• Akkavonkebnekaise
    Erfahren
    • 02.04.2021
    • 107
    • Privat


    Kebnekaise im Schnelldurchgang

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 67.9011614
    Längengrad 18.5202026
    Kleines Vorwort:
    Frühestens bei Nils Holgersson ist mir der Kebnekaise über den Weg gelaufen. Der Name des Berges inspirierte Selma Lagerlöf: Sie nannte in ihrem Roman Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen die Anführerin der Wildgänse „Akka von Kebnekaise“. Akka ist wie der Kebnekaise ein Bergmassiv in Lappland. Seit dem stand dieser Berg auf meiner Agenda weit vorne. Im Wesentlichen soll dieser Bericht die Tour im Juli 2019 beschreiben. In einigen Rückblenden (kursiv) erwähne ich aber auch die missratenen Touren aus dem Jahre 2016 u. 2017, so dass der interessierte Leser alle Erfahrungen mit Tipps, Pannen u. Fehlern einfangen kann.

    Bereits 2016 hatte ich den Plan, den Kebnekaise in Schwedisch Lappland zu besuchen. Für diese Tour wurden vier Tage eingeplant. Leider hatte ich es vielleicht am Flughafen in Düsseldorf unterlassen, meinen Rucksack fachgerecht einzupacken. Ihn hatte ich komplett in eine Schutzhülle verpackt und nur mit Kofferriemen umwickelt. Trotzdem entschied der Schalter-Mitarbeiter wortkarg, kurz angebunden und ohne eine für mich schlüssige Erklärung - "Sondergepäck"! Da ich zeitlich sowieso schon knapp dran war, blieb mir nichts anderes übrig als mich im Laufschritt mit schwerem Gepäck durch die komplette Flughafenhalle im Terminal B von Schalter 178 zum besagten Schalter 1 zu begeben, um die dortigen Formalitäten zu erledigen und dann wieder flugs zurück zum bereits aufgerufenen Boarding zu gelangen. Wichtig bei der Aufgabe des Rucksacks ist es augenscheinlich, dass zumindest die Trageschlaufe sichtbar herausschaut und daran dann auch ein Baggage-Label angebracht werden kann. Die risikoreichste Variante ist offenbar die, den Rucksack ohne Schutz aufzugeben. Versteht sich eigentlich auch von selbst. Denn alle Schnüre, Bänder und Riemen bergen die Gefahr, sich im Transportprozess zu verheddern. Eine eindeutige Antwort hierauf gibt es wohl nicht. Wer auf Nummer sicher gehen will, kauft sich ein Flight Cover.

    Auf dem Flug von Stockholm nach Kiruna im Jahre 2016 hatte ich bereits mit einem Niederländer vereinbart, gemeinsam vom Flughafen Kiruna nach Nikkaluotka mittels Taxi zu fahren. So stand ich als letzter Passagier vor der niedlichen Gepäckausgabe in der kleinen Flughafenhalle von Kiruna, die dann auch kurze Zeit später ohne meinen Rucksack auszuspucken, schloss. Es folgte das übliche Anzeigeprozedere. Offenbar war dies wohl schon öfter passiert. Irgendwo zwischen Düsseldorf und Kiruna war mein Rucksack hängen geblieben.
    Zu diesem Zeitpunkt vermutete ich schon die Sondergepäckaktion als Ursache. Zumindest war das Personal sehr freundlich. Ich erhielt noch eine Plastiktüte mit einer Grundausstattung aus: T-Shirt (oder Nachthemd) XXXL, Zahnpasta, Zahnbürste u. Seife . Glücklicherweise hatte ich meine Wertsachen im Tagesrucksack am Mann gelassen.

    Der Schuttle-Bus, der nur eine halbe Stunde wartet war, wie auch der Niederländer, schon weg. Nur ein Taxi stand noch vor dem Flughafengebäude. Die Schweizer Mädels die es gebucht hatten, boten mir an mitzufahren; leider wollten sie nach Abisko. Somit begab ich mich dann zu Fuß in das zehn Kilometer entfernte Kiruna; auch ein Erlebnis. Unterwegs vermittelte mir ein anderer Tourengänger eine mit internationalem Publikum belegten günstigen Backpacker-Unterkunft. Dieser Tourengänger (genannt DER Deutsche) entpuppte sich als jemand, der sich in Kiruna niedergelassen hatte, um geführte Trekking-Touren anzubieten. Ein Däne aus der Unterkunft bot sich am nächsten Tag an, zusammen mit mir zum Flughafen zu fahren, um Näheres in Erfahrung zu bringen. Meine Vermutung bestätigte sich. Nachforschungen ergaben, dass mein Rucksack Düsseldorf nicht verlassen hat. Er wurde zwei Tage später nachgeliefert. Die Tour war somit insoweit Geschichte, da ich bereits unumbuchbare Bahn-Tickets für die Rückreise hatte. Zur Ehrenrettung der Fluggesellschaft (FlySAS) sei noch gesagt, dass diese nach zähen Verhandlungen (außerhalb der normalen Hotline), mich mit einer großzügigen kulanten Geste entschädigt hat. Dafür konnte ich mich zum Zeitvertreib kurzweilig mit der Stadt Kiruna beschäftigen.
    In und um Kiruna wird das reinste Eisenerz der Welt abgebaut. Die Abbaustellen kommen der Stadt immer näher. Bis 2040 soll die ganze Stadt um 5 Kilometer nach Osten verlegt werden. Das Rathaus, das ich 2016 besichtigte, war 2019 schon abgerissen.

    2017 fiel die Tour buchstäblich ins Wasser. Dauerregen und eine extreme Schneelage machte auch diese Tour zunichte.


    Umso mehr freute ich mich auf die diesjährige Tour 2019, frei nach dem Motto - aller guten Dinge sind drei. Für mein Vorhaben werden drei Tage eingeplant. Der Flug startet um 11:10 Uhr auf dem Airport in Düsseldorf. Nach einem Zwischenstopp auf dem Airport in Stockholm Arlanda, landet der Airbus 320 neo um 16:45 Uhr auf dem nördlichsten Flugplatz Schweden´s in Kiruna. 2016 wurde hier 250.000 Passagiere abgefertigt. Die Wetteraussichten könnten nicht besser sein. Dieses Mal hatte ich den Rucksack ordnungsgemäß eingepackt, sodass ich ihn mit großer Freude in Kiruna entgegennehmen konnte. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten die Tour zu beginnen. Ein kostenloser Bus-Shuttle-Service transportiert die Reisenden kostenlos in das zehn Kilometer entfernte Kiruna. Viele machen dort einen Zwischenhalt, um auch nur die hier erhältlichen Gaspatronen für ihre Kocher zu erwerben. Aber erst am nächsten Tag fährt um 10 Uhr der 92er Bus nach Nikkaluotka. Unnötiger Zeitverlust. Ich habe einen Esbitkocher und entscheide, mit zwei Niederländern per Taxi nach Nikkaluotka zu fahren. Das Warten auf den Rucksack an der Gepäckausgabe und die Mitfahrgelegenheit zeitgleich zu organisieren gleitet jetzt in eine kritische Phase. Wartet man zu lange auf seinen Rucksack am Laufband besteht die Gefahr, dass die vor dem Flughafen postierten Taxis bereits ausgebucht oder schon weg sind. Ich empfehle daher, nicht direkt zur Gepäckausgabe zu gehen, sondern sofort zum Flughallenvorplatz, um dort ein Taxi zu reservieren. Fahrgemeinschaften bilden sich dann von selbst. Schon kurz hinter der Erzbergwerksstadt Kiruna erkennt man schon deutlich die Konturen des Kebnekaise-Gebirges. Vielfach immer noch mit Schnee bedeckt. Die Fahrt in Richtung Westen folgt zunächst der E10 und führt dann durch eine typische norländisch- schwedische flache Landschaft, über eine holperige Straße an sehr vielen Seen und Campingplätzen vorbei. Die Strecke erinnert mich immer mehr an eine Colin McRae Ralley. Wer auf der Suche nach Nordlichtern und Elchen auf dem Rücken von Islandpferden ist, wird im Dorf Puoltsa, fünfundzwanzig Kilometer von Kiruna, auf Ofelas Pferdefarm fündig. Zwischen Holmajärvi und Laukkuluspa passieren wir eine Husky-Station. Während der kurzweiligen Fahrt berichten die Niederländer über ihr Vorhaben. Außerdem tauschen wir uns in Sachen Ausrüstung rege aus. Die Entfernung beträgt rund achtzig Kilometer, dauert zirka eineinhalb Stunden und kostete mich anteilig umgerechnet 50 Euro. Nikkaluotka wird vorwiegend von Samen bewohnt. Ganzjährig wohnen dort nur 22 Menschen. Hier gibt es einige Holzhütten für übernachtende Wanderer, ein kleines Restaurant, ein Lebensmittelladen sowie eine Helicopter Basisstation. Der Hubschrauber bringt zahlungskräftige Kunden auf den Gipfel des Kebnekaise. Dekadenz in dieser Ausprägung könnte beispielhaft hiermit erklärt werden oder bekommt sogar eine ganz besondere Bedeutung.

    Ebenda beginnt um 18:20 Uhr meine Wanderung. Kurz noch ein Foto mit den Holländern und los geht es. Die Strecke folgt dem Kungsleden (schwedisch für "Königspfad") von Nikkaluokta durch den menschenleeren Fjäll, zum höchsten Berg Schwedens. Dem Ziel, jenseits des 67. Breitengrades. Im Fjäll wechseln sich steinige und sumpfige (teilweise mit Holzbrettern begehbar gemachte) Abschnitte ab, gelegentlich unterbrochen von eisernen Hängebrücken zur Überquerung von unzähligen Flüssen. Die schüttere Baumvegetation ist hier relativ übersichtlich. Fernab jeglicher Zivilisation genieße ich die endlose Stille dieser grandiosen Landschaft, die sich langsam aber grundlegend ändert. Die Berge wollen offenbar nicht näher kommen. Entgegen vieler anderslautender Berichte, hält sich die Anzahl des Wanderpublikums auf dieser viel gepriesenen Wanderautobahn doch in gemäßigten Grenzen; sehr erfreulich!
    Gott sei Dank sind die sogenannten Knotts, diese klitzekleinen Plagegeister, nirgends zu sehen. Eine leichte Brise ist hier deshalb immer vorteilhaft. An warmen Tagen (über 15°C) scheinen die Viecher sich explosionsartige zu vermehren und attackieren alles, was einen Puls hat. Andere Wildtiere wie Bär oder Wolf werden hier am nördlichen Polarkreis so gut wie nie gesichtet. Lediglich Rentiere gehören zum hier zum Alltag. Nach sechs Kilometern gelange ich an den See Laddjujavri. Der Blick geht über den See hinüber zum markanten Berg Tolpagorni. Ein beruhigender Ort.
    Hier startet sonst ein Boot mit unbestimmten Abfahrtszeiten fünf Kilometer in Richtung Westufer. Jetzt ist aber schon Feierabend. Zwei Stunden später bin ich am Westufer des Laddjujavri.

    Bei bestem Wetter erreiche ich mit der untergehenden Sonne nach 19 km um 23.30 Uhr die Kebnekaise Fjällstation. Sie liegt auf einer Höhe von 690 Metern am Fuße des Kebnekaise. Die Fjällstation ist Hauptausgangspunkt des Kebnekaise, der mit 2117 m der höchste Berg Schwedens und Eurasiens nördlich des Polarkreises ist. Diesen Rekord wissen selbst erfahrene Alpinisten zu schätzen. Denn obwohl der Berg westlich von Kiruna „nur“ 2.100 Meter hoch ist, sprechen die, die ihn bestiegen haben, von einem „gefühlten Viertausender“. Die karge Gletscherlandschaft und die unberührte Natur rund um das Gebirgsmassiv geben dem Wanderer das Gefühl von urwüchsigem Hochgebirge.

    Dort in der Nähe schlage ich mein Zelt auf und nehme die Abendverpflegung ein. Eigentlich wollte ich an der gleichen schönen Stelle wie 2017 zelten, dem letzten grünen Plateau, kurz vor dem Aufstieg. Unterlasse es aber, um Kräfte zu sparen. Schön zu sehen, wie die Berge im Schatten versinken. Das ist das faszinierende in Schweden; Tag und Nacht kann nicht mehr konsequent getrennt werden. Die nächtliche Dunkelheit wird verbannt und weicht einem diffusen Licht, das eine mystische Stimmung erzeugt. Mein Ziel ist es, mit dem Sonnenaufgang auf den Gipfel zu gehen. Nach kurzem Schlaf rüste ich um 0:30 Uhr auf. Lediglich mit Tagesrucksack und warmer Bekleidung - Das tolle Licht ist beeindruckend!!!!.

    Die Wanderung über den Normalweg hat eine Länge von rund 20 km (Gesamtstrecke hin und zurück) und überwindet einen Höhenunterschied von ca. 1800 Hm.
    Von der Fjällstation aus führen zwei Wege direkt zum Südgipfel des Kebnekaise. Der Östra leden und der Västra leden. Der Östra leden ist zwar der weitaus kürzere von beiden, allerdings verläuft er auch über Gletscher und unterwegs müssen immer wieder Klettersteige passiert werden. Demnach blieb mir nur der Västra leden, für den etwa zehn Stunden veranschlagt werden. Der Weg verläuft dabei zunächst westwärts durch ein grünes Tal, zieht am Fuß des Tuolpagorni jedoch kurzerhand steil an. Hierauf folgt ein weiteres, felsiges Tal durch dessen Mitte der Kittelbäcken, ein kleiner Fluss verläuft.

    Dieser kleine tückische Fluss schwoll 2017 auf unserem Rückzug so stark an, dass er uns beinahe den Rückweg versperrte. Bis oberhalb der Knie durchwateten wir ihn.

    Besonders gefährliche steile Wegeabschnitte sind mit Steinstufen entschärft worden. Der Bau wurde in mühsamer Handarbeit durch Spezialisten aus dem Himalaya durchgeführt.
    Die letzte Gelegenheit, Wasser aufzufüllen, denn hierauf folgt nur noch ein Meer aus Felsen und Eis.
    Wasser gib es in dieser Region reichlich und kann bedenkenlos getrunken werden. Man sollte nicht unbedingt von stillstehenden Gewässern trinken, aber die fließende Variante eignet sich um so mehr um getrunken zu werden – ein Wasserfilter ist hier überflüssig. Wer einen schönen Zeltplatz außerhalb der überlaufenden Fjäll-Station sucht wird hier fündig. Das letzte grüne Plateau im Herzen des Hochgebirges. Es geht weiter steil nach oben auf den Vierranvarri (1711 m) und danach verliert leider wieder zweihundert Höhenmeter. Dieser Teil des Weges wird als Kaffedalen bezeichnet. Dieser Bereich wird auch aus Richtung Westen über den Durlings led von Singi erreicht. Alleinig rote Farbmarkierungen weisen den Weg über anstrengendes steiniges Geröll . Um 3:07 Uhr begrüßt mich der erste Sonnenstrahl.

    An dieser Stelle wollten ich und mein Wanderkollege 2017 (mit vollem Gepäck- 23 Kg) in Richtung Singi absteigen, was aber aufgrund der extremen Schneelage oben unmöglich erschien. Der sogenannte Durlings led gilt als dritte Variante den Kebnekaise von Singi aus zu besteigen. Dieser Weg befindet sich zwischen den Hütten von Singi und Sälka. Dieser Weg verlangt keine Kletterei und vermeidet den Umweg über den Vierramvarri. Diese Route ist nach G. Durling benannt, der 1895 als dritter Mensch den Kebnekaise bestiegen hat. Unsere Planung sah vor, über den Durlings led nach Singi abzusteigen, um anschließend über Nallo und Vista, also praktisch den Kebnekaise zu umrunden, nach Nikkaluotka zurückzukehren.
    Damals war hier die Reise zu Ende. Vernünftigerweise blieb nur noch die Aufgabe. Es hatte den ganzen Tag geregnet und oben heftig geschneit. Bei fast null Sicht war es äußerst schwierig überhaupt noch irgendwelche Markierungen zu erkennen. Nach gut zehn Stunden kamen wir völlig durchnässt und durchgefroren um 22:00 Uhr im Basislager an und buchten eine viel zu teure Übernachtung in der Fjällstation. Unglücklicherweise hatte ich es auch noch versäumt, meine Wechselkleidung wasserdicht zu verpacken. Die Station war zum Bersten gefüllt. Hier ging es zu wie in einem Hühnerhaufen. Der Trockenraum hatte den maximalen Grad an erträglicher Luftfeuchtigkeit bereits erheblich überschritten und war mit seiner Aufgabe völlig überfordert. Egal, Aufwärmen, Duschen und ab in das überfüllte Bettenlager.


    Wer warmes Sommerwetter erwartet, wird enttäuscht werden. Hier fühlt sich der Sommer eher an wie unser Frühling oder Herbst. Im wärmsten Monat Juli steigt die Temperatur nur selten über 15°C und gelegentlich können die Temperaturen Nachts bis um den Gefrierpunkt sinken. So sind Schnee und Frost im August nichts ungewöhnliches. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, aber Hitzewellen (wie im Sommer 2018) gehören eher zur Seltenheit. Das oftmals schlagartig wechselnde Wetter gehört aber auch zu den Herausforderungen, ja sogar Charme dieses Gebiets.

    Auf dem Toppstugan erreicht man wohl die höchst gelegene Hütte Schwedens oder vielmehr was davon übrig geblieben ist. Ab hier wird das Gelände deutlich flacher und besteht nur noch aus Schnee und Eis. Hier ist äußerste Vorsicht geboten. Manchmal sind hier Steigeisen erforderlich um die letzten Meter hin zum Gipfel auf dem schmalen Grat schadlos zu überstehen.

    Um 5:30 Uhr habe ich mein Ziel erreicht. Ich stehe nach drei Anläufen auf dem Gipfel des Kebnekaise, der Krone des schwedischen Fjälls. Ein Traum wird wahr. Es ist ziemlich kalt und sehr windig. Wie gut, dass ich Mütze und Handschuhe dabei habe. Die Aussicht ist phantastisch in dieser arktischen Höhe. Es ist keine Menschenseele zu sehen. Die Sonne verwandelt den Gletscher kurz in einen gigantischen Spiegel. Ich genieße den einzigartigen Moment, als Lohn für die ganze Mühe. Ein Achtel der Landesfläche soll von hier zu überblicken sein, und unter dem weichen Morgenlicht und dem hohen nordischen Himmel reihen sich am Horizont Gipfel an Gipfel. Im Westen erkennt man bereits die Berge Norwegens, im Süden das Gebirgsmassiv des Sarek und im Osten die Tiefebene des Fjälls. Dieses besondere facettenreiche Licht inmitten dieser lappländischen Bergwelt bleibt bestimmt unvergesslich.

    Rückmarsch! Jetzt werden die Wege langsam voll. Von oben kann man die Karawanen gut beobachten; wie gut, dass ich beizeiten gestartet bin. Hej, Hej am laufenden Band. Unten weiter wird es langsam unerträglich heiß. Die Hitze staut sich im Bergkessel. Der Abstieg ist nicht weniger beschwerlich, denn selten hat man einen Pfad unter den Füßen. Die riesigen Geröllfelder beanspruchen auch jetzt noch höchste Aufmerksamkeit. Endlich wieder Vegetation. Um 10:40 Uhr erreiche ich wieder mein Zelt. Ich überlege. Bleibe ich hier oder geht es weiter. Weit und breit kein schattiges Plätzchen. Die Sonne brennt, vielleicht bin ich ein Glückpilz und habe den schönsten Tag des Jahres erwischt. Meine Fersen sind etwas ramponiert. Bloß jetzt nicht die Schuhe ausziehen. Ich entscheide – weiter! Mein Plan ist es, den Bus um 16:50 Uhr in Nikkaluotka zu erreichen. Unterwegs sehe ich ein Boot, kurz vor dem Ablegen. Es ist bereits ziemlich voll. Ich bekomme als letzter Reisegast noch eine Passage. Die kurze aber erfrischende Reise endet wieder am Ostufer des Laddjujare. Fünf Kilometer spare ich dadurch ein und verbuche sie mit 35 € . Um 16:15 Uhr erreiche ich Nikkaluotka. Schwedens einziger Renburger-Imbiss in der Wildnis, genannt „LapDånalds“. Der größte Burger kostet 15 €, aber wie überall nachzulesen ist, ein Muss.

    Nach gut 24 Stunden, wenig Schlaf und rd. 60 km Fußmarsch, ziemlich erschöpft aber sehr zufrieden, erreiche ich um 18:20 Uhr wieder meinen Ausgangspunkt, Kiruna. Dort gönne ich mir ein Hotelzimmer
    im Scandic und schlafe erstmal richtig aus. Am nächsten Tag ruft das Urkult-Festival in Näsåker in der schwedischen Provinz Västernorrland. Jeder Freiwillige muss mindestens 12 Stunden Freiwilligenarbeit leisten und bekommt dafür einen kostenlosen Zeltplatz sowie ein kostenloses Festivalticket. Freiwilligenarbeit bei Urkult ist oft intensiv, verrückt und macht Spaß.
    Hier ist noch erwähnenswert, dass der Zug dorthin, mitten in der Pampa - in Murjek- aufgrund von überhitzten und dadurch verbogenen Gleisen stehen bleiben musste.
    Ein älteres Ehepaar versorgte aus einem kleinen Kiosk die Reisenden kostenlos mit Wasser.
    Die Räumung des Zuges und die Organisation der Weiterfahrt mit Bussen, dauerten nur zwei Stunden. Sogar der Anschluss-Zug (Nachtzug nach Stockholm) wartete in Boden. Eine starke Leistung!
    Am Ende der Reise besuche ich noch das Weltkulturerbe "Höga Kusten", da wo Berge und Meer zusammen treffen. Das Küstengebiet Höga Kusten (Hohe Küste) in der schwedischen Provinz Västernorrlands län zwischen Härnösand und Örnsköldsvik wurde im Jahr 2000 zum Weltnaturerbe erklärt. Die Region ist namensgebend für die Högakustenbrücke, eine Hängebrücke über den Fluss Ångermanälven. Entlang der Küste Norrlands - von Härnösand bis Örnsköldsvik - erstreckt sich die höchstgelegene Uferlinie der Welt.
    Hier verabschiede ich mich von Schweden mit einer Klettertour. Auch sehr empfehlenswert.

    Fazit:
    Sehr schöne, mittelschwere und abwechslungsreiche Wanderung durch Schwedens hohen Norden, vor beeindruckender Bergkulisse, mit reißenden Flüssen und sagenhafter Aussicht. Dieses abenteuerliche Erlebnis mit atemberaubender Landschaft am nördlichen Polarkreis ist jeden Schweißtropfen wert!

    Wer die sportliche Herausforderung beim Klettern sucht, lässt den Kebnekaise links liegen und wählt die schroffen Wände des Kaskasapakte. So heißt ein weiterer Zweitausender im Gebirgsmassiv, der als schwierigster Berg Schwedens gilt.

    Reisedaten
    2016 hin - Flug Düsseldorf 11:03 h - Kiruna 16:30 h
    2016 zurück - Nachtzug Kiruna 13:48 - Trelleborg; 13:52 - Fähre Trelleborg - Rostock 6 Std.;
    4:30 Uhr Schwerin - Hamburg; Niedersachsen - Ankunft 10:30 Uhr

    2017 Hin-u. zurück 5000 km per PKW - Puttgarden-Rödby-Störebelt-Öresund

    2019 Flug Düsseldorf - Kiruna - zurück per Bahn bis Kramsfors und den Rest mit PKW


    Zeiten (inkl. Pausen):
    Nikkaluokta – Kebnekaise Fjällstation (19 km): 5:30 Std.
    Kebnekaise – Nikkaluotka ohne Pause (19 km- 5 km ) 4:30 Std.
    Fjällstation – Kebnekaise Nordgipfel – Fjällstation (22.5 km): 10 Std. 10 Min.

    Tipps:
    Gaspatronen gibt es nur in Kiruna. Es gibt Berichte, wonach Fluggesellschaften
    die Patronen aus den Rucksäcken entfernt hat, ohne dass der Rucksackinhaber
    es merkte. Lediglich ein Zettel im Rucksack sorgte erst später für Aufklärung.

    Die Großveranstaltung "Fjäll RävenClassic" sollte unbedingt gemieden werden.
    2000 Teilnehmer aus 30 Ländern fluten dann die Wanderwege.

    Die geführte Gipfeltour kostet 1495 SEK und ist buchbar unter:
    https://www.swedishtouristassociatio...t-tour-summer/

    Bus_Verbindung - Nikkaluottkaexpress: https://nikkaluoktaexpressen.se/

    Die Fotos folgen keiner Chronologie; sie sind eine Mischung aus allen Touren

    Angehängte Dateien
    Zuletzt geändert von Akkavonkebnekaise; 04.12.2021, 09:10.