• Freedom33333
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    [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 67.194121778
    Längengrad 17.554306822
    [SE] 16 Tage Frust und Lust & Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

    30.08.2019 – 16.09.2019








    ---
    Stille.
    Einfach nur: Stille.
    Absolute Stille.
    Da ist nichts. Garnichts.
    Keine Stimmen. Niemand der telefoniert.
    Keine Musik. Kein Bass vom Sitznachbarn in der S-Bahn mit Kopfhörern.
    Kein Geschrei, kein Lärm.
    Kein Knistern einer Chipstüte.
    Kein vorbeifahrender Krankenwagen. Kein Straßenlärm.
    Kein Getrampel vom Nachbarn der über einem wohnt.
    Noch nicht einmal das auch in der Natur in Deutschland so allgegenwärtige an- und abschwellende Rauschen von Autos auf einer weiter entfernten Straße.
    Kein Aufheulen eines Motorrads.
    Kein Geräusch eines Flugzeugs.
    Kein Zwitschern eines Vogels.
    Nichts.

    Das kann nicht sein.
    Ich lausche angestrengt. Aber da ist nichts. Nicht einmal ein Säuseln des Windes, nicht einmal das entfernte Rauschen eines Wasserfalls. Absolute, unverschämt perfekte Stille. Dass es das heute überhaupt noch gibt.

    Es ist ca. 6.00 Uhr morgens. Ich stehe, verpackt in meine wärmsten Klamotten und gerade aus meinem Schlafsack geklettert, gähnend, vor einer weiten Ebene. Vor mir ein See.
    Dahinter der Sonnenaufgang. Es ist schön. Unbeschreiblich schön. Ich frage mich – wie schon mehrfach in diesem Urlaub - Ist das echt? Gibt es das überhaupt? Oder sitze ich gerade im Büro, habe die Augen geschlossen und reime mir das nur im Kopf zusammen? Liege ich im Bett und träume?

    Ich stehe auf einem größeren Stein, habe gerade mein Kamerastativ aufgebaut und drücke nun die Taste für die Timelapse-Funktion. Das Klicken der Kamera durchbricht die Stille.

    Es ist der letzte volle Wandertag meines Sarek-Urlaubes. Eigentlich befinde ich mich sogar auf dem Kungsleden, zwischen Saltaloukta und Sitojaurestugorna, einer viel begangenen Strecke. Eigentlich. Denn ich hatte mir einen Reservetag bis zum Schluss aufgehoben und es war mir zu langweilig, einfach die 20km auf dem Kungsleden nach Norden entlangzulaufen. Also war ich von der „Autobahn“ abgewichen und nach Osten auf die Ulldevisduottar-Ebene. Hinter mir befindet sich der namenlose Gipfel (1099m), vor mir der Njalasjjavvrre-See mit diversen weiteren kleinen Seen um ihn herum.

    Als die Aufnahmen im Kasten sind, steht die Sonne mittlerweile ein wenig über dem Horizont. Und die Strahlen der Sonne wärmen mich. Als ich wieder in meinem Zelt sitze und mir den zweiten Kaffee koche – der letzte Schluck Kaffee den ich mir vor einer halben Stunde gekocht habe ist auf dem Boden des Topfes zu Eis gefroren - habe ich unglaublich gute Laune, philosophiere herum, muss ständig über irgendwelche Kleinigkeiten lachen und singe willkürlich irgendwelche Lieder die in meinem Kopf aufploppen. Weihnachtslieder, Kinderlieder und „Mein kleiner grüner Kaktus“.

    Es ist ein wunderschöner Tag und ich blicke mit ein wenig Wehmut auf meinen nun in Kürze endenden Urlaub zurück. Letzter Tag, letztes Highlight. Dachte ich. Aber ein weiteres Highlight, getoppt durch einen glücklichen Zufall, stand mir in wenigen Stunden noch bevor.

    Die Nacht davor.
    3.00 Uhr Nachts. Es ist kalt. Richtig kalt. Die letzten Tage war das Wetter trübe, es gab kaum Sonnenstrahlen. Teils so trübe und neblig, dass eine regelrecht unheimliche Atmosphäre entstanden war. Jedenfalls gab es keine Gelegenheiten, den Schlafsack zu trocknen. Vielleicht habe ich die richtigen Situationen auch einfach verpasst. Der Schlafsack ist nass. Vor allem am Fußteil. Man kann regelrecht sehen, wie der Loft durch die Feuchtigkeit zusammengedrückt wird. Er ist mir, wie man im Fachjargon sagen würde, zusammengefallen.

    Das Thermometer zeigt minus 4 Grad. Ich habe alles an, was ich dabei habe. Aber es hilft nichts: Ich friere. Mir ist kalt. Ich drehe mich auf den Rücken, versuche irgendwie eine wärmere Position zu erreichen. Ich müsste dringend mal raus. Aber es geht nicht. Als ich gestern Abend in den Schlafsack gekrochen bin, hat es eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis dieser endlich ein wenig Wärme reflektiert hat. Ich will nicht schon wieder so viel Wärme verlieren, also bleibe ich im Schlafsack. Und versuche zu schlafen. Hin und wieder schlummere ich ein wenig, aber wirklich erholsamer Schlaf stellt sich nicht ein.

    Und das schimpft sich nun Urlaub. Was soll das? Warum tue ich mir das an? Was hat das mit „Erholungsurlaub“ zu tun? Wieso bin ich nicht nach Malle gefahren oder habe mir irgendeinen anderen All Inclusive-Urlaub gegönnt? Wieso kein Städtetrip mit Übernachtung in Hostels? Allein von den Kosten für das Inreach-Mini – 289€ + Abogebühren - hätte ich mir eine Woche Urlaub gönnen können. Stattdessen wälze ich mich nun im Schlafsack hin und her, friere und hoffe einfach nur, dass die Nacht endlich um ist. Bäh!


    Noch nie in meinem Leben lagen – wie in diesen 16 Tagen – Frust und Lust, Höhen und Tiefen, gute Laune und Ärger, so nahe beieinander. Ständig wiederholte sich das Muster: Momente absoluten Frusts und Ärgers – und dann am selben Tag, Momente einer so unbeschreiblichen Schönheit der Natur, dass es sich schier jeglicher Beschreibung entzieht. Aber die Natur ist nicht immer schön. Sie ist auch rau, nass, kalt, stürmisch und hart. Und ein Trekking-Urlaub besteht nicht nur aus schönen Tagen. Das sollte sich jeder Anfänger, der eine solche Tour plant, vorher bewusst machen.

    Zwar hatte ich auch in meinen letzten beiden Urlauben – jeweils in Schottland – mehr schlechtes als gutes Wetter. (Und umso mehr darauf gehofft, endlich mal Wetter-Glück zu haben). Aber in Schottland gab es Bothys und ich konnte die Schlechtwettertrage größtenteils drinnen verbringen. Nicht so dieses mal - im Sarek gibt es keine Hütten. Für mich war es also die erste Tour dieser Art.
    Bei gutem Wetter dachte ich mir immer wieder: „Trekken ist leicht.“ Bei schlechtem Wetter: „Warum tue ich mir das an?“ Der Rest war Laufen.

    Aber springen wir doch einfach zurück zum Anfang.

    Viel Spaß beim Lesen.
    Zuletzt geändert von Freedom33333; 09.12.2019, 08:19.

  • Hunter9000
    Dauerbesucher
    • 02.06.2012
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    #2
    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

    Vielversprechender Anfang. Abonniert und gespannt auf mehr!

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    • andrea2
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      • 23.09.2010
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      #3
      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

      Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
      ...Es ist ein wunderschöner Tag und ich blicke mit ein wenig Wehmut auf meinen nun in Kürze endenden Urlaub zurück...

      ...3.00 Uhr Nachts. Es ist kalt. Richtig kalt. Die letzten Tage war das Wetter trübe, es gab kaum Sonnenstrahlen. Teils so trübe und neblig, dass eine regelrecht unheimliche Atmosphäre entstanden war. Jedenfalls gab es keine Gelegenheiten, den Schlafsack zu trocknen. Vielleicht habe ich die richtigen Situationen auch einfach verpasst. Der Schlafsack ist nass. Vor allem am Fußteil. Man kann regelrecht sehen, wie der Loft durch die Feuchtigkeit zusammengedrückt wird. Er ist mir, wie man im Fachjargon sagen würde, zusammengefallen...

      ...Das Thermometer zeigt minus 4 Grad...

      ...Und das schimpft sich nun Urlaub. Was soll das? Warum tue ich mir das an? Was hat das mit „Erholungsurlaub“ zu tun? ...

      ...Bei gutem Wetter dachte ich mir immer wieder: „Trekken ist leicht.“ Bei schlechtem Wetter: „Warum tue ich mir das an?“ Der Rest war Laufen....
      Sehr schön
      Du hast gerade unseren Reisebericht geschrieben.
      Wir waren ja nur etwa eine Woche später unterwegs.
      Ich werden deinen Bericht gespannt verfolgen.

      Andrea
      Zuletzt geändert von andrea2; 23.10.2019, 18:36.

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      • Borgman
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        • 22.05.2016
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        #4
        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

        Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
        Viel Spaß beim Lesen.
        Danke, ich bin auf jeden Fall dabei. Deine Einleitung finde ich schon mal sehr ansprechend - man fühlt sich sofort an eigene Erlebnisse zwischen Frust und Lust erinnert. Bin gespannt, wie es Dir ergangen ist auf Deiner Tour in Lappland. Du bist ja am selben Tag gestartet wie ich, hast also auch den Spätsommer knapp verpasst...

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        • Pfiffie
          Fuchs
          • 10.10.2017
          • 2024
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          #5
          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

          Was soll ich sagen, im Moment ist jeder Sarekbericht herzlich Willkommen bei mir und auch für lange Zeit. Ich bin gespannt
          "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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          • Freedom33333
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            • 09.09.2017
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            #6
            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

            Zitat von Hunter9000 Beitrag anzeigen
            Vielversprechender Anfang. Abonniert und gespannt auf mehr!
            Ich danke dir, geht bald weiter, bin etwas überfordert mit den ganzen Fotos im RAW-Format und den Möglichkeiten der Bildbearbeitung die ich gerade entdecke, aber ich glaube am Ende nehme ich einfach die JPG ohne alles, das dauert ja sonst alles ewig...

            Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
            Sehr schön
            Du hast gerade unseren Reisebericht geschrieben.
            Wir waren ja nur etwa eine Woche später unterwegs.
            Ich werden deinen Bericht gespannt verfolgen.

            Andrea
            Alles meine Schuld.

            Ich war ja die ersten 5 Tage mit Evernorth unterwegs - und er meinte am Anfang zu mir, er habe die letzten Jahre immer Wetterglück gehabt, er sei also ein Glücksbringer. Ich musste dem entgegen setzen, dass ich Pech bringe, da ich die letzten beiden Touren eher schlechtes Wetter hatte. Mir scheint, sein Glück bezieht sich nur Island.


            Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
            Danke, ich bin auf jeden Fall dabei. Deine Einleitung finde ich schon mal sehr ansprechend - man fühlt sich sofort an eigene Erlebnisse zwischen Frust und Lust erinnert. Bin gespannt, wie es Dir ergangen ist auf Deiner Tour in Lappland. Du bist ja am selben Tag gestartet wie ich, hast also auch den Spätsommer knapp verpasst...
            Ja, wenn man genau liest, dann kriegt man das eigentlich bei den meisten Berichten doch mit, dass es auch einigen Frust gibt. Aber ich habe das oft überlesen und dachte mir: Bleib optimistisch, das Wetter wird schon toll werden. Sag mir jetzt nicht, dass davor besseres Wetter war?

            Ich habe mit Absicht keinen einzigen Wetterbericht vorher gelesen. ich dachte mir: An der Tourplanung ändert sich eh nichts. Ich muss da durch. An der Ausrüstung auch nicht. Also warum mit dem Wetterbericht befassen?


            Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
            Was soll ich sagen, im Moment ist jeder Sarekbericht herzlich Willkommen bei mir und auch für lange Zeit. Ich bin gespannt
            Man traut sich ja schon gar nicht mehr den Sarek zu posten, gab ja doch einige wahnsinnig tolle Berichte in den letzten Jahren.

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            • Pfiffie
              Fuchs
              • 10.10.2017
              • 2024
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              #7
              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

              Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen

              Man traut sich ja schon gar nicht mehr den Sarek zu posten, gab ja doch einige wahnsinnig tolle Berichte in den letzten Jahren.
              Bis auf ganz wenige andere Berichte sind sie doch alle gleich was das Foto betrifft. Mal mit Steinen und Wasser, oder nur Wasser, gefroren oder mit Schnee etc.. Wenn man danach geht ist jeder Skandinavienbericht gleich, so viel ändert sich die Landschaft nun wirklich nicht. Ich könnte sogar behaupten das das eine oder andere Foto vom Kungsleden der Sarek wäre und da müsste schon wer kommen der sich richtig gut auskennt um zu sehen das es das nicht ist. Sobald aber das persönliche Erlebnis ins Spiel kommt, Sachen die man erlebt hat, Hausforderungen die man geschafft hat usw., wird so ein Bericht einzigartig. Dazu kommt das die Technik nicht stehen bleibt und sich jeder weiter entwickelt. Ich interessiere mich dann zum Beispiel auch dafür was man benutzt hat, was man gekocht hat, eine andere Anreiseart etc.. Und der Bericht wird immer interessanter auch wenn er der 100. aus dem Sarek ist . Auch wenn das was anderes ist, habe ich mal Golf gespielt. 120 Runden durchschnittlich im Jahr. Jede war anders und ich könnte einiges interessantes erzählen obwohl man ständig den gleichen Kurs gespielt hat.
              "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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              • theslayer
                Dauerbesucher
                • 13.11.2013
                • 586
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                #8
                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                Ich danke dir, geht bald weiter, bin etwas überfordert mit den ganzen Fotos im RAW-Format und den Möglichkeiten der Bildbearbeitung die ich gerade entdecke, aber ich glaube am Ende nehme ich einfach die JPG ohne alles, das dauert ja sonst alles ewig...
                Ich weiß ganz genau was du meinst, ich kämpfe gerade mit 2000 Fotos der letzten Radreise. Davor immer nur JPEGs, jetzt erkunde ich die Möglichkeiten der RAW-Fotografie... nun, wenigstens lernt man so Lightroom ein bisschen kennen.

                Ich freu mich auf deinen Sarek-Bericht, bei mir ist es über ein Jahr her das ich da war, es entsteht Sehnsucht beim Lesen deiner Zeilen und bei deinen Fotos. Toller Schreibstil!
                Auf meinem Blog Longing for the Horizon:
                Pamir Highway 2019 / Sarek 2018 / Padjelantaleden 2017 / 4500km Radtour Berlin-Nordkapp 2017 / Kungsleden 2015 / Kungsleden 2014 / Israel-Hike 2014 und viele kleinere Radtouren (Berlin - Kopenhagen / Prag - Berlin etc.)

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                • evernorth
                  Fuchs
                  • 22.08.2010
                  • 1835
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                  #9
                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                  Na, dann bin ich mal gespannt, wie es dir im Weiteren noch ergangen ist.
                  Wann geht’s denn weiter??
                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                  • Freedom33333
                    Dauerbesucher
                    • 09.09.2017
                    • 900
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                    #10
                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                    Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                    [...]. Sobald aber das persönliche Erlebnis ins Spiel kommt, Sachen die man erlebt hat, Hausforderungen die man geschafft hat usw., wird so ein Bericht einzigartig. Dazu kommt das die Technik nicht stehen bleibt und sich jeder weiter entwickelt. Ich interessiere mich dann zum Beispiel auch dafür was man benutzt hat, was man gekocht hat, eine andere Anreiseart etc.. Und der Bericht wird immer interessanter auch wenn er der 100. aus dem Sarek ist . Auch wenn das was anderes ist, habe ich mal Golf gespielt. 120 Runden durchschnittlich im Jahr. Jede war anders und ich könnte einiges interessantes erzählen obwohl man ständig den gleichen Kurs gespielt hat.
                    Toller Beitrag
                    Man ist sich ja nicht immer sicher ob man so Dinge wie die Ausrüstung etc. posten soll aber dann gibt es schonmal einen der den nächsten Beitrag liest.

                    Wobei ich das Beispiel mit dem Golfen erstaunlich finde. Wenn man ein Hobby zu oft macht, habe ich manchmal das Gefühl, dass die Erinnerungen im Nachhinein recht stark verschwimmen. Sprich, wenn man 10mal im Skiurlaub war oder zum Skilanglauf, erinnert man sich womöglich am Ende nicht mehr so exakt, welche Abfahrt in welchem Urlaub war. Macht man es nur einmal, ist die Erinnerung an jeden Tag noch da. Für mich immer ein Grund, so viel Abwechslung wie möglich im Urlaub oder bei Hobbys anzustreben. Wobei ich das Gefühl habe, beim Trekking eine Urlaubsart gefunden zu haben, der ich noch einige Zeit treu bleiben könnte. Und natürlich auch klar ist, wenn einem eine Sache richtig Spaß macht, macht man sie gerne so oft wie möglich.

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                    • Freedom33333
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                      • 09.09.2017
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                      #11
                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                      Erstmal zur Vorbereitung & der Ausrüstung.

                      (Im nächsten Post gehts dann mit der Tour los)

                      Meine Tour ging insgesamt 16 Tage, also 15 Übernachtungen. Die ersten 5 Tage war ich gemeinsam mit Evernorth unterwegs, danach haben sich unsere Wege wegen unterschiedlicher Tourplanung getrennt. An dieser Stelle vorab nochmal ein herzlichen Dankeschön für die zusammen verbrachte Zeit, es war mir eine Ehre!

                      Ursprünglich wollte ich die Tour von drtech aus dem letzten September nachlaufen, bekam aber durch Zufall mit, dass Evenorth ungefähr im selben Zeitraum im Sarek sein würde. Tatsächlich stellten wir fest, dass wir beide, unabhängig voneinander, so gebucht hatten, dass wir am Freitag dem 30.08 in Lulea ankommen würden, wollten uns also auf jeden Fall auf ein Bier treffen. Nachdem er mir von seiner Tourplanung – Einfliegen lassen mit dem Helikopter, auf Vobos Spuren – erzählt hatte, warf ich schließlich wenige Tage vor der Tour meine Planung um (vielleicht erinnert sich der ein oder andere an meine kurzfristigen Tourplanungsfragen) und beschloss, ebenfalls den Heli-Flug zu buchen, wenn es passen sollte, vielleicht auch ein paar Tage mit ihm gemeinsam zu laufen. Und tatsächlich taten wir das dann ja auch. Aber dazu später mehr.

                      Anreisedaten:
                      – Flug Deutschland --> Stockholm --> Lulea
                      – Der Sarek hat 4 mögliche Einstiegspunkte, davon 3 im Norden und einem im Süden. Im Norden, von Ost nach West: Kebnats/ Saltoluokta, Suorva, Ritsem; im Süden: Kvikkjokk. Beide sind von Lulea mit Zug/Bus in 4-5 Stunden erreichbar
                      – Für die Flüge 300€, für die Fahrten zum Start / Endpunkt jeweils ca. 50€
                      – Startpunkt war Kvikkjokk, Endpunkt Kebnats
                      – Von Kvikkjokk ging es im Helikopter – gemeinsam mit evernorth – nach Tarraluoppalstugorna, ca. 130€ pro Person (1450 Schwedische Kronen)

                      Meine Tour:
                      Kvikkjokk - Tarraluoppal (Heli) – Jiegnavagge – Sarvesvagge – Luohttolahko – Sarvesvagge – Niejdariehpvagge – Algavagge – Skarja – oberes Rapadalen – Snavvavagge – unteres Rapadalen – Hochebene im Osten bis Skierffe – Aktse – Sitojaurestugorna – Ulldevisduottar – Saltuloukta





                      Zur Ausrüstung
                      Detaillierte Packliste: https://www.directupload.net/file/d/...uc23to_pdf.htm

                      Insgesamt 8kg Essen und ein Startgewicht von 23kg exklusiv Stöcke, zusätzlich das was man an Wasser dabei hat, im Sarek also nur ca. 1kg da es an Wasser wahrlich keinen Mangel gab...

                      Das Zelt:
                      Hilleberg Unna. Unverschämt teuer. Aber einfach ein unglaublich gutes Zelt. Bin damit extrem zufrieden. Und nehme gerne das Mehrgewicht in Kauf, wenn ich mir dafür weniger Gedanken machen muss über den Zeltplatz, das Abdichten von Nähten oder Reißverschlüssen, Löcher im Boden usw.

                      Das GPS-Gerät:
                      Etrex 30x. Ohne Touchscreen, mit Steuerkreuz, lahm, schwer sich daran zu gewöhnen. Aber: In der Extremsituation Sturm, Regen, Nebel – absolut zuverlässig, kein rumspinnender Touchscreen, kein Akku der auf 0 springt (Handy lässt grüßen), kein Wasser im Anschluss, lange Batterielaufzeit. Fast die gesamte Tour war das Gerät Luxus und überflüssig. Fast. An zwei Tagen gab es so starken Nebel, dass man eine Sicht von mitunter 10-20m hatte. Navigation über Karte und Umgebung unmöglich. In beiden Fällen war ich sehr froh, das Gerät dabei zu haben. Das eine mal habe ich es erst nach Gefühl versucht und mich komplett verlaufen, wie im Film. Ich bin bei einer Sicht von 5m regelrecht im Kreis gelaufen.

                      Das Satellitengerät.
                      Inreach Mini. 100g. 289€ + 30€ Jahresgebühr + 20€ für den einen Monat. Teuer. Ärgerlich. Aber nützlich. Zum einen für die Daheimgebliebenen und sich Sorgenden – durch das Setzen von Wegpunkten können diese nachverfolgen, wo man gerade wandert, zum anderen durch das Anfordern von Wetterberichten. Auch ein Verschicken von Nachrichten an andere Inreach Geräte ist möglich, sodass evernorth und ich, auch nachdem wir uns getrennt hatten, noch miteinander kommunizieren konnten. Und die SOS-Funktion ist eben für den Notfall auch noch da. Viele der Wanderer im Sarek, die Solo unterwegs waren (bei denen die ich gefragt habe, alle), hatten entweder so ein Gerät oder ein anderweitiges Satellitengerät dabei!

                      Der schwächste Ausrüstungsgegenstand: Die Stöcke: Leki Khumbu (2019)
                      Haben komplett versagt, mir ziemlichen Frust beschert und mich mehrfach in sehr gefährliche Situationen gebracht. Ob Konstruktions- oder Produktionsfehler weiß ich nicht, ich tippe auf ersteres. Evernorth war ebenfalls sehr verwundert über dieses Montagsprodukt. Waren erst nach notdürftiger Reparatur mit Panzertape zu gebrauchen. Grund: Die Verbindung zwischen dem untersten und dem mittleren Segment hat überhaupt nicht gehalten. Sprich: Wenn der Stock auch nur ein klein wenig Widerstand beim Rausziehen hatte, blieb das unterste Segment stecken und man hatte den Rest des Stockes in der Hand. Wenn das passiert während man über ein Blockfeld läuft, legt man sich beim nächsten Schritt hin, weil man sich plötzlich nicht mehr abstützen kann. Oder auf einem abschüssigen Weg am Hang oder oder oder. Auf einen Trekking-Stock muss man sich verlassen können, das ist ein überlebenswichtiger Trekking-Gegenstand. Das war hier nicht der Fall.

                      Die Kamera:

                      Ebenfalls neu mit dabei: Die Sony Alpha 6000 (450g) mit Ultrapod ii Stativ (112g), Bauchtasche (140g), 2 Ersatzakkus (ca. 100g) und 20.000maH Powerbank (statt 10.000 im letzten Urlaub).

                      Es war für mich learning by Doing, ich bin also im Vergleich zu vielen die hier im Forum unterwegs sind was die Fotos angeht ein kompletter Anfänger. Habe mich vorher aber bestmöglich informiert, vor allem mit Videos auf Youtube von Stephan Wiesner, Benjamin Jaworskyi und fototrainer.com.

                      Durch ein Video von ersterem – Milchstraße fotografieren mit einer beleuchteten Hütte im Vordergrund – hatte ich auch erst die Idee für das Foto aus dem ersten Post. Einige Fotos werden unterbelichtet, andere überbelichtet sein, muss mal sehen was sich da mit der Bildbearbeitung machen lässt, aber zum Üben war die Tour natürlich ein Traum.


                      Dann noch ein paar einleitende Worte zu meinem Werdegang & zur Definition des Begriffes "Anfänger"

                      Lektion 1. Aller Anfang ist schwer
                      Mein erster Trekking-Urlaub war im Oktober 2018, Schottland, Northwesthighlands / auf Ske. Ich war ein Rookie, hatte kein gutes Zelt dabei, nahezu keine Draußen-Übernachten Erfahrung.

                      Als es am Ende des ersten Wandertages anfing zu regnen und in der Nacht heftig regnen sollte, suchte ich verzweifelt eine Möglichkeit, nicht im Zelt übernachten zu müssen - und fand Unterkunft in einer Scheune, gebettet auf Stroh. Nach diesem „Abenteuer“ folgte eine Nacht in einem B&B. Gemütlich, warm, groß – ein Traum. Doch am nächsten Abend war ich – nach dem ersten richtigen und langen Wandertag – am westlichen Ende des Loch Affric angekommen. Und auf der Suche nach dem idealen Zeltplatz. Aber den gab es nicht. In zwei Hütten fragte ich, ob ich in einer der Scheunen übernachten dürfte – vergeblich. Einer der Bewohner erzählte mir etwas von einem Youth-Hostel in einiger Entfernung. Also dahin! Nur nicht im Zelt übernachten müssen!

                      Es war schon dämmrig, es stürmte, es regnete, der Wanderweg war schmal und in den Hang geschnitten. Überall stand das Wasser im Gras. Den richtigen Zeitpunkt zum Zeltaufschlagen hatte ich längst verpasst - und stolperte in der Dämmerung, völllig erschöpft, durch die Landschaft. Nach einem Blick auf die Karte realisierte ich – ich schaffe es niemals bis zur Hütte (in der an diesem Abend übrigens der Nutzer Rainer Duesmann war, wie ich später erfahren sollte).

                      Also wieder ein paar Kilometer zurück und Aufschlagen des Zeltes in unmittelbarer Nähe zu einer der Hütten. Es folgte die erste Nacht im Zelt. Der Wind rüttelte am selbigen und ich, in ständiger Sorge um das Zelt, versuchte ein wenig Schlaf zu finden. Es folgten drei Nächte in einer Bothy mit einem Tagesausflug auf einen Munro und einem Ruhetag.

                      Danach ging es nach Skye, eine Übernachtung in einem B&B, danach mehrere Nächte in einer Bothy an der Küste. Dann, als Abenteuer zum Abschluss, eine zweite Übernachtung im Zelt. Beim ersten Versuch das Zelt aufzubauen zerlegte es mir dieses fast durch den Sturm an der Küste. 10 Minuten stand ich im strömenden Regen, hielt die Zeltstangen mit den Händen fest und wartete darauf, dass der Wind abflauen würde, damit ich das Zelt wieder einpacken könnte. Der Zeltplatz war vollkommen ungeeignet und einem massiven Wind – umgelenkt von einer Felswand - von der Küste ausgesetzt, der sogar zur Sperrung der Brücke nach Skye für Busse und LKWs führte. Ich sprach mit dem Wind, gestand ihm zu dass er gewonnen habe und ich mich verziehen würde. Nur bitte bitte möge er mir noch einen kleinen Aufschub gewähren, damit ich mein Zelt wieder einpacken könnte. Alles nur in den Packsack stopfen und weg von diesem verfluchten Ort!

                      Ich war körperlich und psychisch am Ende, war durch das Meer gewatet mit Wasser bis zur Hüfte („Bad Step“) und fand und fand keinen Zeltzplatz. Es folgten ca. 2 Stunden weiterer Wanderweg in der Dunkelheit mit Stirnlampe bis ich schließlich, an einem Hang, einen halbwegs ebenen Zeltplatz, ein wenig windgeschützt, fand, nachdem ich einen kleinen See fast umrundet hatte und dennoch keinen Zeltplatz gefunden. Es folgte die zweite Nacht im Zelt – nachdem gegen 3-4 Uhr ein Hirsch neben meinem Zelt angefangen hatte zu Röhren lag ich den Rest der Nacht wach.

                      Und so fand der erste Trekking-Urlaub – für mich ein wahnsinniges Abenteuer, und, gemessen an den Vorerfahrungen, eigentlich sogar das Größte, seinen Abschluss.

                      Lektion 2. Das Zelt hält.
                      Doch das Reisefieber hatte mich gepackt, zu viele tolle Reiseberichte hatte ich gelesen, und so ging es im April des nächsten Jahres – diesen Jahres – wieder nach Schottland.

                      Gegen nachmittag des ersten Wandertages fand ich eine gute Stelle und schlug direkt das Zelt auf. Ich hatte nachgerüstet mit einem Hilleberg Unna, das dem Wind und Regen in dieser Nacht souverän trotzte. Dennoch folgten – ich bin ein großer Bothy-Fan – zwei Nächte in einer Bothy, eine weitere in einer anderen Bothy und dann die zweite Nacht im Zelt. Nach 2 Übernachtungen in Kinlochewe ging es wieder in die Wildnis mit der nächsten Steigerung – zwei Nächte hintereinander im Zelt. Einmal auf 800m nahezu auf einem Gipfel und einmal an einem See auf ca. 600m. Den Gedanken auf einer dritte Nacht danach im Zelt verwarf ich aufgrund des durchgehenden Regens an diesem Tag und schlug mich 20km wegelos durch bis zur nächsten Bothy, die ich voller Glückseligkeit in der Dämmerung und schon mit Stirnlampe erreichte.

                      Nach mehreren Nächten dort folgte noch eine weitere Nacht im Zelt – die Einsamkeit und Trostlosigkeit dort wurde durch den Schnee noch verstärkt – und eine letzte Nacht in der vierten Bothy.

                      Alles in allem eine klare Steigerung – und doch am Ende nur 5 Nächte im Zelt, 2 Tage im Hostel und 8 Nächte in Bothys. Dennoch war mir in den ersten 6 Tagen gerade einmal eine Person begegnet.

                      Lektion 3. Solo Trekking im Sarek
                      Nun sollte es also nach Schweden gehen. Ich wollte mehr, ich wollte Abenteuer. Der Sarek war mir ein Begriff, tauchte regelmäßig in Reiseberichten im Titel auf. Und so buchte ich meinen Flug nach Lulea nach ein paar Tagen Recherche, verschob den Rest der Planung auf später.

                      Nun also die Königsdiszplin. 16 Nächte hintereinander im Zelt. Keine Hütten. Keine Bothys. Kein entspanntes Verbringen eines Tages an einem Wind- und Regengeschützten Ort, an dem man herumlaufen kann, sogar Tisch und Stuhl hat. Und alle Verwandten rieten mir davon ab, sagten, das sei verrückt, zu viel Gewicht, zu wild, mach doch etwas nahe der Zivilisation. Aber hier im Forum gab es so viele Reiseberichte davon, dass ich mir dachte: So schwer wird’s schon nicht sein.

                      Das ist immer faszinierend, wie viel einem der Austausch mit Gleichgesinnten bringt. Was muss es vor 50 Jahren für ein Abenteuer gewesen sein, wenn man von solchen Touren nur aus Erzählungen und Büchern erfahren hat und sich dann entschieden, loszuziehen. Aber heute – man bekommt die Anreisedaten, die Tourbeschreibung, die Bilder. Wahnsinn. Auch wenn ich die Strecken, die ich nachlaufe, meist gar nicht so detailliert lese. Desto weniger ich weiß, desto mehr Überraschung und Abenteuer ist dabei. Wobei ich mir z.B. mögliche Übernachtungsplätze schon vorher auf der Karte markiert habe um die Tagesetappen grob zu planen.

                      Für mich war also klar – egal wie das Wetter wird, ich würde diese Tour durchziehen. Ob mir diese Art Urlaub gefällt oder nicht wollte ich hinterher entscheiden, aber einmal wollte ich es auf jeden Fall ausprobieren, gänzlich unabhängig von Hütten loszuziehen.

                      Spätestens morgen gehts weiter.
                      Zuletzt geändert von Freedom33333; 20.02.2020, 09:10.

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                      • Ljungdalen

                        Alter Hase
                        • 28.08.2017
                        • 3014
                        • Privat


                        #12
                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                        Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                        Der Sarek hat 4 mögliche Einstiegspunkte, davon 3 im Norden und einem im Süden. Im Norden, von Ost nach West: Kebnats/ Saltoluokta, Suorva, Ritsem; im Süden: Kvikkjokk.
                        Der Vollständigkeit halber: +1 im Süden (Südosten), die Brücke über den Sitoälv (Sijddoaädno). Mit Auto und bei identischem Start/Ziel definitiv bedenkenswert, weil nur ein (relativ kurzer) Tagesabschnitt bis Aktse. Auch sonst nicht völlig abwegig, wenn auch weniger attraktiv: von Tjåmotis (an der Buslinie nach Kvikkjokk) kommt noch ca. ein Tag Straße/Fahrweg (20 km) hinzu, und *vielleicht* hat man ja Anhalterglück. Gesamtentfernung bis Aktse etwa wie von Kvikkjokk.

                        Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                        Der schwächste Ausrüstungsgegenstand: Die Stöcke: Leki Khumbu (2019) ... Grund: Die Verbindung zwischen dem untersten und dem mittleren Segment hat überhaupt nicht gehalten. Sprich: Wenn der Stock auch nur ein klein wenig Widerstand beim Rausziehen hatte, blieb das unterste Segment stecken und man hatte den Rest des Stockes in der Hand. ...
                        Ja, genau so habe ich mir über die Jahre auch schon zwei Stöcke kaputtgemacht, einen Leki und einen Komperdell. Zugegeben, relativ(!) günstige Modelle. Aber weitaus teurere haben ja ähnliches Systeme. Theoretisch hilft dagegen, OFT zu prüfen, ob noch fest verschraubt, aber wer denkt da schon andauernd dran, gerade bei längeren Abschnitten in kritischem Gelände. Ist ärgerlich. Ich denke schon dran, entsprechend der von mir benötigten Länge ein Loch durchzubohren und dort mit Schraube/Flügelmutter zu fixieren.
                        Zuletzt geändert von Ljungdalen; 27.10.2019, 14:55.

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                        • Mika Hautamaeki
                          Alter Hase
                          • 30.05.2007
                          • 3996
                          • Privat


                          #13
                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                          Bin gespannt wie es osgeht. Angefüttert hast Du schon ordentlich.
                          So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                          A. v. Humboldt.

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                          • Freedom33333
                            Dauerbesucher
                            • 09.09.2017
                            • 900
                            • Privat


                            #14
                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                            30.08.2019: München nach Lulea
                            Morgens gegen 2 Uhr klingelt mein Wecker. Naja. Eigentlich nicht. Eigentlich war ich schon vorher wach und habe ihn deaktiviert, bevor er geklingelt hat. Mehr als ca. 2 Stunden dürfte ich in dieser Nacht auch nicht bekommen haben – hatte ich doch am Abend davor noch bis 10 Uhr gepackt und letzte Vorbereitungen getroffen.

                            Und so ist es denn in der S-Bahn zum Flughafen München auch erstaunlich leer. Immer wieder faszinierend, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sind, wenn man nicht tagsüber, sondern so früh reist. Und sofort ist man im "Es geht in den Urlaub" Modus.



                            Ich hatte ordentlich Zeitpuffer eingeplant, dann morgens am Flughafen stellte sich gleich die erste Herausforderung. Der Rucksack, Osprey Atmos AG 65, war voll mit Essen und Kleidung. Isomatte und Zelt mussten also außen am Rucksack befestigt werden. Dafür hatte ich extra einen recht robusten, sehr großen Plastiksack bei Globetrotter gekauft. Dennoch: Mein Hilleberg Unna, einfach in diesen Sack schmeißen? Was, wenn der irgendwo aufgerissen würde? Dann wäre das Zelt weg. Also mit zig Seilen und Klebeband erstmal morgens, ohne Kaffee, verschlafen am Flughafen, Isomatte und Zelt am Rucksack befestigt.





                            Endlich fertig musste es kommen wie es in solchen Situationen immer kommt – erst steht fast keiner an der Schlange, kommt man dort an, ist plötzlich eine Reisegruppe mit 100 Leuten vor einem. Adrenalin! Aber so richtig! Glücklicherweise ging dann doch alles gut und ich konnte, mit meiner ganzen Technik-Ausrüstung, zur Sicherheitskontrolle.



                            Dann, endlich, mit dem Flug von München nach Stockholm.



                            Am Flughafen Stockholm dann eher ein Alptraum: Ankunft an Terminal 4, musste ich für den Inlandsflug zu Terminal 5. Und an jedem Terminal befindet sich jeweils eine eigene Sicherheitsschleuse. Derartiges hatte ich noch nie erlebt. Was ich nicht wusste: Zwischen den beiden Terminals verkehrt ein Bus. Ich Idiot aber natürlich raus aus Terminal 4, dann, ewig lange durch den Flughafen gehetzt, um an Terminal 5 nur noch wenige Minuten bis zum Boarding zu haben – und die Sicherheitskontrolle vor mir. Mist! Glücklicherweise war die Schlange vor mir relativ kurz. Das hätte auch anders sein können.

                            Unvergessen das Gespräch mit dem Sicherheitsbeamten:
                            „What is this?“ *zeigt auf meinen Gaskocher*.
                            „It is a Gascooker“
                            „???“
                            „its for Cooking“
                            „???“
                            “If you go camping you can put gas in it and then cook food” *Mache Rühr- und Essbewegungen mit den Händen*
                            “Aaaahhh”.

                            Uff. Dann, in den zweiten Flieger.

                            Ich hatte mir vorher auf Google angeschaut, wie der Flieger in etwa fliegen würde. Und mich daher für einen Sitz am Fenster auf der linken Seite entschieden. Und dank des guten Wetters hatte man eine ausgesprochen tolle Sicht nach unten nach Schweden.





                            Mein erstes mal Schweden als Erwachsener. WAHNSINN! Dieses Panorama! Das ganze Land scheint nur aus Wald und Wasser zu bestehen. Zig Seen. Fast mehr Wasser als Land. Und erst die Küste! Unzählige Inseln – kleine Inseln, große Inseln, wie gemalt. Allein für diesen Flug hat es sich schon gelohnt, nach Schweden zu fliegen.

                            Einfach mal dort unten wandern gehen – mit einem Boot (Was ein Packraft ist wusste ich zu diesem zeitpunkt noch nicht, wurde erst von Evernorth aufgeklärt) zu einer der Inseln fahren und dann, wie Robinson Crusoe, ein paar Tage alleine auf einer eigenen Insel verbringen. Kam direkt auf meine Liste!




                            Ich erinnere mich noch gut an meine Berliner Zeit – in Brandenburg konnte man, auch am WE, durchaus schaffen, einen See mal für ein paar Stunden für sich zu haben. Kein Bratwurststand, kein Parkplatz, keine Touristenmassen. In Bayern? Keine Chance. Alles voll. Erst vor ein paar Tagen haben ich einen Artikel über den Walchensee gelesen und zehntausende Touristen, die jeden Tag dorthin kämen.

                            siehe hier: https://www.travelbook.de/ziele/seen...rn-overtourism

                            Dazu kommt eine zunehmende Rücksichtslosigkeit durch Freizeitstress und Freizeitegoismus
                            Die Einheimischen würden den Touristenanstrom nicht mehr bewältigen können. Alle aus München, alle auf der Suche nach der Ruhe der Natur. Verständlich. Und doch nicht die Art Ruhe und Natur, die ich als solche definieren würde.

                            Aber hier, in Schweden, ist das anders. Zig tausend Seen. Hier wäre es kein Problem, mit dem Auto zu einem x-beliebigen Punkt zu fahren, ein bisschen zu laufen und sich dann, vielleicht mit Angel, an einen solchen See zu setzen und mit einem guten Buch die Ruhe zu genießen.




                            Das Wetter wird schlechter. Als das Flugzeug in Lulea landet ist das Wetter: Nebelig. Trübe. Ich hatte, man möge es mir glauben oder nicht, in den Wochen vorher kein einziges mal einen Wetterbericht konsultiert. Wozu auch? Der Urlaub war gebucht, die Route war geplant. Die Ausrüstung müsste so oder so alles abdecken, egal ob Regen oder Sonne. Warum also den Wetterbericht lesen und sich womöglich Sorgen machen? Warum nicht einfach drauflos?

                            Jedenfalls: Das Wetter ist schlecht. Ich packe in Ruhe aus – einen so kleinen Flughafen hatte ich noch nie gesehen – und fahre dann mit dem Bus ins Zentrum.



                            Direkt erst mal zu einem Outdoor-Laden und dort Gas, weitere Riemen und einen weiteren Packsack gekauft. Dann zum Hotel (Quality Hotel Lulea) – ernüchternd, will man einen „Early Check in“ machen kostet das ca. 20€ = 33% mehr als gebucht. Wahrscheinlich heutzutage normal, ich fand es trotzdem lächerlich. Die Zimmer sind schon frei, ich habe schon gebucht und bezahlt, trotzdem muss ich jetzt noch mehrere Stunden warten.

                            Gepäckaufbewahrung nur in einem Wandregel ohne Kontrolle durch das Hotelpersonal direkt am Eingang. Da lege ich mein Hilleberg Unna bestimmt nicht rein.Also mit dem ganzen Gepäck noch 2 Stunden durch die Stadt gelaufen. Naja. Ich hätte mir einen besseren Beginn vorstellen können, ganz ehrlich. Vielleicht bin ich da auch zu misstrauisch, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht. Weg ist weg.

                            Mit Zwei Ausrüstungsgegenständen war ich aber noch überhaupt nicht zufrieden. Erstens, der Gürtel – diesen hatte ich kurz vor der Tour im Internet bestellt – 50 5 Stern-Bewertungen. Nur: Erstens: Der Verschluss hakte. Ernsthaft. Man bekam ihn nie beim ersten Versuch auf. Man musste immer erst 10 Sekunden fummeln, bevor man den Gürtel aufbekam. Zweitens: Das Material war zu hart. Es schnitt sich regelrecht in die Hüfte ein.

                            Warum hatten eigentlich gefühlt 50% der Bewertungen auf amazon ein Foto von diesem Gürtel gemacht? Würde ich von einem 12€ Gürtel auf Amazon stolze Bilder einstellen, um meinen neuen Gürtel zu präsentieren? Ich glaube nicht. Das Ding taugte nichts. Und die Bewertungen waren höchstwahrscheinlich alle gefakt. Wie üblich.

                            Zweitens: Die Socken. Passten diese am Anfang immer gut, scheinen sich diese bei mir zu weiten. Die Vorformung für die Hacken saß bei mir immer 5cm weiter oben – und genau an der Stelle hatte ich – wie mir jetzt wieder einfiel – im letzten Urlaub an beiden Füßen mir die Haut aufgescheuert. Dank der neuen Socken und dank Tape an den entsprechenden Stellen sollte ich in diesem Urlaub - trotz einer vielfachen Belastung - keine solchen Probleme bekommen.

                            Also nochmal los, einen neuen Gürtel und ein neues Paar Socken gekauft. Letzteres, als ich 15min vor Ladenschluss durch die Tür stürmte und dennoch super von einer Dame beraten wurde. Top!

                            --
                            Am Abend machte ich mich dann auf ins Hotel von Evernorth, um mich mit ihm zu treffen. Im Comfort Hotel Arctic. Dessen Hotellobby wahnsinnig schön war.



                            Wir unterhielten uns, verstanden uns prächtig, redeten über seine Island-Erfahrungen (da will ich als nächstes hin) und beschlossen schließlich, noch in einem Restaurant essen zu gehen.

                            Nach einigem Hin und Her landeten wir schließlich in einer Kneipe und gönnten uns jeweils einen Burger. Dann ging es, nicht zu spät, endlich ins Bett. Fuhr doch unser Zug am nächsten Morgen immerhin schon ca. um 6.00 Uhr.

                            Wie praktisch, dass es in meinem Hotel Frühstück ab 5 Uhr gab – Wochentags. Am WE natürlich erst ab 6. Hrrgnnnnh. Immerhin durfte ich nach einem netten Gespräch mit der Empfangsdame am späten Abend noch meine Rucksack-Tüte (200g) und den überflüssigen Gürtel und das überflüssige Paar Socken in einer Tüte deponieren. Das war verständlicherweise sehr unüblich - „I come back in 2 Weeks“ aber es wurde möglich gemacht. Und versöhnte mich dann doch sehr. Hatte ich doch, in meinem Letzten Urlaub in Schottland, diese Tüte im Hostel unter dem Sofa im Gemeinschaftsraum versteckt.

                            Ich war schon super gespannt auf den morgigen Tag, auf den Heli-Flug und darauf, endlich wieder in der Wildnis anzukommen.
                            Zuletzt geändert von Freedom33333; 28.10.2019, 09:27.

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                            • Rainer Duesmann
                              Fuchs
                              • 31.12.2005
                              • 1642
                              • Privat


                              #15
                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                              Spannend! Nachdem wir uns in Schottland knapp verpasst haben, und ich noch nie in Schweden trekken war, umso interessanter für mich.
                              LG
                              Rainer
                              radioRAW - Der gesellige Fotopodcast

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                              • Freedom33333
                                Dauerbesucher
                                • 09.09.2017
                                • 900
                                • Privat


                                #16
                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                Tag 2, Samstag der 31.8.2019: Lulea - Kvikkjokk - Tarraluopal - Vassjajavratja

                                Der Wecker klingelt früh, irgendwann um ca. 5.00 Uhr. Bloß nicht den Bus verpassen. Es gibt nur die eine Verbindung am Tag nach Kvikkjokk.

                                Die Atmosphäre um die Uhrzeit in der Stadt, nachdem diese am Tag vorher wegen eines Straßenfests ziemlich voll war, könnte anders nicht sein. Die Sonne geht bald auf, direkt am Ende der langgezogenen Straße in der Innenstadt.



                                Ich bin relativ früh dran, komme schon ca. 20 Minuten vorher am Bahnhof an, hatte schon am Abend vorher das richtige Gleis gesucht. Viele davon gibt es freilich nicht. Evernorth ist sogar noch früher da, sein Hotel war direkt gegenüber vom Bahnhof.



                                Dann heißt es erstmal warten, bis sich der Zug endlich in Bewegung setzt.

                                Im Reisebericht von vobo hatte dieser soweit ich mich erinnere geschrieben, die Jugendfussballmannschaft von Lulea hätte den Zug betreten, sodass er das Abteil nochmal gewechselt hat. Und tatsächlich steigt auch bei uns, wenn auch erst an einer späteren Haltestelle, eine Jugendfussballmannschaft ein.

                                Dann hat mir erstmal eine Schwedin in meinem Alter einen Kaffee ausgegeben, True Story!
                                (Ok, es war die Dame hinterm Tresen und das Kartenlesegerät funktionierte nicht, aber psst!)

                                Nach 90min Fahrt steigen wir uns und haben nun eine Weile Aufenthalt, bis endlich der Bus kommt. Eineinhalb Stunden müssen wir warten. Nach einiger Zeit öffnet das Bahnhofshäuschen mit kleinem Shop.



                                Zwei weitere Personen mit Trekking-Rucksäcken trudeln ein, ein Mann und eine Frau.

                                Wir kommen ins Gespräch, unterhalten uns eine Weile. Er hat einen verhältnismäßig kleinen Rucksack dabei, auch baumelt keine Isomatte draußen dran wie bei uns beiden. Auf die Frage, ob er den Kungsleden laufen wolle, entgegnet der ganz cool, er wolle auch eine Woche in den Sarek. Aber er hat ziemlich leichte Ausrüstung dabei, erstaunlich.

                                Er will irgendwo vor Kvikkjokk aussteigen und am Ende in Ritsem rauskommen. Sonderlich gut informiert scheint er sich aber nicht zu haben. Er erzählt nämlich davon, die Fähre an einem Tag zu nehmen, an dem sie meines Erachtens nicht mehr fährt, der Fährbetrieb endete laut Internet bereits einen Tag vorher. Das erstaunt ihn sehr, muss er so doch schon einen Tag eher ankommen, was aber laut seinen Angaben auch kein Problem sei. Da hätte er womöglich ein ziemliches Problem bekommen .



                                Dann geht es mit dem Bus – dieser verändert zwischendurch die Nummer, dennoch können wir im selben Bus bleiben – bis nach Kvikkjokk, insgesamt 3,5 Stunden. Das heißt wir kommen dort schon um 12.30 Uhr an.





                                Das ist insofern etwas misslich, als dass unser Heli-Flug erst um 18 Uhr geht. Also beschließen wir, erst noch bis zur STF Kvikkjokk Fjällstation zu laufen und schlagen dort die Zeit tot.

                                Und hier ist es voll! Richtig voll! Bestimmt 50 oder mehr Rucksäcke liegen außen an der Hütte, drinnen muss man die Schuhe ausziehen. Mit ein wenig Genugtuung schaue ich mir die Rucksäcke so an und komme zum Schluss, dass wir hier nahezu die einzigen sind, die in den Sarek wollen.



                                Eine deutsche Familie packt neben uns ihre Rucksäcke aus, die haben zig gesammelte Geweihe dabei. Das wäre eher nichts für mich.

                                Auch eine Waage gibt es hier. Und tatsächlich: Soweit ich mich erinnere bleibt Evernorth mit seinem Rucksack, wie er angekündigt hatte, genau bei 20kg. Ich bin bei 3kg mehr.



                                Der Shop in der Hütte ist relativ gut ausgestattet muss man sagen. Billig ist es freilich nicht.


                                Der Fluss direkt neben der Hütte ist ziemlich massiv und ich probiere ein wenig mit meiner Systemkamera und einem Verdunkelungsfilter mit längerer Belichtungszeit herum.



                                Gegen nachmittag leert sich die Hütte nahezu komplett – die Wanderer auf dem Kungslesen laufen scheinbar alle im selben Rhythmus. Morgens frühstücken, Mittagspause in einer weiteren Hütte sofern möglich, abends in der nächsten Hütte ankommen. Das wird bei uns – nunja – leicht anders laufen.

                                Nach einigen Stunden machen wir uns dann endlich auf zur Helikopterbasis, an der wir bereits vor 5 Stunden mit dem Bus vorbeigefahren sind.



                                Hier stehen neben uns noch zwei Männer die aussehen wie Armeetypen und – evernorth hatte es angekündigt und Recht behalten – riesige 100l Rucksäcke dabei haben und ein Pärchen, mit denen wir dann, nach dem Bezahlen, den Heli besteigen.


                                (Das ist nicht der mit dem wir fliegen sondern ein kleinerer.)

                                Und ich bin doch ein wenig nervös, war es doch immerhin mein erster Heli-Flug. Die Rucksäcke wurden in einer Gittertruhe außen am Heli untergebracht. So richtig viel Platz gab es nicht. Bei Helis scheint jedes Gramm Gewicht zu zählen, und so zwängten wir uns denn zu 8, mit 2 Piloten, in das kleine Gefährt.

                                Dann ging es endlich los – und was soll ich sagen. Wer jetzt denkt, das Fluggefühl in einem Heli wäre wie in einem Flugzeug, der wird enttäuscht. Das Ding bewegt sich beim Fliegen in ständigen, relativ rhythmischen Bewegungen, immer leicht von links nach rechts. Ich will es hier nicht verschweigen, wohl war mir nicht. Jedenfalls nicht in den Momenten, in denen der Heli dann noch ein wenig ruckelte.





                                Aber die Aussicht! Fantastisch! Die Gegend die wir überflogen hatte alles.

                                Berge.




                                Flüsse




                                Seen






                                Wälder.


                                Und wir überflogen zahlreiche bergige Graslandschaften mit Felsblöcken, eine Landschaft die so schön war, dass wir uns beide fragten, warum wir die Strecke nicht einfach gelaufen sind.

                                Das Wetter war – naja, mäßig. Strahlender Sonnenschein ist anders, aber Regen hatten wir auch nicht.

                                Nach einiger Zeit kamen dann mehrere Hütten in Sicht und wir wussten – gleich geht es los.


                                Nach der Landung gab es nochmal ordentlich Adrenalin. Ich musste ja meinen Rucksack samt Stöcken und abgeschnalltem Zelt und Isomatte einzeln in die Truhe packen. Aus einem mir nicht erfindlichen Grund, bestand der Pilot aber darauf – die Rotatoren liefen natürlich weiter, es stiegen ja nur wir beide aus – dass er den Kram aus der Truhe holte, auf der uns nicht zugewandten Seite.

                                Das wusste ich vorher natürlich nicht. Und rechnete fieberhaft im Kopf durch, ob er mittlerweile alles geholt hatte. Erst hatte er meine Stöcke vergessen, dann musste er nochmal los, meine Isomatte holen und zuletzt fehlte noch ein Packriemen, den ich unbedingt brauchte, um alles am Rucksack zu befestigen. Am Ende rief er mich dann doch zu sich, sodass ich mir den Kram selber holen konnte. All das mit den Rotatoren über einem und im Wissen, dass jede Sekunde die Betreiber Geld kostet. Aber wenn ein Ausrüstungsgegenstand vergessen würde, würde die Tour schon hier enden. Uff!

                                Man war ich froh, als ich endlich den ganzen Kram zusammen hatte!

                                ---



                                Der Helikopter wird kleiner…und kleiner…und kleiner.





                                Und weg ist er.

                                Und von einem Moment auf den anderen ist sie weg, die Zivilisation.
                                Von einem Moment auf den anderen sind wir mitten drin, in der Wildnis.
                                Dieses Gefühl, ich kann es kaum beschreiben.

                                Eben noch unter Menschen, in einem hochtechnisierten Gerät, wie auf einer Sightseeing-Tour – und jetzt, mitten in der Natur, mit Heide in allen vier Himmelsrichtungen, mit dieser unbeschreiblichen Weite. Sofort kommen all die Erinnerungen aus dem letzten Urlaub wieder hoch, sofort fühlt es sich wieder an, als wäre es gestern gewesen, dass mein letzter Urlaub geendet hat. Als wäre nichts dazwischen gewesen.

                                Hammer! In meinem ersten Trekking-Urlaub in Schottland war ich am Loch Affric gestartet und hatte mich langsam, Stück für Stück, in die Wildnis vorgearbeitet, mit einigen Tagesausflügern die mir noch begegnet waren.

                                Im zweiten Trekking-Urlaub war ich von einer Straße in die Wildnis gelaufen, ohne irgendjemandem zu begegnen – aber auch dort entfernte man sich langsam, Schritt für Schritt von der Straße hinter einem, mit dem Wissen im Hinterkopf: Ich kann jederzeit umkehren und an der Straße trampen.

                                Nicht dieses mal. Klar, ein paar Hütte sind noch in Sicht und auch ein paar Menschen werden dort sein. Aber das Gefühl - es war trotzdem komplett anders. Von einem Moment zum anderen: BAM!

                                Wunderschön!

                                Wir packen unseren Kram zusammen und es fängt natürlich direkt an, ein wenig zu nieseln. Aber kaum merklich. Wir beschließen, erstmal zu den Hütten zu laufen. Dann geht es durch die Heide, über ein paar Planken.



                                Schwer. Ganz schön schwer das Gepäck. Uff. Mal sehn ob ich da mitkomme beim Gehtempo schießt mir durch den Kopf. Aber das wird schon.

                                Und hier gibt es: Mücken! Mist. Hatte ich doch das Anti-Mückenspray aus meinem Rucksack rausrationalisiert beim Packen. Kaum sind wir an der Hütte angekommen, zähle ich auch schon 4 Mückenstiche. Und frage an einer Hütte die so aussieht wie die „offizielle“ Hütte nach Anti-Mückenspray.

                                Dort begegnen uns eine ältere Dame und ein älterer Herr – Verkaufen tun sie hier nichts dergleichen mehr, aber die Dame ist unfassbar nett, läuft extra zu ihrer eigenen Hütte und schenkt mir eine angebrochene Packung eines Anti-Mücken-Mittels. Ich gönne mir erstmal einen Erdnussriegel um das hinzugewonnene Gewicht auszugleichen.

                                Die Atmosphäre hier gefällt mir sehr gut – diese unglaubliche Weite, diese Landschaft – wir könnten auch in Schottland sein. Für mich ist jedenfalls zu diesem Zeitpunkt kein Unterschied feststellbar!

                                Und die beiden passen einfach nur so perfekt in diese Atmosphäre hier, dass ich gleich ein Foto mit den beiden machen muss.



                                Die beiden sind schon seit einem Monat hier und noch bis nächste Woche, bis die Saison endet. Evernorth meint, das sei wahrscheinlich eine ehrenamtliche Tätigkeit. So oder so: Auch eine interessante Art, Urlaub zu machen. In der Einsamkeit, aber unter Menschen, von denen jeder seine Geschichte zu erzählen hat. Kein Internet, kein Handy, einfache Lebensverhältnisse, aber immerhin ein Dach über dem Kopf.

                                Viel los scheint nicht zu sein. Die Saison geht dem Ende entgegen. Vielleicht haben sich auch alle in die Hütten verkrochen. Eine weitere Person sehe ich, die herumläuft, sonst niemanden. Aber die Gegend, die Atmosphäre gefällt mir.

                                Und ein klein wenig fühle ich mich dann doch besonders und bin stolz, dass wir beide eben nicht den Kungsleden, von Hütte zu Hütte laufen, sondern nun direkt in die Wildnis hinein.

                                Lange verweilen wir hier nicht, sondern machen uns, nach einem Blick auf die Karte, auf. Eine kurze Diskussion darüber, welchen Berg wir anpeilen sollen geht es auch schon los, immer bergauf.
                                Viele Sonnenstunden verbleiben uns nicht.

                                Auch diskutieren wir darüber, wie weit wir heute wohl noch kommen werden. Vobo ist am ersten Tag, so Tom, bis zum Alep Njoatsosjavrre gelaufen. Und weit sieht das auf der Karte bis dahin auch wirklich nicht aus. Aber nachdem wir losgelaufen sind kommen wir nach einer Weile zum Ergebnis: Sein Heli muss deutlich früher gegangen sein. In den 90-120min Sonne die uns verbleiben, schaffen wir es niemals bis dahin. Also beschließen wir, bis zu den beiden kleinen Seen – Vassjajavratja zu laufen und dort unser erstes Camp aufzuschlagen.

                                Immer wieder bleibe ich stehen, blicke zurück und genieße die Aussicht. Tom ist da etwas anders, er hat schon zu viele derartige Urlaube absolviert, für ihn hat der Blick nicht mehr den Reiz, den er für mich hat.



                                Und so bleibe ich dann auch immer ein wenig zurück, da ich jedes mal beim Umschauen meine Kamera rausholen und ein Foto machen muss. Ich kann nicht anders. Ich denke mir: Dann merkt er auch nicht, wie kaputt ich schon nach der ersten halben Stunde bin. ;). Ich bleibe nur deshalb zurück, weil ich Fotografiere.


                                Blick zurück:



                                Nach einer Weile fängt es an zu nieseln. Tom setzt entschlossen den Rucksack ab und zieht sich Regenjacke und Regenhose an. Es würde nach mehr Regen aussehen. Ich folge dem Beispiel, wenn auch noch ohne die Fähigkeit, anhand der Wolken festzustellen, ob der Regen stärker werden wird. Er tut es, und so laufen wir dann für eine Weile im Regen.


                                Wir sehen in einiger Entfernung zwei flache, weiße Objekte und philosophieren darüber, ob das die beiden Seen sind. Ich vermute anfangs, es könnte sich um Schneefelder sein, Tom meint, es seien die Seen. Wir schließen eine Wette ab. (Aber ohne Geschirrspüleinsatz)

                                Als wir immer näher kommen stellen wir irgendwann fest, dass wir beide nicht Recht hatten: Es ist der Fluss der an mehreren Stellen zu beachtlicher Breite aufläuft, die Seen befinden sich weiter rechts. Tom überlässt an diesem Tag mir die Navigation mit meinem Garmin, und so kündige ich nach jeder Bodenwelle an, wir müssten die Seen gleich sehen.

                                Gleich.
                                Jetzt aber.
                                Ok, dann die nächste.

                                Es wird langsam schon ein wenig dunkler.

                                Dann, endlich, sehr zu meiner Erleichterung, kommen wir an den ersten, kleineren See. Und sonderlich viel Sonnenlicht haben wir nicht mehr. Längst schauen wir schon nach geeigneten Zeltplätzen. Aber am ersten See finden wir nichts geeignetes. Mist.

                                Nach einer kurzen Besprechung, wie es weitergeht, beschließen wir den Kamm zwischen den beiden Seen zu besteigen. So richtig ersichtlich war die Formation des Bodens für mich auf der Karte nicht, und so war ich ursprünglich doch ein wenig überrascht, dass er erste See höher liegt als der zweite, es aber doch zunächst noch weiter bergauf geht. Auf der Karte sah es so aus, als würde es vom ersten See direkt wieder bergab gehen.

                                Als wir auf dem Kamm angekommen sind und ein paar halbwegs geeignete Plätze finden – es hat schon deutlich begonnen zu dämmern – bin ich froh als Tom entschieden sagt: „Wir bleiben hier“. Und in der Tat finden sich hier einige ziemlich ebene Stellen. Freilich, komplett windstill ist es hier nicht, der Wind kommt von Südosten, aber übertrieben stark ist er nicht.

                                Einen kurzen Abstecher an die Kante in Richtung Norden machen wir noch um runter zu schauen zum zweiten See.


                                Dort unten sieht es ziemlich eben aus – aber bis wir dort gewesen wären, wäre es eben nochmal deutlich dunkler geworden. Außerdem konnten wir von hier oben weder beurteilen, ob dort unten viel Gestrüpp oder Gras war, noch ob es sich eher um einen Sumpf handelt.

                                Der Regen hatte sich wieder verzogen und die Aussicht – links ein See, dahinter der aufsteigende Hang, rechts ein See, dahinter die weite Ebene, in der Mitte auf einer Ebene unsere beiden Zelte im Wind – war ausgesprochen spektakulär. Endlich angekommen im Urlaub.Ein wahnsinnig schöner Zeltplatz, den ich, sofern es nicht all zu sehr stürmt, daher sehr empfehlen kann.



                                Ein kurzer Abstecher runter zum Wasser um Wasser zu holen und es sich dann gemütlich machen.

                                Ich bin mir nicht mehr ganz sicher ob am Abend oder am nächsten Morgen, jedenfalls nimmt Tom noch todesmutig ein Bad im See.
                                Zuletzt geändert von Freedom33333; 20.11.2019, 14:28.

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                                • vobo

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                                  #17
                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                  Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                  Im Reisebericht von vobo hatte dieser soweit ich mich erinnere geschrieben, die Jugendfussballmannschaft von Lulea hätte den Zug betreten, sodass er das Abteil nochmal gewechselt hat. Und tatsächlich steigt auch bei uns, wenn auch erst an einer späteren Haltestelle, eine Jugendfussballmannschaft ein.

                                  ...

                                  Auch diskutieren wir darüber, wie weit wir heute wohl noch kommen werden. Vobo ist am ersten Tag, so Tom, bis zum Alep Njoatsosjavrre gelaufen. Und weit sieht das auf der Karte bis dahin auch wirklich nicht aus. Aber nachdem wir losgelaufen sind kommen wir nach einer Weile zum Ergebnis: Sein Heli muss deutlich früher gegangen sein. In den 90-120min Sonne die uns verbleiben, schaffen wir es niemals bis dahin.
                                  Ja, mein Heli ging um 13 Uhr planmäßig, und 4 Stunden habe ich bestimmt gebraucht. Ich dachte, der wäre eigentlich immer im Anschluss an den Bus getaktet ?!

                                  @Daniel, Anne: Das ist wahres Stalking was ich hier erlebe

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                                  • Gonorth
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                                    • 25.10.2019
                                    • 7
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                                    #18
                                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                    Nice start! I hope you will continue soon.

                                    And I am looking forward to read the report of your approach to Skierffe!

                                    Here are two pictures of The making of....



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                                    • Freedom33333
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                                      • 09.09.2017
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                                      #19
                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                      Tag 3: Sonntag der 1. September 2019: Vassjajavratja - Nach Norden, zwischen den Gipfeln auf 1175 und 1310 durch ins Njoatsosvagge zum westlichen Ende des Alep Njoatsosjavrre

                                      Ungewohnt ist es, morgens im Zelt aufzuwachen. Auch fehlt mir noch die Routine, man weiß noch nicht genau, welche Gegenstände man wann braucht. Grundsätzlich hat man ja diverse Packsäcke mit diversen Gegenständen, geordnet nach Themen etc. Sprich: Die Elektronik in einem Beutel. Zahnbürste & Waschzeug im anderen usw. Im letzten Urlaub hatte ich noch den Fehler gemacht, zu viele kleine Beutel dabei zu haben, die dann noch alle gleich aussahen. Da musste man jedes mal 3 Beutel aufmachen bis man den richtigen gefunden hatte. Dieses mal hatte ich verschiedene Farben und so fiel mir die Organisation doch um einiges leichter.

                                      Das erste was ich an diesem Morgen mache ist – inspiriert von einem Youtube-Video von „Sacki“ – aus dem Zelt zu klettern, die Kamera mit Stativ aufzubauen, ein Video zu starten und dann wieder ins Zelt zu klettern, um dann, möglichst realistisch, gähnend, das Zelt aufzumachen und so zu tun, als würde ich gerade aufstehen

                                      Ursprünglich hatte ich auch vor, ggf. ein Video von der Tour zusammenzuschneiden – leider hat meine Alpha 6000 bzw. das KIT-Objektiv keinen Bildstabilisator (Was ich natürlich erst nach der Tour rausbekommen habe), sodass die Videos, die aus freier Hand gefilmt sind, alle extrem zittern. Schade. Da macht mein Handy – absolut idiotensicher – deutlich bessere Videos. Sei es drum. Weiter im Text.

                                      Danach gibt’s einen Kaffee. Innenzelt aushängen und schon kann man im Unna wunderbar im Vorzelt kochen.



                                      Da wir gestern schon in der Dämmerung angekommen sind hier noch ein paar Fotos von unserem Zeltplatz #1. Das Wetter ist durchwachsen. Ab und zu befand sich mal keine Wolke vor der Sonne, sodass diese sich für ein paar Momente in den beiden Seen spiegelte und eine tolle Atmosphäre entstehen ließ. Im Kern bestand der Himmel aber aus dichten, langgezogenen Wolken, kombiniert mit starkem Wind und teilweise Regen. Eine düstere Atmosphäre!


                                      Der kleinere See im Süden


                                      Blick nach Osten


                                      Blick nach Nordwesten





                                      Der größere See im Norden

                                      Sommer, Sonne, Sonnenschein? Nee…


                                      Frühstück!


                                      See im Süden


                                      Und SO Sieht es aus, wenn mal für einen Moment die Sonne durchkommt

                                      Und hier nochmal im Überblick: Auf dem Kamm, Seen auf beiden Seiten, links die weite Ebene von der wir gekommen sind, rechts geht’s bergauf


                                      Nach dem Einpacken der Zelte wollen wir absteigen, zum zweiten, größeren See. Kaum stehen wir oben an der Kante, sehen wir auch schon eine Herde Rentiere, die von links nach rechts laufen. Mangels Teleobjektiv verzichte ich auf Fotos, da ist das Forum besseres gewöhnt . Jedenfalls warten wir ein bisschen, um den Tieren nicht den Weg abzuschneiden bevor wir uns an den Abstieg machen und den See links umrunden. Als gut machbar, aber doch als ziemlich steil habe ich das kleine Stück in Erinnerung.


                                      Am Abfluss des Vassjajavratja war dann der erste Bach zu überqueren, für den ich meine Wanderstiefel aus - und meine Neoprenschuhe anziehen musste.

                                      Die Gegend ist zunächst noch voller Gras, wird dann aber immer steiniger.


                                      Auch Geweihe finden wir reichlich


                                      Zunächst bleibt es grasig



                                      Wird dann aber steiniger


                                      Was ist das? Ein vertrocknetes Moor? Oder doch der Landeplatz eines Ufos?

                                      Als wir einen Stock finden meint Tom zu mir, Berniehh würde sich auf seinen Touren immer einen solchen Stock vor Ort suchen. Also deponieren wir den Stock an einem Steinhaufen, sodass er ihn auch findet, wenn er mal vorbeikommen sollte.


                                      Das Wetter wird leider schlechter. Die Aussicht ist trübe. Auch der Wind nimmt, desto höher wir kommen, immer mehr zu. Wir müssen anhand der Karte entscheiden, auf welcher Höhe wir den Kamm anpeilen, damit wir nicht zu hoch rauskommen und am Ende wieder absteigen müssen. Auch ist auf der Karte ein Rentierzaun eingezeichnet, für den es wohl an einigen Stellen Tore oder irgendeine Art von Durchlassen gibt.

                                      Wir steigen höher. Es kommt Regen dazu. Und der Wind wird stärker. Und stärker. Und stärker. Den Ursprungsplan, auf den Hügel zu unserer linken aufzusteigen um den Blick auch auf die beiden kleinen Seen im Norden zu haben verwerfen wir ganz schnell wieder. Irgendwann ist der Wind so stark, dass man sich schon mit Stöcken abstützen muss, um nicht umgeworfen zu werden.


                                      Der Wind treibt Wolken links und rechts an uns vorbei. Sich so schnell bewegende Wolken aus solcher Nähe habe ich noch nie erlebt. Lässt sich auf einem Foto freilich nur erahnen

                                      Das ist kein Wind mehr. Das ist Sturm. Man kann sich schon fast gegen den Wind legen, ohne nach vorne umzufallen. In dem Sturm muss man die Karte, die man rausholt, erstmal richtig gut festhalten, sonst ist sie nämlich auf und davon. Wir halten uns auf Toms Vorschlag weiter auf der rechten, östlichen Seite und erreichen schließlich den Zaun. Hier muss er erstmal anhalten, da sich durch den Wind seine Rucksackhülle löst und wie wild herumflattert. War mir im letzten Urlaub auch mehrfach passiert, also hatte ich mit einer gut passenden und gut zu befestigenden Hülle nachgerüstet. Während er also seine Hülle neu befestigt, lege ich meinen Rucksack ab und kundschafte den Zaun aus, um einen Weg daran vorbei zu finden. Nach ein paar Hundert Metern endet der Zaun – einfach so. Warum steht dann da ein Zaun??? Wenn er mitten in der Pampa einfach endet? Ok, er endet auf einem Plateu und dahinter geht es bergab, aber wenn wir es an der Kante entlangschaffen, dann schaffen das die Rentiere wohl auch.

                                      Also wieder zurück. Der Sturm ist so stark, dass wir auch diskutieren, ob wir riskieren können, in das Tal abzusteigen – immerhin müssen wir dann da unten auch irgendwo unsere Zelte aufstellen. Aber die einzige Alternative, den Hügel zu unserer linken zu umlaufen und direkt ins nächste Tal zu laufen, wird verworfen. Auch ist der Wind nach meiner begrenzten Erfahrung an solchen Stellen immer mit Abstand am stärksten und unten im Tal weniger. Schließlich wagen wir es und laufen zum Ende des Zauns.

                                      Allerdings ist es hier zu steil, zu steinig um abzusteigen. Zu unserer Rechten befindet sich aber ein Schneefeld, über das man absteigen könnte. Unter diesem klaffen aber große Lücken, außerdem ist es zu einer Eisschicht gefroren. Ein von mir zögerlich zur Probe darauf gesetzter Fuß findet überhaupt keinen Halt. Am Linken Rand des Schneefeldes lässt es sich aber gut absteigen, alles gut machbar.





                                      Bis zum ersten See ist es aber noch eine Weile. Und der Wind. Und der Regen. Bäh! Oben auf dem Kamm war ich noch voller Energie und Wagemut, wollte unbedingt die geplante Route laufen, hatte Spaß, fand auch den Sturm da oben fast schon witzig. Jedenfalls konnte ich darüber lachen. Ein Abenteuer!

                                      Auch allgemein muss ich sagen – das wird noch Thema dieses Threads werden – fand ich das Trekken zu zweit komplett anders als alleine. Dazwischen liegen Welten. Jedenfalls psychisch betrachtet, wenn es um das Treffen von Entscheidungen in kritischen Situationen geht.

                                      Jedenfalls: Der Abstieg dauert eine Weile. Und der Regen hört und hört nicht auf. Dieses ständige Wasser, von vorne, von hinten, von oben, bäh. Meine gute Laune hatte sich längst verflüchtigt.

                                      Da wir erst recht spät aufgebrochen sind hatten wir beschlossen, heute gar nicht mehr den Aufstieg zwischen den beiden Seen anzugehen, sondern uns irgendwo hier unten einen Zeltplatz zu suchen. Was gar nicht so leicht war.

                                      Und doch wollte sich bei mir nicht das Gefühl einer kritischen Situation einstellen. Immerhin: wir waren zu zweit. Und Tom hatte schon so viel Erfahrung. Das finde ich, im Nachhinein betrachtet, erstaunlich: Wenn man zu zweit ist, fühlt sich alles viel einfacher an. Man sucht selbst einen Zeltplatz – aber man weiß: Da ist noch jemand, der sich auch umschaut, der vielleicht etwas weiter links oder rechts läuft und vielleicht etwas entdeckt, was einem selbst entgeht.

                                      Auch erscheint es einem nahezu unmöglich, dass man eben keinen Zeltplatz findet. Man ist zu zweit. Das würde den anderen auch betreffen. Der hat sowas schon oft mal gemacht. Die Zweifel, die man hätte, wenn man alleine wäre – habe ich im Voraus eine schlechte Entscheidung getroffen? Gibt es hier keine Zeltplätze? Hätte man das im Voraus erkennen können müssen? All das existiert nicht und wird im Kopf verdrängt vom Gedanken: „Klar, ich suche auch. Aber der andere wird schon etwas finden“. Da hinten? Eine perfekte, grüne, ebene Fläche? Ich beschleunige meinen Schritte. Aber hier steht – wie an so vielen Stellen davor – das Wasser tief im Gras. Wie in Schottland. Mist.

                                      Weiter bergab. Wieder nichts. Und wieder nichts. Als wir schließlich schon fast auf der Höhe des Sees sind, macht der Bach zu unserer linken einen Knick nach rechts und umfließt gewissermaßen eine Art Düne vor uns. Die schonmal den Wind ein wenig abhält. Und dann entdecken wir, weiter hinten, vor dem Knick des Bachs, der hier ziemlich flach dahinfließt, den perfekten Zeltplatz. Wahnsinn! Der Fluss teilt sich auf, umfließt links und rechts eine recht große, ebene Fläche, und trifft dahinter wieder zusammen. WUNDER-SCHÖN!

                                      Und direkt neben uns kam noch ein weiteres Bachbett dazu, von der rechten Bergseiten. Das Wasser floss auch hier, auf einer glatten Steinfläche, garniert mit jeder Menge Steinen und leicht abschüssig auf einer erheblichen Breite von oben herab. Wahnsinnig schön!



                                      Die Entscheidung fällt nicht schwer, wir bauen unsere Zelte auf. Der Wind war immer noch nicht unerheblich, aber durch die Düne vor uns wurde er ein wenig abgehalten. Auf derselbigen oder weiter am See hätte man wahrscheinlich auch noch etwas gefunden, das wäre dann aber mitten im Wind / Sturm gewesen.




                                      Zuletzt geändert von Freedom33333; 20.11.2019, 14:28.

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                                      • Freedom33333
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                                        • 09.09.2017
                                        • 900
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                                        #20
                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                        Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                                        Ja, mein Heli ging um 13 Uhr planmäßig, und 4 Stunden habe ich bestimmt gebraucht. Ich dachte, der wäre eigentlich immer im Anschluss an den Bus getaktet ?!
                                        Bei uns scheinbar nicht. Jedenfalls wurde am Telefon nur von dem 18 Uhr Flug erzählt. Vielleicht richtet sich das auch nach Angebot und Nachfrage. Da die anderen teils mit dem Auto gekommen sind, war es für die wahrscheinlich auch nicht machbar, so früh dort zu erscheinen.

                                        Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                                        @Daniel, Anne: Das ist wahres Stalking was ich hier erlebe
                                        Wieso? Hast du denn nicht auf deiner Tour die Drohne bemerkt, die die ganze Zeit hinter dir hergeflogen ist?

                                        Naja ich muss sagen ich habe deinen Bericht eigentlich nur überflogen und mir - wie auch von zwei anderen Reiseberichten - die ungefähren Zeltplätze markiert um eine Ahnung davon zu bekommen, welche Distanzen realistisch sind und um in der Hinterhand mögliche Orte zum Zelten zu haben.

                                        Im Kern wollte ich bei meiner Tour an zwei Orten vorbeikommen: Die Luohttolahko und den Skierffe. Wenn man noch mit dem Heli-Flug startet gibt es gar nicht so viele mögliche Varianten, wenn man 14 Tage Zeit hat und möglichst viel sehen will. Vor allem hat man mit der Extra Schleife nach Norden oder dem Abkürzen nach Osten ein wenig Flexibilität. Daher war dein Reisebericht dann auch der letzte, den ich mir angeschaut habe, da sind einem dann ein paar Sachen in Erinnerung geblieben.
                                        Zuletzt geändert von Freedom33333; 04.11.2019, 12:28.

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                                        • Ljungdalen

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                                          • 28.08.2017
                                          • 3014
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                                          #21
                                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                          Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                          Tag 3: <...> Und dann entdecken wir, weiter hinten, vor dem Knick des Bachs, der hier ziemlich flach dahinfließt, den perfekten Zeltplatz.
                                          Also wo seid ihr jetzt? Oberhalb des Alep Njoatsosjávrre?

                                          Da bin ich 2009 in Gegenrichtung langgekommen, Fotos gerade nicht erreichbar, sonst könnte ich nachgucken und vergleichen. Hatte da auch 24 h Starkwind und deshalb in der Nacht davor unterhalb des Lulep Njoatsosjávrre ohne Zelt (da hätte ich kein Auge zubekommen!) unter einem *zufällig daliegenden* Riesenstein - direkt am Pfad, da kommt man vorbei - übernachtet; war perfekt: Der Wind kam direkt von der anderen Seite. Am nächsten Tag flaute der dann langsam ab, und nachdem ich aus dem Njoatsosvágge Richtung Álggajávrre über den Pass kam, wurde es völlig windstill...

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                                          • andrea2
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                                            • 23.09.2010
                                            • 977
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                                            #22
                                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                            Ja bei Sonne ist alles einfach, und bei Regen und Sturm frag man sich jedes Mal warum tun wir uns sowas an.
                                            Trekker müssen ganz besonders dumme Menschen sein, denn wir lernen NIE es zu lassen.

                                            Wie oft haben wir uns dieses Jahr gesagt, wir lassen es...

                                            Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                            ...Und doch wollte sich bei mir nicht das Gefühl einer kritischen Situation einstellen. Immerhin: wir waren zu zweit. Und Tom hatte schon so viel Erfahrung. Das finde ich, im Nachhinein betrachtet, erstaunlich: Wenn man zu zweit ist, fühlt sich alles viel einfacher an. Man sucht selbst einen Zeltplatz – aber man weiß: Da ist noch jemand, der sich auch umschaut, der vielleicht etwas weiter links oder rechts läuft und vielleicht etwas entdeckt, was einem selbst entgeht.

                                            Auch erscheint es einem nahezu unmöglich, dass man eben keinen Zeltplatz findet. Man ist zu zweit. Das würde den anderen auch betreffen. Der hat sowas schon oft mal gemacht. Die Zweifel, die man hätte, wenn man alleine wäre – habe ich im Voraus eine schlechte Entscheidung getroffen? Gibt es hier keine Zeltplätze? Hätte man das im Voraus erkennen können müssen? All das existiert nicht und wird im Kopf verdrängt vom Gedanken: „Klar, ich suche auch. Aber der andere wird schon etwas finden“...
                                            Wie hat Tom - evernorth denn das empfunden? Bei mir ist das sehr unterschiedlich, je nachdem mit wem ich unterwegs bin. Wenn ich mit meinem Mann wandere, und das tun wir nun schon seit über 30 Jahren, sind wir beide meist gleich angespannt oder entsapannt, keiner hat das Gefühl, er muss die alleinige Verantwortung tragen, und dadurch ist die Verantwortung nicht nur geteilt, sondern noch deutlich weniger. Ich kann mich aber andererseits auch an eine Wanderung erinnern mit einer Freundin, das war zufällig auch eine Tour durchs Njoatsosvágge. Wir hatten zwar schon eine Tour zusammen gemacht, aber ich hatte deutlich mehr Erfahrung, und fühlte mich absolut verantwortlich. Das war Quatsch, aber ich konnte es nicht abstellen. Die ganze Tour, bis wir auf dem Padjelantleden waren, hatte ich keine Ruhe, wollte weiter kommen um alle Unsicherheiten hinter mir zu lassen. Alleine wandern wäre für mich absolut nichts, da würde es mir ähnlich gehen.

                                            Bin sehr gespannt, wie es dir/euch weiter erging.

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                                            • Pielinen
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                                              • 29.08.2009
                                              • 1356
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                                              #23
                                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                              Passt gerade:

                                              (INFO: Bitte kein Bildmaterial einfügen, das die Rechte Dritter verletzt. d.h. i.d.R. keine Musikvideos, TV-Serien etc. )
                                              Steinlawine im Njoatsosvágge
                                              Zuletzt geändert von Pielinen; 05.11.2019, 19:52.
                                              Wer nichts weiß muss alles glauben...

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                                              • Freedom33333
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                                                • 09.09.2017
                                                • 900
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                                                #24
                                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                Ja bei Sonne ist alles einfach, und bei Regen und Sturm frag man sich jedes Mal warum tun wir uns sowas an.
                                                Trekker müssen ganz besonders dumme Menschen sein, denn wir lernen NIE es zu lassen.

                                                Wie oft haben wir uns dieses Jahr gesagt, wir lassen es...

                                                Wie hat Tom - evernorth denn das empfunden? Bei mir ist das sehr unterschiedlich, je nachdem mit wem ich unterwegs bin. Wenn ich mit meinem Mann wandere, und das tun wir nun schon seit über 30 Jahren, sind wir beide meist gleich angespannt oder entsapannt, keiner hat das Gefühl, er muss die alleinige Verantwortung tragen, und dadurch ist die Verantwortung nicht nur geteilt, sondern noch deutlich weniger. Ich kann mich aber andererseits auch an eine Wanderung erinnern mit einer Freundin, das war zufällig auch eine Tour durchs Njoatsosvágge. Wir hatten zwar schon eine Tour zusammen gemacht, aber ich hatte deutlich mehr Erfahrung, und fühlte mich absolut verantwortlich. Das war Quatsch, aber ich konnte es nicht abstellen. Die ganze Tour, bis wir auf dem Padjelantleden waren, hatte ich keine Ruhe, wollte weiter kommen um alle Unsicherheiten hinter mir zu lassen. Alleine wandern wäre für mich absolut nichts, da würde es mir ähnlich gehen.

                                                Bin sehr gespannt, wie es dir/euch weiter erging.
                                                Hm, also rein faktisch haben wir uns bei dem 5x Zeltplatz Suchen die Verantwortung geteilt. Mal hat er den besseren Zeltplatz gefunden, mal ich. Das ist ja dann auch ein Stückweit Mathematik.

                                                Ansonsten bestand für mich die Besonderheit hier in zwei Faktoren:
                                                (1) Meinen persönlichen Vorerfahrungen – eher negativen
                                                (2) Der ausgeprägten langjährigen Erfahrung von Tom.

                                                In meinem ersten Trekking-Urlaub vor einem Jahr habe ich beide male aus der Not heraus einen Zeltplatz gesucht. Das eine mal musste ich umkehren und 2km zurücklaufen, das andere mal 2 Stunden in der Dunkelheit mit Stirnlampe im Regen & Wind suchen. Sowas setzt sich im Kopf fest. Im zweiten Trekking-Urlaub war die Zeltplatzsuche dreimal entspannt und zweimal in der späten Dämmerung, das eine mal am Hang, das andere mal bin ich auch ein Stück wieder zurückgelaufen. Wirkliche Erfahrungen in der Zeltplatzsuche habe ich erst in diesem Urlaub gesammelt, daher auch das „Anfänger“ im Titel. Eben 15mal am Stück. Mittlerweile bin ich darin auch ziemlich souverän.

                                                Aber ich finde schon, dass sich da eine Menge Fragen stellen, bei denen Routine unglaublich hilft:
                                                (1) Was ist ein guter Zeltplatz?
                                                (2) Schlage ich mein Zelt zu früh auf an einem nicht perfekten Ort, zweifle ich dann die ganze Zeit, ob ich hätte länger suchen sollen. Ist der Wind zu stark? Der Boden doch zu uneben? Kann ich hier schlafen? Riskiere ich, später am Abend nochmal umziehen zu müssen wegen der Schräge?
                                                (3) Schlage ich mein Zelt zu spät auf, kommt irgendwann die Panik, überhaupt keinen Zeltplatz mehr zu finden.
                                                (4) Den idealen Zeltplatz gibt es nur selten. Oft gibt es irgendwelche Kompromisse. Also verwirft man ständig mögliche Zeltplätze und sucht weiter. Irgendwann muss man eben einfach sagen: Ich bleibe hier. Auch wenn nicht alles stimmt.

                                                Ist man zu zweit, kann man diese Fragen diskutieren. Ist man alleine, läuft das alles im eigenen Kopf ab ohne Feedback von einer zweiten Person. Wenn man mit den Vorerfahrungen trekken geht und weiß, der andere hat das schon zigmal gemacht, ist man geistig entspannter. Klar sucht und findet man genauso Zeltplätze - das war auch jedes mal der Fall bei beiden von uns.

                                                Aber wenn man bei seinen ersten Trekking-Urlauben solche Vorerfahrungen gemacht hat, muss man die Bedenken auch erstmal wieder wegbekommen. (Im zweiten urlaub habe ich mein Zelt auch das eine mal in der Dämmerung eine Weile nicht wiedergefunden, da hat man dann bei 0 Grad mit dünnen Klamotten im Regen auch mal existenzielle Ängste.


                                                Tom hat auf mich bei der Zeltplatzsuche immer einen recht entspannten Eindruck gemacht. Ich glaube für ihn ist das daher auch völlig egal, ob er für sich oder noch für einen anderen sucht. Er hat tendenziell aber eher früher einen Platz gewählt, ich wäre mitunter bereit gewesen, noch etwas länger zu laufen.

                                                Am Ende der Tour bin ich noch mit Gonorth, den ich zufällig getroffen habe und vorher nicht kannte, eineinhalb Tage gelaufen – Spoiler – da haben wir das Tageslicht weitestgehend ausgereizt und kamen erst in der Dämmerung an, absteigend über ein ewig langes Geröllfeld in dadurch bedingt sehr hohem Tempo. Wobei das Wetter an dem Tag auch echt schlecht war mit krassem Nebel und einer Sicht von teils unter 10m.
                                                Zuletzt geändert von Freedom33333; 05.11.2019, 14:00.

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                                                  • 10.10.2017
                                                  • 2024
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                                                  #25
                                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                  Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                  Hm, also rein faktisch haben wir uns bei dem 5x Zeltplatz Suchen die Verantwortung geteilt. Mal hat er den besseren Zeltplatz gefunden, mal ich. Das ist ja dann auch ein Stückweit Mathematik.

                                                  Ansonsten bestand für mich die Besonderheit hier in zwei Faktoren:
                                                  (1) Meinen persönlichen Vorerfahrungen – eher negativen
                                                  (2) Der ausgeprägten langjährigen Erfahrung von Tom.

                                                  In meinem ersten Trekking-Urlaub vor einem Jahr habe ich beide male aus der Not heraus einen Zeltplatz gesucht. Das eine mal musste ich umkehren und 2km zurücklaufen, das andere mal 2 Stunden in der Dunkelheit mit Stirnlampe im Regen & Wind suchen. Sowas setzt sich im Kopf fest. Im zweiten Trekking-Urlaub war die Zeltplatzsuche dreimal entspannt und zweimal in der späten Dämmerung, das eine mal am Hang, das andere mal bin ich auch ein Stück wieder zurückgelaufen. Wirkliche Erfahrungen in der Zeltplatzsuche habe ich erst in diesem Urlaub gesammelt, daher auch das „Anfänger“ im Titel. Eben 15mal am Stück. Mittlerweile bin ich darin auch ziemlich souverän.

                                                  Aber ich finde schon, dass sich da eine Menge Fragen stellen, bei denen Routine unglaublich hilft:
                                                  (1) Was ist ein guter Zeltplatz?
                                                  (2) Schlage ich mein Zelt zu früh auf an einem nicht perfekten Ort, zweifle ich dann die ganze Zeit, ob ich hätte länger suchen sollen. Ist der Wind zu stark? Der Boden doch zu uneben? Kann ich hier schlafen? Riskiere ich, später am Abend nochmal umziehen zu müssen wegen der Schräge?
                                                  (3) Schlage ich mein Zelt zu spät auf, kommt irgendwann die Panik, überhaupt keinen Zeltplatz mehr zu finden.
                                                  (4) Den idealen Zeltplatz gibt es nur selten. Oft gibt es irgendwelche Kompromisse. Also verwirft man ständig mögliche Zeltplätze und sucht weiter. Irgendwann muss man eben einfach sagen: Ich bleibe hier. Auch wenn nicht alles stimmt.

                                                  Ist man zu zweit, kann man diese Fragen diskutieren. Ist man alleine, läuft das alles im eigenen Kopf ab ohne Feedback von einer zweiten Person. Wenn man mit den Vorerfahrungen trekken geht und weiß, der andere hat das schon zigmal gemacht, ist man geistig entspannter. Klar sucht und findet man genauso Zeltplätze - das war auch jedes mal der Fall bei beiden von uns.

                                                  Aber wenn man bei seinen ersten Trekking-Urlauben solche Vorerfahrungen gemacht hat, muss man die Bedenken auch erstmal wieder wegbekommen. (Im zweiten urlaub habe ich mein Zelt auch das eine mal in der Dämmerung eine Weile nicht wiedergefunden, da hat man dann bei 0 Grad mit dünnen Klamotten im Regen auch mal existenzielle Ängste.


                                                  Tom hat auf mich bei der Zeltplatzsuche immer einen recht entspannten Eindruck gemacht. Ich glaube für ihn ist das daher auch völlig egal, ob er für sich oder noch für einen anderen sucht. Er hat tendenziell aber eher früher einen Platz gewählt, ich wäre mitunter bereit gewesen, noch etwas länger zu laufen.

                                                  Am Ende der Tour bin ich noch mit Gonorth, den ich zufällig getroffen habe und vorher nicht kannte, eineinhalb Tage gelaufen – Spoiler – da haben wir das Tageslicht weitestgehend ausgereizt und kamen erst in der Dämmerung an, absteigend über ein ewig langes Geröllfeld in dadurch bedingt sehr hohem Tempo. Wobei das Wetter an dem Tag auch echt schlecht war mit krassem Nebel und einer Sicht von teils unter 10m.

                                                  Die Zeltplatzsuche kann ich nicht so ganz nachvollziehen, vor allem was den Anspruch an einem Platz betrifft oder die Zeit wann man ihn sucht. Für mich war es ja auch dieses Jahr das erste mal und ich hatte mich darauf konzentriert a) ein Stück Rasen und b) mit Bach im Umkreis zu finden. Die Aussicht war egal, ich shclafe dort und seh sowieso alles). In der Vorbereitung konnte man schon viele Stellen ausmachen (Videos, Grundsten Führer, Forum) wo es ungefähr gute Stellen gibt. Ohne Reservetage gibt es ein Mindestlaufpensum (zum Beispiel 150km durch 10 Tage, was heißt das man 15km am Tag laufen sollte). Wenn ich also etwa 15km gelaufen bin und es ist erst 15Uhr und der Platz ist schön braucht man kein schlechtes gewissen haben.
                                                  Aber ok, ist halt auch nur meine Sicht, jeder ist wirklich anders, aber ich würde da echt entspannter ran gehen. Vielleicht warst du recht nervös/hibbelig

                                                  Gruß Maik
                                                  "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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                                                    #26
                                                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                    Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                    Aber ok, ist halt auch nur meine Sicht, jeder ist wirklich anders, aber ich würde da echt entspannter ran gehen. Vielleicht warst du recht nervös/hibbelig

                                                    Gruß Maik
                                                    Maik, du darfst nicht vergessen, dass es einen Unterschied macht, ob man im Juli/August oder Mitte/Ende September unterwegs ist. Ab 19.30 Uhr wird es dämmrig, da sollte das Zelt stehen. Wenn es im Juli fast die ganze Nach hell ist, dann hat man abends raus viel mehr Zeit. Da ist es egal, wenn man mal weiter laufen muss und erst um 22 Uhr das Zelt aufbaut.

                                                    Wir sind da im Herbst auch immer eher übervorsichtg als in der Dämmerung noch laufen zu müssen.

                                                    Allgemein wird man aber da auch entspannter mit der Zeit. Wenn ich überlege wo wir schon überall das Zelt stehen hatten und wie schief man schlafen kann. Ich kann mich erinnern, dass ich schon mal den Rucksack unter der Isomatte leigen hatte um das Unebene etwas auszugleichen. Windschutz ist uns da aber immer wichtig. Am Ende ist aber immer jeder auf der Suche nach dem perfekten Zeltplatz.

                                                    Meine Überlegungen bezogen sich aber gar nicht mal konkret auf die Zeltplatzsuche sondern auf alle Entscheidungen der Tour.

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                                                      • 10.10.2017
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                                                      #27
                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                      Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                      Maik, du darfst nicht vergessen, dass es einen Unterschied macht, ob man im Juli/August oder Mitte/Ende September unterwegs ist. Ab 19.30 Uhr wird es dämmrig, da sollte das Zelt stehen. Wenn es im Juli fast die ganze Nach hell ist, dann hat man abends raus viel mehr Zeit. Da ist es egal, wenn man mal weiter laufen muss und erst um 22 Uhr das Zelt aufbaut.

                                                      Wir sind da im Herbst auch immer eher übervorsichtg als in der Dämmerung noch laufen zu müssen.

                                                      Allgemein wird man aber da auch entspannter mit der Zeit. Wenn ich überlege wo wir schon überall das Zelt stehen hatten und wie schief man schlafen kann. Ich kann mich erinnern, dass ich schon mal den Rucksack unter der Isomatte leigen hatte um das Unebene etwas auszugleichen. Windschutz ist uns da aber immer wichtig. Am Ende ist aber immer jeder auf der Suche nach dem perfekten Zeltplatz.

                                                      Meine Überlegungen bezogen sich aber gar nicht mal konkret auf die Zeltplatzsuche sondern auf alle Entscheidungen der Tour.
                                                      Jupp das stimmt natürlich, würde aber wenn ich so zurück denke trotzdem passen, da meine Startzeiten zwischen 6-8Uhr liegen. Aber ja mit Zelt im September war ich noch nicht unterwegs und ich glaube auch gerade Wettertechnisch ist das noch mal ein anderes Level (Sturm, Frost, Regen, eventuell Schnee), die Unterschiede können groß sein im Gegensatz zum Juli, wo ich kaum Frost, weniger Sturm und schon garnich Schnee (ganz ganz ganz selten) erwarte.
                                                      "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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                                                        #28
                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                        Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                        [...] In der Vorbereitung konnte man schon viele Stellen ausmachen (Videos, Grundsten Führer, Forum) wo es ungefähr gute Stellen gibt. Ohne Reservetage gibt es ein Mindestlaufpensum (zum Beispiel 150km durch 10 Tage, was heißt das man 15km am Tag laufen sollte). Wenn ich also etwa 15km gelaufen bin und es ist erst 15Uhr und der Platz ist schön braucht man kein schlechtes gewissen haben.
                                                        Aber ok, ist halt auch nur meine Sicht, jeder ist wirklich anders, aber ich würde da echt entspannter ran gehen. Vielleicht warst du recht nervös/hibbelig

                                                        Gruß Maik
                                                        Zum Thema nervös / Hibbelig: Vergleiche oben. Ich denke es ist auch einfach eine Frage der persönlichen Vorerfahrung. Glaub mir, wenn du mal 2 Stunden mit Stirnlampe im Regen & Wind & völlig erschöpft in Schottland versuchst, vom Sturm an der Küste wegzukommen und einen Zeltplatz zu finden, dann brennt sich das ein wenig in deinen Kopf. Dann brauchst du einige lockere Erfahrungen, bis das verschwindet.

                                                        Die liebe Vorbereitung Tja, die kostet eben immer auch so unendlich viel Zeit. Und nimmt einem ein wenig das Abenteuer. Ich denke ein guter Kompromiss macht Sinn. Mit dem Garmin am PC die Tour im Voraus planen wäre z.B. to much für mich. Wobei ich Googlemaps kurz vor dem Urlaub für mich entdeckt habe, damit kann man prima arbeiten. Macht mir auch mehr Spaß als einen Reiseführer durchlesen

                                                        Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                        Jupp das stimmt natürlich, würde aber wenn ich so zurück denke trotzdem passen, da meine Startzeiten zwischen 6-8Uhr liegen. Aber ja mit Zelt im September war ich noch nicht unterwegs und ich glaube auch gerade Wettertechnisch ist das noch mal ein anderes Level (Sturm, Frost, Regen, eventuell Schnee), die Unterschiede können groß sein im Gegensatz zum Juli, wo ich kaum Frost, weniger Sturm und schon garnich Schnee (ganz ganz ganz selten) erwarte.
                                                        Ich glaube das ist ein weiterer guter Punkt: der Tagesrythmus. Wenn ich so früh aufstehe (Startzeit um 6 Uhr? oder meinst du Aufstehzeit? Da wäre es im Herbst ja fast noch dunkel beim Loslaufen.

                                                        In der Tat sind wir immer - manchmal auch wetterbedingt - erst recht spät losgekommen. Wenn man dann noch - was mir einfach wichtig ist - an schönen Orten nicht durchrennen will sodern auch mal stehen bleiben, Fotos machen oder einfach nur die Aussicht genießen, dann kann man halt abends nicht 3 Stunden vor Sonnenuntergang das Zelt aufschlagen. Jedenfalls nicht wenn man noch ein wenig Strecke machen will.

                                                        Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                        Maik, du darfst nicht vergessen, dass es einen Unterschied macht, ob man im Juli/August oder Mitte/Ende September unterwegs ist.[...]
                                                        Allgemein wird man aber da auch entspannter mit der Zeit. Wenn ich überlege wo wir schon überall das Zelt stehen hatten und wie schief man schlafen kann. Ich kann mich erinnern, dass ich schon mal den Rucksack unter der Isomatte liegen hatte um das Unebene etwas auszugleichen. Windschutz ist uns da aber immer wichtig. Am Ende ist aber immer jeder auf der Suche nach dem perfekten Zeltplatz.
                                                        [...]
                                                        Das mit der Jahreszeit ist ein starkes Argument. Das Land kommt ja auch noch dazu. In Schotland steht halt ständig das Wasser da, wo man meint, sein Zelt hinstellen zu können. Klar, Schweden war nass, aber Schottland war nasser. Die "Sümpfe" in Schweden gingen ja selten über den Knöchel hinaus, da war ich anderes gewohnt.

                                                        Rucksack unter die Isomatte? Meine Güte, das muss ja sehr steil gewesen sein. Ich dachte am Anfang auch, ich könnte nur in perfekt ebener Lage schlafen, aber wenn man erschöpft ist geht alles.

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                                                          Fuchs
                                                          • 10.10.2017
                                                          • 2024
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                          Startzeit 6Uhr ja (Gällivare 15.09. 5:54 Sonnenaufgang) das ist schon recht früh und im September durchaus dunkel beim aufstehen. Letztes Jahr war ich ja im September (Nikka-Abisko), allerdings war das eine Hüttentour zugegebener maßen. Da kann man im dunkeln essen und packen in der Hütte. Mit Zelt dann eher 7-8Uhr. Aber ich bin tatsächlich Frühaufsteher. 4 Uhr gehen da schon mal die Augen auf


                                                          Aber ok, das sind tatsächlich gute Argumente von Euch an die ich bei meinem Post nicht gedacht habe. Man sollte manchmal etwas länger nachdenken
                                                          "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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                                                            Alter Hase
                                                            • 28.08.2017
                                                            • 3014
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                            Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                            Jupp das stimmt natürlich, würde aber wenn ich so zurück denke trotzdem passen, da meine Startzeiten zwischen 6-8Uhr liegen.
                                                            +1. Also 6 ist bei mir selten (kam aber schon vor, sogar noch früher: wenn ich solo unterwegs, zB im Juli um 5 richtig wach bin und es ist hell ist, stehe ich auf und gehe los). 8 ist aber normal. Wundere mich über regelmäßige VIEL spätere Startzeiten. Die Ruhe hätte ich gar nicht. (Schlechtes Wetter ist ein Sonderthema.)

                                                            Gut, jeder ist da anders.

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                                                            • Freedom33333
                                                              Dauerbesucher
                                                              • 09.09.2017
                                                              • 900
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                                                              #31
                                                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                              Tag #4, Montag der 2.9: Alep Njoatsosjavrre – Jieggnavagge – Sarvesvagge

                                                              Morgens aufwachen.
                                                              Das leise Plätschern eines Baches hören.
                                                              Realisieren: Ich bin nicht in meinem Bett. Ich bin im Schlafsack. In der Wildnis.
                                                              Aus dem Fenster schauen.
                                                              Eine riesige Bergwand erblicken.
                                                              Trekken ist toll. Trekken ist leicht.

                                                              Wo sonst kann man derartiges schon erleben? Jeden Morgen eine andere Aussicht?
                                                              Vielleicht auf einem Kreuzfahrtschiff. Aber dort wird man nur Städte sehen, nicht dagegen unberührte Natur. Und geweckt wird man nicht vom Prasseln des Regens oder dem Plätschern eines Bachs, sondern den Stimmen der Nachbarn auf dem Balkon in der Kabine daneben.

                                                              Die zweite Nacht im Zelt überstanden. Damit war mein bisheriger Rekord eingestellt. Nach einem gemütlichen Kaffee und Frühstück – vorher abgepacktes Müsli mit Milchpulver – erstmal ein bisschen draußen rumlaufen. Wir ließen es eher gemütlich angehen.


                                                              Foto von Tom


                                                              Ich war dann doch der erste, der schon eingepackt hatte.



                                                              Blick zurück, oben links das Schneefeld an dem wir abgestiegen sind. Ich finde das immer erstaunlich, dass es auf solchen Fotos so aussieht, als wäre man in 10min da, der Weg ist dann aber doch um einiges länger

                                                              Ich konnte zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht ganz begreifen, dass wir gerade an diesem Ort übernachtet hatten. Man gewöhnt sich ja doch recht schnell an diese Art Urlaub, nimmt es nicht mehr als etwas Besonderes wahr. Aber sitzt man dann wieder zuhause im Büro im Alltag, erscheint es immer wieder erstaunlich, was für eine andere Art Erlebnisse man mit solchen Urlauben sammelt -gegenüber den „sozialüblichen“ Urlauben.

                                                              Da ich meinen Sack für die Zeltheringe vermisse, laufe ich nochmal die Gegend ab, kann ihn aber nicht finden. Natürlich war er irgendwo verstaut, aber das wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht. Tom war da entspannter, meinte, den hast du bestimmt irgendwo im Gepäck. Jedenfalls durchlebte ich so das erste mal in diesem Urlaub das Gefühl, etwas verloren zu haben. Es sollte nicht das letzte mal bleiben…und nicht immer sollte ich mich geirrt haben. Aber dazu später mehr.

                                                              Dann laufen wir am Bach entlang in Richtung See, erstmal rauf auf die „Düne“ und dann links am See entlang. Der Plan ist klar: Zwischen dem genannten See und dem Gasska Njoatsosjavrre steil bergauf ins Jiegnavagge.

                                                              Der Grundsten war hier ein wenig widersprüchlich: Bei der Beschreibung der möglichen Route stand dort, dieser Aufstieg sei nicht machbar, da zu steil. Bei den Tagesausflügen stand dann dagegen eine Tour beschrieben, wie man so auf den Bulkas käme.

                                                              Nach einer Weile bogen wir nach links ab und versuchten auf diesem Wege, schonmal ein wenig Höhe zu gewinnen. Die Bodenstruktur bestand zum Teil aus Gras und Moos, desto höher wir kamen aber immer mehr aus Geröll. Und schon hier zeigte sich, dass wir unterschiedliche Präferenzen beim Besteigen eines Berges hatten – ich blieb von der Distanz stets ein wenig zurück, bevorzugte es aber, erstmal Höhe zu gewinnen. Die Aussicht bergab war – man konnte es sich schon anhand der Karte vorstellen – atemberaubend.


                                                              Blick runter zum östlichen Ende des Alep Njoatsosjavrre


                                                              Blick nach Süden runter zum Gasska Njoatsosjavrre


                                                              Desto höher wir kamen, desto besser wurde die Aussicht





                                                              Im Kern versuchte ich hier, mich auf einem grünen Streifen zu halten und das Kreuzen der Geröllfelder zu vermeiden. Zu diesen hatte ich, bedingt durch ein unschönes Erlebnis in meine letzten Urlaub, ein etwas gespaltenes Verhältnis – auch wenn ich mich im Laufe dieses Urlaubes noch an sie gewöhnen sollte.

                                                              To make a long story short – wieder und wieder verschob ich das Kreuzen des Berges, wieder und wieder sah es für mich so aus, als wäre es besser, steil weiter aufzusteigen und erst ganz oben dann weiter nach Osten zu laufen, wo es so aussah, als gäbe es Grasstreifen. Irgendwann musste ich dann sogar die Hände zu Hilfe nehmen. All das mit 23kg Gepäck. Tom war längst in weiter Ferne, deutlich tiefer, aber deutlich weiter rechts.

                                                              Auch ein paar Bäche und Rinnsale kamen mir mittlerweile entgegen. Hier könnte man rüber. Aber 5m höher, da sieht es doch einfacher aus. Und wieder höher. Das Adrenalin und die Nervosität stieg. Als ich schließlich an einer schmalen Stelle – vorsichtig mit einem Stock vorfühlend – eine Steinlawine auslöste hatte ich nur zwei Optionen: Wieder absteigen oder noch höher. Vorsichtig fühlte ich an einem kleinen Fels im Gras vor, ob ich mich an ihm festhalten und hochziehen könnte – er war aber durch die Rinnsale als gelockert zu ertasten. Hier weiter aufsteigen war lebensgefährlich.
                                                              Mist!

                                                              Es half nichts – ich hatte mich verstiegen. Und musste dann doch wieder 30 hm absteigen, bevor ich waagerecht weiter kam. Als ich zu Tom aufgeschlossen hatte sah ich, dass dieser sich mit einem anderen Wanderer unterhielt – wie könnte es anders sein, einem Deutschen – der ihn wohl sogar sinngemäß mit den Worten „Und du bist evernorth“ begrüßt hatte. Mir scheint, ich war mit einem Promi unterwegs .

                                                              Ansonsten hatte dieser keine guten Neuigkeiten zu verkünden – das Wetter würde schlechter werden und er zweifelte an, dass es eine gute Idee sei, auf die Luohttolahko aufzusteigen, da es dort noch jede Menge Schnellfelder gäbe. Er hatte an diesem Tag schon eine beachtliche Strecke zurückgelegt und hatte wohl auch noch einiges vor.

                                                              Dann beeilten wir uns, um vor einem etwaigen Regen den steilen Aufstieg hinter uns zu lassen. Und steil war er, ziemlich steil. Teils wand sich der Pfad links von einem reißenden Gebirsgsbach entlang, sodass ich mich eher weiter links hielt.


                                                              Eine Weile dauerte es dann doch noch, bis wir endlich auf dem Kamm angekommen waren. Dieser war und den wunderschönen Blick hinunter ins Jiegnavagge genießen konnten.

                                                              Jiegnavagge. Der Fluss am Ende des Tals dürfte der sein, der vom Sarvestjahkka runterkommt





                                                              An einer Stelle passierte dort beim Foto machen noch etwas sehr Merkwürdiges – ich zog meine Handschuhe aus um ein Foto zu machen. Als ich damit fertig war – Oh Schreck – fehlte auf einmal einer der Handschuhe. What? Ich verbrachte ungefähr 15min damit, den Handschuh zu suchen. Schon am dritten Wandertag einen Handschuh verlieren? Nee… Zwar hatte ich noch ein zweites Paar dickere Handschuhe, aber es ging mir auch einfach um mein Ego. Es machte keinen Sinn. Es war unlogisch. Undenkbar. Es gab kaum Wind. Ich ließ den anderen Handschuh fallen – er kam immer in einem Umkreis von 2m zum Liegen. Und doch war er weg. Ich hob 10 Steine am Boden an, rannte herum wie ein aufgescheuchtes Huhn, dann wieder kalt mit Logik, rational abwägend – aber es half nichts. Der Handschuh war nicht da. Irgendwann mussten wir dann doch weiter. Ich war richtig sauer.

                                                              Spoiler: Was war passiert? Ich hatte für das Foto die Handschuhe zwischen den Zähnen und die Jacke leicht geöffnet. Der zweite handschuh war mir zwischen Regenjacke und Fleecepullover gefallen und hatte sich – auf der Innenseite – beim anschließenden Schließen des Reißverschlusses nach dem Foto mit einem Finger im Reißverschluss verfangen. So hatte ich ihn auch beim Ablegen der Regenjacke, diese Option bedenkend, nicht gefunden. Und so sollte ich ihn am Ende des Tages dann doch noch finden. Uff

                                                              Ich weiß nicht mehr, woran es lag. Vielleicht lag es an der Handschuh-Suchaktion. Vielleicht daran, dass es für mich völliges Neuland war, über eine solche Distanz auf einem Geröllfeld zu laufen. Vielleicht hatte ich mich auch für die Navigation auf Tom verlassen und er sich auf mich, da ich das Garmin die ganze Zeit anhatte, er nur sporadisch. Jedenfalls: Irgendwann hatten wir plötzlich eine unglaublich schöne Aussicht hinunter ins Sarvesvagge auf das Flussdelta im Westen.



                                                              Flussdelta am westlichen Ende des waagerecht laufenden Abschnitts des Sarvesvagge

                                                              Und realisierten beide zur gleichen Zeit: Wir waren viel zu weit gelaufen. Längst hatten wir die richtige Abfahrt verpasst. Längst waren wir viel zu weit über die Geröllfelder abgestiegen. Und zum Umkehren war es mittlerweile auch zu spät. Die ganzen Höhenmeter über das Geröll wieder zurück? Und dann noch die ganze Strecke auf der Luohttolahko bis zum namenlosen See auf 1244m im Osten? Mit der Aussicht auf Schneefelder und ohne Hinweis im Reiseführer auf Zeltplätze davor? Nein.

                                                              Also beschlossen wir, hinunter ins Sarvesvagge abzusteigen und heute einfach noch ein Stück zu laufen. Damit hielten wir uns offen, wie es morgen weitergehen würde – wir könnten direkt hinauf ins Niejdariehpvagge oder könnten einen Abstecher auf die Hochebene machen.

                                                              An einer Stelle mussten wir zu zwei Bachbetten hintereinander hinab- und dann wieder hinaufsteigen. Bereits aus größerer Entfernung konnten wir – wohl bei Gegenwind – hinter dem zweiten Einschnitt eine Herde Rentiere ausmachen. Da wir also von „Unten“ kamen und die Rentiere direkt hinter ein paar Felsblöcken grasten kamen wir doch ziemlich nahe an sie heran.




                                                              Blick hinunter ins Sarvesvagge vom nördlichen Ende des Jiegnavagge

                                                              Unten im Tal erinnere ich mich an zwei Zelte, jeweils direkt am Fluss. Ich schlug vor, heute noch so weit wie möglich zu laufen, also liefen wir, auf der rechten Flussseite, noch fast bis zum links abbiegenden Niejdariehpvagge. Mittendrin gab es – das zeigte schon der Blick auf die Karte – keine guten Zeltplätze, aber ich ging davon aus, dass wir diese in der Nähe des Niejdariehpvagge finden würden, wo der Boden wieder flacher und breiter wurde.


                                                              Sarvesvagge, im Hintergrund der Gipfel auf 1696m


                                                              Blick zurück nach Westen, Sarvesvagge


                                                              In Wolken am Ende des Tals das Rijddajahkka


                                                              Blick zurück

                                                              Tom fand einen guten Zeltplatz rechts vom Fluss – ich hatte diesen überquert und fand, links vom Fluss, rechts neben einem wirklich großen, nicht zu verfehlenden Felsen, einen schöneren, direkt am Wasser. Rundherum Sumpf, aber dieser Abschnitt hatte wirklich festen Untergrund und schönes Gras. Und so schlugen wir denn – schon zum dritten mal hintereinander – unsere Zelte an einem wirklich schönen Zeltplatz auf.

                                                              Nach 3 Wandertagen hatte ich dann auch endlich genug von der Katzenwäsche und nahm im Fluss an einer etwas tieferen Stelle noch ein schönes warmes *hust* Bad.


                                                              Hier noch ein Foto vom Zeltplatz vom nächsten Morgen
                                                              Zuletzt geändert von Freedom33333; 20.11.2019, 14:27.

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                                                              • Mortias
                                                                Fuchs
                                                                • 10.06.2004
                                                                • 1232
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                Gefällt mir sehr gut Dein Bericht. Gerade aufgrund der ehrlichen Berichterstattung wie Du Deine erste Lapplandtour erlebst und welche Erfahrungen Du dabei machst. Das mit dem Verlieren von Sachen kann ich übrigens gut nachvollziehen. De facto habe ich zwar bisher nur selten wirklich etwas verloren, aber diese Erfahrung, wenn etwas weg ist, erstmal wie ein aufgescheuchtes Huhn rumzulaufen kenne ich nur zu gut.

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                                                                  Dauerbesucher
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                                                                  • 900
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                                                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                  Tag #5: Dienstag der 3.9.2019: Die Luohttolahko. Endlich!
                                                                  Der Plan für heute lautete: Vorbei am Niejdariehpvagge, nah dem Knick nach rechts unten und dann, nicht etwa am Naite vorbei und das Noajdevagge hinauf sondern direkt den Hang am Luohtttotjahkka besteigen und von dort hinauf auf die Hochebene.


                                                                  Blick morgens aus dem Zelt.

                                                                  Noch ein Exkurs zum Abendessen des Tages davor: Um die Speiseplan ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten hatte ich mir Volleipulver im Internet bestellt und dieses mit Röstzwiebeln gemischt. Die Nährwerte erschienen mir ein Traum: 579kcal pro 100g, 41g Fett, 47,4g Eiweiß. Zwei Versuche damit zuhause in der Pfanne hatte ich auch absolviert, der erste war gescheitert – flüssig mit Gummiartigen Stücken – der zweite war gelungen. Ich hatte sogar extra Öl in einer 100ml Flasche dabei. So eine Powershot-Flasche, zig mal saubergemacht. Trotzdem hat das hochwertige Olivenöl am Ende mehr nach Gummibärchen gerochten als nach Öl. Kauft euch lieber unbenutzte Flaschen für sowas

                                                                  Aber wenn man mit derartigem herumprobiert, sollte man es auch zuhause mal im Trekking-Topf probieren. Immerhin ist dieser deutlich höher als eine Pfanne und hat damit auch weniger Oberfläche nach unten. Ich mache es kurz: Das Rühreipulver, gemischt mit Wasser (Geschüttelt im Beutel) ist trotz Öl angebrannt. Aber so richtig. Der Rest ergab eine klumpige Konsistenz, durchsetzt mit dem Geschmack von Verbranntem. Und ich Dämel hatte insgesamt 5 Packungen davon dabei, hatte Leckeres Müsli mit Milchpulver bzw. Trekking-Nahrung damit ersetzt. Ich kämpfte mich durch die erste Hälfte der 100g und und musste den Rest entsorgen. Und dann, im Nieselregen am Fluss, 10min kratzen, mit einem Tuch und einem Schaber. Da man nicht weiß, wie das Wetter am nächsten Morgen wird, war das unabdingbar, zumal mein Topf gleichzeitig mein Essgefäß fürs Müsli am nächsten Morgen ist. Erst als ich Sand aus dem Fluss dazunahm, bekam ich den nagelneuen TitanTopf halbwegs wieder sauber.


                                                                  Nochmal direkt aus dem Zelt heraus fotografiert.

                                                                  Auch war ich froh, am letzten Abend mein Bad genommen zu haben – morgens nach dem aus dem Schlafsack kriegen, friert man doch immer ein wenig. Unvorstellbar, morgens baden zu gehen. Auch von der Sonne hatten wir zunächst wenig.

                                                                  Als wir kurz vor dem Abbau waren, hatten wir noch direkt morgens ein Highlight: eine kleine Herde Rentiere lief hinter dem Felsen auf unserer Flussseite, also der nördlichen, an uns vorbei – eine große Entfernung war das nicht. Zunächst sehr gemütlich, dann aber, als sie uns bemerkten, doch noch ein wenig Tempo aufnehmend.








                                                                  Nach dem Aufbruch ging es das Sarvesvagge nach Osten. Endlich hatten wir mal gutes Wetter!

                                                                  Zunächst stellte sich die Frage, auf welcher Flussseite des Sarvesjahke wir weiterlaufen sollten. Für mich war klar: Wir wollten hinter der Talbiegung rechts den Berg hinauf. Da die Innenkurve stets kürzer ist, überquerte ich direkt hier, nicht weit hinter unserem Lager, den Fluss zurück auf die südliche Flussseite. Dafür musste ich zunächst über ein Geröllfeld ein Stück absteigen.


                                                                  Hier habe ich den Fluss überquert, musste allerdings die Schuhe dafür ausziehen.

                                                                  Tom dagegen argumentierte, in anderen Reiseberichten und wohl auch im Grundsten stünde etwas von der nördlichen Flussseite, auf der wir uns gerade befanden, also blieb er auf dieser. Und so war es dann schon ein wenig witzig, wie wir beide, jeweils auf der anderen Flussseite, den anderen beim Vorankommen beobachten konnten. Auf meiner Seite gab es gut ausgebaute Pfade, teils 5 Pfade nebeneinander. Auf Toms Seite gab es aber wohl auch Pfade. Ist also beides möglich gewesen.





                                                                  Beim Einschnitt ins Niejdariehpvagge erinnere ich mich an zwei Zelte und eine herumlaufende Person, wahrscheinlich eine Frau, mit der Tom dann ins Gespräch kam. Was die Länge des Abschnitts betraf sollte ich Recht behalten, und so konnte ich denn auch mehr als eine Fotopause machen.

                                                                  Einmal blieb er stehen und schaute in meine Richtung. Aber kommunizieren über diese Entfernung - unmöglich.

                                                                  Kurz hinter dem Niejdariehpvagge, als der Fluss sich zu beachtlicher Breite aufspaltete, kam Tom dann herüber, was mir die Gelegenheit zu weiteren tollen Fotos gab.




                                                                  Ganz links im Bild der Hang hinauf zum Pass des Niejdariehpvagge

                                                                  Dann mussten wir uns eine Weile besprechen, wie es weitergehen sollte. Der Hang von hier bis zum Naite war von beachtlicher Länge und so hatten wir zahlreiche Möglichkeiten, diesen zu besteigen. Eine Möglichkeit – wohl die bessere – wäre gewesen, noch ein Stück weiter im Tal zu laufen und erst weiter östlich den Hang zu besteigen. Dort befinden sich 5 auf der Karte eingezeichnete Flüsse, die von der Hochebene herabfließen. Wir dagegen entschieden uns, gar nicht groß weiter dem Tal zu folgen sondern direkt Höhe zu gewinnen. Das schien mir laut Karte – bis auf einen Abschnitt – anhand der Höhenlinien als gut machbar. Wenn man sich die Karte anschaut, so stiegen wir tatsächlich den Hang hinauf zum Luohttotjahkka, kamen am Ende also sogar höher heraus als die Hochebene war und mussten dann ein kleines Stück wieder absteigen.

                                                                  Zunächst war der Abfluss vom Nuortap Luohttojiegnja zu überqueren. Dieser stützte sich nicht etwa durch ein Flussbett, sondern durch ein Geröllfeld bergab. Wir wählten eine Stelle wo er sich auf mehrere Arme aufteilte und überquerten dort. Ich musste bei solchen Flussdurchquerungen stets meine Stiefel aus- und meine Neoprenschuhe anziehen, Tom hatte so eine Art Halbschuhe an und ließ diese, da sie wohl recht schnell trocknen würden, für Flussdurchquerungen einfach an.


                                                                  Tom ließ seine Schuhe einfach an .


                                                                  Blick zurück nach Westen, hier kann man gut die Schneefelder auf dem Pass des Niejdariehpvagge sehen

                                                                  Nach der Durchquerung der Bäche wählten wir einen recht steilen Aufstieg. Auf der Karte gut ersichtlich war eine Kante oberhalb von der Renvaktarstuga-Hütte, auch etwas weiter westlich gab es bereits eine weitere eingezeichnete Kante auf der Karte. Dahinter lagen die Höhenlinien dann so nah beieinander, dass ich so so interpretierte, dass wir dort nicht entlangkämen. Also war der Plan, möglichst steil, möglichst weit aufzusteigen und dann, erst auf einer Höhe von schon fast 1200m, das letzte Stück nach Osten auf die Hochebene zu machen.


                                                                  Blick nach Osten, rechts im Bild der Naite


                                                                  Ein Teleobjektiv hatte ich zwar nicht dabei, aber auch mit 50mm kann man ein wenig reinzoomen.

                                                                  Wenn sich jemand dafür interessiert lade ich auch gerne noch meinen Garmin-Track hoch wie wir exakt gelaufen sind, muss mich da aber erst reinarbeiten wie man das am PC bearbeitet. Ich meine es war schon die erste Kante, die wir nicht passieren konnten, also die, die sich noch vor der Stelle befindet, an der sich der Fluss im Tal auf ein kleines Delta aufspaltet.

                                                                  Ansonsten lässt sich sagen: Der Aufstieg war steil, anspruchsvoll, aber bei trockenem Wetter gut machbar. Allerdings eben wirklich wirklich steil, vor allem mit dem ganzen Gepäck auf dem Rücken, sodass wir nur langsam – aber stetig – vorankamen. Wieder und wieder mussten wir uns die Hangformationen vor uns anschauen um zu planen, welchen Hügel wir anpeilen sollten.

                                                                  Als wir in die Nähe der Kante kamen wollte Tom sich diese noch anschauen – ich hatte meine Route so geplant, dass ich gar nicht in ihre Nähe kommen würde, befand mich also schon etwas höher und musste ein Stück wieder absteigen – bestätigte dann aber, dass es dort nicht weitergehen würde.

                                                                  Also wieder ein Stück zurück, einen kleinen Bach durchqueren und wieder weiter, steil bergauf.
                                                                  Desto höher wir kamen, desto steiniger wurde es.


                                                                  Ich meine mich zu erinnern dass das ungefähr die Höhe von 1150m und damit die Höhe war, ab der wir gut weiter nach Osten queren konnten.


                                                                  Eine traumhafte Aussicht beim Aufstieg!


                                                                  Danke an Tom für dieses tolle Motiv mit mir drauf!

                                                                  Als wir endlich auf der richtigen Höhe waren ging es dann noch ein ganzes Stück nach Osten. Hier gab es nochmal eine anspruchsvolle Stelle zu passieren. Vor uns zwei Schneefelder an einem Geröllhang, darüber schieferartiger Fels. Tom entschied sich, oberhalb des oberen Schneefeldes über die schieferartige Bodenstruktur zu laufen.

                                                                  Bereits auf dem ersten Blick war mir nicht wohl beim Anblick dieser Bodenstruktur. Zig sehr dünne Platten. Ein zögerlicher Versuch, das erste Stück zu machen, quittierte der Boden bei mir, wie auch schon bei Tom davor, damit, teilweise wegzurutschen. Und direkt unter der noch deutlich anspruchsvolleren Stelle ein steiles Schneefeld. Würde der Boden nachgeben, man wegrutschen, würde man auf diesem Schnee / Eisfeld landen und, ohne Chance zu bremsen, mit Geschwindigkeit das Schneefeld runterrutschen, dann käme ein kurzer felsiger Abschnitt und dann das zweite Schneefeld. Nix für mich. Ich machte direkt wieder kehrt.

                                                                  Man muss beim Wandern - noch mehr beim Trekken – immer wissen, wo die eigene Grenze liegt. Und es ist schon erstaunlich gut zu beschreiben, was man im Kopf durchlebt, wenn man an dieser Grenze kratzt. Die Entspanntheit des Aufstiegs verflüchtigt sich, man ist auf einmal sehr angespannt. Man hat eigentlich schon eine erste Assoziation, die dann auch beim Versuch nur bestätigt wird. Ich war schon froh, die ersten 2m wieder runterzukommen und durchatmen zu können. Ich wählte dann die deutlich einfachere und ungefährlichere Route, nämlich zwischen zwei den beiden Schneefeldern entlang. Dafür musste ich zwar vielleicht 50hm absteigen, aber das nahm ich gerne in Kauf. Schon hier war der Boden, durch seine Struktur, anspruchsvoll, und auch ich trat einmal eine kleine Steinlawine los. Aber: Wäre ich weggerutscht, wäre ich maximal ein paar Meter abgerutscht und dann zum Stillstand gekommen. Hinter den beiden Schneefeldern kam noch ein drittes, oberhalb dessen dann auch Tom nicht mehr weiterklettern wollte und zu dessen unteren Rand er dann kam.

                                                                  Als wir diese Stelle endlich hinter uns hatten, kam langsam die Hochebene in Sicht.


                                                                  Blick nach Süden, hinten der Luohttojavvre


                                                                  Blick zum Naite


                                                                  Auch an einem Flussbett mit Schneeresten kamen wir noch vorbei.

                                                                  Das Wetter hier oben war alles andere als angenehm. Windig war es. Regen hatten wir am Anfang noch nicht. Zwischendurch dafür aber mal kurz Hagel. Die Wolken sahen bedrohlich aus.



                                                                  Aber ich muss sagen: Die Bodenstruktur hier oben war außerordentlich abwechslungsreich. Das war schon ein ziemliches Erlebnis. Am Anfang war der Boden noch eine Mischung aus Gras und Felsen. Dann kam ein sumpfartiger Abschnitt, in dem wir wieder und wieder von Grasbüschel zu Grasbüschel springen mussten, stetig auf der Suche nach Grasbänken, weil der Morast dazwischen knöcheltief oder tiefer war. Auch diverse Flüsse waren zu durchqueren.



                                                                  Auch gab es hier oben Abschnitte, auf denen man gefühlt bis zum Horizont diese weißen Blumen sehen konnte. Sahen aus wie eine vegane Daunenalternative. Wie heißen die? Unglaublich schön!

                                                                  Zur Tourplanung: Wir erblickten zunächst den Luohttojavvre und peilten diesen an seinem östlichen Ende an. Unser Ziel für einen Zeltplatz waren die beiden Seen im Süden. Denn laut Grundsten gab es am Nordwestufer der namenlosen Seen, 1244m, „Zeltplätze“. Ursprünglich stand hier "viele schöne Zeltplätze", das war eine Verwechslung, das war aber eine Verwechslung, mein Fehler. Diese beiden Seen waren zunächst aber nicht zu sehen, da zwischen dem Luohttojavvre und diesen beiden Seen noch eine Hügelkette kam, der Hügel weiter im Westen liegt auf 1335m. Eine solche Hügelkette konnten wir in einiger Entfernung auch erblicken und peilten den flachsten Punkt an, um dann von dort zu den beiden Seen abzusteigen.

                                                                  Wer jetzt denkt, er würde auf dem Kamm stehen und dann die beiden Seen auf der Karte erblicken und könnte dann perfekt planen wird aber bitter enttäuscht: Die Bodenstruktur war außerordentlich unübersichtlich mit vielen kleinen Hügel dazwischen, sodass man jeweils nicht all zu weit schauen konnte.


                                                                  Düstere Atmosphäre. Perfekter Überblick? Nope!



                                                                  Die Sicht war auch nicht gerade toll. Einen der beiden Seen konnten wir zunächst überhaupt nicht sehen. Und mein Navi? Ein Navi ist nur so gut wie sein Kartenmaterial!!! Auf meinem Navi waren die beiden Seen ÜBERHAUPT NICHT Eingezeichnet. Ich dachte ich spinne. Da braucht man einmal das Navi und dann das. Wahnsinn. Wir peilten also die mittlere Stelle des Balgatjiegnja Gletschers an. Der auf der Karte übrigens deutlich größer am Mittelstück aussah als in der Realität. Würde mich nicht wundern wenn das Mittelstück in 10 Jahren nicht mehr existiert.

                                                                  Das Wetter wurde zunehmend schlechter und spät war es mittlerweile auch schon geworden. Schon seit dem Aufstieg auf die Hügelkette – davor war ja Sumpf – liefen wir nur noch über Geröll- und Blockfelder. Hier ein Zelt aufstellen – unmöglich. Absolut undenkbar. Und viel Sonnenlicht verblieb uns nicht mehr. Der Wind wurde stärker, kam direkt vom Gletscher und war eiseskalt.

                                                                  Aber irgendwo mussten wir die Zelte ja aufschlagen. Einmal erblickten wir an einem kleinen See eine perfekte, wunderschön grüne, ebene Fläche – aber es war natürlich Sumpf, hier sackte man tiefer als knöcheltief ein.

                                                                  Um mehr Stellen zu finden teilten wir uns, als wir denn endlich den namenlosen See sahen, auf, ich hielt mich weiter rechts, er sich weiter links. Zwischendurch kam ich noch einmal an einer Stelle direkt auf einem Hügel vorbei mit ein wenig Gras und ein wenig Fels. Aber schön oder gut war dieser Zeltplatz keinesfalls. Aber machbar. Also einen Vermerk auf dem Navi und dann weiter. Tom war in weiter Ferne, sodass ich ihm den Zeltplatz auch nicht zeigen konnte. Das ist der Nachteil, wenn man sich aufteilt.



                                                                  Dann kam nochmal ein Geröllfeld, mit einer Bodenstruktur, die mich einfach nur faszinierte. Dieser Boden zog sich ewig hin. Wielange liegen diese Steine hier schon so herum? 2000 Jahre? 5000? 100.000 Jahre? 5 Mio Jahre? Wie kurz ist doch ein Menschenleben im Vergleich zu dem, was Steine so "erleben".

                                                                  Als wir endlich am See ankamen, untersuchte ich das westliche Ende des Sees, Tom hielt sich weiter im Osten. Zwischendurch fing es auch noch an zu regnen! Bäh! Da ist es kurz vor Sonnenuntergang, man findet keinen Zeltzplatz, weil es nur Geröll gibt und dann kommt, natürlich kurz vor Sonnenuntergang in der kritischen Phase, auch noch Regen dazu! Aber ich fand hier am See, am nordwestlichen Ufer – überhaupt nichts! Garnichts! Hier gab es keine einzige Stelle wo man ein Zelt aufstellen konnte.

                                                                  Tom stand auf einem kleinen Hügel, weiter im Osten – m.E. definitiv nicht am nordwesentlichen, sondern am nördlichen Ende des Sees – und so lief ich dann zu ihm. Und tatsächlich hatte er eine Stelle gefunden, auf der man zwei Zelte würde aufstellen können. Der Wind war stark, Heringe zu setzen war schwierig, da das Gras nur sehr dünn war. Wir bauten – im Wind – erst mein Zelt auf, dann seines. Dann noch Wasser holen und ins Bett. Was für ein Tag!
                                                                  Zuletzt geändert von Freedom33333; 20.11.2019, 14:26.

                                                                  Kommentar


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                                                                    Fuchs
                                                                    • 10.10.2017
                                                                    • 2024
                                                                    • Privat


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                                                                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                    Vielen Dank für speziell diesen Einblick in das Sarvesvagge. Gerade dieser Steilhang interessiert mich auch für mein Plan a.02, falls das Lillihavagge nix für mich ist. Das ist eine tolle Gegend, ich freue mich auf die Fortsetzung
                                                                    "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                    Kommentar


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                                                                      Dauerbesucher
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                                                                      • 768
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                      Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                      Auch gab es hier oben Abschnitte, auf denen man gefühlt bis zum Horizont diese weißen Blumen sehen konnte. Sahen aus wie eine vegane Daunenalternative. Wie heißen die? Unglaublich schön!
                                                                      Das ist Wollgras, hat Dir das der gute Tom nicht verraten? Es gibt unterschiedliche Arten, mindestens eine davon wächst auch bei uns in den Mooren, z.B. bei mir quasi vor der Haustür:



                                                                      Bei der Beschreibung Deines Abendessens hätte ich fast Mitleid bekommen , klumpiges, angebranntes Tütenei ist ja so ziemlich das Letzte, was man als Belohnung für einen anstrengenden Wandertag brauchen kann. Hoffentlich konntest Du noch irgendwas improvisieren für die weiteren Tage. Ansonsten macht Dein Bericht sehr viel Spaß!

                                                                      Kommentar


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                                                                        Alter Hase
                                                                        • 07.03.2014
                                                                        • 3154
                                                                        • Privat


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                                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                        Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                        Bei der Beschreibung Deines Abendessens hätte ich fast Mitleid bekommen , klumpiges, angebranntes Tütenei ist ja so ziemlich das Letzte, was man als Belohnung für einen anstrengenden Wandertag brauchen kann. Hoffentlich konntest Du noch irgendwas improvisieren für die weiteren Tage. Ansonsten macht Dein Bericht sehr viel Spaß!
                                                                        Ich auch Wobei ich mich auf Tütenei ja immer extrem freue, vorher gut anrühren, dann über ein bisschen angebratenen Speck gießen und "durchbacken" und es wird gut...

                                                                        Aber ja, das sollte man vorher mal ausprobieren

                                                                        Vielen Dank für die vielen schönen Fotos und die tolle Beschreibung, macht mir sehr viel Lust auf nächstes Jahr

                                                                        MfG, Heiko

                                                                        Kommentar


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                                                                          Dauerbesucher
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                                                                          • 900
                                                                          • Privat


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                                                                          Tag 6, Mittwoch der 4.9: Luohttolahko - Noajdevagge - Nördliche Seite des Naite im Sarvesvagge

                                                                          Die Nacht war kalt. Sonderlich gut habe ich in dieser Nacht nicht geschlafen. Kein Wunder, wir campen, exponiert auf einem Hügel, auf einer Hochebene. Der Wind kommt teilweise vom Gletscher und ist entsprechend kalt. Morgens zeigt das Thermometer zwar 2 Grad an, aber der Wind sorgt für gefühlte Minusgrade.


                                                                          Blick aus dem Zelt, rüber zu Toms Zelt


                                                                          Blick zum Balgatjiegnnja-Gletscher


                                                                          Bei molligen 34 Grad im Schatten.
                                                                          (Ok, ich hatte ausversehen Fahrenheit eingestellt)

                                                                          Am morgen regnet es. Die Wolken hängen tief, fast auf unserer Höhe. Jedenfalls ist es kein Wetter, das dazu motiviert, aufzubrechen. Vor allem nicht in dem Regen. Er prasselt und prasselt aufs Zelt. Auch mal schön. Der Regen prasselt aufs Dach, ein gutes Buch, ein schönes Kaminfeuer…naja man kann nicht alles haben. Ein Kakao wäre nett gewesen, aber den hatte ich nicht dabei. Zum ersten mal koche ich mir morgens einen Kaffee und am vormittag noch einen.

                                                                          Da wir nebeneinander campen kann man sich bequem von Zelt zu Zelt unterhalten, ohne sich nach draußen wagen zu müssen. Die Wettervorhersage vom Garmin InReach Mini sagt ebenfalls Regen voraus. Sonderlich zuverlässig waren die aber übrigens nicht. Ich erinnere mich daran, dass sie oft danebengelegen haben.

                                                                          Gegen Mittag wird der Regen schwächer und schwächer und wir beschließen, aufzubrechen. Bloß nicht noch einen Tag hier oben verbringen müssen denke ich mir. Bloß wieder runter von hier oben, runter ins Tal. Zumindest einreden kann man sich ja, dass da unten bestimmt schönes Wetter ist.




                                                                          Unser Zeltplatz. Beim See auf 1244m, am nördlichen Ufer des größten davon, direkt vor dem „Steg“ zu einer Halbinsel. Der einzige Zeltplatz in der ganzen Gegend den wir gefunden haben! Ich würde aus der Beschreibung von vobo und einem Foto vom Gletscher schließen, dass er an derselben Stelle gecampt hat?!

                                                                          Also alles einpacken und auf geht’s. Da der Wind immer noch erheblich war, bauten wir die Zelte auch jeweils zu zweit ab. Es hat schon seine Vorteile, zu zweit unterwegs zu sein.

                                                                          Dann, endlich fertig, auf geht’s. Wäre das Wetter besser gewesen, wäre der Plan klar gewesen: unbedingt auf einen der Berge rauf. Insbesondere der Naite stand eigentlich auf unserem Programm. Aber in dem Wetter? 90% der Zeit lag er in dichtem Nebel, man konnte seine Spitze gar nicht sehen. Selten lichteten sich mal die Wolken. Navigationstechnisch war es dagegen alles sehr einfach: Links der Naite, rechts der Hang vom namenlosen Gipfel auf 1544m und in der Mitte das Noajdevagge.


                                                                          Links der Naite


                                                                          Blick zurück. Steine gab es genug hier.


                                                                          Blick nach Osten, das dürfte der namenlose Gipfel auf 1544m sein, dahinter der Lulihatjakka



                                                                          Aber rauf auf den Naite? Wir wollten es erst dann entscheiden, wenn wir unmittelbar davorstehen. Entweder links den Berg rauf oder rechts den Hang runter ins Sarvesvagge.

                                                                          Der Weg dorthin war vor allem: Felsig. Geröllfelder, Blockfelder. Daran hatte ich mich inzwischen schon gewöhnt. Hin und wieder gab es Moos dazwischen, sodass man die Füße mal ein wenig entlasten konnte. Auch ein paar Schneefelder gab es, bei denen man aufpassen musste, dass nicht irgendein Bach darunter war.


                                                                          Manchmal muss es gar nicht das große Panorama sein das einen fasziniert.



                                                                          Ich hing durch meine Fotos mal wieder ein paar Meter dahinter. Irgendwann scherte Tom dann vor mir doch nach rechts aus zum Hang. Und in der Tat lag der Naite mal wieder im Nebel, sodass ein Aufstieg wohl keinen Sinn gemacht hätte. Also bergab.

                                                                          Zunächst sah der links Hang eigentlich auch noch recht gut begehbar aus – der Grundsten empfahl dagegen die rechte. Auf den ersten paar hundert Metern wäre die links Seite wohl auch noch gegangen, ab dem ersten Drittel dagegen fiel die links Seite extrem steil ab. Definitiv nicht empfehlenswert. Die rechte Seite war richtig.



                                                                          Ich hatte ja bereits in der Einleitung erwähnt, dass ich mit meinen Leki Khumbu 2019 alles andere als zufrieden war. Hier mal anschaulich, was – ständig – passiert ist:


                                                                          Auf meinen Hinweis an Tom, dass die Stöcke im Vergleich zur Vorjahressaison um 50g leichter geworden sind und ich mich frage, wo die wohl gespart haben antwortete er dann auch ganz trocken „An der Bindung“.

                                                                          Zwischendurch kam nochmal ein Plateau in der Mitte, wo sich der Fluss auf mehrere Arme aufspaltete. Ich erinnere mich daran, dass mir das wunderschön vorkam. Jetzt, auf den Fotos, denke ich mir: War ok. Und während ich diesen Satz schreibe, fällt mir wieder ein, was mich daran so fasziniert hatte – und was das Foto leider nicht einfangen konnte: Erstens, es war, seit der ganzen Trübheit auf der Hochebene, der erste richtig sonnige Moment. Und zweitens, wichtiger, kamen an dieser Stelle mehrere kleine Bäche von der rechten Wand herunter – und in jedem von ihnen spiegelte sich die Sonne. Es war traumhaft!



                                                                          Dann gab es andere Stellen, da schnitt sich der Fluss weit in den Boden und der links Hang fiel steil ab. Jedenfalls: Die Rechte Flussseite war ausgesprochen gut zu begehen, gegen Ende gab es wieder und wieder Plateaus.


                                                                          Irgendwann kamen wir an mehreren kleinen Seen vorbei. Der Blick auf die Seen im Vordergrund, das Sarvesvagge im Hintergrund – es war ein traumhaftes Panorama! Wäre es nicht noch zu früh gewesen und hätten wir nicht noch ein wenig Strecke machen müssen – hier wäre ein traumhafter Zeltplatz gewesen. Wenn das Wetter mitspielt und ihr Zeit habt, kann ich also definitiv empfehlen, hier das Zelt aufzuschlagen. Hier gab es auch einige sehe ebene Stellen.



                                                                          Ich fand es hier so schön, ich hätte Lust gehabt, hier einfach nur 30 Minuten die Aussicht zu genießen und herumzuphilosophieren. Auch ohne diese Pause blieb ich noch ein wenig zurück, bot mir doch der Fluss prächtige Gelegenheiten, mit meinem Dunkelfilter für die Kamera mit längerer Belichtungszeit und Stativ herum zu probieren. Wenn ihr Wasserfälle fotografieren wollt, so kann ich euch dieses Tal wärmstens empfehlen. Man müsste halt ab vom Pfad laufen und dichter am Wasser mit entsprechenden Klettereinlagen.





                                                                          Irgendwann, schon recht weit unten, kam von rechts noch ein weiterer Fluss dazu aus dem Lulihavagge – die beiden Flüsse vereinigten sich in der Mitte. Ein tolles Motiv!



                                                                          Da wir nach links wollten mussten wir den Fluss aus dem Lullihavagge überqueren und wählten nach Abwägen einiger Optionen den Pfad ganz links, der anschließend ein paar Meter am recht steilen Ufer auf der anderen Seite entlang ging.


                                                                          Ab hier, bzw. schon vorher, änderte sich die Vegetation komplett – die Felsen und Steine waren mit Gras und jeder Menge Gestrüpp und auch Bäumen bewachsen. Dennoch gab es hier einige richtig gut ausgetretene Pfade, wenn auch das Gestrüpp sich seinen Platz oft zurückgekämpft hatte.



                                                                          Da wir erst recht spät aufgebrochen waren, war es nun schon recht spät und so mussten wir nun, mit vielleicht einer Stunde Sonne übrig, noch einen Zeltplatz finden. Tom war etwas weiter vorne – ich musste einfach eine Klettereinlage am Fluss für ein paar schöne Fotos einlegen – und fand einen Zeltplatz recht weit unten auf einer Wiese direkt am Fluss.


                                                                          Klettereinlage ohne Rucksack auf diversen Felsplatten für dieses schöne Motiv.

                                                                          Aber das war mir eigentlich schon zu tief unten, wollte ich doch unbedingt etwas weiter oben Zelten mit Aussicht. Man konnte in beide Richtungen blicken, ich fühlte mich hier oben einfach pudelwohl und hatte wenig Lust, jetzt noch die paar 100m abzusteigen. Hier gab es eine Menge Plateus, von denen die meisten zu schräg waren, aber hin und wieder ging es. Ich ließ den Rucksack liegen und lief 15min bergauf - immer sah das nächste Plateau besser aus. Jedenfalls von unten...Und nach ewigem Hin und Her und Abwägen von drei möglichen Zeltplätzen hier oben legte ich mich schließlich auf eine recht ebene Stelle fest. Recht exponiert im Wind, aber da hier schon ein paar Steine herumlagen war ich sicher nicht der erste, der hier zeltet. Dafür war ich gerne bereit, in Kauf zu nehmen, zum Wasser 10 Minuten laufen zu müssen und keine perfekt ebene Stelle zu haben.


                                                                          Blick nach Osten ins Sarvesvagge, am Horizont der Laddebakte. 5 Tage später sollte ich auf der anderen Seite, hinter diesem, campen.
                                                                          Rechts neben dem Baum sieht man Tom in der roten Regenjacke das Zelt aufbauen.

                                                                          Dann ging ich nochmal runter zu Tom, Wasser holen und besprechen wie es weitergehen würde. Für morgen war – wer hätte es gedacht – Regen angesagt. Den ganzen Tag, stark und ohne Pause. Wir zogen also bereits in Betracht, einen Ruhetag einzulegen. Auch lagen hier einige Äste herum, aufgeschichtet wie für ein Feuer - das wäre natürlich noch ein Highlight gewesen. Aber es zogen bereits die nächsten Wolken auf. Schade.

                                                                          Den Rest des Abends genoss ich dann noch die Aussicht aus dem Zelt.





                                                                          Zuletzt geändert von Freedom33333; 20.11.2019, 14:31.

                                                                          Kommentar


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                                                                            Fuchs
                                                                            • 10.10.2017
                                                                            • 2024
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                            Da will ich auch hin

                                                                            Spaß beiseite, da will ich auch hin


                                                                            Danke für diesen speziellen Teil , ich plane tatsächlich dort von unten ins Lullihavagge zu laufen, daher hab ich das noch interessierter gelesen als eh schon.


                                                                            Edit: irgendwie hab ich das fast schon im letzten beitrag geschrieben....verdammt
                                                                            Zuletzt geändert von Pfiffie; 19.11.2019, 09:56.
                                                                            "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                            Kommentar


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                                                                              Neu im Forum
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                                                                              • 7
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                              Tom stand auf einem kleinen Hügel, weiter im Osten – m.E. definitiv nicht am nordwesentlichen, sondern am nördlichen Ende des Sees – und so lief ich dann zu ihm. Und tatsächlich hatte er eine Stelle gefunden, auf der man zwei Zelte würde aufstellen können. Der Wind war stark, Heringe zu setzen war schwierig, da das Gras nur sehr dünn war. Wir bauten – im Wind – erst mein Zelt auf, dann seines. Dann noch Wasser holen und ins Bett. Was für ein Tag!
                                                                              Nice spot you choose!

                                                                              This is the same spot a few days later at september 8th 2019. I also had to search for a while to find a nice spot to pitch my tent. The surrounding mountains look a bit more white.





                                                                              Kommentar


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                                                                                Dauerbesucher
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                                                                                • 900
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                                                Da will ich auch hin

                                                                                Spaß beiseite, da will ich auch hin


                                                                                Danke für diesen speziellen Teil , ich plane tatsächlich dort von unten ins Lullihavagge zu laufen, daher hab ich das noch interessierter gelesen als eh schon.


                                                                                Edit: irgendwie hab ich das fast schon im letzten beitrag geschrieben....verdammt
                                                                                Ach, das macht nichts, Feedback ist immer schön.

                                                                                Das mit dem Lulihavagge finde ich witzig, ich habe erst gestern beim Schreiben bzw. beim Nachschauen des Namens auf der Karte gedacht, dass man von dort eigentlich auch prima in die Gegend unterhalb des Gadoktjahkka käme, die mir ja auch super zentral zu sein scheint. Jedenfalls steht auf meiner Wanderkarte Sareks nationalpak genau da

                                                                                Ganz am Anfang hatte ich auch mal in Betracht gezogen, da entlang zu laufen - und mir dann, als Challenge, vorgenommen, statt den Skierffe auf den Tjahkelij zu laufen. Von der westlichen Seite aus. Das habe ich dann aber verworfen, erstens weil jemand schrieb, die linke Seite des Rapadalen sei extrem schwer zu begehen durch die Vegetation, andererseits weil ich, wäre ich ein Bär, mich genau da aufhalten würde.
                                                                                Aber auf google Earth sah für mich die linke Flanke zwar anspruchsvoll, aber machbar aus. War mir dann aber für die erste richtige Trekking-Tour doch alles ein wenig zu krass.

                                                                                Von wo willst du dann kommen im Sarvesvagge? von Osten oder von Westen?
                                                                                Zuletzt geändert von Freedom33333; 19.11.2019, 10:53.

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Dauerbesucher
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                                                                                  • 900
                                                                                  • Privat


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                                                                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                  Zitat von Gonorth Beitrag anzeigen
                                                                                  Nice spot you choose!

                                                                                  This is the same spot a few days later at september 8th 2019. I also had to search for a while to find a nice spot to pitch my tent. The surrounding mountains look a bit more white.





                                                                                  Nice pictures!
                                                                                  Yeah its funny you chose exactly the same spot. Seems to be not many other tent places around there. As far as i remember you also went down Noajdevagge, but then to the east. Which valley did you come from to get to Luohttolahko?
                                                                                  Zuletzt geändert von Freedom33333; 03.01.2020, 11:27.

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                    Das mit dem Lulihavagge finde ich witzig, ich habe erst gestern beim Schreiben bzw. beim Nachschauen des Namens auf der Karte gedacht, dass man von dort eigentlich auch prima in die Gegend unterhalb des Gadoktjahkka käme, die mir ja auch super zentral zu sein scheint. Jedenfalls steht auf meiner Wanderkarte Sareks nationalpak genau da

                                                                                    Ganz am Anfang hatte ich auch mal in Betracht gezogen, da entlang zu laufen - und mir dann, als Challenge, vorgenommen, statt den Skierffe auf den Tjahkelij zu laufen. Von der westlichen Seite aus. Das habe ich dann aber verworfen, erstens weil jemand schrieb, die linke Seite des Rapadalen sei extrem schwer zu begehen durch die Vegetation, andererseits weil ich, wäre ich ein Bär, mich genau da aufhalten würde.
                                                                                    Aber auf google Earth sah für mich die linke Flanke zwar anspruchsvoll, aber machbar aus. War mir dann aber für die erste richtige Trekking-Tour doch alles ein wenig zu krass.
                                                                                    Plane ich so ähnlich für's nächste Jahr (hatte schon einen Vorbereitungs-Fragen-Thread gestartet).

                                                                                    Nicht durch das Lullihavágge, sondern durch das nächste weiter östlich, Gaskasvágge, dort dann durch den östlichen Zweig über den Pass 1404 zum Jiegŋajávrre. Oder sogar südlich des Lulep Stuollo nach Osten hoch (sieht steiler, aber nicht unbezwingbar aus, würde ich vor Ort entscheiden) und dann über den Pass nordöstlich des Unna Stuollo (in der Karte ohne Höhenangabe, aber dürften lt. Höhenlinien ca. 1470 m sein). Mit dem Ziel, aus dem Jiegŋavágge (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen weiter westlich) bei genügend Zeit und passendem Wetter (Sicht!) entweder auf den Gådoktjåhkkå oder sogar den Gådokgaskatjåhkkå zu steigen. Letzterer wohl mit mehr "Kraxelei", aber beide sind im Grundsten als ohne Alpinausrüstung besteigbar beschrieben, jeweils über den Südkamm.

                                                                                    Tjahkelij dann auch von Westen, aber natürlich nicht durch das Rapadalen (aus genanntem Grund), sondern über die Gådokjåhkå-Brücke und dann über Vájggántjåhkkå und/oder Jieggejåhkå-Tal. Dann hat man je nach genauer Route "nur" so 2 bis maximal 4 km Dickicht durch das Tal westlich des Tjahkelij - nördlich um den Alep Suobbatjávrre herum.
                                                                                    Zuletzt geändert von Ljungdalen; 19.11.2019, 12:06. Grund: genauer

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Fuchs
                                                                                      • 10.10.2017
                                                                                      • 2024
                                                                                      • Privat


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                                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                      Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                      Von wo willst du dann kommen im Sarvesvagge? von Osten oder von Westen?
                                                                                      Von westen, über den Pass aus dem Alggavagge werde ich wohl kommen. Starten tue ich in Saltoluokta durchs Bastavagge (oder ohne Boot Variante und von Saltoluokta gleich Nord-Westlich).
                                                                                      "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        • 734
                                                                                        • Privat


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                                                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                        Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                        Ich würde aus der Beschreibung von vobo und einem Foto vom Gletscher schließen, dass er an derselben Stelle gecampt hat?!

                                                                                        ...

                                                                                        Blick nach Osten ins Sarvesvagge, am Horizont der Laddebakte. 5 Tage später sollte ich auf der anderen Seite, hinter diesem, campen.
                                                                                        Kann gut sein mit meiner Zeltplatzstelle, ich weiß noch das ich vom Seeufer aufgestiegen bin und dann froh war, einen Platz zu finden. In meinem Grundsten (1. Auflage 2011) steht übrigens, dass es am Nordwestufer des Sees 1244 Zeltplätze gibt - kein Attribut zur Güte .

                                                                                        Schön dass ihr unten im Sarvesvágge wieder gutes Wetter hattet, bin sehr gespannt auf die Bilder vom Laddebákte.

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          • 7
                                                                                          • Privat


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                                                                                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                          Nice pictures!
                                                                                          Yeah its funny you chose exactly the same spot. Seems to be not many other tent places around there. Still, i really wonder why the Grundsten writes, at least in the german version, from "Many nice tent places". As far as i remember you also went down Noajdevagge, but then to the east. Which valley did you come from to get to Luohttolahko?
                                                                                          Like Vobo already wrote: Grundsten only states that there are possibillities to camp at the NW site of lake 1244. Indeed there are not many places available at this part of the stony plateau Luohttolahko.

                                                                                          Rearding my route: I started in Kvikkjokk. From there I walked to Boarek, followed the good path to Njoatsosvagge. But instead of descending to the renvaktarstuga I continued at around 1000m, crossed Ruopsokjahka, and climbed to the small plateau at 1250m. Camped there. Where you see two small nameless lakes on the map I turned in a NE direction to Luohttolahko. A nice route with good views over Njoatsosvagge and later Luohttolahko (Tour 3 in Grundsten).

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Fuchs
                                                                                            • 22.08.2010
                                                                                            • 1835
                                                                                            • Privat


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                                                                                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                            Na, nun muss ich da doch mal hineingrätschen....
                                                                                            Zu dem Zeitpunkt war das der beste campside, soweit wir das beurteilen konnten. Das Wetter war garstig und so recht wollte keiner von uns weitersuchen. Mir war aber die ganze Zeit über klar, dass Grundsten diesen, von uns gewählten Platz, kaum gemeint haben konnte. Laut Karte liegt „unser“ Platz an der westlichen Seite vom See 1244. Betrachtet man den größten der Seen ( wie ich es anfänglich getan habe ) als See 1244, lag unser Platz zu wenig nördlich. Grundsten zählt vmtl. zwei recht kleine Seen die dem großen See noch nördlich vorgelagert sind, ebenfalls dazu, also zum See 1244.
                                                                                            Am nächsten Morgen sind wir auf dem Weg zum Naite / Noajdevagge bereits nach wenigen ( 10? ) Minuten an vier bis fünf ebenen Plätzen inmitten der Steinwüste vorbeigekommen, die offensichtlich schon häufig vorher als campsides genutzt wurden. Hier war Platz für etwa 6 - 8 Zelte.
                                                                                            Ich bin mir ziemlich sicher, dass Grundsten diese Plätze in seinem Buch gemeint hat.

                                                                                            Albrecht, diese Plätze hast du gar nicht erwähnt. Hat dich da vielleicht deine Erinnerung verlassen?
                                                                                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              • 900
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                                                                                              Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                                                                                              Na, nun muss ich da doch mal hineingrätschen....
                                                                                              Zu dem Zeitpunkt war das der beste campside, soweit wir das beurteilen konnten. Das Wetter war garstig und so recht wollte keiner von uns weitersuchen. Mir war aber die ganze Zeit über klar, dass Grundsten diesen, von uns gewählten Platz, kaum gemeint haben konnte. Laut Karte liegt „unser“ Platz an der westlichen Seite vom See 1244. Betrachtet man den größten der Seen ( wie ich es anfänglich getan habe ) als See 1244, lag unser Platz zu wenig nördlich. Grundsten zählt vmtl. zwei recht kleine Seen die dem großen See noch nördlich vorgelagert sind, ebenfalls dazu, also zum See 1244.
                                                                                              Am nächsten Morgen sind wir auf dem Weg zum Naite / Noajdevagge bereits nach wenigen ( 10? ) Minuten an vier bis fünf ebenen Plätzen inmitten der Steinwüste vorbeigekommen, die offensichtlich schon häufig vorher als campsides genutzt wurden. Hier war Platz für etwa 6 - 8 Zelte.
                                                                                              Ich bin mir ziemlich sicher, dass Grundsten diese Plätze in seinem Buch gemeint hat.

                                                                                              Albrecht, diese Plätze hast du gar nicht erwähnt. Hat dich da vielleicht deine Erinnerung verlassen?
                                                                                              Ich war an dem Tag mehr damit beschäftigt, die unteren Segmente meiner Stöcke aus irgendwelchen Felsspalten zu ziehen, bevor sie in denselbigen auf nimmerwiedersehen verschwinden.

                                                                                              Hm. Also wo ich das "schöne" herhabe weiß ich jetzt gerade auch nicht mehr. Steht tatsächlich nicht drin. Aber wie du schon gesagt hast, wir sind da in der Dämmerung angekommen, es hat in dem Moment angefangen zu regnen, der Tag war ziemlich anstrengend und so richtig spaßig war das da alles nicht.

                                                                                              Aber mit den Himmelsrichtungen, sorry, da sehe ich den Fehler von uns nicht. Mag sein das er die anderen Seen mit dazu zählt. Naheliegender ist das für mich aber nicht.

                                                                                              Der linke See, also der See im Westen, ist der Balgatjavrasj. Der See rechts daneben bzw. ein großer See und mehrere kleine Seen ist namenlos und auf der Karte steht nur 1244. Beim größten See. Im Grundsten steht "namenoser See", nicht "Namenlosen Seen". Dass die Unterscheidung von Singular und Plural beherrscht wird zeigt sich im selben Satz, da gesprochen wird von Zeltplätzen und nicht einem Zeltplatz. Daher ist naheliegender, auf den größten See abzustellen und nicht auf alle Seen.

                                                                                              Ausgehend von diesem Verständnis, das du ja wie du schreibst zunächst auch hattest, haben wir m.E. gecampt am nördlichen Ufer des namenlosen See, ziemlich in der Mitte, vor der Landzunge in der Mitte. Und am Nordwestufer, also weiter links auf der Karte, habe ich gesucht. Und da gab es absolut nichts.

                                                                                              Legt man dagegen das Verständnis zu Grunde dass alle Seen dazugehören dann hätte "Der See" Die Form eines Dreiecks, spitz zulaufend nach rechts oben. Aber was ist dann das "Nordwestliche" Ufer? Das würde dann von ganz unten links bis ganz oben rechts gehen. Dann wäre die Beschreibung zutreffend. Dann wäre unser Zeltzplatz genauso erfasst wie die weiteren die weiter oben kamen,

                                                                                              Dass Grundsten noch zwei weitere Seeen mit dazuzählen soll überzeugt mich wiederum nicht. Auf meiner Karte sind, oberhalb rechts des Sees, 7 weitere Seen eingezeichnet. Entweder alle zählen dazu oder keiner. Wo willst du die Grenze ziehen, welcher See dazugehört und welcher nicht?

                                                                                              Auch klingt "Ufer" nicht nach in einiger Entfernung in der Steinwüste. Ja, jetzt wo du es sagst erinnere ich mich wieder (und dass man sich bei einer 15 tägigen Tour nicht mehr an alle Kleinigkeiten erinnern kann, naja ;) an die eine Stelle. Aber die war nicht direkt am Wasser.

                                                                                              So oder so, Hauptsache ist doch dass die Mitleser wissen, dass sie für die Zeltplatzsuche da lieber etwas mehr Zeit einplanen sollten als uns noch zur Verfügung stand. Und dass es verschiedene Interpretationen gibt.
                                                                                              Zuletzt geändert von Freedom33333; 20.11.2019, 01:05.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Alter Hase
                                                                                                • 28.08.2017
                                                                                                • 3014
                                                                                                • Privat


                                                                                                #48
                                                                                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                Der linke See, also der See im Westen, ist der Balgatjavrasj. Der See rechts daneben bzw. ein großer See und mehrere kleine Seen ist namenlos und auf der Karte steht nur 1244.
                                                                                                Aktuell bei Lantmäteriet online übrigens 1248 m.

                                                                                                Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                ...in der Steinwüste.
                                                                                                Hm, ich wundere mich ja *seit jeher*, warum trotz allem dieser Luohttoláhko so "berühmt" ist. Sogar offenbar *der* Sehnsuchtsort des Sarek für einige/viele (unlängst ja wieder Andrea, die darauf hofft, endlich mal dorthin zu kommen). Alle Beschreibungen - so auch hier wieder - lesen sich ja eigentlich, zumindest für mich, eher so, als sei das so etwa der letzte Ort, den man im Sarek gesehen haben muss Hochgelegene Steinwüste/-ebene halt (und wo keine Steine sind, Sumpf?). Aber vielleicht ja mein Bias wegen Vorliebe für eher vertikale Formen (hey, es ist ein *Gebirge*!)...

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Fuchs
                                                                                                  • 10.10.2017
                                                                                                  • 2024
                                                                                                  • Privat


                                                                                                  #49
                                                                                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                  Auf der Calazo ist es die 1244 schon komisch diese Karten
                                                                                                  "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Dauerbesucher
                                                                                                    • 09.09.2017
                                                                                                    • 900
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                                                                                                    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                    Gefällt mir sehr gut Dein Bericht. Gerade aufgrund der ehrlichen Berichterstattung wie Du Deine erste Lapplandtour erlebst und welche Erfahrungen Du dabei machst. Das mit dem Verlieren von Sachen kann ich übrigens gut nachvollziehen. De facto habe ich zwar bisher nur selten wirklich etwas verloren, aber diese Erfahrung, wenn etwas weg ist, erstmal wie ein aufgescheuchtes Huhn rumzulaufen kenne ich nur zu gut.
                                                                                                    Ich danke dir.
                                                                                                    Spoileralarm: Nicht ganz so schlimm, aber auch fies ist es, wenn du abends beim Zeltaufschlagen etwas vermisst und dich sofort daran erinnerst, wo du es hast liegen lassen - und dann mit dir ringst, ob du den ganzen Weg nochmal zurücklaufen sollst oder nicht. Aber dazu komme ich erst im Alggavagge

                                                                                                    Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                                                                    Von westen, über den Pass aus dem Alggavagge werde ich wohl kommen. Starten tue ich in Saltoluokta durchs Bastavagge (oder ohne Boot Variante und von Saltoluokta gleich Nord-Westlich).
                                                                                                    Dann freu dich schonmal auf meine Beschreibung des übernächsten Tages. Irgendwoher muss das "Frust" im Titel ja kommen. Spolieralarm: Ich kann das nördliche Ufer im Sarvesvagge unterhalb des Naite nicht empfehlen. Aber das werde ich noch detailliert beschreiben. Frust lässt sich so schlecht in Bildern ausdrücken.

                                                                                                    Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                                    Das ist Wollgras, hat Dir das der gute Tom nicht verraten? Es gibt unterschiedliche Arten, mindestens eine davon wächst auch bei uns in den Mooren, z.B. bei mir quasi vor der Haustür:

                                                                                                    Erstaunlich, ich habe das noch nie in Deutschland gesehen. Wobei ich hier in Bayern auch einige Tierarten entdeckt habe - diverse Gänse z.B. - die ich im Norden noch nie gesehen habe. Ein bisschen Biodiversität scheint es ja immerhin noch zu geben.

                                                                                                    Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                                    Bei der Beschreibung Deines Abendessens hätte ich fast Mitleid bekommen , klumpiges, angebranntes Tütenei ist ja so ziemlich das Letzte, was man als Belohnung für einen anstrengenden Wandertag brauchen kann. Hoffentlich konntest Du noch irgendwas improvisieren für die weiteren Tage. Ansonsten macht Dein Bericht sehr viel Spaß!
                                                                                                    Jo, erstaunlicherweise hat das Essen trotzdem gereicht, und das bei gerade mal 2300kcal pro Tag. Irgendwie hatte ich auf der Tour erstaunlich wenig Hunger, habe dafür aber 4kg Gewicht verloren. Scheinbar kann ich ganz gut von den Reserven leben. Wobei dafür dann die Konzentration nicht allzu hoch war abends, da bin ich immer direkt schlafen gegangen ohne noch groß zu lesen. Kann natürlich auch aus der ungewohnten körperlichen Anstrengung resultieren.

                                                                                                    Zitat von DerNeueHeiko Beitrag anzeigen
                                                                                                    Ich auch Wobei ich mich auf Tütenei ja immer extrem freue, vorher gut anrühren, dann über ein bisschen angebratenen Speck gießen und "durchbacken" und es wird gut...

                                                                                                    Aber ja, das sollte man vorher mal ausprobieren

                                                                                                    Vielen Dank für die vielen schönen Fotos und die tolle Beschreibung, macht mir sehr viel Lust auf nächstes Jahr

                                                                                                    MfG, Heiko
                                                                                                    Danke dir! Du meinst jetzt aber nicht auf ner richtigen TrekkingTour, oder? Oder hast du echt Speck dabei, schneidest den in Scheiben, brätst ihn an und gibst dann erst das Tütenei dazu? Wobei man wissen muss, das Tütenei von Globetrotter z.B. besteht nur zu 40% aus Trockeneipulver, ansonsten Palmfett und co. Ich hatte ja echt 80% Volleipulver und 20% Röstzwiebeln dadrin. Falls du echt Trockeneipulver pur meinst, klappt das bei dir echt so einfach? Wo schüttelst du das? Bzw. wie misst du die Wassermenge exakt ab? Damit habe ich mich schwer getan.

                                                                                                    Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                                                    Aktuell bei Lantmäteriet online übrigens 1248 m.

                                                                                                    Hm, ich wundere mich ja *seit jeher*, warum trotz allem dieser Luohttoláhko so "berühmt" ist. Sogar offenbar *der* Sehnsuchtsort des Sarek für einige/viele (unlängst ja wieder Andrea, die darauf hofft, endlich mal dorthin zu kommen). Alle Beschreibungen - so auch hier wieder - lesen sich ja eigentlich, zumindest für mich, eher so, als sei das so etwa der letzte Ort, den man im Sarek gesehen haben muss Hochgelegene Steinwüste/-ebene halt (und wo keine Steine sind, Sumpf?). Aber vielleicht ja mein Bias wegen Vorliebe für eher vertikale Formen (hey, es ist ein *Gebirge*!)...
                                                                                                    Gute Frage. Aufgrund der Zeltplatzsuche ist meine erste Assoziation in der Erinnerung - ich habe ja kein Tagebuch geschrieben sondern schreibe alles aus der Erinnerung runter - ebenfalls nur mäßig, sodass ich mich gefragt habe, warum ich unbedingt da hoch wollte. Aber es gab eben schon ein paar Dinge, die recht besonders da oben waren.

                                                                                                    - Landschaftlich große Abwechslung auf relativ wenig Raum. (Steinwüste, Sumpf, Flüsse). Der eine Fluss war so breit, dass ich, ohne es zu merken, bestimmt 50m im Fluss bergauf von Stein zu Stein gesprungen bin bis ich mal nach vorne geschaut habe

                                                                                                    - Der Begriff "Hochebene" tauchte regelmäßig in Reiseberichten auf und war für mich quasi noch neu. Genau wir ich mir in meinem letzten urlaub vorgenommen hatte, einen "Pass" zu überqueren. Davon liest man im Forum - genau wie man schöne Zeltplätze an Seen sieht - und will es endlich mal selbst erleben.

                                                                                                    - eine solche Steinwüste hatte ich noch nie erlebt. Das gab es in Schottland, jedenfalls wo ich war, nicht. Wobei die Bilder von vobo, die ich fälschlicherweise in meiner Erinnerung der Hochebene zugeordnet hatte, teils schon aus dem Jiegnavagge stammten. Aber das besondere an der Steinwüste vor den Seen da hinten war, vergleiche das eine Foto von mir, dass die Steine eben tausendfach zerfallen sind in Bruchstücke wobei die Abwechslung der Steine die direkt nebeneinander lagen es nochmal besonders machte. Das oto hier gibt da nur einen kleinen Teilausschnitt wieder.



                                                                                                    - und zuletzt die Nähe zu Gletschern, man hätte in weniger als ner Stunde mal einen Gletscher betreten können - ebenfalls eine große Unbekannte für mich. Bei besserem Wetter hätte ich das definitiv gemacht.

                                                                                                    Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                                                                                                    Kann gut sein mit meiner Zeltplatzstelle, ich weiß noch das ich vom Seeufer aufgestiegen bin und dann froh war, einen Platz zu finden. In meinem Grundsten (1. Auflage 2011) steht übrigens, dass es am Nordwestufer des Sees 1244 Zeltplätze gibt - kein Attribut zur Güte .
                                                                                                    Ja, ich habe es leider verwechselt und rauseditiert. Das passiert halt, wenn man kein Tagebuch führt und alles aus der Erinnerung anhand der Bilder runterschreibt. Ich erinnere mich aber daran, mit Tom da oben über "viele schöne Zeltplätze" diskutiert zu haben. Ich glaube das hatte irgendjemand anders in irgendeinem Reisebericht geschrieben über den Abstieg durchs Noajdevagge und ich habe es dann wohl in meiner Erinnerung um einen Tag nach vorne gezogen.

                                                                                                    Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                                                                                                    Schön dass ihr unten im Sarvesvágge wieder gutes Wetter hattet, bin sehr gespannt auf die Bilder vom Laddebákte.
                                                                                                    *hust* Also Bilder vom Laddebakte habe ich. Nur nicht aus der Perspektive, die ich gerne gehabt hätte.
                                                                                                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 14.12.2020, 09:54.

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      • 2024
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                                                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                      Sofern das südlich ok ist passt das ja , nach Grundsten querrt man ja bereits direkt nach dem Pass im westen den Fluß und läuft das südliche Ufer entlang bis zum Lillihavagge. Aber da rechne ich auch mit Sumpf und Weidenzeug. Bei 198cm hat man aber seine Vorteile. Ich bin mal gespannt wie es bei dir weiter geht.
                                                                                                      "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Dauerbesucher
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                                                                                                        • 900
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                                                                                                        Tag #7, Donnerstag, 5. September 2019: Abwettern im Zelt

                                                                                                        Vom nächsten Tag gibt es nicht viel zu berichten. Die Wettervorhersage stimmte. Starker Regen. Den ganzen Tag. Ich wache morgens um 7 auf, höre den Regen, schaue nach draußen, drehe mich um und schlafe weiter.



                                                                                                        Zwar ist Tom nicht in Rufweite – und bei dem Regen zu ihm rüberlaufen kommt auch nicht in Frage. Aber ich setze einfach darauf, dass er das genauso sieht – und nicht plötzlich in voller Ausrüstung neben meinem Zelt steht.  Zumal wir ja bereits am Abend vorher in Betracht gezogen hatten, einen Tag abzuwettern.

                                                                                                        Tja, was soll ich sagen. In Schottland hatte ich mehrere Tage in Bothys abgewettert. Das war die pure Gemütlichkeit. Ein Haus, mehrere Zimmer, ein Tisch, Stühle. Wenn man Holz gesammelt hat und ein Feuer zustandebrachte dann sogar ein gemütliches Kaminfeuer.

                                                                                                        Dort gab es viele Optionen:
                                                                                                        Sich in den Schlafsack legen.
                                                                                                        Herumlaufen.
                                                                                                        An einem Tisch sitzen, mit einem guten Buch.
                                                                                                        Mit einem Tagebuch, Gedanken aufschreiben, Herumphilosophieren.
                                                                                                        Ein Puzzle lösen.
                                                                                                        Sich ans Fenster stellen und dem Regen zuschauen.

                                                                                                        Das war für mich fast mit das Beste an dieser Art Urlaub. Man kam zum Nachdenken, hatte ein Haus, irgendwo im Nirgendwo, in der Einsamkeit für sich. Das waren für mich die Momente der puren und reinen Entspannung. Erstaunlicherweise entspannt so ein Action-Trekking-Urlaub ja auch ziemlich. Ich habe richtig gemerkt, wie ich nach dem Urlaub mehrere Wochenenden überhaupt kein Wochenendbedürfnis hatte, war im Arbeitsmodus, konnte einfach durcharbeiten. Kein Ding. Jedenfalls kam man, Frust hin oder her, richtig gut erholt aus dem Urlaub zurück.

                                                                                                        Aber die BEWUSSTE Entspannung – die hatte ich vor allem in Schottland an den Bothy-Tagen. Und habe diese sehr genossen. Klar, ist die Bothy voll mit Leuten, wie wahrscheinlich im Sommer, dann sähe das wieder anders aus.
                                                                                                        Nun also im Zelt. Was kann man hier so machen? Die Optionen sind doch um einiges begrenzter.
                                                                                                        Man kann im Schlafsack liegen – und tut das auch die meiste Zeit. Denn ohne Bewegung würde man sonst viel zu schnell frieren. Immerhin war es nicht so kalt, dass man den Schlafsack hätte komplett zuziehen müssen. Dann wäre sogar das Lesen schwierig geworden.

                                                                                                        Immerhin: Dank meiner dicken Daunenjacke konnte ich mich auch mit dem Unterkörper in den Schlafsack legen und mich aufrecht hinsetzen. Beim Unna kann man ja recht bequem „Aus dem Fenster“ schauen.





                                                                                                        Was machte ich also den ganzen Tag? Ein Buch auf meinem Kindle durchlesen. Auch bewusst mal die Tourplanung für die nächsten Tage im Grundsten lesen. Sonderlich intensiv hatte ich mich damit bislang nicht befasst. Nun aber war es eine realistische Erwartung, dass ich alleine weiterziehen würde. Hatte Tom doch bereits anklingen lassen dass er - er hatte auch etwas weniger Zeit bis zu seinem Rückflug als ich - möglicherweise nicht die Extra-Schleife mitlaufen würde.

                                                                                                        Für mich war eines 100% klar: Morgen würde ich aufbrechen. Völlig unabhängig vom Wetter. War es doch ein Faktor beim Zeltaufbau gewesen, erst das Innen- und dann das Außenzelt abbauen zu können – was ich noch nie hatte ausprobieren müssen.

                                                                                                        Vor allem aber war dieser Urlaub ja gerade geplant als „Richtiger Trekking-Urlaub“. Ich hatte mir eine bestimmte Strecke vorgenommen und wollte diese unbedingt durchziehen. Meine letzten beiden Urlaube waren, lets face ist, insgesamt eher gemütlich. Jedenfalls im Vergleich zu vielen Reiseberichten, die ich hier gelesen hatte. Warum den ganzen Urlaub, jeden Tag, Laufen? Warum nicht den Urlaub Urlaub sein lassen und, wenn ich an einem schönen Ort war, da einfach Chillen? Das waren meine Gedanken.

                                                                                                        Dieses mal sollte es anders sein. Ich wollte Strecke machen. Ich wollte mir beweisen, dass ich es kann.
                                                                                                        Ich wollte viel sehen. Klar – man hätte auch abkürzen können. Von hier direkt nach Osten ins Rapadalen. Das war ja auch eine Erwägung bei der Tourplanung gewesen – wer weiß, ob ich mit dieser Art Urlaub überhaupt klarkommen würde. Daher: Eine Abkürzugsmöglichkeit einplanen. Dafür war die Tourplanung perfekt: Entweder die Extra-Schleife nach Norden, durchs Niejdariehpvagge und das Alggavagge – Drtech hatte in seinem Reisebericht glaube ich erwähnt, dass er dort für mehrere Tage keinem Menschen begegnet war – oder direkt nach Osten ins Rapadalen. Dann könnte man binnen 2-3 Tagen in Aktse sein.

                                                                                                        Aber: Ich hatte mich recht gut an das Leben draußen gewöhnt, ich wollte es durchziehen. Ohne Wenn und Aber. Einmal ausprobieren. Und dann, im Nachhinein, Bewerten, was mir besser gefällt. Abkürzen hätte sich für mich, mit diesen Prämissen, nicht richtig angefühlt.

                                                                                                        Die Wettervorhersagte dagegen sagte – war ja klar – auch für morgen Regen voraus. Fast den ganzen Tag. Und so ging ich denn auch recht früh an diesem Abend schlafen, mit dem festen Vorsatz: Morgen geht’s los!
                                                                                                        Zuletzt geändert von Freedom33333; 20.11.2019, 14:50.

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                          • 07.03.2014
                                                                                                          • 3154
                                                                                                          • Privat


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                                                                                                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                          Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                          Danke dir! Du meinst jetzt aber nicht auf ner richtigen TrekkingTour, oder? Oder hast du echt Speck dabei, schneidest den in Scheiben, brätst ihn an und gibst dann erst das Tütenei dazu? Wobei man wissen muss, das Tütenei von Globetrotter z.B. besteht nur zu 40% aus Trockeneipulver, ansonsten Palmfett und co. Ich hatte ja echt 80% Volleipulver und 20% Röstzwiebeln dadrin. Falls du echt Trockeneipulver pur meinst, klappt das bei dir echt so einfach? Wo schüttelst du das? Bzw. wie misst du die Wassermenge exakt ab? Damit habe ich mich schwer getan.
                                                                                                          Naja, Schinkenwürfel, nicht Speckscheiben Hält sich im Norden schon so ein-zwei-fünf-zehn Tage, selbst wenn man sowas nimmt: https://www.edeka.de/de/produkte/bio...aeuchert-2x50g - kann man aber auch direkt beim Metzger portionsweise einvakuumieren lassen, dann hält es sich auch offiziell ohne Kühlung.

                                                                                                          Und ja, reines Volleipulver (steht zumindest drauf... ich glaube, letztes mal hatte ich das hier: https://globetrotter.de/trek-n-eat-o...ulver-1029451/). Wasser abmessen im Berghaferl, Ei reinrühren (nicht schütteln). Dazu dann Kartoffelbrei, das ist das Essen für die ganz schlimmen Tage ;)

                                                                                                          MfG, Heiko

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Fuchs
                                                                                                            • 29.08.2009
                                                                                                            • 1356
                                                                                                            • Privat


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                                                                                                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                            Sehr schön ausführlich beschrieben, auf den Spuren meiner Tour von 1996 (Luotholako und Sarvesvagge)
                                                                                                            Wer nichts weiß muss alles glauben...

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Dauerbesucher
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                                                                                                              • 900
                                                                                                              • Privat


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                                                                                                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                              Tag #8, Freitag, 6.9.2019: Verfluchtes Sarvesvagge

                                                                                                              Am nächsten Morgen regnet es, wenn auch weniger als gestern. Was sagt das Inreach Mini für den Rest des Tages? Richtig. Regen. Es hilft nichts. Ich muss heute los, sonst schaffe ich die Extra-Runde nicht. Der Plan ist klar: Ich muss heute durchs Sarvesvagge und den Pass im Niejdariehpvagge hoch rüber ins Algavagge. Die Strecke dorthin scheint mir nicht all zu lang, also plane ich damit, gegen 12, spätestens 13 Uhr am Fuß des Passes zu stehen. Die Passüberquerung ist im Grundsten mit 4 Stunden angegeben, also kein Ding.



                                                                                                              Gegen 9 Uhr breche ich auf. Das Schicksal ist auf meiner Seite. Kurz bevor ich das Innenzelt aushängen will, hört es, kurzzeitig, auf zu regnen. Perfekt! Zelt abbauen und dann nochmal bei Tom vorbei. „Aufmachen, Polizei!“ rufe ich. Aber er ist nicht in der Stimmung aufzubrechen, hat einen Tag weniger als ich bis zum Rückflug und sich wohl schon entschieden, die Extra-Tour nicht mitzulaufen. Als heißt es jetzt Abschied nehmen. Dann geht es, in Richtung Westen, zum Fluss.


                                                                                                              Blick zum Naite, relativ nah am Sarvesjahka, der sich hier auf einige Arme auftrennte.

                                                                                                              Sofort durchströmte mich ein völlig neues Gefühl. Ich bin allein. In der größten Wildnis, in der ich mich jemals befunden habe. Jetzt war kein erfahrener Trekker mehr mit dabei. Klar, schon in den ersten Tagen hatten wir mehrfach unterschiedliche Routen gewählt und waren auch mal recht unabhängig voneinander unterwegs. Aber das, das war nochmal was anderes. Es fühlte sich an, als hätte mein Urlaub nochmal von vorne begonnen, mit anderen Parametern. Kein Unterhalten mehr, keine menschliche Interaktion. Der Geist richtet sich nach innen, man fängt mehr an Nachzudenken, der Bruch zu den Gedanken des Alltags ist enorm. Hier kam man mal dazu, die wirklich tiefen Sinnfragen zu stellen. Das war die Freiheit, die ich auch an meinen ersten beiden Urlauben geschätzt hatte. Rückblickend fand ich es einen tollen Kompromiss, ein paar Tage zu zweit unterwegs zu sein und dann nochmal alleine. Beides hat seinen Reiz und beides fühlt sich, für mich jedenfalls, völlig unterschiedlich an.

                                                                                                              Also zum Fluss. Am Ende des Tals, vor der Biegung nach Süden, müsste ich den Fluss ja ohnehin überqueren. Also treffe ich, am Ufer angekommen, eine folgenschwere Entscheidung: Ich ziehe die Stiefel aus und überquere hier den Fluss. Ein Fehler. Der wohl größte Fehler der Tour.


                                                                                                              Die Stelle wo ich den Hauptarm des Flusses überquert habe. WAS Habe ich mir dabei gedacht? Rückwirkend sah man hier doch schon recht eindeutig, was da auf einen zukam.


                                                                                                              Blick zum Hang im Süden, unterhalb es Luohttotjahkka

                                                                                                              Zunächst geht alles gut: Der Fluss ist hier zwar breit und hat eine erhebliche Fließgeschwindigkeit, aber er ist nicht sonderlich tief. Aber das andere Ufer. Großer Gott. Gestrüpp. Bäume. Morast. Ich laufe über 5 Minuten durch den Matsch, in meinen Neoprenschuhen umher, bis ich einen Felsen finde, auf dem ich meine Schuhe wieder anziehen kann. Die Füße sind bis dahin schon ordentlich durchgefroren.


                                                                                                              Das hier, das war neu. Gestrüpp. Gestrüpp, so weit das Auge reicht. Wechselte sich ab mit Bäumen. Ich fand und fand keinen Pfad. Nichts. Wohin tritt man also? Mitten in den Sumpf? Ne, die Socken sollen trocken bleiben. Wohin dann? Auf die einzigen Stellen, wo der Fuß nicht einsinkt: Äste vom Gestrüpp am Boden. Und die sind, na klar, rutschig. Es fing wieder an zu Nieseln. Nur selten hat man mal ein Grasbüschel ohne rutschige Wurzeln. Gleichzeitig bleiben die Stöcke wieder und wieder hängen. Frust. Mist. Blöd. Und die Äste und Wurzeln, das sind keine schönen Laubbaumbäume Äste, die sind geschwungen, mit abrupten Richtungswechseln, völlig unberechenbar. Jeder Schritt musste sorgfältig abgewogen werden.


                                                                                                              Blick zurück zum Naite. Rechts von diesem, zwischen den Flüssen, hätte man wahrscheinlich aufsteigen sollen.

                                                                                                              Hin und wieder findet man so etwas wie einen Pfad – der sich sofort wieder verliert. Spätestens bei der nächsten Lichtung – geht der Pfad direkt gegenüber weiter? Oder 5m weiter unten? Oder 20m weiter oben? Man konnte es nie direkt erkennen, man merkte es erst nach einigen Meter. Und dachte sich dann: Jetzt kann ich hier auch gleich weiterlaufen. Vielleicht hatte ich Pech, vielleicht gab es keinen Pfad. Dort, wo es einen Pfad gab, konnte man wenigstens die Äste nach links und rechts schieben. Dort wo es keinen gab, konnte man nicht mal geradeaus laufen, sondern musste ständig irgendwelchen Büschen oder Bäumen ausweichen. An denen man entweder mit den Stöcken oder mit dem Rucksack hängen blieb. Der pure Frust! Und wenn man mal eine Wiese sah, bei der man dachte, da kann ich durch – dann war der Sumpf so tief, dass es nicht ging. Also wieder durchs Gestrüpp.

                                                                                                              Nach einer Weile schaute ich nach links, den Hang hinauf, den wir drei Tage zuvor aufgestiegen waren. Und erkannte auch die beiden Schneefelder wieder, zwischen denen ich hindurchgelaufen war und Tom oberhalb mit einer Kletterpartie.


                                                                                                              Oben links die drei Schneefelder. Die ersten beiden sind übereinander – ich bin mitten durch, Tom oben entlang geklettert – das Schneefeld dahinter haben wir beide darunter passiert.






                                                                                                              Wir sind uns beide nicht mehr sicher, wo wir lang sind. Laut gps file sieht es so aus, als wären wir in einer vertikalen Linie vom Gipfel 200m steil aufgestiegen von 1000 auf 1200m. Wenn ich mir dieses Bild hier so anschaue müsste das dann aber inmitten der Felsen sein, was kaum sein kann. Also vermute ich, dass die Karte oder das Bild täuscht und habe es so eingezeichnet, wie es von hier unten sinnig aussieht wie wir gelaufen sind. Echt komisch.


                                                                                                              Blick zurück zum Naite

                                                                                                              Und wieder Gestrüpp. Wieder und wieder kamen Bodenwellen, wieder und wieder dachte ich: Gleich wird es besser. Aber es wurde nicht besser. Es wurde schlechter. Der Wind wurde stärker, es fing wieder an zu regnen. Der Wind kam direkt von vorne.

                                                                                                              An eine anspruchsvolle Flussdurchquerung mich Schuhen ausziehen erinnere ich mich:



                                                                                                              Auch Rentiere gab es einige

                                                                                                              An einer Stelle sah ich dann zwei Zelte – von den Bewohnern dagegen keine Spur. Schade. Gerne hätte ich ein paar Worte mit Menschen über diesen Pfad und das Wetter verloren. Über das Wetter hätte es so viel nicht jugendfreies zu sagen gegeben. Kein Wunder dass die in ihrem Zelt bleiben - Vernünftige Menschen hätten heute den Tag im Zelt verbracht. Aber ich Depp, ich wollte ja mein Abenteuer. Andererseits: Einen zweiten Tag im Zelt hintereinander? Das hätte ich kaum ausgehalten. Ich musste weiter.





                                                                                                              Gestrüpp. Gestrüpp. Sumpf. Platsch. Hängenbleiben. Platsch. Gestrüpp. Da, eine Lichtung? Ne…Gestrüpp. Es hörte und hörte nicht auf. Urlaub haben sie gesagt. Schöne Natur. Skandinavien erleben. Der Sarek. Es sah alles so einfach und wunderschön aus. Aber das hier. Was ist das? Warum tue ich mir das an? Was soll das. WARUM???


                                                                                                              ---
                                                                                                              Zeitgleich befinden sich zwei Kameltreiber mit einer Herde Kamele in einer Wüste nahe Timbuktu. Plötzlich zucken beide zusammen: Ein Schrei. Was für eine Urgewalt. Was für eine Kraft. Kein Wort, kein Satz, kein Schimpfwort, einfach nur ein Schrei. Die beiden fragen sich: Wo kam das bloß her???

                                                                                                              Im dritten Anlauf habe ich es geschafft, wieder Aufzustehen. Einen solchen Frust habe ich in meinem Leben noch nicht erlebt! Mit dem linken Fuß aus Mangel an Alternativen wieder auf eine rutschige Wurzel getreten. Beim nächsten Schritt mit dem rechten Fuß wieder mit den Stöcken an einem Busch hängengeblieben. Dieses mal hatte ich es nicht mehr geschafft, mit dem rechten Fuß den Sturz beim gleichzeitigen Wegrutschen des linken Fußes abzufangen. Und so lag ich dann, mit dem kompletten rechten Bein und der rechten Hüfte, das nächste Gebüsch im Gesicht, mit einem schönen Kratzer, im knöcheltiefen Morast. Und war zweimal beim Versuch gescheitert, mich mit den 21kg Gewicht auf dem Rücken wieder aufzurichten, um wenigstens nicht noch den Rucksack in den Morast zu tunken. Während ich spürte, wie sich das Wasser langsam seinen Weg in meine Klamotten bahnte. Durchatmen. 10 lange Sekunden alle Kraft mobilisieren, die noch da war. Und dann, mit einem Gewaltakt, Aufstehen. Und danach den Frust und den Triumph herausschreien. All das, während es seit 2 Stunden regnet und stürmt, mit Wind von vorne. Alleine. Irgendwo im Nirgendwo. Bäh. Bäääääääh! Aber: Es hat geholfen. Der Frust ist, für die nächste Stunde, wie weggeblasen.

                                                                                                              Egal. Weiter. Ich muss weiter. Ich komme zu langsam voran. Eine Woche ist schon rum. Und die Strecke vor mir ist völlig unberechenbar. Dieser Tag ist eben ein Test. Der erste echte Test. Wie weit komme ich pro Tag. Wie viel km schaffe ich. Wenn ich - schon am ersten Tag - das mir selbst gesetzte Ziel verpasse, muss ich mich fragen, ob ich wirklich die gewünschte Strecke laufen kann – oder doch wieder umkehren muss und die Extra-Schleife weglassen. Den Flug verpassen ist ein NoGo. Und es gibt so viele Variablen. Was, wenn ich mir irgendwo hier den Fuß verstauche? Von hier aus brauche ich – egal wohin ich gehe – 5-6 Tage zur nächsten Straße wo ein Bus fährt. Und ich bin allein. Gespenstisch! Soll ich echt rüber ins Alggavagge? Ich will, will, will aber über den Pass und die Extra-Tour machen.

                                                                                                              Also weiter.


                                                                                                              Man sieht es leider auf dem Foto kaum durch das Wetter, aber dort konnte man den Nuortap Luohttojiegna Gletscher sehen.

                                                                                                              Der Wind. Dieser Wind. Von vorne. Direkt ins Gesicht. Den ganzen Tag. Nicht so kalt wie oben auf der Hochebene, aber stark. Und permanent. Kombiniert mit Regen. Regen, Regen und nochmals Regen. Dieser Wind betäubt die Sinne. Es fällt schwer, Entscheidungen zu treffen. Schwer, Optionen abzuwägen und zu einem durchdachten Ergebnis zu kommen. Wieder und wieder schaue ich zum Himmel: Die Wolken ziehen in einer krassen Geschwindigkeit dahin. Wahnsinn. Immerhin: Der Boden wird besser. Weniger Gestrüpp, mehr Gras.

                                                                                                              Als ich an einem großen Felsblock vorbeikomme werfe ich meinen Rucksack auf den Boden und lege mich hinter den Stein. Der Boden ist dreckig. Mir doch egal! Ich habe meine Regenjacke und Regenhose als Hardshell an. Einfach nur raus aus dem Wind. Einfach mal für 5 Minuten keinen Wind von vorne. So liege ich dann 10-15 Minuten auf dem Boden hinter dem Felsen, schaue mir die Karte an und plane. Immerhin: Den Regen bin ich in dieser Zeit auch los. Der kommt nämlich nicht von oben, sondern von vorne. Und fliegt damit genauso über mich hinweg wie der Wind. Eine Kleinigkeit Essen, ein bisschen was Trinken.


                                                                                                              Blick zum Pass, denn ich eigentlich heute noch hoch wollte

                                                                                                              Nicht dass ich es nicht schon vorher geahnt hätte. Aber eines ist klar: Den Pass kann ich heute vergessen. Niemals. Bis ich am Fuße des Passes ankomme dürfte es 16.30 Uhr sein. Die Dauer darüber ist mit 3-4 Stunden angegeben. Bei dem Wetter, auf rutschigen Steinen über ein Blockfeld? Keine Chance. Das fängt ja gut an. Gleich beim ersten Tag nur die Hälfte der Strecke schaffen. Mist! Mist! Mist!

                                                                                                              Ich reiße mich hoch, es geht weiter. Und sofort ist er wieder da, der Wind, und schlägt einem ins Gesicht. Nur noch ankommen, das Zelt aufschlagen und schlafen legen.


                                                                                                              Blick zurück.

                                                                                                              Ich habe keinen Hunger.
                                                                                                              Ich habe keine Lust.
                                                                                                              Ich habe keinen Spaß.
                                                                                                              Ich will einfach nur dieses verfluchte Tal hinter mir lassen, ins Zelt und am nächsten Morgen bei besserem Wetter nochmal von vorne anfangen. Morgen wird alles besser. Morgen.

                                                                                                              Irgendwann kommt der Pass näher. Im Grundsten steht etwas von guten Zeltplätzen auf etwa 1000m, also weitere 200hm weiter oben. Aber jetzt noch da hoch? Meine Kraft ist aufgebraucht. Es geht nicht mehr. Ich hatte versucht, die Stelle wiederzufinden, wo Tom einige Tage vorher an zwei Zelten vorbeigekommen war, aber die schienen noch weiter im Westen zu liegen. Also bleibe ich hier unten, in der Nähe des Flusses.

                                                                                                              Der Wind ist stark. Richtig stark. Ich versuche herauszufinden, ob er von Westen aus dem Sarvesvagge oder von Norden kommt. Direkt im Wind möchte ich mein Zelt nicht aufbauen. Schließlich finde ich eine passable Stelle, direkt neben einem kleinen Bach, auf einer schönen Wiese, mit einer Hügelwand davor, die mich ein wenig vom Wind abschirmt.

                                                                                                              Ich schlage das Zelt auf – einfach ist es nicht - beschwere die Heringe mit Steinen und gehe schlafen. Ich will einfach nur, dass dieser Tag so schnell wie möglich vorbei ist.
                                                                                                              Zuletzt geändert von Freedom33333; 24.11.2019, 09:58.

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                • 900
                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                                                                                Sofern das südlich ok ist passt das ja , nach Grundsten querrt man ja bereits direkt nach dem Pass im westen den Fluß und läuft das südliche Ufer entlang bis zum Lillihavagge. Aber da rechne ich auch mit Sumpf und Weidenzeug. Bei 198cm hat man aber seine Vorteile. Ich bin mal gespannt wie es bei dir weiter geht.
                                                                                                                Tja, ich habe mich im Nachhinein schon mehrfach gefragt, warum ich mich an dem Tag nicht wirklich über das Sarvesvagge informiert habe. Ich denke es kamen eine Menge Faktoren zusammen:
                                                                                                                - Auf der Karte sah es aus, als wäre es nur ein kurzes Stück. Was soll da schon schiefgehen?
                                                                                                                - Auf der südlichen Flussseite waren zahlreiche Flüsse zu durchqueren. Hätte ich bei denen jeweils die Schuhe wechseln müssen, hätte es lange gedauert
                                                                                                                - Ich musste mich noch nie so durch den Busch schlagen. Also wusste ich auch nicht, wie wenig Spaß das macht - hätte also schlichtweg nicht gedacht, dass ein paar grüne Stellen auf der Karte irgendein Problem darstellen könnten.
                                                                                                                - Im Kopf hatte ich nur die Passüberquerung, habe das Schneefeld gesehen, hatte davor Respekt (und fragte mich, was ich machen würde, wenn das vereist wäre)

                                                                                                                Hinterher ist man immer schlauer

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  • 05.09.2017
                                                                                                                  • 428
                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                  #57
                                                                                                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                  Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                  Was soll da schon schiefgehen?
                                                                                                                  Was ist die einzige rhetorische Frage, die wirklich immer beantwortet wird?

                                                                                                                  Super kurzweiliger Bericht und wunderschöne Bilder. Bin schon gespannt, wie es weitergeht.
                                                                                                                  There is only one single long trail, and you never stop walking it.

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Fuchs
                                                                                                                    • 10.10.2017
                                                                                                                    • 2024
                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                    #58
                                                                                                                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                    Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                    Tja, ich habe mich im Nachhinein schon mehrfach gefragt, warum ich mich an dem Tag nicht wirklich über das Sarvesvagge informiert habe. Ich denke es kamen eine Menge Faktoren zusammen:
                                                                                                                    - Auf der Karte sah es aus, als wäre es nur ein kurzes Stück. Was soll da schon schiefgehen?
                                                                                                                    - Auf der südlichen Flussseite waren zahlreiche Flüsse zu durchqueren. Hätte ich bei denen jeweils die Schuhe wechseln müssen, hätte es lange gedauert
                                                                                                                    - Ich musste mich noch nie so durch den Busch schlagen. Also wusste ich auch nicht, wie wenig Spaß das macht - hätte also schlichtweg nicht gedacht, dass ein paar grüne Stellen auf der Karte irgendein Problem darstellen könnten.
                                                                                                                    - Im Kopf hatte ich nur die Passüberquerung, habe das Schneefeld gesehen, hatte davor Respekt (und fragte mich, was ich machen würde, wenn das vereist wäre)

                                                                                                                    Hinterher ist man immer schlauer
                                                                                                                    Aber um so schöner ist wohl das Gefühl hinterher wenn man es geschaft hat. Meine Tour dies Jahr hatte ich lange vorbereitet und trotzdem gab es Überraschungen wo man läuft und sekundenlang eigentlich nur noch flucht, weil es auf der Karte ganz anders aussah.

                                                                                                                    Das Gefühl mit dem Rucksack im Matsch kenne ich auch, ich lag dies Jahr da wie eine Schildkröte. Hoch kommen eine Herausforderung, kann da in deinem Fall wirklich nachfühlen wenn die Sträucher einem auch noch im Gesicht hängen...nicht schön sowas.


                                                                                                                    Grüße Maik

                                                                                                                    Ps: Ich mag ehrliche Berichte! Wenn man später davon unter freunden erzählt weiß man warum man dort war!
                                                                                                                    "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Dauerbesucher
                                                                                                                      • 09.09.2017
                                                                                                                      • 900
                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                      Tag 9: Samstag, 7.9.2019. Spektakuläres Niejdariehpvagge – Alggavagge – und ein schmerzlicher Verlust

                                                                                                                      Als ich am nächsten Morgen aufwache, ist irgendetwas anders. Aber was? Hmmm…Richtig. Es regnet nicht. Vorsichtig luge ich aus dem Fenster. Und muss mich zwicken:


                                                                                                                      Im Hintergrund der Pass auf den es gleich hoch geht, Niejdariehpvagge

                                                                                                                      Strahlend blauer Himmel.
                                                                                                                      Schneebedeckte Gipfel.
                                                                                                                      Fast windstille.
                                                                                                                      Die Sonne lacht mich an, als wäre nichts gewesen.
                                                                                                                      Wahnsinn!

                                                                                                                      Guter Dinge und guter Laune frühstücke ich ausgiebig und mache mich dann, vergleichsweise früh gegen 8 Uhr, auf. Auch den Schlafsack hänge ich noch eine Weile nach draußen aufs Zelt. Die Sonne muss ausgenutzt werden.


                                                                                                                      Links von mir der Knick im Sarvesvagge in die Richtung, aus der wir vor ein paar Tagen gekommen sind, ich auf der linken, Tom auf der rechten Seite. Auch an die Steinwüste erinnere ich mich noch.

                                                                                                                      Dann geht es stetig bergauf. Erst über Gras, dann über eine steinige Landschaft, in der sich aber größtenteils noch genug Gras und Erde befindet. Die Sonne scheint und spiegelt sich tausendfach in den diversen Gewässern wieder.

                                                                                                                      Trekken ist leicht!

                                                                                                                      Der Bach vom Rijddaiegna-Gletscher ist zu überqueren, er teilt sich auf einige Arme auf. Mehrfach geht es ein paar Meter über Geröll bergab und dann wieder rauf. Das übliche eben.


                                                                                                                      Blick zurück in Richtung östliches Sarvesvagge


                                                                                                                      Blick ins westliche Sarvesvagge, aus dem wir noch zu zweit gekommen sind, bevor wir gemeinsam schräg am Hang auf die Hochebene aufgestiegen waren



                                                                                                                      Blick nach Norden, da oben wäre der Gletscher, über den man wohl auch ins Algavagge käme

                                                                                                                      Es wird zunehmend steiniger, aber zunächst finden sich immer noch genug Grasbüschel, um über Gras laufen zu können. Tatsächlich komme ich, etwa auf 1000m, an zahlreichen ebenen Stellen vorbei, an denen man wunderschön hätte zelten können. Das sehen auch einige Rentiere so, die sich hier herumtreiben und in meine Richtung unterwegs sind. Ich beschleunige meine Schritte um oberhalb von Ihnen rauszukommen und ihnen keinen Richtungswechsel aufzunötigen.

                                                                                                                      Desto höher ich komme, desto schöner ist die Aussicht zurück, insbesondere auf die schneebedeckten Gipfel im Süden. Wenn ich die Karte richtig lese, dürfte es sich dabei um das Parte-Massiv hinter der Louhttolahko handeln.


                                                                                                                      Parte-Massiv hinter der Louhttolahko


                                                                                                                      Noch beeindruckender ist der Blick nach Osten zum schneebedeckten Rijddatjahkka, dessen Steilheit ihn unbezwingbar erscheinen lässt.


                                                                                                                      Rijddatjahkka



                                                                                                                      Ich halte mich auf der rechten Seite. Allerdings wird es hier zunehmend steiniger. Die linke Seite scheint dagegen noch ein ganzes Stück aus Grasnarben zu bestehen, also wechsle ich über den Bach rüber nach links und komme dort um einiges schneller voran.


                                                                                                                      Nach dem Queren, jetzt aus linker Perspektive

                                                                                                                      So oder so: Am Ende kommt ein Schneefeld. Da dieses bis zum Hang auf beiden Seiten reicht ist klar: ich muss da rüber. Auch noch neu für mich, und so bin ich denn auch etwas nervös.



                                                                                                                      Zu Unrecht: Dort angekommen sind die Ränder zwar dünn, werden aber bereits nach ein paar Zentimetern dick genug, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Auch ist das Schneefeld auf der Oberfläche nicht vereist, sondern lässt sich wunderbar begehen. Dennoch lausche ich bei jedem Schritt am Anfang angestrengt auf ein verdächtiges Knacken, habe ich doch zu viel im „Berg- und Kletterunfälle-Thread“ hier im Forum gelesen. Besonders aufmerksam bin ich da, wo große Steine im Eis liegen, könnten diese doch dünne Ränder haben.


                                                                                                                      Der Blick zurück ist atemberaubend. Ich stelle mein Kamerastativ auf, mache ein Video, laufe das ganze Schneefeld zurück und steige dann nochmal auf.

                                                                                                                      Am Ende des Schneefeldes kommt ein kurzer, steiler Anstieg, dahinter ein sich lange hinziehendes Block / Geröllfeld. Man ist nicht direkt ganz oben, es kommen wiederholt Plateaus, teilweise mit kleinen Seen.


                                                                                                                      Die Steine sind nicht ohne – teils schneebedeckt, teils vereist, teils rutschig-nass.


                                                                                                                      Rutschig!

                                                                                                                      Hier muss jeder Schritt sorgfältig gewählt werden. Gerade als ich gut Strecke gemacht und nahezu alle Schneereste hinter mir gelassen habe passiert, was unweigerlich passieren muss, wenn man nachlässig und unvorsichtig wird: Ich rutsche weg und falle vorneüber. Ich schmeiße die Stöcke weg und kann mich, halbwegs kontrolliert, erst auf die Knie fallen lassen und dann mit den Händen an einem Block festhalten. Da ich mittlerweile aber nach unten geneigt bin, kommt, ein paar Milisekunden nachdem ich denke, es wäre überstanden - und damit völlig unerwartet - die Schwere des Rucksacks von hinten, der an meinem Kopf vorbeirauscht, soweit es die Trageriemen eben erlauben. Ich muss mich gut festhalten, damit ich mich nicht überschlage. Mist! Die Hose hat am Knie ein schönes Loch bekommen, die Hände sind dank Handschuhen in Ordnung, einen Kratzer habe ich am Knie. Ansonsten keine Verletzungen, also Glück gehabt. Ich fluche trotzdem. Das hätte nicht passieren müssen, das war vermeidbar. Und hätte, hier oben, ungut ausgehen können.

                                                                                                                      An einem kleinen „Sandstrand“ gönne ich mir den Spaß und ritze mit meinem Stock, geklaut aus den Digedag-Heften (falls die hier noch jemand kennt) einen Spruch in den Sand:


                                                                                                                      „Hier bin ich gewesen,
                                                                                                                      das kann jeder lesen.
                                                                                                                      Und wer das hat gelesen,
                                                                                                                      der ist auch hiergewesen“.


                                                                                                                      Es ist kalt hier oben. Auf den kleinen Seen befinden sich wiederholt Eisschollen.


                                                                                                                      Der Blick zurück über das Geröllfeld, den kleinen See und das Parte-Massiv im Hintergrund ist schlicht atemberaubend. Schade dass es hier keine Zeltplätze gibt.


                                                                                                                      Auch der Blick nach Norden kann sich sehen lassen.

                                                                                                                      Dann, nach einer ganzen Weile, bin ich endlich am höchsten Punkt angelangt und kann in den nördlichen Teil des Niejddariehpvagge blicken. Einfach toll. Dieser Pass war ein absolutes Highlight meiner Tour und ich bin superfroh, diese Extra-Tour gemacht zu haben! Auch in Anbetracht der Dinge, die im Algavagge noch kamen. Hier, kurz hinter dem höchsten Punkt, kommt ein recht großer Felsen in der Mitte des Tals. Ich lege meinen Rucksack ab, mache Pause und – Schnee gibt es hier genug – baue einen kleinen Schneemann. Als ich damit fertig bin sind meine Hände allerdings ordentlich durchgefroren, warm ist es nicht hier oben.



                                                                                                                      Dann geht es bergab. Steinig ist es. Ich hoffe darauf, dass endlich wieder Grasflächen kommen, aber bis dahin muss ich mich noch eine Weile gedulden. Beeindruckend finde ich aber den Niejdariehpjagasj, der sich teils tief in den Boden eingeschnitten hat und sich mit ins Tal stürzt. Ich halte mich auf der rechten (östlichen) Seite vom Fluss – definitiv die einzig richtige Entscheidung – und steige ab.


                                                                                                                      Blick zurück, zwischen den beiden Bergen bin ich durch, rechts dürfte also der Berg auf 1798m sein


                                                                                                                      Nochmal der Blick zurück, jetzt am Fluss


                                                                                                                      Blick nach Norden


                                                                                                                      Ein Naturschauspiel


                                                                                                                      Der Blick ins Algavagge und das Tal gegenüber haut mich um.



                                                                                                                      Als ich ein Stück weiter komme bleibt mir dann fast der Atem stehen – das Delta im Westen und der Alggajavrre-See dahinter mit seiner blaugrünen Farbe lassen sich nur schwer in Worten ausdrücken. Aber ich muss doch weiter und…

                                                                                                                      Nein.







                                                                                                                      Ich lege den Rucksack ab, setze mich hin und genieße 20 Minuten die Aussicht. Ich könnte ewig hier sitzen. Und vermisse die Ruhe und Zeit, die ich in meinem Schottland-Urlaub hatte. Dort konnte man schöne Aussichten auch mal einen halben Tag genießen, sodass sie sich regelrecht auf immer in den Geist eingebrannt haben. Hier rennt man viel zu oft an schönen Aussichten vorbei. Dafür hat man natürlich auch mehr Aussichten.

                                                                                                                      Die Weite hier und insbesondere der Blick in das Tal gegenüber erinnern mich an meinen letzten Urlaub und das Panorama das ich vom Meall a Ghiuthais, westlich von Kinlochewe hatte.

                                                                                                                      Dann halte ich mich zunächst noch rechts am Hang, muss dann aber ins Tal absteigen.

                                                                                                                      Algavagge. Gestrüpp. Mist!



                                                                                                                      Zunächst sah es noch recht gut aus – viele Hügel, viel Gras und nur ab und an Moor. Hier konnte man prima Strecke machen. Nur: Das Wetter war schlechter geworden, Wolken standen am Himmel und es fing an zu nieseln. Also wieder die Regenklamotten an. Dahinter begann erneut ein – eher schwieriger – Abschnitt. Was war ich entsetzt, als ich die Bodenstruktur erblickte – das sah mir verdächtig stark nach Morast und Gestrüpp aus.

                                                                                                                      Und die Vegetation hier war kein Stück besser als im Sarvesvagge! Der einzige Unterschied war: Es gab mehr Moor und weniger Gestrüpp. Ersteres war hier jedoch noch tiefer als im Sarvesvagge, hier ging der Wasserstand schnell mal über die Schuhe hinaus und drohte diese zu fluten. Der einzige Ausweg bestand darin – richtig – von Gras / Gestrüppbüschel zu Gras/Gestrüppbüschel zu laufen. Auch Schlamm gab es hier reichlich. Und nass war es – so nass, dass dort, wo vermutlich ein Pfad war, das Wasser so tief stand, dass man dort oft nicht lang konnte. Mehrfach musste ich kehrt machen und mich an den Rändern von Gestrüpp-Feldern entlangschlengeln.

                                                                                                                      Irgendwann kam ich an einen Punkt, an dem es nicht weiterging. Das Wasser stand, so weit das Auge reichte, überall im Gras. Und einen Pfad konnte ich nicht erblicken. Ich wog die Möglichkeiten ab und traf die wohl falsche Entscheidung. Ich durchquere das Tal und laufe auf der anderen, nördlichen Seite, weiter. Dort war auf der Karte ein Weg eingezeichnet.

                                                                                                                      Doch zunächst musste ich den Fluss durchqueren. Hier war es nicht all zu schwer, eine Stelle zu finden. Allerdings war der Fluss schlammig und so kam ich, komplett verschlammt, auf der anderen Seite an. Erstmal die Neoprenschuhe aus. Sogar ein Foto davon machte ich. Ziemlich dreckig. Ich dachte mir noch: „Musste gleich nochmal zum Wasser und die waschen“. Dann die Füße trocknen, Socken an, Stiefel an. Aufstehen, umdrehen und den Weg inspizieren. Uff. Viel Morast. Das wird hart. Stöcke aufheben, Rucksack aufgeschwungen und weiter. Ist schon recht spät geworden.



                                                                                                                      Was ich erst zu spät realisierte – dort, wo ich das Tal durchquere, hatte es die maximale Breite und bestand – richtig – aus Morast und Gestrüpp. Hier kamen sogar mehrfach Stellen, wo es keine Grasbüschel gab und ich durchs Unterschenkeltiefen Wasser musste. Aber den Rucksack abstellen und die Neoprenschuhe an – unmöglich. Wo soll man sich hinsetzen um die Schuhe zu wechseln? Also die Regenhose fest zugemacht und mit hoher Geschwindigkeit durchs Wasser, regelrecht gerannt. Erstaunlicherweise klappte das, und die Socken blieben trocken. Nach einer Weile kam ich an den Fluss, der eine starke Biegung gemacht hatte und jetzt auf der nördlichen Talseite entlangfloss.


                                                                                                                      Nochmal durchs Moor und dann auf der - recht guten – linken (nördlichen) Flussseite.




                                                                                                                      Blick zurück. Auch hier, auf der nördlichen Flussseite, gab es Gestrüpp, aber einen nicht zu verfehlenden Pfad und zahlreiche grasbewachsene Hügel. Hier kam man gut voran, kein Ding.



                                                                                                                      Spät war es schon geworden. Und so suchte ich denn einen guten Zeltplatz. Ich wollte, um die Strecke von gestern aufzuholen, so weit wie möglich kommen.
                                                                                                                      Weiter.
                                                                                                                      Und Weiter. Ich wusste gar nicht, worauf ich eigentlich warte.
                                                                                                                      Aber ich wollte noch nicht campen, ich wartete. Und wartete.
                                                                                                                      Aber worauf?

                                                                                                                      Als ich an einer Stelle ankam, wo der Fluss einer wunderschöne Biegung machte, traf es mich:

                                                                                                                      Nicht ich hatte gewartet.
                                                                                                                      Diese Stelle hatte gewartet.
                                                                                                                      Geduldig.
                                                                                                                      Den ganzen Tag.
                                                                                                                      Ob ich sie erkennen würde oder - blind - an ihr vorüberlaufen.


                                                                                                                      Hier war es wunderschön! Ein wenig nach einer ebenen Fläche suchen und dann das Zelt aufschlagen. Der Blick direkt aus dem Zelt – in beide Talrichtungen, auf den gigantischen Hang des Harrabakte auf der einen und den Fluss der sich vom Hang auf der anderen Seite herabstürzte - und vor allem auf die leise rauschende Flussbiegung direkt neben mir - war phänomenal.


                                                                                                                      Blick nach Norden, die Wand des Harrabakte


                                                                                                                      Blick nach Süden

                                                                                                                      Vielleicht sehnte ich mich ein wenig nach menschlicher Gesellschaft – oder die Nerven gingen mit mir durch. Sowohl auf der linken, als auch der rechten Flussseite fand ich jeweils ein Objekt, das – ich hätte schwören können – aussah wie ein Zelt. Beide entpuppten sich dann aber nur als in der Abendsonne glänzende Felsen.


                                                                                                                      Blick nach Osten, mein Weg für morgen


                                                                                                                      Blick zurück nach Westen

                                                                                                                      So. Zelt aufbauen. Was für ein toller Tag! Was für Aussichten! Was für Erlebnisse! Der schönste Tag bisher! Happy! Auspacken. Stiefel und Stöcke ins Vorzelt, ebenso Gaskocher und Gaskartusche.

                                                                                                                      Und die Neoprenschuhe zum trocken.
                                                                                                                      ...
                                                                                                                      Sie sind nicht da.
                                                                                                                      Wie, sie sind nicht da.
                                                                                                                      Das kann nicht sein.
                                                                                                                      Ich schaue nochmal nach.
                                                                                                                      Sie sind nicht da.

                                                                                                                      Sofort durchzuckt mich ein Gedanke. Neoprenschuhe. Schlammig. Foto gemacht. Muss ich noch abspülen. Nur an das Abspülen konnte ich mich nicht erinnern. Dreckig hatte ich sie garantiert nicht in den Rucksack gepackt.

                                                                                                                      Das DARF Doch nicht wahr sein.

                                                                                                                      Die liegen da immer noch! Mehrere Kilometer zurück! Und die brauche ich, um Flüsse zu durchqueren. Mit Stiefeln will ich das nicht, nasse Füße hatte ich im letzten Urlaub und eine Lektion mitgenommen: Die Stiefel um jeden Preis trocken halten! Barfuß ist das Risiko, sich zu verletzen, zu hoch. Wenn, dann müsste ich es in Zukunft in Socken machen.

                                                                                                                      Ich verschiebe die Entscheidung darüber, ob ich den ganzen Weg nochmal zurücklaufen soll oder nicht, auf morgen. Für heute bin ich durch.

                                                                                                                      Gute Nacht!
                                                                                                                      Zuletzt geändert von Freedom33333; 26.11.2019, 10:55.

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        • 10.10.2017
                                                                                                                        • 2024
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                                                                                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                        Es bleibt wunderschön spannend und natürlich eine Beschreibung meiner Tour2020, sehr sehr wertvoll für mich. Ich glaube das die Südseite vom Sarves wahrscheinlich genauso aussieht...egal

                                                                                                                        Was den Morast im Alggavagge betrifft, sei froh das du nicht Richtung Staluokta abgebogen bist am See entlang. Da kommen dann noch 4km lang hangneigung und Steine zum Morast und gestrüpp dazu . Aber irgendwie geht das alles schon.

                                                                                                                        Vielen Dank bis hierher dafür, Klasse geschrieben
                                                                                                                        "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                          Das Gestrüpp im südlichen Álggavágge ist aber schon auf der Karte zu erkennen. Warum war dann Deine Entscheidung falsch? Aus meiner Sicht ist es wirklich empfehlenswert, relativ früh den Fluß zu furten und den immer wieder vorhandenen Pfad auf der anderen Seite zu nutzen.

                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                            Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                                                                                                                            Das Gestrüpp im südlichen Álggavágge ist aber schon auf der Karte zu erkennen. Warum war dann Deine Entscheidung falsch? Aus meiner Sicht ist es wirklich empfehlenswert, relativ früh den Fluß zu furten und den immer wieder vorhandenen Pfad auf der anderen Seite zu nutzen.
                                                                                                                            Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich würde in der Tat empfehlen, den Fluss so früh wie möglich zu furten. Nur eben nicht da, wo ich es gemacht habe, nämlich an der breitestmöglichen Stelle durch den Sumpf Das war aus der Not und dem Frust heraus eine Hauruckaktion. Richtig wäre es gewesen, sich aus erhöhter Stelle eine gute Stelle herauszusuchen.

                                                                                                                            edit: Zwingend ist das Queren aber übrigens nicht. Es gibt, wie sich noch herausstellen wird, auch auf der südlichen Flussseite einen Pfad, der war gar nicht mal schlecht. Schien ungefähr 100m hinter der Stelle, wo ich gequert habe, anzufangen
                                                                                                                            Zuletzt geändert von Freedom33333; 26.11.2019, 16:58.

                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                              Fuchs
                                                                                                                              • 10.04.2011
                                                                                                                              • 2335
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                                                                                                                              Zitat von Gonorth Beitrag anzeigen
                                                                                                                              Nice spot you choose!

                                                                                                                              This is the same spot a few days later at september 8th 2019. I also had to search for a while to find a nice spot to pitch my tent. The surrounding mountains look a bit more white.





                                                                                                                              Da oben waren wir letztes Jahr Baden
                                                                                                                              freedom's just another word for nothing left to lose

                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                Vorstand
                                                                                                                                Fuchs
                                                                                                                                • 18.06.2014
                                                                                                                                • 1591
                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen

                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                  Fuchs
                                                                                                                                  • 10.06.2004
                                                                                                                                  • 1232
                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                  Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                                                                                                                                  Das Gestrüpp im südlichen Álggavágge ist aber schon auf der Karte zu erkennen. Warum war dann Deine Entscheidung falsch? Aus meiner Sicht ist es wirklich empfehlenswert, relativ früh den Fluß zu furten und den immer wieder vorhandenen Pfad auf der anderen Seite zu nutzen.
                                                                                                                                  Hier will ich mal meinen Senf beisteuern, da ich bei meiner Tour dieses Jahr auch den Abschnitt gelaufen bin (vom Niejdariehpvagge ins Alggavagge). Nur dass ich dann auf der orografisch linken Seite vom Fluß geblieben bin. Dort gabs zwar schon einiges an Gestrüpp, aber besonders ein mehrere km lang erscheinender Dickicht-Abschnitt (wo ich erst dachte "och nö, muss das sein") war dann deutlich angemehmer als gedacht, da es neben dem Flußufer viel trockenen und kaum bewachsenen Untergrund gab wo man gut voran kam (Trampfelpfade inklusive). Von daher bin ich sehr froh, dass ich erst später die Seite gewechselt habe. Übrigens habe ich dann Abends an fast derselben Stelle mein Zelt aufgeschlagen (und zwar auf der kleinen Anhöhe die man im vorletzem Bild im Hintergrund sehen kann).



                                                                                                                                  Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                  edit: Zwingend ist das Queren aber übrigens nicht. Es gibt, wie sich noch herausstellen wird, auch auf der südlichen Flussseite einen Pfad, der war gar nicht mal schlecht. Schien ungefähr 100m hinter der Stelle, wo ich gequert habe, anzufangen
                                                                                                                                  edit: Da hab ich Deinen Kommentar dazu wohl ganz übersehen. Genau den Pfad bin ich dann (mehr oder weniger) gelaufen.

                                                                                                                                  Davon abgesehen gefällt mir Dein Bericht echt gut. Er ist unheimlich ehrlich und authentisch geschrieben. Natürlich ist echt bitter, dass Du gleich bei der ersten Tour in Lappland die volle Dröhnung an Unannehmlichkeiten abbekommen hast. Aber wenn es Dir dann trotzdem insgesamt gefallen hat, weißt Du defnitiv, dass Du auch auf späteren Touren Deinen Spaß haben wirst.

                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                    Dauerbesucher
                                                                                                                                    • 09.09.2017
                                                                                                                                    • 900
                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                    Tag 10: Sonntag, 8.9.2019. Die Rettungsmission. Wunderschönes Alggavagge – Blick ins Guohpervagge – und ein Traum von Zeltplatz

                                                                                                                                    Die Nacht war kalt. Der Fußteil des Schlafsacks ist ordentlich nass und leicht eingedrückt.


                                                                                                                                    An den Stiefeln hat sich eine Eisschicht gebildet. Waren wohl nicht ganz trocken. Auch einiges an Reif am Zelt. Mein Thermometer zeigt morgens -3 Grad.



                                                                                                                                    Der Reif stellt mich vor die nächste Frage: Konnte man den vom Zeltmaterial einfach mit einem Lappen abschaben wie von einer Autofensterscheibe? Das kratzte bedenklich. Wieder sowas worüber man vorher nie nachgedacht hat. Ich entscheide mich dafür. Der Lappen ist nach kürzester Zeit vereist und die Hände frieren einem ab. Na klasse.


                                                                                                                                    Erstmal nen Tee. Immerhin: Ich war nicht allein!


                                                                                                                                    Suchbild. Welches süße Tier suchen wir hier?



                                                                                                                                    So, heute muss ich auch wieder ordentlich Strecke machen! Moment, war da nicht was? Ach ja. Mist. Die Neoprenschuhe.
                                                                                                                                    Nun musste ich abwägen: Sollte ich die Strecke nochmal zurücklaufen oder nicht?

                                                                                                                                    Dafür:
                                                                                                                                    (1) Ich brauche die Neoprenschuhe zum Flüsse durchqueren. Sie sind nicht ersetzbar. Wer weiß, wie viele anspruchsvolle Flüsse noch kommen.
                                                                                                                                    (2) So weit war es nicht weg. Vielleicht eine Stunde Fußweg hin, eine Stunde zurück.
                                                                                                                                    (3) Das eigene Ego. Die Schuhe nicht abholen würde bedeuten, den Fehler nicht wiedergutzumachen, mithin die eigene Dummheit zu perpetuieren.
                                                                                                                                    (4) Der Umweltschutz. Das waren 200g Stoff. Einerseits Klopapier verbrennen, andererseits 200g Stoff zurücklassen? Widersprüchlich.

                                                                                                                                    Kontra:
                                                                                                                                    (1) Der Weg war beschwerlich. Wer weiß wie lange ich brauchen würde.
                                                                                                                                    (2) ich müsste das Zelt zurücklassen. Davor war mir nicht wohl.
                                                                                                                                    (3) War ich mir sicher, dass die Schuhe dort lagen? Oder hatte ich sie eingesteckt und im Sumpf verloren? Aber hätte ich mich dann nicht an das Einstecken erinnern müssen? Und doch – im Hinterkopf ließen sich die Zweifel nicht ganz vertreiben. So viele neue Erfahrungen, so viel neues, jeden Tag. War ich mir 100% sicher?
                                                                                                                                    (4) Was, wenn jemand vorbeigekommen war, der sie mitgenommen hatte? Dann würde ich ganz umsonst laufen. Ach komm…wie wahrscheinlich war das denn. Und wenn ein Tier sie mitgenommen hatte? Quatsch!
                                                                                                                                    (5) Es mag komisch klingen. Aber: mental befand ich mich jetzt „in der Mitte“ vom Sarek. Bis heute war ich sozusagen „tiefer in den Sarek hineingelaufen“, ab heute wollte ich „wieder aus dem Sarek heraus, zurück in die Zivilisation“. Darauf hatte ich mich psychisch irgendwie den ganzen gestrigen Tag eingestellt und gefreut. Stattdessen würde ich nun wieder zurück in die Wildnis laufen.


                                                                                                                                    Blick in morgendlicher Atmosphäre nach Osten


                                                                                                                                    Blick zurück nach Westen.

                                                                                                                                    Hmmmmmm.
                                                                                                                                    Das Wetter war gut.
                                                                                                                                    Ich war schon gegen 6 Uhr wach, gegen 7 Uhr abmarschbereit.
                                                                                                                                    Ich musste sie zurückholen!

                                                                                                                                    Das Zelt blieb stehen und es ging, nur mit dem Nötigsten, wieder zurück nach Westen.



                                                                                                                                    Auch die Routenführung war eigentlich klar: An der Stelle, an der ich den Fluss überquert hatte, befand sich dieser nahe an der südlichen Talseite und den Sumpf wollte ich keinesfalls nochmal dort durchqueren. Also entschied ich mich, den Fluss gleich hier zu überqueren und dieses mal das andere Ufer zu verwenden. Dann müsste ich zwar den Fluss insgesamt viermal überqueren, aber alles war besser als der Sumpf. Ein Glück dass ich gestern das Navi den ganzen Tag anhatte, so musste ich mir nur die Stelle raussuchen, wo die Route von gestern den Fluss kreuzte und konnte diesen Punkt anpeilen.
                                                                                                                                    Also über den Fluss.

                                                                                                                                    Ok, also Stiefel aus, Neoprenschuhe an und dann…
                                                                                                                                    Moment.
                                                                                                                                    Ach Mist.


                                                                                                                                    Nach einigen 100m finde ich eine Stelle wo ich mit ein paar schnellen Schritten durchs eigentlich etwas zu Wasser, die Regenhose eng an den Schuhen dran, den Fluss quere. Ohne mir nasse Socken zu holen. Wieder. Erstaunlich .


                                                                                                                                    Dann geht es erstmal recht gut über Gras und Hügel, später dann wieder durchs Gestrüpp. Unglaublich wie flott man ohne Gepäck unterwegs ist. Und tatsächlich: es gibt einen Pfad. Mal zugewachsen, aber insgesamt ziemlich gut. Die Stimmung so früh am morgen ist irgendwie anders, fand ich klasse. Eigentlich alle Pfützen am Boden hatten über Nacht eine Eisschicht bekommen. Mega!

                                                                                                                                    Wieder und wieder schaute ich aufs Navi. 2km. 1km. 500m. Auf den letzten 200m wurde es extrem sumpfig und sehr schwer, Stellen zu finden, die nicht schienbeintief waren. Das war die Gegend an der ich gestern frustriert den Fluss gequert hatte. Da! Das ist die Flussbiegung!


                                                                                                                                    Die Berge spiegelten sich hier wunderschön im Wasser.

                                                                                                                                    Stiefel aus und Barfuß rüber. Ging ja nicht anders, aber der Fluss war nicht steinig sondern sandig.
                                                                                                                                    Und tatsächlich…


                                                                                                                                    Beweisfoto.
                                                                                                                                    Mission Accomplished. The hostage has been rescued.


                                                                                                                                    Blick nach dem Queren der Flussbiegung nach Westen

                                                                                                                                    Ok, wieder zurück über den Fluss auf die südliche Seite und den ganzen Weg zurück nach Osten.


                                                                                                                                    Die Lichtverhältnisse so früh am morgen waren völlig anders und ich hatte das Gefühl, ich würde eine völlig andere Strecke laufen als gestern (Ok, bin ich ja auch)


                                                                                                                                    Auch die Wolken trugen ihren Teil zur Atmosphäre bei

                                                                                                                                    Das geht wieder recht flott.


                                                                                                                                    Ich quere den Fluss schon etwas früher zurück.




                                                                                                                                    Ziemlich genau nach 2,5 Stunden bin ich wieder am Zelt.

                                                                                                                                    Beim Abspülen des frisch vor der Tour gekauften Titantopfes Toak 700m passiert das undenkbare: Auf einmal war nur noch ein Griff da. WAS? Erst jetzt realisiere ich, dass die beiden Titan-Drähte die als Griff fungierten jeweils mit beiden Enden nur in eine Lücke durch die aufgeschweißte Metallplatte gesteckt waren, innen aber nicht verbunden. Und so reichte schon ein leichter falscher Druck und ein Griff war weg. Frust. Ärger. Das Ding war teuer, und dann sowas? Unfassbar!
                                                                                                                                    Hmm….ich wage an einer ruhigeren Stelle den Test mit dem zweiten Griff. Trotz des kaum spürbaren Gewichts fällt dieser direkt zu Boden ohne sich fortspülen zu lassen. Hoffnung kommt auf. Nochmal an der Spülstelle…30 Sekunden den Boden absuchen – und tatsächlich finde ich den zweiten Griff, im Wasser liegend, 30cm tief. Kalt wars!
                                                                                                                                    Trotzdem für mich ein Konstruktionsfehler – mindestens aber ein Instruktionsfehler.

                                                                                                                                    Und so bin ich erst gegen 10.30 bereit zum Aufbruch.
                                                                                                                                    Jetzt. Raus aus dem Sarek. Auf geht’s!


                                                                                                                                    Die ganze Zeit am Horizont: Verschneite Gipfel. Ich tippe auf das Sarektjahkka, es könnte aber auch der östliche Zipfel des Ruohtes sein.


                                                                                                                                    Erst geht es ein bisschen bergauf, dann weitet sich das Algavagge. Unfassbar schön! Hier kam ein Highlight nach dem anderen! Das Algavagge in diesem Teil ist der absolute Hammer und einfach nur empfehlenswert!





                                                                                                                                    Zunächst komme ich an mehreren Stellen vorbei, wo sich andere einen „Schutzwall“ gebaut haben. Aus meiner Erfahrung in Schottland nahe einem Gipfel weiß ich, wie lange so etwas dauert. Es bleibt die Frage, ob das eigentlich wirklich etwas bringt – oder nur der Beruhigung der eigenen Psyche dient. Als Schutz gegen die Wildnis.


                                                                                                                                    Blick zurück nach Westen, „Schutzwall“


                                                                                                                                    Eine tolle Weite!

                                                                                                                                    Dann komme ich an den Ahkajahka der durch das Ahkavagge vom Ahkajiegja Gletscher herabkam.


                                                                                                                                    Hätte ich mehr Zeit gehabt und wäre Tom noch dabei gewesen – das wäre meines Erachtens eine super Stelle gewesen, mal einen Gletscher zu betreten. Aber alleine, unter Zeitdruck – ne.



                                                                                                                                    Aber was machte das schon. Der Fluss spaltete sich hier auf zahlreiche Arme auf – ich hatte so etwas noch nie gesehen – und ich setzte erstmal den Rucksack ab, zog mir die Daunenjacke über und verbrachte 30min, lesend im Kindle, vor dieser Aussicht. Und wenn ich Lust auf Heidelbeeren hatte musste ich nichts weiter machen als die Hand ausstrecken und sie von den Büschen pflücken, auf denen ich saß. Hätte ich hier einen Bratwurstbaum und einen Bach in dem Kakao fließt gefunden, es hätte mich nicht weiter gewundert.

                                                                                                                                    Wenn ich diesen Ort in einem Wort beschreiben müsste dann wäre das:

                                                                                                                                    Friedlich.
                                                                                                                                    Einfach nur: Friedlich.

                                                                                                                                    Wer solche Flussarme gewohnt ist wird das kaum nachvollziehen können, aber für mich war diese Stelle – neben dem Skierffe und natürlich den Nordlichtern – das Highlight der Tour.

                                                                                                                                    Auch auf der anderen Seite des Hügels spaltete sich der Fluss auf mehrere Arme auf. Gerne hätte ich dieselbe Szene mal im August bei Hochwasserstand gesehen, so musste ich mich mit niedrigen Wasserständen begnügen.


                                                                                                                                    In paar 100m weiter wurde es gar noch spektakulärer: Der Fluss spaltete sich hier auf unzählige Arme auf, ich konnte sie kaum noch zählen.





                                                                                                                                    Und am Ende kam etwas, das sah aus wie ein Zaun. Ups. Erstmal im Reiseführer und auf der Karte nachschauen. Ah, tatsächlich, ein Zaun. Das Finden eines Gatters gestaltet sich dann aber nicht schwer, ich verzichte darauf, die Flussarme zu queren und halte mich links (Nördlich) vom Delta.


                                                                                                                                    Auch eine Hütte gibt es hier, auch wenn ich darauf verzichte, zu schauen, ob man sie betreten könnte.


                                                                                                                                    Gut getarnt in rot.

                                                                                                                                    Dann tat sich irgendwann der Blick nach Westen ins Guohpervagge auf.



                                                                                                                                    Die ganzen Hügel – einfach wunderschön. Trotzdem konnte ich keine Hobbits entdecken.
                                                                                                                                    Als nächstes würde ich den Guojperjahka furten müssen.




                                                                                                                                    Wer außer mir sieht die Sphinx im Bild?

                                                                                                                                    Reiseführer und Karte waren eindeutig: unbedingt rüber auf die nördliche Flussseite und dort weiter zur Skarja-Hütte. Ich entscheide mich direkt hier runter zum Fluss zu laufen, da er sich dort auf mehrere Arme aufteilt.
                                                                                                                                    Unten angekommen fasziniert mich diese Stelle ungemein – zig Sandbänke und große Steine.




                                                                                                                                    Guohpervagge

                                                                                                                                    Als Jugendlicher hatte ich mal ein Computerspiel gespielt, in dem das Ziel darin bestand, von Stein zu Stein zu hüpfen ohne runterzufallen. Einzig und allein – dort konnte man mit /quicksave und /quickload jederzeit neu beginnen. Das ging hier leider nicht…trotzdem verspürte ich wenig Lust, die Stiefel auszuziehen. Ich witterte die Herausforderung!


                                                                                                                                    Und auch hier war ich nicht allein.



                                                                                                                                    Dann, von Stein zu Stein. Das geht zunächst sehr gut.
                                                                                                                                    Uhm.
                                                                                                                                    Der Stein ist aber spitz.
                                                                                                                                    Aber ich habe ja meine Stöcke.
                                                                                                                                    Langsam…vorsichtig…
                                                                                                                                    Platsch.

                                                                                                                                    Ich rutsche ab, falle aufs Gesäß und rutsche den Stein runter ins hüfttiefe Wasser. Immerhin kann ich mich auf den Beinen halten und den Rucksack trocken halten.
                                                                                                                                    Mist!
                                                                                                                                    Ich rette mich auf den nächsten Stein.
                                                                                                                                    Das Wasser steht in beiden Schuhen!

                                                                                                                                    Warum habe ich das gemacht??? Ich bin noch ca. 5 Tagesmärsche entfernt von der nächsten Straße und habe, völlig überflüssigerweise, klatschnasse Stiefel. Man habe ich mich geärgert! High Risk High Reward. Sagt man. Aber was war das hier? Das war High Risk No Reward. Dämlich! Einfach nur dämlich!



                                                                                                                                    Auf der Wiese danach ziehe ich in den nächsten 30min gleich dreimal die Stiefel aus um die Socken auszuwringen. Den Versuch, die Sohle aus meinem Guffert GTX zu holen breche ich ab – wie schon im letzten Urlaub ist wieder an der Ferse der Kork um das Geldpad gebrochen. Ich friemel die Sohle wieder in Position. Das letzte was ich jetzt brauche, sind defekte Stiefel. Das hat mich schon gewundert, dass die Sohle von einem 280€ Stiefel sofort zerbricht, wenn sie mal nass wird.


                                                                                                                                    Blick zurück nach Süden, von da oben bin ich gekommen (Habs korrigiert ;) )


                                                                                                                                    Blick nach Osten, es gibt einen guten Pfad, man kommt schnell voran.



                                                                                                                                    Über all das Stiefel trocknen ist es doch schon recht spät geworden. Ich hatte mir als Ziel gesetzt, heute bis Skarja zu laufen. Der Pfad geht am nördlichen Hang entlang – einen eindeutigen Pfad gab es hier nicht. Vielmehr zig Pfade auf unterschiedlichen Höhen.


                                                                                                                                    Aber die Aussicht – der Blick auf die Seen südlich der Skarja-Hütte (die man freilich noch nicht sehen konnte) war wunderschön.



                                                                                                                                    Und der Guohperjahka stürzte sich das Tal hinab, immer wieder über Wasserfälle. Als ich hier zwei halbwegs ebene Stellen in unmittelbarer Nähe des Flusses erspähe war für mich sofort klar: Ich bleibe hier. Was soll ich jetzt unbedingt versuchen, bis zu der Hütte zu laufen, nur weil das eigentlich mein Tagesziel war. Nur das Rauschen der Wasserfälle hier war unglaublich laut. Der Liegetest brachte aber das Ergebnis, dass das Rauschen deutlich leiser war, wenn man keinen Sichtkontakt mehr hatte.

                                                                                                                                    Also schlage ich das Zelt auf. Windgeschützt ist hier nichts – aber die Wettervorhersage im Garmin sagt eine nahezu windstille Nacht voraus


                                                                                                                                    Blick zurück nach Westen, von dort komme ich: Ein Wasserfall


                                                                                                                                    Blick nach Osten ins Tal.


                                                                                                                                    Sieht zwar aus als hätte ich mit der Farbkorrektur rumgespielt, habe ich aber nicht. Die abendliche Atmosphäre ließ die Farben nur so strahlen.

                                                                                                                                    Ich klettere noch eine Weile am Fluss herum, mache Fotos, spiele mit dem Verdunkelungsfilter herum.




                                                                                                                                    Als es dunkel wird wage ich es – ich schichte diverse Steine zu einem Kreis auf, sammle trockene kleine Äste und versuche diese mit etwas Papier zu entzünden. Und zu meiner großen Überraschung kriege ich es hin. Ich will der Umwelt zu Liebe kein großes Feuer machen und begnüge mich damit, ein kleines Feuerchen für 15min am Leben zu erhalten.

                                                                                                                                    Laut Grundsten ist das nicht verboten, man solle es aber nur in Maßen machen.
                                                                                                                                    Trotzdem schaue ich mich die ganze Zeit versohlen wie ein kleiner Junge um, als würde gleich jemand hinter mir stehen, der mir die Hand auf die Schulter legt und sagt: "Mach das Feuer aus". Dabei habe ich seit 3 Tagen keinen Menschen mehr gesehen.

                                                                                                                                    Witzigerweise ist danach die Bodenplatte so unfassbar heiß geworden, dass ich sie neben mein Zelt stelle und meine Füße für 10min darauf wärmen kann. Das eine völlig andere Wärme als die Wärme vom Laufen.
                                                                                                                                    Dann geht’s zufrieden und glücklich ins Bett.
                                                                                                                                    Die nassen Stiefel sind längst vergessen.
                                                                                                                                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 10.12.2019, 14:19.

                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                      • 3014
                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                      Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                      Suchbild. Welches süße Tier suchen wir hier?
                                                                                                                                      Spinne (sieht man nicht vollständig... Kreuzspinne?)

                                                                                                                                      Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                      (2) ich müsste das Zelt zurücklassen. Davor war mir nicht wohl.
                                                                                                                                      Würde ich mir nie Sorgen drum machen. Nicht in der Gegend. Habe auch schon Rucksack (ohne aufgebautes Zelt) irgendwo für einen gepäcklose Abstecher ein paar Stunden stehen lassen. Sollte allerdings gut wiederfindbar sein, isbd. bei miesem Wetter/schlechter Sicht

                                                                                                                                      Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                      Auch eine Hütte gibt es hier, auch wenn ich darauf verzichte, zu schauen, ob man sie betreten könnte.
                                                                                                                                      Die Rentierwächterhütten sind eigentlich immer verschlossen.

                                                                                                                                      Apropos. Im Grundsten steht, die Hütte unweit der Brücke über den Gådokjåhkå sei unverschlossen. Ist das (heute noch) so? War da schon mal bzw. in letzter Zeit jemand?

                                                                                                                                      Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen

                                                                                                                                      Blick zurück nach Norden, von da oben bin ich gekommen
                                                                                                                                      Hm, fast direkt nach *Süden*, oder?

                                                                                                                                      Hoffentlich komme ich im nächsten Jahr auch bis an die Stelle und habe dann so ein Wetter! Für den Áhkátjåhkkå als höchsten Gipfel des Massivs, genau in Bildmitte, habe ich einen ganzen Tag eingeplant. Von hier sieht man (bei voller Auflösung) gut den Aufstiegsweg: den Grat hoch und oben eher so am rechten (westlichen) Rand des Schneefelds zum Gipfel. Runter vielleicht direkt ins Tal links bzw. dahinter (Südwesten) - soll laut Grundsten gehen. Werde ich von oben besser einschätzen können

                                                                                                                                      Und nochmal: sehr schöner Bericht. Diese kleineren/größeren Missgeschicke (Schuhe, Topfgriff, unfreiwilliges Bad): ich kann das *so gut* nachvollziehen... Gar nicht weit von da habe ich es übrigens auch schon mal geschafft, mich mit Sachen ins Wasser zu setzen, allerdings war das Zelt schon aufgebaut und ich hatte nur noch Sandalen an. Wollte ausprobieren, ob die schlammbedeckten Steine am Grund eines Sees tatsächlich glitschig sind (warum nur?!). Nun ja, waren sie.

                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                        Fuchs
                                                                                                                                        • 10.10.2017
                                                                                                                                        • 2024
                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                        Sehr schön das ganze ohne den vielen Schnee Klasse.

                                                                                                                                        Aber bei den Richtungsangaben bin ich verwirrt. Ich glaube der Blick auf den Berg am Anfang des Alggavagge ist nicht südlich sondern westlich und du gehst nicht aus dem Sarek sondern richtung Zentrum wenn du zur Mikkastuga läufst, deswegen war ich etwas verwirrt im Kopf, da du geschrieben hast es geht wieder raus aus dem Sarek (war ja im Prinziep nur bis kurz nach dem Pass so

                                                                                                                                        Dieses Kiesdelta habe ich auch gut in Erinnerung und auch im Schnee ist das ein ganz toller Platz, da kann ich deine Ansichten absolut teilen. Mega!
                                                                                                                                        "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                          Dauerbesucher
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                                                                                                                                          • 900
                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                          Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                          Hm, fast direkt nach *Süden*, oder?
                                                                                                                                          Haste Recht, habs korrigiert. Manchmal kommt man da durcheinander bei den ganzen Angaben, danke für die Korrektur. Und danke für das Feedback .

                                                                                                                                          Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                                                                                                          Sehr schön das ganze ohne den vielen Schnee Klasse.

                                                                                                                                          Aber bei den Richtungsangaben bin ich verwirrt. Ich glaube der Blick auf den Berg am Anfang des Alggavagge ist nicht südlich sondern westlich und du gehst nicht aus dem Sarek sondern richtung Zentrum wenn du zur Mikkastuga läufst, deswegen war ich etwas verwirrt im Kopf, da du geschrieben hast es geht wieder raus aus dem Sarek (war ja im Prinziep nur bis kurz nach dem Pass so

                                                                                                                                          Dieses Kiesdelta habe ich auch gut in Erinnerung und auch im Schnee ist das ein ganz toller Platz, da kann ich deine Ansichten absolut teilen. Mega!
                                                                                                                                          Das mit "Zentrum" und in den Sarek oder aus dem Sarek raus war rein im Sinne meiner subjektiven Einschätzung gemeint. In der Tat dürfte man wohl im Regelfall Skarja? als Zentrum des Sarek ansehen. Da mir keine Wege auf der westlichen Seite aus dem Sarek heraus bekannt waren (Kungsleden läuft da irgendwo lang? Haste nur nichts von wenn du deinen Flug kriegen musst) war für mich die Mitte quasi die Mitte meiner Tour, also der Punkt, an dem ich in beide Richtungen genausolang zurück zu einer Straße brauchen würde wo ein Bus fährt. 4 bis 5 Tage. Der wildeste Ort, an dem ich mich in meinem Leben jemals befunden habe. Hier war es völllig egal ob man Spaß hat oder Frust, gutes Wetter oder Schnee - man braucht 4-5 Tage um seinen Weg zurück in die Zivilsation zu finden. Der kürzeste Weg wäre wahrscheinlich nach Suorva nach Osten gewesen.

                                                                                                                                          Meinst du das Foto auf das sich Ljungdalen bezogen hat? Man könnte es auch als Südwesten beschreiben. Das dürfte die Stelle sein nachdem ich den Rentierzaun passiert hatte, runter zum Guohperjahka gelaufen bin und diesen überquert habe. Der Berg rechts im Bild müsste dann der Guohperskajdde sein (1644m), der Berg in der Mitte etwas weiter hinten der Ahkatjahkka, links der Skarvatjahkka.
                                                                                                                                          Zuletzt geändert von Freedom33333; 10.12.2019, 15:32.

                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                            • 10.10.2017
                                                                                                                                            • 2024
                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                            Du hast recht, immer noch verwirrt, das was du rechts beschreibst (richtig) war für mich in der Mitte . Da hatte ich irgendwo einen Hänger im Kopf. Aber wirklich schon dort und ein paar gute Zeltplätze gibt es da auch, da fühlt man sich richtig gut!
                                                                                                                                            "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                              Alter Hase
                                                                                                                                              • 28.08.2017
                                                                                                                                              • 3014
                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                              Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                              Da mir keine Wege auf der westlichen Seite aus dem Sarek heraus bekannt waren (Kungsleden läuft da irgendwo lang? ...
                                                                                                                                              Padjelantaleden. (Z.B.) Durchs Álggavágge zum Álggajávrre, von da entweder nach Darreluoppal am Padjelantaleden, dann auf selbigem nach Kvikkjokk, oder den Miellädno/Låddejåhkå abwärts bis zum Weg und dann nach Norden (aber um die Jahreszeit zu spät, weil Boot nach Ritsem nicht mehr fährt, 2020 sowieso noch unklar). Beides in 4 Tagen machbar, wenn es sein muss. Skarja-Suorva notfalls in zwei.

                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                Dauerbesucher
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                                                                                                                                                • 900
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                                                                                                                                                Tag 11: Montag, 9.9.2019. Guohpervagge – Skarja – oberes Rapadalen – Snavvavagge – und ein fantastisch sonniger Tag

                                                                                                                                                Morgens nach dem Aufstehen fällt es mir sehr schwer, von diesem Ort aufzubrechen. Egal in welche Richtung ich schaue, die Aussicht haut mich einfach nur um.


                                                                                                                                                Daunenjacke an – und einfach nur genießen. Ein weiterer Ort, an dem ich am liebsten einen ganzen Tag verbracht hätte.

                                                                                                                                                Und als jemand, der das Rauschen von Wasser liebt, ist dieser Zeltplatz für mich das bisherige Highlight. Hinzu kommt die Einsamkeit – habe ich mich doch nun vor immerhin 4 vollen Tagen von Tom verabschiedet.


                                                                                                                                                Blick zurück nach Westen


                                                                                                                                                Und so trödele ich denn auch am Morgen ziemlich lange rum, mache zig Fotos und Videos, insbesondere vom rauschenden Bach.

                                                                                                                                                Der Plan für heute ist klar: Das Guohpervagge am nördlichen Hang nach Osten, den Smajlajjahka an der Brücke überqueren die eingezeichnet ist, die Skarja-Hütten passieren und dann nach Südost ins Rapadalen und zum Laddabakte, an dessen nordöstlichen Ende ich im Tal dahinter campen will. In Anbetracht der bisherigen Distanzen laut Karte ist das gar nicht mal so wenig. Es ist sogar ca. 50% mehr als die bisher größte Tagesdistanz.

                                                                                                                                                Immerhin: Hier kommt man richtig gut voran. Immer noch gibt es klar sichtbare Pfade. Immer näher rücken die Seen / das Delta unterhalb von Skarja – wahnsinnig beeindruckend.










                                                                                                                                                Blick nach vorne, hier habe ich mal den ungefähren Weg eingezeichnet (ich hoffe das letzte Stück stimmt, bin mir da aber nicht sicher, vgl. hier)


                                                                                                                                                Screenshot von meinem Garmin, links oben sieht man die Stelle wo ich Höhe gewinnen musste um zur Brücke bei Skarja zu kommen, auch den Schlenker zum Wasser sieht man, unten dann den Pfad entlang an den Felsen


                                                                                                                                                Ich halte mich ein gutes Stück oberhalb der Seen – zwar könnte man auch weiter unten laufen – aber die Brücke ist an einer Stelle weiter oben eingezeichnet, sodass ich sogar noch ein Stück Höhe gewinnen muss. Läuft man dagegen zu weit oben, verpasst man womöglich eine schöne Strecke an der Schlucht entlang.

                                                                                                                                                Irgendwann ist es dann endlich soweit – ich komme an eine Art Damm, laufe diesen Hoch und sehe endlich den Smajlajjahka. Bzw. die Schlucht, durch die er sich schlängelt. Der hat sich nämlich ganz schön tief in den Boden gefressen. Da bin ich doch froh, dass es eine Brücke gibt

                                                                                                                                                Ich laufe näher zum Wasser – und erblicke diese Aussicht:



                                                                                                                                                Blick ins obere Rapadalen nach Südost

                                                                                                                                                Hm.
                                                                                                                                                Hmm.
                                                                                                                                                Hmmm?!

                                                                                                                                                Da müsste man doch eigentlich fast kurz absteigen und da unten ein Bad nehmen?!

                                                                                                                                                Schade dass ich so wenig Zeit habe und dringend weiter muss! Warum habe ich auch so lange getrödelt?
                                                                                                                                                Es hilft also nichts, ich muss unbedingt weiter! Also Rucksack wieder aufgeschwungen und weiter.



                                                                                                                                                Ach komm. Man lebt nur einmal.


                                                                                                                                                5min später bin ich abgestiegen, stelle den Rucksack ab und mache wieder zig Fotos.


                                                                                                                                                Die Kiesbank auf beiden Seiten, das Wasser, dass hier in einem Wasserfall aus der Wand kommt, ein kaum sichtbarer Regenbogen darüber – hören die Highlights heute denn gar nicht mehr auf?


                                                                                                                                                Ich wage es und nehme ich Bad. Vorher überprüfe ich noch die Ränder der Schlucht, kann aber keinen ODSler mit Teleobjektiv erblicken.

                                                                                                                                                Das Wasser ist kalt aber wahnsinnig erfrischend. Und die Sonne wärmt! Aber so richtig! Ich komme mir vor wie am Strand. Ein Handtuch braucht es nicht, ich trockne in wenigen Minuten in der Sonne, lehne mich gegen einen angewärmten Stein. Und das im September.

                                                                                                                                                Die Stelle erinnert mich an einen Urlaub aus Kindertagen, als wir als Familie einen Gebirgsbach bergauf geklettert waren und wieder und wieder Stellen wie diese entdeckt hatten.

                                                                                                                                                Dann wieder den Hang nach oben und weiter am westlichen Ufer der Schlucht entlang-




                                                                                                                                                Dann sehe ich endlich die Skarja-Hütten. Das Hellblau des Wassers in der Sonne ist toll. Aber wo ist die Brücke?



                                                                                                                                                Dann, endlich, sehe ich sie. Uff. Hier würde ich nicht den Fluss queren wollen.


                                                                                                                                                Dann die Ankunft an den Hütten.




                                                                                                                                                Blick ins Ruohtesvagge

                                                                                                                                                Es ist komisch, nach 9 Nächten im Zelt. Hatte ich mich doch – viel unproblematischer als gedacht – an das Leben im Zelt gewöhnt. Wobei ich abends eigentlich eh immer so kaputt war, dass ich direkt schlafen gegangen bin. Aber nun, hier: Hütten. Hier gibt es ein Toilettenhäuschen und eine etwas größere Hütte mit Tisch und einem Wandregal mit ein paar Gaskartuschen.





                                                                                                                                                Toll! Sollte man meinen. Aber:
                                                                                                                                                Ich empfinde nichts.
                                                                                                                                                Da ist kein: „Eine Hütte, endlich“.
                                                                                                                                                Kein: „Ich sollte hier drinnen übernachten“.
                                                                                                                                                Keine Wehmut, kein Vermissen.
                                                                                                                                                Die Hütte ist klein, dunkel und stickig.
                                                                                                                                                Lange halte ich es darin nicht aus.
                                                                                                                                                Ich muss hier raus!
                                                                                                                                                Nach draußen! Die klare Luft einatmen, die Weite spüren, die Freiheit!

                                                                                                                                                Hier treffe ich dann auch den ersten Menschen seit vier einhalb Tagen – einen Mann in meinem Alter, aus Kanada.


                                                                                                                                                Hat schon viele solche Treks gemacht, war auch schon in Schottland. Die Welt ist klein. Wir unterhalten uns eine Weile, auch über die weitere Routenführung. Er meint zu mir, ich würde es in 2 Stunden bis zum Laddebakte schaffen, der Pfad wäre sehr gut, ich könne sogar heute noch raufklettern. Das bezweifle ich – zu Recht. Er verabschiedet sich und läuft ins Ruohtesvagge. Kaum habe ich meinen Kram eingepackt und ein bisschen die Aussicht genossen, ist er auch schon fast am Horizont verschwunden. Meine Güte. Was für ein Tempo!

                                                                                                                                                Dann überquere ich schließlich die Brücke.





                                                                                                                                                LKWs sind hier nicht erlaubt.


                                                                                                                                                Blick vom anderen Ufer flussaufwärts


                                                                                                                                                Es geht weiter. Blick zurück

                                                                                                                                                Aber mit einem hatte er Recht – hier kommt man extrem schnell voran. Gras, ein gut – fast schon zu gut – eingetretener Pfad der sich durch die Heide schlengelt.


                                                                                                                                                Blick zurück zum Flussdelta


                                                                                                                                                Rechts vom Fluss ein bisschen höher war meine Campstelle von Gestern auf heute

                                                                                                                                                Ich halte mich zunächst auf dem Pfad, tue mich dann aber mit der Orientierung erstaunlich schwer. Das Tal breitet sich aus nach Osten und ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich noch auf dem richtigen Pfad bin oder auf dem in Richtung Basstavagge.

                                                                                                                                                Wiederholt komme ich an kleine Seen / Moore / Tümpel

                                                                                                                                                Blick an einem kleinen See vorbei in Richtung Osten ins Basstavagge (Zwischen den beiden Schneebedeckten Gipfeln)


                                                                                                                                                Blick ins obere Rapadalen, rechts die Wand vom Gipfel auf 1354m auf der anderen Flussseite, links daneben in der Mitte der Laddebakte, ganz links langgezogen der Bielatjahkka

                                                                                                                                                Zweimal strande ich an Stellen, an denen es partout nicht weitergeht und ich umkehren muss. Ich entscheide mich, Höhe zu gewinnen und weiter oben entlangzulaufen. So lande ich denn aber schließlich wohl doch auf dem falschen Pfad in Richtung Osten. Und es ist schon reichlich spät geworden. Ich will aber unbedingt das Tagesziel erreichen – und mache mir an diesem Tag eine Menge Stress.

                                                                                                                                                Auch die zwei Rentiere, die mir an einem kleinen See begegnen, können mir leider nicht weiterhelfen und sind stumm wie Fische.





                                                                                                                                                Irgendwann entscheide ich mich den Pfad zu verlassen und querfeldein nach Süden zu laufen. Mein Fixpunkt ist ein kleiner Hügel, der aber auf der Karte einfach nicht eingezeichnet ist - was mich wahnsinnig verunsichert. Der ist doch so hoch, der MUSS doch auf der Karte sein. Ist er aber nicht. Oder meinen die den mit „Spökstenen“? Ne, das ist viel tiefer. Komisch.

                                                                                                                                                Auch einen Seeablauf muss ich hier überqueren und eine Weile suchen, bis ich eine passende Stelle finde. Wieso komme ich nur so langsam voran? Ich habe, jetzt gemütlich am PC sitzend, keine Ahnung warum, aber an diesem späten nachmittag war ich die ganze Zeit ein wenig gestresst, verunsichert und vor allem sauer auf mich selbst weil es schon so spät war.

                                                                                                                                                Statt ständig aufzublicken und festzustellen, dass ich nicht vorankam, zählte ich bis 1000, bis ich wieder in Richtung kleiner Hügel blickte. Na also, der war schon deutlich näher. Nochmal 1000. Dann, endlich, Ankunft dort. Ich passierte den Hügel links, schmiss den Rucksack auf den Boden und spurtete nochmal kurz zum „Gipfel“. Die Aussicht war super. Dann schnell weiter.


                                                                                                                                                Blick von dem kleinen Hügel zurück nach Norden


                                                                                                                                                Blick nach Süden, die restliche Strecke für heute. Links zwischen den beiden Bergen das Snavvavagge, wo ich heute campen will, rechts das Tal des Rapadalen


                                                                                                                                                Blick nach Osten zum Biekajavratja


                                                                                                                                                Blick nach Westen zur Wand auf der anderen Seite, Gipfel auf 1354m

                                                                                                                                                Zunächst ging dann doch alles glatt – der Pfad schlengelte sich über Stock und Stein mit links und rechts Heidekraut zunächst ein ganzes Stück bergab. Uff. Hieß das doch immerhin, dass es nicht quer über den von hier sichtbaren Steilhang ging.


                                                                                                                                                Ich fragte mich: Wo soll da der Weg sein? Es stellte sich heraus, dass es erst ein Stück bergab ging


                                                                                                                                                Ein letzter Blick zurück, mittig rechts sieht man den kleinen Hügel auf dem ich davor war und der, von der anderen Seite kommend, mein Fixpunkt zur Orientierung gewesen ist.

                                                                                                                                                Nach einer Weile kam nochmal ein Plateu – hier hätte man sogar zelten können. Aber ich wollte unbedingt oben ankommen.


                                                                                                                                                Blick ins Rapadalen, ich fragte mich, ob man auch da unten entlanglaufen könnte, also westlich vom Laddebakte entlang. Etwa wenn man die Strecke in strömendem Regen passieren müsste und einem der Pfad zu rutschig wäre.


                                                                                                                                                Zunächst ging alles glatt, ein guter Pfad, kein Ding

                                                                                                                                                Der nun folgende Abschnitt war für mich – ich will hier nicht lügen – mit Abstand der schwierigste und herausfordernste der Tour. Hätte es noch geregnet und wäre rutschig gewesen hätte ich womöglich ein ernstes Problem gehabt. Vielleicht lag es am Stress, vielleicht an der Erschöpfung, vielleicht an der mangelnden Erfahrung, vielleicht an 20kg Gepäck auf dem Rücken. Zahlreiche Male musste ich die Hände zuhilfe nehmen. Der Pfad schlängelte sich teils eng am Hang entlang, hin und wieder waren Teile des Weges aufgrund der Steilheit weggebrochen, einige Geröllfelder waren zu queren. Der Fels links oben türmte sich mit all seinen Rissen bedrohlich auf und so blickte ich immer wieder nervös nach oben. Insgesamt ging dieser Abschnitt nach meiner Erinnerung ca. 20-30min, kam mir aber ewig vor. Ständig der Blick auf die Uhr, hier könnte man nirgendwo übernachten.


                                                                                                                                                Man schaut nach vorne und denkt sich: Wo soll hier der Pfad sein?


                                                                                                                                                Blick ins Rapadalen, das dürfte von dem angesprochenen Plateu aus gewesen sein.


                                                                                                                                                Irgendwo da durch, rechts von den Felsen am Hang


                                                                                                                                                Blick zurück zum Plateau


                                                                                                                                                Links die Felswand. Hoffentlich kommt da nichts runter


                                                                                                                                                Ausgesetzter Pfad


                                                                                                                                                Hier eine der unproblematischen Stellen


                                                                                                                                                Blick zurück. Da bin ich lang?


                                                                                                                                                Scary.

                                                                                                                                                Dann, nach einer schieren Unendlichkeit, war es endlich geschafft und der Boden wurde wieder flacher. Ich war körperlich am Ende, wollte nur noch einen Zeltplatz finden. Es dämmerte schon. Ich nahm mir vor, den erstbesten zu nehmen.


                                                                                                                                                Endlich



                                                                                                                                                Hier oben kamen mir sogar noch zwei Wanderer entgegen, ein Mann und eine Frau, die wohl einen Zeltplatz mit Aussicht suchten. Sie erzählten mir dass sie aus Aktse gekommen seien und gewissermaßen die kleine Runde laufen würden, also über das Basstavagge wieder zurück nach Saltalouokta. Dass sie hier am Hang nach einem Zeltplatz suchten wunderte mich, war es hier doch überall viel zu steil dafür. Ich habe keine Ahnung ob und wo sie dann noch fündig geworden sind.


                                                                                                                                                Ein kleines Stück war noch zu überwinden und dann zeigte sich endlich der Blick auf den See auf 977m bzw. den kleinen See davor. Ein Stück oberhalb, am nördlichen Ende, quasi direkt am Weg, fand ich dann auch direkt eine ebene Fläche (ein bisschen viel Rentierkacke aber die konnte man ja mit Steinen bedecken oder mit den Stöcken wegschubsen) und schlug mein Zelt auf.


                                                                                                                                                Schnell noch Wasser holen, was zum Abendbrot kochen und ab ins Bett.
                                                                                                                                                Die Abendsonne verschaffte mir dann doch noch ein paar tolle Ausblicke nach Westen, das dürften die Alkatj-Berge sein





                                                                                                                                                Was ich dagegen bewusst überhaupt nicht wahrnahm – zum ersten Mal hatte ich abends einen Himmel mit nur wenigen Wolken. Hatte ich mich doch inzwischen daran gewöhnt, dass dieser ständig bedeckt war. Wer weiß, was in der folgenden Nacht noch kommen sollte.
                                                                                                                                                Zuletzt geändert von Freedom33333; 22.12.2019, 16:26.

                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                  Fuchs
                                                                                                                                                  • 22.08.2010
                                                                                                                                                  • 1835
                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                  Dieser tolle Abendhimmel, mit dem typischen Abendrot und der sich ankündigenden Wetterverschlechterung, stellte auch für mich den wundervollen Abschluss eines außergewöhnlichen Tages dar.
                                                                                                                                                  Dem nur geringen Wolkenanteil schenkte ich nur wenig Beachtung ( sah für mich nicht vielversprechend genug aus ) und die Chancen auf ein nächtliches Polarlicht - Ereignis schätzte ich deshalb nur äußerst gering ein.
                                                                                                                                                  Eine glatte Fehleinschätzung. So verpasste ich ein außergewöhnliches Nacht-Erlebnis ( dem einzigen, in den 2 Wochen! ).
                                                                                                                                                  Nachdem ich später davon Fotos sah.......ich hätte in Grund und Boden versinken können.
                                                                                                                                                  Ich hatte es ( mal wieder ) glatt verschlafen. Riesige Enttäuschung, aber.....auf ein Neues!
                                                                                                                                                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                    Dauerbesucher
                                                                                                                                                    • 09.09.2017
                                                                                                                                                    • 900
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                                                                                                                                                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                    Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                    Dieser tolle Abendhimmel, mit dem typischen Abendrot und der sich ankündigenden Wetterverschlechterung, stellte auch für mich den wundervollen Abschluss eines außergewöhnlichen Tages dar.
                                                                                                                                                    Wo warst du da denn? Soweit ich mich an deine Nachricht auf dem Garmin erinnere warst du mir da ja den einen Tag voraus, also müsstest du an diesem traumhaft sonnigen Tag die Gelegenheit gehabt haben den Laddebkate zu besteigen? Das Glück hatte nicht jeder ;). Wäre ich an dem Tag durchgerannt und noch am selben Tag auf den Laddebakte gestiegen hätte ich das auch geschaft, aber ganz ehrlich, die Strecke von diesem Tag war einfach zu schön dafür, ganz zu schweigen von der Frage ob ich das physisch überhaupt geschafft hätte.

                                                                                                                                                    Bzw. mich würde natürlich generell interessieren wie es dir dann noch ergangen ist, aber ich erinnere mich dunkel, dass du dieses Jahr auch noch ne andere Tour gemacht hattest.

                                                                                                                                                    Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                    Dem nur geringen Wolkenanteil schenkte ich nur wenig Beachtung ( sah für mich nicht vielversprechend genug aus ) und die Chancen auf ein nächtliches Polarlicht - Ereignis schätzte ich deshalb nur äußerst gering ein.
                                                                                                                                                    Eine glatte Fehleinschätzung. So verpasste ich ein außergewöhnliches Nacht-Erlebnis ( dem einzigen, in den 2 Wochen! ).
                                                                                                                                                    Nachdem ich später davon Fotos sah.......ich hätte in Grund und Boden versinken können.
                                                                                                                                                    Ich hatte es ( mal wieder ) glatt verschlafen. Riesige Enttäuschung, aber.....auf ein Neues!
                                                                                                                                                    Nun, so gerne ich jetzt davon berichten würde, dass ich heldenhaft das Wetter analysiert und mir einen Wecker gestellt habe so muss ich doch leider zugeben, dass ich schlicht Glück hatte.

                                                                                                                                                    Das fand ich in der Tat echt schade bei uns, dass man bis auf diesen Tag durch die ständige Wolkendecke nie die Gelegenheit hatte, den Sternenhimmel zu sehen. Darauf hatte ich mich eigentlich mit am meisten gefreut Hier https://www.lightpollutionmap.info/#...FFFFFTFFFFFFFF sieht man sehr schön, dass der Sarek zu den dunkelsten Orten Europas gehört. Was hatte ich mir vorher alles ausgemalt...Einschlafen unter freiem Himmel mit Blick auf die Sterne, jede nacht Sternenfotos machen, darin richtig gut werden...und dann bis auf diese Nacht nichts als Wolken. Da hatte ich die Hoffnung eigentlich schon längst aufgegeben.

                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                      Erfahren
                                                                                                                                                      • 14.03.2010
                                                                                                                                                      • 191
                                                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                                                      #75
                                                                                                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                      Einen toller Bericht über Deine erste Tour im Sarek! Wirklich spannend geschrieben, und es gab ja auch einige Herausforderungen . Ich war zu dem Zeitpunkt weiter südlich im Njoatsosvágge unterwegs (kam vom Rago aus Norwegen über Padjelanta). Ich erinnere mich an die tolle Verfärbung des Himmels an dem Abend. Da habe ich auch Fotos von gemacht (aber noch nicht gesichtet). Das Nordlicht habe ich leider wie Tom verschlafen .

                                                                                                                                                      Achja, Tom habe ich später im Flieger nach Hamburg getroffen .

                                                                                                                                                      Freue mich auf die Fortsetzung !

                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                        Fuchs
                                                                                                                                                        • 22.08.2010
                                                                                                                                                        • 1835
                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                        Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                        Wo warst du da denn? Soweit ich mich an deine Nachricht auf dem Garmin erinnere warst du mir da ja den einen Tag voraus, also müsstest du an diesem traumhaft sonnigen Tag die Gelegenheit gehabt haben den Laddebkate zu besteigen? Das Glück hatte nicht jeder ;). Wäre ich an dem Tag durchgerannt und noch am selben Tag auf den Laddebakte gestiegen hätte ich das auch geschaft, aber ganz ehrlich, die Strecke von diesem Tag war einfach zu schön dafür, ganz zu schweigen von der Frage ob ich das physisch überhaupt geschafft hätte.

                                                                                                                                                        Bzw. mich würde natürlich generell interessieren wie es dir dann noch ergangen ist, aber ich erinnere mich dunkel, dass du dieses Jahr auch noch ne andere Tour gemacht hattest.
                                                                                                                                                        Am Abend des 09.09. befand ich mich am Lulep Vássjájågåsj, nachdem ich die Nacht vorher noch am Fuße des Ladebakte ( am oberen, kleinen See, kurz vor dem Abstieg aus dem Snávvávágge hinunter ins Rapaselet ) verbracht hatte.
                                                                                                                                                        Eine Besteigung des Ladebakte am Vortag habe ich leider schnell verworfen. Der Berg war bis weit hinunter tief verschneit; das wollte ich mir in meinen Trailrunner Schuhen nicht antun.

                                                                                                                                                        Ein Reisebericht folgt noch.
                                                                                                                                                        My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                          Dauerbesucher
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                                                                                                                                                          • 900
                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                          Tag 12. Dienstag 10.9.2019. Snavvavagge – Rapadalen – Alep Vassjajagasj. Oder: Irrungen und Wirrungen im Nebel – und eine geradezu unheimliche Atmosphäre.

                                                                                                                                                          Gegen 0.00 Uhr wache ich auf.
                                                                                                                                                          Irgendwas ist komisch.
                                                                                                                                                          Anders.
                                                                                                                                                          Das spüre ich.
                                                                                                                                                          Aber was?
                                                                                                                                                          Hmmm.
                                                                                                                                                          Irgendwie ist es heller als sonst.
                                                                                                                                                          Müde und gähnend öffne ich den Reißverschluss vom Zelt.
                                                                                                                                                          Und denke mir: „JEEESSSSS“.
                                                                                                                                                          Streifen am Himmel. Grüne Streifen. Die sich bewegen.
                                                                                                                                                          NORDLICHTER!

                                                                                                                                                          Mit einem Schlag bin ich hellwach.

                                                                                                                                                          Zum ersten mal in meinem Urlaub krieche ich nachts aus dem Zelt und der Himmel ist nicht komplett wolkenbedeckt! Zum ersten Mal kann ich die Sterne sehen! Und Nordlichter gibt’s gratis dazu! Der Sarek hat Mitleid mit mir, der Sarek will mich entschädigen. Das Glück des Tüchtigen! Hammer!

                                                                                                                                                          Raus aus dem Schlafsack. Fleecepullover an, Daunenjacke an, Kamera, Stativ. Raus aus dem Zelt. Direkt mal rumprobieren. Es war ja leider das erste mal dass ich die Sterne fotografiert habe. Also, wie war das doch gleich? Blende möglichst weit auf. Belichtung…20 Sekunden. ISO rauf. Rumprobiert habe ich mit Werten zwischen 800 und 3200. Zuerst direkt neben dem Zelt. Foto kontrollieren.


                                                                                                                                                          Mist. Grashalme im Weg. Es hilft nichts, ich muss eine ebene Fläche suchen. Ab zum nächsten Stein.

                                                                                                                                                          Nächster Versuch. Trotzdem nicht so gut. Unscharf. War da nicht noch irgendwas? Richtig. Der Autofokus muss raus. Manuellfokus. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, glaube aber dass ich auf unendlich fokussiert habe.

                                                                                                                                                          Tatsächlich kam mir diese Erkenntnis erst recht spät – und um ein Haar hätte ich kein einziges taugliches Foto geschossen. Die ersten 5 oder 6 Fotos waren alle total verschwommen. Da fiel mir dieses eine Youtube-Video von Stephan Wiesner ein, wo er in den Alpen, im Schnee, die Sterne fotografiert hat, mit einer beleuchteten Hütte im Vordergrund.

                                                                                                                                                          Also: Die Stirnlampe im Zelt deponieren, mit der Lichtrichtung nach oben, um das Zelt von innen zu beleuchten. Tür zu. Noch ein wenig mit der Distanz herumprobieren. Und tatsächlich taugten die Fotos dann endlich etwas. Begrenzt wurden sie natürlich zum einen durch mich, der ich mir erst kurz vor dem Urlaub meine erste Nicht-Handykamera angeschafft hatte und zum anderen durch das Standart-Objektiv der Sony A 6000 dessen Lichtstärke nicht sonderlich hoch war. Aber das tat dem Naturerlebnis freilich keinen Abbruch.











                                                                                                                                                          Nach ca. 20 Langzeitbelichtungen und sicherlich 30-45min reicht es mir. Zeit genug zum Bestaunen des Himmels hatte ich währenddessen auch. Langsam wird es kalt. Trotzdem fällt es mir schwer, wieder schlafen zu gehen. Hatte ich genug Fotos gemacht? Wären diese gut genug? Habe ich alle Einstellungen beachtet? Es dauert eine Weile, bis ich diese Gedanken verarbeitet habe und weiterschlafen kann. Eine Weile wälze ich mich noch im Schlafsack.

                                                                                                                                                          Aber ich bin dankbar. Unendlich dankbar dafür, nach zig Nächten unter Wolken endlich die Sterne gesehen zu haben. Und dann auch noch Nordlichter als Bonus oben drauf.

                                                                                                                                                          Dann noch ein paar Stunden schlafen bis zum Morgengrauen. Der Plan war klar: Rauf auf den Laddebakte.

                                                                                                                                                          Fröhlich aufgewacht! Morgenstund hat Gold im Mund!
                                                                                                                                                          Äh…hm…..

                                                                                                                                                          Das Wetter ist bescheiden. Der Nebel steht tief. Der Regen ist stark. Rauf auf den Berg? Keine Chance. Was soll ich da oben? Eine weiße Wand anschauen? Macht ja doch keinen Sinn. Schade. Der zweite Berggipfel den ich mir vorgenommen und wetterbedingt verpasst habe. Erstmal nen Tee und Abwarten. Wie so oft in diesem Urlaub. Eigentlich hat es jede Nacht geregnet.

                                                                                                                                                          Bloß runter von dieser Ebene, bloß runter ins Tal. Alles eingepackt und auf. Der Regen wird weniger, der Nebel mehr.


                                                                                                                                                          Links vom See entlang. Zunächst läuft alles gut, es ist ein Pfad sichtbar. Weiter unten am See sehe ich ein Pärchen, das gerade ihr Zelt einpackt. Unklar ob es die beiden von gestern abend sind. Die Orientierung hier fällt leicht – rechts ist der See.




                                                                                                                                                          Am südlichen Ende des Snavvajavrre kommt noch dieses schöne Motiv.



                                                                                                                                                          Der Nebel wird dichter. Und dichter. Und dichter. Vor allem wär ich gerne Dichter. Um Heinz Erhardt zu zitieren. Die Sicht wird schlechter und beträgt schon nach kurzer Zeit noch vielleicht 15-20m. Ich sehe eine Steigung. Das entspricht der Karte, laut der ich zunächst ein Stück bergauf muss, bevor es dann endlich bergab geht. Freilich bestand die Gegend in Wirklichkeit wohl gerade nicht aus einer Hügellinie nach der es wieder bergab ging – meine Karte war hier leider zu grob (100.000) - sondern wohl aus zahlreichen kleinen Hügeln.

                                                                                                                                                          Es ist noch nicht spät. Die vorgenommene Strecke für heute ist nicht so lang. Der Nebel ist eine Herausforderung. Ich will es zunächst mal ohne Navi versuchen. So rationalisiere ich es später. Oder war ich nur zu faul? Dachte ich mir „Es wird schon gut gehen“? Oder „Was soll schon schiefgehen?“ Oder dachte ich mir gar nichts und habe einfach nur versucht, dem Pfad zu folgen? Ich weiß es nicht.





                                                                                                                                                          Zunächst geht alles gut. Ich sehe einen Hügel den ich besteige. Ich sehe einen Pfad. Das wird schon der richtige sein. Der geht nach rechts. Erst rauf. Dann wieder runter. Passt doch. Irgendwann kommen mir Zweifel. Waren das nicht doch schon über 90 Grad? Ich schaue mal auf den Kompass. Ich muss nach Süden. Und der Kompass sagt mir, ich würde nach Norden laufen. Da komme ich her. WAS?



                                                                                                                                                          Bis zu diesem Moment ist alles einfach. Und auf einmal muss man sich entscheiden: Das Gefühl – und das Gefühl ist in so einer Situation stark - sagt, lauf weiter geradeaus. Und der Kompass sagt: Lauf in die Gegenrichtung. Absurd. Letzten Endes denke ich, dass ich so vom Wunsch danach getrieben war, einem Pfad zu folgen – und davon gab es reichlich – dass ich dem falschen gefolgt bin. So oder so – ich bin zunächst entspannt und lasse das Navi im Rucksack. Es muss so gehen. Vor 50 Jahren, vor meiner Zeit, ging es schließlich auch.

                                                                                                                                                          Also folge ich einem Pfad in die Gegenrichtung – und lande am Ende auf einem Pfad nach Westen, wahrscheinlich in Richtung Gipfel.


                                                                                                                                                          Die nächste 180 Grad Wendung. Irgendwann laufe ich sogar über ein Geröllfeld. Von einem Pfad – keine Spur mehr. Hier ein Zelt aufstellen – unmöglich.

                                                                                                                                                          Wer jetzt zuhause sitzt und denkt, es könne doch nicht so schwer sein, geradeaus zu laufen – das ist ja kein Fussballfeld. Keine Straße. Da sind Steine im Weg, man hat einen steilen Abhang, man will ein Geröllfeld umgehen, einem Pfad folgen – und schon ist das Chaos perfekt.

                                                                                                                                                          Man steht irgendwo in der Pampa. Bei einer Sicht von 10-15m. Es kommen Zweifel auf. Man dreht sich um. Nach links. Nach rechts. Nach hinten. Schaut auf den Kompass. Macht ein Foto. Links ist das Motiv schöner. Moment. Wo war jetzt vorne und wo war hinten? Keine Ahnung.







                                                                                                                                                          Am Ende habe ich eine simple Erkenntnis mitgenommen. Bei so einer Sicht muss man stur nach Kompass laufen. Diesen nicht im Rucksack verstauen, sondern am besten in der Hand halten. Und alle 2min draufschauen.

                                                                                                                                                          Ich bin mal so ehrlich und poste noch ein Bild von meinem Garmin GPS-Gerät, das den gelaufenen Track aufgezeichnet hat. So hat sich das auch angefühlt. Aber was solls. Ein Abenteuerurlaub braucht eben auch Abenteuer.


                                                                                                                                                          Irgendwann bin ich endlich auf dem richtigen Kamm angekommen und es geht wieder bergab. Aber was ist das? Irgendetwas taucht aus dem Nebel auf. Was ist das? Könnte ein Baum sein…


                                                                                                                                                          Und wenn das ein Baum ist - dann beginnt hier eine andere Welt!

                                                                                                                                                          Endlich habe ich wieder einen klaren, eindeutigen Pfad gefunden – der auch in die richtige Richtung verläuft. Und steil bergab läuft. Richtig steil. Der nasse, ruschige Pfad schlängelt sich hinunter zu einem Flussbett.







                                                                                                                                                          Die Atmosphäre hier ist – unheimlich. Einfach nur unheimlich. Ich habe ja wahrlich kein Problem damit, nachts über einen Friedhof zu laufen, aber die ganze Stimmung hier – wäre hier ein Geisterhund aus dem Nebel aufgetaucht – ich hätte meine Stöcke im Anschlag gehabt. Immer mal wieder innehalten.

                                                                                                                                                          War da nicht was?
                                                                                                                                                          Da ist nichts.



                                                                                                                                                          Nach der Durchquerung geht es wieder ein Stück bergauf. Und dann – BAM – taucht der Fluss im Tal wie aus dem Nichts vor mir auf. Von einem Moment zum anderen, raus aus dem Nebel und dann so ein Wahnsinnspanorama. Trotzdem schade. Wie schön wäre die Aussicht von weiter oben wohl gewesen?







                                                                                                                                                          Es geht weiter bergab und irgendwann mitten hinein in einen Laubwald.



                                                                                                                                                          Das hier ist völlig anders als alles was ich bisher auf der Tour hatte. Es hat vorher geregnet, jedenfalls tropft das Wasser von den Bäumen. Ich tue mich schwer, die richtige Kleidung zu wählen. Die Regenjacke auf der Haut fühlt sich blöd an, aber die Skiunterwäsche oder der Fleecepullover sind viel zu warm. Ich komme mir vor wie im tropischen Regenwald.


                                                                                                                                                          Es gibt mehrere Pfade, ich entscheide mich für den, der direkt am Fluss entlang führt.


                                                                                                                                                          Auch an einer guten potentiellen Camp-Stelle komme ich vorbei.







                                                                                                                                                          Keine Ahnung ob essbar oder nicht, ich probiere es lieber nicht. Wäre auch etwas weit oben.

                                                                                                                                                          Hier gibt es natürlich auch völlig andere Pflanzenwelt






                                                                                                                                                          Die Berge liegen weiterhin in dichtem Nebel. Es bleibt dabei: Bei solchem Wetter macht es mehr Sinn, in den Tälern zu bleiben.

                                                                                                                                                          WICHTIG. Nach einer Weile kommt eine absolut entscheidende Stelle, an ein paar Seen (bzw. etwas davor). Es gibt 2 Pfade – einer führt zwischen den Seen und dem Fluss hindurch und einer nahe am nördlichen Ufer. Letzteren empfand ich als puren Graus. Der Boden bestand aus rutschigen Steinen ohne grobe Merkmale, sodass jeder Schritt vorsichtig gewählt werden musste. Mehrfach konnte ich mich nach dem Wegrutschen gerade noch halten. Frust. Der pure Frust. Das konnte hier nicht richtig sein.





                                                                                                                                                          Also drehe ich um – und sehe einen in rot gekleideten Wanderer, gegenüber, hinter dem See, einen langgezogenen Streifen entlangmarmschieren – in einer Geschwindigkeit, als wäre es eine Betonstraße.

                                                                                                                                                          Der "Rote Wanderer"

                                                                                                                                                          Sofort war mir klar – da muss ich hin.


                                                                                                                                                          Ich hatte die richtige Abfahrt verpasst. Ich nahm den direkten Weg – durch den Sumpf. An einigen Stellen war das Wasser schienbeintief aber das war mir egal. Meist war es nur knöcheltief. 5min durch den Morast, dann war ich endlich auf dem Grünstreifen.



                                                                                                                                                          Hier kam man super schnell voran.Der Boden war abwechslungsreich, man fühlte sich wie am Meer, es gab Sandbänke, kleine Flüsse, immer wieder Abflüsse die zu überqueren waren. Bei schönem Wetter wäre dieser Abschnitt ein Traum gewesen, so war er immer noch schön.







                                                                                                                                                          Blick zurück
                                                                                                                                                          Blick nach vorne

                                                                                                                                                          Irgendwann sah ich dann den roten Wanderer vor mir, der gerade eine Pause machte und schloss zu ihm auf. Und lernte Arjan aus Holland kennen. Wir kamen ins Gespräch, ich erzählte vom outdoorseiten.net Forum – und er kannte es. Es stellte sich heraus, dass er alle Sarek-Berichte die ich gelesen hatte auch gelesen hatte – und sogar meinen letzten Schottland-Reisebericht. Die Welt ist klein. Und das Outdoorseiten-Forum scheinbar nicht nur bei Deutschen bekannt. Nur einen Account hatte er noch nicht. Ich schlug ihm vor, sich einen zuzulegen, und so kam es dann am Ende auch. Sogar Tom hatte er vor einigen Jahren wohl schon mal getroffen.


                                                                                                                                                          Blick zurück zu Arjan


                                                                                                                                                          Wahnsinnig düstere Atmosphäre





                                                                                                                                                          Am Auslauf des Alep Vassjajagasj schlug Arjan sein Zelt auf. Ich sah mich zu „höherem“ berufen und wollte unbedingt noch den Berg rauf. Keine Ahnung was mich da gebissen hat. Wahrscheinlich die Hoffnung auf einen Zeltplatz mit Aussicht weiter oben. Aber worauf? Auf den Nebel? Ich hatte noch ca. 90min Sonnenlicht / Tageslicht. Ich verabschiedete mich – nicht ohne Vorbehalt – und versuchte 10min mein Glück. Der Pfad ging direkt durch den Busch und war kaum sichtbar. Ich war kaputt. Und so drehte ich denn nach kurzer Zeit um und schlug mein Zelt neben dem vom Arjan auf.

                                                                                                                                                          Er hatte definitiv das bessere Timing erwischt und so musste ich mein Zelt dann im Regen aufbauen. Selber schuld .

                                                                                                                                                          Dann ging es – wieder in einer düsteren und nebeligen Atmosphäre – in den Schlafsack. Ein ereignisreicher Tag – aber um ehrlich zu sein: Ereignisarme Tage gibt es als Anfänger im Sarek auch nicht.
                                                                                                                                                          Zuletzt geändert von Freedom33333; 01.01.2020, 12:59.

                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                            Fuchs
                                                                                                                                                            • 10.10.2017
                                                                                                                                                            • 2024
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                                                                                                                                                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                            Krass mit den Nordlichertern, so unverhoft. Wie glücklich muss man dann einschlafen können. Und selbst bei Nebel sieht das Rapadalen richtig Mytisch aus.
                                                                                                                                                            "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                              Fuchs
                                                                                                                                                              • 22.08.2010
                                                                                                                                                              • 1835
                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                              #79
                                                                                                                                                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                              Oh, ja, dieser Tag war auch bei mir ein Grauen.
                                                                                                                                                              Einige werden sich noch an den Film „The Fog“ von John Carpenter erinnern. Es fehlten nur noch die Gestalten, die aus dem Nebel....... Wie wichtig und hilfreich doch eine freie Sicht bei der Wegfindung ist!
                                                                                                                                                              Ohne „fremde Hilfe“ wäre ich da auch nicht zu meinem Ziel gekommen.
                                                                                                                                                              My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                                                • 30.05.2007
                                                                                                                                                                • 3996
                                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                                #80
                                                                                                                                                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                Geniale Atmosphäre, die Du sehr gut eingefangen hast. Und die Fotos von den Nordlichtern sind genial.
                                                                                                                                                                So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                                A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                  Alter Hase
                                                                                                                                                                  • 30.05.2007
                                                                                                                                                                  • 3996
                                                                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                                                                  #81
                                                                                                                                                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                  Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen



                                                                                                                                                                  Keine Ahnung ob essbar oder nicht, ich probiere es lieber nicht. Wäre auch etwas weit oben.
                                                                                                                                                                  Sind die Beeren der Eberesche (Vogelbeere). Man kann sie essen (nicht giftig) aber durch den Gehalt an Parasorbinsäure sind sie übelkeiterregend. Durch Kochen wird die Parasorbinsäure zu Sorbinsäure abgebaut, dadurch werden die Früchte genießbar.
                                                                                                                                                                  So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                                  A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                    Dauerbesucher
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                                                                                                                                                                    • 900
                                                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                                                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                    Tag 13. Mittwoch 11.9.2019. Am Fuße des Alep Vassjajagasj - rauf auf die Hochebene - Suorkitjahkka - Ebene Östlich des Gierdogiesjtjahkka - oder: Nebel. Einfach nur Nebel.

                                                                                                                                                                    Da ich nicht wusste, wann Arjan aufbrechen würde – und ich einen gewissen Respekt vor der Tagesetappe hatte – stand ich recht früh auf.


                                                                                                                                                                    Die Stimmung des vergangenen Tages setzte sich fort.

                                                                                                                                                                    Langsam ging mir mein Müsli zur Neige. Eigentlich immer meine Lieblingsmahlzeit.Während ich mich also auf mein vorletzes Müsli freue und mir gerade das Wasser dafür noch ein wenig erhitze, komme ich irgendwie gegen den Topf auf dem Kocher und stoße den Topf um. Mein leckeres Müsli kippt auf den Boden und ist verloren.




                                                                                                                                                                    Hrrrrnnnggg. Hatte ich das Wort Frust schonmal irgendwo im Thread erwähnt? Immerhin nicht ins Innenzelt. Jedenfalls gibt es in der Folge 150g Salami zum Frühstück. Davon hatte ich 1,4kg mitgenommen und noch reichlich übrig.


                                                                                                                                                                    Das Wetter nahm sich nicht viel im Vergleich zu gestern. Klar, hier unten im Tal war es noch nicht nebelig, aber die Wolken sahen beeindruckend aus und es war schon jetzt klar, dass wir früher oder später in den Nebel hineinstoßen würden.




                                                                                                                                                                    Nachdenklicher Blick von mir beim Zeltabbau („Wo ist hier bloß die nächste Cocktail-Bar?“), Foto von Arjan

                                                                                                                                                                    Dann ging es nach oben auf die Ebene. Zunächst ein wenig durch den Busch – einen Pfad fanden wir hier nur schwerlich – dann, endlich auf einem doch ziemlich guten Pfad rechts vom Alep Vassjajagasj entlang.


                                                                                                                                                                    Blick zurück.




                                                                                                                                                                    Blick nach vorne

                                                                                                                                                                    Ein paar steilere Stellen gab es, aber insgesamt sehr gut machbar. Währenddessen hatten wir immer wieder sehr schöne Ausblicke auf das Wasser, wie es sich von oben herabstürzte. Zunächst ging es durch den Wald, die Baumgrenze kam aber doch recht schnell näher.

                                                                                                                                                                    Der Blick zurück ins Rapadalen in Richtung Norden war überaus beeindruckend und entschädigte mich doch ein wenig dafür, dass ich ihn nicht vom Laddebakte bzw. beim Abstieg gestern bewundern durfte.


                                                                                                                                                                    Der Fluss an dessen – von hier aus gesehen – linken Ufer wir aufgestiegen sind, rechts der Blick auf das Rapaselet


                                                                                                                                                                    Geschlossene Wolkendecke ab einer gewissen Höhe




                                                                                                                                                                    Nach einer Weile verlor sich der Pfad. Das war aber kein Problem, der Plan war klar: Schräg nach oben in Richtung Osten.


                                                                                                                                                                    Auch die Sicht war zunächst unproblematisch.




                                                                                                                                                                    Die Frage „Tschuldigung, wo geht’s hier zur U-Bahn?“ blieb leider unbeantwortet.

                                                                                                                                                                    Spannend waren die diversen Flussbette die wir durchqueren mussten. Für diese ging es stets ein gutes Stück steil bergab und dann auf der anderen Seite wieder bergauf. Ohne Schuhwechsel ging hier nichts, dafür waren die Bäche zu breit und zu tief.


                                                                                                                                                                    Flussbett #1




                                                                                                                                                                    Ich gehe zwischendurch auch mal voran, überließ diese Rolle aber die meiste Zeit Arjan.


                                                                                                                                                                    Der Fluss ist tiefer als erwartet.



                                                                                                                                                                    Arjan beim Durchqueren des Flusses. Die Story warum er nur einen Stock dabei hatte muss er schon selbst erzählen.

                                                                                                                                                                    Ich bin mir beim heutigen Tag leider nicht 100%ig sicher, ob nicht die ein oder andere Begebenheit zeitlich etwas vor- oder nachgelagert war, der Nebel hat doch alles ein wenig überlagert. Im Wesentlichen wechselten sich Nebelbänke, Sonnenschein und sich einschneidende Bachbette ab.


                                                                                                                                                                    Blick nach vorne, hier war ein Pfad erkennbar


                                                                                                                                                                    Blick zurück


                                                                                                                                                                    Direkt in den Nebel hinein!


                                                                                                                                                                    Blick ins Tal nach Westen. Ich bin mir nicht mehr sicher welcher Berg das war.




                                                                                                                                                                    Hinter diesem Schneefeld kam ein weiteres Bachbett. Dieses war zwar nicht tief, aber die Steine waren ziemlich rutschig.





                                                                                                                                                                    Das eine mal machten wir, mitten im Nebel bei einer Sicht von vielleicht 10m, eine Pause. Als wir weiterlaufen wollten herrschte zunächst Uneinigkeit darüber, in welche Richtung wir weitermüssten. Unsere Ansichten unterschieden sich um 90 Grad. Orientierung boten uns am Ende zwei Faktoren: Erstens die Sonne, die von rechts bzw. ca. von Süden kam und zweitens das Rauschen eines Baches, der laut Karte in Kürze zu durchqueren war, also die Richtung nach vorne wies.

                                                                                                                                                                    Besonders als wir zwischen dem Suorkitjahkka (1214m) und dem namenlosen Gipfel weiter südlich (1078m) hindurch wollten mussten wir uns gut orientieren, denn noch weiter südlich lag ja der Gipfel des Ridok (978m). Bei unserer Sicht war es jedoch nahezu unmöglich festzustellen, ob wir den Durchgang zwischen dem ersten und zweiten oder dem zweiten und dritten Berg anpeilten.

                                                                                                                                                                    Alles was wir im Nebeldust erkennen konnten waren Umrisse die die Interpretation zuließen, dass es sich um zwei Gipfel handeln würde. Aber welche waren es? Ich bin mir im Nachhinein nicht mal sicher, denke aber dass wir den richtigen Weg gewählt haben. Diskutiert wurde auch, ob wir uns wieder südlich oder nördlich halten sollten, da nördlich wohl ein Blockfeld / Geröllfeld lag, das wir umgehen wollten. Dadurch drifteten wir aber am Ende so weit nach Süden ab, dass wir ein Stück am Hang entlangliefen.


                                                                                                                                                                    Das erste mal taucht aus dem Nebel das große Flussdelta unterhalb des Skierffe auf.


                                                                                                                                                                    Wenige Minuten danach sah es schon wieder so aus.


                                                                                                                                                                    Und ein paar Minuten später wieder so


                                                                                                                                                                    Blick zurück zum Ridok, der südlichsten Bergspitze. Bei dem Bild kann man den Wind und den Nebel erahnen.


                                                                                                                                                                    Blick zum Alep Suobbatjavrre


                                                                                                                                                                    Und hier nochmal rausgezoomt

                                                                                                                                                                    Die letzte Herausforderung bestand dann darin, sich den Weg über den Gierdogiesjtjahkka zu suchen.


                                                                                                                                                                    Gierdogiesjtjahkka links im Bild (Bzw. einer der Vorgipfel)


                                                                                                                                                                    Der Blick auf den Nammasj war einfach der Hammer!

                                                                                                                                                                    Hierfür ging es zunächst steil bergab zu einem Fluss, nach dessen Durchquerung dafür umso steiler wieder bergauf.

                                                                                                                                                                    Da runter zum Flussbett






                                                                                                                                                                    Blick nach vorne zu Arjan der vorangegangen ist


                                                                                                                                                                    Da Arjan ohne die Schuhe auszuziehen über diverse wackelige Steine - mit einem Stock - vorangeht, muss ich es ihm gleichtun Wackelig wars, aber ich schaffe es unfallfrei.


                                                                                                                                                                    Nach relativ kurzer Distanz schien sich der Bach schon ins Tal zu stürzen

                                                                                                                                                                    Hier waren die Stöcke nutzlos und mussten verstaut werden, hier war es unabdingbar, die Hände zu Hilfe zu nehmen um sich an den diversen Felsen hochzuziehen. Zunächst fassten wir von weiter oben einen Pfad weiter rechts ins Auge, einmal unten angekommen verzichteten wir aber darauf und suchten uns – Arjan voran – einen direkteren, steileren Weg bergauf. Es ging. Dennoch gebe ich gerne zu, dass ich an dieser Stelle froh war, nicht alleine unterwegs zu sein. Wobei ich mir, alleine, wahrscheinlich einen etwas flacheren Aufstieg gesucht hätte.

                                                                                                                                                                    Jedenfalls wenn da nicht der Faktor Zeit gewesen wäre. So viel Zeit bis Sonnenuntergang hatten wir nämlich gar nicht mehr. Und dass man hier nirgendwo ein Zelt aufschlagen könnte brauche ich wohl nicht zu erwähnen.




                                                                                                                                                                    Foto von Arjan von mir


                                                                                                                                                                    Toller Blick zurück, wenn der Nebel mal weg war



                                                                                                                                                                    Der Blick zurück – und der Pfad hinein in den Nebel – waren überaus beeindruckend. Wir liefen direkt in eine Nebelbank hinein Wenn ich meinen GPS-Track richtig interpretiere umrundeten wir den Gipfel auf der nördlichen Seite.

                                                                                                                                                                    Beim Aufstieg wurde die Sicht so unfassbar schlecht, dass man sich sehr konzentrieren musste, den anderen nicht zu verlieren. Einmal drehte ich mich um, um ein Foto zu machen – und nach vielleicht 20 Sekunden Stehen statt laufen konnte ich gerade noch den Schemen von Arjan im Nebel verschwinden sehen! Was für ein Abenteuer!


                                                                                                                                                                    Und weg ist er

                                                                                                                                                                    Irgendwann waren wir endlich ganz oben – nur spät war es mittlerweile geworden, viel zu spät.




                                                                                                                                                                    Endlich geht es wieder bergab!


                                                                                                                                                                    Dunkel war es geworden

                                                                                                                                                                    Und so liefen wir denn in einem überaus hohen Tempo bergab. Das erhoffte Gras ließ lange Zeit auf sich warten, ewig ging es über ein Blockfeld. Bei unserem Tempo im Nachhinein ein Wunder, dass man sich nicht irgendwo den Fuß verstaucht oder ein Band angerissen hat. Mehrfach fühlten sich Tritte so an, als wäre ich kurz davor.


                                                                                                                                                                    Bei einem Schneefeld überlegten wir denn eine Weile, ob wir es betreten könnten, entschieden uns dann aber dafür. Der Weg außen herum wäre zu lang gewesen.

                                                                                                                                                                    Dann, endlich wurde es flacher, wir kamen aus dem Nebel heraus und konnten etwas flacheres Gelände erblicken. Ein potentieller erster Zeltplatz wurde mangels Wasser verworfen, ein paar hundert Meter weiter unten fanden wir dann – etwa im Abstand von 50m – zwei geeignete Zeltplätze. Natürlich fing es dann beim Zeltaufbau wieder an zu regnen.


                                                                                                                                                                    Unsere Route von heute. In Anbetracht des starken Nebels höchstwahrscheinlich nicht gerade die ideale Routenführung.

                                                                                                                                                                    Eine große Frage beschäftigte mich an diesem Abend - wie würde das Wetter morgen sein? Würde sich der Nebel verziehen? Oder müssten wir den Skierffe auch streichen?

                                                                                                                                                                    Schnell noch Wasser holen und dann ab ins Bett. An Tagen wir diesen – und Tage wie diese gab es für mich fast nur – war an gemütliches Lesen im Schlafsack nicht mehr zu denken. Schlafsack zu, umdrehen und schlafen. Man war ich froh, diese Tagesetappe bewältigt zu haben.
                                                                                                                                                                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 14.01.2020, 21:42.

                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                      Alter Hase
                                                                                                                                                                      • 30.05.2007
                                                                                                                                                                      • 3996
                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                      Du kannst uns doch jetzt nicht hier einfach so schmoren lassen.....
                                                                                                                                                                      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                                      A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                        Fuchs
                                                                                                                                                                        • 10.06.2004
                                                                                                                                                                        • 1232
                                                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                                                        #84
                                                                                                                                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                        Schade, dass Du die letzten beiden Tage so feuchtes und nebliges Wetter hattest. Auf den Fotos sieht das ja richtig stimmungsvoll und beeindruckend aus. Aber aus Erfahrung würde ich aber mal stark vermuten, dass Du sicherlich nichts gegen etwas bessere Sichtverhältnisse einzuwenden gehabt hättest. Zumal die Route oberhalb des Rapadalens auch wirklich eine geradezu famose Panoramastrecke ist. Bin dann mal gespannt wie das noch weitergeht und die Aussicht vom Skierfe dann war. Zu Beginn des Berichtes hast Du da ja schon ein bisschen was geteasert.

                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                          Dauerbesucher
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                                                                                                                                                                          • 900
                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                          Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                          Krass mit den Nordlichertern, so unverhoft. Wie glücklich muss man dann einschlafen können. Und selbst bei Nebel sieht das Rapadalen richtig Mytisch aus.
                                                                                                                                                                          Danke .

                                                                                                                                                                          Happy und dankbar war ich in der Tat, aber erstaunlich fand ich, dass die Komponente der Unsicherheit, ob die Fotos etwas taugen, hinzukam. Wer weiß wie oft man so eine Gelegenheit hat. Gerade die Unschärfe der anfänglichen Fotos hat mich doch arg verunsichert. (Exkurs: habe mir gerade ein manuelles Objektiv zugelegt und habe beim ersten Versuch kein einziges scharfes Foto hinbekommen. Bin ich froh dass ich für die Sarek-Tour das KIT-Objektiv dabei hatte und nicht volles Risiko gegangen bin).

                                                                                                                                                                          Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                          Geniale Atmosphäre, die Du sehr gut eingefangen hast. Und die Fotos von den Nordlichtern sind genial.
                                                                                                                                                                          Vielen Dank! Wobei man fairerweise dazu sagen muss, dass diese durch die längere Belichtungszeit auf den Fotos doch ein Stück stärker zur Geltung kommen als es in der Realität war. Vergleiche hier:
                                                                                                                                                                          https://blickgewinkelt.de/wie-polarl.../#wirklichkeit

                                                                                                                                                                          Bearbeitet habe ich dagegen kein einziges Foto von den Nordlichtern. Müsste ich eigentlich auch nochmal probieren, was sich da noch rausholen lässt.

                                                                                                                                                                          Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                          Sind die Beeren der Eberesche (Vogelbeere). Man kann sie essen (nicht giftig) aber durch den Gehalt an Parasorbinsäure sind sie übelkeiterregend. Durch Kochen wird die Parasorbinsäure zu Sorbinsäure abgebaut, dadurch werden die Früchte genießbar.
                                                                                                                                                                          Na da traue ich mich irgendwo im Sarek lieber nicht ran.

                                                                                                                                                                          Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                          Du kannst uns doch jetzt nicht hier einfach so schmoren lassen.....
                                                                                                                                                                          Das ist leider äußerlichen Zwängen geschuldet, da das Schreiben eben doch immer recht viel Zeit in Anspruch nimmt. Bilder sichten, Text anhand der Bilder und der Karte schreiben, die besten Bilder auswählen, fürs Forum verkleinern, Hochladen, in den Text einfügen, Bildunterschriften anhand der Karte hinzufügen. 4-5 Stunden ist man da schon beschäftigt. Gerade beim Schreiben des Texts beobachte ich auch bei mir, dass ich dafür in der richtigen Stimmung sein muss, dann schreibe ich den auch immer an einem Stück runter. Aber es macht ja auch Spaß. Vielen lieben Dank jedenfalls für das Feedback .

                                                                                                                                                                          Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                          Schade, dass Du die letzten beiden Tage so feuchtes und nebliges Wetter hattest. Auf den Fotos sieht das ja richtig stimmungsvoll und beeindruckend aus. Aber aus Erfahrung würde ich aber mal stark vermuten, dass Du sicherlich nichts gegen etwas bessere Sichtverhältnisse einzuwenden gehabt hättest. Zumal die Route oberhalb des Rapadalens auch wirklich eine geradezu famose Panoramastrecke ist. Bin dann mal gespannt wie das noch weitergeht und die Aussicht vom Skierfe dann war. Zu Beginn des Berichtes hast Du da ja schon ein bisschen was geteasert.
                                                                                                                                                                          Ja, man fragt sich oft „Was wäre gewesen wenn“. Aber ein weiser Mann hat mal gesagt:
                                                                                                                                                                          „Aber die Natur ist nicht immer schön. Sie ist auch rau, nass, kalt, stürmisch und hart.“
                                                                                                                                                                          Es gehört eben doch alles dazu. Wichtig ist, dass es sich die Waage hält – ich denke das war bei mir insgesamt der Fall – und dass man nicht alle Highlights, die man sich vorgenommen hat, verpasst. In meinem zweiten Schottland-Urlaub wollte ich z.B. unbedingt den einen Munro machen, konnte ihn wetterbedingt aber nicht machen. Dafür war ich dann auf zwei anderen Bergen die absolute Highlights waren.

                                                                                                                                                                          Und: Die besten Momente müssen ja nicht immer in der Aussicht bestehen, die andere als „objektiv bestes“ Highlight betrachten. So würde ich meine wunderschönen Tage im Algavagge und Niejdariehpvagge gegen nichts eintauschen wollen.

                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                            Fuchs
                                                                                                                                                                            • 10.10.2017
                                                                                                                                                                            • 2024
                                                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                                                            #86
                                                                                                                                                                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                            Ich muss mal zuhause schauen was das war, es gibt so eine manuelle unendlich Schärfeeinstellung, dann sind Objekte im Vordergrund und Himmel scharf, so hat es bei mir ganz gut geklappt. Aber das kann ich total nachvollziehen, so ging es mir in Singi auch und mir war arschkalt . In dem Moment kommt dann schon mal Hektik auf, man will den Moment ja unbedingt einfangen. Ist die gleiche Hektik wenn man plötzlich einen Elch sieht der jeden Moment weg sein könnte.
                                                                                                                                                                            "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                              Dauerbesucher
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                                                                                                                                                                              • 900
                                                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                                                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                              Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                              Ich muss mal zuhause schauen was das war, es gibt so eine manuelle unendlich Schärfeeinstellung, dann sind Objekte im vordergrund und Himmel scharf, so hat es bei mir ganz gut geklappt. Aber das kann ich total nachvollziehen, so ging es mir in Singi auch und mir war arschkalt . In dem Moment kommt dann shcon mal hektik auf, man will den Moment ja unbedingt einfangen. Ist die gleiche Hektik wenn man plötzlich einen Elch sieht der jeden Moment weg sein könnte.
                                                                                                                                                                              Hm ja es gibt meines Wissens (Anfänger! Youtube-Videos!) zwei Möglichkeiten: (1) Auf unendlich scharf stellen (2) Auf ein Objekt im Vordergrund scharfstellen mit der "Hyperfokalen Distanz", diese ist der Mindestabstand zum Objekt der einzuhalten ist und orientiert sich an der Blende und der Brennweite (=mm) Bereich der Kamera, wobei hier nochmal differenziert werden muss nach Sensor (Vollformat vs. Systemkamera).

                                                                                                                                                                              Soweit die Theorie. In der Praxis ist es aber eben doch nicht ganz so einfach. Ich war gestern Wandern und habe versucht die Sterne scharf zu stellen mit meinem neuem Samyang 12mm, aber es ist mir nicht so richtig gelungen. Ein bisschen Übung erfordert es eben doch. Aber bei Sternenotografie / Nordlichtern hilft der Autofokus sowieso nicht, da muss man eh manuell fokussieren.

                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                Fuchs
                                                                                                                                                                                • 10.10.2017
                                                                                                                                                                                • 2024
                                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                Hoffe das ist nicht zu viel OT: bei mir war der größte Fehler: Das Auslösen und kein Stativ. Ich habe dann ein kleines 15cm hohen Gummistativ gekauft und die Kamera auf 2sec. auslösen nach drücken gestellt, denn der erste Wackler macht das ganze Foto unscharf. Aber ich vermute das war bei dir nciht der Fall
                                                                                                                                                                                "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                  • 900
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                                                                                                                                                                                  Tag 14. Donnerstag 12.9.2019. Ebene östlich des Gierdogiesjtjahkka – namenloser Gipfel 1044m – Skierffe – Aktse. Oder: Atemberaubende Aussichten – und zurück in der „Zivilisation“.

                                                                                                                                                                                  Am nächsten Morgen war der Nebel wie geggeblasen. Dafür war der Himmel wolkenbedeckt – und die Wolken brachten wieder mal eine tolle Atmosphäre mit sich.


                                                                                                                                                                                  Blick nach Süden zur Hügelkette mit dem namenlosen Gipfel auf 1044m, ggf. der Skierffe dahinter


                                                                                                                                                                                  Blick nach Südwest, im Hintergrund Arjans Zelt


                                                                                                                                                                                  Blick nach Nordost, wohl einer der beiden auf der Karte eingezeichneten Seen

                                                                                                                                                                                  Wir diskutierten kurz die Optionen, verwarfen aber die Idee, direkt mit wenig Gepäck zum Skierffe zu Laufen und erst danach zurück zu den Zelten. Das hätte uns einiges an Zeit erspart – und wir hatten einige Bedenken, dass der Nebel zurückkehren könnte – wäre aber sinnlos gewesen, da wir relativ weit im Norden auf der Ebene waren und wir in Richtung Aktse ohnehin direkt am Skierffe vorbei mussten.

                                                                                                                                                                                  Die Sicht war perfekt und die Orientierung war eigentlich auch recht klar. Bei der Bergspitze hinter uns tippte ich auf den Suorkisjnjurttje und nicht den Gierdogiesjtjahkka.

                                                                                                                                                                                  In den anderen Richtungen fehlte es an klaren Orientierungspunkten. Die großartige Weite in Richtung Osten war eindeutig zuzurdnen. In Richtung Süden gab es ein wenig Raum für Interpretationen, der sichtbare Gipfel hinter der Hügelkette war wahrscheinlich der Skierffe, der Berg ganz links könnte der Bassoajvvve sein. Jedenfalls gehörte bei der Hügelkette irgendwo der Gipfel auf 1044m dazu, also peilten wir eine der flacheren Stellen zwischen den Hügeln an.


                                                                                                                                                                                  Also erstmal zur Hügelkette.


                                                                                                                                                                                  Blick nach Südost


                                                                                                                                                                                  Eine wahnsinnige Weite im Osten


                                                                                                                                                                                  Beeindruckende Wolken


                                                                                                                                                                                  Sieht noch jemand außer mir die „Maus“ in Übergröße?

                                                                                                                                                                                  Oben angekommen war bereits der Blick zurück einfach nur wunderschön.



                                                                                                                                                                                  Die meiste Zeit hatte ich ja klare Begrenzungen durch Berge links und rechts der Täler gehabt - das hier war nochmal etwas anderes. Ich hätte gute Lust gehabt, einfach geradeaus dort hineinzuwandern, aber das Tagesziel war ja klar.


                                                                                                                                                                                  Arjan ein Stück hinter mir

                                                                                                                                                                                  Oben angekommen erblickten wir dann in der anderen Richtung den Skierffe, daran gab es keinen Zweifel. Auf dem Weg dorthin ging es zunächst nochmal ein Stück bergab, wobei ein paar kleine Rinnsaale zu durchqueren waren.


                                                                                                                                                                                  Links der Skierffe, rechts der Tjahkelij jenseits des Flussdeltas

                                                                                                                                                                                  Die dunklen Wolken am Himmel mahnten uns zur Eile – nichts wäre ärgerlicher, als die tolle Aussicht wegen Wolken um ein paar Stunden oder auch nur eine halbe Stunde zu verpassen.


                                                                                                                                                                                  Auch Rentiere gab es auf dieser tollen Ebene.


                                                                                                                                                                                  Blick relativ nah an der Kante, hineinragend in das Tal wahrscheinlich die Kette mit dem Ridok, bei den Bergen dahinter würde ich auf das Gadoktjahkka tippen.


                                                                                                                                                                                  Hier nochmal rausgezoomt

                                                                                                                                                                                  Als wir uns der Kante gen Tal näherten fragte ich mich schon ein wenig, warum wir so einen Umweg gelaufen waren und den Gierdogiesjtjahkka umrundet hatten, andererseits war der Nebel einfach nur heftig gewesen und einige Stellen am rechten Hang hatten doch eher abschüssig ausgesehen. Und im tiefen Nebel wählt man eben lieber die sichere Option.

                                                                                                                                                                                  Arjan wollte am Fuße des Skierrfe angekommen den Rucksack unbedingt abstellen, ich dagegen hatte mir in den Kopf gesetzt, ihn mit nach oben zu nehmen. Es würde ja doch ewig dauern, sich zu entscheiden, was man mitnehmen müsste. Außerdem beschlug meine Linse wiederholt und nichts wäre ärgerlicher, als da oben zu stehen und dann kein Tuch dabei zu haben.

                                                                                                                                                                                  Ich hielt mich beim Aufstieg weiter südlich, relativ nahe an der Kante, Arjan etwas weiter nördlich.


                                                                                                                                                                                  Der Blick ins Tal – ich kann es nur schwer beschreiben, der Felsen in der Mitte des Tals ist der Nammasj.
                                                                                                                                                                                  Bis zum Gipfel überholte mich Arjan zwar noch knapp, blieb aber zunächst durch die Packaktion ein gutes Stück zurück. Weiter oben konnte ich noch ein Pärchen sehen, die gerade beim Abstieg waren, allerdings begegneten wir uns nicht direkt, sodass ich mit diesen nicht ins Gespräch kam.

                                                                                                                                                                                  Der Gipfel kam näher.
                                                                                                                                                                                  Man war ich nervös.
                                                                                                                                                                                  Gespannt.
                                                                                                                                                                                  Gut erinnerte ich mich an die phänomenalen Fotos vom Skirffe aus dem Bericht von drtech.
                                                                                                                                                                                  Und nun war ich hier.
                                                                                                                                                                                  Nicht am PC.
                                                                                                                                                                                  Nicht beim Lesen eines Reiseberichts.
                                                                                                                                                                                  Sondern ich, live, nach fast 2 Wochen Trekking durch die Wildnis.
                                                                                                                                                                                  Drei.
                                                                                                                                                                                  Zwei.
                                                                                                                                                                                  Eins.
                                                                                                                                                                                  BAM! DER HELLE WAHNSINN. Was für eine Aussicht! Egal in welche Richtung man blickt!

                                                                                                                                                                                  Und zunächst hatten wir die Aussicht sogar für uns.

                                                                                                                                                                                  Blick nach Südost


                                                                                                                                                                                  Blick nach Südwest, ganz unten der Sajvva

                                                                                                                                                                                  Es folgten zig Fotos. Vor allem die krasse Kante war ein wenig scary. Man muss sich das so vorstellen: Oben eine Art Plateu, wenn auch mit mehreren Felsen – und auf der einen Seite geht es steil bergab. Wirklich steil.


                                                                                                                                                                                  Wer da runter fällt ist mausetot.


                                                                                                                                                                                  Auch der Blick zurück nach Norden konnte sich Sehen lassen.


                                                                                                                                                                                  Danke an Arjan










                                                                                                                                                                                  Und hier nochmal eine Gesamtaufnahme


                                                                                                                                                                                  Freiheit! Die pure Freiheit! Wahnsinn!




                                                                                                                                                                                  Arjan beim Fotografieren.


                                                                                                                                                                                  Und hier noch die Perspektive, die er bei diesem Foto hatte vom westlichen Ende der Plattform.



                                                                                                                                                                                  Nach einer Weile stießen noch zwei Männer in meinem Alter dazu. Kaum hatten die ein paar Worte mit Arjan gewechselt, begrüßte ich sie auch schon auf Deutsch. Den deutschen Akzent kriegt man einfach nicht weg. Witzigeweise hatte einer der beiden ebenfalls die Sony A 6000 dabei – und zwei kreative Foto-Ideen, die ich ihm direkt mal klaute.

                                                                                                                                                                                  Erstens: Sportmodus und in die Luft springen. Das war schon unheimlich genug. Daher möge man mir verzeihen, dass ich nicht multitaskingfähig genug war, dabei auch noch zu Lächeln - ich war mehr damit beschäftigt zu Springen und beim Landen nicht zu Stolpern.





                                                                                                                                                                                  Zweitens – und da musste ich lange mit mir ringen – sich an die Kante setzen. Das fiel auch den beiden anderen nicht gerade leicht und langsam tasteten wir uns – erst im Liegen – an eine geeignet erscheinende Stelle vor. Und während ich diese Zeilen schreibe, merke ich, wie mir die Hände nass werden. Boah. Es war so scary! Ich konnte die beiden beoachten, wie sie sich an die Kante setzten – und musste dennoch lange Zeit mit mir ringen, ob ich das auch wollte. Einerseits denkt man sich:

                                                                                                                                                                                  Ja klar, unbedingt.
                                                                                                                                                                                  Wie oft ist man schon an so einem beeindruckenden Ort?
                                                                                                                                                                                  Wie oft hat man die Gelegenheit dazu?
                                                                                                                                                                                  Außerdem will sich nicht hinterher ärgern, dass man sich nicht getraut hat.

                                                                                                                                                                                  Und anderseits: Woher weiß man, dass der Felsen wirklich fest im Boden ist? Was, wenn er doch locker ist? Also Nachmachen auf eigene Gefahr. Wer hier mitliest und Bergsteigen oder Klettern geht wird mich für diese Gedanken wahrscheinlich auslachen, für mich war es krass. Man sitzt im Büro, geht seinem Leben nach, hat wahrscheinlich noch 40-50 Jahre – und riskiert dann, für ein dummes Foto, dass alles von einem Moment zum anderen enden kann. Sowas geht einem da durch den Kopf wenn man das nicht gewohnt ist.



                                                                                                                                                                                  Ich ringe mich dann doch dazu durch. Großes Dankeschön an einen der beiden Jungs für das tolle Foto! Das war nicht gerade leicht, musste er sich dafür doch auch an die Kante stellen und dann, den Arm ausgestreckt und ohne Hinzuschauen, eine Reihe von Fotos machen.


                                                                                                                                                                                  An dieser Stelle auch noch mal ein herzliches Dankeschön an Arjan für den gemeinsam bewältigten Abschnitt!

                                                                                                                                                                                  Eine eigene kreative Foto-Idee hatte ich dann aber auch noch:



                                                                                                                                                                                  Der Wind war so stark, dass er mir fast den Topf die Kante runterwehte, also musste ich ihn erst noch mit einem Stein beschweren. Da an der Kante sitzen und sich einen Tee kochen wäre mir dann in dem Wind doch zu krass gewesen. Auch die Idee, das Zelt kurz für ein Foto aufzubauen verwarf ich – beim nächsten Windstoß wäre es ja doch über die Kante geweht und weg gewesen.

                                                                                                                                                                                  Irgendwann brach Arjan auf – ich wollte noch ein wenig bleiben – und so verabredeten wir uns, uns in Aktse wiederzutreffen. Das war zwar eigentlich nicht direkt auf meinem Weg, aber ich hatte so viel davon hier im Forum gehört, dass ich einfach gespannt darauf war, wie man sich EINE Hütte – so mein Gedanke – hier in der Wildnis vorstellen musste.

                                                                                                                                                                                  Ein wenig später – zu spät – machte ich mich dann auch auf, verabschiedete mich von den Deutschen (die wohl dort in der Gegend einen Zeltplatz suchen und den Sonnenaufgang mit Timelapse festhalten wollten) und ging die letzten paar Kilometer an.


                                                                                                                                                                                  Blick nach Norden zum Gierdogiesjtjahkka

                                                                                                                                                                                  Und tat mich – wieder einmal mit ständigem Blick auf die Uhr und ein wenig unter Zeitstress – erstaunlich schwer mit der Orientierung. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich endlich den Pfad gefunden hatte.





                                                                                                                                                                                  Die Steine waren groß und zahlreich und das Absteigen beschwerlich. Falls es einen Pfad gibt, habe ich ihn jedenfalls beim Abstieg verpasst. Vor allem war ich mir nicht sicher, ob ich den Berg links oder rechts umrunden musste.

                                                                                                                                                                                  Blick zurück zum Skierffe


                                                                                                                                                                                  Östliches Ende des Tjahkelij


                                                                                                                                                                                  Irgendwann hatte ich dann endlich den Pfad gefunden



                                                                                                                                                                                  Irgendwo hier stand eine Art Verkehrsschild herum – als eine Herde Rentiere dieses passierte schaffte ich leider auf die Schnelle kein scharfes Foto, aber es war ein wirklich witziges Motiv (leider hatte ich die Belichtungszeit noch zu hoch)


                                                                                                                                                                                  Ansonsten kann ich über den Weg noch Folgendes berichten: Zunächst durch die typische Landschaft
                                                                                                                                                                                  wurde der Pfad irgendwann links und rechts von Gestrüpp begrenzt – und der „Pfad“ selbst bestand einfach nur aus purer Matsche. Alles andere als angenehm zu gehen.




                                                                                                                                                                                  Große Pilze gab es hier.




                                                                                                                                                                                  Ein letzter Blick zurück nach Westen

                                                                                                                                                                                  Irgendwann stieß ich dann endlich auf den Kungsleden und folgte diesem noch ein kleines Stück bergab nach Aktse, leider schon in der starken Dämmerung, sodass ich sogar meine Stirnlampe hinzuziehen musste. Es war ein komisches Gefühl, nach so einer langen Zeit wieder bei menschlichen Behausungen anzukommen. Aktse besteht aus einigen Hütten (Küche / Brennholzlager, Shop, Sauna, Toiletten und einige Hütten mit Räumen / Betten, ich war leider nicht drin.)

                                                                                                                                                                                  Die Kosten für einen Platz in einer der Hütten waren mir mit ca. 45€ ? dann doch deutlich zu teuer und so zahlte ich ca. die Hälfte dafür, mein Zelt aufschlagen zu dürfen und die Gemeinschaftseinrichtungen zu benutzen.

                                                                                                                                                                                  Es war doch ein wenig amüsant. Für die letzten 2 Wochen hatte es genau einen Ausrüstungsgegenstand gegeben, der:
                                                                                                                                                                                  - mit Abstand am nutzlosesten war
                                                                                                                                                                                  - ganz unten im Rucksack verstaut war
                                                                                                                                                                                  - bei dem ich mich aber kein einziges mal (!) gefragt hatte, ob er denn noch da sei
                                                                                                                                                                                  - hier dagegen war es der erste, den man brauchte
                                                                                                                                                                                  - und ohne ihn hätte man hier auch sein Zelt nicht aufschlagen dürfen - nichmal im Umkreis von einigen 100m

                                                                                                                                                                                  Und welchen Gegenstand suchen wir?

                                                                                                                                                                                  Richtig, die Geldbörse. Das ist nicht als Kritik gemeint, aber ich fand es doch einprägsam.

                                                                                                                                                                                  Die Sauna war natürlich top – wenn auch ein wenig dunkel. Eine eiskalte Dusche gab es draußen – dies schreckte weder Arjan noch mich ab – das absolute Highlight war dagegen, einen großen Eimer mit heißem Wasser (Feuer in der Sauna) zu erhitzen, kaltes Wasser dazu zu geben und sich das warme Wasser über den Kopf zu schütten. Wahnsinn! Dann zurück zum Zelt und ab „ins Bett“. Es war schon spät und es war hier auch nichts mehr los.
                                                                                                                                                                                  Zuletzt geändert von Freedom33333; 17.01.2020, 13:59.

                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                    Alter Hase
                                                                                                                                                                                    • 30.05.2007
                                                                                                                                                                                    • 3996
                                                                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                                                                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                    geniale fotos!!!!!!!
                                                                                                                                                                                    So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                                                    A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                      Fuchs
                                                                                                                                                                                      • 10.06.2004
                                                                                                                                                                                      • 1232
                                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                      Sehr schöne Fotos. Freut mich echt, dass das mit dem Skierffe noch so gut geklappt hat!!! Sowas hat dann bestimmt eher zu den Höhen Deiner Tour gezählt.

                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                        Dauerbesucher
                                                                                                                                                                                        • 09.09.2017
                                                                                                                                                                                        • 900
                                                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                        Tag 15. Freitag 13.9.2019. Aktse – Svijnne – Sitojaurestugorna – namenloser Gipfel 1099m -Ulldevisduottar

                                                                                                                                                                                        Am nächsten Morgen wache ich früh auf – das Lager liegt noch in tiefer Stille.

                                                                                                                                                                                        Ich überlege kurz, mir meinen Tee in der Küche zu kochen. Aber irgendwie bin ich – im Nachhinein wundert mich das auch ein wenig – zu faul. Ich denke mir: Wenn schon denn schon. Sollen die anderen, die den Kungsleden laufen, doch in ihren Betten in ihren Hütten übernachten und sich in einer Küche ihr Frühstück machen. Ich bleibe bei meiner Morgenroutine und koche mir, aus dem Schlafsack heraus, einen schönen warmen Tee. Es fühlte sich für mich in diesem Moment einfach richtig an. Vielleicht war ich auch einfach noch nicht bereit für die Zivilisation und wollte das Ankommen – und damit unweigerlicher psychisch auch das eingeläutete Ende meines Urlaubes – noch ein wenig nach hinten verschieben.



                                                                                                                                                                                        Rechts die offizielle Hütte – ich war gestern so spät gekommen und wollte unbedingt noch in die Sauna – dass ich den ersbesten Zeltplatz gewählt hatte. Links eine der Hütten mit Betten (bzw. mit Schlaflagern, keine Ahnung, war nicht drin), im Hintergrund der Lajtavrre


                                                                                                                                                                                        Hier die Perspektive vor der Hütte die im letzten Bild links war

                                                                                                                                                                                        Einfach noch zwei Tage Wildnis genießen. Das Frühstück lasse ich ausfallen und verschiebe es auf später.

                                                                                                                                                                                        Es gab noch einen anderen Grund: Ich war ein wenig nervös. Heute ist Freitag. Ich muss aber spätestens am Sonntag früh den Bus zurück nach Lulea nehmen. Also habe ich zwei Wandertage, um bis Saltoluokta zu kommen. Obwohl mir Arjan und Tom versichert hatten, dass das letzte Stück auf dem Kungsleden kein Problem sein würden, gab es für mich doch ein paar Variablen:
                                                                                                                                                                                        - Die Überfahrt von Svijnne bis Sitojaurestugorna. Ich malte mir aus, das Boot knapp zu verpassen. Wie oft würde dieses fahren?
                                                                                                                                                                                        - Die Strecke. Rein auf der Karte war das Stück vergleichsweise ziemlich lang.
                                                                                                                                                                                        - Körperlich war ich mittlerweile vielleicht doch ein wenig erschöpft.
                                                                                                                                                                                        - Die Fähre in Saltololuokta. Laut Internet würde diese in aller Regel den Bus am selben Tag erreichen, bei Sturm würde sie dagegen nicht fahren.
                                                                                                                                                                                        - Den Bus und den anschließenden Flug musste ich aber erreichen.

                                                                                                                                                                                        Am Ende war natürlich alles kein Problem, aber vor Ort macht man sich bei sowas trotzdem seine Gedanken. Jedenfalls beim ersten Mal in einem neuen Land.

                                                                                                                                                                                        Also brach ich dann an diesem Morgen auch relativ früh auf, nachdem ich mich von Arjan verabschiedet hatte. Ich war der erste der das Lager verließ. Erst ging es die ca. 300hm bergauf, also dieselbe Strecke die ich gestern schon auf dem Kungsleden gelaufen war, links und rechts von Wald umgeben.


                                                                                                                                                                                        Hatte was von Wanderweg auf einen Gipfel in den Alpen was die Bodenbeschaffenheit angeht. Viele große Steine, komplett plattgetretene Erde, ein regelrechtes Tal, das sich in den Boden schneidet.

                                                                                                                                                                                        Am Schnittpunkt des Weges vom Skierffe von gestern war das Pärchen, das ich gestern dort schon gesehen hatte, gerade bei ihrer Morgenroutine, das Zelt stand aber noch.


                                                                                                                                                                                        Die Bäume werden weniger.

                                                                                                                                                                                        Oben angekommen war die Aussicht in beide Richtungen ausgesprochen schön.


                                                                                                                                                                                        Blick zurück nach Süden / Südost, d.h. der Hügel links dürfte der Tjaktjavarre sein


                                                                                                                                                                                        Ein letzter Blick zurück nach Süden / Südwest


                                                                                                                                                                                        Blick nach vorne, also Norden. Längst gibt es keine Bäume mehr und es dominiert die typische felsige Landschaft

                                                                                                                                                                                        Nach einer Weile kam ich an dieses Schild hier:



                                                                                                                                                                                        Und tatsächlich hatte ich hier Handy-Empfang. Und eine Powerbank, an die ich mein Handy hängen konnte. Ich habe keine Ahnung wie das andere Leute beim trekken machen. Mein Galaxy S9+ verliert bei Temperaturen um 0 Grad konsequent und immer die gesamte Stromladung und springt auf bestenfalls 10%, oft direkt auf 0%. Aber Hauptsache jedes Jahr ne neue Kamera entwickeln. Egal.

                                                                                                                                                                                        Ein wenig nervös rufe ich die Nummer an, aber kein Problem, es geht jemand ran und vereinbart mit mir, in ca. 2,5 Stunden unten anzukommen - ersichtlich in der Hoffnung, dass noch mehr Wanderer kommen.




                                                                                                                                                                                        Links: Tjirak / 1003 / Tjiraksjnjurttje (eben dieses Massiv, einer davon wird’s sein), rechts 3 Gipfel: Ganz rechts der namenlose Gipfel auf 1099m, links der Njalasjbakte und dahinter wohl der Doppelgipfel, der linke ist ca. 1100m hoch.

                                                                                                                                                                                        Ich schaue mir den kommenden Weg an: Erst geht es bergab und dann noch ein ordentliches flaches Stück durch den Wald, ohne Berge links und rechts. Das ist komplett neu und sehr ungewohnt.


                                                                                                                                                                                        Rechts wahrscheinlich der Martejavarasj

                                                                                                                                                                                        Hier kommen mir auch so einige Wanderer entgegen – insgesamt vielleicht 7-8 Personen. Ich gehe davon aus, dass sie alle mit demselben Boot rübergekommen sind. Und so zeigt sich wieder einmal, wie stark sich die Gehgeschwindigkeit unterscheiden kann, ist doch der Abstand zwischen ihnen beträchlich. Groß Zeit fürs Plaudern hat aber keiner von denen, man rauscht eben aneinander vorbei. Wahrscheinlich auch weil die anderen gerade bergauf liefen.

                                                                                                                                                                                        Die größtenteils gelb und teils schon rot gefärbten Bäume geben der Landschaft natürlich eine tolle Atmosphäre.

                                                                                                                                                                                        Blick nach Westen. Der Steil abfallende Berg ganz rechts im Bild faszinierte mich irgendwie, eine Zuordnung auf die Entfernung war mir aber nicht möglich.


                                                                                                                                                                                        Wieder Blick nach Westen, dieses mal aber schon am Hang runter nach Sitojaurestugorna

                                                                                                                                                                                        Unten angekommen geht es durch eine Art Heide und – völlig neu für mich – sehr oft über diese Art Bretter. Wildnis pur. *Hust*.



                                                                                                                                                                                        Die Stufe Kungsleden bzw. Fernwanderwege habe ich bei meinen Touren ja quasi übersprungen. Aber es ist auf jeden Fall auch mal eine schöne Abwechlung, man kommt gut voran. Die Mischung machts.


                                                                                                                                                                                        edit: Hier nochmal der Blick nach Westen, erkennbar auch der vorhin angesprochene steil abfallende Berg.

                                                                                                                                                                                        An einigen Stellen sind die Bretter in weniger gutem Zustand. Und man fragt sich ein wenig, wo die überhaupt herkommen. Per Helikopter zu einem Lager wahrscheinlich. Aber ich schätze, dass da auch eine Menge Handarbeit und Tragearbeit dahinter steckt.

                                                                                                                                                                                        Schließlich komme ich – es dürfte gegen mittag gewesen sein – unten am Gabddajavrre an. Schön ist es hier. Es gibt ein Toilettenhäuschen, einen Aufenthalsraum und ein abgeschlossenes Bootshaus.





                                                                                                                                                                                        Man kann auch rudern, ein Boot liegt hier vor Anker. Aber der Deal ist: Es gibt drei Boote (bin mir unsicher, zwei würden grds. auch reichen) und eines muss immer auf jeder Seite liegen, logisch. Gibt es vor Ort zwei hat man Glück. Gibt es nur eines muss man insgesamt dreimal rudern, davon einmal mit einem weiteren Boot im Schlepptau. Und der Weg ist weit. Ich will gar nicht wissen, wie lange man gerudert wäre. Ich versuche probeweise mal das Boot, das hier liegt, zu bewegen – sauschwer.


                                                                                                                                                                                        Und es war nur eines hier. Alles richtig gemacht.

                                                                                                                                                                                        Ein wenig Zeit habe ich noch bis zum vereinbarten Termin – und nutze diese, die Seele im strahlenden Sonnenschein an einem wunderschönen See ein wenig baumeln zu lassen. Das Wetter war traumhaft und hätte nicht besser sein können.





                                                                                                                                                                                        Und erinnerte mich wieder daran, dass ich genau das in diesem Urlaub ein wenig vermisste:
                                                                                                                                                                                        Das sich Aufhalten an einem schönen, ruhigen Ort in der Natur.
                                                                                                                                                                                        Ohne Uhr.
                                                                                                                                                                                        Mit Zeit.
                                                                                                                                                                                        Ohne Strecke.
                                                                                                                                                                                        Ohne Pläne.
                                                                                                                                                                                        Einfach nur sein – und über den Sinn des Lebens philosophieren, ohne die Ablenkung der Zivilisation.
                                                                                                                                                                                        Aber man kann nicht immer alles haben – und die Erfahrungen der letzten zwei Wochen will ich auch nicht missen.


                                                                                                                                                                                        Nach einer Weile taucht ein Motorboot am Horizont auf und nähert sich. Fast schon ein wenig enttäuscht fragt mich der Fahrer, ob ich noch weitere Wanderer gesehen hätte, die kommen könnten. Ich muss leider verneinen. Sollten die beiden am Zelt in meine Richtung laufen müssten sie mich nun wirklich eingeholt haben.


                                                                                                                                                                                        Die Überfahrt ist wunderschön – und ziemlich lang.


                                                                                                                                                                                        Blick nach Westen, die Bäume sind auch auf der Karte gut erkennbar


                                                                                                                                                                                        Blick zurück nach Südwest

                                                                                                                                                                                        Denn ich habe Pech. Und damit Glück. Ca. im letzten Drittel fährt auf einmal der Motor runter und nur noch mit Minimalstufe. Und das ist richtig langsam. Sein Englisch ist etwas hloprig, aber er erklärt mir schließlich, dass der Motor noch nie solche Geräusche gemacht hätte und er sich – hier auf dem Wasser – auch nicht trauen würde, ihn zu reparieren. Sonst würde er am Ende ganz ausgehen und wir müssten rudern.

                                                                                                                                                                                        Also zuckeln wir in annähernd Gondel-Geschwindigkeit über das Wasser. Ein besseres Beispiel für Entschleunigung kann ich mir wahrlich nicht vorstellen. Mir ist das sehr Recht – ich habe Zeit. Und genieße die Sonne, den Ausblick und das Wasser.










                                                                                                                                                                                        Das Wasser ist einfach nur so unfassbar schön hellblau


                                                                                                                                                                                        Kurz vor der Ankunft

                                                                                                                                                                                        Am anderen Ufer angekommen bezahle ich – und frage nach dem Shop. Ein wenig zerknirtscht gibt der Fahrer zu, sofern ich ihn richtig verstanden habe, der Shop sei ausverkauft. Schade. Jetzt hätte ich Lust auf eine Cola gehabt.


                                                                                                                                                                                        Hier gibt es erstaunlicherweise Hühner. Ich schätze mal für Eier – oder aber sie landen am Ende der Saison auf dem Feuer.
                                                                                                                                                                                        Beim Blick auf die Karte bin ich überrascht, wie weit ich heute schon gekommen bin – und lasse die Hütten schnell hinter mir.


                                                                                                                                                                                        Blick zurück, die Farben sind toll.


                                                                                                                                                                                        Ein letzter Blick zurück nach Süden

                                                                                                                                                                                        Der Himmel verdunkelt sich zunehmend. Ich nehme meine Kamera und mache eine Timelapse. Es fängt an zu Nieseln. Ich halte meine Hand über die Kamera – und versaue damit natürlich ein paar Fotos. Schade. Auch hier kommen mir auf dem Kungsleden so einige Leute entgegen.

                                                                                                                                                                                        Mit einem älteren Pärchen – mit einer Ausrüstung, mit der sie wohl keine Nacht ohne Hütte überstehen würden – komme ich ins Gespräch. Und beschreibe den beiden, dass ich im Sarek war und mich wundere, wie schnell man hier vorankommt. Der Mann lacht – und gibt zu, dass ich mich wohl wie auf einer Autobahn fühlen muss. Also darf ich den Begriff auch verwenden, immerhin kam er nicht von mir.


                                                                                                                                                                                        An dieses Tal erinnere ich mich noch gut

                                                                                                                                                                                        Dieses Foto beschreibt die Landschaft und das schnelle Vorankommen dort eigentlich perfekt:



                                                                                                                                                                                        Einige schöne Seen im Westen. Ich überlege kurz an einem der Seen mein Zelt aufzuschlagen, verwerfe das aber. Zu nah am Pfad.



                                                                                                                                                                                        Ich komme langsam ins Grübeln. Hier kommen einem wirklich alle 5 bis 10 Minuten Wanderer entgegen. Das Gefühl von Wildnis ist längst verflogen. Aber es ist erst Freitag. Und ich habe noch den Rest des Tages – plus den ganzen Samstag. Also überlege ich, wie ich meine Tour noch ein wenig aufpeppen kann. Der Blick auf die Karte hilft – und ich mache für mich zwei Optionen aus.

                                                                                                                                                                                        (1) Auf die Ebene im Osten, die Ulldevisduottar-Ebene. Das wäre definitiv der einfachere Aufstieg sprich, weniger steil.
                                                                                                                                                                                        (2) Auf die Ebene im Westen. Der Aufstieg wäre hier ebenso unkompliziert. Aber: Der Abstieg ganz im Norden macht mir etwas Sorgen, ziehen sich die Höhenlinien dort doch ganz schön nah zusammen.

                                                                                                                                                                                        Die Entscheidung fällt leicht. Was, wenn ich bei Option 2 im Norden ankäme und ich würde nicht runterkommen? Ich kann so kurz vor dem Ende kein Risiko eingehen. Also entscheide ich mich für Option 1.


                                                                                                                                                                                        Rechts der namenlose Gipfel auf 1099m, links der Njalasjbakte.

                                                                                                                                                                                        Relativ bald schere ich nach rechts vom Weg aus – und komme an diesen Schildern ins Grübeln. Was ist das???


                                                                                                                                                                                        Ich frage mich, ob es sich um eine Art Naturschutzgebiet handeln könnte, das man nicht betreten darf. So ließen sich die roten Xe interpretieren. Aber warum hier und nicht im Sarek? Klar, weil hier mehr Touristen sind. Aber warum dann kein Zaun? Pff. Soll ich mir echt meine Tourplanung verderben lassen? Da erinnere ich mich dunkel an einen Reisebericht hier aus dem Forum von einer Wintertour mit Skiern und Pulka. Richtig. Die Schilder markieren den Weg im Winter.

                                                                                                                                                                                        Also dran vorbei. Zunächst ein ganzes Stück über die Ebene. Hier wechselten sich Gestrüpp und Sumpf ab. Es war wahrlich keine Freude, diese Strecke zu laufen.


                                                                                                                                                                                        Mitten durchs Gestrüpp. Das Vorankommen war schwer.

                                                                                                                                                                                        Und körperlich war ich nach den zwei Wochen Trekking dann doch schon arg durch. Jedenfalls brauchte ich für die paar 100hm gefühlt ewig.


                                                                                                                                                                                        So ab 900hm wurde es besser. Ich setze mich auf den Boden und mache nochmal eine Pause. Und habe nochmal eine Gewächsfrage:


                                                                                                                                                                                        Das hier sind Heidelbeeren. Lecker. Aber: Wenn das Heidelbeeren sind – was ist das dann?



                                                                                                                                                                                        Beide Sträucher befinden sich oft unmittelbar nebeneinander – und die Beeren ähneln sich auf dem ersten Blick doch sehr. Fast hätte ich hier die falschen Beeren gepflückt.

                                                                                                                                                                                        Das Wetter wird schlechter, es wird immer windiger. Auch Nieselregen kommt dazu. Sonderlich positiv habe ich den Aufstieg nicht in Erinnerung. Auch wurde es schon später – und ich hielt nach Zeltplätzen ausschau. Hier am Hang – keine Chance. Die Aussicht zurück war natürlich ein Traum und entschädigte mich.


                                                                                                                                                                                        Blick rüber nach Westen, rechts die schroffe Wand des Sjäksjo, links diverse Flüsse, u.a. der Baktegiesjjahka.


                                                                                                                                                                                        Und hier das Panorama weiter links, der Tjiraksjnjurttje.


                                                                                                                                                                                        Dieses rote Gewächs fiel mir mehrfach auf da es doch ungemein aus der Landschaft heraussticht.

                                                                                                                                                                                        Oben wurde es zunächst felsiger. Kurz noch rauf auf 1099m. Aber der Wind hatte sich inzwischen zu einem leichten Sturm verstärkt – und hier oben war es richtig kalt. Selbst für 5 Minuten Aussicht genießen musste ich mir direkt erstmal die Daunenjacke anziehen, sogar die dicken Handschuhe dazu. Es war einfach zu kalt! Die Daunenjacke ließ ich danach direkt mal an!


                                                                                                                                                                                        Der Blick nach Osten zum Njalasjjavrre war top.


                                                                                                                                                                                        Blick zum Njalasjbakte, hier ging es nur etwas bergab und dann wieder etwa auf dieselbe Höhe


                                                                                                                                                                                        Rechts der namenlose Gipfel auf ca. 1120m

                                                                                                                                                                                        Nachdem ich ein bisschen die Aussicht genossen hatte, kam eine ziemliche Unruhe in mir auf. Ich weiß nicht woran es lag. Am Wind? An der Kälte? An der bald untergehenden Sonne? Daran, dass ich seit einer Weile keinen geeigneten Zeltplatz mehr gefunden hatte? Oder vielleicht auch daran, dass ich auf dem Kungsleden gewesen und Menschen getroffen hatte – und ich daher hier oben, in Kälte und Wind, an meiner Entscheidung zweifelte? Ich weiß es nicht. Aber ich war unruhig. Ich denke es war einfach die Kombination aus Frieren, Nicht-Finden eines Zeltplatzes und der Angst, im Wind das Zelt nicht aufbauen zu können. Frieren betäubt den Geist.


                                                                                                                                                                                        Gipfel auf 1099m


                                                                                                                                                                                        Blick zum See

                                                                                                                                                                                        So richtig eben war der Boden nirgends – und stetig mit Steinen besetzt. Der Wind machte mir erhebliche Sorgen – und so suchte ich weiter und weiter, immer auf der Suche nach einem besseren Zeltplatz. Zunächst den Hang auf der anderen Seite bergab, immer wieder hinter Bodenwellen hoffend, aber der Boden war stets nicht eben oder komplett ausgesetzt. Auch das Wasser war mir inzwischen ausgegangen, ich hatte tierisch Durst und erst am zweiten kleinen See traute ich der Wasserqualität über den Weg. Es dauerte doch recht lang bis ich irgendwann zu einer halbwegs ebenen Stelle, ein wenig windgeschützt, kam.


                                                                                                                                                                                        Hier sieht man wo ich vom Kungsleden nach Osten ausgeschert bin…


                                                                                                                                                                                        Und hier meine Suche nach einem Zeltplatz. Die Schleife nach links war bei der Zeltplatzsuche nachdem ich gehofft hatte, noch einen besseren Zeltplatz zu finden, die Schleife nach Norden war erst am nächsten Morgen für den Sonnenaufgang. Über so einen langen Abschnitt hatte ich die Daunenjacke auf der ganzen Tour nicht angehabt.

                                                                                                                                                                                        Im Grunde genommen musste ich das Zelt dort aufbauen. Denn sogar die Landschaft hatte in unmittelbarer Nähe extra für mich eine Markierung hinterlassen – mit einem Pfeil und einem X.



                                                                                                                                                                                        Trotz ein wenig Windschutz war das Aufbauen des Zeltes immer noch eine Herausforderung. Dann noch die vorletzte Tütensuppe essen und so schnell wie möglich in den Schlafsack.

                                                                                                                                                                                        Denn es war kalt.
                                                                                                                                                                                        Einfach nur kalt.
                                                                                                                                                                                        Zuletzt geändert von Freedom33333; 28.01.2020, 08:45.

                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                          • 5056
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                                                                                                                                                                                          Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen

                                                                                                                                                                                          Ich glaube das war in Richtung Osten.
                                                                                                                                                                                          Und ich glaube, das war Richtung NNW. Es sei denn, du hast die Kamera-Zeit nicht richtig eingestellt.

                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                            Alter Hase
                                                                                                                                                                                            • 28.08.2017
                                                                                                                                                                                            • 3014
                                                                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                                                                            #94
                                                                                                                                                                                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                            Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen

                                                                                                                                                                                            Blick nach Westen. Der Steil abfallende Berg ganz rechts im Bild faszinierte mich irgendwie, eine Zuordnung auf die Entfernung war mir aber nicht möglich.
                                                                                                                                                                                            Vássjábákte?

                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                              Anfänger im Forum
                                                                                                                                                                                              • 11.10.2009
                                                                                                                                                                                              • 40
                                                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                                                              #95
                                                                                                                                                                                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                              Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                              [B]
                                                                                                                                                                                              Und habe nochmal eine Gewächsfrage:

                                                                                                                                                                                              Wenn das Heidelbeeren sind – was ist das dann?



                                                                                                                                                                                              Beide Sträucher befinden sich oft unmittelbar nebeneinander – und die Beeren ähneln sich auf dem ersten Blick doch sehr. Fast hätte ich hier die falschen Beeren gepflückt.
                                                                                                                                                                                              Das ist die Schwarze Krähenbeere (Empetrum nigrum)

                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                                                                                • 28.08.2017
                                                                                                                                                                                                • 3014
                                                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                                Zitat von Poro Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                Das ist die Schwarze Krähenbeere (Empetrum nigrum)
                                                                                                                                                                                                Genau. Ist essbar. Auf "Warnungen" wie "... aufgrund ihres Gehaltes an Andromedotoxin leicht berauschend und Schwindel erregend ... " (dt. Wikipedia) würde ich nicht zuviel geben. Nie Probleme damit gehabt, nichts von Schwindel gemerkt.

                                                                                                                                                                                                Aber vielleicht reagiert ja jeder anders.

                                                                                                                                                                                                Übrigens, die "Heidelbeeren" sind dort oft gar keine Heidelbeeren im engeren Sinne (lat. Vaccinium myrtillus, schwedisch blåbär), sondern Rausch- oder Trunkelbeeren (lat. Vaccinium uliginosum, schwedisch odon). Sicheres Unterscheidungsmerkmal: erstere machen die Zunge blau, letztere nicht Einen "Rausch" oder "trunken" machen die auch nicht, trotz des deutschen Namens. Ich persönlich finde die für direkten Verzehr gleichwertig. Verarbeitet kann ich schlecht einschätzen, das ist wohl immer aus "echten" Heidelbeeren.

                                                                                                                                                                                                Heidelbeeren "im weiteren Sinne" sind das zwar, weil gleiche Gattung Vaccinium, aber dazu gehören auch Preiselbeeren, Moosbeeren (inkl. "cranberries") usw. usf., die man ja auch bei "ihrem" Namen nennt.
                                                                                                                                                                                                Zuletzt geändert von Ljungdalen; 27.01.2020, 16:21. Grund: + "Heidelbeeren"

                                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                                  Fuchs
                                                                                                                                                                                                  • 10.10.2017
                                                                                                                                                                                                  • 2024
                                                                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                                                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                                  Ich schließ mich mal meiner Vorrede an, ein toller Bericht. Einiges vom Denken und Verhalten erkenne ich bei mir selbst wieder.
                                                                                                                                                                                                  "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                                    Fuchs
                                                                                                                                                                                                    • 10.10.2017
                                                                                                                                                                                                    • 2024
                                                                                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                                                                                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                                    Weist du noch was du bezahlt hast für das bestellte Boot?
                                                                                                                                                                                                    "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                                      • 896
                                                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                                      Erst kürzlich mit dem Lesen des Berichts angefangen und schon hier angekommen.
                                                                                                                                                                                                      Hat mich gefesselt. Toll geschrieben, klasse
                                                                                                                                                                                                      Und paar wirklich schöne, beeindruckende Fotos

                                                                                                                                                                                                      Nächster Versuch. Trotzdem nicht so gut. Unscharf. War da nicht noch irgendwas? Richtig. Der Autofokus muss raus. Manuellfokus. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, glaube aber dass ich auf unendlich fokussiert habe.
                                                                                                                                                                                                      Ja, auf unendlich. Aber nicht bis zum Anschlag. Selbst die Sterne sind nicht ganz unendlich weit weg.
                                                                                                                                                                                                      Das Fokussieren im Dunkeln ist echt schwierig. Da hatte ich es mir erst einfach gemacht und Objektiv bis Anschlag gedreht => unscharf. Kleines Stückchen zurück wird's besser. Wieviel? Wohl Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Oder gutes Auge und die Ruhe, sich auch bei Kälte und Nordlichter die Zeit zu nehmen

                                                                                                                                                                                                      Von deinen Touren in Schottland gleich in den Sarek zu springen ist schon krass. Da hast du dir viel zugetraut
                                                                                                                                                                                                      Wie es sich liest, hat's dir da oben gefallen. Da will ich gleich mal Werbung machen
                                                                                                                                                                                                      Die markierten und breit ausgetretenen Wege mit den Stegen sind natürlich eine ganz andere Nummer. Aber es gibt auch außerhalb vom Sarek einige tolle Ecken, die du weglos oder auf selten benutzen Pfaden bewandern kannst, ohne die "Autobahnen" zu nutzen. Und auf denen du auch sehr selten Wanderer triffst.

                                                                                                                                                                                                      Peter

                                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                                                                                                                        • 28.08.2017
                                                                                                                                                                                                        • 3014
                                                                                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                                                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                                        Zitat von pekra62 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                        Aber es gibt auch außerhalb vom Sarek einige tolle Ecken, die du weglos oder auf selten benutzen Pfaden bewandern kannst, ohne die "Autobahnen" zu nutzen. Und auf denen du auch sehr selten Wanderer triffst.
                                                                                                                                                                                                        Ja, das ist schon paradox: gerade *weil* der Sarek als ultimative Wildnis gilt, fahren da viele aus genau diesem Grund hin, und man ist dort weniger "einsam" als in unpopuläreren Gegenden ...

                                                                                                                                                                                                        (Aber hoffentlich klappt das bei mir mit dem Sarek in diesem Jahr )

                                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                                          Dauerbesucher
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                                                                                                                                                                                                          • 896
                                                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                                                          Ja, das ist schon paradox: gerade *weil* der Sarek als ultimative Wildnis gilt, fahren da viele aus genau diesem Grund hin, und man ist dort weniger "einsam" als in unpopuläreren Gegenden ...
                                                                                                                                                                                                          ich wollt's nicht laut aussprechen

                                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                                            Alter Hase
                                                                                                                                                                                                            • 07.03.2014
                                                                                                                                                                                                            • 3154
                                                                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                                                                            OT:
                                                                                                                                                                                                            Zitat von pekra62 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                            Ja, auf unendlich. Aber nicht bis zum Anschlag. Selbst die Sterne sind nicht ganz unendlich weit weg.
                                                                                                                                                                                                            Das Fokussieren im Dunkeln ist echt schwierig. Da hatte ich es mir erst einfach gemacht und Objektiv bis Anschlag gedreht => unscharf. Kleines Stückchen zurück wird's besser. Wieviel? Wohl Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Oder gutes Auge und die Ruhe, sich auch bei Kälte und Nordlichter die Zeit zu nehmen
                                                                                                                                                                                                            Und abhängig vom Objektiv und der Kamera. Es gibt keine optischen Gründe, warum der Anschlag nicht "unendlich" sein darf (und tatsächlich ist bei meinen alten analogen Kameras aus den 1970ern der Anschlag tatsächlich unendlich und Sterne sind scharf), nur mechanische und finanzielle. Denn wenn der Anschlag unendlich ist, muss alles etwas präziser gefertigt sein, sonst kann man im dümmsten Fall nicht mehr auf unendlich scharf stellen. Kann man machen, dann kostet ein Objektiv eben vierstellig und die Kamera braucht auch ein Metallbajonett, oder man sagt sich als Hersteller "die meisten Nutzer nutzen eh meistens den Autofocus, da ist das egal" und kann Kamera und Optik wesentlich günstiger anbieten.


                                                                                                                                                                                                            Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                            Ja, das ist schon paradox: gerade *weil* der Sarek als ultimative Wildnis gilt, fahren da viele aus genau diesem Grund hin, und man ist dort weniger "einsam" als in unpopuläreren Gegenden ...

                                                                                                                                                                                                            (Aber hoffentlich klappt das bei mir mit dem Sarek in diesem Jahr )
                                                                                                                                                                                                            Ja, einsamer war ich auch anderswo... allerdings ist auch der Kungsleden nicht repräsentativ für den Sarek, und auf anderen Teilen des Kungsleden ist nochmal viel mehr los mal sehen, wohin ich mich treiben lasse, Padjelanta steht als Option, Sarek, vielleicht auch Grenseleden - um den Fjällräven Classic mache ich dieses Jahr jedenfalls einen großen Bogen

                                                                                                                                                                                                            MfG, Heiko

                                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                                              Freak
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                                                                                                                                                                                                              • 13981
                                                                                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                                                                                              Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                              Weist du noch was du bezahlt hast für das bestellte Boot?
                                                                                                                                                                                                              Wohl 300 SEK.
                                                                                                                                                                                                              Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                                                                                                                                                                                              nur unpassende Kleidung.

                                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                Fuchs
                                                                                                                                                                                                                • 10.10.2017
                                                                                                                                                                                                                • 2024
                                                                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                                                                Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                Die Preise kenn ich, aber das Boot war "Phone and Come". Da ist es auf dem Padjelantaleden auch teurer gewesen als zu der Zeit wo es so oder so kommt. Thema Extrafahrt!

                                                                                                                                                                                                                Edit: Kommando zurück, es war ja schon September sorry
                                                                                                                                                                                                                "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                                                                                                Kommentar


                                                                                                                                                                                                                • Fjaellraev
                                                                                                                                                                                                                  Freak
                                                                                                                                                                                                                  Liebt das Forum
                                                                                                                                                                                                                  • 21.12.2003
                                                                                                                                                                                                                  • 13981
                                                                                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                                                                                  OT: Björn fährt ja auch nach Fahrplan ohne Bestellung, am Sitojaure ist quasi alles von Süden Fahrt auf Bestellung, auch während der Hauptsaison.
                                                                                                                                                                                                                  Waren das noch Zeiten als man einfach die Kanister am Fahnenmast hochgezogen hat, und etwas später kam ein Boot (oder auch zwei..).
                                                                                                                                                                                                                  Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                                                                                                                                                                                                  nur unpassende Kleidung.

                                                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                    Dauerbesucher
                                                                                                                                                                                                                    • 09.09.2017
                                                                                                                                                                                                                    • 900
                                                                                                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                                                                                                    Ich komme hier gar nicht hinterher mit dem Antworten, ich muss das in Stücken abarbeiten

                                                                                                                                                                                                                    Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                    Vássjábákte?
                                                                                                                                                                                                                    Würde Sinn machen. Ausgangspunkt des Fotos war ja beim Abstieg auf dem Kungsleden, westlich des Martevarasj.

                                                                                                                                                                                                                    Der linke spitz zulaufende Berg wäre dann wohl der Suorkisjnjurttje (westlich von unserem Zeltplatz am Tag vor dem Skierffe, vergleiche das Foto beim Abstieg vom Skierffe zurück, auf beiden Fotos sieht man so einen kleinen Vorgipfel dahinter).

                                                                                                                                                                                                                    Das große im Dunst dahinter wäre dann der Niehter, die Hügelkette eine Ebene weiter hinten wäre dann die auf der sich der Radnik befindet (Sichtbar wohl der Gipfel ganz rechts auf 1526m)

                                                                                                                                                                                                                    Und dahinter wiederum, als dritte Ebene, knapp vor dem Berg um den es hier geht, wäre dann der Dagarlabdda, rechts daneben. Ich hoffe das war so verständlich.
                                                                                                                                                                                                                    Zitat von Spartaner Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                    Und ich glaube, das war Richtung NNW. Es sei denn, du hast die Kamera-Zeit nicht richtig eingestellt.
                                                                                                                                                                                                                    Jo hast recht, habs korrigiert. Man sieht auf dem Foto ja auch den Berg aus der Diskussion mit Ljungdalen. Wie du jetzt aber aus der Uhrzeit auf die Richtung schließen kannst, verstehe ich nicht so ganz.

                                                                                                                                                                                                                    Zitat von Poro Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                    Das ist die Schwarze Krähenbeere (Empetrum nigrum)
                                                                                                                                                                                                                    Vielen Dank!

                                                                                                                                                                                                                    Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                    Genau. Ist essbar. [...]
                                                                                                                                                                                                                    Übrigens, die "Heidelbeeren" sind dort oft gar keine Heidelbeeren im engeren Sinne (lat. Vaccinium myrtillus, schwedisch blåbär), sondern Rausch- oder Trunkelbeeren (lat. Vaccinium uliginosum, schwedisch odon). Sicheres Unterscheidungsmerkmal: erstere machen die Zunge blau, letztere nicht Einen "Rausch" oder "trunken" machen die auch nicht, trotz des deutschen Namens. Ich persönlich finde die für direkten Verzehr gleichwertig. Verarbeitet kann ich schlecht einschätzen, das ist wohl immer aus "echten" Heidelbeeren.

                                                                                                                                                                                                                    Heidelbeeren "im weiteren Sinne" sind das zwar, weil gleiche Gattung Vaccinium, aber dazu gehören auch Preiselbeeren, Moosbeeren (inkl. "cranberries") usw. usf., die man ja auch bei "ihrem" Namen nennt.
                                                                                                                                                                                                                    Danke dir! Ja mir ist auch aufgefallen dass die viel kleiner waren als die viel kleiner sind als die, die man so aus dem Supermarkt kennt. Wahrscheinlich habe ich deshalb auch keine großen Mengen verzehrt, weil ich mir doch ein wenig unsicher war.

                                                                                                                                                                                                                    Zitat von pekra62 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                    Erst kürzlich mit dem Lesen des Berichts angefangen und schon hier angekommen.
                                                                                                                                                                                                                    Hat mich gefesselt. Toll geschrieben, klasse
                                                                                                                                                                                                                    Und paar wirklich schöne, beeindruckende Fotos
                                                                                                                                                                                                                    Hach das ist ein schönes Kompliment, das hört man immer gern.

                                                                                                                                                                                                                    Zitat von pekra62 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                    Von deinen Touren in Schottland gleich in den Sarek zu springen ist schon krass. Da hast du dir viel zugetraut
                                                                                                                                                                                                                    Wie es sich liest, hat's dir da oben gefallen. Da will ich gleich mal Werbung machen
                                                                                                                                                                                                                    Die markierten und breit ausgetretenen Wege mit den Stegen sind natürlich eine ganz andere Nummer. Aber es gibt auch außerhalb vom Sarek einige tolle Ecken, die du weglos oder auf selten benutzen Pfaden bewandern kannst, ohne die "Autobahnen" zu nutzen. Und auf denen du auch sehr selten Wanderer triffst.
                                                                                                                                                                                                                    Peter
                                                                                                                                                                                                                    Dazu nehme ich dann noch Stellung in meinem Fazit am Ende (einen Wandertag habe ich ja noch), gerade einen kurzen Vergleich von Schottland und Schweden wollte ich da noch ziehen.

                                                                                                                                                                                                                    Zwecks Werbung: Deinen Reisebericht habe ich witzigerweise nach meiner Tour auch nochmal überflogen (wenn auch bisher ohne Karte), der Titel hatte mich doch sehr neugierig gemacht. Muss den auch demnächst nochmal mit ner Karte nachvollziehen.

                                                                                                                                                                                                                    Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                    Die Preise kenn ich, aber das Boot war "Phone and Come". Da ist es auf dem Padjelantaleden auch teurer gewesen als zu der Zeit wo es so oder so kommt. Thema Extrafahrt!

                                                                                                                                                                                                                    Edit: Kommando zurück, es war ja schon September sorry
                                                                                                                                                                                                                    Hmm...also erinnern tue ich mich nicht mehr. In meinen Unterlagen steht aber 400 Kronen. Ich kann mich da aber auch täuschen und etwas falsches eingetragen habe. Erinnern tue ich mich nur daran, dass ich überrascht war, wie teuer es war.
                                                                                                                                                                                                                    Die Überfahrt nach Kebnats hat definitiv 200 Kronen gekostet, das war aber auch ein ziemlich großes Boot.
                                                                                                                                                                                                                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 29.01.2020, 21:32.

                                                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                      Lebt im Forum
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                                                                                                                                                                                                                      • 5056
                                                                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                                                                      Zitat von Spartaner Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                      Und ich glaube, das war Richtung NNW. Es sei denn, du hast die Kamera-Zeit nicht richtig eingestellt.
                                                                                                                                                                                                                      Jo hast recht, habs korrigiert. Man sieht auf dem Foto ja auch den Berg aus der Diskussion mit Ljungdalen. Wie du jetzt aber aus der Uhrzeit auf die Richtung schließen kannst, verstehe ich nicht so ganz.
                                                                                                                                                                                                                      Altes Pfadfinderwissen
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                                                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                                                                                                                                        • 28.08.2017
                                                                                                                                                                                                                        • 3014
                                                                                                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                                                                                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                                                        Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                        Wie du jetzt aber aus der Uhrzeit auf die Richtung schließen kannst, verstehe ich nicht so ganz.
                                                                                                                                                                                                                        Sonnenstand, Schatten?

                                                                                                                                                                                                                        (PS Ach so, hatte Spartaner ja verlinkt... Wenn man nicht erst bis zur letzten Antwort scrollt...)
                                                                                                                                                                                                                        Zuletzt geändert von Ljungdalen; 30.01.2020, 10:47. Grund: ach so...

                                                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                          Fuchs
                                                                                                                                                                                                                          • 29.08.2009
                                                                                                                                                                                                                          • 1356
                                                                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                                                                          Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                          Ja, das ist schon paradox: gerade *weil* der Sarek als ultimative Wildnis gilt, fahren da viele aus genau diesem Grund hin, und man ist dort weniger "einsam" als in unpopuläreren Gegenden ...
                                                                                                                                                                                                                          Viele fahren auch deshalb hin, weil es gut und schnell erreichbar ist, umgeben von Padjelanta und Kungsleden, viele schöne Täler und Gipfel hat und auch noch die schönste Aussicht Schwedens.
                                                                                                                                                                                                                          Wer nichts weiß muss alles glauben...

                                                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                            Alter Hase
                                                                                                                                                                                                                            • 28.08.2017
                                                                                                                                                                                                                            • 3014
                                                                                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                                                                                            Zitat von Pielinen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                            Viele fahren auch deshalb hin, weil es gut und schnell erreichbar ist, umgeben von Padjelanta und Kungsleden, viele schöne Täler und Gipfel hat und auch noch die schönste Aussicht Schwedens.
                                                                                                                                                                                                                            Klar, deswegen will ich ja (vermutlich) im September auch dahin Mit der Modifikation, dass ich die Aussischt seitenverkehrt mit Sonne im Rücken und Blick *auf* den *berühmtesten Aussischtspunkt* plane...

                                                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                              • 900
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                                                                                                                                                                                                                              Tag 16. Samstag 14.9.2019: Ulldevisduottar – Njalasjjavrre - namenloser Gipfel nordöstlich von Njalasjbakte – Gejnutoalgge – Saltolouokta - Kebnats

                                                                                                                                                                                                                              Und damit sind wir wieder am Anfang – und schon fast am Ende dieser Reise. Über die Ereignisse der Nacht – und die Ereignisse des Morgens – habe ich ja bereits im ersten Post berichtet.


                                                                                                                                                                                                                              Endlich mal ein Foto bei dem ich nicht schreiben muss, in welche Richtung es war.





                                                                                                                                                                                                                              Zurück am Zelt bin ich ein wenig durchgefroren und mache mir meinen zweiten Kaffee an diesem Morgen. Und verzichte auf den „Eiskaffee“.



                                                                                                                                                                                                                              Die Atmosphäre hier auf der Ebene ist faszinierend – und ein krasser Kontrast zum Kungsleden im Westen. Statt wieder durch ein links und rechts begrenztes Tal zu laufen, hat man hier eine schier unendliche Weite. Wen das etwas rauere Wetter nicht stört, dem kann ich also diese Ebene absolut empfehlen.





                                                                                                                                                                                                                              Der Reif am Zelt ist erheblich– und so schaffe ich es tatsächlich, aus dem Reif einen schönen Schneeball zu formen.







                                                                                                                                                                                                                              Njalasjjavrre

                                                                                                                                                                                                                              Nach dem Einpacken des Zelts – es ist quasi windstill – mache ich mich auf nach Norden.Und komme wieder und wieder an kleinen – zugefrorenen – Tümpeln vorbei. Freilich, dick ist das Eis nicht – aber gerade mit dünnem Eis kann man hervorragend herumspielen.






                                                                                                                                                                                                                              Die Flachheit und Weite hier ist mal was ganz anderes! Links der Njalasjbakte rechts der höhere der beiden Gipfel rechts daneben.



                                                                                                                                                                                                                              Auch wenn es auf den letzten Metern eher sumpfig wird, mache ich noch einen kurzen Abstecher zum Njalasjjavrre. Da ich noch reichlich Zeit habe denke ich mir, steig doch noch auf einen der beiden Hügel. Ich entscheide mich für den Doppelgipfel im Norden.



                                                                                                                                                                                                                              Als ich mich diesem nähere kommt mir von links noch eine Herde Rentiere entgegen – und wieder mal geht mir durch den Kopf: Was würdest du eigentlich machen wenn so ein Tier angreifen würde? Klar, Rentiere sind scheu. Aber was wenn eines der Tiere das nicht weiß? Bei dem Geweih hätte man doch als Mensch eigentlich keine Chance. Als wir noch zu zweit waren, hatte ich daran nie einen Gedanken verschwendet.

                                                                                                                                                                                                                              Warum also dieses Gedankenspiel? Dazu noch eine Begebenheit aus dem Sarvesvagge - kurz nach der Trennung von Tom - da war ich an einer recht engen Stelle mal am Hang auf eine Herde Rentiere zugelaufen, die, vielleicht 50m entfernt, auf einmal ihre Schritte in meine Richtung beschleunigt hatten. Da war mir ordentlich die Muffe gegangen! Allerdings hatten die Tiere mich noch nicht gesehen, blickten also zurück und flüchteteten wohl vor etwas anderem – und blieben dann abrupt stehen, als sie mich sahen. Dort wie auch hier schlage ich schräg die Richtung entgegen ihrer Laufrichtung ein und gebe ihnen damit die Möglichkeit, ohne das Gesicht zu verlieren weiter halbwegs geradeaus zu laufen – wie auch ich.


                                                                                                                                                                                                                              Blick zurück zum namenlosen Gipfel auf 1099 m links und dem Njalasjbakte rechts

                                                                                                                                                                                                                              Ich laufe auf den Hügel zu und beschließe, diesen von der linken Seite aus zu besteigen. Als ich ein Stück höher komme tut sich irgendwann der Blick auf den Bietsavrre auf – Wahnsinn! Erst vor 30min hatte ich mich spontan entschieden, noch diesen Hügel hier zu besteigen – also war die Aussicht ein völlig unerwartetes und damit umso intensiveres Highlight.


                                                                                                                                                                                                                              Bietsavrre


                                                                                                                                                                                                                              Blick nach Westen, die steile Wand des Sjäksjo. Zwischen den beiden Bergen hätte ich absteigen müssen, wenn ich mich gestern für die andere Option entschieden hätte – ob es gegangen wäre kann ich von hier aus leider nicht einschätzen, ggf. hätte man den Rasek westlich umrunden müssen

                                                                                                                                                                                                                              Ursprünglich wollte ich ja eine Tour von drech nachlaufen – da wäre ich in Saltoluokta gestartet und wäre dann am Bietsavrre entlang, mit der Option, den Slugga zu besteigen. Es war anders gekommen. Aber ich freue mich, diesen im Hintergrund zu sehen, jedenfalls vermute ich dass es sich bei dem spitz zulaufenden Berg um diesen handelt.


                                                                                                                                                                                                                              Kurz schießt mir durch den Kopf: Jetzt Essen Aufstocken und diese Tour zurück in den Sarek – aber irgendwie freue ich mich auch schon wieder auf die Zivilisation.


                                                                                                                                                                                                                              Nlick nach Norden


                                                                                                                                                                                                                              Blick nach Osten zum anderen Gipfel, der auf der Karte sehr nah aussieht, aber doch ein Stück weg ist


                                                                                                                                                                                                                              Blick die Strecke zurück, die ich heute schon gelaufen bin.


                                                                                                                                                                                                                              Blick nach Süden

                                                                                                                                                                                                                              Hier oben steht auch irgendein technisches Gerät herum, bei dem es sich wohl um eine Wetterstation handeln dürfte.


                                                                                                                                                                                                                              Oben ist der Gipfel ziemlich flach, sodass man für das volle Panorama erst zum Rand gehen muss. Ich stelle den Rucksack ab, ziehe mir die Daunenjacke über – und genieße die Aussicht. Ich dürfte fast eine Stunde da oben gewesen sein.

                                                                                                                                                                                                                              Blick nach Südwest. Obwohl der Gipfel hier wirklich nicht hoch ist, hat man eine wirklich tolle Aussicht!

                                                                                                                                                                                                                              Da, plötzlich – was ist das für ein Geräusch? Klingt fast wie ein Hubschrauber? Ein solcher war bereits gestern abend, während meiner Zeltplatzsuche, über mich hinweggerauscht. Und ein wenig stolz war ich schon darauf, dass ich, der Solo-Trekking-Typ in der blauen Daunenjacke, mit Sicherheit von oben in dieser Menschenleere gesehen worden ist. Auch wenn wenige Sekunden später dieses Gefühl von Triumph wieder der Unruhe, Kälte und Trostlosigkeit gewichen war, mit der ich gestern einen Zeltplatz gesucht hatte.

                                                                                                                                                                                                                              Nun also wieder. Sofort bringe ich die Kamera in Anschlag – und entscheide mich für den Filmmodus.
                                                                                                                                                                                                                              Und kann es kaum fassen.
                                                                                                                                                                                                                              In der Tat kommt ein Heikopter angeflogen.
                                                                                                                                                                                                                              Von Norden.
                                                                                                                                                                                                                              Und wo fliegt er lang?
                                                                                                                                                                                                                              Richtig.
                                                                                                                                                                                                                              Zwischen dem Gipfel, auf dem ich gerade stehe – und dem kleinen Gipfel unmittelbar im Osten durch, auf eine Entfernung von vielleicht 100m.



                                                                                                                                                                                                                              Und das sogar tiefer, als ich gerade stehe – und so schaue ich zu einem Helikopter runter, der an mir vorbeifliegt!
                                                                                                                                                                                                                              Wahnsinn!
                                                                                                                                                                                                                              Für mich nochmal ein völlig unerwartetes Highlight!

                                                                                                                                                                                                                              Danach wird es mir langsam doch zu kalt, ich reiße mich von der Aussicht los und gehe das letzte Stück nach Saltoluokta an. Entsprechend meinem Prinzip, niemals denselben Weg zweimal zu laufen, entscheide ich mich, direkt nach Norden abzusteigen. Dabei lasse ich den Njalasjgoabrre rechts liegen und peile den Gejnutoalgge an. Erst ist es steinig, dann wird es grasig, gegen Ende wieder Gestrüpp. Bäume dafür keine – und insgesamt eigentlich sehr gut zu gehen. Man kommt schnell voran – ganz ohne ausgetretene Pfade wie auf dem Kungsleden.


                                                                                                                                                                                                                              Blick nach dem Abstieg


                                                                                                                                                                                                                              Hier nochmal der Bietsavrre – desto tiefer man kommt, desto weniger beeindruckend ist die Sicht auf diesen, klar. Ich frage mich, ob man ihn vom Kungsleden überhaupt sieht.

                                                                                                                                                                                                                              Zwischendurch entsteht durch die Wolken vor der Sonne nochmal eine atemberaubende Atmosphäre!









                                                                                                                                                                                                                              Irgendwann komme ich auf dem Gejnutoalgge an – Wanderer begegnen mir hier keine. Der Blick runter zum See ist natürlich ein Traum.


                                                                                                                                                                                                                              Und doch läutet er unweigerlich das Ende meines Urlaubes ein.







                                                                                                                                                                                                                              Beim Abstieg komme ich irgendwann dann doch wieder auf den Pfad des Kungsleden – entscheide mich an einer Weggableung aber für den linken Pfad und damit nicht den entlang den roten Schildern.


                                                                                                                                                                                                                              Wobei die wahrscheinlich auch zum selben Ziel geführt hätten?!


                                                                                                                                                                                                                              Der Pfad wird breiter – und schneidet sich teils wieder tief in den Boden. Beim Abstieg kommen mir noch ein paar Wanderer entgegen – und schließlich lande ich in einem lauschigen Wald.






                                                                                                                                                                                                                              Das Wichtigste im Leben ist ein solides Fundament.

                                                                                                                                                                                                                              Plötzlich höre ich Stimmen. Kinderstimmen. Nicht eine, sondern mehrere - und es werden immer mehr. Was ist denn hier los? Schließlich komme ich in Saltoluokta an – und hier ist was los. Aber richtig. Das ist fast schon wie in einer Stadt – hier gibt es sogar einen Lageplan, damit man die richtigen Hütten auch findet.

                                                                                                                                                                                                                              Als ich meinen Weg zum (vergleichsweise großen!) Shop gefunden habe – hier thront sogar ein Gaskocher mit Zubehör für ca. 100€ oben auf dem Regal – gönne ich mir erstmal eine Limo und ein paar Schokoriegel. Ferner gibt es eine Tiefkühltruhe mit Eis, elektrisches Licht und nebenan ein Restaurant mit Menü zu gehobenen Preisen. Saltoluokta ist eine richtige Luxus-Hütte im Vergleich zu Aktse – und Akste schien mir nochmal eine Stufe über Tarraluoppalstugorna. Aber ich mochte die Einfachheit dort, ganz am Anfang meines Urlaubs, wirklich sehr.

                                                                                                                                                                                                                              Das hier hat für mich nur noch wenig mit Natur zu tun, ganz ehrlich. Ich frage die Dame an der Kasse ob hier immer so viel los ist. Sie verneint. Aber an diesem Wochenende wären gleichzeitig: Das Kinderwochenende, eine Hochzeit, ein Fotoshooting – und eben Wochenende.

                                                                                                                                                                                                                              Nun habe ich die Wahl – entweder hier übernachten und morgen früh die Fähre nach Kebnats nehmen oder heute noch die Fähre nehmen und drüben übernachten. Der Bus würde eh erst am nächsten Morgen kommen. Ich überlege nur kurz und treffe eine einstimmige Entscheidung – ich setze heute noch über. Das hier ist mir echt zu krass. Heute morgen noch Solo in der Wildnis auf der Ulldevisduottar-Ebene, nachts frierend, mit einem tollen Sonnenaufgang, noch vor einer Stunde auf einem Hügel mit Aussicht und kompletter Stille – und jetzt hier, umgeben von hunderten Menschen – der Übergang ist mir zu abrupt, zu krass – und trifft mich völlig unerwartet.

                                                                                                                                                                                                                              Ich mache mich auf zum Steg und komme dort mit ein paar anderen Trekkenden ins Gespräch – einer der beiden hatte auf dem Kungsleden ein erstaunliches Stück zurückgelegt und hatte auch noch einiges vor.


                                                                                                                                                                                                                              Der Steg, Blick nach Norden.


                                                                                                                                                                                                                              Blick nach Westen

                                                                                                                                                                                                                              Nach einer Weile kommt das Boot – Boot ist der falsche Begriff, es ist eher ein kleiner Ausflugsdampfer – und es setzen ca. 30-40 Personen über. 200 Kronen.





                                                                                                                                                                                                                              Am anderen Ufer wartet schon der Bus in die andere Richtung – auf den dieses Boot getaktet ist. Und so dauert es kaum 5 Minuten, bis auf einmal eine Totenstille herrscht. Ich bin – selbstverständlich – der einzige, der den Bus am nächsten Morgen nehmen will, aber heute schon übergesetzt ist.

                                                                                                                                                                                                                              Nun muss ich also noch einen Zeltplatz suchen. Der Dampfer hat wieder abgelegt, mit den neuen Gästen aus dem Bus. Links und rechts vom Steg befinden sich einige Hütten und Boote. Hier das Zelt aufschlagen, auf Kies? Neee…..ich muss etwas besseres suchen.

                                                                                                                                                                                                                              Und treffe zunächst die falsche Entscheidung, in dem ich auf der westlichen Uferseite nach einem Platz suche. Und finde – nichts. Gar nichts. Zu meiner großen Überraschung. Der Boden hier ist völlig anders als alles was ich auf der Reise bisher erlebt habe –

                                                                                                                                                                                                                              und sieht komplett (!) so aus. Im Ergebnis dürfte es sich um ein Blockfeld gehandelt haben, das mit Gras überwuchert war – aber diese Erkenntnis kam mir erst spät, zu spät (jetzt beim Schreiben ) - war es doch überall grün. Sodass ich bis zuletzt hoffte, irgendwo eine ebene Fläche zu finden. Vergebens. Hier fehlte mir einfach die Erfahrung, die Bodenstruktur richtig zu lesen. Auch den Gedanken, einige angeschwemmte Holzpalatten vom Ufer zusammenzuschieben verwerfe ich – zu schwer.



                                                                                                                                                                                                                              Immerhin ist die Aussicht am Ufer wirklich schön! Schließlich steige ich – inwischen voller Frust und ohne Hoffnung – zur Straße auf. Das ganze Stück über die Felsen zurück? Nein Danke. Es ist mega steil und ich muss die Hände zu Hilfe nehmen.

                                                                                                                                                                                                                              Hier sieht man die Extra-Tour nach Westen. Nicht lohnenswert mit Rucksack - wenn dann nur nachdem das Zelt steht und ohne Gepäck für die Aussicht.

                                                                                                                                                                                                                              Ich denke der Frust resultierte einfach daraus, dass ich niemals damit gerechnet hätte, dass es so schwer sein würde etwas zu finden – und dass ich im Geiste längst mein Zelt am Wasser aufgebaut hatte um bei einem Tee die Aussicht zu genießen.
                                                                                                                                                                                                                              Es hilft nichts – endlich komme ich an der Betonstraße an. Ein Alternativplan wäre noch gewesen, jetzt in den Wald auf der anderen Seite zu marschieren, mich aber zieht es zunächst zurück zur Bootsanlegerstelle. Hier entscheide ich mich nun, die östliche Uferseite auszukundschaften – und hier finde ich 2-3 Plätze, an denen man ein 1-Mann-Zelt aufschlagen kann. Uff!


                                                                                                                                                                                                                              Die Landzunge hier zieht sich noch ein Stück weiter – und diverse Feuerstellen zeigen, dass die Bootseigentümer hier wohl im Sommer am Wasser sitzen und die Seele baumeln lassen. Ich beneide sie darum.



                                                                                                                                                                                                                              Zunächst machte ich mir noch Sorgen, es könne einer der Bootsbesitzer kommen und mich des Geländes verweisen – andererseits – wohin? Außerdem beruhigten mich das Laub und der Dreck in den Booten – die Sommersaison war wahrscheinlich längst vorbei.





                                                                                                                                                                                                                              Und so genieße ich denn, nachdem das Zelt steht und ich mir mein Abendessen und einen Tee gekocht habe, meinen letzten Abend des Urlaubs in der Natur am Ende doch noch wie gewünscht:

                                                                                                                                                                                                                              In Stille.
                                                                                                                                                                                                                              Und Einsamkeit.
                                                                                                                                                                                                                              An einem Strand sitzend.
                                                                                                                                                                                                                              Die Wellen des Wassers beobachtend.
                                                                                                                                                                                                                              Vor einem wunderschönen Sonnenuntergang.
                                                                                                                                                                                                                              Voller neuer und toller Erinnerungen.
                                                                                                                                                                                                                              Zurückblickend in den Sarek.

                                                                                                                                                                                                                              Zuletzt geändert von Freedom33333; 05.02.2020, 18:32.

                                                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                • 586
                                                                                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                Sehr schön, ich erinnere mich genau an dieses Gefühl am Ende meiner Sarek-Tour 2018: Ein Gemisch zwischen "ich will nicht in die Zivilisation zurück" und "Ich hab soo Bock auf nen frischen Salat"

                                                                                                                                                                                                                                Das Saltoluokta überlaufen ist, finde ich zwar auch, du hättest dir trotzdem das geniale und bezahlbare Frühstück nicht entgehen lassen sollen

                                                                                                                                                                                                                                Danke fürs mitnehmen auf diese Tour, es kommt fernweh auf!

                                                                                                                                                                                                                                Liebe Grüße
                                                                                                                                                                                                                                Daniel
                                                                                                                                                                                                                                Auf meinem Blog Longing for the Horizon:
                                                                                                                                                                                                                                Pamir Highway 2019 / Sarek 2018 / Padjelantaleden 2017 / 4500km Radtour Berlin-Nordkapp 2017 / Kungsleden 2015 / Kungsleden 2014 / Israel-Hike 2014 und viele kleinere Radtouren (Berlin - Kopenhagen / Prag - Berlin etc.)

                                                                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                  Erfahren
                                                                                                                                                                                                                                  • 22.09.2015
                                                                                                                                                                                                                                  • 426
                                                                                                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                  ...sehr schöne Bilder und das Wetter ist ja durchaus nice danke!
                                                                                                                                                                                                                                  Look deep into nature and you will understand everything better (A. Einstein)

                                                                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                    Vorstand
                                                                                                                                                                                                                                    Fuchs
                                                                                                                                                                                                                                    • 18.06.2014
                                                                                                                                                                                                                                    • 1591
                                                                                                                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                    Wow, wenn ich mir die Bilder von Deinem letzten Tourtag so ansehe, sollte ich auch mal einfach ein paar Hundert Meter abseits des Weges gehen. Ist ja auch mal eine Option, falls man wieder mal in die Verlegenheit kommt, einen Weg zu gehen, den man schon kennt.
                                                                                                                                                                                                                                    Danke für den schönen Bericht!

                                                                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                      Fuchs
                                                                                                                                                                                                                                      • 10.10.2017
                                                                                                                                                                                                                                      • 2024
                                                                                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                      Ich hätte gern noch mehr gelesen , aber alles hat nun mal ein Ende. Vielen Dank für diesen Bericht, ich bin gedanklich gerne mitgelaufen
                                                                                                                                                                                                                                      "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                                                                                                                                                        • 07.03.2014
                                                                                                                                                                                                                                        • 3154
                                                                                                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                        Ja, vielen Dank fürs virtuelle Mitnehmen!

                                                                                                                                                                                                                                        Dort am Sarek-Nordrand will ich schon seit 2014 mal herumlaufen, du hast das wieder ein paar Plätze nach vorn geschoben auf der TODO-Liste. Könnte das ja mal für diesen Sommer einplanen...

                                                                                                                                                                                                                                        MfG, Heiko

                                                                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                          Fuchs
                                                                                                                                                                                                                                          • 22.08.2010
                                                                                                                                                                                                                                          • 1835
                                                                                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                          Ein schöner Bericht ist das geworden! Vielen Dank für´s Mitnehmen.
                                                                                                                                                                                                                                          Ich werde mich - immer wieder gerne - an die gemeinsamen Tage erinnern.
                                                                                                                                                                                                                                          Kommt noch ein Fazit? Gibt es schon Ideen für neue Pläne?
                                                                                                                                                                                                                                          Beste Grüße,
                                                                                                                                                                                                                                          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                            • 900
                                                                                                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                            Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                            Ein schöner Bericht ist das geworden! Vielen Dank für´s Mitnehmen.
                                                                                                                                                                                                                                            Ich werde mich - immer wieder gerne - an die gemeinsamen Tage erinnern.
                                                                                                                                                                                                                                            Kommt noch ein Fazit? Gibt es schon Ideen für neue Pläne?
                                                                                                                                                                                                                                            Beste Grüße,
                                                                                                                                                                                                                                            Ich danke dir, es war mir eine Ehre .

                                                                                                                                                                                                                                            Ein Fazit kommt noch Anfang nächste Woche, darüber muss ich auch nochmal nachdenken ;).

                                                                                                                                                                                                                                            Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                            Ja, das ist schon paradox: gerade *weil* der Sarek als ultimative Wildnis gilt, fahren da viele aus genau diesem Grund hin, und man ist dort weniger "einsam" als in unpopuläreren Gegenden ...
                                                                                                                                                                                                                                            (Aber hoffentlich klappt das bei mir mit dem Sarek in diesem Jahr )
                                                                                                                                                                                                                                            Zitat von pekra62 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                            ich wollt's nicht laut aussprechen
                                                                                                                                                                                                                                            Das mit der Wildnis steht sogar im Wikipedia-Artikel.

                                                                                                                                                                                                                                            Im Tourismus-Jargon wird er manchmal als „letzte Wildnis Europas“ bezeichnet, obwohl dies bei weitem nicht zutrifft.
                                                                                                                                                                                                                                            Allerdings denke ich, dass die Leute auch in den Sarek fahren, weil es da eben wirklich schöne Natur gibt. Vielleicht liegts auch einfach am merkbaren und aussprechbaren Namen. Die Abwechslung hat mich jedenfalls begeistert. Prägend war zwar das Laufen durch die Täler, aber Gipfel, Gletscher, Hochebenen und eine tolle Weite sind auch möglich. (Und Busch gibts auch)

                                                                                                                                                                                                                                            Gefühlt scheint der Sarek hier im Forum ja sehr hoch auf der Bekanntheitsskala zu stehen, in der Tat. Man kann halt ewig recherchieren, was denn jetzt am besten wäre - oder man nimmt einfach irgendetwas das Solide erscheint. Ich wollte nach Skandinavien, keinen Fernwanderweg, Anfahrt bezahlbar. Ein paar Reiseberichte hatte ich geelesen, der Sarek war mir ein Begriff. Bilder überflogen - Passt. Anfahrt angeschaut - passt. Reiseführer vorhanden für Detailplanung später - passt. Desto mehr Reiseberichte es gibt, desto besser ist das Gesamtbild / desto höher die Chance auf detaillierte Anfahrtsbeschreibungen. Und es hilft natürlich ungemein bei der Streckenplanung, wie weit bei den Leuten die Zeltplätze auseinander sind.

                                                                                                                                                                                                                                            Wahrscheinlich wäre ich anderswo genauso glücklich gewesen. Für mich war Sarek noch vor ein paar Monaten auch nicht mehr als ein Fremdwert, genau wie der Kungsleden.

                                                                                                                                                                                                                                            An einen Bericht von Borgman erinnere ich mich übrigens, da war er in Varangerhalvøya, ganz oben in Norwegen, und hat da wohl auf seiner ganzen Tour keine Menschen getroffen. Also wer Einsamkeit sucht kann es da mal probieren. Landschaftlich war das da oben auch sehr reizvoll durch die große Weite, nur ist es dann halt nicht ganz so abwechslungsreich.

                                                                                                                                                                                                                                            Zitat von DerNeueHeiko Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                            [OT]
                                                                                                                                                                                                                                            Ja, einsamer war ich auch anderswo... allerdings ist auch der Kungsleden nicht repräsentativ für den Sarek, und auf anderen Teilen des Kungsleden ist nochmal viel mehr los mal sehen, wohin ich mich treiben lasse, Padjelanta steht als Option, Sarek, vielleicht auch Grenseleden - um den Fjällräven Classic mache ich dieses Jahr jedenfalls einen großen Bogen
                                                                                                                                                                                                                                            MfG, Heiko
                                                                                                                                                                                                                                            Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie vielen Leuten man da dann begegnet. Wahrscheinlich ist es dann wie in den Alpen wenn man einen der Hausberge besteigt. Nichts ist einzuwenden gegen ein paar Wanderer am Tag, aber Menschenmassen brauche ich da nicht.

                                                                                                                                                                                                                                            Ich rechne mal zusammen:
                                                                                                                                                                                                                                            - Tarraluoppal Ankunft im Heli (ist ja auch Kungsleden): Mit den beiden Hüttenwirten unterhalten, eine weitere Person gesehen
                                                                                                                                                                                                                                            - Njoatsosvagge - 0
                                                                                                                                                                                                                                            - Jiegnavagge - eine Person kam uns entgegen beim Aufstieg
                                                                                                                                                                                                                                            - Abstieg ins Sarvesvagge - 2 Zelte gesehen
                                                                                                                                                                                                                                            - Sarvesvagge - eine Person die morgens an unseren Zelten vorbeigelaufen ist, dann auf Toms Flussseite 2 Zelte, auf meiner keine, habe da eine Person gesehen
                                                                                                                                                                                                                                            - Luohttolahko - 0
                                                                                                                                                                                                                                            - Noajdevagge - 0
                                                                                                                                                                                                                                            - Sarvesvagge - 2 Personen auf der anderen Flusseite gesehen bei einer Hütte und an 2 Zelten vorbeigekommen
                                                                                                                                                                                                                                            - Niejdariehpvagge - 0
                                                                                                                                                                                                                                            - Alggavagge - 0
                                                                                                                                                                                                                                            - Guohpervagge - 0
                                                                                                                                                                                                                                            - Skarja - 1
                                                                                                                                                                                                                                            - oberes Rapadalen - 0
                                                                                                                                                                                                                                            - Snavvavagge - Unterhalten mit 2, gesehen weitere 2 an einem Zelt
                                                                                                                                                                                                                                            - Rapadalen - 1 (Arjan)
                                                                                                                                                                                                                                            - Ebene bis Skierffe - im Nebeldunst hat Arjan wohl mal 2 Personen hinter uns irgendwo gesehen
                                                                                                                                                                                                                                            - Skierffe - gesehen - 4, zusätzlich ins Gespräch gekommen mit 4
                                                                                                                                                                                                                                            - ab dem Kungsleden (Exklusiv Hütten) ca. 20 am Freitag dem 13.9.
                                                                                                                                                                                                                                            - Ulldevisduottar - 0

                                                                                                                                                                                                                                            Exklusiv Kungsleden und Skierffe komme ich also auf 15 Menschen, ab dem Skierffe in den letzten 2 Tagen dann - exklusiv Hütten - gleich mal ca. 30

                                                                                                                                                                                                                                            Zitat von Spartaner Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                            Ja stimmt, als ich mir das Foto nochmal angeschaut habe habe ich mir schon gedacht, dass der Schatten auffällt. Danke dir. Ich sehe schon, ich muss noch einiges lernen 😉.

                                                                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                              Erfahren
                                                                                                                                                                                                                                              • 18.10.2014
                                                                                                                                                                                                                                              • 335
                                                                                                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                                                                                                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                                                                              Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                              Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie vielen Leuten man da dann begegnet.
                                                                                                                                                                                                                                              So schlimm ist es auf dem Kungsleden gar nicht.. aber alles andere als einsam.
                                                                                                                                                                                                                                              Nur von Abisko waren wir echt beeindruckt, wir hatten unsere Halbzeit auf dem Nordkalottleden am Tag des "Finales" des Fjällräven Classic dort.. naja immerhin war da soviel los das es extra Zelte mit Rentierkebab und auch Massagen gab..
                                                                                                                                                                                                                                              Mein Tourtagebuch --->www.bresh.eu<---

                                                                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                Fuchs
                                                                                                                                                                                                                                                • 10.10.2017
                                                                                                                                                                                                                                                • 2024
                                                                                                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                Ich glaube die Grenze des Schwellwertes zu Einsam bzw. Autobahn liegt in der Erfahrung und der Zeit die man da oben verbracht hat, bei jeden persönlich ganz wo anders. Bei der ersten Tour kann es für manche sogar noch ein Fjällraven Classic sein, später vielleicht sogar immer noch. Aber mit der Zeit wird man immer mehr Ecken suchen in dem man diesen Alleinstellungswert "Kein Mensch hier" oder "da würden die wenigsten lang laufen(siehe Blockfleder)" erreicht. Ist es doch auch schon fast Pflicht in einem Bericht zu erwähnen und damit zu unterstreichen eine hochwertige Tour gemacht zu haben. Wie halt jeder mag, ich mein das nicht böse. Ich glaube man hat so oder so eine schöne Zeit da oben, aber! man darf nie vergessen wo die eigenen Grenzen sind oder ab wann man zu einer gewissen Jahreszeit nicht mehr in solche Gegenden gehen sollte. Ich freu mich drauf davon zu lesen oder auch selbst mal was darüber zu schreiben, aber es sollte kein Kampf werden wer die wenigsten Wanderer getroffen hat

                                                                                                                                                                                                                                                Gruß Maik
                                                                                                                                                                                                                                                "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                                                                                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                  Alter Hase
                                                                                                                                                                                                                                                  • 30.05.2007
                                                                                                                                                                                                                                                  • 3996
                                                                                                                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                  Vielen DAnk nochmal für den tollen Bericht einer traumhaften Tour.
                                                                                                                                                                                                                                                  So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                                                                                                                  A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                    Alter Hase
                                                                                                                                                                                                                                                    • 28.08.2017
                                                                                                                                                                                                                                                    • 3014
                                                                                                                                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                    Zitat von Bresh Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                    So schlimm ist es auf dem Kungsleden gar nicht..
                                                                                                                                                                                                                                                    Hm... naja... doch.

                                                                                                                                                                                                                                                    Unser Kungsledenergebnis im August '19:
                                                                                                                                                                                                                                                    • Nikkaluokta - Kebnekaise Fjällstation (bzw. bis Abzweig Tarfala) über 50 (eher 100) Leute plus dauernd Hubschrauber
                                                                                                                                                                                                                                                    • Brücke Guobirvággi - Singi 20-30 Leute
                                                                                                                                                                                                                                                    • Singi alle ca. 50 Schlafplätze belegt + über 10 (eher 20) Zelte in der Umgebung


                                                                                                                                                                                                                                                    Und an den restlichen 6 Tagen bis Katterat *insgesamt* unter 20 Leute (die meisten in/bei Hütten).

                                                                                                                                                                                                                                                    Zitat von Bresh Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                    ...am Tag des "Finales" des Fjällräven Classic dort..
                                                                                                                                                                                                                                                    ...und das war eine Woche VOR Start des Fjällräven Classic.

                                                                                                                                                                                                                                                    Natur natürlich trotzdem schön, keine Frage. Sind ja selber Teil dieser "Massen". Hat auch Vorteile, wenn sich das so konzentriert

                                                                                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                      Fuchs
                                                                                                                                                                                                                                                      • 10.06.2004
                                                                                                                                                                                                                                                      • 1232
                                                                                                                                                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                                                                                                                                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                                                                                                                                                                                                                                      Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                      Und so genieße ich denn, nachdem das Zelt steht und ich mir mein Abendessen und einen Tee gekocht habe, meinen letzten Abend des Urlaubs in der Natur am Ende doch noch wie gewünscht:

                                                                                                                                                                                                                                                      In Stille.
                                                                                                                                                                                                                                                      Und Einsamkeit.
                                                                                                                                                                                                                                                      An einem Strand sitzend.
                                                                                                                                                                                                                                                      Die Wellen des Wassers beobachtend.
                                                                                                                                                                                                                                                      Vor einem wunderschönen Sonnenuntergang.
                                                                                                                                                                                                                                                      Voller neuer und toller Erinnerungen.
                                                                                                                                                                                                                                                      Zurückblickend in den Sarek.
                                                                                                                                                                                                                                                      Eine wirklich vortreffliche Wortwahl und ein unheimlich stimmiger Abschluss Deines Berichts, der sehr schön Deine Emotionen und Eindrücke beschreibt. Geht mir meist sehr ähnlich am Ende solch einer Tour.

                                                                                                                                                                                                                                                      Landschaftlich hat mir jetzt auch noch der Abstecher zur Ulldevisduottar-Ebene echt gut gefallen. War mal ne schicke Abwechslung, da ich den Abschnitt sonst nur vom Kungsleden aus kenne. Und kann diesen Kulturschock gut nachvollziehen, wenn man nach der langen Einsamkeit dann auf einmal unter sovielen Menschen ist. Ging mir bei meiner Tour letzten Sommer ähnlich, da ich sie auch in Saltoluokta beendet habe und da grad ne Hochzeitsgesellschaft tagte.

                                                                                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                        Dauerbesucher
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                                                                                                                                                                                                                                                        • 900
                                                                                                                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                        Tag 17, Sonntag 15.9.2019 & Tag 18, Montag 16.9.2019: Kebnats - Gällivare - Lulea - Stockholm - Deutschland

                                                                                                                                                                                                                                                        Die Abreise verläuft unspektakulär. Von Kebnats mit dem Bus nach Gällivare und von dort mit dem Zug nach Lulea. In Gällivare bin ich beim Essen in einem asiatischen Restaurant doch sehr erstaunt über die Menge, die ich dort vertilgen kann – und glaube nicht, dass ich in meinem Leben jemals so viel auf einmal gegessen habe. Abgenommen habe ich in den 2 Wochen übrigens trotz 2500kcal am Tag etwa 3-4kg.

                                                                                                                                                                                                                                                        In Lulea schaffe ich es gerade noch vor Ankunft einer Gruppe von vielleicht 80 Leuten mein Gepäck abzugeben – in Anbetracht des kleinen Flughafens und nur einem offenen Termimal erspare ich mir dadurch knapp eine Menge Stress. Beim Flug-Zwischenstop in Stockholm nehme ich dieses mal den Bus vom Inlandsflugterminal zum Auslandsflugterminal und muss daher nicht – wie beim Hinflug – durch den Flughafen hetzen und erneut an einer Sicherheitsschleuse anstehen.

                                                                                                                                                                                                                                                        Fazit:
                                                                                                                                                                                                                                                        #1: Im Okober 2018 habe ich meinen ersten Trekking-Urlaub absolviert. Im April 2019 einen weiteren in Schottland. Und nun war ich im Sarek. Wer hier mitliest und sich denkt „Ach, so einen Wilderniss-Trekking-Urlaub will ich auch mal irgendwann machen: Noch vor 18 Monaten saß ich zuhause am PC, las einen Reisebericht über Schottland, Regen, eine Bothy und eine Maus - und dachte mir: „Mensch, sowas müsstest du auch mal machen!“. Und oft höre ich von Freunden und Bekannten dasselbe. Einzig und allein: Sie machen es nicht. Es gilt nunmal: Gestern ist besser als heute. Einfach machen. Und nicht immer denken „Das sind diese Trekking-Leute die das machen, das bin ja nicht ich“. Jedenfalls sofern man es sich zutraut. Etwa auf dem Kungsleden kann man wohl ohne Weiteres von Hütte zu Hütte laufen und trotzdem – wie ich – komplette Wildnis erleben, wenn man sich mal ein paar Kilometer vom überlaufenen Pfad wegtraut.

                                                                                                                                                                                                                                                        #2: Der Sarek ist wirklich eine tolle Gegend und landschaftlich extrem abwechslungsreich. Prägend ist das Laufen durch Täler, links und rechts begrenzt durch hohe Berge - stets mit einem Fluss in der Mitte. Die Motive dadurch haben mich immer wieder begeistert. Auch Block- und Geröllfelder finden sich teils bereits in den Tälern, vor allem aber in höheren Lagen. Ebenso besteht die Möglichkeit, Gipfel zu besteigen oder Hochebenen mit ihrer tollen Weite zu erkunden. Auch Passüberquerungen sind möglich. Anspruchsvolle Stellen gab es zwar auch ein paar, aber ingesamt war die Strecke gut zu machen. Gestrüpp und Bäume finden sich freilich auch. Bedingt durch die Jahreszeit waren die Flussdurchquerungen nie ein Problem im Sinne von „Hier komme ich nicht rüber“, nur wenige Male ging das Wasser bei stärkerer Strömung bis zum Oberschenkel. Über die Anfängergeeignetheit kann und will ich hier aber keine Stellungnahme abgeben, da die Voraussetzungen und Wahrnehmungen doch zu unterschiedlich sind – und ich bereits in Schottland einiges an "Wildnis" erlebt habe.

                                                                                                                                                                                                                                                        #3: Schottland vs. Schweden: Beides hat seinen Reiz. Die Landschaft ist komplett anders. Der erste Wandertag in Tarraloupal hätte auch in Schottland sein können und hat mir sehr gut gefallen. Der Sarek – und nur den kann ich beurteilen – ist am Ende landschaftlich aber doch ein ganzes Stück abwechslungsreicher. Schottland besteht zumeist aus grünen oder braunen Wiesen – und die Sümpfe sind tiefer. Skandinavien scheint mir um einiges steiniger.

                                                                                                                                                                                                                                                        #4: Wildnis & Einsamkeit: Lässt sich auch über die Jahreszeit herbeiführen. In den Northwesthiglands im April sind mir weniger Menschen begegnet als im Sarek. Insofern erstaunt es mich, dass einige Bekannte – als ich vom Trekken in Schottland erzähle – die Wildnis in Frage stellten und bei Schweden sofort beeindruckt waren. Wildnis gibt es auch in Schottland – und anspruchsvolle Touren kann man da genauso laufen. Es kann aber gut sein, dass die Wildnis dort zur Hauptreisezeit schwieriger zu finden ist.

                                                                                                                                                                                                                                                        #5: Frust und Lust: War von Anfang bis Ende mein ständiger Begleiter, auch wenn sich die Wahrnehmung mit der Zeit verschiebt und man mehr "gewohnt" ist. Selbst am letzten Tag – die Zeltplatzsuche, kaputt durch die Landschaft stolpern, Frust – und eine Stunde später den Sonnenuntergang am Wasser genießen. Aber erst das durchleben von weniger schönen Momenten lässt einen die schönen Momente um so mehr wertschätzen.

                                                                                                                                                                                                                                                        # 6: Das Wetter: Wenn ich mir so im Nachhinein die Bilder anschaue hatte ich eigentlich gar nicht mal so schlechtes Wetter. Klar, die Tage mit Sonnenschein sind oft die schönsten – die Tage etwa im Niejdariehpvagge und Alggavagge waren gefühlt herausragend. Aber auch Nebel, Wolken und Regen erzeugen eine tolle Atmosphäre. Selbst die beiden Tage im Nebel waren auf ihre Art und Weise absolut einzigartig. Einzig und allein auf den Tag im Sarvesvagge hätte ich auch verzichten können. Was ich mir gewünscht hätte, wären sternklare Nächte gewesen – bis auf den Tag mit den Nordlichtern war der Himmel eigentlich immer in Wolken gehüllt. An einem der dunkelsten Orte Europas ist das natürlich schade. Gerne wäre ich einmal unter freiem Himmel mit Blick auf die Sterne eingeschlafen. Trotzdem bin ich natürlich mega dankbar für die eine Nacht.

                                                                                                                                                                                                                                                        # 7: In unserem gesellschaftlichen Leben interagieren wir von morgens bis abends mit anderen Menschen, führen Gespräche, schließen Transaktionen ab und bezahlen in Geld. Wir treffen den ganzen Tag Entscheidungen in Bezug auf unsere Arbeit, Geld und menschliche Interaktion. Das macht für mich auch den Reiz eines solchen Trekking-Urlaubes – und das Streben nach Wildnis – aus. Das ist eine völlig andere Welt. Solo Trekking gibt einem dieses unbändige, unbeschreibliche, unnachahmliche Gefühl von Freiheit – in dem man wirklich loslässt. Es geht nicht darum, dass die Anwesenheit von (vielen) Menschen / Struktur etwas negatives wäre, es geht darum, dass die Abwesenheit etwas Besonderes ist. In Bezug auf Wildnis kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu – im Wissen, dass um einen herum keine menschliche Hilfe verfügbar ist den Urgewalten der Natur ausgeliefert zu sein - und damit klarzukommen. Egal wie stark der Wind ist, egal wie nass der Regen ist, egal wie trostlos die Umgebung dann ist – das Zelt muss aufgebaut und es muss überlebt werden. Wo hat man dieses Gefühl in unserem täglichen, sicheren und bequemen Leben heute schon noch?

                                                                                                                                                                                                                                                        # 8: Eines habe ich vermisst: Die Ruhe und Zeit aus meinen letzten beiden, sehr viel weniger knapp geplanten Urlauben – in einer Hütte sitzen, ein Buch lesen, über den Sinn des Lebens mit einem Notizbuch philosophieren, einen Schluck Whisky trinken (der mir auch nur in Schottland schmeckt) und die Seele baumeln lassen. Und die Tour so planen, dass man ohne schlechtes Gewissen mal einen oder mehrere Tage an einem Ort verbringen kann. Andererseits: Würde ich auf einen einzigen der Tage im Sarek, auf eine einzige Aussicht, auf ein einziges Erlebnis verzichten wollen? Ich denke nicht. Im Übrigen bin ich - für mich erstaunlich - aus Schweden trotz der körperlichen Belastung genauso erholt zurückgekommen, wie von den deutlich entspannteren Touren in Schottland.

                                                                                                                                                                                                                                                        #9. Man kann eben nicht immer alles haben – und sollte alles mal ausprobieren. Welcher Art mein nächster Urlaub sein wird? Ich mag beides. Keine Variante ist besser als die andere. Sie ergänzen sich. Denkbar, dass zunächst ein gemütlicherer Schottland-Urlaub folgt und danach wieder ein Wilderness-Trekking Urlaub, entweder in Norwegen oder in Island.

                                                                                                                                                                                                                                                        Danke fürs Lesen.
                                                                                                                                                                                                                                                        Zuletzt geändert von Freedom33333; 12.02.2020, 09:38.

                                                                                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                          Fuchs
                                                                                                                                                                                                                                                          • 22.08.2010
                                                                                                                                                                                                                                                          • 1835
                                                                                                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                          Schönes Fazit, Albrecht. Vielen Dank dafür.
                                                                                                                                                                                                                                                          Ich bin mir aber sehr sicher ( schreibst du ja auch ), dass du schon bald nach NO/SWE/IS zurückkehren
                                                                                                                                                                                                                                                          wirst. Der Nordland - Virus hat dich längst gepackt.
                                                                                                                                                                                                                                                          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                            Dauerbesucher
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                                                                                                                                                                                                                                                            • 896
                                                                                                                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                            Tolles Fazit, das ich voll unterschreiben kann

                                                                                                                                                                                                                                                            Wobei ich deinen Sprung von zwei Touren in Schottland direkt in den Sarek noch immer sehr beachtlich finde.
                                                                                                                                                                                                                                                            Es ist dort anscheinend nicht mehr so leer, wie es mal war. Aber das Fehlen von Brücken und Hütten und die Entfernung zum nächsten Ausstieg machen ihn doch einiges weniger "anfängertauglich", so dass ich den meisten empfehlen würde, erstmal auf den markierten Routen Erfahrung zu sammeln.

                                                                                                                                                                                                                                                            Es geht nicht darum, dass die Anwesenheit von (vielen) Menschen / Struktur etwas negatives wäre, es geht darum, dass die Abwesenheit etwas Besonderes ist.


                                                                                                                                                                                                                                                            Zu deinem #8: In der Nachsaison auf einer markierten, wenig begangenen Route mit Hütten, könntest du auch dieses Defizit in Lappland ausgleichen

                                                                                                                                                                                                                                                            Vielen Dank,
                                                                                                                                                                                                                                                            Peter

                                                                                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                              Vorstand
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                                                                                                                                                                                                                                                              • 734
                                                                                                                                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                              Vielen Dank für den schönen Bericht. Sehr ausführlich hast Du Deine Stimmungen beschrieben, dadurch konnten Lust und Frust wunderbar nachvollzogen werden.

                                                                                                                                                                                                                                                              Besonders hat mich gefreut, dass Du am Ende mit der Hochebene Dir noch ein unbekanntes Highlight suchen konntest. Ich finde es immer besonders schön, wenn sich neue Blicke und Perspektiven eröffnen, wo es so bisher noch keine Berichte zu gab.

                                                                                                                                                                                                                                                              Super dass alles so gut geklappt hast - und ich freue mich für Dich auf weitere Reisen in den Norden!

                                                                                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                                Dauerbesucher
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                                                                                                                                                                                                                                                                • 900
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                                                                                                                                                                                                                                                                Zitat von theslayer Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                Sehr schön, ich erinnere mich genau an dieses Gefühl am Ende meiner Sarek-Tour 2018: Ein Gemisch zwischen "ich will nicht in die Zivilisation zurück" und "Ich hab soo Bock auf nen frischen Salat"
                                                                                                                                                                                                                                                                Das Saltoluokta überlaufen ist, finde ich zwar auch, du hättest dir trotzdem das geniale und bezahlbare Frühstück nicht entgehen lassen sollen
                                                                                                                                                                                                                                                                Danke fürs mitnehmen auf diese Tour, es kommt fernweh auf!

                                                                                                                                                                                                                                                                Liebe Grüße
                                                                                                                                                                                                                                                                Daniel
                                                                                                                                                                                                                                                                Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                Eine wirklich vortreffliche Wortwahl und ein unheimlich stimmiger Abschluss Deines Berichts, der sehr schön Deine Emotionen und Eindrücke beschreibt. Geht mir meist sehr ähnlich am Ende solch einer Tour.

                                                                                                                                                                                                                                                                Landschaftlich hat mir jetzt auch noch der Abstecher zur Ulldevisduottar-Ebene echt gut gefallen. War mal ne schicke Abwechslung, da ich den Abschnitt sonst nur vom Kungsleden aus kenne. Und kann diesen Kulturschock gut nachvollziehen, wenn man nach der langen Einsamkeit dann auf einmal unter sovielen Menschen ist. Ging mir bei meiner Tour letzten Sommer ähnlich, da ich sie auch in Saltoluokta beendet habe und da grad ne Hochzeitsgesellschaft tagte.
                                                                                                                                                                                                                                                                Ich danke euch. Ich habe über diese Situation im Nachgang auch noch ein wenig nachgedacht und mich gefragt, warum ich nicht vor Ort bleiben wollte. Und Ich denke, es liegt auch einfach an der eigenen Erwartung. Hätte ich mit etwas derartigem gerechnet bzw. vorher gewusst, wie zivilisationsnah diese Hütte liegt, hätte ich mich emotional darauf einstellen können und die Gelegenheit genutzt, mit anderen Trekkenden vor Ort ein Bier zu trinken. Wäre es wie Aktse gewesen hätte ich das auch definitiv getan. (Wären ODSler anwesend gewesen sowieso.)

                                                                                                                                                                                                                                                                Aber wenn man in eine gemütliche Bar geht, um gute Gespräche zu führen, weil man jemanden längere Zeit nicht gesehen hat und dann ist es doch mit Tanzfläche und es wird laute Musik gespielt, dürften ja auch die wenigsten sagen "Ok, dann tanzen wir halt". Ähnlich dürfte es mir vor Ort gegangen sein – der Übergang hat mich völlig unerwartet getroffen und ich konnte bzw. wollte mich nicht spontan emotional umstellen. Ich war einfach noch zu sehr im Wilderness-Modus und wollte einen passenden Abschluss für die Tour. Aber vor Ort hatte ich das Gefühl, ich wäre mitten in der Wildnis in eine Stadt marschiert.

                                                                                                                                                                                                                                                                Zitat von Hapi Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                ...sehr schöne Bilder und das Wetter ist ja durchaus nice danke!
                                                                                                                                                                                                                                                                Dankeschön! Ja schönes Wetter hat schon was. Aber ich nehme lieber etwas mehr Wolken als die Mückenplage im Sommer bei schönerem Wetter. Wobei mich so ein bisschen mehr Schnee im Sarek auch gereizt hätte.

                                                                                                                                                                                                                                                                Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                Wow, wenn ich mir die Bilder von Deinem letzten Tourtag so ansehe, sollte ich auch mal einfach ein paar Hundert Meter abseits des Weges gehen. Ist ja auch mal eine Option, falls man wieder mal in die Verlegenheit kommt, einen Weg zu gehen, den man schon kennt.
                                                                                                                                                                                                                                                                Danke für den schönen Bericht!
                                                                                                                                                                                                                                                                Besten Dank! Ja kann ich auf jeden Fall empfehlen. Wobei der Aufstieg auf die Ebene schon eher anstrengend war durch den Busch, aber da oben bis wieder nach unten lief es sich dann quasi fast wie auf dem Kungsleden. Beim letzten Tourtag war es glaube ich aber auch einfach das Wetter das mit den Wolken eine einzigartige Atmosphäre gezaubert hat.

                                                                                                                                                                                                                                                                Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                Ich hätte gern noch mehr gelesen , aber alles hat nun mal ein Ende. Vielen Dank für diesen Bericht, ich bin gedanklich gerne mitgelaufen
                                                                                                                                                                                                                                                                Ich bin ehrlich gesagt doch auch ein wenig froh, mit dem Reisebericht jetzt durch zu sein, der Zeitaufwand ist schon vorhanden. In der Zeit hätte ich ja schon längst meinen nächsten Urlaub planen können. Auf Basis von Reiseberichten hier im Forum. Na, dann habe ich ja doch alles richtig gemacht. Vielen Dank nochmal jedenfalls an dich für dein mehrfaches Feedback.

                                                                                                                                                                                                                                                                Zitat von DerNeueHeiko Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                Ja, vielen Dank fürs virtuelle Mitnehmen!
                                                                                                                                                                                                                                                                Dort am Sarek-Nordrand will ich schon seit 2014 mal herumlaufen, du hast das wieder ein paar Plätze nach vorn geschoben auf der TODO-Liste. Könnte das ja mal für diesen Sommer einplanen...
                                                                                                                                                                                                                                                                MfG, Heiko
                                                                                                                                                                                                                                                                Ich hoffe doch auf die Verwirklichung und auf einen Bericht. Danke!

                                                                                                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                                  Dauerbesucher
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                                                                                                                                                                                                                                                                  • 900
                                                                                                                                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                                  Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                  Vielen Dank nochmal für den tollen Bericht einer traumhaften Tour.
                                                                                                                                                                                                                                                                  Vielen Dank! In der Tat kommen einem, wenn man sich die eigenen Bilder im Alltag so anschaut, manchmal Zweifel ob man wirklich da war oder das nur geträumt hat - beim Einnicken am Schreibtisch.


                                                                                                                                                                                                                                                                  Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                  Ich bin mir aber sehr sicher ( schreibst du ja auch ), dass du schon bald nach NO/SWE/IS zurückkehren
                                                                                                                                                                                                                                                                  wirst. Der Nordland - Virus hat dich längst gepackt.
                                                                                                                                                                                                                                                                  Ich würde hier nur Schottland schon mit dazuzählen, die ganze Stimmung / Atmosphäre (jedenfalls in den Northwesthighlands) ist vergleichbar. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt darauf, mal mit den neuen Erfahrungen in Schottland trekken zu gehen und zu schauen, ob mir dann irgendetwas fehlt. Das kann ich wahrscheinlich erst beim direkten Vergleich mit dem Wissen über Skandinavien feststellen. Vielen Dank für dein Feedback.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                  Vielen Dank für den schönen Bericht. Sehr ausführlich hast Du Deine Stimmungen beschrieben, dadurch konnten Lust und Frust wunderbar nachvollzogen werden.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Besonders hat mich gefreut, dass Du am Ende mit der Hochebene Dir noch ein unbekanntes Highlight suchen konntest. Ich finde es immer besonders schön, wenn sich neue Blicke und Perspektiven eröffnen, wo es so bisher noch keine Berichte zu gab.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Super dass alles so gut geklappt hast - und ich freue mich für Dich auf weitere Reisen in den Norden!
                                                                                                                                                                                                                                                                  Dankeschön! Und nochmal Danke für deinen tollen Reisebericht Sarek zum 50ten, der ja Tom inspiriert hatte, dem ich mich schließlich angeschlossen hatte. Insofern war dein Bericht kausal für meine konkrete Tourplanung.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Falls demnächst mal wieder jemand dort den Kungsleden an der Hochebene vorbeiläuft, der auch noch etwas Zeit hat und eine neue Perspektive für einen Reisebericht einbringen will: Ich glaube die zweite Option mit der ich gespielt habe – rauf auf die Ebene im Westen und dann zum Sjäksjo – wäre noch frei. Beim Abstieg nahe dem Rasek kann ich aber nicht einschätzen, wie unproblematisch der ist.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Zitat von pekra62 Beitrag anzeigen

                                                                                                                                                                                                                                                                  Tolles Fazit, das ich voll unterschreiben kann

                                                                                                                                                                                                                                                                  Wobei ich deinen Sprung von zwei Touren in Schottland direkt in den Sarek noch immer sehr beachtlich finde.
                                                                                                                                                                                                                                                                  Es ist dort anscheinend nicht mehr so leer, wie es mal war. Aber das Fehlen von Brücken und Hütten und die Entfernung zum nächsten Ausstieg machen ihn doch einiges weniger "anfängertauglich", so dass ich den meisten empfehlen würde, erstmal auf den markierten Routen Erfahrung zu sammeln.



                                                                                                                                                                                                                                                                  Zu deinem #8: In der Nachsaison auf einer markierten, wenig begangenen Route mit Hütten, könntest du auch dieses Defizit in Lappland ausgleichen

                                                                                                                                                                                                                                                                  Vielen Dank,
                                                                                                                                                                                                                                                                  Peter
                                                                                                                                                                                                                                                                  Danke dir . Du hast natürlich Recht, die Entfernung zur nächsten Straße bzw. Zivilisation war im Sarek natürlich am Ende doch um einiges länger als in Schottland, was die Anfängerfreundlichkeit doch um einiges reduziert. Ein Satellitengerät hätte ich vor Ort auch nicht missen wollen.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Das hatte mich übrigens auch einmal kurz emotional ein wenig in Schottland westlich von Kinlochewe gestört, nämlich das Wissen, dass am Ende des - komplett einsamen - Tals eben doch eine Straße liegt und ich binnen weniger Stunden in der Zivilisation sein könnte.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Letztlich hatte ich in Schottland eben auch schon einiges Solo erlebt -etwa mehrere Stunden flussaufwärte marschieren bis ich eine furtbare Stelle gefunden hatte, das Zelt in der Dämmerung nicht wiederfinden und am Gorm Loch Mor eine Weile verunsichert rumstehen, auf welchem steilen Hang es denn jetzt weitergehen soll - insofern war für mich persönlich der Sprung gar nicht so groß.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Und danke für den Tipp, ich werde mich diesbezüglich auch nochmal informieren, etwas einsamere Hütten müssten ja auch in Skandinavien zu finden sein.

                                                                                                                                                                                                                                                                  edit: Ich habe noch 2 Screenshots vom Garmin im zweiten Post eingefügt, jeweils rot markiert die Campspots (ungefähr frei Hand).
                                                                                                                                                                                                                                                                  Zuletzt geändert von Freedom33333; 20.02.2020, 09:37.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                                    Und danke für den Tipp, ich werde mich diesbezüglich auch nochmal informieren, etwas einsamere Hütten müssten ja auch in Skandinavien zu finden sein.
                                                                                                                                                                                                                                                                    Saltfjellet in Norwegen. Gut von Bodø aus zu erreichen. Dort eine Tour zu zweit Anfang September ohne Zelt gemacht. Jeden Abend eine gemütliche oder urige Hütte. Wähend der ganzen Woche keine "Mitbewohner" gehabt

                                                                                                                                                                                                                                                                    Peter

                                                                                                                                                                                                                                                                    https://www.outdoorseiten.net/forum/showthread.php/75310-NO-Saltfjellet-September-2013-von-L%C3%B8nsdal-nach-Glomfjord?highlight=Saltfjellet
                                                                                                                                                                                                                                                                    Zuletzt geändert von pekra62; 20.02.2020, 12:55.

                                                                                                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                                      Dauerbesucher
                                                                                                                                                                                                                                                                      • 23.09.2010
                                                                                                                                                                                                                                                                      • 977
                                                                                                                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                                      Endlich hab ich es geschafft den Bericht bis zum Ende zu lesen. Vielen Dank für das Teilen deiner vielfältigen Eindrücke, Erlebnisse und auch der einen oder anderen Panne. Sowohl die positiven als auch die negativen Eindrücke kann wohl fast jeder aus eigenen Erfahrungen nachvollziehen. Es hat großen Spaß gemacht dich durch den Sarek zu begleiten.

                                                                                                                                                                                                                                                                      Gräme dich nicht, dass du die vermeidlich falsche Seite des Sarvesvagges genommen hast. Ich habe die Südseite auch in keiner guten Erinnerung.

                                                                                                                                                                                                                                                                      Deine Nordlichbilder sind toll geworden. Ich fotografiere auch mit der Sony α 6000, und hader immer mit dem Fokus im Dunkeln. Unendlich ist definitiv unscharf und bei Dunkelheit kann ich manuell nicht fokussieren, da man durch den digitalen Sucher dann nichts mehr sehen kann. Meist hab ich bei klarem Wetter schon abends den manuellen Fokus auf z.B. Berge am Horizont eingestellt, aber auch das war nicht richtig befriedigend. Im letzten Urlaub hatte ich schon gar keine Lust mehr es zu probieren.

                                                                                                                                                                                                                                                                      Noch ein paar Worte zum Luohttoláhko, da ich in einem Zitat erwähnt wurde, und zum Sarek überhaupt. Ja, warum will man aufs Luohttoláhko? Bei uns ist es sicher schon nicht mehr ganz rational, da ist einfach noch eine Rechnung seit vielen Jahren offen, und dann ist es einfach eine faszinierende Landschaft. Wenn man Bilder bei schönem Wetter sieht, ist es unglaublich beeindruckend. Bei Regen und Nebel ist es aber sicher auch eine Gegend die man nicht unbedingt braucht.

                                                                                                                                                                                                                                                                      Ich hab schon ganz oft hier in Reiseberichten und Vorbereitungsfäden geschrieben, dass es sicher einsamere Gegenden gibt als den Sarek, die auch wunderschön sind. Für uns stellte sich ja nun die Frage lange nicht ob wir da hin wollen, war es uns mit Hund doch sowieso verwehrt. Ja, und trotzdem hat es uns im ersten Urlaub ohne Hund wieder in den Sarek gezogen. Die hohen Berge, die Gletscher die großen Täler mit den Flüssen und dann natürlich auch die Abgeschiedenheit üben einfach einen großen Reiz aus.

                                                                                                                                                                                                                                                                      Interessant ist immer wieder wie unterschiedlich doch das Wetter ist. Wir versanken am Morgen des 15.09.19 am anderen Ende des Sarek im Schnee und in Kebnat war nichts davon zu sehen.

                                                                                                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                                        Erfahren
                                                                                                                                                                                                                                                                        • 20.03.2010
                                                                                                                                                                                                                                                                        • 276
                                                                                                                                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                                                                                                                                        Danke für den Bericht! Das Sarvesvagge ... ja, ich hing da auch ziemlich hilflos im Weidengestrüpp, den Tränen nahe und hätte am Liebsten alles niedergemäht Hatte ich schon fast vergessen. Wir wären allerdings am Ende in Saltoluokta geblieben, auch wenn uns der Betrieb vollkommen überfordert hätte. Das Abendmenü incl. Vorstellung ist TOP!!! Vor allem nach so einer Tour kommt das einem mindestens 10mal so lecker vor, wie es tatsächlich ist. Im Ernst, ich empfinde die Küche dort als Erstklassig.

                                                                                                                                                                                                                                                                        Und, wann geht es das nächste mal auf Tour?

                                                                                                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                                                                          Dauerbesucher
                                                                                                                                                                                                                                                                          • 09.09.2017
                                                                                                                                                                                                                                                                          • 900
                                                                                                                                                                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                                                                                                                                                                          Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                          Endlich hab ich es geschafft den Bericht bis zum Ende zu lesen. Vielen Dank für das Teilen deiner vielfältigen Eindrücke, Erlebnisse und auch der einen oder anderen Panne. Sowohl die positiven als auch die negativen Eindrücke kann wohl fast jeder aus eigenen Erfahrungen nachvollziehen. Es hat großen Spaß gemacht dich durch den Sarek zu begleiten.
                                                                                                                                                                                                                                                                          Danke dir Rückwirkend erinnert man sich an die Pannen um so mehr und hat damit auch insgesamt lebendigere Erinnerungen, insofern schaden sie nicht.

                                                                                                                                                                                                                                                                          Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                          Gräme dich nicht, dass du die vermeidlich falsche Seite des Sarvesvagges genommen hast. Ich habe die Südseite auch in keiner guten Erinnerung.
                                                                                                                                                                                                                                                                          Das höre ich doch gerne

                                                                                                                                                                                                                                                                          Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                          Deine Nordlichbilder sind toll geworden. Ich fotografiere auch mit der Sony α 6000, und hader immer mit dem Fokus im Dunkeln. Unendlich ist definitiv unscharf und bei Dunkelheit kann ich manuell nicht fokussieren, da man durch den digitalen Sucher dann nichts mehr sehen kann. Meist hab ich bei klarem Wetter schon abends den manuellen Fokus auf z.B. Berge am Horizont eingestellt, aber auch das war nicht richtig befriedigend. Im letzten Urlaub hatte ich schon gar keine Lust mehr es zu probieren.
                                                                                                                                                                                                                                                                          Da die Gelegenheit und der Sachbezug aufgrund meiner Nordlichter-Fotos da ist und den Bericht vielleicht auch Leute lesen, die mit demselben Setup Sterne fotografieren wollen, möchte ich hierzu noch ein paar Worte sagen.

                                                                                                                                                                                                                                                                          Ich war vor einigen Monaten, glaube im Januar wars, wieder einmal mit der Sony A6000 und dem KIT-Objektiv unterwegs, im Karwendelgebirge, und kann bestätigen, dass der Fokus auf unendlich nichts taugt.

                                                                                                                                                                                                                                                                          Foto #1: Fokus auf unendlich


                                                                                                                                                                                                                                                                          Die weiteren Versuche mit hyperfokaler Distanz waren für mich als Fotografie-Anfänger dagegen sehr erfreulich. Ich habe hierfür auf ein Objekt im Vordergrund fokussiert, einmal eine (Sich leider im Wind bewegende) Tanne, einmal auf den Winterraum der Hütte. Auf die Berge im Hintergrund zu fokussieren war natürlich nicht möglich, aber die Hütte und den Baum konnte ich jeweils fürs manuelle Fokussieren mit meiner Stirnlampe anleuchten und dann scharfstellen.


                                                                                                                                                                                                                                                                          Foto #2


                                                                                                                                                                                                                                                                          Foto #3


                                                                                                                                                                                                                                                                          Zitat von woelfchen Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                                                                          Danke für den Bericht! Das Sarvesvagge ... ja, ich hing da auch ziemlich hilflos im Weidengestrüpp, den Tränen nahe und hätte am Liebsten alles niedergemäht Hatte ich schon fast vergessen. Wir wären allerdings am Ende in Saltoluokta geblieben, auch wenn uns der Betrieb vollkommen überfordert hätte. Das Abendmenü incl. Vorstellung ist TOP!!! Vor allem nach so einer Tour kommt das einem mindestens 10mal so lecker vor, wie es tatsächlich ist. Im Ernst, ich empfinde die Küche dort als Erstklassig.

                                                                                                                                                                                                                                                                          Und, wann geht es das nächste mal auf Tour?
                                                                                                                                                                                                                                                                          Ja, eine Machete hätte geholfen. Aber am Ende gehört es halt alles dazu. Man lernt ja auch für sich, bei der nächsten Tourplanung grüne Stelle auf der Karte kritisch zu beäugen.

                                                                                                                                                                                                                                                                          Die nächste Tour. Der Schottland-Urlaub für Ende April war fix und fertig gebucht vor Monaten, dieses Wochenende sollte es losgehen. Man habe ich mich auf die entspannten Tage in Bothys mit Kaminfeuer und im Kerzenschein gefreut.

                                                                                                                                                                                                                                                                          Ansonsten war der Plan, entweder im August eine der Island-Touren von Evernorth nachzulaufen oder eine der Schweden/Norwegen Touren hier ausm Forum im September, die Auswahl ist ja groß. Gibt keine bessere Informationsquelle für die Urlaubsplanung als die Reiseberichte hier im Forum.

                                                                                                                                                                                                                                                                          Bei der derzeitigen Lage hoffe ich einfach darauf, demnächst wieder Mehrtagestouren in den Alpen machen zu dürfen. Vielleicht kaufe ich mir, eine entsprechende Lockerung der Regeln vorausgesetzt, auch ein Packraft und paddel irgendeinen Fluss runter mit voller Ausrüstung oder in einem Seen-Gebiet. Wenn man nur in Deutschland Urlaub machen darf für ein Jahr wärs halb so wild, lernt man mal das eigene Land besser kennen.

                                                                                                                                                                                                                                                                          Bis dahin vertreibe ich mir einfach die Zeit mit den vielen tollen Reiseberichten hier im Forum.
                                                                                                                                                                                                                                                                          Zuletzt geändert von Freedom33333; 21.04.2020, 21:36.

                                                                                                                                                                                                                                                                          Kommentar