• Freedom33333
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    [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 57.614895347
    Längengrad -5.389183974
    Vorwort
    Ein Reisebericht. Aber warum? Erstens: Das Outdoorseitenforum hat mir so viel gegeben – Reiseberichte, Tipps und Ratschläge bzgl. Touren und Ausrüstungsgegenständen – da gebietet es der Anstand, sich zu revanchieren. Das will ich im Folgenden mit meinem dritten Reisebericht tun. Zweitens ist es auch eine tolle Möglichkeit, sich den Urlaub noch einmal in vielen Details in Erinnerung zu rufen und diesen für Freunde und Bekannte verfügbar zu machen.

    Sechs Rest-Urlaubstage von 20 aus dem vergangenen Jahr hatte ich noch übrig. Da diese Ende März verfallen wären, wollten sie noch genutzt sein. Ursprünglich sollte es in die Alpen gehen. Davon wurde mir hier im Forum abgeraten – um dieses Jahreszeit zu voll, zu viel Schnee, schmelzender Schnee, Lawinengefahr usw. Auch weitere Ratschläge, u.a. Gran Canaria, sagten mir landschaftlich nicht wirklich zu.

    Erst vor kurzem hatte mich die Begeisterung für die schottische Landschaft (und, soweit ich das aus Reiseberichten hier im Forum sagen kann, für weitere nordische Länder wie Skandinavien und Island), gepackt, als dass ich im Moment etwas gänzlich anderes ausprobieren wollte. Also besann ich mich auf meinen letzten Urlaub und recht schnell stand der Entschluss fest: Es geht wieder nach Schottland, wie schon im vergangenen September/Oktober. Auch bringt es natürlich einige Vorteile mit sich, wenn man sich im jeweiligen Land schon ein wenig auskennt, um den Planungsaufwand zu reduzieren.

    Zur Ausgangslage: Diese war um einiges besser als bei meiner ersten Tour:
    - Erste Solo Trekking-Erfahrung - https://www.outdoorseiten.net/forum/...lands-auf-Skye
    - Ein sturmstabiles Hilleberg Unna anstelle eines windunstabilen No-Name-Zeltes (das den Hauptgrund dafür darstellte, dass ich im letzten Urlaub die eigentlich geplante Tour nicht machen konnte und meine ursprüngliche Planung komplett über Bord werfen musste)
    - auch einige weitere Ausrüstungsgegenstände waren durch bessere ersetzt worden, etwa der Schlafsack
    - Ein GPS-Gerät als Ergänzung von Karte und Kompass, um sich auch in schlechtem Wetter bei nahezu keiner Sicht – und einem versagenden Handyakku – orientieren zu können

    In meinem ersten Urlaub hatte ich mich im Wesentlichen auf Wanderwegen bewegt. Ausnahme waren Teilstrecken in der ersten Woche bei der Besteigung zweier Munroes - dort allerdings hinter einem erfahrenen Wanderer hinterher sowie ein Abschnitt auf Skye - den "Bad Step" inklusive. In beiden Fällen war ich jedes mal sehr froh, wenn ich den Wanderweg wieder gefunden hatte. Als ich alleine unterwegs war hatte es mich sogar ein wenig nervös werden lassen, alleine, irgendwo im Nirgendwo, den Pfad verloren zu haben. Jedenfalls war die Freude groß, selbigen wieder zu finden.

    Das sollte sich dieses mal ändern. Und wie! Tatsächlich hatte ich mir – jedenfalls gedanklich – eine Liste zurechtgelegt von Erfahrungen, die ich gerne machen würde:
    - Zelten an einem See (Zu viele herausragende Fotos davon hatte ich hier im Forum gesehen und war doch ein wenig neidisch)
    - Besteigen einiger Berge mit schöner Aussicht
    - Übernachten auf einem Berg auf größerer Höhe mit Aussicht
    - Abklappern und Kennenlernen weiterer Bothies. Diese begeistern mich nach wie vor ungemein.
    - Verbringen einiger Zeit an der Küste, Nachdenken, Philosophieren über das Leben und den Sinn desselbigen
    - In einem Reisebericht hier im Forum schrieb der Autor ganz entspannt davon, wie sie mit ihrer Reisegruppe wegelos auf Käme aufstiegen und auf der anderen Seite wieder ins Tal. Etwas vergleichbares schwebte mir auch vor
    - (ein wenig) Wandern im Schnee, wenn man schon mal im März in Schottland wandern geht
    - Einsamkeit, aber auch gute Gespräche mit Gleichgesinnten wo es sich anbietet
    - neben dem zu erwartenden Regen auch mal ein paar sonnige Tage, von denen es auf meiner letzten Tour keine gegeben hatte
    - Durchquerung von mindestens einem Fluss. Es war doch sehr einprägsam, wie man im Forum – und in Abenteuerromanen – davon las, dass Flüsse an bestimmten Tagen nicht durchquerbar seien und man auf den nächsten Tag warten müsse, um ans andere Ufer zu gelangen. Auch hatte ich bei meiner ersten Tour bei einer Flussdurchquerung fast die gesamte Ausrüstung verloren.
    - das stetige Pushen von Grenzen, das Ausprobieren von neuem, das besser werden


    Soweit die Theorie. Doch wie viele meiner Vorstellungen und Wünsche sollten sich erfüllen?

    19 Tage hatte ich insgesamt zur Verfügung. Daraus konnte ich immerhin 15,5 Wandertage machen. Wenn man bedenkt, wie abgelegen Start- und Endpunkt waren, nicht so schlecht. Mit einem etwas früheren Flug wäre sogar ein Tag mehr drin gewesen, aber ich hatte mich für die günstigere Option und eine entspannte Anfahrt entschieden. Auch führten An- und Abfahrt beide jeweils direkt in die typische Schottische Berglandschaft, ohne dass ich erst – wie bei meiner letzten Tour – noch durch einige Dörfer und über Straßen wandern musste, teils durch Landschaften, die den deutschen recht ähnlich waren.

    Noch ein letzter Kommentar vorneweg:
    Ich bin eher ein entspannter Wanderer. Ich bin niemand, der jeden Tag 15km und mehr machen muss. Ein wenig mehr Wegstrecke als im letzten Urlaub schwebten mir aber definitiv vor. Dennoch: Wenn ich einen tollen Zeltplatz finde oder Orte, an denen ich mich wirklich wohlfühle, dann schlage ich im Zweifelsfall auch einfach mal das Zelt auf, erkunde die Gegend oder lese bei toller Aussicht ein Buch.

    So, jetzt aber genug Vorgeplänkel. Ab in den Urlaub!

    Die Anreise: Donnerstag 21.3 bis Freitag, 22.3.19

    Los ging es ganz entspannt am Donnerstag vormittag von München mit einem Direktflug nach Edinburgh. Dort dann wieder zum Tiso, Gas kaufen, ferner einen weiteren wasserdichten Packsack um Zelt oder Isomatte draußen am Rucksack zu befestigen – beides passte einfach nicht gleichzeitig hinein.





    Dann ging es auch schon direkt zu Busstation. Ich hatte vorher schon recherchiert, wie viel ein Bus nach Inverness in etwa kosten würde. Der Preis lag jeweils so bei ca. 15 Pfund wenn man im Voraus gebucht hätte, aber ich wusste ja noch nicht, wann genau ich fahren würde. Kurz noch vor der Abfahrt online überprüft: 18 Pfund waren es glaube ich. Also zum Schalter. Klar, ein wenig teurer könnte es schon sein, damit hätte ich auch leben können. Dennoch war ich arg überrascht, als der Bedienstete mir den Preis nannte: Irgendwas um die 30 Pfund. Ich habe die Zahlen nicht mehr exakt im Kopf, aber es war ca. 70-80% mehr. Wohlbemerkt: Wer dann sein Smartphone rausholt und vor Ort selbst bucht, bekommt den günstigeren Preis. Komisches System. Und: Nicht gerade gerecht. Die arme Oma, die kein Smartphone hat und ihre Enkelin besuchen möchte wird geschröpft. Sei es drum.

    Die Fahrt nach Inverness verlief wie beim letzten mal – alles andere als unspektakulär, vorbei an der typischen schottischen Landschaft, einer tollen Weite und vorbei an einigen Orten, die man sich gleich mal notieren musste als Anregung. Auch einige Schneereste gab es zu sehen.



    Abends ging es dann zuerst in ein schottisches Restaurant um das traditionelle schottische Haggis zu probieren (Einmal im Jahr ist ok)



    und dann ins Hostel Am nächsten Tag dann in die City um noch einige Besorgungen zu machen. Auch den Hafen schaute ich mir an – zuerst rechts vom Ness zu Fuß entlang in den Industriehafen. Das lohnte sich leider nicht wirklich - bis auf eine Stelle kam man nirgendwo direkt ans Wasser ran und dort, wo ich eigentlich hinwollte, nämlich auf eine Landzunge, ging es nicht wegen einem großen Zaun. Also den ganzen Weg zurück und links vom Ness zur Küste. Dort zum Carnac Point und zum Turning Point am Ende der Kessock Road. Beides kann ich sehr empfehlen, wenn ihr noch ein bisschen Zeit in Inverness habt und schon mal in das raue schottische Wetter und die Weite vorfühlen wollt.


    Rechts vom Ness


    Entlang am Ness


    Carnac Point




    Blick nach Osten, zum Industriehafen und der dortigen Landzunge


    Beauly Firth


    Inverness


    Inverness
    Zuletzt geändert von Freedom33333; 28.06.2019, 10:15.

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    #2
    AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

    Eine Anreise mit Hindernissen – Inverness nach Laide
    Der Bus, den ich zu meinem Startpunkt nehmen wollte, fuhr leider nur einmal am Tag. Nummer 700, 17.20 Uhr abends ging es los. Da bemerkt man mal wieder das Chaos das teilweise in Schottland herrscht – besagter Bus fährt laut Internet am Busbahnhof Inverness an Stance 7. Aber glaubt ihr, da stünde an Stance 7 auch nur ein einziges Schild, das darauf hinweist, dass hier besagter Bus fährt? Nope.



    Die Buslinie 700 ist wahrscheinlich eine der schönsten Buslinien ganz Schottlands. Mitten durch Wester Ross, vorbei an zahlreichen Bergen, Seen und – witzigerweise – durch Kinlochewe durch. An das dortige Hotel hatte ich mir ein „Fresspaket“ geschickt mit 4kg Essen für die zweite Woche, wusste also, dass ich nach einer Woche Wandern dort ankommen würde. Das fühlte sich sehr komisch an - man sah einige schöne Berge und Lochs bereits im Voraus, deren Anblick man sich eigentlich erst durch das Wandern erarbeiten wollte. Auch am Bahnhof Achnasheen hielt der Bus - hier hatte, soweit ich mich erinnere, die Tour durch Schottland in einem Reisebericht hier im Forum begonnen. Und so kam auch schon richtiges Urlaubsfeeling auf, als ich das Bahnschild sah. Eine andere Wandererin mit Backpack stieg hier aus, schade dass ich das nicht wusste, dann hätte ich mich mal mit ihr unterhalten was ihr Reiseziel war.



    Hierzu muss man noch wissen: Der 700er Bus fährt nicht etwa die ganze Tour an einem Tag – nein, er fährt nur bis ca. zur Hälfte und verkehrt dann den Rest der Strecke am nächsten Tag als Rückfahrt. Und zwar immer im Wechsel, d.h. An 6 Tagen in der Woche und jeweils entweder links herum oder rechts herum. Sprich: Am Freitag kam ich gar nicht bis zu meinem geplanten Ausgangspunkt – der Gruinard Bay – sondern nur bis nach Laide. Erst am Samstag früh fuhr derselbe Bus dann weiter, vorbei an der Gruinard Bay und über Mungasdale bis zurück nach Inverness. Das registrierte ich leider erst im Bus nach Gespräch mit dem Busfahrer.




    Dies brachte also leider mit sich, dass ich nicht etwa gegen 18/19 Uhr an der Gruinard Bay sein würde, sondern ca. 5km entfernt davon um 20.00 Uhr Abends in der Dunkelheit. Definitiv alles andere als optimal. Immerhin gab es einen Campingplatz in Laide – der leider erst am 1. April aufmachte. Mist!

    Lange unterhielt ich mich mit dem Busfahrer – der zwischendurch einfach mal 10min stoppte um noch ein paar Pakete auszuliefern. Wohlbemerkt: Ein völlig normaler, großer Bus. Wir hatten ein spannendes Gespräch, in erster Linie darüber, wie es sich anfühlt, in so einer Gegend zu leben und die Unterschiede zwischen Groß- und Kleinstadtleben.

    Irgendwann war es dann soweit – längst war ich der letzte verbleibende Passagier im Bus.



    Endhaltestelle. Ich, nach 3 Stunden Busfahrt, natürlich in dünnen Klamotten. Raus aus dem warmen Bus, hinein in die Dunkelheit, Kälte und – einen unfassbar eisigen Wind. Einen Wind, der direkt vom Meer herüberwehte und so eiskalt war, dass man kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. So hatte ich mir den Einstieg in meinen Urlaub – Abenteuerurlaub hin oder her – nicht vorgestellt. Erstmal den Rucksack auf, warme Klamotten raus und Umziehen. Glücklicherweise regnete es wenigstens nicht. Dann, nach Drüberziehen einiger Schichten, konnte man endlich wieder klar denken.

    Viele Optionen hatte ich nicht – ursprünglich hatte ich zwei davon in Betracht gezogen: Beim Campingplatz klingeln falls etwas wie eine Klingel gäbe – der Betreiber würde auf selbigem wohnen – und darum bitten, das Zelt aufschlagen zu dürfen (Auch ohne Toiletten/Duschen etc.) oder einfach die Küste entlang marschieren bis zum Startpunkt, ggf. irgendwo unterwegs das Zelt aufschlagen.

    Und tatsächlich sah ich den Betreiber des Campingplatzes auf dem Hof umherlaufen. Gesehen hat er mich soweit ich das einschätzen kann, auch mein wildes Winken – nur interessieren tat es ihn nicht und er lief direkt wieder ins Warme. Vielleicht hat er mich auch nicht gesehen, egal. Über einen verschlossenen Zaun klettern um an einem 15m entfernten Haus zu klopfen wollte ich dann auch nicht riskieren.

    An der Küste entlanglaufen? Der Wind war extrem. Und extrem eisig. Das war kein Wind, das war Sturm. Bei solchem Wetter, in der Dunkelheit, eine Straße entlang an der Küste laufen? Das erschien mir auch keine gute Idee.

    Was aber dann? Smartphone raus, Suchen nach B&B – da ging natürlich keiner ran. Und dann brach auch gleich die Internetverbindung ab. Traumhaft!

    Also die letzte Option – hineinlaufen in die Ortschaft, dort irgendwo zelten oder links von Laide in die Natur, wo ich mir irgendwelche Hügel als Windschutz versprach. Im hellen, ein Unterfangen von 5min. Aber in der Dunkelheit, mit Zäunen, die die Straße links und Rechts begrenzen? Mist.

    Da, die Tankstelle. Mit einer kleinen Wiese nebenan. Alle Anwohner würden wissen, dass der Bus abends um 8 kam, dass es stürmt und dass der Campingplatz geschlossen war. Als ob irgendjemand gekommen wäre, um sich zu beschweren.

    Wer jetzt übrigens denkt: Ach, macht ja nichts, ruf ich mir ein Taxi – dort gibt es keine Taxis.

    Also in einem Dorf neben einer Tankstelle campen? In diesem Moment kam ein Auto und hielt 30m von der Tankstelle entfernt. Irgendjemand stieg aus und packte den Einkauf aus dem Wagen. Was hatte ich zu verlieren? Also hin, die Person ansprechen – eine Frau, Mitte 30 vielleicht, mit Hund – und sie fragen, wo man denn hier ein Zelt aufschlagen könnte. Vielleicht eine öffentliche Wiese, vielleicht einer – welcher? - der Straßen nach Nordwesten folgen, irgendwelche Ideen? Die Dame schaute auf meine Karte, wusste aber auch nichts.

    Druckste ein wenig herum, und sagte dann: Naja, also eigentlich biete ich ja auch AirBnB an...20 Pfund würde sie um diese Jahreszeit nehmen, aber es wäre ja zurzeit wahnsinnig unaufgeräumt. Also ob mich das stören würde ;). Perfekt! So wendete sich also alles zum Bequemen und ich konnte die Nacht bleiben. In ihrer Küche unterhielt ich mich eine Weile mit Tanja, spielte mit ihrem Hund, unterhielt mich mit ihr wieder über das Thema Groß / Kleinstadt. Sie selbst war von über 10 Jahren aus einer größeren Stadt in dieses Dorf gezogen und arbeitete hin und wieder in London. Nach einer Tasse Tee und vielen spannenden Themen vor einem gemütlichen und warmen Kaminfeuer ging es dann auch schon ins Bett.

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    • Borderli
      Fuchs
      • 08.02.2009
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      #3
      AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

      Ein Schottland-Reisebericht aus meiner Lieblingsgegend, morgens vor der ersten Tasse Kaffee, zwei Wochen vor dem Urlaub in derselben Gegend - kann ein Freitag schöner anfangen?
      Ich lese hier mit!

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      • Rainer Duesmann
        Fuchs
        • 31.12.2005
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        #4
        AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

        So siehts aus! Endlich wieder ein Schottland Bericht, nur elf Tage vor meiner Schottland Tour. Perfekt.
        Und es fängt ja schonmal spannend an.
        radioRAW - Der gesellige Fotopodcast

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        • Freedom33333
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          • 09.09.2017
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          #5
          AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

          Ich danke euch . Immer wieder erstaunlich, wie so ein Forum es schafft, Menschen mit ähnlichen Interessen - die sich sonst niemals treffen würden - zusammenzubringen, sodass man manchmal das Gefühl bekommt, das wäre gar nicht so außergewöhnlich, was man da macht. Verglichen mit den meisten Tagesausflüglern ist es das aber durchaus.

          Habe auch schon einige Reiseberichte von euch gelesen

          Samstag, 23.3.19 – Little Gruinard Beach bis Loch na Sealga

          Am nächsten Morgen ging es dann weitern. Anstatt die Betonstraße entlangzulaufen, bevorzugte ich es, auf den Bus zu warten. An der Bushaltestelle (=der Tankestelle) stand dann auch gleich mal eine Backbacker Reisegruppe aus vier Personen. Den Rucksäcken nach zu urteilen aber eher Hostel / B&B Backpacker. Nicht ganz vergleichbar.



          Der Busfahrer war erst ein wenig knurrig und wenig begeistert, als ich ihn bat, mich am Little Gruinard Beach rauszulassen.







          Als es dann soweit war, gewann in ihm aber doch die Gutmütigkeit und das Interesse Überhand, er fragte mich beim Ausladen wo es dann hingeht und wünschte mir eine gute Reise. Der Bus war übrigens erstaunlich voll.

          Der Little Gruinard Beach war ausgesprochen schön – und bis auf eine Anwohnerin mit Hund, der sich austobte (welch ein Glück für einen Hund, der in so einer Gegend leben darf) – auch leer. Erstmal Rucksack abstellen. Ein Fehler. Hatte ich doch deshalb für den Rest des Tages beim Trinken aus meiner Trinkblase immer wieder Sand zwischen den Zähnen.

          Ich genoss es sehr, endlich mal wieder am Meer zu stehen, das Rauschen der Wellen zu hören, durch Sand zu laufen, immer den Wellen ausweichend. Aber zum Hierbleiben war es dann doch eindeutig zu früh.











          Also den letzten Kilometer die Straße entlang bis zum Gruinard River. Zwischendurch fing es direkt mal an, stark zu hageln. Nach ein paar Minuten war der Spuk auch schon wieder vorbei und die Sonne kam wieder raus. Schottland eben!

          Dann, endlich, tat sich rechts der Gruinard River auf. Abgehend von einer Betonstraße ein Feldweg, eine Weite, Berge im Hintergrund, die typische schottische Landschaft. Einfach toll! Das Tor bekam ich nicht direkt auf und kletterte daher links herum.



          Der Feldweg war doch ein sehr willkommener Einstieg, um sich erstmal an den Boden zu gewöhnen. Bis zum Loch na Sealga blieb es auch dabei, ab dessen westlichem Ende bis zum östlichen Ende gab es dagegen nur noch kleine Trampelpfade.

          Der Gruinard River machte immer wieder schöne Schlenker und ich genoss es ungemein, einfach an diesem wunderschönen Fluss entlangzulaufen. Immer wieder hielt ich inne – so ein wunderschöner Fluss, an einem Samstag – da wäre ich doch bestimmt nicht der einzige Wanderer. Immer wieder der Blick zurück oder nach vorne – aber da war nichts. Niemand. Nur ein paar Rehe, als es gegen Ende etwas hügeliger wurde.


          Blick nach Südosten zu den Bergen

















          Das Wetter war so, wie es in Schottland eben oft ist – Sonnenschein und dann, innerhalb von 20min, ein sich verdunkelnder Himmel, plötzlich einsetzender starker Hagel und nach kurzer Zeit schien auch schon wieder die Sonne. Erstaunlich! Hagel ist besser als Regen schoss mir durch den Kopf. Lassen sich die Hagelkörner doch immerhin einfach abschütteln und durchnässen nicht gleich den Rucksack.

          So ging es dann im Wechsel – Sonne, Verdunkelung, Hagel – bestimmt vier oder fünfmal.

          Dann, nach einigem Wandern, kam er endlich – der Loch na Sealga. Auf den letzten Metern, als der Wanderweg endete, wurde es direkt mal ordentlich boggy / sumpfig.









          Direkt am westlichen Ende fand ich eine Einbuchtung vor – wahrscheinlich als Bootsplatz für den Winter? Jedenfalls dachte ich mir gleich: Könnte man nicht...so ein schöner See...eigentlich genau das was auf meiner Liste ganz oben stand...andererseits war es erst 13.30 Uhr. Hmmmm. Als Kompromiss, um wenigstens ein bisschen Zeit hier zu verbringen, kochte ich mir erstmal eine warme Suppe auf meinem Gaskocher – für einige Zeit blieb das Wetter stabil schön, tatsächlich bis zum Abend. Dann stand mein Entschluss fest: Es sollte weitergehen. Rucksack aufgeschwungen, ein paar Meter losgelaufen – da, Schuhspuren am Steinstrand.

          Direkt jetzt am Anfang meiner Tour in die "Wildnis" stand mir einfach der Sinn danach, wenigstens einen Abend in der Einsamkeit zu verbringen. Was, wenn am anderen Ende des Sees eine größere Gruppe campte? Immerhin war Wochenende. Auch frischte der Wind wieder ordentlich auf. Ich wusste, dass am anderen Ende des Sees die Shenawall Bothy lag. Und der Wind war ordentlich. Wieso wollte ich also unbedingt zur Bothy, jetzt, am ersten Tag? War es vielleicht sogar, weil ich mir nicht zutraute, hier zu campen? Hatte ich Angst vor dem Wind? Angst davor, dass das Zelt nicht halten würde? Meine Zelt-Nächte in meinem ersten Urlaub waren jedes mal aus der Not heraus und nicht sonderlich erholsam, in der stetigen Angst, dass das Zelt nicht hält.

          Aber war das nicht die perfekte Gelegenheit? Ein bisschen Wind, kein Sturm. Ein wunderschöner See. Eine etwas windgeschützte Stelle. Abhaken eines Punktes von der To Do Liste. Spontan entschied ich mich um und baute mein Zelt auf. Eine der besten Entscheidungen meiner Tour. Wo sollte es stehen? Links, auf dem Grünen neben dem Baum, ohne jeglichen Windschutz? Das erschien mir unlogisch, hatte ich doch in der Einbuchung einen sehr ordentlichen Windschutz.
          Aber der Untergrund, er war einfach nur nass. Im Hinteren Teil der Einbuchtung stand sogar das Wasser mehrere Zentimeter tief. Dazwischen gab es aber ca. 2m, auf denen ich mein Zelt aufschlagen konnte.

          Und hier sind sie - die ersten Fotos von einem schönen Zelt, an einem schönen See








          Was wenn es in der Nacht regnete? Würde der Wasserpegel nicht steigen und mein Zelt fluten? Daher baute ich mir einen kleinen Schutzwall und – wichtiger – grub mit ein paar spitzen Steinen eine Rinne neben dem Zelt, die bis zur Schräge weiter unten führte und oben Anschluss an das stehende Wasser hatte. Eine richtig gute Entscheidung! Am nächsten Morgen sollte es sich nämlich herausstellen, dass die Rinne sich in einen kleinen Bach verwandelt hatte und das Wasser mit bemerkenswerter Geschwindigkeit an meinem Zelt vorbeifloss.



          Nun war es also 15.00 Uhr – noch ca. 4 Stunden Sonnenlicht. Nach am See sitzen und Lesen stand mir nicht der Sinn. Zu viel Energie, zu viel Abenteuerlust. Aber könnte man nicht einfach einen der Hügel besteigen? Freilich nur auf meiner Seite, der Gruinard River wäre nicht zu queren gewesen, viel zu tief. Ich entschied mich dafür, mein Glück mit den Hügeln zu meiner rechten zu versuchen. Wegelos. Das erste mal auf meiner Tour, komplett wegelos. Hier kam dann auch gleich das GPS-Gerät zum Einsatz, das mir ein wenig Sicherheit vermittelte.

          Und so ging es, mit wenig Gepäck, den Hügel rauf.


          (Rechts von den Stufen herum auf die Hügel rauf



          Erstaunlich, wie schnell man unterwegs ist mit wenig Gepäck. Der Untergrund war sumpfig, nass, aber insgesamt ziemlich gut zu machen. Als ich das „Tal“ zwischen zwei Hügeln erwandert hatte, nahm eine kleine Gruppe aus Rehen Reißauss. Erstaunlich, wie schnell die den Hügel raufkamen! Oben blieben sie dann noch eine Weile stehen, beobachteten mich, zogen dann aber von dannen.


          Rehe. Man verzeihe mir, dass ich nur mit meiner Handy-Kamera Fotos gemacht habe. Aber vielleicht sollte ich ja auf der Tour noch die Gelegenheit haben, wilde Rehe aus nächster Nähe zu beobachten?
          Den "Grasstreifen" links im Bild bin ich dann rauf, das war der zweite Hügel, der erste war in der anderen Richtung. Zwischen beiden Hügeln war ein regelrechter Sumpf, die Stöcke ließen sich immer wieder 30-50cm in den Boden stecken, also schön von "Hügel/Grasbüschel" zu Hügel.

          Schon nach der Hälfte der Strecke - eine tolle Aussicht!





          Rauf auf den ersten Hügel. Ein paar kleinere Klettereinlagen waren auch erforderlich, aber alles im Rahmen des Machbaren. Tolle Aussicht zurück bis zum Meer und zum Weg den ich gekommen war. Rauf auf den etwas höheren, weiter östlichen Hügel – von hier konnte man dann den gesamten See überblicken. Ein wahnsinniger Anblick. Ich hatte die Erkenntnis: es kommt für eine tolle Aussicht nicht darauf an, wie hoch ein Hügel ist – sondern nur darauf, dass das Wetter gut ist und dass der Hügel nicht komplett von größeren Bergen umrundet ist. Eine Weile genoss ich die Aussicht und dann ging es zurück zum Zelt.




          Blick zurück nach Nordwesten








          Blick nach Osten zum Strand und zum Zelt


          Loch na Sealga und An Teallach Berge


          Blick bis zum östlichen Ende des Loch na Sealga



          Während der Nacht frischte der Wind ordentlich auf – auch intensiver Regen und Hagel war dabei.
          Der Wind zerrte ordentlich an meinem Zelt. Soll er doch. Der kann ja nicht wissen, dass ich ein Hilleberg habe. Und so schlief ich denn auch erstaunlich gut, voller Vertrauen in mein Zelt und im Wissen, nicht nachts rauszumüssen, um irgendwelche gezogenen Heringe neu setzen zu müssen. Ein ungemein beruhigendes Gefühl beim Zelten, ein sturmstabiles Zelt zu haben, dem man vertraut! Auch wenn das Gewicht natürlich auch erstmal geschleppt werden muss.

          Ein toller erster Wandertag - Campen an einem wunderschönen See, Wegeloses Besteigen eines Hügels, eine tolle Aussicht, Beobachten von Tieren.
          Zuletzt geändert von Freedom33333; 17.04.2019, 10:52.

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          • adriano
            Gerne im Forum
            • 04.12.2018
            • 59
            • Privat


            #6
            AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

            Danke für den Bericht. Ich kenne die Gegend bisher nur von einem Urlaub mit Mietauto und Tagesausflügen. Bin schon gespannt wie es weiter geht

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            • Borderli
              Fuchs
              • 08.02.2009
              • 1737
              • Privat


              #7
              AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

              Du hast das genau richtig gemacht. Wenn dir mittags um halb zwei nach "Feierabend" ist, machst du das. Das ist Urlaub, das ist Erholung, das ist Seele-baumeln-lassen.

              Meine Hilleburg und ich machen das auch so.

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              • Glenfiddich
                Erfahren
                • 19.02.2012
                • 280
                • Privat


                #8
                AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                +1, jo mein Ringstind und ich (also das bessere Akto ) machen das auch so.

                Auch ich mag diese Ecke besonders gerne. Freue mich über deinen Bericht den ich aufmerksam verfolgen werde.

                Ich war auch mal mit dem Mietwagen dort unterwegs und habe jeden müden Wanderer mitgenommen, egal wie nass oder muffelig die waren. Hoffe das es sich auf mein Guthaben Konto auswirkt :-). Der Abenteuer Charakter ohne Auto da oben ist aber deutlich höher.
                Ich habe Talente, Rechtschreibung gehört nicht dazu.

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                • Freedom33333
                  Dauerbesucher
                  • 09.09.2017
                  • 900
                  • Privat


                  #9
                  AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                  Vielen Dank an euch alle für das Feedback .

                  Zitat von Glenfiddich Beitrag anzeigen
                  Ich war auch mal mit dem Mietwagen dort unterwegs und habe jeden müden Wanderer mitgenommen, egal wie nass oder muffelig die waren. Hoffe das es sich auf mein Guthaben Konto auswirkt :-). Der Abenteuer Charakter ohne Auto da oben ist aber deutlich höher.
                  Sehr vorbildlich! Ich nehme es mal vorweg: Als ich am letzten Tag hätte ein paar Kilometer nach Strathcarron zu Fuß über eine Betonstraße laufen müsse, habe ich es einfach mal per Anhalter probiert. Und das dritte Auto hat gestoppt. Für mich als Mann eine ausgesprochen gute Quote.

                  Sonntag, 24.3.19: So nah und doch so fern. Oder: Eine Bothy muss man sich verdienen.
                  Loch na Sealga bis Shenavall-Bothy

                  Als ich morgens gegen 6.00 Uhr aufwachte, rüttelte der Wind doch ordentlich an meinem Zelt. Auch Hagel gab es reichlich. Ein Blick nach draußen brachte zum Vorschein: In der von mir gekratzten Rinne lief das Wasser mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit. Wo wäre all das Wasser sonst hingelaufen?

                  Also erstmal noch ne Runde schlafen. Gegen 9 Uhr erwachte ich dann – und von draußen hörte man nichts. Perfekt. Also zusammenpacken. Die Routine fehlte noch, und so zog sich alles etwas hin. Dann, als ich endlich fertig war, fing es natürlich wieder an zu Hageln. Macht nix, Kindle raus, nach 10min war der Spuk dann auch schon wieder vorbei. Nach dem Aussteigen aus dem Zelt zeigte sich ein seltsames Bild.






                  Was ist das? Schnee? Hagel? Und wieso hat sich dieser nur auf zwei Seiten meines Zeltes gesammelt, wieso ist ansonsten nirgendwo auch nur ein Hagelkorn zu erblicken? Egal.

                  Auch sieht man hier schön, dass sich hinter meinem Zelt eine nicht unerhebliche Pfütze gebildet hat. Glücklicherweise war es im Zelt trotzdem trocken geblieben – und die Pfütze schien direkt hinter meinem Zelt erst anzufangen.



                  Zelt einpacken – das ging erstaunlich gut. Groß Wind hatte ich nicht.



                  Das zwischenzeitlich eröffnete McFit am Loch ne Sealga musste mangels Besuchern wieder geschlossen werden. Das einzige was übrig geblieben ist, ist diese Hantel rechts im Bild. Damit machte ich dann auch gleich 2 Sätze Kreuzheben - mit der wohl schönsten Aussicht, die ich in meinem Leben jemals beim Gewichtheben haben werden.

                  Dann stiefelte ich los, rechts vom Loch na Sealga entlang. Ein konkretes Tagesziel hatte ich noch nicht. Erstmal schauen, wie weit ich kommen würde. In jedem Fall wollte ich mindestens einen Zwischenstopp in der Bothy einlegen.


                  Blick zurück zum Zeltplatz / der Westküste des Lochs

                  Der Feldweg hatte längst geendet, hin und wieder war aber ein Trampelpfad zu sehen. Der gefiel mir aber überhaupt nicht: Auf ihm hatte sich – es hatte wieder angefangen ein wenig zu Regnen – ein Bach gebildet, sodass man ohnehin nur links oder rechts vom Weg laufen konnte. Zweitens war es dort meist sehr steinig und diese Steine waren nicht selten rutschig / spitz zulaufend, was auf Dauer ordentlich auf die Füße geht. Drittens ging der Weg immer recht nah an der Küste entlang, und dort immer wieder direkt an der Abbruchkante von Felsen. Nach kurzer Zeit verließ ich den Pfad und bahnte mir meinen eigenen Weg. Das ging – erstaunlicherweise – besser und schneller. Klar, es war recht sumpfig und man musste aufpassen, aber mit der Zeit wurde man immer besser darin, die „Inseln“ von den Tümpeln zu unterscheiden. Grüne Algen sind z.B. ein außerordentlich schlechter Untergrund, aber wem erzähle ich das ;).


                  Ein paar Höhenmeter waren auch zu bewältigen


                  Blick nach vorne

                  Hin und wieder – selten – brach mal die Sonne durch das trübe Wetter und bescherte mir einige tolle Momente. Naturgemäß zieht man in solchen Momenten die Kamera raus – und nicht bei trübem Regen – sodass mitunter der Eindruck entsteht, das Wetter wäre die ganze Tour toll gewesen.


                  Blick nach Hinten, Sonne! ;)




                  Der erste Teil war recht hügelig – da macht man doch so einige Höhenmeter, nur weil es ständig hoch und runter geh. Zum Ende hin flachte es immer mehr ab. Immer wieder kam ich an Bäche, die zu durchqueren waren – da ich mich dort immer nach oben orientierte, stieg ich höher und höher. Als ich dann schließlich genug davon hatte und wieder unten am Wasser entlanglaufen wollte, war das natürlich genau die Stelle, an der sich ein rutschiger Pfad an einer Abbruchkante entlangschlengelte, sodass ich direkt wieder umkehrte (Erinnerungen wurden wach) und meine Reise 50 Höhenmeter weiter oben fortsetzte.



                  Das Ende des Sees nähert sich

                  Gegen 14.30 Uhr kam ich endlich am östlichen Ende des Lochs an (Wer vor Schotten „Lake“ Statt „Loch“ sagt, outet sich übrigens als kompletter Anfänger). Dort hatte es sogar einen schönen Strand. Nur der Wind war hier doch wieder recht erheblich und direkt am Wasser hätte ich dort auch nicht unbedingt campen wollen.


                  Der Blick zurück


                  An Teallach, am östlichen Ende des Loch Na Sealga Nördlich

                  Nachdem ich eine Weile die Aussicht genossen hatte – ich dachte mir nichts Böses – wollte ich noch den Fluss überqueren. Hierfür hatte ich extra ein zweites paar Schuhe dabei, so eine Art Neoprenschuhe. Mein Navi zeigte die gestrichelte Linie direkt unten am Ausfluss des Flusses in den See. Das erschien mir logisch, da Flüsse ganz unten oft sehr breit und dadurch deutlich flacher sind, sodass man gut queren kann. Nicht so hier. Der Wind der von Westen kam blies so stark, dass das Wasser an der Oberfläche in der anderen Richtung zu fließen schien. Außerdem konnte man definitiv nicht bis zum Grund sehen. Im Gegenteil, das Ufer schien ordentlich abzufallen und schon nach wenigen Metern war der Fluss mehrere Meter tief. Außerdem eine Breite von über 30m. Soweit so schlecht. Hier rüber? Keine Chance!


                  Hier rüber? Nope!

                  Ok, macht ja nichts. Dann laufe ich eben ein paar 100m am Fluss entlang nach oben, da wird sich schon etwas finden. In irgendeinem Reisebericht ausm Forum war der Autor ja auch irgendwo hier unten rübergekommen, also alles easy.



                  Gleich...hier bestimmt...ok, aber da vorne sieht gut aus...auch 2m tief...aber da bestimmmt...ne...unten da hinten vielleicht? Ja, da klappt es...nicht...hm...Mist!

                  Es kam und kam einfach keine Stelle, an der man rübergekommen wäre. Auch wenn man mal eine Stelle sah, an der der Fluss eher breiter und flacher schien (Immer in Kurven) dann sah man erst von nahem, dass an der Außenseite der Kurve das Wasser mindestens 2m tief war.


                  Sieht easy aus? Die letzten 2m sind 2m tief.

                  Also dem Flussverlauf weiter flussaufwärts folgen. Ein bisschen Frust stellte sich langsam doch ein. Endlich mal eine gute Gelegenheit, sich ohne schlechtes Gewissen einen fetten Erdnussriegel zu gönnen. Da war sie also, die anspruchsvolle Flussdurchquerung die ich mir gewünscht hatte!

                  Immer wieder kamen von rechts kleine Bäche, die sich in den Fluss ergossen. Ich entschied mich zunächst, diese zu queren und mich immer direkt rechts vom Fluss zu halten.



                  Doch es wurde nicht besser. Da erinnerte ich mich an ein Gespräch mit einer Dame im Bus: Diese hatte mich davor gewarnt, dass es schwierig sein könnte, den Fluss zu durchqueren. "Ach was" hatte ich mir gedacht.

                  Irgendwann zwischendurch konnte ich sogar schon die Bothy erblicken. So nah...und doch so fern.

                  Schließlich teilte sich der Fluss auf – links der Abhainn Strath na Sealga und rechts der Abhainn Geann na Muice. Na also, die Hälfte des Flusses weg. Jetzt wird es bestimmt einfach...da vorne...oder da...aber dahinten...ach menno! Wohlbemerkt: Als Furtbar würde ich jede Stelle erachten, wo mir das Wasser bis knapp unter die Hüfte ginge. Aber davon gab es einfach nichts. Das Wasser war immer mannshoch. Dann machte der Fluss eine fast 180 Grad Wende und ging wieder ein Stück zurück. Es fing wieder an zu hageln. Richtig heftig. Ich wollte umdrehen, zog meine Cap tief ins Gesicht – es half alles nichts. Der Hagel war dermaßen groß und kam fast waagerecht, dass mich immer wieder Hagelkörner direkt im Gesicht trafen. Und das war schmerzhaft! Es half also nichts: Umdrehen, dem Hagel den Rücken zuwenden und warten. Nach einigen Minuten war der Spuk wieder vorbei.

                  Also erst mal wieder zurück auf den Pfad, der auf der Karte eingezeichnet war. Dort ging es ganz gut voran. Dann kam ich auch an 2 Häusern vorbei. Eines, offensichtlich ein typisches Holzhaus wie man es aus den Alpen kennt. Das andere, langgezogen, bestand aus mehreren Teilen. Alle Türen waren mit einem Schloss versehen – bis auf eine. Also einfach mal eintreten. Eine Notfalloption schadet sicher nicht.

                  Aber dadrin war es – ich schaue eigentlich keine Horrorfilme – unheimlich. Überall Sägen und Messer. An der Wand starke Dübel mit Seilen, von der Decke hingen an mehreren Stellen so eine Art Kleiderbügel. Aus massivem Stahl. Auch eine Holzbank brachte bei mir - ohne je eine solche gesehen zu haben - nur die Assoziation: Schlachtbank.










                  Der Legende nach wohnt in anderen Teil des Hauses – auch im Winter – ein Wahnsinniger, der es von außen so aussehen lässt, als wäre das Haus verlassen. Und wenn dann ein Wanderer so dreist ist, das Haus zu betreten und dort zu übernachten, dann kommt er des Nachts durch einen Geheimgang und dann...[Zensiert vom Admin]. Aber lassen wir das.

                  Aber woher kommt dann dieser komische Geruch nach Eisen? Am Boden ein Wasserschlauch, Boden aus Stein, vorne an der Tür ein großes Loch...da klingelte es. In der Kammer wurden geschossene Rehe und Hirsche aufgehangen, aufgeschlitzt und ausgenommen. Uhhhm. Also da will man nicht wirklich übernachten. Also weiter.

                  Wieder zum Fluss. Wieder keine Möglichkeit rüberzukommen. Langsam musste ich meine Optionen abwägen. Es regnete, es war trübe, es war mittlerweile 16.00 Uhr. Was konnte ich tun?

                  a) Den Fluss weiter bergauf laufen und hoffen. Ein All-In. Taschenlampe hatte ich ja dabei, auch Ersatzakkus. Hauptsache im Hellen über den Fluss kommen. Klar, desto weiter ich kam, desto näher kam ich dem Beann a Chlaidheimh. Dort müsste ich also quer rüber, desto weiter oben, desto mehr Höhenmeter. Und dann gab es ja immer noch den zweiten Flussarm, der zu überqueren wäre. Was, wenn es da auch nicht weiterging? Daran wollte ich garnicht denken. Der Würde schon easy sein.
                  b) Umkehren, im Horrorkabinett übernachten...gescheut hätte ich mich davor wohl nicht. Aber so richtig toll fand ich den Gedanken auch nicht. Und so schlimm war das Wetter an dem Tag auch nicht.
                  C) Irgendwo hier mein Zelt aufschlagen und die Bothy auslassen. Die wollte ich aber unbedingt kennenlernen. Auch hätte es sich doch sehr nach Aufgeben angefühlt. Und der Fluss wurde immer besser. Jedenfalls checkte ich permanent die Umgebung und fand immer wieder Stellen, an denen das Zelt hinpassen würde. Das beruhigte mich.

                  Noch hatte ich etwas über 2 Sonnenstunden. Ich nahm mir vor, spätestens eine Stunde vor Sonnenuntergang über den Fluss gekommmen sein zu müssen. Also weiter am Fluss entlang. Da, eine gute Stelle...doch nicht. Aber was ist das?? Da lag ein knallrotes paar Handschuhe. Nur die Finger waren an einigen Stellen sauber abgetrennt. Wie mit einem Messer. Die Fingerkuppen des Handschuhs lagen sauber abgetrennt daneben. Ein Ausläufer des Horrorkabinetts? Unheimlich. Ein Zeichen. ;). Überquere den Fluss hier lieber nicht. Ging auch nicht.

                  Weiter. Immer weiter. Und weiter. Dann, nach etwa 3 km, bog ein Teil des Flusses nach rechts ab. Genau in das Tal, durch das ich am nächsten Tag weiterlaufen wollte (Gleann Na Muice Beag). Irgendwie blöd, die ganze Strecke wieder zurückzulaufen von der Bothy...aber...dort! Über den abbiegenden Flussarm kam man recht einfach rüber. Also die Ersatzschuhe an und von der Trekkinghose den abzippbaren unteren Teil auf beiden Seiten ab. Der sollte trocken bleiben. Die Regenhose darüber hatte ich einfach angelassen, die saugt Wasser eh nicht auf und gibt mir noch etwas Schutz.

                  Dann, ca. 8m bei Schienbeintiefem Wasser rüberwaten. Easy! Ich ließ die Neoprenschuhe einfach an und hoffte, etwas weiter den Fluss durchqueren zu können, der sich das Gleann na Muice hinaufschlängelte. Erstaunlich wie gut man mit Neoprenschuhen wanderen kann, die kann man gleich anlassen...oh, man ist das rutschig...aargh...das war knapp! Soviel dazu.

                  Da...da geht es. Wobei, weiter oben sieht besser aus. Ne, geht nicht. Mist.






                  Weiter hoch...warte...was war mit der ersten Stelle? Wieder zurück – und tatsächlich, da ging es. Das Wasser ging gerade mal knietief, vielleicht mal bei einem oder zwei Schritten etwas höher, auf einer Breite von vielleicht 15m. Der Fluss hatte sich – mit einer Bank in der Mitte – aufgeteilt. Jetzt oder nie!

                  Rüber...Fließgeschwindigkeit unterschätzt. Der Strom der den Schuh seitlich trifft ist suboptimal. Idee: Geh schräg dem Strom entgegen. Dann trifft dich der Strom nur noch schräg seitlich. Das ging besser. Da ist die Mitte! Eine Minute Pause. Füße eisig. Weiter jetzt...der zweite Abschnitt...das ging schon besser, die Stöcke komplett rausheben bevor man sie wieder ansetzt...YES Ich bin rüber! Jawoll! Wanderschuhe wieder an.


                  Blick zurück.




                  Aber damit war ich noch lange nicht am Ziel. Jetzt musste ich den ganzen Weg wieder zurück – am Wasser entlang auf der anderen Flussseite? Das erschien mir nicht sehr logisch. Denn im Zweifelsfall müsste ich dann den anderen Fluss auch wieder flussaufwärts. Also lieber mit einigen Höhenmeter quer rüber um den anderen Fluss auch recht weit oben zu kreuzen. Das ging recht gut, kostete aber dennoch Zeit, da einige Höhenmeter und einige Kilometer Wegstrecke zu bewältigen waren. Blick aufs navi...70 min Sonne verbleibend. Wird schon.








                  Blick nach Nordosten





                  Blick zurück zum Hügel über den ich gekommen bin (Wegelos)


                  Die letzten 500m dann aber durch einen richtigen Sumpf. Hier muste man tierisch aufpassen, nicht bis zu den Knien einzusacken. Und es dämmerte langsam. Man war schon im "Bin gleich da, schnell jetzt" Modus - und der ist fehleranfällig. Innehalten, volle Konzentration! Ah, da ist die Bothy. Jetzt bin ich fast da! Zum Fluss...hoffend...ne. Geht nicht. Da geht’s nicht rüber.

                  Das war nicht gut. Hier im Sumpf könnte ich keinesfalls campen. Locker bleiben. Panik bringt jetzt nichts. Die bringt dir auch keinen Zeltplatz, ist unproduktiv und sowieso komplett sinnlos. Easy! Logik! Die Stelle hier ist sehr schmal, Bäume links und rechts, wie eine Allee. Natürlich ist der Fluss da tief. Vielleicht ist es hier einfach eine besonders schlechte Stelle. Und tatsächlich – ein paar 100m weiter flussaufwärts sah es von oben sehr vielversprechend aus.



                  Runter zum Wasser...JA! Das klappt! Stiefel aus, Neoprenschuhe an, und rüberwaten. Siegesicher fand ich sogar Zeit für ein Foto in der Mitte des Flusses.



                  Als ich – sicher - am anderen Ufer war, konnte ich mir den Jubelschrei nicht verkneifen. Weniger für die letzte Überquerung, als vielmehr dafür, nach dem ganzen Hin und Her, dem Abwägen aller Optionen, der Sturrheit, unbedingt zur Bothy zu wollen, dem Glauben an das Ziel, fast schon in der Dämmerung, das Ziel erreicht hatte.

                  Stiefel an, und auf einem gut ausgebauten Wanderweg die letzten paar 100m zur Bothy! Die hatte ich mir verdient!



                  Als ich dort ankam traf ich einen anderen Wanderer. Und der kam – wie könnte es anders sein – aus Deutschland (Dresden). Leider ließ er sich von mir nicht überzeugen, einen Reisebericht im Outdoorseitenforum zu schreiben. ;) Wir unterhielten uns lange, tauschten unsere Erfahrungen aus – er war am selben Tag über Wanderwege mit eher wenigen Höhenmetern ca. 26km aus Kinlochewe bis hierher gelaufen. Und berichtete mir davon, dass auf seinem Trail vor ihm jemand läuft, der sich immer im Bothy-Buch einträgt. Den wollte er endlich einholen.

                  Ansonsten enthielt das Bothy-Book nur wenige Einträge für die letzten Wochen. Die meisten kamen von Norden, von der Straße die vielleicht ein paar Stunden entfernt lag und von der ein gut ausgebauter Wanderweg zur Bothy ging.

                  Spoiler: Am letzten Tag, in Edinburgh im Hostel, traf ich eine Deutsche – die ihn wohl auch getroffen hatte. Und der er die Story erzählt hatte, dass er ihn irgendwann endlich eingeholt hatte. Witzig. Bei meiner letzten Tour im Oktober hatte ich den User Rainer Duesmann um einen Tag in einer „Bothy" nahe dem Loch Afric verpasst. Krass, wie klein die Welt manchmal ist.

                  Dann ging es nach oben und Schlafen. Schon um einiges komfortabler in so einer Bothy als in einem Zelt, klar.

                  Auch mit diesem Tag war ich außerordentlich zufrieden: Entlang an einem See, das gesetzte Ziel, die Bothy, allen Hindernissen zum Trotz erreicht (Vom Übergang am See aus gesehen dürfte es ein Umweg von ca. 8km gewesen sein), fast nur wegelos fortbewegt und mehrere anspruchsvolle Flussdurchquerungen souverän überstanden.
                  Zuletzt geändert von Freedom33333; 13.04.2019, 15:24.

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                  • Freedom33333
                    Dauerbesucher
                    • 09.09.2017
                    • 900
                    • Privat


                    #10
                    AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                    Montag, 25.3.19: Ein entspannter Tag in der Bothy.

                    Morgens verabschiedete sich mein Zimmergenosse Duc, der dem Pfad in Richtung Norden bis zur Straße folgte. Da saß ich nun also - allein in der Bothy. Stille. Absolute Stille. Kein Radio, keine Stimmen, keine Musik, kein TV, kein Internet, kein Smartphone. Nur ich, das trübe Wetter draußen und mein Kindle. Ich nutzte die Gelegenheit, den auf der letzten Tour begonnenen Roman Robinson Crusoe weiterzuleten. Sehr passendes Buch. Erstaunlich: 6 Monate her, kommt es einem vor, als wäre es gestern, dass man an der entsprechenden Stelle aufgehört hat.

                    Sonderlich warm war es nicht. Und wenn man die ganze Zeit nur rumsitzt, wird einem schnell kalt. In einer so kalten Umgebung ist die Bewegung tatsächlich entscheidend: Noch so viel warmer Tee hilft nicht. Man muss sich bewegen. Dann wird einem warm. Also ging ich erstmal eine Runde die Gegend erkunden und Holz sammeln. Mit diesem hoffte ich, abends ein Feuer zustande zu bringen. Runter zum Fluss. Erstaunlich: Kein Baum in der näheren Umgebung. Aber haufenweise Holz am Fluss. In Hülle und Fülle. in weniger als 10min hatte ich mehr Treibholz zusammen, als ich tragen konnte. Vorsicht am Fluss: Dort gab es eine bestimmmte Art Gestrüpp die ich nicht kenne, die aber ausgesprochen dornig war.

                    Ansonsten genoss ich es auch einfach sehr, alleine in einer solchen Hütte irgendwo im nirgendwo zu sein. Immer wieder ging ich nach draußen, blickte in alle Richtungen, zog tief die klare Luft ein, streckte mich und dachte darüber nach, dass ich gerade der einzige Mensch im Umkreis von vielleicht jeweils 10km bin. Ungewohnt. Und doch auch ein wenig faszinierend.

                    Stille. Ruhe. Frieden. Wind. Wasserplätschern. Kein Lärm, kein Kommerz, keine Möglichkeit Geld auszugeben. Hier ist es egal, ob man eine Million dabei hat oder 50 Cent. Kaufen kann man sich davon nichts. Hier ist jeder gleich.












                    Die Steckdose in der Ecke ist übrigens nur aufgezeichnet ;).







                    Irgendwann wurde es mir doch zu kalt, nur rumzusitzen. Ich bestieg den Hügel nördlich von der Bothy. Kurz überlegte ich auch, auf einen der Berge zu steigen. Doch was hätte ich davon gehabt? Die oberen paar 100m lagen in tiefem Nebel. Gesehen hätte man dort nichts. Es wäre ein Besteigen um des Besteigens willen gewesen. Und dafür bin ich nicht der Typ. Wenn ich schon auf einen Berg steige, dann will ich auch eine schöne Aussicht haben.








                    Zum Aufstieg wählte ich nicht etwa den Pfad, den Duc gewählt hatte, sondern ich ging direkt den doch sehr schrägen Hügel hinauf. Es war steil. Sehr steil. Hier konnte man in wenigen Minuten 100 Höhenmeter zurücklegen...sofern die Kondition mithalten konnte. Wirklich rutschig war es nicht, und der Boden mit seiner Stufenartigkeit vereinfachte den Aufstieg erheblich. Ich war erstaunt, wie schnell man wie hoch gekomen war. Kein Vergleich zu einem gemächlichen Wanderweg, hier brachte einen jeder Schritt 30-40cm weiter nach oben. Und so puschte ich auch meine Grenzen wieder ein Stück weiter. Nicht nur wegelos, sondern sogar extremer Steigung trotzend. Das gab Selbstvertrauen, auch für spätere Teile der Tour.


                    Blick ins Strath na Sealga, also das Tal nach Osten


                    Blick zum Sail Liath, den ich nicht besteigen wollte, da weiter oben nichts als Nebel gewesen wäre


                    Blick nach Osten zum Loch na Sealga


                    Auf dem Rückweg ging es dann den Pfad zurück, der in umgekehrter Richtung zur A 832 führen würde. Zu selbiger wären es übrigens gerade mal 7km zu einem Parkplatz - und so sind die meisten der Bothy-Benutzer denn auch Autotouristen, die ihr Auto abstellen, zur Bothy laufen und dort entweder Mittagspause machen oder eine Nacht verbringen.

                    Das wäre übrigens eine Art, Urlaub zu machen, die mich auch ein wenig reizen würde - könnte man so doch deutlich mehr "Sehen", von Attraktion zu Attraktion fahren und schnell mal in 14 Tagen 10 Bothys kennenlernen. Aber es hat eben auch seinen Reiz, sich alles zu Fuß zu erlaufen, durch Gegenden, in denen man mit einem Auto nicht fahren könnte.

                    Jedenfalls: Meinen größten Dank an solche Tagestouristen, die die Gelegenheit nutzen, um Dinge wie Kerzen Feueranzünder oder - kommt vor - Kohle in Bothys zu platzieren und Trekking-Touristen wie mir einen schönen Abend zu ermöglichen. Wie soll man sich als Trekking-Wanderer, der so viel Gewicht zu tragen hat, revanchieren? Durch das Mitbringen von 2kg Kohle? Eher nicht. Die Frage hatte ich mir gestellt. Vor Ort tat ich das immerhin dadurch, eine größere Menge Holz zu sammeln.





                    Beim Abstieg hörte ich von der anderen Flussseite auf einmal komische Geräusche - und erblickte eine wahrscheinlich schon alte Bergziege mit großen Hörnern. Tu du mir nichts, dann tu ich dir nichts! Glücklicherweise war diese ziemlich scheu.
                    Auf einer meiner letzten Touren in den Alpen war ich im Schnee und auf einem Kamm fast in eine Bergziege hineingelaufen - erst durch ihr wütendes Schnaufen war ich auf sie aufmerksam geworden. Und damals hatte ich auch verstanden, woher die Redewendung "Sturer Bock" kommt - dieser hatte sich nämlich keinen Zentimeter bewegt und mich zu einem größeren Umweg quer durch den Schnee / Wald bei großer Abschüssigkeit gezwungen. Nicht so dieses mal.



                    Beim Abstieg entdeckte ich eine größere Herde Tiere, die sich links von der Bothy Stück für Stück fortbewegte. Ich wollte sie nicht stören, machte einen kleinen Abstecher nach rechts und verzog mich in die Bothy.

                    Nach 10min gewann die Neugier dann doch Überhand. Wohin wäre die Herde wohl gelaufen? Vorsichtig lugte ich aus dem Fenster


                    und siehe da, die Tiere waren auf dem direkten Weg zur Bothy! Meine Fotos mögen jetzt zwar nicht so beeindruckend sein, wie die in einigen anderen Reiseberichten, in denen die Tiere durch ein Teleobjektiv fotografiert wurden und scheinbar direkt neben eine stehen. Fakt ist: Die Tiere kamen im Folgenden wirklich SEHR Nah an die Bothy heran. Da sie mich scheinbar durch das Glas des Fensters nicht bemerkten, befanden sie sich kurzzeitig sogar nicht mehr als 2-3m entfernt von mir. Wilde Rehe, die sonst sofort Reißaus nehmen. Das war für mich schon sehr beeindruckend.












                    Kein Zoom!!!











                    Irgendwann fragte ich mich: Vielleicht sind die ja gar nicht so wild? Der Versuch, die Türe leise zu öffnen und zu den - 2-3m entfernten - Rehen zu gehen, klappte dann allerdings nicht und diese entfernten sich rasch.

                    Später gings nochmal zum Fluss zum Holzhohlen - mir war einfach zu kalt -und da konnte ich nochmal die große Herde (20-30 Tiere) bestauen, die sich auf den alten Ruinen vieler weiterer Häuser aufhielten und mich kritisch beäugte.



                    Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wohl wäre, hier zu wohnen. Und den Einträgen im Bothy-Buch nach war ich nicht der einzige, der sich diese Frage gestellt hatte. Weiter in Richtung Fluss gab es zahlreiche Ruinen, bzw. mehr als Steine die den Grundriss markieren waren nicht mehr übrig. Wasser gab es. Holz - nach jedem Sturm führte der Fluss jede Menge davon mit sich. Dennoch, Holz wäre bei einer größeren Zahl Menschen nicht ganz einfach. Nahrung - kann man in dieser Einöde etwas anbauen? Fragen für später. Tiere gibt es jedenfalls genug, die man jagen könnte.

                    Diese und weitere Fragen stellt man sich, wenn man abends, wenn es draußen schon dunkel geworden ist, alleine in einer einsamen Hütte sitzt und von draußen den Wind heulen hört. Klar, da ploppen auch mal Gedanken auf wie "Was wenn jetzt ein Räuber vorbeikommmt" - so ein bisschen ungewohnt ist ein solcher Ort für einen Großstättder eben doch. Freilich, mit Logik lassen sich solche Gedanken sehr schnell wieder verscheuchen.

                    Ach was schmeckt eine Maggi-Tütensuppe gut, die man sich in so einer Bothy auf dem Gasbrenner zubereitet und dem entspannenden Rauschen des Gasbrenners lauscht!







                    Ein Kaminfeuer wäre natürlich noch ein Traum gewesen. Und so versuchte ich mein Glück. Einige Anzündwürfel gab es, mehr als 2-3 davon wollte ich aber aus Rücksicht nicht verbrauchen. Leider war sämtliches Holz dass ich hatte auftreiben könnten schlichtweg nass. Man konnte regelrecht zusehen, wie sich auf kleinen Hölzern nahe dem Feuer eine Schicht Wasser bildete, die dann langsam verdampfte / verdunstete.





                    Ein kleines Feuer brachte ich denn auch zustande. Nur lange hielt es nicht, und zum Nachlegen großer Scheite kam es auch nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine Chance gehabt hätte. Rückwirkend wäre es wohl besser gewesen, auf das nasse Holz zu verzichten und nur zu versuchen, mit dem chemischen Feueranzünder die von den letzten malen im Kohleeimer übriggebliebenen kleinen Kohlestücke zum Glühen zu kriegen. Wirklich nasses Holz - das muss man denke ich erst neben dem Feuer trocknen lassen, bevor man es schließlich verwenden kann. Auch ist eine solche Feuerstelle natürlich schlechter geeignet, die Wärme zu halten, als es etwa ein Ofen wäre.

                    Ich grämte mich nicht zu lange, machte mir noch einen schönen Tee und fing ein neues Buch an.
                    Sicher, eine Menge Action hatte ich an diesem Tag nicht - aber einen schönen kleinen Ausflug, erste Erfahrungen mit dem Feuermachen, Tierbeobachtung aus nächster Nähe - so nahe war ich wilden Tieren noch nie gekommen - genug Zeit, Bücher zu lesen und eine gemütliche Atmosphäre mit Kerzenlicht. Und so war ich denn auch mit diesem Tag sehr zufrieden.
                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 13.04.2019, 19:30.

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                    • Mancunian
                      Erfahren
                      • 12.06.2014
                      • 262
                      • Privat


                      #11
                      AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                      Ein sehr schöner Bericht. Sehr detaillreich mit vielen Gedanken, die ich nur allzu gut nachvollziehen kann.
                      Er weckt viele Erinnerungen an meine Touren in diesem Gebiet 2011 und 2014. 2011 kamen wir im Dunkeln von der Nordflanke des Bheinn a'Chladheim und mussten den Fluss in der Nähe der Bothy furten. Davor lag der von Dir beschriebene Sumpf, den ich ebenfalls in keiner guten Erinnerung habe. Damals war das Furten nicht besonders einfach, da der Wasserstand recht hoch war, aber in 2014 war es kinderleicht. Der Wasserstand ist wirklich je nach Wetterlage sehr unterschiedlich. Shenavall ist eine wirklich hübsche Bothy, obwohl ich nur mal für 10 Minuten drin stand. Ich bin gespannt wie es weiter geht.
                      ---
                      I'd rather be out on the hills...
                      http://chorltoniac.blogspot.com

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                      • Donik
                        Erfahren
                        • 24.03.2014
                        • 199
                        • Privat


                        #12
                        AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                        Mir gefällt der Reisebericht überhaupt nicht. Jetzt hab ich nämlich wieder dieses Verlangen nach Schottland, obwohl ich erst letztes Jahr war

                        Deine Gedanken kenne ich nur zu gut, schön das du sie hier alle niederschreibst, man kann dir wunderbar auf deiner Tour folgen.
                        Danke

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                        • qwertzui
                          Alter Hase
                          • 17.07.2013
                          • 3048
                          • Privat


                          #13
                          AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                          Ich kann auf den Fotos die Größe der Tiere natürlich nicht so gut beurteilen, aber bist du sicher, dass das Rehe und keine (Rot)Hirsche waren?

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                          • Gast32020151
                            GELÖSCHT
                            Dauerbesucher
                            • 05.07.2003
                            • 607
                            • Privat


                            #14
                            AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                            Auf den Bildern ist definitiv Rotwild zu sehen.

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                            • qwertzui
                              Alter Hase
                              • 17.07.2013
                              • 3048
                              • Privat


                              #15
                              AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                              Zitat von BigKahuna Beitrag anzeigen
                              Auf den Bildern ist definitiv Rotwild zu sehen.
                              Danke! Ich dachte schon, ich sehe schlecht. Eigentlich war ich mir ganz sicher, aber dann dachte ich mir, wenn die nur drei Meter entfernt waren, müsste allein der Größenunterschied doch sehr deutlich gewesen sein.

                              Aber dann fiel mir eine Radiosendung ein, in der es hieß, dass seit Walt Disneys Film "Bambi" sehr viele Leute meinen, dass das weibliche Reh die Frau vom Hirsch sei. .

                              @ freedom
                              Entschuldige bitte meinen Einwand.

                              Tolle Fotos, schöner Bericht!

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                              • Freedom33333
                                Dauerbesucher
                                • 09.09.2017
                                • 900
                                • Privat


                                #16
                                AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                Zitat von Donik Beitrag anzeigen
                                Mir gefällt der Reisebericht überhaupt nicht. Jetzt hab ich nämlich wieder dieses Verlangen nach Schottland, obwohl ich erst letztes Jahr war

                                Deine Gedanken kenne ich nur zu gut, schön das du sie hier alle niederschreibst, man kann dir wunderbar auf deiner Tour folgen.
                                Danke
                                Ich danke dir . Und das mit dem Verlangen geht mir beim Niederschreiben nicht anders. ;) Jedenfalls wäre es schön, mal eben ein Wochenende dort verbringen zu können. Leider zu weit weg.


                                Zitat von qwertzui Beitrag anzeigen
                                Aber dann fiel mir eine Radiosendung ein, in der es hieß, dass seit Walt Disneys Film "Bambi" sehr viele Leute meinen, dass das weibliche Reh die Frau vom Hirsch sei. .

                                @ freedom
                                Entschuldige bitte meinen Einwand.

                                Tolle Fotos, schöner Bericht!
                                Das weibliche Reh als Frau vom Hirsch? Ist ja lachhaft...wer glaubt denn sowas...also ich nicht...*hust* *Räusper* *Duckundweg*

                                Danke für die Aufklärung an euch und danke für das Feedback!

                                Dienstag, 26.3.19: Shenavall-Bothy bis Carnmore „Bothy“.

                                So schön der gestrige Tag auch war – die Abenteuerlust war groß, es musste weitergehen. Auch hatte es gestern nur wenig geregnet, sodass ich mutmaßte, die Flussüberquerungen wären dieses mal unproblematischer.

                                Lange hatte ich am Abend überlegt, wie es weitergehen soll. Immer wieder hatte ich mit dem Gedanken gespielt, es mir „einfach“ zu machen und den Abhainn Loch an Nid entlangzulaufen, also dem Tal in Richtung Süden zu folgen. Keine Flussdurchquerung, keine Steigung, wie bisher gehabt einem Tal folgen. Das was ich schon konnte. Logische Folge wäre gewesen, zur Lochivraon Bothy zu laufen. Diese sollte, soweit ich mich an einen Reisebericht hier im Forum erinnerte, eine sehr schöne Bothy sein – auch den Loch an Nid hatte ich als sehr schön von den Fotos in Erinnerung wie auch den Loch a Bhraoin. Am morgen, als der Blick nach draußen gegen 7.00 Uhr morgens nicht gerade tolles Wetter versprach, war ich mir fast schon sicher, dass ich dieser Route folgen würde.

                                Einzig und allein – ich wollte unbedingt auf den A'Mhaigdean. Die Aussicht von diesem hatte mich extrem in einem weiteren Reisebericht beeindruckt, auch sah er von der Ostflanke her sehr einfach zu besteigen aus. Daher sah meine eigentliche Planung vor: Dem Gleann na Muice Beag folgen, auf die Ebene auf ca. 500m hochsteigen, dann nach links zum Fuar Loch Mor und dort oder am Lochan a Bhraghad im Zelt übernachten. Das war eine für mich anspruchsvolle Planung und auch einer der Gründe dafür, wieso ich den gestrigen Tag in der Bothy verbracht hatte, um mich mental und körperlich auf die neue Herausforderung vorzubereiten. Jedenfalls würde es erfordern, auf größerer Höhe einen Zeltplatz zu finden, ggf. das Zelt stehen zu lassen, den Berg zu besteigen und das Zelt wiederzufinden. Auch zeigte die Karte in dieser Gegend so einige Kliffs an.

                                Als ich denn aus der Bothy trat und das Wetter – sehr trübe, aber nicht regnerisch – in Ordnung war, stand für mich fest: Ich folge meinem Plan. Zunächst musste ich also wieder die beiden Flüsse überqueren.





                                Auch wenn ich schon fast damit gerechnet hatte so war ich doch überrascht – der Abhainn Strath na Sealga ließ sich, schon ziemlich einfach, überqueren. Direkt an der ersten Stelle an die ich kam – ein Stück flussabwärts – konnte man ohne Weiteres rüber, das Wasser war kaum knietief. Gut, die Überquerung dieses Flusses war ja auch bei der Erstüberquerung schon kein allzu großes Problem gewesen.




                                So richtig? Learning by Doing.


                                Blick zurück zur Bothy, Überquerung nicht der Rede Wert (Wobei Ausziehen der Schuhe schon erforderlich war, so flach wie es aussieht war es auch wieder nicht).

                                Also weiter. Ich lief durch den Sumpf zu der Stelle, wo sich die beiden Flüsse auf der Karte sehr nahe kommen, ohne sich zu berühren.

                                Als ich durch den Sumpf lief, sprang auf einmal rechts von mir in etwa 40m Entfernung hinter einem Gebüsch ein Rotwild/Hirsch auf (es war jedenfalls kein Hase!) drehte sich um und rannte davon. Ich dachte mir: Hm, eigentlich hätte der doch Vorfahrt gehabt. Er kam von rechts. Andererseits: In Großbritannien fahren die Autos ja links. Heißt das jetzt auch Links vor Rechts? Questions for Later!

                                Als ich an die gewünschte Stelle kam sah man sehr schön, dass der Bhainn Strath na Sealga entgegen der Karte natürlich einen Durchbruch zu Abhainn Gleann na Muice gebildet hatte. War jedenfalls sehr schön.

                                Dann ging es – voller Spannung – zu letzterem. Kaum war ich diesen ein paar 100m entlanglaufen, fand ich auch schon die erste furtbare Stelle. Gut erinnerte ich mich daran, wie eben jene Stelle vor zwei Tagen ausgesehen hatte – das Wasser war 2m tief. Jetzt gerade mal knietief. Heftig was der Regen ausmacht!







                                Ohne große Probleme gelangte ich mit meinem zweiten Paar Schuhe hinüber und konnte damit denselben Weg in Richtung Süden nehmen, den ich schon einmal gelaufen war. Wieder vorbei am Horrorkabinett.

                                Nach einer kurzen Strecke entlang am Fluss entschied ich mich wieder einmal für das Wegelose. Und so orientierte ich mich immer weiter nach rechts zum Hang und machte auf diesem Weg bereits einige Höhenmeter. Zweimal denselben Weg laufen wollte ich einfach nicht.


                                Hinter dem Fluss der Hügel, den ich 2 Tage davor relativ weit oben gequert hatte bis zum zweiten Fluss nahe der Bothy


                                Blick nach vorne


                                Am Hang entlang




                                Blick nach vorne ins Gleann Na Muice Beag


                                Gut ausgebauter Wanderweg!





                                Rechts rauf

                                Der Fluss hatte dort eine Höhe von ca. 110m, als ich schließlich auf den Wanderweg traf der ins Gleann na Muice Beag führte, war ich bereits auf ca. 250m. Der Wanderweg war richtig gut ausgebaut. An einer Stelle hatte eine große Schlammlawine den Weg fortgespült und es ging durch große Schlammbrocken, aber ansonsten ein wirklich guter Weg.


                                Loch Beinn Dearg




                                Blick zurück

                                Als ich zum Loch Beinn Darg kam machte ich einen kleinen Exkurs zum Wasser. Ich wollte einfach schonmal vorfühlen – kann man in so einer Gegend sein Zelt aufschlagen? Findet man passende Zeltplätze? Die Karte sah für das Teilstück vor diesem Loch eine recht ebene Fläche vor. Um so überraschter war ich über die Bodenstruktur vor dem Loch Beinn Dearg: Schwer zu beschreiben. Viele verschiedene Flussbette, die sich tief in den Boden gegraben hatten. Dazwischen immer wieder grasbewachsene Abschnitte, die 2m und mehr höher waren. Wollte man zum Loch, musste man mehrfach ein paar Meter nach unten und dann wieder nach oben. Ich deutete das so, dass dieser Loch, der ja links und rechts von hohen Bergen begrenzt war, bei viel Regen mehrere Meter höher ist und der zerfurchte Boden bis auf die höheren Abschnitte komplett unter Wasser stehen würde. Dennoch fand ich nach einigem Suchen ein bis zwei Stellen, an denen man würde ein Zelt aufschlagen können.

                                Ein wenig nass, nicht sehr windgeschützt, halbwegs eben – nicht schön, aber machbar. Eben der typische Zeltplatz in Schottlands Wildnis.

                                Nach kurzer Rast ging es weiter auf dem Pfad, weitere 150m nach oben bis auf 500m. Die Steigung verteilte sich nicht all zu sehr, sondern beschränkte sich auf die ersten paar 100m. Es wurde windiger, nasser, es fing wieder an ein bisschen zu regnen – nicht stark, aber es war eben auch nicht trocken. Der Wind wurde mehr und mehr. Als ich schließlich auf der, nennen wir es mal schottische Hochebene, angekommen war, blies mir ein starker Wind entgegen. Direkt von vorne. Und so gestaltete sich das Vorankommen denn auch recht mühselig. Dennoch war der Pfad gut, auch wenn es rechts und links recht steinig war. An eine Stelle erinnere ich mich, an der ich unschlüssig herumstand, weil man ein Zelt hätte aufschlagen können. Aber in diesem Wind?

                                Immer wieder der Blick nach vorne und nach hinten - irgendeine Menschenseele, irgendwo? Nope.

                                Der Blick nach links und nach rechts auf die Berge war auch nicht gerade vielversprechend – diese lagen in tiefem Neben. Selten konnte man wenigstens einen Blick auf die Hügel zur Rechten erhaschen, die nicht zu hoch waren.

                                Schließlich tauchte zu meiner linken das Dreigestirn aus Lochan Feith Mhic-illean auf.






                                Nebelig!

                                Wirklich genießen konnte man diesen Abschnitt aber nicht – es war einfach zu nebelig, zu stürmisch, die Feuchtigkeit kroch von allen Seiten in die Kleidung. Und dieser Wind! Da kann man kaum einen klaren Gedanken fassen, wie es denn jetzt weiter gehen soll. Und es stand ja eine wichtige Entscheidung an! Als ich rechts vom Weg eine Abbruchkante Erde erblickte, die ca. einen Meter hoch war, stellte ich dort meinen Rucksack ab, machte Pause und hockte mich hin. Einfach nur, um mal nicht im Wind zu stehen. Um mal die Karte rauszuholen und einen klaren Gedanken fassen zu können.



                                Hier am See das Zelt aufstellen und mit leichtem Gepäck auf den A Mhaigdean – völlig sinnlos und gefährlich. Rauf zum Fuar Loch Mor – was sollte es bringen? Dieser lag vermutlich ebenfalls in tiefem Nebel. Und wer da campt, dessen Schlafsack wird nachts garantiert nass. Keine guten Aussichten, wenn die Folgenacht auch noch im Zelt verbrach werden soll.

                                Bis morgen Abwarten und auf besseres Wetter hoffen musste ich so oder so. Aber ob ich das hier oben tat oder zur Carnmore Bothy hinablaufen würde, so oder so hätte ich am Folgetag genug Zeit und Energie, um den A Mhaigdean zu besteigen. Und so entschied ich mich, den Wanderweg weiter zu laufen zum Dubh Loch und zum Fionn Loch. Gerade letzteren wollte ich unbedingt sehen. Das war ein weiterer Aspekt: Würde ich hier oben campen und mich morgen durch den Nebel in Richtung Lochan Fada kämpfen, würde ich den Fionn Loch möglicherweise überhaupt nicht sehen, da der Wanderweg zum Lochan Fade überall recht hoch lag.

                                Diese Erwägungen überzeugten mich sehr, und so fühlte es sich denn auch nicht nach Aufgeben an, den Weg zur „Bothy“ zu gehen. Eine gute Entscheidung!

                                Zunächst mal kam ich am letzten Loch auf der Hochebene vorbei. Dieser war bei weitem der Schönste, auch hätte man hier an einer Stelle direkt am Fluss gut campen können – freilich mit einem sehr lauten Wasserrauschen die ganze Nacht. Dennoch verbrachte ich einige Zeit an diesem Loch, es war einfach nur wunderschön! Etwas weiter oben fand ich sogar noch 1-2 passable Stellen das Zelt aufzustellen, auf dem Hügel am Ende der Seen.




                                einer von zwei möglichen Zeltplätzen (Ebener Boden) - aber sehr gefährlich, wenn das Wasser nachts steigen sollte





                                Dann ging es weiter, dem Tal folgenden zum Dubh Loch. Was soll ich sagen. Schon der Blick nach unten, ohne Sicht auf die beiden Seen im Tal, war ausgesprochen schön.



                                Irgendwann kam ich dann an die „Ecke“ ab der man einen Blick auf die beiden Lochs im Tal hatte. Und das haute mich um. Aber so richtig. Die Fotos können leider nur unzureichend die Schönheit dieses Ausblicks wiedergeben. Man blickt in ein Tal, dass etwa 250 Höhenmeter tiefer liegt. Nach diesem unendlich langem Nebel da oben, einer begrenzten Sicht, kleinen Lochs, auf einmal eine unfassbare Weite, eine unfassbare Größe des Fionn Loch, die Berge auf der anderen Seite, ein sich am Hang entlangschlengelnder Wanderweg – der bislang schönste Ausblick meines Urlaubs! Allein für diesen Ausblick kann ich die von mir gewählte Route sehr empfehlen.




                                Dubh Loch & Fionn Loch. Auf dem Foto nicht so richtig ersichtlich ist die Kante nach etwa 30-40m, dort ging es sehr steil bergab nach unten, fast 250 Höhenmeter.

                                Weitere Fotos vom Abstieg kann ich leider nicht bieten – mein Handyakku sprang auf 0% und das Handy war mir beim Rumfriemeln mit den Handschuhen auf der Ebene in den Matsch gefallen, sodass ich Wasser im Anschluss hatte und das Handy nicht aufladen konnte.

                                In Erinnerung geblieben ist mir aber: Der Wanderweg führt teils auf sehr wenig Breite an einem sehr sehr steilen Hang entlang. Mehrfach waren Bäche zu durchqueren, die sich von der großen Höhe rechts in die Tiefe links hinabstürzten. Hier hätte Ausrutschen mindestens zu schwersten Verletzungen geführt. Und das bei schon relativ wenig Regen in den letzten Tagen. An einem Bach trat ich denn nach Vorfühlen mit den Stöcken ganz bewusst in eine Senke die bis zur Mitte des Unterschenkels reichte und nahm das Wasser im Schuh gerne in Kauf, da es mir das geringere Übel erschien als das Aufsetzen des Stiefels auf einem etwas losen Stein links daneben.



                                Ich hatte wirklich nicht erwartet, in dieser Bothy alleine zu sein – aber der Blick ins Bothy Buch war vernichtend. Der letzte Eintrag dort datierte aus dem Januar. Fast 2 Monate her! Wobei es sich nicht um eine richtige „Bothy“ handelt, sodass die Pflicht, sich im etwas versteckten Bothy Buch einzutragen, wohl nicht so ernst genommen wird.

                                Dennoch kam mir, als ich an der Bothy angekommen war, zu ersten mal ein Wort in den Sinn, dass mich auch am nächsten Tag noch begleiten sollte: „Trostlos“. Wieder komplette Stille. Komplette Einsamkeit. Eine unglaubliche Weite. Und ein einfach nur extrem düsteres, trübes Wetter.



                                Sonnenstrahlen, die aufs Gesicht scheinen? Auch nur feststellen können, wo die Sonne gerade steht? Das hatte ich das letzte mal am Sonnntag Mittag gehabt. Mittlerweile war Dienstag Abend. Seitdem bedeckte ununterbrochen eine dicke Wolkenschicht den Himmel. Und auch wenn ich davon ausgehe, dass zwischendurch noch jemand anders in der Bothy war, der sich nicht eingetragen hat, war der Gedanke, dass ich der erste Mensch an diesem Ort seit Ende Januar sein könnte - an einem trotz schlechten Wetter unfassbar schönen Ort - doch etwas befremdlich.




                                Mutmaßlich im Sommer dürften die Häuser in der Umzäunung - es scheint sich bei der Bothy um einen ehemaligen Stall zu handeln - bewohnt sein, einige davon sind simple Holzhütten und machen den Eindruck, vermietet zu werden.



                                Ein paar Worte noch zur „Bothy“. Zuverlässigen Wind- und Regenschutz bot diese. Wobei einige Stellen in den Wänden mit Papier gestopft zu sein schienen. Einen richtigen Boden hatte sie dagegen nicht – dieser bestand mehr oder weniger aus Schlamm.

                                Obwohl ich penibel darauf achtete, dass kein Teil meiner Ausrüstung den Boden berührt (vorher hatte ich ausversehen den Rucksack auf den Boden gestellt – und musste danach 2min mit einem Lappen den Boden meines Rucksacks schrubben) so gelang mir dies nicht vollständig. Welchen Fehler hatte ich gemacht? Beim Ausziehen der Schuhe die Schnürsenkel nicht in die Schuhe gelegt, sondern auf den Boden. Und diese hatten eine solche Menge Dreck aufgesogen, dass ich am nächsten Morgen die Schnürsenkel komplett aus den Stiefeln entfernen musste, sie im Bach waschen und sie dann erst wieder in die Schuhe einfädeln konnte. Andernfalls hätte ich bei jedem Schnüren unfassbar dreckige Hände gehabt.

                                Und noch ein Tipp zu Carnmore: Dreht nicht die Matratzen um, in der Hoffnung, dass die Unterseite sauberer sein könnte.

                                So richtige Wohlfühlatmosphäre wollte denn auch nicht aufkommen. Und so ging es recht früh ins Bett.





                                Das Programm für den nächsten Tag stand schon fest - vorbei am Dubh Loch, rauf zum Garm Loch Mor, und dann wenn möglich auf den A Mhaigdean, jedenfalls Campen am Lochan Fada. Am Tag danach wollte ich nach Kinlochewe laufen, wo ich für Donnerstag auf Freitag im Bunkhouse des Hotels reserviert hatte.
                                Zuletzt geändert von Freedom33333; 17.04.2019, 18:03.

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                                • Glenfiddich
                                  Erfahren
                                  • 19.02.2012
                                  • 280
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                  Tolle Bilder toller Bericht! Danke schonmal dafür.

                                  Ich glaube bei diesen äusseren Umständen die du hattest können nur überzeugte Schottland Freaks eine Wanderung als schönes Erlebnis wahrnehmen.

                                  War denn so gar kein Platz zum Zelten in der Umgebung der Bothy? So wie du das innere beschreibst hätte ich glaube ich fast jeden Zeltplatz bevorzugt.
                                  Ich habe Talente, Rechtschreibung gehört nicht dazu.

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                                  • Freedom33333
                                    Dauerbesucher
                                    • 09.09.2017
                                    • 900
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                    Zitat von Glenfiddich Beitrag anzeigen
                                    Tolle Bilder toller Bericht! Danke schonmal dafür.

                                    Ich glaube bei diesen äusseren Umständen die du hattest können nur überzeugte Schottland Freaks eine Wanderung als schönes Erlebnis wahrnehmen.

                                    War denn so gar kein Platz zum Zelten in der Umgebung der Bothy? So wie du das innere beschreibst hätte ich glaube ich fast jeden Zeltplatz bevorzugt.
                                    Der Gedanke ist mir nichtmal gekommen.

                                    Aber man hat eben - großes 1-Personenzelt hin oder her - in einer Hütte immer noch mehr Platz. Kann Rumlaufen etc. Letzten Endes war es ja ok, da ich die zweite Matratze als Ablagefläche für meinen Kram hatte.

                                    Wäre aber bestimmt gegangen. Wobei es unmittelbar vor der Hütte auch eher matschig war. Wären die Matratzen in der Hütte belegt gewesen hätte ich das wahrscheinlich auch gemacht. Allein der Gedanke, auf den Boden die Isomatte hinzulegen Ich denke aber, dass in dem Maße, in dem man mehr Zelterfahrung sammelt, man eher auf den Gedanken kommt, die Hütte Hütte sein zu lassen und es sich draußen mit Zelt einzurichten.

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                                    • codenascher

                                      Lebt im Forum
                                      • 30.06.2009
                                      • 5064
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                      Wir haben ja auch damals in der Carnmor Bothie gepennt. Da dort nen Haufen Army Jungs die Bothiematratzen belegt hat, was es uns ganz recht auf unseren eigenen Matten und Schlafsäcken zu liegen. Wir haben einfach das Zelt unter uns gelegt, da stört dann auch nicht der Untergrund.

                                      vielen Dank für den bisherigen Bericht, freue mich auf die restlichen Tourtage. Dieses Jahr fällt Schottland wahrscheinlich aus.... umso mehr freue ich mich über schöne Berichte! Zu Mancunian, Borderli und Rainer schiel.

                                      Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                                      meine Weltkarte

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                                      • Christian J.
                                        Lebt im Forum
                                        • 01.06.2002
                                        • 9321
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                        In die Bothy habe ich vor über 10 Jahren auch mal kurz reingeschaut. Das war die räudigste Bothy, die ich je gesehen habe.
                                        "Er hat die Finsternis der Latrinen ertragen, weil in der Scheiße nach Mitternacht sich manchmal die Sterne spiegelten"
                                        Durs Grünbein über den Menschen

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                                        • JensE
                                          Gerne im Forum
                                          • 20.01.2006
                                          • 72
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                          Ja, die Carnmore Bothy.
                                          Wir haben uns die beiden Male als wir in der Ecke waren auch dagegen entschieden in ihr zu nächtigen.
                                          Wir hatten aber mit dem Wetter mehr Glück. So haben wir einmal am Strand beim Anleger gezeltet und das andere Mal unter freiem Himmel auf dem südlichen Zipfel zwischen Fionn Loch und Dubh Loch geschlafen.

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                                          • momper
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                                            • 05.12.2011
                                            • 702
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                            Schottlandsehnsucht kommt auf - vielen Dank für den tollen Bericht!
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                                            • Freedom33333
                                              Dauerbesucher
                                              • 09.09.2017
                                              • 900
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                              Ich schreibe hier ja nun nicht nur einen recht ausführlichen, sondern auch einen sehr ehrlichen Reisebericht. Und zu einem ehrlichen Reisebericht gehören Fehler auch dazu. Vor allem, damit andere Einsteiger, die ebenfalls Learning by Doing machen, aus diesen Fehlern lernen können.

                                              Mittwoch 27.3.19. Carnmore Bothy bis Lochan Fada. Oder: Warum Navigationsfehler sehr gefährlich sein können.

                                              Wie üblich erwache ich gegen 6.00 Uhr. Und wie üblich, regnet es um diese Uhrzeit draußen und ist windig. Irgendwie habe ich heute aber keine Lust auf weiterschlafen und lese ein bisschen im Kindle. Irgendwann muss man sich dann aber doch aus dem warmen Schlafsack in die Kälte bequemen. Das Ritual sitzt: Schlafsack weg, Fleecejacke an, Fleecehose als zweite Schicht an, Daunenjacke an, Tee kochen. Dann Müsli mit Milchpulver, hier hatte ich mir im Voraus bereits Portionen abgepackt.

                                              Dann wie üblich nochmal die Karte vornehmen und planen. Links oder rechts am Dubh Loch vorbei? Soweit ich mich an gestern erinnerte, sah die südliche Seite nicht gerade einladend aus, vielmehr sogar sehr steil am Ufer. Dies bestätigte mir auch meine Wanderkarte. Gleichwohl war auf der Karte ein Wanderweg am südlichen Ufer eingezeichnet. Das Navi und die Höhenlinien auf diesem ließen dagegen das Nordufer deutlich attraktiver erscheinen. Ich beschloss, vor Ort zu entscheiden, sobald ich die Karten mit den realen Gegebenheiten abgleichen konnte.

                                              Zusammenpacken – vorsichtig, nicht dass etwas auf den Boden fällt – und dann los. An diesem Tag kam ich erst recht spät los, ich schätze es war bereits gegen 10.00 Uhr.



                                              Sonderlich einladend einfach sah das südliche Ufer nicht aus, dennoch konnte man so etwas wie einen Küstenpfad erblicken. Auch wollte ich unbedingt die Brücke zwischen Dubh Loch und Fionn Loch sehen, wunderte es mich doch, wie eine Brücke zwischen diesen beiden Seen aussehen sollte.

                                              Also zum Dubh Loch und zur Brücke. Dem kleinen Hügel zwischen beiden Seen konnte ich nicht widerstehen, wollte ich doch gerne nochmal den Blick auf den gesamten Fionn Loch haben. Den Rucksack ließ ich liegen, auch wenn mir dabei nicht sonderlich wohl war.

                                              Oben auf dem Hügel war die Aussicht toll – vor allem der Blick auf den kleinen runden See zwischen den beiden Seen war beeindruckend. Auch fand ich hier oben ein paar Stellen, an denen man hätte zelten können – etwas windgeschützt, etwas nass, halbwegs eben – ich wiederhole mich.





                                              Dann ging es runter zur Brücke. Dort hatte es einen schönen Strand. Nur auf die Stacheln im Wasser konnte ich mir keinen rechten Reim bilden. Wäre es nicht schon so spät gewesen, wäre ich hier wahrscheinlich schwimmen gegangen, das Wasser sah wirklich einladend schön aus.





                                              Ein paar Meter weiter erblickte ich dann plötzlich ein halb abgenagtes, halb auseinandergerissenes Tiergerippe. Ich verzichte mal auf das Foto, wenn es jemand sehen will, kann ich es ja nachreichen.
                                              Zum Leben gehört auch der Tod. Auch wenn er aus unserer Gesellschaft stark verdrängt ist. Wie lange mag dieses Tier wohl durch diese wunderschöne Natur gestreift sein? Irgendwann war es auch für ihn/sie vorbei. Aber wer nagt hier bitte Tiergerippe ab? Welche Fleischfresser gibt es hier in Schottland?



                                              Dann weiter. Der Weg entlang an der Küste war nicht gefährlich, dennoch kam ich nicht so recht voran. Jedenfalls hatte ich in meiner Planung den Weg bis zum Hang überschlagen und war mir sicher, gegen 11.00 Uhr nach einer Stunde den See umrundet zu haben. Gegen 11.40 Uhr war ich dann endlich da.


                                              Blick zum Hang über den ich gestern gekommen war, auch der schmale Pfad der sich dort entlangschlengelt ist gut sichtbar





                                              Dann ging es – wegelos - bergauf. Teils auch sehr steil bergauf.



                                              Es war anstrengend. Ich erinnerte mich daran, im Sportgeschäft ein „Powergel“ auf Basis von Maltodextrin gekauft zu haben. Das wollte ich mir jetzt gönnen. „Berry“ stand drauf. Hörte sich doch gut an. Der Geschmack war....bäh. Schmeckt wie Toilettensteine riechen schoss mir durch den Kopf. Irgendwie kam ich aus dem Lachen nicht mehr raus. Tatsächlich fiel mir der Aufstieg im Folgenden leichter. Und ich dachte mir: Wahrscheinlich wirkt das Powergel genau so. Es schmeckt so schlecht, dass die Leute sich ekeln oder anfangen zu lachen und die körperliche Anstrengung ganz vergessen.



                                              Das Wetter war gut. Am Hang fast kein Wind. Einen Wanderweg konnte ich nicht erblicken. Die Steigung war teilweise heftig – aber irgendwie lag mir das. Bei hohen Steigungen kommt man so schnell voran, dass es ungemein belohnend ist, zurückzublicken und festzustellen, wie viel Strecke man in wie kurzer Zeit geschafft hat.





                                              Irgendwann war es endlich soweit – der Gorm Loch Mor zeigte sich. Auf den letzten Metern hatte ich wieder einen Pfad gefunden – dieser war steinig und rutschig wie üblich – weshalb ich beim Aufstieg, wieder einmal, das wegelose Gras bevorzugt hatte. Daher kann ich auch nicht sagen ob es bergauf durchgehend einen Pfad gegeben hätte.



                                              Kaum sehe ich das Wasser schlägt mir auch schon ein unglaublicher Wind ins Gesicht. Also entschließe ich mich, die Pause nicht am See, sondern ein paar Meter davor am Hang zu machen. Dieser ständige und starke Wind ist für die Entscheidungsfindung wie es weitergehen soll nicht gerade förderlich. Als ich dann doch zum See aufsteige, hat sich der Wind erstmal verflüchtigt. Glück gehabt.

                                              Ein toller See! Komplett umrundet von hohen Bergen. Erstmal die Umgebung abchecken – die nördliche Seite des Sees war nicht passierbar, die südliche Seite schon.



                                              Ich bestieg zunächst die Hügel auf der rechten Seite. Und desto weiter ich nach oben kam, desto beeindruckender wurde die Sicht. Schon die Sicht auf den Gorm Loch Mor. Als ich schließlich oben ankam war die Aussicht zurück auf den Dubh Loch einfach nur schön. Wäre es nicht so früh am Tag gewesen – hier zu campen wäre auf jeden Fall ein Erlebnis gewesen. Wie oft kommt hier um diese Jahreszeit ein Wanderer vorbei?






                                              Blick zurück ins Tal durch das ich gekommen bin




                                              Dennoch war mir bereits jetzt klar, dass ich mir den A 'Mhaigdean abschminken konnte. Bereits die Berge, die den Gorm Loch Mor umringten, waren ganz oben von einer Nebelschicht umgeben.

                                              Schade, aber nicht zu ändern. Dass man sich in Schottland keinen „Muss ich machen“ Munro vornehmen kann, sondern dass die Sinnhaftigkeit der Besteigung stets vom jeweiligen Wetter abhängt, hatte ich bereits aus einigen Reiseberichten – auch von erfahrenen Wanderern, die „krasse“ Touren machen – gelernt.

                                              Wie sollte es nun aber weitergehen? Ich erinnerte mich dunkel an einen Reisebericht aus dem Forum von einer Gruppe von Wanderern. Diese hatten – dessen war ich mir sicher – die Bergkette im Norden bestiegen. Aber da hoch? Um Himmels Willen. Das ging ja garnicht. Wie soll das gehen? Unschlüssig stand ich eine Weile herum.


                                              Da rauf? Lieber nicht


                                              Nach Osten, in der Hoffnung, dort irgendwo auf den Kamm raufzukommen?

                                              Toll war die Sicht nicht. Ich schaute mir nochmal die Fotos von vor 20min an, als die Berggipfel um den See teils noch nicht im Nebel lagen. Die westliche Flussseite schien mir vielversprechend – einfach sah es von hier nicht aus, aber machbar. Und so ging es denn zum westlichen Seeende.



                                              Zum westlichen Ende des Sees und dann da rauf, nahe dem A Mhaigdean

                                              Wieder einmal zeigte sich – von weitem sieht der Weg einfach aus, da liegen doch nur ein paar kleine Steinchen. Steht man dann vor diesen, sind die schnell mal 5m hoch, und so hatte ich eine tolle landschaftliche Abwechslung, weil ich das erste mal zwischen gigantischen Steinen umherkletterte.

                                              An einer Stelle blieb ich mit einem Stock hängen – statt hinzufallen nahm ich in Kauf, mich weiter auf diesen zu stützen. Verbogen. Krass. Beim Globi hatte ich ganz fasziniert die Wanderstöcke aus Carbon in der Hand gehabt. Der Verkäufer hatte mir davon abgeraten. Diese würden sich nicht verbiegen wie Aluminium – das man einfach wieder zurückbiegen kann – sondern brechen. Gut dass ich auf ihn gehört und die Finger vom Carbon gelassen hatte. Wer weiß ob der Stock das ausgehalten hätte.

                                              Dann kam der Aufstieg immer näher – und desto näher er kam, desto einfacher sah er aus. Als ich schließlich davorstand – ein toller Strand übrigens – hatte er jeglichen Schrecken verloren, war sogar deutlich weniger steil als der erste Aufstieg heute. Und so nahm ich die Erkenntnis mit: Nicht zu viel nachdenken. Nicht groß Rumüberlegen, ob das möglich ist, sondern es sich erst mal von Nahem anschauen.

                                              Der Aufstieg – was soll ich sagen. Direkt in den Nebel hinein.







                                              Noch sieht man ihn.
                                              Nach einiger Zeit blickte ich mich um – und der See unter mir war verschwunden. Nichts als eine Nebelwand. Auch der Blick nach oben war nicht gerade vielversprechend. Und so lernte ich denn hier mein Navi das erste mal wirklich zu schätzen. Bislang konnte man sich immer bequem mit Karte, Kompass und dem „Blick in die reale Welt“ orientieren – letzteres scheiterte hier. Da war nichts. Nichts außer Nebel.

                                              Irgendwo im Nirgendwo. Das letzte mal einen Menschen hatte ich vor zweieinhalb Tagen gesehen. Wer sich hier verirrt oder verletzt – der hat ein Problem. Beruhigend, aufs Navi zu schauen und zu wissen, wo man ist. Ewig lange hatte ich überlegt, mir ein solches anzuschaffen, hier und heute war ich froh über diese Entscheidung.

                                              Irgendwann musste ich mich entscheiden, links oder rechts. Beide Wege führten in den Nebel hinein.



                                              Der Pfad ging nach links, und so folgte ich diesem. Dann ging es erst mal auf einen der Hügel – hier fand ich eine Stelle, an der man würde zelten können. Es war schon recht spät geworden, und so wagte ich einen Versuch. Soll das Hilleberg doch mal zeigen, was es kann. Aber: Der Boden ließ es nur zu, das Zelt in einer Richtung aufzustellen. Dann hätte der Wind das Zelt aber von der Längsseite getroffen. Und der Wind war konstant. Kaum hatte ich die Stangen im Zelt, zog es mir durch den Wind schon einen Hering und die noch nicht abgespannten Zeltstangen wurden zusammengedrückt wie Zahnstocher. Mist.

                                              Nach einigem Überlegen packte ich das Zelt wieder ein und entschloss mich, doch weiter unten am Lochan Fada zu campen. Bis zur Dämmerung hatte ich noch genug Zeit, also war ich guter Dinge. Kein Vergleich zur Situation auf meiner ersten Tour, als ich auf Skye nahe der Küste gescheitert war, mein Zelt im Sturm (direkt vom Meer kommend) aufzustellen und mich das doch an meine Grenzen gebracht hatte. (Dort hatte ich vorher aber auch schon einiges mitgemacht, inklusive einer hüfttiefen Passage durch das Meer in voller Ausrüstung, "Bad Step", da es der einzige Weg war) Das war mittlerweile anders. Souverän packte ich das Zelt wieder ein und es ging weiter. Macht nix, war einen Versuch wert.

                                              Aber in welche Richtung? Die Sicht war schlecht. Weit schauen konnte man nicht. Einen See im Tal erblicken und daran orientieren? Nope. Eine Bergspitze an der man sich orientieren könnte? Nö.






                                              Ich war mir sicher, in eine bestimmte Richtung zu müssen – doch der Blick aufs Navi sagte mir, ich würde in die Richtung laufen, aus der ich gekommen bin. . Auch der Blick auf den Kompass des Navis war nicht gerade hilfreich. Da fiel mir wieder die Bedienungsanleitung ein – der Kompass müsse vor der Benutzung kalibriert werden. Zum ersten mal holte ich meinen Kompass in einer Situation raus, in der ich ihn wirklich benötigte.

                                              Die Bergformation an der ich mich befand war ausgesprochen verwirrend – links ging es steil bergab. Und ich wollte ja nach unten zum See. Aber war das nicht hinab zum Gorm Loch Mor?



                                              Da wollte ich nicht hin. Ich wollte zum Lochan Fada. Aber in der Richtung, in die ich gemusst hätte, ging es nur bergauf – obwohl ich laut Karte eigentlich schon ganz oben sein müsste. Oder doch nicht? Vielleicht einfach nach Süden, das wäre definitiv richtig. Plötzlich stand ich, den Kompass in der einen, die Karte in der anderen Hand und auf letztere konzentriert, an einer Abbruchkante, die man erst bemerkte, als man fast unmittelbar davorstand. Da ging es 10-20m steil nach unten. Hülfe. Da runterfallen, dann ist es aus.

                                              Das sind so die Situationen, in denen es eben doch einen Unterschied macht, ob man alleine oder in einer Gruppe unterwegs ist. Da ist niemand, den man fragen kann. Niemand, der einem weiterhilft, wenn man in Anbetracht der neuen Herausforderung mal etwas übersieht. Man trifft sämtliche Entscheidungen alleine und muss auch mit den Konsequenzen leben – im Positiven wie im Negativen.

                                              Nach einiger Zeit hatte ich dann doch den Bogen raus – dem Kamm in Richtung Südosten folgen – teils auf Umwegen weil es nicht weiterhing, also steil bergab und dann wieder steil bergauf – dann tauchte irgendwann endlich das Gefälle auf, das, wie gewünscht, in südöstlicher Richtung lag. Uff!

                                              Nach einer Weile war ich dann endlich aus dem Nebel raus und erblickte den Lochan Fada.



                                              Der Boden in der ganzen Gegend hier war äußerst erstaunlich – zerfahren von tiefen Furchen, ein ständiges Auf und Ab.





                                              Immer wieder erblickte ich Hirsche, die aber schnell Reißaus nahmen.

                                              Mittlerweile war es schon reichlich spät geworden – die Dämmerung drohte über mich hereinzubrechen. Bis runter zum See? Was, wenn es da keinen guten Platz gab? Bloß nicht im Dunkeln suchen müssen! Am bereits genannten Tag bei meiner ersten Tour hatte ich fast eine Stunde im Dunkeln einen Zeltplatz gesucht. Als ich dann eine halbwegs ebene Stelle fand, fiel der Entschluss schnell, die sollte es sein. Klar, besser geht immer. Aber irgendwann muss man sich einfach entscheiden. Da der Wind aus südlicher Richtung kam, musste ich das schon aufgestellte Zelt dann doch nochmal umstellen, da ich vermeiden wollte, dass der Wind auf die lange Seite trifft.






                                              Hier sieht man schön die Größenverhältnisse der Furchen im Boden. Ganz so nah an der Kante wie es hier wirkt, stand das Zelt allerdings nicht, die Abspannleinen waren gerade noch an einer nicht unterhöhlten Stelle befestigt. Man fragt sich natürlich: Wie kommt es zu diesem Phänomen?





                                              Dann erstmal in Ruhe auspacken. Wieder ging einige Zeit vorüber.

                                              Ein ereignisreicher Tag. Ich war froh, alles überstanden zu haben und war körperlich und geistig schon ordentlich k.o. Mittlerweile war bereits die Dämmerung angebrochen. Schnell noch Wasser vom Bach holen, der vielleicht 50-70m entfernt lag. Dünne Klamotten an, keine Wanderstöcke, auch die Stirnlampe lag im Zelt. Trinkblase befüllen und zurück zum Zelt.

                                              Hier müsste es doch sein? Hier ist es nicht. Ein paar Meter weiter oben vielleicht? Auch nicht. Hier sieht in der Dämmerung alles gleich aus. Ach du meine Güte!!!

                                              Es fing an zu regnen. Es war kalt. Es wurde mit jeder Minute dunkler. Es würde in der Nacht wohl, wie bisher immer, regnen und stürmen. Das Zelt dient dazu, das Wasser abzuhalten, damit die Daune des Schlafsacks die Kälte fernhalten kann. Und ich hatte nur dünne Klamotten an. Eine volle Trinkblase in der Hand, körperlich am Ende, stolperte ich ohne Stöcke durch die Landschaft. Und fand mein Zelt nicht. Ich muss es hier nicht beschreiben, ich bin kein professioneller Autor. Aber jeder weiß, wie es sich anfühlt, wenn die Panik in einem hochsteigt. Das hier war gefährlich. Die Leute in der heutigen Zeit kriegen Panik vor Prüfungen, obwohl absolut keine Lebensgefahr besteht. Aber hier – in Sekunden schießen einem alle möglichen Szenarien durch den Kopf.

                                              Temperaturen um den Gefrierpunkt, nur eine dünne Regenacke an. Sturm, Regen, Nässe. Was, wenn man das Zelt nicht findet? Würde man erfrieren? War das hier schon lebensgefährlich? Oder waren Temperaturen um 0 Grad für etwa 10 Stunden Dunkelheit in dünnen Klamotten machbar? Wäre das eine echte physische oder nur eine psychische Herausforderung? Müssen nicht Menschen bei der Armee derartige Szenarien auch durchhalten? Hinlegen und schlafen wäre keine Option. Da ploppen die Artikel im Kopf auf, von irgendwelchen Betrunkenen, die sich nachts in die Landschaft legen um ihren Rausch auszuschlafen und dann erfrieren. Man müsste sich die ganze Nacht bewegen, in Bewegung bleiben. Vielleicht hinter einem großen Stein, um wenigstens ein wenig windgeschützt zu sein. Denn der Wind konnte brutal sein. Der Regen würde sich nicht abhalten lassen.

                                              Aber wieso den Teufel an die Wand malen? Du musst logisch denken. Erinnere dich. Wo stand das Zelt? Wie sah die Umgebung aus? Was war in der Nähe? Ist es schon wieder deutlich dunkler geworden? Panik – wer hat sich den Schmarn evolutionär bitte ausgedacht? Was soll das bringen?

                                              Weg damit. Durchatmen. Weiter nach oben gehen, um das Zelt zu sehen? Oder war ich schon zu weit oben? Jedenfalls zum Hang, irgendwohin wo man möglichst weit schauen könnte. Wie konnte ich nur die Taschenlampe im Zelt lassen? Unglaublich! Aber jetzt über Fehler nachdenken, das bringt nichts! Als ich schließlich – wie lange hatte ich gesucht? 5Min? 10? 15? Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung - an einer guten Stelle am Hang angekommen war erblickte ich das Zelt – ca. 100m weiter unten. Viel weiter unten als erwartet. Viel viel weiter unten. Aber wahrscheinlich geht man auf der Suche nach Wasser instinktiv immer nach oben.

                                              Egal. Zum Zelt. Durchatmen. Alles gut. Alles gut. Kein Stress. Als ich am Zelt ankam, war es schon fast komplett duster. Bei dem Himmel hätte einem der Mondschein auch nichts gebracht.

                                              Lektion gelernt: Nie Ohne Taschenlampe losziehen. Falls hier andere Einsteiger mitlesen, die auch gerne Solo losziehen und Learning by Doing machen, nehmt diese eine Sache mit: Nie ohne Taschenlampe weg vom Zelt. Nie! Und: Egal wie spät es ist, egal wie kaputt ihr seid, egal wie viel ihr durchgemacht habt: Wenn ihr euch vom Zelt entfernt, dann muss der Verstand hellwach sein!

                                              Ab ins Bett. Was für ein Tag.
                                              Zuletzt geändert von Freedom33333; 27.07.2019, 11:14.

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                                              • Rainer Duesmann
                                                Fuchs
                                                • 31.12.2005
                                                • 1642
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                Hui.
                                                radioRAW - Der gesellige Fotopodcast

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                                                • Borderli
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                                                  • 08.02.2009
                                                  • 1737
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                  Das erinnert mich daran, dass ich die Batterien in meiner Lampe austauschen wollte....

                                                  Spannender Tag! Ich selbst mag es ja eher langweilig-beschaulich.
                                                  Fionn Loch und Dubh Loch - das hat was. Am Dubh Loch habe ich vor ein paar Jahren mal gezeltet, das war schön und schön windig. Und bald bin ich wieder da!

                                                  Ich bin gespannt, wie deine Tour weiter geht.

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                                                  • katha1
                                                    Anfänger im Forum
                                                    • 29.05.2018
                                                    • 43
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                    Bei einem Film hätte ich mir die Hände vor die Augen gehalten und zwischen den Fingern durchgelinst. So musste ich schonungslos weiterlesen. Puhhh, kann deine aufkommende Panik extrem gut nachvollziehen. Toll, wie du damit umgegangen bist.

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                                                      • 09.09.2017
                                                      • 900
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                      Donnerstag, 28.3.19. Lochan fada bis Kinlochewe Hotel

                                                      Die Nacht ist kalt und windig. Irgendwann nachts muss ich meinen Fleecepullover über die Skiunterwäsche anziehen, um nicht zu frieren. Komisch, dabei sollte der Western Mountaineering Antelope die Temperatur doch eigentlich gut wegstecken. Auch wundert mich, dass der Wind gut fühlbar unter dem 4 Jahreszeiten Zelt durchzieht und eine Seite vom Schlafsack erreicht. Hätte ich den Schlafsack vielleicht doch mit Windproof Außenhülle kaufen sollen? Ich kann nicht so richtig einordnen, wieso es mir in dieser Nacht so kalt ist. Erst als ich den Rucksack an die Zeltwand lege von der der Wind kommt wird es besser.

                                                      Jemand ne Idee woran das gelegen haben könnte? Temperaturen waren um 0 Grad. Der Schlafsack soll eigentlich -10 abdecken und ne Frostbeule bin ich eigentlich nicht. Hat mich schon sehr gewundert.

                                                      Als ich morgens aufwache rüttelt der Wind ordentlich am Zelt. Auch Regen und Hagel ist dabei. Ich verschiebe das Aufbrechen wie üblich – und wie üblich hört es später auf.


                                                      Blick aus dem Zelt


                                                      Morgens beim Teekochen riecht es auf einmal wie in der Sauna – hätte wohl den Gasbrenner etwas besser hinstellen müssen. Passiert.





                                                      Dann, gerade als ich aufbreche, stößt zum ersten Mal seit Tagen wieder ein Sonnenschein durch die dichte Wolkendecke. Ich wundere mich doch sehr, wie viele Gefühle so ein einzelner Sonnenstrahl nach 3 Tagen trübem Wetter und einsamen Marschieren durch die raue Natur in mir auslöst. Sofort wandelt sich die Assoziation „Trostlos“ um in „Traumhaft schön“.


                                                      Dann geht es hinab zum Lochan Fada. Ich laufe einen Hügel zwischen zwei Flüssen entlang.




                                                      Wieder liegen die Berge in dichtem Nebel. Würde ich auf meiner Tour noch die Gelegenheit bekommen, bei schönem Wetter einen Munro zu besteigen oder gar auf einem hohen Berg zu übernachten?

                                                      Mit Befriedigung stelle ich fest, dass ich auf dem Weg runter zum Wasser keinen einzigen geeigneten Zeltplatz finde. Alles richtig gemacht. Die Alternative am gestrigen Abend wäre ja gewesen bis zum Wasser zu laufen in der Hoffnung, dort irgendwo einen besseren Zeltplatz zu finden.

                                                      Der Lochan Fada hat durch den Wind und die Wellen fast schon ein maritimes Flair. Gefällt mir gut hier. Aber es muss weitergehen. Ich will heute bis nach Kinlochewe und das sind über 15km.


                                                      Fotos können die Stimmung an so einem See nur unzureichend ausdrücken. Ich denke ich werde am Ende noch einen Zusammenschnitt von einigen Videoszenen, von denen ich auch reichlich gemacht habe, hier veröffentlichen.

                                                      Ich entschließe mich, am linken Seeufer entlang zu laufen. Der Wind ist stark. Der Boden ist hügelig.


                                                      Auf und ab, hoch und runter. Macht euch das bewusst wenn ihr eine Schottland-Tour plant: Auf der Karte sieht der Weg unten am Wasser easy aus. Aber ohne Wanderwege macht man auch auf einer Ebene doch so einige Höhenmeter.


                                                      Blick von der nördlichen Seeseite zurück nach Westen




                                                      Typische wegelose Landschaft an Seen in Schottland. Ständiges Auf und Ab

                                                      Um eine Pause zu machen bin ich gezwungen, mir einen großen Felsen zu suchen der mich etwas vor dem Wind abschirmt. Sonst würde einen der Wind zu schnell auskühlen lassen. Es ist eben doch noch März, auch wenn ich bislang was Schnee angeht ziemliches Glück zu haben scheine.



                                                      Schließlich komme ich am östlichen Ende des Lochan Fada an. Die Ebene in Richtung Norden sieht auch sehr spannend aus – es geht leicht bergauf, mit einigen interessanten Bergen drumherum. Von Kinlochewe hierhin und dann dort herumsteigen erscheint mir ein taugliches Ziel für Wanderer, die vielleicht nur eine Nacht draußen verbringen wollen.











                                                      Ich komme an mehreren Stränden vorbei. Als ich diese schon fast direkt vor mir habe muss ich nochmal einige 100m Umweg laufen, weil der Lochan Fada einige Ausläufer in nördlicher Richtung hat, über die man nicht rüberkommt.

                                                      Die Strände sind wunderschön - endlich finde ich mal einen guten Zeltplatz. Einzig und allein – es ist noch zu früh am Tage. Auch das Zelt aufschlagen und einen Berg besteigen macht in diesem Nebel leider keinen Sinn. Schade.

                                                      Um hier dennoch nicht einfach vorbeizurennen mache ich hier Mittagspause und mache mir eine heiße Suppe. Es hat aufgehört zu regnen und auch ein paar Sonnenstrahlen kommen durch. Ein toller Ort!


                                                      Die Welt ist schön!

                                                      Dann geht es zum Tal runter nach Kinlochewe. Hierfür muss ich noch den Abfluss überqueren. Bin schon gespannt ob ich da problemlos rüberkomme, jedenfalls mache ich mir darüber vorher reichlich Gedanken und überlege schon, statt über den Fluss zu waten den östlichen Berg zu besteigen. Das wäre eine wahnsinnig dämliche Idee gewesen, da man von dort nur unter großen Schwierigkeiten runter zum Wasser gekommen wäre. Ich folge sinnvollerweise stattdessen dem Wanderpfad auf der linken Seite des Flusses.





                                                      Der Fluss ist am Abfluss recht breit und hat auch eine ordentliche Strömung, dennoch komme ich mit meinen Neoprenschuhen gut rüber. Das Wasser ist eiseskalt, gut dass man zwischendurch mal auf einen größeren Stein treten kann.

                                                      Wer jetzt – wie ich – erwartet, dass der Wanderweg durch das Tal am Fluss entlang geht wird sich wundern: Obwohl der Fluss direkt bergab geht, geht der Wanderweg höher und höher. Später zeigt sich auch warum – von rechts kommt noch ein Bach der sich ebenfalls recht tief in den Felsen geschnitten hat.

                                                      Erstmal bergauf

                                                      Der Wanderweg – auf den ich ab dem östlichen Ende des Lochan Fada gestoßen bin – ist gut ausgebaut und bis auf eine recht felsige Stelle eigentlich nicht zu verlieren.












                                                      Nach einigen Kilometern geht’s dann endlich bergab und runter zum Fluss. Irgendwann zeigt sich auch der Loch Maree. Das Wetter bleibt trübe.










                                                      Dann geht es über eine sehr vertrauenserweckende Brücke – fachgerecht repariert – hinüber.




                                                      Wer denkt, man wäre jetzt ja schon fast in Kinlochewe, der täuscht – es sind noch ca. 5km Wegstrecke zu bewältigen. Die Natur hier ist erstaunlich – und komplett anders als alles was ich bisher auf der Tour erlebt habe. Rechts von mir gibt es zahlreiche Ausläufer des Flusses und auf den Bänken zwischen den Flussarmen stehen zahlreiche Bäume.








                                                      Und noch etwas fällt auf – es gibt hier UNFASSBAR viele Hirsche / Rehe. Ich denke auf den 5km dürfte ich um die 60-80 Stück gesehen habe. Immer wieder biege ich um Ecken – und auf einmal nehmen einige Tiere panisch Reißaus, die scheinbar um dieses Jahreszeit überhaupt nicht mit Wanderern rechnen.

                                                      Einmal entscheidet sich eines der Tiere „Auf der Flucht“ den Fluss zu durchqueren. Ich bleibe Stehen um ihm mehr Zeit zu geben, aber er blickt sich gar nicht um. Und ich finde es wahnsinnig amüsant, dem Hirsch dabei zuzusehen, wie er – wie ein Mensch – vorsichtig ein Bein vor das andere setzt, um über den Fluss zu kommen. Ein Grund mehr, meine Ausrüstung durch eine Hochwertige Kamera zu vervollständigen.

                                                      Mittlerweile ist es schon recht dunkel geworden. An Bächen gibt es – Ende März – so einige Stechmücken/Fliegen. Ich weiß nicht ob es Midges waren oder etwas anderes, aber jedenfalls haben die mich in Schwärmen verfolgt.

                                                      Die letzten paar Kilometer waren überaus anstrengend, ich war körperlich ordentlich am Ende. Man ist in einem „Weiterlaufen“ Modus, hat nur das Ziel im Sinn. Macht man Pause fällt es extrem schwer, sich danach wieder aufzuraffen weiterzulaufen, die Beine und Füße gehorchen einem kaum noch.

                                                      Als ich in Kinlochewe ankomme ist die Sonne schon untergegangen und es ist duster.






                                                      Auf dem Weg zum Kinlochewe Hotel komme ich immer wieder an einsam stehenden Häusern mit viel Platz drumherum vorbei. Der erste Mensch den ich seit 4 Tagen sehe ist der Hinterkopf einer älteren Dame, die in ihrem Wohnzimmer sitzt und Fernsehen schaut. Und wieder philosophiere ich herum – wie anders, wie einsam ist das Leben hier? Gerade wenn man in einem Alter ist, in dem man keine großen Strecken zu Fuß mehr zurücklegen kann – manch einer wohnt in einer Großstadt, manch anderer hier, in einem Dorf, in einer der remotesten Gegenden Schottlands. Es ist doch immer wieder einprägsam, wie verschieden man sein Leben gestalten kann.

                                                      Ein wenig nervös betrete ich das Kinlochewe Hotel – ein Glück, mein Paket mit 4kg Essen für den zweiten Teil der Tour ist angekommen! Uff! Die ersten 4kg Essen sind, bis auf eine Tütensuppe und 20g Schokolade, alle. 2800Kcal am Tag. Erstaunlich.



                                                      Es ist schon erstaunlich. Da wohnt man in einer Großstadt – und immer wenn man Verwandte in kleineren Städten mit sagen wir 20k Einwohnern besucht denkt man: „Ach, das beschauliche Kleinstadtleben“. Kommt man aber nach 6 Tage Wildnis und 4 Tagen ohne Menschenkontakt in ein Dorf mit ein paar 100 Einwohnern denkt man: „Zurück in der Zivilisation!“.


                                                      Ich poste ja eigentlich keine Fotos von meinem Essen, aber nach 6 Tagen Maggi-Tütensuppen kann man ja mal ne Ausnahme machen...

                                                      Dann geht’s ins Bunkhouse, Fotos dazu beim morgigen Tag. 20 Pfund pro Nacht wenn ich mich richtig erinnere. Das Bunkhouse habe ich – wie könnte es um dieses Jahreszeit anders sein – für mich allein.

                                                      Der Tag war anstrengend und ich habe mir die Hacken ordentlich wund gelaufen. Trotz des trüben Wetters ein guter, wenn auch sehr langer und anstrengender, Tag. Im zweiten Teil der Tour würde ich das Tal in westlicher Richtung durchschreiten und zur Bothy „Craig“ an der Küste laufen.

                                                      Mit dem ersten Teil der Tour bin ich außerordentlich zufrieden: Ich habe meine ursprüngliche Planung - bis auf die Besteigung des A'Mhaigdean - durchgezogen, war in 2 Bothys, hatte einen entspannter Tag in der Bothy, habe zweimal im Zelt übernachtet an wunderschönen Seen, statt Abhängigkeit von Wegen bin ich mittlerweile ständig wegelos unterwegs - ohne mich dabei unwohl zu fühlen -, ich habe GPS und Kompass tatsächlich zur Orientierung gebraucht, habe eine anspruchsvolle Flussdurchquerung absolviert und das Gefühl von Wildnis und Einsamkeit wie es für Menschen jahrtausendelang normal war - und aus unserem heutigen Städteleben komplett verbannt ist - durchlebt.

                                                      Auf der Liste standen also noch: Besteigung eines Munros, erleben von schönem Wetter, Übernachtung auf einem Berg, Küsten-Feeling. Und vielleicht mal ein bisschen Gesellschaft und ein schönes Kaminfeuer. (und natürlich eine Flasche Whisky kaufen!)
                                                      Zuletzt geändert von Freedom33333; 12.05.2019, 18:03.

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                                                        • 03.06.2013
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                                                        #28
                                                        AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                        Jemand ne Idee woran das gelegen haben könnte? Temperaturen waren um 0 Grad. Der Schlafsack soll eigentlich -10 abdecken und ne Frostbeule bin ich eigentlich nicht. Hat mich schon sehr gewundert.
                                                        Schoener Bericht! Danke!

                                                        Zum Thema Zitat: Kann an vielem liegen. Bei mir passiert das immer, wenn ich nicht genug gegessen habe. Mein Schlafsack fuer Schottland geht bis -20, meine Matte hat R-Wert 4. Ich muss immer peinlich darauf achten, dass ich regelmaessig Mahlzeiten und Snacks zu mir nehme, obwohl ich nicht unter Diabetes leide. Alles ausserhalb der normalen Belastung muss bei mir sorgfaeltig geplant werden, und dann muss ich leider nach Plan futtern, ob ich mag oder nicht. Fuer kleine Notfaelle, habe ich entweder Kinderschokolade oder Dextro-Engeren dabei, um den Laden schnell mal zum laufen zu bringen. Meine langfristige Loesung ist aber mich permanent an den - fuer mich persoenlich ausgedachten- Essensplan zu halten.

                                                        Ich will dich hier nicht diagnostizieren - kann ich gar nicht - sondern eine Erfahrung mitteilen, die vielleicht helfen kann. Und wenn nicht, dann vergiss es einfach.

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                                                          #29
                                                          AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                          Zitat von Heather Beitrag anzeigen
                                                          Schoener Bericht! Danke!

                                                          Zum Thema Zitat: Kann an vielem liegen. Bei mir passiert das immer, wenn ich nicht genug gegessen habe. Mein Schlafsack fuer Schottland geht bis -20, meine Matte hat R-Wert 4. Ich muss immer peinlich darauf achten, dass ich regelmaessig Mahlzeiten und Snacks zu mir nehme, obwohl ich nicht unter Diabetes leide. Alles ausserhalb der normalen Belastung muss bei mir sorgfaeltig geplant werden, und dann muss ich leider nach Plan futtern, ob ich mag oder nicht. Fuer kleine Notfaelle, habe ich entweder Kinderschokolade oder Dextro-Engeren dabei, um den Laden schnell mal zum laufen zu bringen. Meine langfristige Loesung ist aber mich permanent an den - fuer mich persoenlich ausgedachten- Essensplan zu halten.

                                                          Ich will dich hier nicht diagnostizieren - kann ich gar nicht - sondern eine Erfahrung mitteilen, die vielleicht helfen kann. Und wenn nicht, dann vergiss es einfach.
                                                          Das kann natürlich sein. Die Belastung am Tag davor war recht krass und soweit ich mich an den Abend erinnere war ich nach der Zeltsuchaktion so durch, dass ich das Abendessen mehr oder weniger ausgelassen habe.

                                                          Wobei ich halt doch eigentlich von einem WM Antelope erwarten würde, dass er bei 0 Grad solchen Dingen zum Trotz ausreicht. Die Therm a Rest Apex soll ja eigentlich auch einen R-Wert von 4,0 haben, müsste also ausreichen (Die hatte ich mir vor der Tour erst angeschafft, da fehlen mir also Erfahrungswerte noch völlig)

                                                          Wobei hinzukommt, dass ich eigentlich Bauchschläfer bin. Irgendwo im Forum habe ich mal gelesen, es wäre bei kalten Temperaturen erforderlich, auf dem Rücken zu liegen. Wobei ich noch nicht ganz verstanden habe, wieso.

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                                                            • 09.09.2017
                                                            • 900
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                                                            AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                            Als ich am nächsten Morgen aufwache steht der Entschluss fest: Ich bleibe noch einen Tag hier. Die letzten 6 Tage waren anstrengend, meine Klamotten sind teilweise nass, teilweise möchte ich sie auch einfach mal waschen. Die Gelegenheit, irgendetwas zu trocknen, hatte ich in den letzten Tagen nicht.Dafür bräuchte es Sonne oder jedenfalls einen windigen Tag ohne Regen.

                                                            Schon am Abend des Tages davor hatte ich angefangen, meine Klamotten im Waschbecken zu waschen. Immerhin gibt es reichlich Heizungen im Bunk House. Wäre es Sommer und der Laden wäre voll, gäbe es wahrscheinlich einen regelrechten Kampf um die Heizungen. Ich habe Glück und habe diese für mich.

                                                            Der "Trockenraum" im hinteren Bereich ist meiner Meinung nach ein wenig sinnlos. Dort kann man zwar Klamotten aufhängen und es steht auch ein wuchtiger Luftentfeuchter herum, es fehlt aber an einer Heizung. Der Luftentfeuchter wird wohl kaum die Nässe aus den Klamotten ziehen.

                                                            Auch mit allen Heizungenzieht sich das Trocknen hin - die Heizungen scheinen am Tag 4-6mal an und auszugehen. Abends an, nachts aus, vormittags an, mittags aus, früher nachmittag an,
                                                            später nachmittag aus. Komisch.



                                                            Auch mein Zelt kommt mal zum Trocknen


                                                            In Kinlochewe gibt es einen Lebensmittelshop, die Auswahl ist in Ordnung. Eine einzige (!) Schraubkartusche hätte der Shop im Angebot gehabt, ansonsten reichlich Stechkartuschen. Meine Schraubkartusche ist allerdings noch 2/3 voll, also belasse ich es bei dieser. Die Auswahl des Ladens ist ok, man hätte hier durchaus Lebensmittel kaufen können. Dennoch würde ich empfehlen es wie ich zu machen und ein Lebensmittelpaket ins Hotel zu schicken. Gerade wenn man Lebensmittel mit hoher Energiedichte und wenig Brennstoffverbrauch haben will.

                                                            Vergleiche mein Thread im Vorbereitungs-Unterforum, da hatte ich reichlich Tipps zu der Gegend von DasBushBaby, Meer Berge, Borderli, Osprey67 und weiteren bekommen, die wohl auch alle schon hier waren.


                                                            Gemüse und Obstauswahl. Ich erwische leider eine Orange die schon etwas hart geworden ist.

                                                            Der Shop in Kinlochewe hat übrigens Montag bis Samstag auf und das sogar jeweils recht lang – wenn man im Internet sucht findet man nur die Öffnungszeiten des Post office und wundert sich, dass der Laden nur 2h am Tag auf hat, das gilt aber nur für das Postoffice.

                                                            Ich finde es ungemein witzig, zu sehen, wie die Dorfbewohner einkaufen kommen und jeder jeden kennt. Wer an einem Ort wie hier einmal seinen Ruf ruiniert, der kann eigentlich gleich umziehen.


                                                            Endlich mal wieder etwas essen, was nicht nach Energiedichte ausgesucht worden ist...

                                                            Ich beschließe, mir ein Paket nach Deutschland zu schicken und einiges an überflüssigem Gewicht loszuwerden. Insbesondere bzgl. meinem überdimensionierten Erste-Hilfe Set (wer braucht bitte ein Dreieckstuch, 100g, 6 sterile Kompressen usw.). Vor allem aber will ich mir meine Grödel – immerhin 450g – nach Hause schicken. Schnee hatte ich bisher kaum und auch die Betreiber des Hotels erzählen mir, dass man solche im Moment nicht bräuchte.
                                                            Insgesamt komme ich so auf ca. 800g. Anstatt die vormittags noch schnell zum Postoffice zu bringen, entscheide ich mich, das am nächsten Morgen zu machen, da hat die Post ja auch offen. Leider im Nachhinein eine seehr schlechte Entscheidung.

                                                            Ich bin mit den durchstandenen Abenteuern eigentlich schon reichlich zufrieden und will es die nächsten Tage entspannt angehen lassen. Insbesondere beabsichtigte ich, in 2-3 Tagen nach Craig an die Küste zu laufen und dort ein paar entspannte Tage zu verbringen. Und was gehört zu Schottland dazu? Richtig, Whisky! Eigentlich hätte mir ja eine 350ml Flasche vollumfänglich genügt. Leider gibt es im Laden nur 0,7ner Flaschen. Mist! 1,3kg!

                                                            Aber was solls, ich bin im Urlaub. Und treffe daher eine – im Nachhinein ziemlich irrationale (Witzigerweise am Ende aber doch richtige, ich sollte sie noch gut gebrauchen können) vorerst dumme Entscheidung: Ich kaufe mir eine Flasche Whisky.

                                                            Zur Auswahl stehen Glenfiddich, Glen Keith, Jura 10 und The Singleton. Ich entscheide mich für letztere. Und verbringe so einen entspannten Abend.



                                                            Erstaunlicherweise regnet es an diesem Tag nicht nur – es schüttet in einer Intensität und Dauer, dass ich froh bin, heute einen Erholungstag eingelegt zu haben.

                                                            Und ich denke mir: Ich hatte bisher in Schottland mit dem Wetter so viel Pech – heute und hier nimmt Schottland Rücksicht auf mich und haut das ganze Wasser gerade an dem Tag raus, an dem ich eh nicht unterwegs bin. Etwa ein gutes Omen für die nächsten 2 Tage, an denen ich an einigen attraktiven Bergen vorbeikommen würde`?

                                                            Was für Pläne hatte ich für den nächsten Tag? Keinen festen. Ich wollte binnen 2 bis 3 Tagesmärschen zur Hütte Craig. Das waren etwa 28km wegelos durch ein doch recht nass aussehendes Tal. In einem Reisebericht von Bernieeh aus dieser Gegend, der mich doch sehr inspiriert hatte, war dieser mit zwei anderen ebenfalls durch dieses Tal gelaufen, wenn auch in der anderen Richtung. Dabei hatten die drei einen der Hügel bestiegen und eine fantastische Aussicht gehabt. Also wollte ich jedenfalls auf einen der Berge rauf.

                                                            Deren extrem schöne Aussicht vom A Mhaigdean, den ich deshalb unbedingt machen wollte, war mir wetterbedingt ja leider versagt geblieben.


                                                            PS: Ich werde es heute wohl nicht mehr schaffen mit dem nächsten Tag, aber ein Foto will ich schonmal als kleinen Vorgeschmack geben da die anderen Fotos heute nicht so spektakulär waren

                                                            Zuletzt geändert von Freedom33333; 03.05.2019, 17:24.

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                                                              • 20.01.2015
                                                              • 539
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                                                              #31
                                                              AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                              Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                              Ich beschließe, mir ein Paket nach Deutschland zu schicken und einiges an überflüssigem Gewicht loszuwerden.
                                                              Hihi, kommt mir irgendwie bekannt vor.

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                                                                • 09.09.2017
                                                                • 900
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                                                                AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                Samstag, 30.4.19. Der bislang spektakulärste Tag der Tour. Kinlochewe bis Gipfel Meall a Ghiuthais.

                                                                Am nächsten Morgen packt mich dann wieder die Abenteuerlust und ich will weiter. Nach dem Einpacken noch schnell zum Post Office und das Paket wegschicken. Als ich dort ankomme und frage, was es denn kostet, höre ich auf einmal ein „It is not working again“. To make a long Story short: Das ist Schottland. Ein Dorf. Ein Supermarkt, in dem die Inhaber 2 Stunden am Tag über einen PC Postmarken drucken können, bevor einmal an Tag ein Auto die Post einsammelt. Und der Rechner wollte an diesem Tag nicht funktionieren. Würde öfters passieren!

                                                                Da stand ich Trottel nun. Mit dem gesamten aussortierten Gewicht und zusätzlichen 1,3kg einer Whiskyflasche. Es half nichts – was ich verschmerzen konnte warf ich weg bzw. ließ es im Bunkhouse, den Rest musste ich wieder mitschleppen. Nach einem kurzen Gespräch holte mir ein Mann, der gerade sein Auto putze, noch ein Imprägnierspray, sodass ich meine Stiefel nochmal einsprühen konnte. Die Menschen in Schottland sind so nett und hilfsbereich, es ist immer wieder toll .

                                                                Dann ging es, dem Wanderweg folgend, nach Westen. Und das Wetter – was soll ich sagen. Klar gab es auch ein paar Wolken, aber die Sonne schien die letzten paar Tage aufholen zu wollen und schien mir fröhlich ins Gesicht. Schottland war auf meiner Seite!







                                                                Nach vorne konnte man zwei Berge bzw. Bergformationen entdecken: Rechts den Meall A Ghiuthais (das scheint Bayrisch zu sein und soll heißen, dass der Berg gut heißt)



                                                                und links den Creag Dhubh der übergeht in den Sgur Ban, das in der Mitte bzw. weiter rechts relativ alleinstehend dürfte dann der Ruadh-stac Beag sein.



                                                                rechts der Ruad-stac Beag, links der Crag Dhubh





                                                                Der Creag Dhubh wäre ggf machbar gewesen, allerdings sahen die Berge im Südwesten alles andere als leicht aus. Die Karte zeigte überall Punkte, die ich auf der Erläuterung als Geröllfelder identifizierte.

                                                                Der Meall a Ghiuthais dagegen sah deutlich besser zu machen aus, insbesondere da dessen Ostflanke keine Geröllfelder zu haben schien. Also entschied ich mich, dem Pfad nach rechts zu folgen und diesen Berg zu besteigen.


                                                                Blick zurück vom Fuß des Berges

                                                                Als sich endlich der Fuß des Berges nähert war ich auf der Suche nach einer trockenen Stelle, um meinen Rucksack abzulegen. Gerade durch das jetzt sehr hohe Gewicht wäre es definitiv irrational, den Rucksack mit da hochzuschleppen. Auch hatte ich zur Tourvorbereitung im Forum gefragt und andere hatten mir berichtet, dass sie entweder ihre Zelte stehen ließen oder ihren Rucksack irgendwo in der Landschaft deponierten um einen Berg zu besteigen.

                                                                Hier könnte man ihn hinlegen...aber da vorne sieht besser aus...oder da?...da hinten jedenfalls.



                                                                Ich konnte und konnte mich nicht dazu durchringen, meinen Rucksack hier in der Landschaft rumliegen zu lassen und auf den Berg zu steigen. Man müsste ewig überlegen, was alles mitmuss. Es widerstrebte mir extrem, meine gesamte Ausrüstung einfach hier liegen zu lassen. Und hatte ich nicht – irgendwo da hinten, im Hinterkopf, immer noch die Absicht, auf einem Berg zu campen? Mit richtig schöner Aussicht?

                                                                Ich entschied mich also um und stiefelte mit der gesamten Ausrüstung der Berg nach oben. Es war steil. Teils geröllfeldartig, aber insgesamt recht gut machbar. Aber eben wirklich steil. Für mich eine Herausforderung. Einen Wanderweg oder auch nur einen Pfad konnte ich nicht erblicken. Ich hatte Rückenwind, das kam mir sehr gelegen. Wind von vorne wäre bei so einem Aufstieg ein echtes Problem. Schon das Rucksack abstellen um eine Pause zu machen ist alles andere als leicht, bzw. die Standfestigkeit beim Versuch, den Rucksack danach wieder auf den Rücken zu bekommen.




                                                                Imme wieder blickte ich nach links, in das Tal zwischen dem Creag Dhubh und dem Ruadh-Stac Beag. Es war einer der schönsten Anblicke meiner Tour. Ich bin mir nicht sicher, aber ich bildete mir ein, dass man in einem windstillen Moment das ferne Rauschen des Wassers aus diesem Tal hören kann. Wie sich der Fluss den Weg von oben rechts herab bahnt – einfach nur majestätisch! Auch diese unglaublich felsige Landschaft ist für mich noch neu.





                                                                Nach einer Weile stoße ich endlich auf eines der Schneefelder, die ich von weiter unten schon gesehen habe. Schnee! Endlich! Ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd, endlich auch „Durch Schnee stapfen“ von meiner Liste streichen zu können.


                                                                Der Weg zur Spitze ist immer steinig.

                                                                Dann geht es weiter bergauf. Kurz bevor ich den Gipfel erreiche stoße ich auf eine recht ebene Stelle.

                                                                Könnte man nicht??? Aber, hier oben? In dem Wind? Auf ca. 800m? Ich hatte zwar in Deutschland schon mal auf 1900m gecampt, aber da war es windstill und ich hatte eine von Sträuchern umgebene gesenkte Stelle gewählt. Das hier war von drei Stellen dem Wind ausgesetzt.

                                                                Aber diese Aussicht...und eine trockene, recht ebene Stelle!

                                                                Ich haderte mit mir. Das war neu. Das war eine weitere Grenze. Wohl war mir nicht. Ich verschob die Entscheidung und bestieg das Geröllfeld bis zum Gipfel. Mit Geröllfeldern hatte ich bislang keine Erfahrungen.


                                                                Dann erstmal rechts entlang. Aussicht schon von der „Mitte“ des Berges top, runter zum Loch Maree.

                                                                Als ich schließlich ganz oben ankam war die Aussicht einfach nur atemberaubend.


                                                                Blick nach Westen, rechts der Beinn a Chearcaill, der oben sehr flach ist und links der Ruadh Stac Mor






                                                                Blick nach Nordosten zur anderen Spitze des Berges


                                                                Blick zurück in die Richtung aus der ich komme, also Südost. Links im Bild der Loch Allt an Daraich


                                                                links der Ruadh-stac Beag, rechts der Ruad-stac Mor

                                                                Aber der Wind! Sturm! Die Stelle an der ich davor war war regelrecht windstill im Vergleich! Hier wehte von der Küste ein solcher Wind, ein solcher Sturm, dass ich es keine 2 Minuten auf dem Gipfel ausgehalten hätte.

                                                                Netterweise haben irgendwelche Wanderer hier aber einen regelrechten Schutzwall in Richtung der Küste aufgebaut. Und hinter diesem ist es nahezu windstill. Ich kann es kaum fassen, aber ich kann es mir auf dem Gipfel „bequem“ machen (auf spitzen Steinen, aber halt windgeschützt). Ich mache mit meiner Kamera ein 90 sekündiges Video und nehme dafür die Hände aus den Handschuhen. Nach dieser kurzen Zeitspanne gehorchen mir die Finger schon fast nicht mehr. Es hat schon seinen Grund, dass es hier so viel Eis gibt.

                                                                Ich schaue auf die Karte, genieße die Aussicht, gönne mir etwas Schokolade – und beschließe, es zu wagen. Ich muss!

                                                                Also zurück zur ebenen Fläche.

                                                                Ich erinnere mich an ein Video vom Hilleberg Unna, wie es jemand auf über 3000m auf einem Gipfel im Sturm abgespannt hat. Umgeben von einer Schutzwall aus Steinen. Auch ist es erst 15.00 Uhr und vom Rumsitzen wird einem schnell kalt. Also warum nicht? Ich beginne mir aus Steinen einen „Schutzwall“ zu bauen. Das dauert. Und ist anstrengend. Mehr als einen Stein auf einmal kann man nicht transportieren. Aber: Dadurch wird einem warm. Und so verbringe ich denn über 2 Stunden damit, einen Schutzwall zu bauen.




                                                                Camp auf 800m

                                                                Wer weiß, vielleicht spricht sich dieser „Zeltplatz“ ja herum und wenn ich in ein paar Jahren nochmal vorbeikomme, ist die Mauer erweitert worden? Oder die Leute denken, die Steine würden hier schon seit 100 Jahren liegen.



                                                                Was mich wieder herumphilosophieren lässt. Dieser Schutzwall oben auf dem Gipfel – man fragt sich, wie alt er ist. Als junger Mensch denkt man als erstes: Naja, ein paar Jahre wird er schon alt sein. 2014, vielleicht 2010. Aber wer weiß – vielleicht ist er schon Jahrzehnte alt? Oder Jahrhunderte? Vielleicht wurden die Steine ja schon im 18ten Jahrhundert von irgendwelchen Wanderern aufgetürmt?

                                                                (Oder vor ein paar Tagen, wie der von mir gestartete Schutzwall).

                                                                Letztlich dient die Mauer mir zu drei Zwecken:
                                                                (1) hält mich die körperliche Beschäftigung warm.
                                                                (2) ging ich davon aus, dass es gegen etwaigen stärkeren Wind in der Nacht hilft, da dieser nicht in einem flachen Winkel unters Zelt fahren und Heringe ziehen kann sondern er spitz von weiter oben auftrifft und damit weniger effektiv. Soweit meine Theorie.
                                                                (3) bietet mir die Mauer auch psychologisch einen gewissen „Schutz“ gegen die für mich völlig neue Situation. Alleine, mal wieder.



                                                                Blick nach Süden, was für eine steinige Landschaft









                                                                Als ich schließlich mit meinem Werk zufrieden bin und mein Zelt aufgebaut habe, gönne ich mir erst mal einen Schluck Whisky. Den habe ich mir verdient.

                                                                Dann stelle ich fest – mein Wasser ist fast alle. Aber was gibt es auf einem Gipfel nicht? Richtig, Wasser! Mist. Schnee schmelzen? Dazu fällt mir ein Zitat aus „So weit die Füße tragen“ ein. „Aber auch viel geschmolzener Schnee gibt nur sehr wenig Wasser“. Brennstoffverbrauch viel zu hoch.

                                                                Also mache ich mich nochmal zu einer kleinen Tour auf und suche Wasser. Ich laufe zum Vorgipfel auf der nördöstlichen Flanke, kann aber nichts finden.


                                                                Blick zum Loch Bhanamhoir




                                                                Loch Maree östliches Ende. Aus dem Tal bin ich vorgestern abend gekommen. Das Wetter ist top, die Sicht weit.



                                                                Bis runter ins Tal will ich auch nicht. Außerdem scheint es fast überall bergab nur über Geröllfelder zu gehen.


                                                                der dunkle Fleck auf der ebenen Fläche ist mein Zelt

                                                                Als ich mich schließlich schon damit abgefunden habe und Schnee in meine Trinkblase geschaufelt habe und auf dem Rückweg zum Zelt bin – da, klingt das nicht wie Plätschern? Innehalten...ne doch nicht. Weiter. 10 Sekunden später: Doch, das MUSS Wasserplätzern sein.


                                                                Und tatsächlich finde ich schließlich, ein paar 100m vom Zelt entfernt, eine Wasserquelle. Top! Und so gibt es an dem Abend doch noch was Anständiges zu Essen.




                                                                Als die Sonne untergeht, mache ich mich nochmal in Richtung Gipfel auf. Und versuche mir vorzustellen, dass die Sonne gar nicht untergeht sondern fest am Himmel steht und der Boden, auf dem ich stehe, sich rückwärts dreht. Ich stelle mir für morgen früh einen Wecker. Wenn ich schon auf dem Gipfel den Sonnenuntergang sehe, dann will ich auch am nächsten Morgen auf der anderen Seite des Sonnenaufgang anschauen!



                                                                Sonnenuntergang im Westen

                                                                Ein Wandertag der ganz meinem Motto entspricht: Der Weg ist das Ziel. Wenn ich eine Stelle finde, die mich einfach nur umhaut, dann kann ich auch einfach dableiben und mein Zelt aufstellen. Schließlich bin ich im Urlaub! Und auf einem Gipfel campen stand auf meiner Liste mittlerweile ganz oben.

                                                                Ich bin dankbar für das tolle Wetter, die weite Sicht, dankbar dafür, hier oben diese fantastische Aussicht haben zu dürfen und einen Platz für mein Zelt gefunden zu haben. Und bin rumdum glücklich. Alleine, hier oben auf dem Gipfel – einfach atemberaubend!

                                                                Bislang der spektakulärste Tag meiner Tour.

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                                                                • codenascher

                                                                  Lebt im Forum
                                                                  • 30.06.2009
                                                                  • 5064
                                                                  • Privat


                                                                  #33
                                                                  AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                  Solche Mauern/ Schutzwälle findest du auf vielen Bergen Schottlands. Ob das unbedingt Wanderer waren, oder vielleicht sogar viiiiiel früher Hirten? Ich weiß es auch nicht, denke aber mal dass zweitere sicherlich ihren Beitrag dazu geleistet haben.

                                                                  Zum Bericht:
                                                                  klasse und detailliert beschrieben, ich weiß eigentlich immer wo du lang bist, bzw. musste bei zwei Seen kurz Mal auf die Karte linsen. Symphatische ehrliche Schreibe, schön viele Bilder. Danke, gerne mehr!
                                                                  Und natürlich Glückwunsch zu deinem ersten Munro

                                                                  Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                                                                  meine Weltkarte

                                                                  Kommentar


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                                                                    Dauerbesucher
                                                                    • 09.09.2017
                                                                    • 900
                                                                    • Privat


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                                                                    AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                    Sonntag, 31.03.2019: Meall a Ghiuthais bis Ruadh-stac Mor. Oder: Auch wenn man einen Munro besteigen will, sollte man Geröllfelder nicht unter Zeitdruck bergauf klettern.

                                                                    Morgens klingelt mein Wecker recht früh – viel zu früh. Mag sein dass die Sonne um eine bestimmte Uhrzeit aufgeht, aber diese dürfte nur dann gelten, wenn man etwa auf den Meeresspiegel schaut. Ist der Horizont dagegen bergig, dauert es noch ein Weilchen.



                                                                    Ich habe keine Ahnung, wie einige hier im Forum es hinbekommen haben, epische Fotos von ihren Zelten in der Dunkelheit zu machen, teilweise mit Sternen am Himmel – wahrscheinlich mit einer Spiegelreflexkamera und irgendwelchen besonderen Einstellungen? Der Wille zählt: Ich quäle mich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt aus dem Schlafsack und mache dieses Foto hier.


                                                                    Nach einiger Zeit geht dann endlich auch die Sonne am Horizont auf. Am selben Ort Sonnenaufgang & Sonnenuntergang anschauen – und sich vorstellen, dass die Erde sich gerade einmal gedreht hat – einfach episch. Ich lege mich trotzdem nochmal ein bisschen schlafen bevor es dann losgeht.


                                                                    Der Blick auf das Zelt zeigt erwartungsgemäß einigen Reif.

                                                                    Planungstechnisch hatte ich bereits am Vorabend zwei mögliche Routen für mich ausgemacht.:

                                                                    Option A war, durch das Tal und auf den Beinn a Chearcaill. An diesem reizte mich seine unglaubliche Flachheit auf ca. 700m, es handelte sich ja trotz allem nicht etwa um eine von höheren Bergen begrenzte Hochebene, sondern um einen in der Landschaft stehenden Berg.

                                                                    Option B war, das Tal zu kreuzen und zum Loch Coire Mhic Fearcher zu laufen. Dieser war in zwei Reiseberichten aufgetaucht, die ich gelesen hatte: Einmal im Reisebericht von Bernieeh, der mit seinen Kumpels zwar zum See hinaufgestiegen war, die dort aber nicht campen konnten, weil es zu nass war und einmal von Borgman, der ebenfalls im März durch dieses Tal gelaufen war, den See aber wegen schlechten Wetters und reichlich Schnee ausgelassen hatte (so wie ich den Fuar Loch Mor wegen Nebel ausgelassen hatte).

                                                                    Aber ich habe heute traumhaftes Wetter! Kein Regen in Sicht, wärmende Sonnenstrahlen, und so entscheide ich mich für Option B.




                                                                    Mein zurückgelassenes Werk! Komplett von mir errichtet. Wenn mal jemand vorbeikommt, erwähnt mich

                                                                    Dann geht es zur westlichen Flanke des Berges, bei der ich mich etwas weiter nördlich halte, um die auf der Karte angezeigten Klippen zu umgehen.



                                                                    Dennoch ist der Abstieg alles andere als leicht – Steine, die immerhin fest verankert sind und eine gewisse Größe haben. Das Moos und der Schnee zwischendurch können aber immer mal nachgeben – nicht gerade angenehm. Als ich nach ca. 15min das Geröllfeld hinter mir gelassen habe schaue ich nach oben und bin über mich selbst ein wenig erstaunt.


                                                                    Hier bin ich gerade alleine mit vollem Gepäck runter. Mein erstes "Geröllfeld" das ich jemals bergab gelaufen bin und dann noch alleine irgendwo im Nirgendwo. Wtf*?


                                                                    Dann begegne ich einem Naturschauspiel, wie ich es selten in meinem Leben erlebt habe. Leider kann ich es nur beschreiben, ein Video werde ich ganz am Ende aber wohl mit reinschneiden. Eine flache, schräge Steinfläche. Auf dieser eine Eisschicht – und unter der Eisschicht fließendes Wasser. Das Wasser sieht man zwar nicht – aber die Luftblasen, die unter dem Eis, wie auf Straßen, ihre Bahnen ziehen. Wie Kaulquappen. Wunderschön! Ich glaube ich stand 15min an ein paar solchen Stellen und habe Luftblasen beobachtet.



                                                                    Vor mir breitet sich eine Ebene Fläche mit einigen kleinen Tümpel aus. Nach Passieren dieser Ebene kamen zahlreiche weitere, flache Ebenen, die sich mit steilen Passagen abwechselten.



                                                                    Eine tolle und wahnsinnig spannende Strecke. Hätte ich mich weiter rechts gehalten, hätte ich es zwar vermeiden können, aber ich wollte keine zu großen Umwege laufen. Und so stieß ich dann nach einiger Zeit doch noch auf ein paar klippenartige Strukturen. Nach ein paar Klettereinlagen gelangte ich bergab, danach endlich ins Tal.


                                                                    Mittig links durch die Spalten zwischen den Felsen nach unten.


                                                                    Das Wetter war unfassbar gut – strahlender Sonnenschein - und ich, alleine, in einer unberührten und einsamen Natur. Endlich mal Traumwetter in Schottland! Ich ließ mir (im Nachhinein zu viel) Zeit, trödelte herum und ging sogar im Bach (Kalt!!!) ein bisschen Schwimmen. Falls man 30 Sekunden im Wasser als Schwimmen bezeichnen mag. ;).





                                                                    Hier hielt ich mich links und lief recht nahe am Ruadh-stac Mor entlang. Zu weit links – im Tal wäre es wohl deutlich schneller gegangen. Ich tat mich mich denn auch mit dem dem Aufstieg aufgrund der Schräglage am Hang erstaunlich schwer.


                                                                    Blick zurück zum Meall a Ghiuthais, hier sieht man schön die felsartigen Ebenen


                                                                    Blick nach Norden in Richtung Loch Maree.



                                                                    Mittlerweile hatte ich beschlossen: Ich will dort heute campen. Wenn mir schon der A Mhaigdean nicht vergönnt war, den andere in dieser Gegend gemacht hatten, dann wollte ich mir wenigstens den Luxus gönnen, am Loch Coire Mhic Fhearcher zu übernachten. Und so schaute ich mich permanent um, ob und wo man hier würde das Zelt aufschlagen können. Bevor man schließlich zum See kommt, sind, soweit ich mich erinnere, zwei voneinander abgrenzbare Ebenen zu durchqueren (Bei denen man jeweils denkt, jetzt käme schon der See) bis man endlich auf der dritten Ebene (es könnte auch die vierte gewesen sein) dort ankommt. Bereits auf zwei der Ebenen hatte ich zwei – naja - Zeltplätze gefunden, auf eher nassem Untergrund, also hoffte ich natürlich auf einen Zeltplatz mit Blick auf den See.


                                                                    Wand des Sail Mhor, schon nahe am Loch Coire Mhic Fhearchair


                                                                    Blick nach Norden


                                                                    Die letzte Ebene, endlich!

                                                                    Als ich schließlich dort ankam, war es bereits 16.30 Uhr. Was für ein See! An drei Seiten umgeben von hohen Bergen. Wunderschön! (Auch wenn mich der Gorm Loch Mor ähnlich stark beeindruckt hat, der sogar noch etwas mehr von Bergen umgeben ist).


                                                                    Loch Coire Mhic Fhearchair


                                                                    Sail Mhor

                                                                    Und tatsächlich fand ich gleich mehrere Stellen an denen man auf Fels hätte campen können – was mich abschreckte, da ich das noch nie gemacht habe – und zwei halbwegs passable Stellen im Gras. Für eine davon entschied ich mich und schlug mein Zelt auf.

                                                                    Beim Zeltaufbau sah ich dann plötzlich unerwarteter Weise zwei Wanderer vom Gipfel kommen, Diese berichteten mir von ihrem Weg bergab – in einer Rinne am Ende des Tals. Außerdem erzählten sie mir vom Wetterbericht für morgen – es würde trübe werden, regnen und stürmen.


                                                                    Mist. Jetzt hier am See packte mich nämlich doch die Lust, einen Munro zu machen. Wenn man schon so nah davorsteht, dann will man da eben doch rauf. Mittlerweile war es fast 17.00 Uhr. Mein Navi zeigte mir an, dass ich noch etwa 2.20 Stunden bis zum Sonnenuntergang hatte.

                                                                    Und so warf ich meine Trinkblase, etwas zu Essen, mein Navi, Karte und Kompass (Auch die Taschenlampe war dabei!) in einen Faltrucksack und machte mich an den Aufstieg hinauf zum Ruadh-Stac Mor

                                                                    Von hier unten sah allerdings die Rinne am Ende des Tals extrem steil aus. Es schien mir deutlich sinnvoller – diesen Vorschlag hatte sogar einer der Wanderer nach meinem Einwand für sinnig befunden – an einer der grünen Stellen den Hang zu meiner linken hinaufzuklettern. Das wäre wahrscheinlich auch keine schlechte Idee gewesen. Leider war es meine Ausführung dafür um so mehr.

                                                                    Mich hatte der Ehrgeiz gepackt, ich war wie im Rausch, ich wollte auf diesen Berg! Und so marschierte ich los. Sah es ursprünglich noch so aus, als wäre man nach 10min an der Schräge, dauerte bereits der Weg dorthin einige Zeit, auch da die Steinchen auf dem Boden sich beim Näherkommen als 2-5m hohe Klotze entpuppten, zwischen denen man hindurch klettern musste.

                                                                    Schließlich stand ich endlich vor der Schräge – oder, besser ausgedrückt – vor einem Geröllfeld. Und meine Entscheidungsfindung war lausig – wegen der fortgeschrittenen Stunde wählte ich den erstbesten Weg nach oben, statt noch einige 100m weiter nach rechts zu laufen und einen der „grünen“ Streifen zu suchen. Und so ging es zwar sehr steil bergauf – aber es ging schnell. Die Stöcke waren von keinem Nutzen, vielmehr benutzte ich meine Hände wie beim Klettern. Erst an einem Felsen links entlang, an dem man sich festhalten konnte. Dann das Geröllfeld nach oben. Und was für eines! Hier lagen die Steine nicht etwa relativ fest verankert in einer Erdfläche, sondern lagen auf anderen Steinen.

                                                                    Und so musste ich – Learning by Doing – lernen, wie ein Geröllfeld aufgebaut sein kann. Steine liegen auf Steinen. Hinter großen Steinen liegen gerne mal tausende kleine Steine – die dort nur liegen, weil sie beim Herabkullern auf ein Hindernis gestoßen sind. Soweit so schlecht. Manchmal scheinen aber auch große Steine von zig kleinen Steinen begrenzt zu werden.

                                                                    Bislang ging alles gut. Ich konnte mich von mannshohem Stein zu mannshohem Stein hangeln. Doch leider wurden diese Steine immer weniger. Die Steine wurden kleiner. Und kleiner. Und kleiner. Aber der Gipfel kam auch näher und näher. Vielleicht noch 100hm. Alles wird gut. Easy, beim nächsten mal machst du es dann anders.

                                                                    Doch langsam merkte ich, dass ich eine wahnsinnig dämliche Entscheidung getroffen hatte. Wer sonst den ganzen Tag im Büro sitzt, kommt dann, am Hang, irgendwann auf den Gedanken, dass das hier nicht nur gefährlich, sondern lebensgefährlich sein kann. Ich will hier nicht eine möglicherweise ungefährliche Situation aufbauschen, ich kann es schlicht nicht einschätzen, ob es gefährlich war. Mir kam es arg gefährlich vor.

                                                                    Irgendwann trat ich auf einen Stein, den ich aufgrund seiner Größe als „safe“ betrachtet hatte, doch er rutschte weg und es löste sich eine kleine Steinlawine. Man versucht mit dem Fuß neuen Halt zu finden, und wieder löst sich eine kleine Lawine. Man belastet den anderen Fuß mehr – und auch der rutscht weg. Andere Steine rutschen von oben nach. Aber weiter oben – da liegen auch größere Steine. Die von den kleineren an Ort und Stelle gehalten werden. Schock. Angst. Was mache ich hier bitte? Aber der Blick zurück war ebenfalls nicht gerade ermutigend. Und so wagte ich mich, Schritt für Schritt, noch ein paar Meter weiter. Doch plötzlich waren sowohl vor als auch links und rechts neben mir nur noch kleine Steine. Noch kleinere, als die, auf denen ich gerade stand, Steine also, auf denen ich definitiv ordentlich einsinken würde.

                                                                    ********. In einem solchen Moment durchlebt man so einige Gefühle – und doch redet man sich immer wieder ein, dass schon alles gut gehen wird. Klar, die Alternative ist als „Das wird gleich passieren“ Situation im Kopf auch nicht sonderlich geeignet. Dennoch holte ich mein Handy raus, um zumindest jemandem Bescheid zu geben, wo exakt ich mich befinde. Kein Empfang.

                                                                    Tief durchatmen. Umschauen. Etwa 3m rechts entfernt von mir lag ein recht massiv aussehender und wohl tief im Boden verankerter Stein. Mit ein bis zwei Sprüngen würde ich diesen erreichen können. Was freilich physikalisch voraussetze, dass ich nach dem Auftreten nicht sofort einsank, sondern mich, bevor die Steine wegrutschten, wieder abstoßen konnte. Die Alternative, da den Fuß drauf zu setzen, erschien mir in Anbetracht der Schräge und der Größe der Steine nicht sinnvoll. Falls das die bessere Option gewesen wäre, freue ich mich über Feedback fürs nächste mal.

                                                                    Nach weiteren 5 Minuten abwägen aller Optionen entschied ich mich dafür. Nahm all meinen Mut zusammen, holte tief Luft und sprang mit zwei Sätzen hinüber. Meine Planung ging auf – es löste sich zwar eine sehr ordentliche Steinlawine – teils rollten Steine 3m über mir bis etwa 5m unter mir – aber ich erreichte mit dem zweiten Satz den großen Brocken und den sich anschließenden grünen Streifen. Uff!


                                                                    Blick zurück. Der Flache Stein in der Mitte war mein "Rettungsanker", nachdem ich mich ein paar Meter weiter hinten verstiegen hatte. Rückblickend war ich wohl eine der ungünstigsten Strecken bergauf geklettert.

                                                                    Die letzten Meter zum Gipfel waren leicht, auf festem Untergrund. Wahnsinn. Wie man plötzlich dankbar für den typischen schottischen Boden sein kann – einfach weil er fest ist und nicht wegrutscht.






                                                                    Blick nach Südwest zum Coinneach Mhor


                                                                    Ich hatte noch etwas über eine Stunde bis zum Sonnenuntergang. Und so hechtete ich die letzten paar 100m zum Gipfel des Ruadh-Stac Mor (1010m) hinauf – erstaunlicherweise ist dieser Berg oben recht flach. Hier könnte man sogar campen, genug Grünflächen gibt es. Der eigentliche Gipfel ist dann, auf der ebenen Fläche, nochmal ein großer Haufen Steine. Als hätte jemand hier Steine aufgetürmt, damit der Berg höher ist.







                                                                    Nun stand mir noch der Abstieg bevor. Und eines wusste ich – keinesfalls würde ich den Weg, den ich gekommen bin, wieder hinuntersteigen.




                                                                    Die Aussicht war breathtaking – besseres Wetter kann man sich für die Besteigung eines Berges wohl nicht wünschen. Berge, nichts als Berge – bis zum Horizont, in allen Richtungen. Schade dass ich den Kauf einer ordentlichen Kamera aus Kostengründen hatte aufschieben müssen.


                                                                    Blick nach Westen, am Horizont der Loch A Bhealaich, meine Strecke für morgen






                                                                    Blick zurück zum Camping Spot von gestern

                                                                    Freilich hätte ich versuchen können, den eigentlich von unten ausgemachten grünen Streifen zu finden – doch meine Abneigung gegen den gesamten Hang war zu stark. Und so besann ich mich auf den Abstieg des Pärchens, mit denen ich mich davor unterhalten hatte. Mist. Ich hatte sie nicht gefragt, wie erfahren sie sind. Sie hatten den Abstieg als anspruchsvoll aber machbar beschrieben – von unten aus der Ferne sah es extrem aus. Was, wenn es erfahrene Kletterer waren? Menschen neigen dazu, von sich auf andere zu schließen. Merke: Wenn man jemanden fragt, wie schwer etwas ist, frag ihn auch, wie viel Erfahrung er hat.

                                                                    Und so war mir doch arg mulmig zumute, als ich die etwa 500m auf dem Kamm entlangstiefelte. Am Ende wieder über Felsbrocken. Und so spielte ich im Kopf wieder einmal alle Konstellationen durch. Hier oben gab es immer wieder windgeschütze Spalten – und haufenweise Moos. Das wäre dann die sichere Notoption für die Nacht. Jedenfalls falls die Angaben aus „So weit die Füße tragen“ richtig waren.Auch auf der anderen Seite könnte man schauen, müsste dann aber den ganzen Berg noch einmal im Tal umrunden.


                                                                    Die "Rinne" bergab. Im Vergleich zum Aufstieg eine angenehme Strecke

                                                                    Als ich endlich an der Rinne ankam, fiel mir ein Stein vom Herzen – klar, ein Spaziergang war es nicht. Und doch, im Vergleich zum von mir gewählten Aufstieg, ein Klassenunterschied. Steil, ja, mit schieferartigem Gestein, das wegrutschen kann, ja, aber doch mit Felsen links und rechts, an denen man sich festhalten kann. Easy! Der Abstieg ging dann auch sehr gut.


                                                                    Blick hinab zum Loch Coire Mhic Fhearchair


                                                                    Die "Rinne"



                                                                    Ich hatte überschlagen, nach der „Rinne“ müsste ich schon fast am Ziel sein – doch von dort sieht man erst, wie viel tiefer der See liegt. Und so war es dann auch noch ein gutes Stück bis ich, in der Dämmerung, am Zelt ankam.

                                                                    Der zweite doch „sehr ereignisreiche" Tag meiner Tour. Klar – ich hatte die schönste Aussicht der Tour gehabt. Ich hatte einen Munro bestiegen. Ich zeltete an einem wunderschönen See. Und doch war ich nicht stolz auf mich – dass Geröllfeld raufzuklettern, alleine, unter Zeitdruck, war ein Fehler. Das nächste mal wäre dort wohl frühestens in ein paar Tagen jemand vorbeigekommen. Vieles kann man sich selbst beibringen, bei einigen Dingen sollte man es lieber lassen und sich vorher informieren. Lektion gelernt.





                                                                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 13.05.2019, 21:29.

                                                                    Kommentar


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                                                                      Dauerbesucher
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                                                                      • 900
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                      Zitat von codenascher Beitrag anzeigen
                                                                      Solche Mauern/ Schutzwälle findest du auf vielen Bergen Schottlands. Ob das unbedingt Wanderer waren, oder vielleicht sogar viiiiiel früher Hirten? Ich weiß es auch nicht, denke aber mal dass zweitere sicherlich ihren Beitrag dazu geleistet haben.

                                                                      Zum Bericht:
                                                                      klasse und detailliert beschrieben, ich weiß eigentlich immer wo du lang bist, bzw. musste bei zwei Seen kurz Mal auf die Karte linsen. Symphatische ehrliche Schreibe, schön viele Bilder. Danke, gerne mehr!
                                                                      Und natürlich Glückwunsch zu deinem ersten Munro
                                                                      Vielen Dank! Ohne die ebenfalls detaillierten Reiseberichte von einigen Forumsusern (inklusive dir) wäre ich auf die Gegend kaum gekommen. Bzw. es hilft einem als Anfänger natürlich ungemein, eine Vorstellung davon zu bekommen, was einen erwartet.

                                                                      Ich erinnere mich noch, wie ich den Bericht von Borgmann aus dem letzten Jahr, selbe Gegend, gelesen habe und im Geiste schon befürchtete, dort ebenfalls aufgrund von Schnee einen Tag abwettern zu müssen.

                                                                      Ich habe aber gerade nochmal nachgeschaut: Munro ist wohl ab 914m, da fehen dem Meall A Ghiuthais ganze 27m Naja, war trotzdem ein toller Berg. Man begegnet ja in Schottland immer wieder Munro- Baggern, die die Berge ablaufen als ginge es um ein Online (Offline)-Rollenspiel, wo man das nächste Level freischalten muss. Jedenfalls war besagter Berg trotzdem die Besteigung mehr als wert. Wobei die Aussicht vom Ruad-stac Mor von der Weitsicht her nochmal etwas krasser war.
                                                                      Zuletzt geändert von Freedom33333; 12.05.2019, 18:04.

                                                                      Kommentar


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                                                                        Lebt im Forum
                                                                        • 10.05.2014
                                                                        • 5122
                                                                        • Privat


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                                                                        AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                        Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen

                                                                        Wobei ich halt doch eigentlich von einem WM Antelope erwarten würde, dass er bei 0 Grad solchen Dingen zum Trotz ausreicht. Die Therm a Rest Apex soll ja eigentlich auch einen R-Wert von 4,0 haben, müsste also ausreichen (Die hatte ich mir vor der Tour erst angeschafft, da fehlen mir also Erfahrungswerte noch völlig)
                                                                        Der Schlafsack wärmt nicht. Der isoliert. Um die 0 Grad ist zudem eine kritische Temperatur mit oft hoher Luftfeuchtigkeit. Und eine Daune, auch die von WM, muss regelmäßig gelüftet/getrocknet werden (am besten jeden Morgen). Essen und Moral spielen dann noch eine weitere wichtige Rolle. Nass und ausgelaugt im Schlafsack liegen führen selten zu einer warmen Nacht.

                                                                        Kommentar


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                                                                          Alter Hase
                                                                          • 28.08.2017
                                                                          • 3014
                                                                          • Privat


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                                                                          AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                          Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                                                          Munroe ist wohl ab 914m, da fehen dem Meall A Ghiuthais ganze 27m Naja, war trotzdem ein toller Berg.
                                                                          Ein Corbett! (= 2500 bis 3000 ft = 762 bis 914 m)

                                                                          Kommentar


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                                                                            Dauerbesucher
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                                                                            • 768
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                            Klasse Bericht! Deine offenen und detaillierten Beschreibungen gefallen mir genauso gut wie Deine Herangehensweise an die Tour. Macht wirklich Spaß, Deine Erlebnisse zu verfolgen, danke dass Du uns mitnimmst und an Deinen Gedanken teilhaben lässt!

                                                                            Kommentar


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                                                                              Dauerbesucher
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                                                                              • 900
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                              Montag, 1.4.19. Ruadh-stac Mor bis Craig Bothy.


                                                                              Der nächste Morgen ist trübe und windig. Regnen tut es aber (noch) nicht. Es ist ein tolles Gefühl, an einem solchen Ort, an drei Seiten umgeben von Munros, an so einem schönen See aufzustehen.




                                                                              Der Weg für heute. Links an den Seen vorbei, rauf auf den Hügel

                                                                              Wieder stelle ich fest, wie sehr das Wetter einen Ort verändern kann – hat man gestern, in der Sonne, noch mit dem Gedanken gespielt, einfach einen Tag an diesem Ort zu verbringen und ein Buch zu lesen, denkt an sich, wenn man im trübem Wetter aus dem Schlafsack kriecht und fröstelt bloß noch „Ich muss weiter, ich muss hier weg!“

                                                                              Beim Einpacken des Zeltes muss ich tatsächlich eine Abspannleine am Rucksack befestigen. Nach ein paar Versuchen kriege ich den Kram dann doch noch halbwegs geordnet in den Packsack.


                                                                              Nochmal mein "Aufstieg" vom gestrigen Nachmittag. Definitiv nicht nachmachen! Rechts das rote ist die "Rinne", diese ist deutlich besser geeignet



                                                                              Ich überlege wie es weitergehen soll – nach 2 Nächten im Zelt und bei den aktuellen Wetteraussichten reift in mir der Entschluss, heute in einem Rutsch bis zur Bothy an der Küste zu laufen. Das ist nicht ohne, immerhin sind es ca. 18 km wegelos durch völlig unklare Bodenverhältnisse.

                                                                              Als ich damals den Reisebericht von Berniehh gelesen hatte, hatte dieser von einem Hügel weiter im Westen ein Foto vom An Ruadh-Mheallan gemacht mit dem Loch a Mheallain daneben, einem kleinen See. Eigentlich hatte ich mir damals vorgenommen, diesen Hügel zu besteigen und neben dem See zu campen. Aber irgendwie habe ich keine Lust auf eine weitere Nacht im Zelt, ich möchte lieber zur Hütte.

                                                                              Zunächst laufe ich zur westlichen Seite der Ebene und überquere den Abfluss des Flusses. Dort befindet sich auch ein schön anzusehender Wasserfall. Ich folge einem Wanderweg für ca. einen Kilometer – dieser würde zur Liathach-Traverse führen, man könnte von hier aus – sogar schneller als bis zur Küste – direkt bis nach Torridon durchlaufen.






                                                                              Das wäre der Weg direkt nach Torridon, links oder rechts an den Bergen am Ende des Tals vorbei.

                                                                              Das ist aber nicht mein Plan. Ich wollte in meinem Urlaub auch einfach mal ein bisschen an der Küste chillen, das Meer riechen, im Meer schwimmen gehen und einfach nur herumphilosophieren. Dafür schien mir der Küstenabschnitt zwischen Redpoint und Lower Diabeig recht geeignet.


                                                                              Nach kurzer Zeit verlasse ich den Wanderweg und halte mich Nordwestlich.


                                                                              Zunächst komme ich am Lochan Carn na Feola dabei – laut Karte ein verbundener Seen, als ich vorbeikam waren die beiden Seen aber getrennt.


                                                                              Über den Weg kann ich mich nicht beschweren – auf der Karte sah es nach einem sehr nassen Tal aus, aber so schlimm war es nicht. Die typische schottische Landschaft – braun, Gräser, viele Steine zwischendurch.



                                                                              Blick zurück, zwischen den beiden Bergen lag der See an dem ich übernachtet hatte.

                                                                              Als ich mich schon wunderte, ob es hier keine Tiere gab, bestieg ich einen kleinen Hügel – und es machte sich eine Herde von vielleicht 20 Tieren davon. Klar, so richtig viele Touris werden hier wohl eher nicht vorbeikommen, jedenfalls nicht um die Jahreszeit.

                                                                              Den Umweg hinauf zum Loch na h Oidhche sparte ich mir, dieser war ursprünglich ebenfalls als potentieller Ort zum Übernachten geplant gewesen.


                                                                              Ich bin mir leider nicht mehr sicher welcher Berg das war, aber die Formation war wirklich faszinierend. Könnte der Beinn an Eoin sein.


                                                                              Blick nach vorne. Das ist die Hügelkette die besteht aus Creag a Chinn Duibh und Beinn Bhreac


                                                                              Nach Besteigen eines kleinen Hügels zeigte sich dann endlich der Loch a Bhealaich.


                                                                              Dieser wird im Süden von einer Hügelkette begrenzt, über die ich früher oder später hinüber musste, s.o.
                                                                              Bereits auf der Karte sah dieser See sehr anstrengend aus, da um die 20 eingezeichnete Bäche von allen Seiten zu kommen schienen. Nach meinen nur mäßig spaßigen Erfahrungen am Lochan Fada mit dem daraus resultierenden ständigen Auf und Ab beschloss ich, direkt zum Loch Toll nam Biast hinaufzusteigen, mich also möglichst weit links zu halten.

                                                                              in rot markiert mein Aufstieg, nahe dem Wasserfall der vom Loch Toll nam Biast kommt


                                                                              Und ich war erstaunt über mich – vor einigen Tagen, am Loch na Sealga, hatte ich noch das erste mal wegelos einen kleinen Hügel ohne Gepäck bestiegen und es war ein Abenteuer – jetzt blickte ich nur noch rational auf die Karte, auf die Umgebung und bahnte mir meinen Weg wegelos durch ein 20km langes Tal, in dem ein Hügel nicht mehr mehr war als ein Hindernis, für das man aufgrund der Höhenmeter eine etwas längere Gehzeit veranschlagen musste.



                                                                              Eine Konstante gab es an diesem Tag: Den Wind! Und so suchte ich mir hinter einem der namenlosen kleinen Seen vor dem Aufstieg eine windgeschützte Stelle für meine Mittagspause.

                                                                              Der Aufstieg war kein Zuckerschlecken, immerhin 300hm. Und steil. Sehr steil. Aber auch hier wiederholten sich meine Erlebnisse – sah der Hang von weitem noch abweisend und gefährlich aus, entpuppte er sich zwar als steil, aber doch als gut machbar.


                                                                              Blick zurück zu den kleinen Seen. Rechts daneben war der Stuc Loch na Cabhaig - dieser hat übrigens - ähnlich dem Ruadh-Stac Mhor - ebenalls auf erhöhter Position einen kleinen See, wenn auch deutlich kleiner. Dort oben wäre auch ein sehr interessanter Camping-Spot gewesen, mit dem Beinn Dearg (914m) hätte man auch einen Munro (oder ein Corbett falls ein paar cm fehlen) zum Besteigen gehabt.





                                                                              Den Beinn Alligin besteigen? Nope!

                                                                              Aber: Mit jedem Höhenmeter kam mehr Wind dazu. Und Regen. Wobei man bei Regen ja eigentlich an Wasser von oben denkt. Das Wasser hier kam aber waagerecht, es peitschte einem mit dem Wind von der Seite ins Gesicht.


                                                                              Ceag a Chinn Duibh

                                                                              Dennoch wollte ich unbedingt „noch schnell“ den einen Kilometer hinauf zum Ceag a Chinn Duibh (675m) machen – und brauchte dafür eine gefühlte Ewigkeit, da der Wind sich mittlerweile zu so einem Sturm verdichtet hatte, dass man sich bei jedem Schritt mit den Trekkingstöcken abstütze musste, um nicht umgeworfen zu werden. Mehrfach musste ich mich hinhocken um Böen abzuwarten. Daher kann ich auch leider nicht mit schönen Fotos hinunter zum Loch a Bhealaich dienen.



                                                                              Das müssten Loch a Ghobhainn und Loch Gaineamhach sein

                                                                              Anschließend blieb ich eine ganze Weile da oben stehen um mich zu orientieren, wobei ich sowohl Navi als auch Karte zu Rate zog. Irgendwie hatte ich den Loch Gainemhach mit dem Loch Gainemhach Beag verwechselt (Die Namen kannste dir echt nicht ausdenken), da ich zuerst in die falsche Richtung geschaut hatte. Der eine war zwar größer als der andere aber weiter weg, sodass die beiden nahezu gleich groß aussahen. Im Nachhinein erscheint es mir wahnsinnig dämlich und jetzt auf der Karte – wie auch vorher in der Planung – sieht alles ganz einfach aus. Aber in der Situation vor Ort, da gestaltet sich das alles etwas anders.


                                                                              Loch Gaineamhach im Tal und - kaum sichtbar - Loch a Bheallain links oben


                                                                              Auf diesem Foto kann man den waagerecht kommenden Regen und den Sturm ein wenig erahnen

                                                                              Wenn ich so zurückdenke, war die Wegstrecke hier oben die unangenehmste und anstrengenste auf der ganzen Tour. Der Sturm, der Regen. Ein Blick auf die Karte – noch 10km wegelos durch die Landschaft. Die fortschreitende Uhrzeit. Längst hatte ich den Regenschutz von meinem Rucksack abgemacht, nachdem er sich jedes mal binnen wenigen Sekunden wieder gelöst hatte und mir ins Gesicht schlug. Auch die Regenhose wollte nicht richtig sitzen, und so musst ich diese ständig richten. Auch den Rucksack musste ich wieder und wieder abnehmen, weil das Zelt hinten am Rucksack nicht richtig hielt und verrutschte. Gleichzeitig kroch die Nässe von allen Seiten in die Kleidung und ich war mittlerweile nass bis auf die Unterhose. Das alles in einem unsäglichen Sturm, bei dem man nur Schritt für Schritt vorankommt. Als es dann endlich bergab ging war es extrem rutschig, der Boden war nahezu auf der gesamten Breite zu einem Bachbett geworden, wieder und wieder rutschte man fast weg und konnte sich nur mit letzter Mühe auf den Beinen halten. Das alles mit der Aussicht, noch 10km in diesem Wetter bewälltigen zu müssen. Spaß machte mir dieser Abschnitt nicht.

                                                                              Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, kam ich endlich zum Loch Gaineamhach Beag. Ich hatte mich entschieden, diesen links zu umrunden und den dann folgenden Loch na h Uamhaig rechts, wobei ich mich immer am Fluss entlang halten wollte. Ob man diesen würde queren können war nämlich völlig unklar und die Hütte lag am Ende Links vom Fluss.

                                                                              Mit jedem Schritt den ich dem See näherkam, wurden Wind und Nässe schwächer. Als ich diesen schließlich erreichte, regnete es nicht mehr und war nahezu windstill. Was ist hier denn bitte los? Ein Blick zurück löste das Rätsel – Wind und Regen tobten nach wie vor an derselben Stelle. Aber eben erst ab einer gewissen Höhe, und diese Höhe hatte ich mittlerweile hinter mir gelassen.

                                                                              BLick zurück, von da oben kam ich - und die Wegstrecke bergab war alles andere als angenehm

                                                                              Fotos können daher auch nur unzureichend ausdrücken, in welcher Geschwindigkeit die sichtbaren trüben Tropfen im Wasser vom Wind durch die Gegend gepeitscht wurden.

                                                                              Der See war wunderschön und hier hatte es sogar einen traumhaften Sandstrand.


                                                                              Voller Tierspuren, aber ohne menschliche Spuren. Allgemein muss man auch sagen: Ich glaube, dass die Strecke die ich zur Hütte an der Küste gewählt habe, extrem selten begangen wird. Keine hohen Berge mehr in der Nähe, keine bekannten großen Seen, und ein Küstenabschnitt, den man von beiden Seiten mit dem Auto bis auf 5km erreichen kann – warum sollte da irgendjemand wie ich durch die Pampa kommen?



                                                                              Es folgten weitere km bis zur Küste, die sich gefühlt ewig hinzogen. Auf halbem Weg war noch einmal ein kleiner Hügel zu besteigen, von dem aus man eine tolle Sicht bis runter zum Meer hatte. Von diesem Hügel ging es – sehr – steil bergab, und dann passierte etwas sehr merkwürdiges. Ich, in Gedanken versunken, denke mir: „Erstaunlich, dass ich heute noch nirgendwo weggerutscht bin“. Konzentration, die steile Stelle hinter mich bringen. Kaum habe ich diese hinter mir – es war immer noch steil – rutschte ich auch schon weg und überschlug mich mitsamt Rucksack, wobei ich im Fallen noch Zeit hatte, die Stöcke wegzuschmeißen und mich mit den Händen abzurollen.
                                                                              Glücklicherweise ging das glimpflich und ohne Schrammen aus.




                                                                              Dann weiter, vorbei am Loch na h Uamhai und links am Loch Freumhach. Am Ende machte der Fluss nochmal einen ordentlichen Schlenker nach rechts und ich bestieg den Hügel, wenn ich auch nicht den Gipfel (Sidhean a Mhill) bestieg, sondern mich weiter rechts hielt. Mittlerweile war es bereits recht spät geworden und die Dunkelheit näherte sich.


                                                                              Auch eine sehr vertrauenserweckende Brücke. Da ich in Eile war, verzichtete ich auf einen Stabilitätstest (Und musste eh nicht rüber)





                                                                              Dann – endlich, endlich, endlich – sah ich die Hütte Craig neben dem Fluss auftauchen. Und ich kann hier nicht beschreiben, wie man sich fühlt, wenn man nach so einem Tag endlich Licht am Ende des Tunnels sieht. Ich war einfach nur glücklich und mir standen schon fast die Tränen in den Augen.

                                                                              An der Hütte erblickte ich etwas seltsames – ein rotes Leuchten. Die einzige Assoziation die ich hatte war – Kaminfeuer. Draußen. Aber warum gleich mehrere? Sollte sich an der Hütte etwa eine größere Gruppe von vielleicht 20 Personen befinden, die gleich mehrere Feuer angemacht hatten?

                                                                              Als ich näherkam löste sich das Rätsel – es waren so eine Art rote Lampen-Pavillons, die im Licht der Abendsonne rötlich zu scheinen schienen.

                                                                              Dann erstmal in Ruhe die Hütte inspizieren - es gab oben 3 Räume, in zweien davon standen sogar Betten mit Matratzen (Insgesamt 4 Matratzen) - und so wurde es Abend und draußen dunkel.



                                                                              In der Hütte am Tisch sitzen.

                                                                              Draußen: Komplette Dunkelheit. Der Wind. Das Plätschern des Bachs.

                                                                              Drinnen: Das unregelmäßige Flackern von einigen Teelichtern.
                                                                              Das Rauschen des Gaskochers. Die bläuliche Flamme.
                                                                              Dann Stille. Da ist niemand. Nichts.
                                                                              Kein Radio, keine Stimmen von den Nachbarn, kein Rummsen weil irgendjemandem einer Etage darüber etwas runtergefallen ist, keine Autos von der Straße, keine Musik, einfach nichts.

                                                                              Da sind keine Probleme des Alltags. Da ist kein Gedanke an die Arbeit. Geist und Körper sind im Reinen mit sich selbst.

                                                                              Eine Bothy. Ein warmer Tee. Ein Glas Whisky. Ein gutes Buch. Eine Daunenjacke.

                                                                              Und ein glücklicher Mensch.

                                                                              Unbeschreiblich.

                                                                              Zuletzt geändert von Freedom33333; 13.05.2019, 22:26.

                                                                              Kommentar


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                                                                                Dauerbesucher
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                                                                                • 900
                                                                                • Privat


                                                                                #40
                                                                                AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                Zitat von mitreisender Beitrag anzeigen
                                                                                Der Schlafsack wärmt nicht. Der isoliert. Um die 0 Grad ist zudem eine kritische Temperatur mit oft hoher Luftfeuchtigkeit. Und eine Daune, auch die von WM, muss regelmäßig gelüftet/getrocknet werden (am besten jeden Morgen). Essen und Moral spielen dann noch eine weitere wichtige Rolle. Nass und ausgelaugt im Schlafsack liegen führen selten zu einer warmen Nacht.
                                                                                Hm ja da hast du eigentlich recht. Das mit der Temperatur um die 0 Grad habe ich hier auch schonmal irgendwo gelesen. Und doch erstaunt es mich ungemein, dass es bei kälterem Wetter wärmer sein soll.

                                                                                Aber ich werde den Schlafsack die Tage mal auf nem Gipfel im Schnee ausprobieren, dann weiß ich mehr.

                                                                                An dem Abend kam aber in der Tat alles zusammen: Temperaturen um 0 Grad, Psychich ordentlich durch, körperlich ausgelaugt (und kein warmes Abendessen, weil ich nur noch in den Schlafsack wollte).

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Fuchs
                                                                                  • 10.07.2008
                                                                                  • 2381
                                                                                  • Privat


                                                                                  #41
                                                                                  AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                  Wunderbarer und sehr schottischer Bericht!

                                                                                  Im Bunkhouse von Kinlochewe, das ich bisher auch immer alleine hatte, habe ich auch schon meine Zelte aufgebaut :-)
                                                                                  Immer wieder nett da.

                                                                                  Danke für deine Erlebnisse!

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    • 900
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                                                                                    AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                    Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                    Klasse Bericht! Deine offenen und detaillierten Beschreibungen gefallen mir genauso gut wie Deine Herangehensweise an die Tour. Macht wirklich Spaß, Deine Erlebnisse zu verfolgen, danke dass Du uns mitnimmst und an Deinen Gedanken teilhaben lässt!
                                                                                    Danke Danke. Da möchte ich an dieser Stelle doch noch lobend erwähnen, dass ich mir den Einstieg in die Tour von deinem Reisebericht im Frühjahr 2018 in der Gegend geborgt habe

                                                                                    Zitat von Meer Berge Beitrag anzeigen
                                                                                    Wunderbarer und sehr schottischer Bericht!

                                                                                    Im Bunkhouse von Kinlochewe, das ich bisher auch immer alleine hatte, habe ich auch schon meine Zelte aufgebaut :-)
                                                                                    Immer wieder nett da.

                                                                                    Danke für deine Erlebnisse!
                                                                                    Gerne. Typisch schottisch - wegen dem Wetter meinste wahrscheinlich
                                                                                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 25.11.2019, 16:55.

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                      Dienstag, 2.4.19: Tag in der Bothy & der Umgebung

                                                                                      Die nächsten beiden Tage lasse ich es erstmal ruhig angehen. Ich lese ein Buch, erkunde die Hütte und die Umgebung.





                                                                                      Als erstes schaute ich ins Bothy Buch. Und erstaunlicherweise waren am Tag meiner Ankunft gegen Mittag einige Leute abgereist. Auch in den Tagen davor schien die Hütte gut besucht gewesen zu sein. Bei einem Blick auf die Karte kein Wunder: Bis Diabeig sind des ca. 4km zu Fuß, über einen recht gut ausgebauten Wanderweg.

                                                                                      Erstmal zur Bothy: Diese hat einen vergleichsweise gemütlichen Gemeinschaftsraum mit Ofen, Tisch, Bank und Stuhl. Daran schließt sich eine Küche an. Diese war vollgestellt mit Kram, zig verdreckten Plastikgefäßen und den oft anzutreffenden Konserven. Solange diese zu sind – fair enough. Aber wer lässt bitte ein angebrochenes Glas Marmelade in einer Bothy? Das Plastikproblem sollte sich allerdings am zweiten Abend in Luft, oder vielmehr Rauch, auflösen, wenn auch nicht auf meine Initiative hin.

                                                                                      Ansonsten gibt es im EG noch einen weiteren, recht leeren und damit nicht gerade gemütlichen Raum sowie eine Etage darüber 2 recht große Räume und eine kleine Kammer. Insgesamt stehen hier 4 Bettgestelle mit Matratzen herum. Dies begründet sich dadurch, dass die Hütte einmal eine Jugendherberge war. Und in der Tat war diese Bothy vergleichsweise stark besucht.

                                                                                      Hier erst mal ein paar Impressionen aus der Hütte








                                                                                      Blick aus dem Obergeschoss zur Küste



                                                                                      Die Decke in der Hütte besteht aus einfachen Brettern. Und wenn in diesen ein Loch ist, dann kann man von oben in die Küche schauen






                                                                                      Rechts neben der Hütte ist ein Fluss, nahe der Hütte ist eine gute und sichere Brücke, über die man zuverlässig auf die andere Seite kommt. Die ist auch nötig, denn ja nach Flussstand kann man diesen überqueren oder nicht. Unterhalb der Hütte in Richtung Küste gibt es einige Bäume und auch rechts vom Fluss hinter der Brücke ist alles voller Birken. Hier finden sich auch zahlreiche alte, mit Moos überwachsene Ruinen.

                                                                                      Schade dass ich kein Historiker bin. Es würde mich wirklich interessieren, wie alt diese Fundamente sind und welchem Zweck sie einmal gedient haben.



                                                                                      Unmittelbar neben der Hütte befinden sich einige Bäume an denen die schon erwähnten Lampions hängen.





                                                                                      Dann geht’s erstmal an die Küste. Auch hier – komplette Einsamkeit. Bis auf ein Schiff, das in einiger Entfernung zu patroullieren scheint. Als ich mich aufmache, schwimmen zu gehen, hält das Schiff an und macht den Motor aus. Ich denke mir: Hoffentlich steht da kein ODS User mit Systemkamera und Teleobjektiv drauf.







                                                                                      Leider sind die Steine ausgesprochen rutschig und das Wasser ist sehr kalt, als beschränkt sich das Schwimmen gehen auf einige Züge raus und dann wieder zurück. Brrr.



                                                                                      Hier unten am Strand laufen auch einige Schafe herum, die aber recht schüchtern sind und schnell Reißaus nehmen. Dann ziehen aber auch schon einige dunkle Wolken vom Landesinneren auf und ich verziehe mich wieder in die Bothy.

                                                                                      Später setze ich mir dann in den Kopf, ein Feuer zu machen. Mist. Hätte ich mal vorher ein paar Youtube-Videos geschaut oder eine Anleitung gelesen. So muss ich mich auf das verlassen, was mir noch so im Kopf herumschwirrt. Von einem Nadelbaum kratze ich etwas Harz ab. Dann suche ich mir einige Rinde von herumliegenden Birkenästen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich die Birken auch nach Harz abgesucht habe. Konnte aber keinen finden ;). Ansonsten gilt: Es war Try and Error.

                                                                                      Erst machte ich mich auf, vom Boden zahlreiche Strohhalme aufzulesen, die dort überall herumlagen. Irgendwann fragte ich mich dann: Was ist Stroh eigentlich? Richtig, trockenes Gras. Und was stand überall in der Landschaft herum? Richtig, vertrocknete Gräser ;).

                                                                                      Also schnitt ich mich auch davon einige ab. Genauso ging ich auf die Suche nach Holz und sammelte doch eine recht ordentliche Menge, die ich dann noch nach Größe ordnete.



                                                                                      Irgendwann wurde es abend und ich konnte es nicht mehr länger aufschieben, ich musste es probieren. Ich erspare mir jetzt mal die weiteren Details: Ein kleines Feuerchen habe ich hinbekommen. Aber: Ich habe es nicht geschafft, damit auch nur kleinere Hölzer in Brand zu setzen. Klar, wenn die Dinger in Schottland auf dem Boden rumliegen, dann sind die halt vollgesogen mit Wasser.

                                                                                      Später versuche ich sogar noch, mit mit Alufolie einen „kleineren“ Ofen zu basteln, um die Hitze zu halten. Denn der riesige Ofen schien mir dafür deutlich zu groß. Aber irgendwie glaubte ich schon nicht mehr so richtig daran.

                                                                                      Sollte ich in diesem Urlaub kein einziges mal in einer Bothy an einem schönen Kaminfeuer sitzen? Das stand zwar nicht auf meiner ursprünglichen Liste, aber mittlerweile stand es drauf. Und so ärgerte ich mich schon ein bisschen, kein Feuer zustandegebracht zu haben.

                                                                                      Immerhin hatte jemand in der Hütte einige Kerzen zurückgelassen – teils standen diese in der Mauer. Und so kommt dann doch nochmal richtig Atmosphäre auf.
                                                                                      Zuletzt geändert von Freedom33333; 18.05.2019, 22:53.

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        • 03.06.2013
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                                                                                        Kann es sich um die Ueberreste des Gemaeuers vielleicht um "Shielings" handeln? Das sind "Almen" schottischer Art, die frueher im Sommer bewirtschaftet wurden. https://en.wikipedia.org/wiki/Shieling

                                                                                        Kann sein, muss nicht. Auf jeden Fall finde ich deinen Bericht sehr schoen, und lese aufgeregt mit.

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          • 900
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                                                                                          Mittwoch, 3.4.2019: Menschen aus UK sind trinkfest. Oder: Endlich keinen Whisky mehr schleppen.
                                                                                          Am nächsten Tag stehe ich auf, ohne auf die Uhr zu schauen. Und philosophiere darüber, dass es jahrhundertelang keine Uhren gab. Wahrscheinlich sind die Leute einfach bei Sonnenaufgang aufgestanden und bei Sonnenuntergang ins Bett gegangen. Und vielleicht haben die Leute im Winter dann einfach länger geschlafen? Wer weiß.

                                                                                          Das Wetter ist heute nicht gerade toll – es regnet. Wieder mal.

                                                                                          Ich beginne ein neues Hörbuch – und höre einige Stunden am Stück. Etwas, bei dem ich sonst nach einer halben Stunde unruhig würde: So, jetzt musst du aber noch n paar Sachen erledigen.

                                                                                          Internet gibt es hier freilich nicht. Und Internet – wer braucht das überhaupt? Ich kann gar nicht glauben, dass ich das Internet kein bisschen vermisse. Wieso starrt man dann in der Zivilisation den ganzen Tag auf dieses blöde Smartphone? Ist es so schlimm, mal ein bisschen Zeit zu verbringen – einfach nur mit den eigenen Gedanken?

                                                                                          Sitzt man in dieser Hütte und holt sich Wasser vom Fluss, kommt es einem erstaunlich vor, dass bei uns Wasser – auch warmes Wasser – aus der Wand kommt. Was für ein Luxus. Wohnen, auch nur in einer 1 Zimmer Wohnung – verglichen mit dem, was Menschen jahrtausendelang hatten, ein purer Luxus. Essen können was man will – Luxus.

                                                                                          Philosophiert man so ein wenig herum, erscheinen einem zahlreiche Gegebenheiten des Alltags nur noch absurd. Die Menschen gehen in einen Supermarkt, kaufen Obst aus Holland, Wein aus Frankreich, Früchte aus Übersee, Schinken aus Italien und Steaks aus den USA – und fangen dann an, genervt auf ihr Smarthone zu schauen, weil sie an der Supermarktkasse 5min anstehen müssen. Ein genervtes „Können Sie bitte eine weitere Kasse aufmachen?“ Kinder fangen an zu schreien, weil sie nicht die bunte Verpackung mit Schokolade bekommen, die sie haben wollen. Der Mensch ist formbar. So unendlich formbar.

                                                                                          Wieso muss man sich nach 2 Jahren eine neue Kamera kaufen? Macht die alte keine guten Bilder mehr? War man mit seinen Fotos vor 2 Jahren etwa unglücklich? Aber nein, kaum kommt ein neues Modell raus, muss man es haben. Konsum! Konsumier dich glücklich! Klar, unsere Wirtschaftsordnung basiert genau darauf: Auf Wirtschaftswachstum. Und dafür muss man nun mal möglichst viel Geld verdienen und möglichst viel Geld ausgeben. Hinzu kommt immer der Vergleich: Wenn jemand anderes etwas besseres hat, dann will man das auch haben. Und wenn man es hat, dann freut man sich natürlich darüber und erzählt allen davon, wie toll es ist. Aber hatten die Menschen vor 10 Jahren weniger Naturerlebnisse, weil die Kameras nicht so gut waren? Waren sie unglücklicher? Wohl kaum.

                                                                                          Will man diesen Kreis durchbrechen, so muss man sich denen, die einem die ganze Zeit vom Konsum vorschwärmen, mutig entgegenstellen. Und darf sich nicht von der ganzen Werbung beeinflussen lassen und die Gegenstände insgeheim selber haben wollen.

                                                                                          Ich sage übrigens nicht, dass es falsch ist, 5 Zelte zu haben oder 5 Kameras. Selbstverständlich steht es jedem frei, sein Geld für Dinge auszugeben, die man toll findet. Aber meines Erachtens sollte man sich dabei bewusst machen, worum es sich handelt - um Luxus. Und nie um eine zwingende Notwendigkeit, nie um "Ohne könnte ich nicht leben".

                                                                                          Wie toll ist doch so ein Trekking-Urlaub, in dem man auch mal Zeit zum Nachdenken hat.

                                                                                          Und so füllte ich an diesem Tag mein Notizbuch und rechtfertigte so die 200g Mehrgewicht. Mal draußen an der Küste, mal unter den Bäumen, mal am Bach, mal in der Hütte, mit Gedanken und Plänen. Und genoss die Stille und Einsamkeit.

                                                                                          --
                                                                                          Am späten Nachmittag öffnete sich mit einem lauten Knall die Tür und Steve kam herein. Ein Mann Mitte 40, den seine Freundin einige Kilometer von der Hütte abgesetzt hatte, weil er zwei Nächte in der Bothy bzw. im Zelt verbringen wollte. Steve war Busfahrer und kam aus Wales.

                                                                                          Und was brachte Steve mit? Richtig! Einen 10kg Sack Kohle! Witzigerweise war er auch auf der Suche nach ein wenig Einsamkeit – und hatte den Sack vorsichtshalber erstmal draußen versteckt, um die Hütte zu erkunden. Er wollte sich wohl die Möglichkeit offen halten, den Sack nicht verbraten zu müssen, wenn sich in der Hütte eine größere Gruppe aufhalten sollte. Dann hätte er diesen lieber fürs nächste mal gebunkert.

                                                                                          Wir verstanden und prächtig und hatten viele gute Gesprächsthemen. Es ging um Natur, Bothys, Munros, Whisky, Zelten und vieles mehr. Er erzählte mir von vielen überfüllten Bothys, gerade denen, die näher an dicht besiedelten Gebieten liegen, gerade im Sommer. Und er kam immer wieder auf den typischen Middle-Class-Teacher zu sprechen, der in seiner Freizeit zu einer Bothy nahe der Zivilisation läuft, dort übernachtet und sich dann wieder auf den Weg in die Zivilisation macht – wo er dann allen, die es hören wollten, von seinen großen und entbehrungsreichen Abenteuern erzählt ;).

                                                                                          Auch über vollgemüllte Bothys unterhielten wir uns – und Steve hatte die Lösung. Verbrennen. Alles verbrennen. Und so lief er dann durch die Hütte und stopfte den Kamin voll mit altem Plastikgeschirr, Plastikgefäßen, einem dreckigen Lappen usw. „Is this your towel?“ Ja! Uff! Fast hätte es noch mein 15€ Globetrotter Reisehandtuch erwischt. Eine Mütze die an der Wand hängt? Verbrennen! Hier legte ich, der ich meine Mütze fast im Sturm verloren hatte, dann mein Veto ein.

                                                                                          Dann entzündete er das Feuer – und ich war überrascht. Plastik brennt gut. Richtig gut. Unglaublich was das Zeug für eine Hitze produziert.

                                                                                          Und ich dachte mir – wenn Steve schon einen 10kg Sack Kohle mitbringt und mir einen schönen Abend an einem Kaminfeuer ermöglicht, dann muss ich mich auch revanchieren. Und so stellte ich meine, doch noch recht volle, Flasche Whisky zur Verfügung. Da hatte ich die Trinkfestigkeit der Engländer unterschätzt! Und so war es kaum 11, da war die Flasche auch schon leer. Und so ein großer Trinker bin ich eigentlich gar nicht, auch wenn ich, da ich sah, wie schnell die Flasche leer wurde, mich auch ein wenig beteiligte.

                                                                                          Aber was solls – dafür war ich das Mehrgewicht endlich wieder los. Und die Story vom Briten, mit dem ich am Abend eine Flasche Whisky gekippt habe, verkauft sich dann doch besser als die vom Briten, mit dem ich einen Shot getrunken habe. Und so nahm er denn auch die leere Flasche am nächsten Tag mit. Wieder und wieder hatte ich beim Laufen den Kauf der Flasche Whisky und das Mehrgewicht bereut - am Ende hatte es sich doch gelohnt, sie ab Kinlochewe mitzuschleppen.

                                                                                          Irgendwann war die Kohle tatsächlich alle und dann ging es auch ins Bett.
                                                                                          Zuletzt geändert von Freedom33333; 21.05.2019, 16:34.

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Lebt im Forum
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                                                                                            • 5064
                                                                                            • Privat


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                                                                                            AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                            Eine epische Begegnung in einer schottischen Bothy! Großartig

                                                                                            Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                                                                                            meine Weltkarte

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              Dauerbesucher
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                                                                                              Donnerstag 4.4.19. Die Küste
                                                                                              Überraschend muss Steve morgens in Eile aufbrechen und macht sich vom Acker. Schade. Eigentlich wollten wir heute zum Red Point laufen und irgendwo an der Küste campen – ich im Unna, er in seinem Akto. Zu gerne hätte ich die beiden Zelte im Direktvergleich gehabt.

                                                                                              Dennoch wollte ich zum Red Point laufen. Und lief los – über die Brücke, über eine extrem rutschige Strecke am Fluss entlang, danach an der Küste Entlang. Überall Gestrüpp. Unter mir links die Klippen. Und der Abend davor steckte mir leider doch noch ein wenig in den Knochen. Und so war ich kaum 2km gelaufen, schon hatte ich keine Lust mehr. Klar, ich hatte mir vorgenommen, zum Red Point zu laufen. Hoffte auf einen Sandstrand dort.

                                                                                              Einzig und allein: Ich hatte endlich mal schönes Wetter an der Küste und das, war ich wirklich wollte, war nicht, irgendeinen Wanderweg durch die typische schottische Landschaft – nur eben mit einer Klippe links und Blick aufs Meer – englangzulaufen und Strecke zu machen, sondern ich wollte das Meer riechen und den Wellen zuschauen.



                                                                                              Also kletterte ich bei der nächsten Gelegenheit runter zur Küste und stiefelte dort ein paar Stunden herum. In erster Linie über Steine. Diese waren immer wieder extrem rutschig, und so musste man gut aufpassen sich hier nicht hinzulegen. Das galt umso mehr, als sich an einer Stelle ein Bach über die Steine ergoss und diese komplett mit Algen bedeckt waren. Tatsächlich eine der anspruchvollsten "Bachdurchquerungen" meiner Tour, ohne Stöcke wäre es hier schwierig geworden und auch mit diesen war es eine rutschige Angelegenheit.



                                                                                              Das eine mal kam ich an eine Höhle. Diese hatte neben dem Zugang noch einen anderen Ausgang, durch den ein wenig Licht hereinfiel. Wäre ich ein Pirat – hier würde ich einen Schatz verstecken! (Insgeheim hoffte ich immer wieder, irgendwo in Schottland einen alten Goldschatz zu finden). Und so drehte ich dann auch ein paar Steine um. Leider kein Schatz. Schade.






                                                                                              Sehr faszinierend fand ich auch die Klippen, an denen sich zig winzige „Wasserfälle“ herabarbeiteten. Hier sah ich dann auch etwas faszinierendes: Einen Regenbogen, der einen Meter entfernt von mir begann. Leider keinen Stern gefunden








                                                                                              Ich setzte mich unter den Überhang und blickte aufs Meer.


                                                                                              Setze mich ans Meer und schaute den Wellen zu.
                                                                                              Kletterte von Felsbrocken zu Felsbrocken.
                                                                                              Und erinnerte mich, zum ersten mal seit Jahren, wieder daran, was es für eine Freude als Kind war, an Küsten wie dieser von Felsen zu Felsen zu klettern - und als besondere Herausforderung Felsen zu besteigen, die relativ freistehend im Wasser waren und zu denen man nur hinüberkam, indem man über flachere Steine hinüberkletterte, die immer wieder überspült wurden, sodass es ein Spiel war, nicht nass zu werden. Umso mehr mit dem Risiko, dass zwischendurch das Wasser steigt.
                                                                                              Also tue ich auch das – und sonne mich auf so einem Stein, direkt am rauschenden Wasser.
                                                                                              Ich muss öfter ans Meer!












                                                                                              Dann geht’s zurück zur Hütte. Und auch hier sorgt die Sonne für viele Farben und damit schöne Bilder in der sonst manchmal so trostlos wirkenden Landschaft



                                                                                              Am Abend kommt noch eine Frau um die 40 in die Hütte. Jelina. Auch aus Lower Diabeig kommend, wo sie mit ihrem Auto steht. Wohl ihr erstes mal in einer Bothy, sie erkundigt sich bei mir nach den Regeln. Ich mache sie mit den Grundlagen vertraut.

                                                                                              Sie erzählt mir, sie gehe am nächsten Tag zu einem großen Outdoor-Treffen in Applecross. Dort finde das Forums-Treffen des Walkinghighlands-Forums statt. Da wollte sie vorher nochmal ein bisschen Outdoor-Luft schnuppern. Auch geht sie seit einigen Jahren zu diesen Treffen (Und zeigte mir am nächsten Tag im Auto ein Fotoalbum mit Bildern aus dieser Zeit. Auch das gibt es heutzutage noch).

                                                                                              Wir unterhielten uns ein wenig über den Weg zu Bothy – ich schaute bei dieser Gelegenheit nochmal ins Bothy-Buch. Und stellte fest, dass ich im Jahr 2019 der erste war, der nicht von Diabeig oder Red Point gekommen war. Yes! ;)

                                                                                              Und sie bezeichnete mich deshalb ständig als „Professionel“. Immerhin gehe sie auch schon seit 10 Jahren wandern, aber sowas – das würde sie ja niemals machen. Ein Profi bin ich ganz sicher nicht. Und doch fand ich es witzig und fühlte mich ein wenig geschmeichelt. Ich denke aber eher, dass es einfach verschiedene Kategorien sind: Sie ist Wanderin. Ich bin Trekker. (Sagt man so? ). Und wie der Kletterer nicht der Profi zum Trekkenden ist, ist der Trekkende nicht der Profi unter den Wanderern. Schwierige Abgrenzungsfragen.

                                                                                              Sie bot mir dann auch an, mich am nächsten Tag mit dem Auto bis nach Torridon zu fahren. Das war mir recht, da der Weg nach Torridon wohl über eine betonierte Beton-Strasse geführt hätte, der ich einen halben Tag hätte folgen müssen. „Wandern“, wenn immer wieder Autos an einem vorbei fahren, ist aber nicht gerade meine bevorzugte Fortbewegungsart. Da nahm ich ihr Angebot gerne an um mehr Zeit im Gebiet zwischen Torridon und Strathcarron verbringen zu können. Auch wenn mir dadurch leider der eine felsige Küstenabschnitt verloren ging, den es im Süden noch gegeben hätte.

                                                                                              Immerhin näherte sich langsam schon das Ende der Tour. Mein Flug zurück ging am Montag nachmittag von Edinburgh. Ich musste also noch nach Strathcarron laufen, wo ich spätestens am Sonntag den Zug (es fährt Sonntags nur einer) nehmen wollte. Auch wollte ich gerne noch etwas Zeit in der Gegend zwischen Torridon und Strathcarron verbringen, die noch einmal ein wenig Wilderness versprach.
                                                                                              Zuletzt geändert von Freedom33333; 22.05.2019, 14:45.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Fuchs
                                                                                                • 29.10.2013
                                                                                                • 1352
                                                                                                • Privat


                                                                                                #48
                                                                                                AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                                ...und ich hab die ganze Zeit auf deine Sicht auf Red Point gewartet...
                                                                                                Aber danke für den Bericht!
                                                                                                Grüße von Tilmann
                                                                                                http://www.foto-tilmann-graner.de/

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Erfahren
                                                                                                  • 19.02.2012
                                                                                                  • 280
                                                                                                  • Privat


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                                                                                                  AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                                  Besser spät als nie: Toller ehrlicher Bericht der mir super gut gefallen hat. Habe ich die Bilder schon erwähnt? Sehr klasse !!

                                                                                                  Wie die meisten aus derSC Gemeinde hier habe ich alle die Orte auch schon live gesehen und es hat spass gemacht mit dir zu gehen. Tolle Leistung gerade deine weglosen langen Etappen.

                                                                                                  Danke dir für deine Mühe des einstellen.
                                                                                                  Ich habe Talente, Rechtschreibung gehört nicht dazu.

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Dauerbesucher
                                                                                                    • 09.09.2017
                                                                                                    • 900
                                                                                                    • Privat


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                                                                                                    Freitag 5.4.19 Craig bis Coire Grannda. Nochmal ein bisschen Wildnis

                                                                                                    Am nächsten Morgen geht es dann endlich weiter. Die paar Kilometer gemeinsam mit Jelina, die mich dann mit dem Auto mit nach Torridon nehmen will. Ein recht gut ausgebauter Wanderweg geht entlang der Küste nach Süden. Ungewohnt. Fast schon zu einfach. Das Wetter ist gut, die Sicht klar, ein ordentlicher Wind weht aber trotzdem. Kein Wunder an der Küste.





                                                                                                    Ich mutmaße, welche der Landzungen im Meer Skye ist und ob man die Hebriden sehen kann.

                                                                                                    Auf unserem Weg entlang der Küste begegnen uns gleich mehrere Wanderer. Kein Wunder – gutes Wetter, Freitag, eine der beliebtesten Bothys an der Küste. Fast schon erstaunlich, dass ich diese in den letzten Tagen nur mit zwei Wanderern geteilt habe.

                                                                                                    Einmal kommt uns eine Familie entgegen – der Vater, sichtlich amüsiert und souverän, Mutter und Tochter dagegen schnaufend und leicht kritisch dreinblickend. In 15 Jahren geht es mir dann wahrscheinlich genauso, wenn man versucht, seine Familie zu ein paar Abenteuern zu überreden. Aber noch ist Zeit.

                                                                                                    Nach ca. 3km kommen wir in Lower Diabeig an. Hier steht ein Haus das gerade renoviert oder gebaut wird, auch stehen hier so einige Autos herum. Das war es dann wohl erstmal mit der Wildnis?

                                                                                                    Wir steigen ins Auto und fahren den Weg entlang der Küste bis nach Torridon. Schon erstaunlich. Ein paar Häuser, kaum als Dorf zu bezeichnen wenn man bedenkt, dass ich meine 2000 Einwohner Heimatstadt immer als Dorf wahrgenommen habe. Trotzdem denkt man sich: „Zurück in der Zivilisation“.



                                                                                                    Der felsige Küstenabschnitt entgeht mir zwar leider, aber das habe ich Kauf genommen.






                                                                                                    Auf dem Weg nach Torridon bietet sich immer wieder ein Wahnsinnspanorama. Und ich muss zugeben: Wenn man auf diese Weise mit dem Auto durch Schottland fährt, sieht man natürlich mehr unterschiedliche Aussichten, mehr Berge, mehr Seen. Aber es ist eben doch etwas anderes, sich das laufend zu erschließen. Und die Vorstellung, die Straße im Mai entlangzufahren - und alle paar Minuten ein anderes Auto zu sehen - hat mit der Wildnis die ich suche dann nicht mehr so richtig viel zu tun.

                                                                                                    In Torridon gibt es einen kleinen Lebensmittelladen mit angeschlossenem Cafe.



                                                                                                    Mein „Fresspaket“ aus Kinlochewe ist auch schon wieder aufgebraucht und so decke ich mich für die letzten 2 Tage ein. Platz ist im Rucksack und so gibts auch mal Lebensmittel mit geringer Nährstoffdichte wie Baked Beans. Auch lade ich meine Powerbank auf, die leer ist und für Fotos benötigt wird. Und so wird es schon 15 Uhr bevor ich dann endlich aufbreche.

                                                                                                    Im Cafe sitzt eine französische größere Familie – der Vater wirft mir einen anerkennenden Blick zu, als ich mir meinen Rucksack über die Schultern werfe. Die Sehnsucht in seinem Blick ist nicht zu übersehen.


                                                                                                    Blick zurück nach Norden


                                                                                                    Blick nach Westen

                                                                                                    Auf dem Weg aus der Ortschaft begegnet mir noch eine Frau mit 2 Hunden – die mich nett befragt, was ich denn so vor habe. Es stellt sich heraus, dass ihr Mann bei der Bergrettung arbeitet – es sei ja schon nicht ungefährlich um diese Jahreszeit alleine zu wandern, man begegne kaum einem anderen Wanderer wenn etwas passiert – aber ich kann sie recht schnell überzeugen, dass ich kein Rookie (mehr) bin.



                                                                                                    Als ich an der „Gallery“ vorbeikomme muss ich herzhaft lachen. Müsste der Pfeil nicht eigentlich nach rechts zeigen?


                                                                                                    Dann geht es rauf zum Abhainn Thrail. Statt einen kleinen Umweg nach rechts in kauf zu nehmen, beschließe ich wegelos zwischen den Felsen „Abzukürzen“. Ein Fehler. Der Weg ist steil, bedeckt mit Gräsern und felsig – rechts den Wanderpfad entlang wäre deutlich schneller gewesen.






                                                                                                    Schließlich erreiche ich einen guten Wanderweg. Und wundere mich – es ist Freitag. Es ist wunderschönes Wetter – und doch begegne ich keinem einzigen Wanderer. Es soll tatsächlich bis zum Abend des nächsten Tages dabei bleiben. Und so komme ich an den letzten beiden Wandertagen doch nochmal in den Genuss des Gefühls der Wildnis.



                                                                                                    Blick zurück nach Torridon

                                                                                                    Es geht gut voran – viel zu gut. Nach meinen ganzen wegelosen Erfahrungen auf dem letzten Abschnitt kann ich gar nicht fassen, wie schnell ich voran komme.





                                                                                                    Blick nach Süden zum Maol Chran-dearg

                                                                                                    Dann geht es vorbei am Loch an Uilt-bheithe (wer denkt sich diese Namen aus???)

                                                                                                    und am Lochan Domhain. Ich wundere mich – hier müsste doch irgendwo noch der große Loch an Eoin kommen? Wo soll der sein? Man sieht im Hintergrund doch nur den Berg, aber wo passt denn da noch ein so großer See hin?

                                                                                                    Tatsächlich geht es nochmal ein Stück bergauf und dann kommt endlich der Blick auf den wunderschönen Loch an Eoin.

                                                                                                    An dem gefühlt jeder vorbeigekommen ist, der von Torridon nach Strathcarron / Achnashellach oder umgekehrt läuft. Trotzdem: Wunderschön. Gäbe es hier Bäume und wäre man im 18 Jahrhundert müsste man sich aus denselbigen ein Floss bauen und auf einer der Inseln übernachten.


                                                                                                    Ein paar Steine sind auch noch zu überqueren – eine Herausforderung stellt es nicht (mehr) dar. Zu viele Flüsse ohne so einen Komfort musste ich überqueren.

                                                                                                    Dann muss ich mich entscheiden, ob es links oder rechts am Maol Chean-dearg vorbeigeht. Ich entscheide mich für die linke, also östliche, Seite. Ich habe mir tatsächlich keinen konkreten Weg vorgenommen, ich möchte einfach die restliche Zeit noch so wild wie möglich verbringen und dann noch eine der beiden Bothys kennenlernen.

                                                                                                    Dann geht es bergauf. Noch einigen Höhenmeter zeigt sich dann der wunderschöne Blick ins nächste Tal und runter auf den Loch Coire Fionnaraich. Ich überlege: Logisch wäre jetzt eigentlich, in dieses Tal hinunter zu stiefeln und zur Bothy zu laufen. Aber: Ich habe noch Zeit. Ich will nochmal ein bisschen Abenteuer haben. Es fühlt sich nicht richtig an, direkt zur Bothy zu laufen.


                                                                                                    Erste Assoziation.


                                                                                                    Was also tun? Der Hang auf der östlichen Seite sieht verlockend aus. Einen Weg gibt es dort freilich nicht, aber ich überlege, ob ich einfach den Hang rauf soll und dann versuchen, da oben auf ca. 800m zu übernachten und dann versuchen, den Sgorr Ruadh oder den Fuar Tholl zu besteigen. Gerne hätte ich mein Zelt aufgeschlagen am Loch a Bhealaich Mhoir.



                                                                                                    Dann entscheide ich mich doch noch um – nach links geht auch ein Pfad, hinüber ins nächste Tal. Auf der Karte sieht es nämlich so aus, als könnte ich zur gewünschten Stelle über einen Wanderpfad kommen – und so auch noch durch das nächste Tal stapfen.

                                                                                                    Ich merke, dass ich mal wieder zu lange getrödelt habe, zu lange an schönen Orten verweilt. Ich habe noch etwa 2 Stunden Tageslicht und ein Zeltplatz ist nicht in Sicht. Und so beginne ich an diesem Punkt, permanent nach einem tauglichen Platz fürs Zelt zu scannen.

                                                                                                    Nach Besteigen des Kamms komme ich an ein paar felsige kleine Hügel und sehe auch 1-2 halbwegs taugliche Plätze fürs Zelt. Aber: ich will noch weiter, schauen was noch geht.





                                                                                                    Also weiter rauf. Der Blick ins nächste Tal, in Richtung Westen, ist atemberaubend schön.


                                                                                                    Das dürfte der Lochan Dearg Bearg sein?

                                                                                                    Im Folgenden tue ich mich etwas schwer damit, die Karte richtig zu lesen. Jedenfalls bin ich überrascht, als der Pfad in ein auf 3 Seiten von Bergen umgebene Ebene führt – und ich mich frage: Wo ist da bitte der Ausgang? . Ich sehe keinen. Aber: Wenn es einen Pfad gibt, wird es wohl auch einen Ausgang geben. Mittlerweile ist es fast schon um 7.




                                                                                                    Der Wind ist stark – ich stoße auf mehr und mehr Schnee.



                                                                                                    In den Seen befinden sich noch einige Eisschollen. Der Boden ist über und über mit Steinen besetzt. Dann, endlich finde ich ein bis zwei Plätze, wo ich das Zelt hinsetzen kann. Aber so richtig ideal ist es nicht. Vor allem habe ich hier starken Wind. Ich beschließe, der Ebene noch bis zum Ende zu folgen und zu schauen, ob ich „eine Etage höher“ einen besseren, windgeschützteren Platz finde.

                                                                                                    Und so geht es zwischen zwei namenlosen Bergen, 785m und 769m, hinauf. Mehr und mehr Schnee. Ein Blick auf die Uhr – noch 45min Sonnenlicht. Ich beschließe, an dem kleinen See nach einem Zeltplatz zu suchen und sonst wieder umzukehren.






                                                                                                    Der Weg für morgen, wieder bergab.

                                                                                                    Der See ist wunderschön – aber rundum mit Schnee bedeckt. Eine Fußspur kann ich hier nicht entdecken – keine einzige. Das gibt mir zu denken. Bin ich hier echt der erste Wanderer seit es geschneit hat? Anfang April? Ein wenig Scary. Am Ende des Sees dann endlich zwei Fußspuren und die Spuren eines Hundes – offensichtlich von der anderen Seite, meinem Weg für morgen, kommend, und auf einen Gipfel rauf. Letzteres kann und will ich um diese Uhrzeit aber nicht mehr riskieren. Ich muss mein Zelt Aufschlagen!

                                                                                                    Ich habe einen guten Moment – wenn hier noch so viel Schnee liegt, dürfte es hier deutlich kälter sein als im Tal davor. Und einen richtig guten Zeltplatz finde ich auch nicht. Ständig bricht man durch den Schnee und steht auf einmal im flachen Wasser.


                                                                                                    Also wieder zurück. Toller Blick!

                                                                                                    Das Aufschlagen des Zeltes stellt sich als große Herausforderung heraus. Zum ersten mal erfahre ich live, was drehender Wind heißt. Man findet die Windrichtung heraus, will das Zelt aufschlagen und im Wind ausrichten, aber kaum hat man sich entschieden wie es steht muss man sich schon wieder umentscheiden.

                                                                                                    Es ist kalt. Es ist windig. Meine Handschuhe sind irgendwo tief unten im Rucksack. Es hilft nichts – meine Hände frieren ab. Ich kann die Finger kaum noch bewegen. Ich muss erst die Handschuhe rauskramen. Der Wind wird nicht weniger, er wird mehr. Und was hilft es mir, wenn das Zelt, einmal aufgestellt, superstabil ist – man muss es erstmal aufgestellt kriegen. Hier ist das Soulo stark im Vorteil.





                                                                                                    Nach einer gefühlten Ewigkeit und mehreren Versuchen – erst einige Heringe setzen, immer wieder aufs Zelt setzen, Aufrichten, Festhalten der beiden Gestängebögen, Warten auf einen etwas windstilleren Moment um eine Abspannleine zu setzen, Zurückhechten zu den Stangen damit die nächste Böhe das Zelt nicht wegreißt, steht das Zelt dann endlich. Uff!



                                                                                                    Die Sonne ist inzwischen im Westen untergegangen. Ich beschwere mich nicht – ich wollte in diesem Urlaub so viele „neue“ Dinge erleben wie möglich. Und da gehört auch das Aufstellen des Zelts im Wind dazu. Ich beschließe trotzdem, in Zukunft mehr Sicherheitspuffer zwischen Sonnenuntergang und Aufstellen des Zelts einzubauen.
                                                                                                    Ich krieche glücklich in meinen Schlafsack – nochmal eine wirklich tolle und schöne Stelle, an der ich mein Zelt aufbaue, nochmal ein bisschen Wildnis und Abenteuer zum Schluss des Urlaubs. Top!
                                                                                                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 14.06.2019, 15:07.

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Fuchs
                                                                                                      • 08.02.2009
                                                                                                      • 1737
                                                                                                      • Privat


                                                                                                      #51
                                                                                                      AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                                      Ja, schöner Zeltplatz da oben im Coire Grannda! Als ich an dem namenlosen See war, konnte ich nur ein paar Meter weit sehen. Ich hatte ja vor, am ersten Tag bei brauchbarem Wetter bis dort oben hin zu gehen, um einen schönen Sonnenuntergang zu sehen. Aber das Wetter nahm mir die Entscheidung ab...

                                                                                                      Kleiner Exkurs zu den "seltsamen" Namen. Die sind Gälisch, Schottisch-Gälisch. Und gut, um den gälischen Genitiv zu üben. "Allt" ist ein Bach. Oder einfach nur Bach; das Gälische kennt keine unbestimmten Artikel. An allt ist demnach der Bach. Genitiv von allt ist uillt. "Loch" ist See, lochan ein kleiner See, aber auch der Plural von loch. Beithe ist eine Birke, im Genitiv wird beithe leniert und wird zu bheithe. Loch an uillt-bheite ist also, wörtlich übersetzt, "See des Bachs der Birke". Als wir im Unterricht den Genitiv und Genitivketten lernten, übte ich daheim mit meinen OS-Maps weiter.
                                                                                                      Einen namenlosen kleinen See nenne ich immer Lochan gun ainm - Kleiner See ohne Namen.
                                                                                                      www.faclair.com ist ein gutes Englisch-Gälisches online-Wörterbuch, mit dem man zumindest einen Teil der Namen übersetzen kann. Oder man besucht Gälischkurse in Bonn - die machen sogar Spaß!

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Anfänger im Forum
                                                                                                        • 29.05.2018
                                                                                                        • 43
                                                                                                        • Privat


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                                                                                                        AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                                        Wow, da sind dir aber echt schöne Aufnahmen gelungen. Aber die Motive mit entsprechendem Wetter machen es einem natürlich auch einfach. Die Gegenden um Torridon oder auf der "anderen Seite" Applecross gehören für mich mit zu den schönsten in Schottland. Und ich finde, sie sind - zumindest im Verhältnis - auch im Sommer noch nicht so überlaufen. Aber psssttt...., das soll auch so bleiben

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          • 900
                                                                                                          • Privat


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                                                                                                          AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                                          Samstag 6.4.19 - Schnee auf den Bergen & Kaminfeuer in der Bothy


                                                                                                          Das Ende meines Urlaubs naht. Morgen muss ich den Zug von Strathcarron nehmen – es gibt nur einen am Sonntag. Draußen ist es windig – das Abbauen des Zeltes gelingt mir aber trotzdem recht schnell. Das Wetter ist trübe, wolkig, neblig. Kein Wetter zum Gipfel Besteigen. Schade.


                                                                                                          Zunächst geht es wieder denselben Pfad eine Etage nach oben wie schon gestern.


                                                                                                          Wieder am namenlosen See zwischen den beiden Gipfel vorbei.

                                                                                                          Die Fußspuren von gestern, mit denen ich auf Wasser gestoßen war, sind zugefroren. Es war die richtige Entscheidung, nicht hier oben zu übernachten.


                                                                                                          Nach rechts zeigt sich etwas wie ein Weg – aber was hätte ich davon, bei dem Wetter auf irgendeinen Vorgipfel zu klettern?

                                                                                                          Auch möchte ich meinen Rucksack nicht in dieser Einöde, in dieser Stimmung, irgendwo alleine lassen. Also weiter.


                                                                                                          Es geht bergab – und direkt hinein in den Nebel. Der Boden ist mal gefroren, mal durchweicht, mal voller Schnee. Ein Wanderweg ist nicht erkennbar. Aber macht ja nichts, links und rechts sind Berge.


                                                                                                          Wiederholt stoße ich auf ein Bachbett das mit Schnee bedeckt ist. Trotz gewisser Vorsicht macht es einmal Platsch und ich versinke bis zum Oberschenkel im Schnee. Uff. Hier den Fuß verstauchen, das müsste echt nicht sein.

                                                                                                          Es wird nebliger. Man ist in Gedanken, läuft vor sich hin. Dreht sich um, macht ein Foto. Verschnauft.


                                                                                                          Aber wo war jetzt vorne und wo war links? Und wo rechts? Mist. Ein Blick aufs Navi zeigt mir, dass ich etwa 100m rechts vom Wanderweg laufe. Schon praktisch so ein Ding.


                                                                                                          Dann, endlich, komme ich aus dem Nebel (oder sind es tiefhängende Wolken?) hinaus und kann ins Tal blicken, ins Coire Lair.


                                                                                                          Irgendwann zeigt sich der Loch Coire Lair.


                                                                                                          Blick zurück in den Nebel aus dem ich gekommen bin


                                                                                                          Zur Auswahl stehen The Teahouse und Coire Fionnaraich. Eine der beiden Bothys will ich noch besuchen. Nach einer kurzen Recherche in meinen Unterlagen entscheide ich mich für letztere. Erstere soll sehr klein sein und kaum für eine Person zur Übernachtung taugen. Dann lieber nochmal eine gemütliche größere Bothy mit Kaminfeuer. Damit steht auch der Weg fest – über einen Pfad rauf auf ca. 650m (im Tal befinde ich mich ca. auf 250hm) zwischen den Sgorr Ruadh und den Fuar Tholl. Gerne hätte ich einen der beiden Berge noch bestiegen. Aber das Wetter...

                                                                                                          Also weiter durchs Tal. Lange musste ich nach dem Loch Coire Lair auf die Abzweigung nach rechts warten bis sie nach einer gefühlten Ewigkeit und 5 Blicken auf die Karte endlich kam. Dann war noch der Abfluss des Loch Cooire Lair zu überqueren und dann ging es bergauf.


                                                                                                          Blick zurück zum Loch Coire Lair.




                                                                                                          Schließlich erreichte ich die halbwegs ebene Fläche zwischen den beiden Gipfeln. Wobei eben nicht wirklich treffend ist. Dass sie eben sein würde hatte ich mir nur beim Blick auf die Karte ausgemalt. Soweit ich mich erinnere habe ich hier oben aber immerhin zwei Plätze gefunden, an denen man hätte das Zelt aufschlagen können, was ja eine Idee von gestern gewesen wäre, wenn auch von der anderen Seite kommend.






                                                                                                          Loch a Bhealaich Mhoir, ca. auf 700m.

                                                                                                          Hier oben ist es windig. Und kalt. Und trostlos. Und Einsam. Und Wild. Aber auch wunderschön. Aber wirklich kalt, die Finger frieren langsam ab. Zu viele Fotos, zu oft die Handschuhe ausgezogen. Kein Mensch weit und breit. Relativ lange hatte ich immerhin zwei Fußspuren im Schnee vor mir verfolgt, aber auch die haben sich hier oben recht schnell verloren. Sonderlich wohl ist mir hier oben alleine nicht. Schnell weiter.


                                                                                                          Blick nach Süden zum Fuar Tholl und Creag Mainrichean. Kurz hatte ich überlegt, da raufzusteigen, davon aber recht schnell wieder Abstand genommmen. Alleine, hier oben, einen recht steilen Pfad, schneebedeckt, schmelzend, gefrierend, rutschig – lieber nicht.




                                                                                                          Schließlich musste ich noch ein unberührtes Schneefeld überqueren. Hier meine Fußspuren danach. Dann habe ich endlich den höchsten Punkt erreicht – aber hier ging es wieder bergab, runter zum Loch Coire Fionnaraich. Wegelos. Ca. 450hm recht steil bergab. Aber was machte mir das schon noch.




                                                                                                          Blick nach Westen


                                                                                                          Blick nach Südwest.


                                                                                                          Blick nach Nordwest. Über die flachste Stelle an der Bergkette gegenüber war ich gestern am späten nachmittag gekommen und hatte mich dagegen entschieden, direkt runter zum See und zur Bothy zu laufen, stattdessen war ich rechtsherum um die Bergkette gelaufen auf der ich gerade stehe um noch das nächste Tal zu sehen.




                                                                                                          Wiederholt musste ich auf meinem Weg nach unten Klippen umschiffen, ansonsten war es recht steinig und steil. Und anstrengend. Und voller Ziegenkacke. Wirklich viel davon. Unglaublich. An jeder halbwegs ebenen Stelle wo man mal seinen Rucksack abstellen könnte war es voll davon. Was da unten im Tal ankommt und darüber gelaufen ist schöpft man dann aus einem Bach – und trinkt das kristallklare saubere Bergwasser. Aber naja.





                                                                                                          Dann, endlich, kam ich im Tal an. Und an der Bothy Coire Fionnaraich. Wunderschön, direkt am Fluss gelegen – aber auch sehr nahe an der Zivilisation.


                                                                                                          Was manchmal auch Vorteile mit sich bringt – es gab Kohle, kleines Holz, große Holzsscheite, zwei Säcke mit Kohle – großartig. Danke! Danke an diejenigen, die auf Tagesauflügen aus der Zivilisation sind und Holz / Kohlen dalassen. Ihr seid die Besten! Wenn ich irgendwann mal selbst ne Schottland-Reise mit Auto und Tagesausflügen mache - ich werde mich revanchieren. So ließ ich immerhin eine noch recht volle Gaskartusche in der Hütte.

                                                                                                          Ich bezog eines der beiden großen Zimmer in der oberen Etage – mit Blick auf den Fluss – ließ alles in der Hütte stehen und nahm erstmal ein Bad im Fluss. Brrrrrr. Aber angenehm. Unglaublich, wie frisch und warm man sich danach fühlt. Auch wenn es ein komisches Gefühl ist, in diesem Wetter, alleine, in einen eiskalten Gebirgsbach zu springen. Der Trick ist übrigens, das kurz nach der Ankunft zu machen, wenn einem noch warm vom Hinweg ist. Wenn man es sich erstmal gemütlich macht und zu lange wartet ist es Essig mit der Motivation.

                                                                                                          Dann erkundete ich noch ein wenig die Gegend. Und schließlich ging die Tür auf – und ein Pärchen im Alter Mitte / Ende 30 kam herein. Koch und Jogalehrerin, beide aus einer größeren Stadt in England. Als es dunkel wurde machten wir uns mit einem Teil des Holzes und der Kohle – von letzterer gab es mehr, also vor allem damit – ein schönes Feuerchen. Die beiden bereiteten sich ein fürstliches Mahl mit jeder Menge frischem Gemüse. Vor dem Essen fassten sich die beiden noch an den Händen und machten 20 Sekunden lang „Ommmmmmm“. Auch ein schönes Ritual.

                                                                                                          Auch sämtliche Klischees wurden noch bedient, und die beiden fragten mich schüchtern, ob es mich störe, wenn sie sich eine kleine 'Zigarette' drehten. Die könne man sich, hier in der Einsamkeit, doch mal gönnen. Es störte mich nicht. Auch wenn ich darüber doch innerlich arg schmunzeln musste.


                                                                                                          Ansonsten hatten wir noch einen gemütlichen Abend mit spannenden Gesprächen. Und ich freute mich außerordentlich, noch ein zweites mal in meinem Urlaub in einer Bothy vor einem knisternden Kaminfeuer sitzen zu dürfen. Draußen der Wind, die raue Natur, aber zwischen uns und den Urgewalten Wand und Dach und ein Kaminfeuer. Episch.

                                                                                                          Dann ging es ins Bett.
                                                                                                          Zuletzt geändert von Freedom33333; 25.06.2019, 21:01.

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            • 900
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                                                                                                            Zitat von Borderli Beitrag anzeigen
                                                                                                            Ja, schöner Zeltplatz da oben im Coire Grannda! Als ich an dem namenlosen See war, konnte ich nur ein paar Meter weit sehen.
                                                                                                            Wie du siehst war es bei mir dann nicht so viel besser

                                                                                                            Zitat von Borderli Beitrag anzeigen
                                                                                                            Kleiner Exkurs zu den "seltsamen" Namen. Die sind Gälisch, Schottisch-Gälisch. Und gut, um den gälischen Genitiv zu üben. "Allt" ist ein Bach. Oder einfach nur Bach; das Gälische kennt keine unbestimmten Artikel. An allt ist demnach der Bach. Genitiv von allt ist uillt. "Loch" ist See, lochan ein kleiner See, aber auch der Plural von loch. Beithe ist eine Birke, im Genitiv wird beithe leniert und wird zu bheithe. Loch an uillt-bheite ist also, wörtlich übersetzt, "See des Bachs der Birke". Als wir im Unterricht den Genitiv und Genitivketten lernten, übte ich daheim mit meinen OS-Maps weiter.
                                                                                                            Einen namenlosen kleinen See nenne ich immer Lochan gun ainm - Kleiner See ohne Namen.
                                                                                                            www.faclair.com ist ein gutes Englisch-Gälisches online-Wörterbuch, mit dem man zumindest einen Teil der Namen übersetzen kann. Oder man besucht Gälischkurse in Bonn - die machen sogar Spaß!
                                                                                                            Vielen Dank für die Erläuterung! Ja ein paar Begriffe habe ich mir auch schon erschlossen. Und versuche jedes mal, so genau wie möglich bei den Namen zu sein, auch wenn sich da hin und wieder sicher ein paar kleine Fehler einschleichen.

                                                                                                            Zitat von katha1 Beitrag anzeigen
                                                                                                            Wow, da sind dir aber echt schöne Aufnahmen gelungen. Aber die Motive mit entsprechendem Wetter machen es einem natürlich auch einfach. Die Gegenden um Torridon oder auf der "anderen Seite" Applecross gehören für mich mit zu den schönsten in Schottland. Und ich finde, sie sind - zumindest im Verhältnis - auch im Sommer noch nicht so überlaufen. Aber psssttt...., das soll auch so bleiben
                                                                                                            Wenn man die Gegenden wirklich für sich haben will, muss man es eben machen wie ich oder Borgman letztes Jahr und im März / April wandern. Wenn ich aber die schönen Bilder von Borderli sehe, frage ich mich trotzdem, ob ich es nächstes mal nicht doch im Mai versuche.

                                                                                                            In der Tat gibt es aber zu dieser Gegend doch so einige Reiseberichte hier im Forum. Mit ein bisschen Variation und dem Besteigen von Bergen lässt sich aber doch immer noch etwas neues entdecken.

                                                                                                            edit: Beim Blick auf die Karte frage ich mich z.B. jetzt im Nachhinein, warum ich nicht noch ein Tal weitergelaufen bin zum Lochan Uaine. Da könnte man wegelos durchs Tal und hätte noch eine schöne Variation der Strecke zwischen Achnashellach und Torridon. Zumindest erinnere ich mich an keinen Reisebericht in dem jemand da durch ist.

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              • 900
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                                                                                                              AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                                              Sonntag, 7.4.19 und Montag 8.4.19: Die Abreise



                                                                                                              Blick aus dem Fenster

                                                                                                              Am nächsten Morgen schlafe ich aus und werde gegen 9 Uhr von zwei Mountainbikern geweckt, die an der Hütte vorbeifahren. Erstaunlich, dass die Leute auf dieser Strecke Mountainbiken gehen. Und doch witzig, wie oft die beiden absteigen müssen.


                                                                                                              Da war jemand vor ein paar Tagen Malen in der Hütte.

                                                                                                              Das Wetter von gestern setzt sich fort





                                                                                                              Beim Frühstück kommt schon die nächste Gruppe – eine ganze Familie mit Kindern, Eltern und Großeltern. Machen kurz Pause in der Hütte und laufen dann weiter. Ich mache mir Baked Beans, verabschiede mich von meinen beiden Bothy-Mitbewohnern und dann geht es über den Wanderweg die 3km bis zur A 890.

                                                                                                              Guter Wanderweg, entlang des Bachs der an einer Stelle zu überqueren ist.

                                                                                                              Auf dem Weg begegnen mit noch um die 10 andere Wanderer und Mountainbiker. Umso erstaunlicher, dass ich von Freitag mittag, startend in Torridon, bis Samstag Abend, in der Bothy, keinen Menschen gesehen habe und nochmal das Gefühl von Wildnis genießen durfte.










                                                                                                              Erst hier, nahe der Zivilisation, begegnet man mal wieder Schafen. Diese habe ich auf meinem Trip zwar mehrfach gesehen, aber stets nur nahe der Zivilisation

                                                                                                              Hier kann ich mich entscheiden, nach Achnashellach oder Strathcarron zu laufen. Ich will es mal per Anhalter versuchen. Und siehe da – das dritte (!) Fahrzeug hält an.



                                                                                                              Also bin ich recht früh in Strathcarron, setze mich in das Hotel und vertreibe mir dort die letzten paar Stunden. Dann kommt gegen nachmittag der Zug nach Inverness.




                                                                                                              Dort geht’s nochmal schnell zum Hostel – hier habe ich im Gemeinschaftsraum die 400g Plastiktüte für den Rucksack versteckt – der Mann hinter dem Tresen schaut arg verwirrt und ich triumphiere innerlich als ich feststelle dass die Tüte noch da ist und mein Plan aufgegangen. Dann noch am selben Tag mit dem Bus nach Edinburgh.

                                                                                                              In Edinburgh übernachte ich in einem Hostel direkt im Stadtzentrum – und unterhalte mich noch lange mit der Dame am Empfang – wie könnte es anderes sein, einer Deutschen. Die auch schon ein wenig älter ist als sie aussieht und sich seit einigen Jahren mit Jobs wie diesem durch Europa arbeitet. Es ist immer wieder faszinierend, was es alles für Lebensentwürfe gibt.

                                                                                                              Beim Frühstück am nächsten Tag – wen wunderts, am Frühstückstisch sitzt eine Gruppe Deutscher – stellt sich heraus, dass das eine Mädel meinen Bothy-Mitbewohner aus der ersten Bothy-Nacht irgendwo getroffen hat. Schottland ist klein . Backpacker sind sie alle, wenn auch eher von Hostel zu Hostel.

                                                                                                              Ich schaue mir noch ein wenig die Stadt an, lasse den Rucksack im Hostel und decke mich noch mit Schokolade und Cookies ein.

                                                                                                              Dann geht es mit dem Bus zum Flughafen und zurück nach Deutschland.

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Dauerbesucher
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                                                                                                                • 900
                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                                                Fazit:
                                                                                                                Ich hatte am Beginn meines Reiseberichts ja die Frage aufgeworfen, welche meiner Erwartungen sich erfüllen sollten. Und was soll ich sagen – alle. Plus weitere, die ich zu Beginn gar nicht auf dem Schirm hatte, wie etwa gute Gespräche mit Gleichgesinnten vor einem schönen Kaminfeuer oder Tiere aus nächster Nähe zu beobachten.

                                                                                                                Auch habe ich mich auf dieser Tour, das kann man denke ich durchaus sagen, vom Anfänger zum Fortgeschrittenen entwickelt. War es am ersten Tag noch ein Abenteuer, wegelos einen Hügel mit 200hm zu besteigen, habe ich während der Tour gelernt, mir meinen Weg wegelos durch die Einsamkeit zu bahnen, Gipfel zu besteigen, Bergketten und Flüsse zu überqueren.

                                                                                                                Alles in allem mein bester Urlaub bisher. Klar, das Wetter hätte besser sein können, aber die Natur ist eben nicht immer schön und sonnig – sie ist auch mal rau, nass, kalt und wild. Darin unterscheidet sie sich ja gerade von einer Stadt. Wer also kein ausgemachter Schönwetterwanderer ist – was die meisten sind, die ich außerhalb dieses Forums so kenne – dem kann ich durchaus auch empfehlen, auch mal im März / April in Schottland wandern zu gehen. Schöneres Wetter wird man statistisch freilich eher im Mai haben.

                                                                                                                Wer Einsamkeit sucht, dem kann ich zu dieser Jahreszeit diese Gegend ebenfalls empfehlen. Wenn ich jeweils die beiden Wege von der Bothy Craig nach Lower Diabeig (ca. 1,5 Stunden) und Coire Fionnaraich nach Strathcarron (weniger als 1 Stunde) weglasse, weil beide Bothys eben sehr nahe an der Zivilisation sind, sind mir kaum Wanderer begegnet. An 15 Tagen 7 Personen. In den ersten 6 Tagen sogar nur eine einzige Person.

                                                                                                                Ansonsten möchte ich gerne noch danke sagen – danke an alle, die sich die Mühe machen, hier im Forum Reiseberichte zu schreiben. Ohne diese Berichte wäre ich nie auf die Idee gekommen, in Schottland wandern zu gehen und würde wahrscheinlich gar keine andere Welt kennen als die der Städte, Hostels, Hütten und Tagesausflüge. Und erst solche Berichte bestärken einen auch darin, dass man nicht immer um jeden Preis versuchen muss, eine Reisebegleitung zu finden, sondern dass man durchaus auch alleine wandern gehen kann. Es ist immer wieder witzig, wenn ich normalen Freunden und Bekannten von meinem Urlaub erzähle. Jedes mal kommt die Frage: „Toll. Und mit wem?“ „Alleine“ „WAS?????“

                                                                                                                Stattdessen habe ich nun zwei tolle Urlaube gehabt, konnte alle Punkte meiner To Do Liste abhaken und habe schon wieder einige neue Dinge auf meiner Liste. Zum einen natürlich in Schottland, zum anderen die für mich noch großen Unbekannten, Skandinavien und Island. Und irgendwann, in ein paar Jahren, wenn es meine Finanzen erlauben, Kanada.

                                                                                                                Danke fürs Lesen!

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Fuchs
                                                                                                                  • 08.02.2009
                                                                                                                  • 1737
                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                  AW: [SCO] Solo – Berge, Bothies, Flüsse, Meer – 15 Tage Wester Ross im März

                                                                                                                  Ein schönes Fazit!

                                                                                                                  Danke für den Bericht und für die Bilder. Der erste Teil deines Berichts veranlasste mich dazu, für meine Tour eine Alternative zur "Shenavall-Flussquerung" zu suchen; im zweiten Teil habe ich mir schon ein paar Anregungen geholt; und insgesamt muss ich sagen: Tolle Tour! Respekt!
                                                                                                                  Dein Bericht wird zu den Berichten gehören, die ich immer wieder mal lesen werde, da bin ich mir sicher.

                                                                                                                  Kommentar