer erbarmungslosen Sonne. Während wir den Blick über die Ebene genossen, konnten wir schon sehen, wo wir nach der Pause am Rønsjøen weiterlaufen würden, wie die folgenden Höhenmeter von weitem aussahen.

            Wir mussten fast einen Kilometer am Ufer des Rønsjøen entlanglaufen, bis wir eine schöne Bucht zum Rasten fanden, da wir Vater und Sohn ein Stück vorher nicht stören wollten und der See groß genug ist, ohne dicht beieinander sitzen zu müssen.. Am gegenüberliegenden Ufer hatten zwei Personen ein Zelt aufgeschlagen. Sie hatten sich einen schönen Platz ausgesucht!

            Die Mittagspause wurde etwas ausgedehnt. Meine Socken waren nass (geschwitzt), die Füße deshalb gequollen – so als wenn man zu lange in der Badewanne gesessen hat. Die Pause tat gut, das Wasser war herrlich! Nach etwas über einer Stunde brachen wir wieder auf, auch wenn es hier am See einfach traumhaft war.



            Gerade als wir die Rucksäcke wieder auf dem Rücken hatten kam uns eine große Wandergruppe entgegen … schön zu sehen, dass wir nicht die einzig korpulenteren Personen sind, die solche Touren unternehmen. Die Gruppe bestand aus über 10 Personen. Das machte den Schnitt kaputt. Bisher begegneten uns nicht mehr als zwei Personen täglich!

            Trotz des Anstiegs kamen wir gut voran. Ein kleines Schneefeld in einer Senke trotzte der Hitze … sicher nicht mehr lange. Ein riesiger Findling befand sich kurz darauf direkt am Wanderpfad. Eine willkommene Gelegenheit die Rucksäcke loszuwerden. Ich musste auf jeden Fall hinauf, mein Mann kam hinterher. Wir blieben eine Weile sitzen und blickten auf den Rønsjøen, den Berg Rønsjøruten direkt dahinter, das weite Tal, den Sylvola, an dem wir vormittags entlanggelaufen waren und schließlich bis zum Grövelsjön, dem heutigen Startpunkt.
            So schön es auch war, Svukuriset kam uns nicht entgegen, auch wenn wir noch so lange herumsaßen, die Aussicht und die Ruhe genossen. Meine Füße hatten wieder einmal Gelegenheit zum trocknen gehabt (dabei sind die Schuhe atmungsaktiv … was aber nichts nutzt, wenn man an den Socken spart, die nämlich die Feuchtigkeit aufnehmen, aber nicht wieder abgeben).



            Wir liefen noch bis zum Ende der Steigung, zum Fuß des Revlingkletten auf 1.040 m Höhe. Es war einfach zu heiß. An diesem Tag machten wir die Pausen nicht weil der Rucksack auf den Schultern drückte, sondern weil die Sonne unerbitterlich vom Himmel herab schien und wir dem Durst nachgaben. Ab und zu sorgte eine Wolke mal für ein halbes Stündchen Schatten. Da kein Wind ging, schienen die wenigen Wolken am Himmel zu stehen. Aber wer macht nicht gern eine ausgedehnte Pause bei solchen Aussichten:





            Der Weg war steinig, aber es ging, zuvor gab es deutlich steinigere Abschnitte, die sich schlechter laufen ließen. Endlich begann der Abstieg. An dem namenlosen Bach neben dem Weg wollten wir uns einen Übernachtungsplatz suchen, wollten weit genug von Svukuriset, einer norwegischen Fjällstation, entfernt sein. Wir fanden zwar ein paar Plätze, waren aber nie ganz zufrieden … zu uneben, zu hohes Gras, dafür gab es kaum Steine. Schließlich schienen wir eine geeignete Stelle gefunden zu haben. Bis wir die Rucksäcke abnahmen und uns setzten. Wir waren total erschöpft.
            Sie hatten uns schon gerochen und kamen nun angesaust, diese fiesen Kriebelmücken. Bisher mussten wir nur mit den Moskitos fertig werden. Bei den Kriebelmücken nutzte auch unsere Bekleidung nichts. Sie suchten sich einfach Stellen, wo sie durchkriechen konnten und stachen zu. Nein, hier wollten wir auch nicht bleiben. Ein Blick auf die Karte verriet uns, dass wir noch ca. zwei Kilometer von der Fjällstation entfernt waren. Also machten wir uns auf den Weg. Wir betrachteten eine Hinweistafel … 36 verschiedene Mückenarten soll es in der Region geben … naja, ungefähr 10 davon hatten wir schon kennengelernt und es sollten noch mehr werden!

            Wieder begegneten uns zwei Wanderer. Viel los hier auf der norwegischen Seite und auch in Svukuriset! Die Station war fast voll. Alle Zimmer belegt, nur ein 6-Bett-Zimmer war noch frei, unterm Dach, hurra! Das gemütliche Zimmer hatten wir für uns ganz allein. Es gab sogar richtige Duschen, fließendes Wasser und … was richtig Gekochtes zu Essen, nicht so ein Fertigzeugs. Wir hatten die Wahl zwischen Fisch und Ren. Wir entschieden uns für letzteres und das hatte geschmeckt!!! LECKER!!!!!! Wir schwärmen heute noch davon. Ich als nicht-Tomaten-Esser hätte wahrscheinlich auch einen Tomatensalat verschlungen. Diese Bemerkung soll das Rengeschnetzelte mit Kartoffeln und Gemüse nicht schlecht machen. Es war wirklich richtig gut, was für ein Geschmack! Extra für uns wurde nochmal gekocht, da die Küche eigentlich schon zu hatte und die Aufenthaltsräume für einen Vortrag umgebaut wurden. Draußen essen war eh viel schöner.

            Die letzte Flasche Wasser mit Kohlensäure hatten wir vor ein paar Tagen schon getrunken, so genossen wir mal wieder etwas Exklusives: Gekühlte Cola, o.k. Zero Cola weil keine andere mehr da war. Es war wie der Himmel auf Erden. Wie wenig doch glücklich machen kann!
            Das Grundstück war gepflegt, keine Kriebelmücken, nur ein paar Moskitos. So konnten wir den späten Nachmittag und den Abend sogar draußen verbringen. Auf Bänken und an Tischen!
            Die Kreditkarte funktionierte hier leider nicht, wir hatten Glück noch genug norwegische Kronen von der vorangegangenen Woche dabei zu haben.
            Trotz des gemütlichen Bettes hatte ich schlechter geschlafen wie die Nächte zuvor … zu bequem? Mag sein, vielleicht war es im Dachstübchen auch einfach zu warm. Sonst hatte die Nacht immer etwas Abkühlung ins Zelt gebracht. Hier regte sich nicht ein Lüftchen, trotz geöffneter Fenster kühlte es sich nicht ab.




            Tag 6

            Der Morgen begann so, wie der letzte Tag endete. Schon gegen 9:00 Uhr war es sehr warm. Die Planung sah einen Tagesausflug zum Stor-Svuku vor. Mit 1.416 m ist er einer der höchsten Berge der Region. Uns war es zu warm für diesen anstrengenden Anstieg und so setzten wir unsere Rundtour fort. Relativ ebener Weg, ab und zu mal einen Moränenhügel rauf und runter. Der Weg selbst war wieder steinig und führte durch einen lichten Kiefernwald.



            Kein Windchen regte sich, keine Wolke war weit und breit zu sehen. Schon bald hatten wir den etwas Schatten spendenden Wald hinter uns gelassen und setzten den Marsch oberhalb der Baumgrenze fort. Es ging stetig schnurstracks bergauf Richtung Falkfangerhøgda (968 m). Zu Beginn dieses Abschnitts konnten wir eine Reihe Birken in der Ferne erkennen. Genau diese Stelle nutzten wir für die Mittagsrast in einem ausgetrockneten Bachbett im Schatten der Bäume. Als Zugabe die kilometerweite Aussicht über den Femundsee und das Gebirge. Ein prächtiges Panorama!



            Wir lagen gut in der Zeit und lt. Karte gab es jetzt bis zum Abstieg kaum noch Höhenunterschiede bis zur Rasthütte am Litlbuddhåen. Geplant war die bisher längste Tagesetappe.

            Von der Falkfangerhøgda bot sich ein prächtiger Ausblick über den Femundsmarka Nationalpark und Teile des Rogen Naturreservat – vom Femundsee über das Skedbrofjället zum Brustvålen, den See Rogen und hinüber ins Grøtådalen.



            Unser Trinkwasser hatte sich inzwischen in warme Brühe verwandelt – leider hatten wir nur eine Sitzmatte pro Person, die auch gleichzeitig als Isolation für eine Flasche diente. Laut Karte würden wir bald wieder die Möglichkeit bekommen, frisches Wasser zu trinken … sofern man einen Tümpel am Berg frisch nennen konnte. Es wäre wohl eher eine stinkende Pfütze, diese „Oase“. Die Bäume und das Wasser inmitten der Steinwüste konnten wir bereits aus der Ferne sehen, auch eine Gruppe Wanderer. Auf jeden Fall ein herrliches Plätzchen für eine verfrühte Nachmittagsrast. Endlich wieder Schatten!

            Umso überraschter waren wir, als wir erkannten, dass die Oase eine richtige Quelle war. Das Wasser reichte gerade mal bis zu den Oberschenkeln und war eiskalt, frisch und klar. Eine Fläche mit Sand neben dem kleinen See und eine kurze Überlegung … Warum noch weiterlaufen, hier ist es doch prima! Keine Mücken, ein laues Lüftchen, frisches Quellwasser, was wollte man mehr?
            Also bauten wir gleich das Zelt auf, damit uns niemand zuvorkommen konnte. Hier kamen leider relativ häufig Leute vorbei. Aber aus der längsten geplanten Strecke wurde so eine der kürzesten. Was soll`s? Zeit hatten wir noch genug, ein Reservetag fehlte uns durch die kürzeren Abschnitte am Beginn der Tour, dafür hatten wir einen Tag „zusätzlich“, weil wir nicht auf den Stor-Svuku rauf sind.



            Einem entspannten Nachmittag folgte ein entspannter Abend. Ein weiteres Pärchen stoß zu uns, mit Hund. Der Mann hatte natürlich nichts Besseres zu tun, als eine zu rauchen. Na super, der Qualm zog direkt zu uns rüber. Ein bisher mehr Rücksicht hätten sie ja schon nehmen können, zumal genug Platz vorhanden war! Der Hund sprang durchs frische Wasser und genoss die kühle Erfrischung. Wir warteten hingegen eine ganze Weile, bis wir wieder frisches kaltes Wasser holten.

            Dafür bekamen wir die Lösung auf die Frage „warum ein Feuer bei der Hitze“. Auch diese zwei machten ein Feuer (ich fand’s überflüssig, zumal die Vegetation hier nicht gerade üppig war, einige Birken und ein paar Zwergsträucher mitten im Felsenmeer). Und wo schlugen sie ihr Feuer auf, natürlich wieder genau so, dass wir den Rauch abbekamen. Rücksicht nehmen auf andere sah bei uns anders aus. Irgendwann mischte sich dann zu dem Rauch ein zitroniger Geruch und schon waren die verhältnismäßig wenigen Mücken verschwunden.

            Der Tag verabschiedete sich mit einem traumhaften Sonnenuntergang über der weiten Ebene der Femundsmarka.



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            • woelfchen
              Erfahren
              • 20.03.2010
              • 276
              • Privat


              #7
              AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

              Tag 7

              Die Hitze im Zelt schien inzwischen unser Wecker zu sein. Sehr früh wurde es wieder heiß, über Nacht hatten wir schon die Türen des Außenzeltes offen gelassen. Irgendwie schafften wir es trotzdem nochmal für ein halbes Stündchen einzuschlafen. Danach krabbelten wir schweißgebadet aus dem Zelt.
              Von unseren „Nachbarn“ war noch nichts zu sehen. Auf Tee und Kaffee verzichteten wir diesmal, stattdessen gab’s eiskaltes Wasser mit Milchpulver und natürlich Müsli.

              An diesem Tag, den 27. Juni, wollten wir mind. die Rasthütte Reva erreichen. Besser noch den Rastplatz am Rogen in der Bucht Rödviken. Höhenlinien waren kaum welche eingezeichnet in unserer Karte, zumindest nicht bis nach Reva.
              In einem Reisebericht hatte ich über diesen Abschnitt gelesen: „Nur weil keine Höhenlinien eingezeichnet sind, heißt das nicht, dass es keine Höhenunterschiede gibt.“ Ich dachte, die hätten die Karte im Maßstab 1:100 000 und nicht wie wir 1:50 000. So liefen wir los und lernten norwegische Wanderwege im Sumpf und norwegische Brücken kennen.

              Der größte Teil der Wanderung ging durch das für hier typische bewaldete Gebiet, vorbei an vielen Seen. So viele Seen, das wir Probleme hatten, unsere Position genau bestimmen zu können. An der ersten Brücke, oder besser zwei lange Stämme mit einem Pseudogeländer auf einer Seite, die über einen strömenden Bach gelegt waren und als Brücke auf der Karte verzeichnet waren, trafen wir einen einsamen Wanderer, der verzweifelt versuchte mit der Karte seinen Weg zu finden. Er lief hinter uns wieder zurück über die Stämme.



              Die Markierung fehlte auf der anderen Seite, zumindest auf den ersten Blick. Auch wir gingen den gut sichtbaren Weg weiter, der wenig später mehr und mehr von Pflanzen verdeckt wurde. Er führte anscheinend nur zu einem Angelplatz am Krokåthåen. Naja, dann wieder zurück. Karte raus und geschaut. Eigentlich sollte es hier von der Brücke aus gerade aus weiter gehen.

              Nach genauem hinschauen fanden wir auch einen Stein, mitten in einem Geröllfeld, auf dem noch ein Fitzelchen Farbe zu sehen waren. Der Weg führte zu einer weiteren Brücke über einen strömenden Bach.

              Wie zuvor bestand die Brücke aus zwei Holzstämmen und einem noch mehr pseudomäßigem Handlauf, bestehend auch zwei Stöcken am jeweils anderen Ufer und einem Draht. Also balancierten wir auch darüber. Im nachhinein betrachtet waren das noch luxuriöse Brücken! Von dem anderen Wanderer war nichts mehr zu sehen.

              Musste Sumpfgelände durchquert werden, was in diesem Abschnitt sehr häufig vorkam, konnte man dankbar über einzelne verrottete Planken sein. Meist musste man mit vereinzelten höher stehenden Grasbüscheln vorlieb nehmen. Wir wunderten uns über die Hufabdrücke eines oder zweier Pferde in diesem unwegsamen Gebiet von Sumpf und Steinen.
              Schnell mussten wir feststellen, dass auf diesem Abschnitt etliche Höhenmeter zu bewältigen waren. Wie war das noch: „Auch wenn keine Höhenlinien eingezeichnet sind, heißt das nicht, dass es keine Höhenunterschiede gibt.“ … ähm, ja! Zustimmung!



              Es ging ständig rauf und runter. Ein steiniger Moränenhügel nach dem anderen. Wenigstens war es anscheinend auch den Mücken zu heiß.
              Irgendwo zwischen dem Kløfthåtjønnan und dem Storfisktjønnan erwartete uns eine weitere Brücke. Ein einzelner Stamm über einen breiteren tiefen Bach, tiefer wie unsere Wanderstöcke lang sind und ganz ohne Geländer. Na, dann balanciert man halt mal mit den schweren Trekkingrucksäcken darüber, wird schon gut gehen … aber interessant, wie standfest und ausbalanciert man wird, wenn man muss!



              Enttäuschung machte sich breit, als wir feststellen mussten, dass wir noch nicht so viel zurückgelegt hatten, wie wir eigentlich gedacht hatten. Der mit Abstand anstrengendste Abschnitt war der etwa halbe Kilometer direkt am Ufer des Storfisksjønnan. Es ging rauf und runter, über und unter umgestürzten Baumstämmen hindurch, hüpfen von Stein zu Stein um nicht ins Wasser zu treten und all das nach etlichen Kilometern Moränenhügeln. Die Pferde waren auch hier lang gelaufen! Wir jedenfalls waren fix und fertig. Selbst der Elch den wir zuvor im Wald gesehen hatten konnte uns dafür nicht wirklich entschädigen, zumal er uns nur den Allerwertesten gezeigt hat und dann gleich davon gelaufen ist.

              Also beschlossen wir, in der Rasthütte am Litlbuddhåen zu übernachten. Zuvor musste aber noch ein ca. 15 Meter breiter stark strömender Fluss mit Felsbrocken überwunden werden. Dafür gab es diesmal eine richtige Hängebrücke … sie sah nur etwas schief aus. Dafür fotogener und wenn sie meinen Mann aushalten wurde, dann auch mich.



              Die linke Befestigung auf der gegenüberliegenden Seite hing fast nur noch am Drahtseil. Der Pfosten war umgeknickt, lag aber noch nicht ganz um und sorgte so noch für ein klein wenig Spannung, besser wenig als gar nichts …. es gab aber keine andere Möglichkeit um auf die andere Seite zu gelangen. Also wagten wir es, schließlich war das zweite „Geländer“ noch in Ordnung.

              Die Brücke hielt uns aus, danach balancierten wir wieder über zwei Holzstämme und schon standen wir mit sich langsam beruhigenden Herzen am anderen Ufer.

              Zwei Kanuten suchten auch nach einem Lager, also beeilten wir uns um die Rasthütte zu erreichen.

              Es war ganz nett hier, aber Platz für unser Zelt gab es nicht wirklich, zumindest nicht dort, wo wir hätten übernachten wollen. Also legten wir eine späte Kaffeepause ein, tranken nochmal reichlich und machten uns auf den Weg zum ca. 2,5 km entfernten Reva. Keine Ahnung, wo wir diese Energie noch herholten.

              Bergrauf, bergrunter, über Felsbrockengeröllfelder, über einen Zaun, weitere Moränenhügel und dann, endlich, waren die Zeltplätze von Reva zu sehen. Wir liefen noch bis zur Hütte und schlugen in der Nähe unser Zelt auf.
              Hier gab es einen Sandstrand. Diesmal badete ich richtig. Tauchte unter und plantsche im warmen Wasser, immerhin war es hier geringfügig kälter als weiter hinten in der Bucht.

              Wie hätte es auch anders sein können, die Mücken fanden uns dann doch noch. Wir genossen es, uns nicht mehr bewegen zu müssen und uns ins Zelt legen zu können. Kurz drauf waren wir auch schon eingeschlafen.




              Tag 8


              Hatten wir geglaubt, der Tag zuvor wäre heiß gewesen? Der 28. Juni wurde noch wärmer. Zum Glück hatten wir noch die zusätzlichen Flaschen aus Svukuriset. 7-8 Kilometer bis zur nächsten Wasserstelle bei über gefühlten 35 °C! Dafür war die Brücke bei Reva stabil und ausgetrocknetes Sumpfgebiet mit Holzstegen versehen. Die gesamte Strecke zur Rogenstugan war sehr holprig und steinig, landschaftlich ganz nett, aber richtige Höhepunkte gab es nicht. Lichter Kiefernwald, Felsen, Flechten. Das übliche halt.



              Unterwegs begegneten wir immer wieder einer kleinen schwedischen Familie. Eltern mit einem kleinen Jungen, vielleicht 1-2 Jahre alt. Wir wechselten uns mit den Pausen ab und liefen so immer wieder aneinander vorbei. Sie erzählten uns das Wasser im Skedbrosjön wäre 18 °C warm gewesen. Obwohl die beiden schwerer beladen waren wie wir, waren sie schneller, vor allem auf den letzten 3 Kilometern.

              Die Strecke bot nicht viel Abwechslung, selten hatte man weite Aussichten. Mit dem letzten Schluck Wasser erreichten wir den Abfluss des Öster-Rödsjön in den Rogen und konnten die Flaschen wieder befüllen, die dann für die nächsten 6-7 Kilometer reichen mussten.

              Der Rastplatz bei Rödviken war voll belegt, mit Kanuten der deutschen Bundeswehr, zumindest sah dies so aus. Das Wasser aus dem See roch hier sehr merkwürdig. Wir machten nur kurze Pause, zu viele Menschen auf einen Haufen, obwohl sie relativ ruhig waren. Allerdings gaben wir uns nicht als Deutsche zu erkennen. Schließlich kletterten den steinigen Hang wieder hinauf und liefen weiter unserem Tagesziel entgegen.

              Ein paar Kilometer nach dem Abzweig nach Käringsjön dann plötzlich eine Kreuzung; wir wunderten uns, schließlich war nichts in der Karte eingezeichnet. Naja, da wird es wohl irgendwo eine Hütte geben, wie schon ein paar Kilometer vorher ein paar zu sehen gewesen waren, war unser Gedanke.

              Meine Füße waren wieder gequollen und schmerzten von der Feuchtigkeit, die Mücken und inzwischen auch Bremsen waren so lästig, dass das Strümpfe ausziehen ohne Stiche nicht möglich war. Die Hitze an dem Tag war bei dieser Belastung schon fast unerträglich. Fast am Ende unserer Kräfte erreichten wir die Rogenstugan. Sehr viele Leute waren hier, auch die kleine Familie, aber das wussten wir ja schon.

              Die Hüttenwirten und ihr Sohn begrüßten uns freundlich und boten gleich kalte Getränke an. Wir beschlossen in der Hütte zu übernachten. Das wollten wir uns nach der Tour gönnen. Die Rogenstugan ist nur vor wenigen Jahren neu errichtet worden, nachdem die alte abgebrannt war. Die Sauna hätten wir auch benutzen können, uns reichte eine Abkühlung im kalten Rogen.

              Etwas später kam ein deutsches Paar. Besonders glücklich sahen sie nicht aus. Sie waren mit ihrem Kanu unterwegs und hatten das Boot vom Hån in den Rogen geschleppt, ca. 1,5 km, davon etwa die Hälfte durch Sumpf, in dem sie bis zu den Waden eingesunken waren. Das klärte die Kreuzung am Wanderweg. Eine Kanuportagestrecke.
              Die beiden ließen sich eine kürzere Portagestelle von der Hüttenwirtin zeigen. Wir erzählten, dass es dort relativ steil und steinig ist. Diese Protagestelle waren wir hinaufgelaufen, als wir vom Rastplatz wieder zurück zum Wanderweg liefen. Dem Paar gefiel die Region nicht, zu häufig mussten sie das Kanu tragen, sie wollten lieber nur fahren, ihr Kanu wäre zu schwer. Sie waren zu aufgebracht um die Schönheit der Natur hier zu bemerken, die Ruhe zu genießen. Sie wollten sich woanders einen Übernachtungsplatz suchen und am nächsten Morgen nach Rödviken paddeln.

              Uns präsentierte sich die Region zum Abschied nochmal von seiner allerschönsten Seite, ein Sonnenuntergang, der seinesgleichen sucht. Was für Farben! Was für eine Stimmung!

              Was für eine Stimmung! Wir saßen am Fenster und staunen, konnten den Blick nicht von dem Farbspektakel abwenden.





              Auch die Eltern des kleinen Alvin erfreuten sich an diesem Naturschauspiel. Wir redeten noch einen Weile miteinander. Wir auf Schwedisch, er auf Deutsch, sie auf Schwedisch, nicht, weil mein Schwedisch so schlecht war, sondern weil er die Gelegenheit nutzen wollte, mal wieder deutsch zu sprechen. Gibt es eine bessere Bestätigung als zu merken, dass man mit der fremden Sprache verstanden wird? Zuvor durften wir schwedischen Kinder- und Schlafliedern lauschen.


              Tag 9

              Der Morgen des 29. Juni war heiß und schwül. Die Mutter des Kindes fragte besorgt, ob uns ihr Sohn geweckt habe, er wäre einfach zu uns hinübergelaufen und auch sonst nicht zu beruhigen gewesen. Wir verneinten das, hatten davon wirklich nichts mitbekommen, hatten richtig gut und tief geschlafen. Bei dem Hüttenpreis hätte man auch nichts anderes erwarten dürfen.

              Wir frühstückten und machten uns auf den Rückweg zum Parkplatz bei Käringsjövallen. Nur noch 10 km trennten uns vom bequemen Auto, wir freuten uns schon jetzt auf eine eiskalte Cola, die wir uns in Tännäs besorgen wollten. In dieser Erwartung erschienen uns die 10 km länger als am ersten Tag.

              Am Auto angekommen legten wir die Rucksäcke ab. Ich dachte, die Getränke im Fahrzeug wären eklig warm. Irrtum, so konnten wir schon hier kaltes kohlensäurehaltiges Wasser trinken. Wie lecker, wie gut, wie erfrischend. Nach einer Erholungspause verließen wir unser Paradies und fuhren zum Naturum in Tännäs. Was für ein Gefühl, sich so leicht fortbewegen zu können.

              Das war sie nun, die berühmt-berüchtigte erste Trekkingtour. Wir haben es geschafft, die Tour war genial! Rechnerisch fehlten nur zwei Kilometer an den runden 100. Der Sohn der Hüttenwirten meinte den Abend zuvor scherzhaft, wir sollten einfach nochmal ein Stück zurücklaufen. Immerhin wissen wir dank ihm, wie "Svukuriset" ausgegesprochen wird.

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              • Mika Hautamaeki
                Alter Hase
                • 30.05.2007
                • 3996
                • Privat


                #8
                AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

                Zitat von woelfchen Beitrag anzeigen
                Tag 7

                „Nur weil keine Höhenlinien eingezeichnet sind, heißt das nicht, dass es keine Höhenunterschiede gibt.“
                Den Satz kenn ich doch... Ich hoffe, daß ihr nich so fertig wart wie wir damals, aber da hatte die halbe Buddel Absinth am Vorabend wohl auch einen kleinen Einfluß...
                So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                A. v. Humboldt.

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                • Mika Hautamaeki
                  Alter Hase
                  • 30.05.2007
                  • 3996
                  • Privat


                  #9
                  AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

                  So, nach dem Lesen des ganzen Berichts:
                  Sehr schöner Bericht mit tollen Fotos und eine tolle Tour, die ihr da gemacht habt.
                  So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                  A. v. Humboldt.

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                  • woelfchen
                    Erfahren
                    • 20.03.2010
                    • 276
                    • Privat


                    #10
                    AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

                    Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                    Den Satz kenn ich doch... Ich hoffe, daß ihr nich so fertig wart wie wir damals, aber da hatte die halbe Buddel Absinth am Vorabend wohl auch einen kleinen Einfluß...
                    Ich wollte es ja nicht glauben, als ich das gelesen hatte.

                    Wir waren fix und fertig. Der Teil war der anstrengenste Abschnitt.

                    Grötadalen kommt bestimmt auch noch mal und auf jeden Fall wieder ein Rast in der Fjällstation Svukuriset *jamjam*. Dort waren wir nicht zum letzten Mal.

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                    • lina
                      Freak

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                      Liebt das Forum
                      • 12.07.2008
                      • 43828
                      • Privat


                      #11
                      AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

                      Klasse, vielen Dank!

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                      • bv
                        Erfahren
                        • 11.10.2007
                        • 143
                        • Privat


                        #12
                        AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

                        Tolle panoramen

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                        • Hablo
                          Gerne im Forum
                          • 15.05.2010
                          • 86
                          • Privat


                          #13
                          AW: Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

                          Woah, TRAUMHAFTER BERICHT!
                          Die Bilder sind wunderschön und der Bericht ist auch sehr gut zu lesen.
                          Genau so stell ich mir Schweden vor
                          Mit den ersten Bäumen, die gefällt werden, beginnt die Kultur.
                          Mit den letzten Bäumen, die gefällt werden, endet sie.
                          Gustave Flaubert (1821 – 1880)

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                          • fjellstorm
                            Fuchs
                            • 05.10.2009
                            • 1315
                            • Privat


                            #14
                            AW: [SE] [NO] Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour


                            Danke, sehr schön wirklich. In diese gegend zieht es mich auch schon länger..

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                            • paddel
                              Fuchs
                              • 25.04.2007
                              • 1868
                              • Privat


                              #15
                              AW: [SE] [NO] Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

                              Super Bericht mit klasse Bildern!
                              Froh schlägt das Herz im Reisekittel,
                              vorausgesetzt man hat die Mittel.

                              W.Busch

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                              • blauloke

                                Lebt im Forum
                                • 22.08.2008
                                • 8843
                                • Privat


                                #16
                                AW: [SE] [NO] Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

                                Schön geschrieben, gut zu lesen.
                                Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                • deltakid
                                  Erfahren
                                  • 27.04.2010
                                  • 267
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [SE] [NO] Rogen, Långfjäll und Femund - unsere Einsteigertour

                                  Ganz ganz toll. Super Panoramas! Vielen Dank!

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