• Borgman
    Dauerbesucher
    • 22.05.2016
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    [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 64.528002809
    Längengrad -20.07442474
    [Áfram Ísland! Wer während der Fußball-WM in Island war, konnte sich der ansteckenden Begeisterung der Isländer für ihre Nationalmannschaft wohl kaum entziehen. Schon am Flughafen wurden wir ankommenden Touristen damit begrüßt, in der Stadt war der Ruf auf T-Shirts, Plakaten und in Schaufenstern allgegenwärtig. Er ist mit so viel fröhlicher Energie aufgeladen, dass ich nicht anders konnte, als den Titel daran anklingen zu lassen. Áfram og áfram, weiter und weiter, könnte das Motto jedes Wanderers sein.]


    Eine Wanderung ohne festen Plan von Hveravellir zum Laugarvatn

    Reisezeit: 23. Juni bis 10. Juli 2018


    Vorbemerkung

    "Aah, Island!" sagt mein Nachbar "Schön! Insel aus Feuer und Eis! Gletscher, Wasserfälle, dazwischen leuchtendes Moos und ein paar glücklich lächelnde Schafe! Mir wär das ja zu kalt, aber sehen möchte ich das schon mal, die Geysire und Vulkane."

    Na, das Klischee ist natürlich bekannt, und Du findest das auch alles auf Island. Am besten machst Du eine Bustour - "Golden Circle an einem Vormittag" oder "Islands geheimste Naturwunder". Was auch immer, es gibt dutzende. Nur wirst Du das in diesem Reisebericht nicht finden, tut mir leid.

    Oder vielmehr wirst Du in diesem Bericht auch davon etwas finden, wenn Du geduldig suchst, nur vielleicht nicht in der adretten, reiseführertauglichen Form, die Du bestimmt erwartest. Ich gebe Dir mal einen Vorgeschmack, dann kannst Du selber entscheiden, ob Du das hier wirklich lesen willst:


    Der Gletscher...




    ...der Wasserfall...




    ...das leuchtende Moos...




    ...und von mir aus auch das glücklich lächelnde Schaf (OK, Schafe hab ich nicht wirklich gesehen, aber das hier kommt dem wohl recht nahe).




    Nein, so ganz wie aus dem Reiseführer wird dies hier nicht, das vorab als Warnung an alle, die sich vor allem an spektakulären Bildern satt sehen wollen. Grau, nass, sandig und dreckig war meine Tour am Langjökull zu großen Teilen, und genau so soll auch der Bericht aussehen. Klingt zu negativ? Keineswegs, ich liebe Wind und Wetter, wenn ich denn alle paar Tage meine Sachen getrocknet bekomme, und ich liebe karge, steinige Landschaft und die wunderschönen, mir immer besonders kostbar und tapfer erscheinenden Vegetationsflecken inmitten der kargen und steinigen Landschaft.




    Áfram!


    Jetzt noch kurz ein Wort zur Routenplanung, die in Wirklichkeit keine ist. Im Gegensatz zu früheren Wandertouren habe ich diesmal darauf verzichtet. Keine Route ausgearbeitet, keine Kilometer ausgemessen, nur das Gebiet und den Startpunkt festgelegt. Die Idee kam mir im vergangenen Jahr auf Seiland, als alles nicht so geklappt hat wie geplant. Da habe ich mich gefragt, wie es wohl wäre, nicht dem Ideal einer Tour hinterherzuhecheln, sondern sie aus dem Moment heraus entstehen zu lassen. Um den Langjökull herum gibt es so viele interessante Ecken, da ist es doch eigentlich egal, welche davon ich besuche und welche nicht. Und so bin ich diesmal nach Lust und Laune und Wetterlage meiner beständig schwankenden Neigung gefolgt.

    Wie sich das bewährt hat? Ihr werdet es sehen...

  • Blahake

    Vorstand
    Fuchs
    • 18.06.2014
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    #2
    AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

    Das fängt schon mal großartig an! Und die Taktikänderung nach der Seiland-Erfahrung klingt sehr weise, ich wette, das ist aufgegangen
    Bin gespannt, wie es weitergeht!

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    • Annichristine
      Gerne im Forum
      • 16.05.2017
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      #3
      AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

      Von Island kann ich gar nicht genug bekommen. Freue mich schon auf den Bericht. Vor allem von den eher nicht so ausgetretenen Pfaden.

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      • Leitwolf
        Fuchs
        • 02.03.2010
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        #4
        AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

        Wir sind blinde Passagiere unter einem Sternenzelt.Wir sind Koenige und Bettler auf der Suche nach uns selbst. Sind die Herrscher des Planeten, bis sie auseinander fällt.
        Und nur zu Gast auf dieser Welt.

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        • Fjellfex
          Fuchs
          • 02.09.2016
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          #5
          AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

          áfram!

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          • jiba
            Erfahren
            • 09.03.2018
            • 163
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            #6
            AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

            Yay, das fängt spannend an! Ist abonniert!

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            • littlefoot
              Gerne im Forum
              • 08.08.2006
              • 57
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              #7
              AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

              Ja, dann nehme ich mir mal ein schönes kühles Getränk und eine Tüte Chips, mache es mir gemütlich und warte gespannt auf die Dinge, die da kommen.

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              • Borgman
                Dauerbesucher
                • 22.05.2016
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                #8
                AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                Danke an Alle für Euer Interesse und die anspornenden Kommentare!

                Bin schon wieder fleißig am Schreiben, es geht bald weiter.

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                • evernorth
                  Fuchs
                  • 22.08.2010
                  • 1835
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                  #9
                  AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                  Ich bin gespannt, wo du dich wieder rumgetrieben hast ( und der Junge hat sich auch wieder dreckig gemacht...tzzz.... ).
                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                  • Borgman
                    Dauerbesucher
                    • 22.05.2016
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                    #10
                    AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                    23. Juni: Anreise und Einleitung

                    "Nach Island, das ist ja interessant" sagt der nette Mann, mit dem ich in der Warteschlange vor dem Gepäckschalter ins Gespräch komme "gibt es da keinen Direktflug von Hannover? Ja, sehen möchte ich das auch mal, die Geysire und so. Aber zum Wandern wäre mir das bestimmt zu kalt. Letztes Jahr waren wir in Kroatien, das war schön. Da sollten Sie auch mal hin." Anscheinend stellen sich die Leute vor, dass in Island alle paar Meter ein kochender Wasserstrahl aus dem Boden schießt. Und wenn ich ihm jetzt sage, dass es in Reykjavik heute auch nicht kälter ist als momentan in Hannover, nämlich 10°C? Nein, ich lasse mir lieber was von Kroatien erzählen, da will meine Frau im Oktober mit mir hin. Ob mir das im Herbst noch zu warm sein wird?

                    Wie sich herausstellt fliegt er Business Class in die USA, geschäftlich, bleibt aber noch eine Weile in der Schlange für "Euro Traveller", um mir die Vorteile des Radisson Blu Hotels in Split zu vermitteln. "10 Tage mit Frühstück und Blick aufs Meer, wir hatten selten so eine herrliche Aussicht. Kostet zwar ein paar Euro mehr, aber das war es wert." Da kann ich natürlich nicht mithalten, habe ich doch in Reykjavik das billigste verfügbare Einzelzimmer im Stadtzentrum gebucht, in einem der vielen kleinen Gästehäuser. Und sogar das ist für mich ungewöhnlich, normalerweise schlafe ich immer schon die erste Nacht im Zelt. Nur will ich nicht auf den wuseligen Campingplatz, der keine Nachtruhe kennt.

                    Heathrow Terminal 5 - in meinen Augen einer der schlechtesten Orte um in Urlaubsstimmung zu kommen. Ich fühle mich beengt hier und werde unruhig. Kaufe mir ein Mittagessen und mache einen vorläufigen Plan für den Abend. Wenn alles klappt, landen wir um 17:30 Uhr in Keflafik, dann könnte ich gegen 19:00 Uhr in Reykjavik sein und ich hätte noch genügend Zeit zum Einkaufen. Da haben die meisten Supermärkte in der Innenstadt schon zu, nur der Krónan Nóatún hat bis 21:00 Uhr geöffnet, zum Glück nicht weit von meinem Gästehaus. Spiritus bekomme ich hoffentlich schon an der Tankstelle am BSÍ. Klingt entspannt.

                    Nur klingt das nicht mehr lange entspannt. Wir haben erst mal keine Starterlaubnis, dürfen die Anschnallgurte wieder lösen und unsere elektronischen Geräte benutzen. Jetzt bin ich wieder mal der Einzige, der nicht auf seinem Schlaufon daddelt. In frühestens 45 Minuten, lautet die Durchsage. Noch ein Plan, den ich in die Tonne treten kann. Als es dann doch irgendwann losgeht und die Flugbegleiter ihre überteuerten Getränke anbieten, kaufe ich mir ein Bier für £4,45. Damit gelingt es mir innerhalb kürzester Zeit, in eine meditativ-gleichgültige Stimmung zu kommen. Ein Hoch auf legale Drogen!

                    Erst als wir mit einer halben Stunde Verspätung in Keflavik landen dämmert mir, dass das jetzt für längere Zeit mein letztes Bier war, das auch tatsächlich ein bisschen Alkohol und Geschmack enthält. Bei meinem letzten Island-Besuch vor acht Jahren fand ich Egils Leichtbier im wahrsten Sinne des Wortes ernüchternd. Damals wie heute dauert es eine halbe Ewigkeit, bis mein Rucksack mit Schmackes aus der Katzenklappe herausgepfeffert wird. Jetzt noch durch die ... Einreisekontrolle? Gab es die damals auch schon? Ich weiß es nicht. Hoffentlich erreiche ich wenigstens einen fast vollen Flybus, der bald abfährt. Auch hier Fehlanzeige, aber er füllt sich recht flott.

                    Am BSÍ sind wir kurz nach halb Acht, das geht doch noch. Wenn ich jetzt die Beine in die Hand nehme, schaffe ich den Einkauf locker bis der Krónan schließt. Zuerst zur N1-Tanke. Toll, da gibt es alles, Reinbenzin und verschiedene Sorten Gaskartuschen, aber auch auf Nachfrage des netten Mitarbeiters bei seinem Chef keinen Spiritus. Erst mal egal, das ist ein Problem für später. Ich schwinge die Hufe und schaffe es in 20 Minuten zum REK Inn, wo ich nur den großen Rucksack abwerfe und den Leichtrucksack durchsortiere. Gut in der Zeit, zum Krónan ist es nur ein Katzensprung. Da dies meine letzte Einkaufsmöglichkeit für zwei Wochen ist, will ich in Ruhe aussuchen was und wie viel ich brauche. Erstaunlich voll der Laden, vor allem jugendliche Kundschaft. Oh, es gibt Egils Pilsner, volle Dröhnung mit 2,25 Umdrehungen, das wär's doch jetzt!

                    Hebe ich mir für später auf, Spiritus ist jetzt wichtiger. An der Ecke Borgartún und Kringlumýrarbraut ist die nächste Tankstelle, wenn es da keinen gibt laufe ich zum Campingplatz. Uff, nicht nötig, hier stehen die hübschen roten Flaschen in Reih und Glied, ein herzerfreuender Anblick. Ich nehme zwei und bestelle noch einen Milchkaffee. Um die Ecke gibt es eine einladende Picknickbank, nur leicht regenfeucht, da kann ich die gelben Plastiktüten kurz abstellen und ganz entspannt eine rauchen.

                    Schön, das hat doch alles prima geklappt. Nur noch bei einem Geldautomaten etwas Bargeld holen, falls ich mal an einer Hütte nächtigen will. 3.000 Kr müssten reichen, ansonsten kann man in Island ausnahmslos alles mit Kreditkarte bezahlen. Kurz nach 22:00 Uhr komme ich leicht verschwitzt wieder zum REK Inn, gerade als Andri, der Besitzer dieses noblen Etablissements mit drei Zimmern, ebenfalls vorbeischaut. Er ist richtig nett und fragt, was ich in Island alles machen will. Eigentlich hätte ich erwartet, dass er zwei Wochen Wandern ohne festgelegten Plan einigermaßen absonderlich findet, aber es stellt sich heraus, dass er einen Freund in Norwegen hat und mit dem Begriff des Friluftsliv und dessen Bedeutung vertraut ist.

                    Ob ich zum ersten Mal in Island sei, fragt er. Nein, das ist jetzt mein vierter Besuch auf der Insel, zuletzt bin ich vor acht Jahren vom Abzweig Kerlingarfjöll an der 35 in drei Wochen bis zum Mývatn gelaufen. Eine großartige Tour voller unvergesslicher Erlebnisse, ich gerate ins Schwärmen, was Andri sichtlich freut. Diesmal soll es kleiner und entspannter werden. Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile über dies und das, dann gibt er mir noch einen kleinen Rabatt auf den Übernachtungspreis und verabschiedet sich. Obwohl es schon spät ist, brauche ich nach der heißen Dusche und einem sparsamen Abendbrot noch einen Spaziergang. Es wird ja sowieso nicht dunkel, die Uhrzeit verliert ihre Bedeutung.




                    24. Juni: Busfahrt nach Hveravellir und Aufbruch in die Wildnis

                    Um 6:00 Uhr klingelt der Wecker, denn ich muss noch alle Nahrungsmittel fachgerecht einpacken, was erfahrungsgemäß nur mit einigen Versuchen und Irrtümern gelingt. Dabei stellt sich heraus, dass ich eine Packung Kornmo zu viel gekauft habe. Na, besser als zu wenig, bei der Menge kommt es darauf auch nicht an. Doch der neue Xenith 88 hat das perfekte Format, es rutscht alles wie von selbst auf seinen Platz. Viel schneller als erwartet bin ich abmarschbereit und laufe durch den Nieselregen zum BSÍ, die Zeit reicht sogar noch für einen Kaffee von der Tanke und ein Muffin.



                    Nachdem ich gestern so viel mit den Besorgungen beschäftigt war, freue ich mich jetzt richtig auf die Tour. Termine und vorgegebene Zeiten spielen für zwei Wochen keine Rolle mehr, es breitet sich ein wohliges Gefühl von Freiheit aus, diesmal sogar ungetrübt von Gedanken, ob ich diese oder
                    jene Schlüsselstelle schaffe und alles wie geplant klappt. Dafür sollte ich mir auf der Fahrt durch die eintönigen, moosbewachsenen Lavafelder nach Selfoss langsam mal überlegen, ob ich von Hveravellir aus östlich oder westlich um den Langjökull herumgehe. Eigentlich finde ich nach der Karte die Ostseite interessanter, nur sieht das Wetter in dieser Gegend nicht sehr günstig aus, von Süd bis Südwest soll viel Regen aufziehen, der sich dann am Gletscher staut. Im Norden wird davon bestimmt nicht mehr viel ankommen.

                    Andererseits ist die Wettervorhersage in Island bekanntermaßen noch unzuverlässiger als anderswo auf der Welt, da fällt mir sofort Antracis' würfelnder Odin ein und ich muss Schmunzeln. Nein, nach so schlampigen Göttern richte ich nicht meine Tour aus, die Entscheidung wird auf den Nachmittag verschoben, wir sind sowieso bald am Geysir. Knappe halbe Stunde Pause für alle, die noch ein Foto vom Strokkur im Nieselregen brauchen, yeah, oder mal aufs Klo müssen. Dann die paar Kilometer zum Gullfoss, jetzt schon bei stärkerem Regen. Auf das Spektakel verzichte ich heute mal, kaufe mir lieber einen Kaffee und lasse die Touristenströme an mir vorbeiziehen.



                    Danach geht es eine ganze Weile auf der Hochlandstraße 35 weiter, mit guter Sicht auf die Berge, so dass ich mir schon mal einen Eindruck von der Schneelage verschaffen kann. Etwas mehr als 2010 könnte es schon sein, das war auch Ende Juni, sieht aber nicht problematisch aus. Anders als damals fahren wir heute die F347 bis ganz nach Ásgarður in den Kerlingarfjöll. Einige steigen hier aus um ein paar Tage zu wandern. Beinahe beneide ich sie, denn dieses Gebirge fand ich absolut faszinierend. Ein anderes Mal. Das Wetter hat sich gebessert, und so vertrete ich mir auch die Beine und mache ein paar Fotos.


                    Jökulfall, Hofsjökull


                    Ásgarður



                    Sobald wir wieder auf der 35 sind, dauert es nicht mehr lange bis Hveravellir, wo wir um 14:20 Uhr fast pünktlich ankommen. Der Rucksack kann erst mal noch stehen bleiben, bis ich mir das Geothermalgebiet in Ruhe angeschaut habe.







                    Das heiße Bad muss allerdings ausfallen, jetzt will ich endlich losgehen. Die Entscheidung ob nach Nordwest oder Südwest ist inzwischen auch gefallen, ohne dass ich groß nachgedacht hätte. Ich halte mich Richtung Hundavötn, also Nordwestlich, und schaue mal, wie das Gelände dort aussieht. Auf jeden Fall heißt das erst mal ein Stück auf der Piste F735, die nach einem halben Kilometer gesperrt ist. Der Untergrund ist tatsächlich an manchen Stellen so stark aufgeweicht, dass ich selbst zu Fuß schauen muss, wo ich hintreten kann ohne zu tief einzusinken. Dank Dieters Bericht von 1997, den ich gut in Erinnerung habe, weiß ich ungefähr, was mich auf der Strecke erwartet.

                    Zuerst kommt der Schafzaun, leicht zu überwinden, dann geht es pfadlos über Sand mit ein paar eingestreuten Steinen und kriechenden Weiden zum Bach Þegjandi, der ebenfalls leicht zu überwinden ist. Ich genieße es, durch die weite Ebene nur nach Sicht draufloszulaufen, ohne genau wissen zu müssen wo ich herauskomme. Ein schönes, freies Gefühl. Das trockene Wetter hat sich gehalten, es ist bedeckt und nicht kalt, vielleicht 12°C.



                    Bald stoße ich auf den Bach, der aus der Oddnýjargil kommt und, gesäumt von Schneefeldern, deutlich mehr Wasser führt. Wie sich herausstellt, wird er auch von einigen kräftig sprudelnden Quellen gespeist. Auf dem zweiten Foto sieht man eine davon.





                    Diesen Bach werde ich auch queren müssen, denn ich will zumindest noch den Rand der Ebene Tjarnadalir erreichen, wo sich die Hvannavallagil in den Berghang einschneidet. Selbst an der breitesten Stelle scheint das Wasser für die Stiefel noch zu tief zu sein, aber ich habe keine Lust, die Sandalen anzuziehen und probiere es trotzdem mit schnellen, langen Schritten. War ja klar, in den rechten Stiefel läuft dabei etwas Wasser. Ist mir jetzt egal, das trocknet auch wieder.

                    Von hier bis zum rettenden Berghang muss ich allerdings sowieso ein extrem nasses Feuchtgebiet durchqueren, das die Wasserdichtigkeit meiner Schuhe auf eine harte Probe stellt. Etwa einen Kilometer wate ich durch knöcheltiefes Wasser. Auf dieser Tour sind meine alten Hanwag Alaska am Start, die bequemsten Stiefel, die ich je hatte. Da die Membran schon lange nicht mehr dicht ist, habe ich das Leder vor der Tour großzügig mit Wilmas Kängsko Smorning getränkt (jawohl, das ist Fett und kein Wachs). Und, ich bin selber überrascht, es dringt nur minimal Feuchtigkeit ein.



                    Als das Gelände endlich trockener wird und ansteigt, kommt die Nässe plötzlich von oben, es beginnt zu regnen und der Wind frischt deutlich auf. Da entdecke ich auch schon einen passablen Platz um das Zelt aufzubauen. Schön, das fügt sich doch heute ganz wunderbar, den nehme ich. Nach wenigen Minuten steht das Zelt, schnell noch Wasser holen, dann kann ich mich einbunkern, bevor es richtig losgeht. Im trockenen Zelt zu sitzen, dem Regen zu lauschen, dem anschwellenden Ruf des Regenbrachvogels, begleitet vom monotonen Klagen des Goldregenpfeifers, das ist reinste Glückseligkeit. Bald kommt das gemütliche Rauschen des Spirituskochers dazu. Ich bin in Island und fühle mich sauwohl!

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                    • Fjellfex
                      Fuchs
                      • 02.09.2016
                      • 1511
                      • Privat


                      #11
                      AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                      Zäfix! Gerade jetzt, wo der spannende Bericht hier losgeht, "muß" ich zu meinem Flieger Richtung Norwegen....

                      Sowas nennt man wohl schlechtes Timing...

                      Na ja, habe dann weningstens einen Grund, wieder zurückzukommen.

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                      • Borgman
                        Dauerbesucher
                        • 22.05.2016
                        • 768
                        • Privat


                        #12
                        AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                        @ evernorth: Na, mit dem Schlamm im Gletschervorland kennst Du Dich ja bestens aus ... zu viel Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild (ich denke da an Schühchen und Beinkleid) sollte man jedenfalls nicht haben, wenn man da herumspaziert

                        @ Fjellfex: Du hättest den Flug noch mal umbuchen können, aber bei meinem langsamen Schreibtempo ist es so herum wahrscheinlich besser. Wenn Du zurück kommst, habe ich bestimmt noch nicht mal die Hälfte geschafft
                        Falls Du das noch liest: Viel Spaß in Møre og Romsdal!

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                        • evernorth
                          Fuchs
                          • 22.08.2010
                          • 1835
                          • Privat


                          #13
                          AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                          Da kann ich dir nur vollumfänglich zustimmen.
                          Ich darf auch bald wieder im Matsch spielen.
                          Am Freitag geht es bei mir wieder los,
                          auf die Insel.
                          „Schühchen und Beinkleid“ werden dann wieder auf eine besondere Probe
                          gestellt. ......und meine Geduld, die will ich hier nicht unterschlagen.


                          Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                          @ evernorth: Na, mit dem Schlamm im Gletschervorland kennst Du Dich ja bestens aus ... zu viel Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild (ich denke da an Schühchen und Beinkleid) sollte man jedenfalls nicht haben, wenn man da herumspaziert
                          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                          • Borgman
                            Dauerbesucher
                            • 22.05.2016
                            • 768
                            • Privat


                            #14
                            AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                            Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                            Am Freitag geht es bei mir wieder los,
                            auf die Insel.
                            da wünsche ich dir eine gute Reise und drück dir die Daumen für die Tour! Bin schon sehr gespannt, was du diesmal alles erlebst und berichtest.

                            (...und wir dürfen hier weiter in der Backofenhitze schmoren, bis wir aussehen wie getrocknete Feigen )

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                            • Borgman
                              Dauerbesucher
                              • 22.05.2016
                              • 768
                              • Privat


                              #15
                              AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                              25. Juni: Dauðsmannskvísl

                              Kurz vor dem Einschlafen stolperte gestern noch ein Gedanke durch mein wegdämmerndes Hirn, der mich nach einer Schrecksekunde laut auflachen ließ: "Im Waschbeutel ist keine Seife!" Beim Zähneputzen war mir das nicht bewusst aufgefallen, doch jetzt sah ich sie, unauffällig blassgrün und doch so kostbar auf der Duschablage im REK Inn vor meinem inneren Auge. Ein nicht ganz halb volles Fläschchen Sea to Summit Body Wash, ich werde es schmerzlich vermissen. Natürlich kommt man auch mal ein paar Tage ohne Seife aus, aber zwei Wochen? Ich muss doch mal zwischendurch die Haare waschen, und was ist mit der Unterwäsche und den Socken? Nur kurz durchs Wasser ziehen ist keine Lösung. Trotz dieser aus hygienischer Sicht trüben Aussichten, konnte ich hervorragend schlafen, bis gegen 3:00 Uhr früh.

                              Sturmböen knallen auf das Zelt, schütteln es gründlich durch. Vielleicht hört es sich auch nur so an wie Sturmböen, weil das Außenzelt im Regen schlaff geworden ist und jetzt gerne mal nachgespannt werden könnte. Der Wind fegt jedenfalls über die Ebene, und mein Soulo ist hier das Einzige, was sich nicht wegduckt, also bekommt es seine Kraft zu spüren. Doch die Leinen haben sicheren Halt, es besteht kein Anlass zur Eile. Erst eine Stunde später kann ich mich aufraffen und wanke nach draußen. Oh, das Wasser steht ja deutlich höher in den Wiesen, gut dass ich da heute nicht mehr durch muss.

                              Zurück im Zelt bin ich durchgefroren und setze Wasser für einen sehr frühen Kaffee auf. Die Flamme wird so hin- und hergeweht, da brauche ich sogar in der Apsis einen Windschutz aus Stiefeln und Sandalen. An der Luvseite sind die Sachen im Innenzelt etwas nass geworden, vielleicht Kondenswasser, oder das Außenzelt hat doch nicht ganz dicht gehalten. Egal, das trocknet auch wieder. Nach dem Kaffee kann ich noch mal richtig einschlafen.



                              Frühstück gegen Zehn, da hat der Regen schon aufgehört, die Sonne kommt durch, und der Wind bläst jetzt stetig, ohne die wütenden Böen. Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich überhaupt keine Lust zum Losgehen, am liebsten möchte ich schlafen. Um mich doch noch zu motivieren, nehme ich mir vor, es ruhig angehen zu lassen. Zuckerbrot statt Peitsche.



                              Als endlich das wild flatternde Zelt gebändigt und am Rucksack festgeschnallt ist, gehe ich erst mal ein Stück den Hang hinauf zur Hvannavallagil. Normalerweise bekomme ich beim Laufen immer gute Laune, aber heute komme ich irgendwie nicht in die Gänge, fühle mich ausgelaugt. Und dann auch noch das: Þúfur, gleich zu Beginn, also Buckelwiesen. Das steigert meine Laune auch nicht gerade. In der Schlucht liegt wie erwartet noch viel Schnee, der immerhin die Überquerung des Baches erleichtert.


                              Þúfur


                              Hvannavallakvísl

                              So ganz vertrauenerweckend sieht die Schneebrücke nicht aus, aber sie hält. Auf der anderen Seite geht es kurz die steile Böschung hoch, danach wieder über Þúfur bis zum flachen Übergang nach Norden. Schon unter normalen Umständen nicht das angenehmste Gelände, aber heute ist bei mir eindeutig der Wurm drin. Bis zum Dauðsmannskvísl (Leichenbach) will ich es noch schaffen, dort irgendwo das Zelt aufbauen und abwarten, ob ich mich nach einer Pause besser fühle. Immer wieder muss ich kurz stehenbleiben und verschnaufen, für die restlichen zwei Kilometer brauche ich eine weitere Stunde. Regenschauer, anhaltend kräftiger Wind, normales Islandwetter.



                              In der Nähe des trüben Gletscherbachs finde ich einen etwas hubbeligen, aber trockenen Platz mit Blick auf die schier endlose Ebene. Die Weite wirkt fast ein bisschen einschüchternd, so winzig und unbedeutend komme ich mir her vor. Was habe ich hier bloß verloren, eingehüllt in mehrere Lagen Stoff, Leder und Gummi um die Füße, damit meine blasse, weiche Haut um Himmels willen nicht in Berührung kommt mit Steinen, Wind und Regen? Was suche ich hier? Der einsetzende Regen vertreibt dann auch die nachdenkliche Stimmung, schnell ist das Zelt aufgebaut und der Rucksack hineingeworfen. Mein Schneckenhaus aus Stoff.

                              Als die Matte aufgeblasen ist, will ich mich eigentlich nur kurz ausstrecken vor dem Mittagessen, schlafe aber sofort ein. Was ich hier suche? Momentan nur Erholung. Die vergangenen Wochen und Monate waren anstrengend. Vielleicht habe ich einen kleinen Entlastungs-Infekt, der nicht so recht ausbricht, oder ich brauche diesmal einfach etwas länger zum Akklimatisieren. Was auch immer, heute gehe ich jedenfalls nicht weiter. Richte mich ein, hole trübes Wasser aus dem Bach und schlafe noch eine Runde. 4°C am Nachmittag, keine Wetteränderung.


                              26. Juni: Nach Süden!

                              Trotz des faulen Nachmittags habe ich wieder hervorragend geschlafen. Mäßiger Wind heute früh, leichter Frost. Während das Wasser für den ersten Kaffee des Tages langsam heiß wird und der Kocher seine gemütliche Wärme verbreitet, kommen mir erste Zweifel an meiner Entscheidung, zur Westseite des Langjökull zu gehen. Dazu trägt sicher meine momentane Dauermüdigkeit ihren Teil bei. Irgendwie traue ich mir diese sehr abgeschiedene Route nicht zu, dagegen wird die Ostseite immer attraktiver, da gibt es Hütten, und ich treffe vielleicht auch mal Menschen. Eine Hütte, na klar! Da kann ich bestimmt etwas Seife besorgen.


                              Am Dauðsmannskvísl

                              Nach dem Frühkaffee und einer weiteren Runde Schlaf steht die Entscheidung fest, ich gehe wieder zurück und dann weiter nach Süden. Das fühlt sich richtig an. Nur hat der Wind wieder deutlich zugelegt und treibt Schneegriesel vor sich her. Den Aufbruch verschiebe ich lieber noch eine Weile, denn ich müsste jetzt genau gegen den Wind laufen. Bin ich eigentlich schon so verweichlicht, dass mich das abschreckt? Vielleicht ja, aber ich muss mir auch nichts beweisen, das soll immer noch eine Tour nach Lust und Laune werden.

                              So viel geschlafen wie in diesen zwei Tagen habe ich schon seit Monaten nicht, langsam merke ich, wie gut mir das getan hat, meine Kraft und Unternehmungslust erwacht. Um 18:00 Uhr habe ich mein Geraffel zusammengepackt und lasse den Leichenbach hinter mir. Das war ein seltsamer Tourstart, man könnte auch Fehlstart sagen, aber wahrscheinlich brauchte ich genau so etwas, um zu mir selber zu kommen. Zurück gehe ich etwas höher, meist über Schneefelder, damit ich oberhalb der Hvannavallagil bleibe.


                              Blick zurück


                              In Marschrichtung ziehen schon wieder dicke Wolken auf

                              Die ersten Nieselschauer künden von mehr Regen, da suche ich mir lieber bald einen Platz, was zwischen Þúfur und aufgeweichtem Schutthang gar nicht so einfach ist. Eine ganz ebene Stelle ist nicht zu finden, aber ich will auch nicht lange hier bleiben. Morgen wird ein guter Tag, ganz sicher!

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                              • st3vie
                                Gerne im Forum
                                • 30.12.2016
                                • 53
                                • Privat


                                #16
                                AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                Vielversprechender Bericht bisher! Ich bin gespannt wie es weiter geht, da es ja aufgrund deines Vorhabens recht unvorhersehbar ist.

                                Island steht auch schon lange auf meiner Liste.

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                                • Sylvie
                                  Erfahren
                                  • 20.08.2015
                                  • 361
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                  So schön geschrieben, Bernd!!!

                                  Bufur, hab ich noch nie gehört. Und in der Form auch noch nicht gesehen. Da sind Steine drunter oder? Wahrscheinlich so ähnlich wie die übermoosten Geröllhalden in Finnland, nur dass dort die Steine kantiger waren und nicht so groß. Da zu laufen, war extrem unangenehm, wie dumm muss sich das erst auf Bufur laufen? Waren die Bufur-Felder groß? Wie lange hat das gedauert, da durchzuwaten?

                                  Das mit der Müdigkeit anfangs hatten wir dieses Jahr auch. Vielleicht ist es so, wenn man vorher viel Stress hatte. Mich hat das auch gewundert - aber dann kehrte es sich ja um ins Gegenteil und ich war nur noch wach. Liegt das an den langen Tagen? Ich bin gespannt, wie es bei Dir weitergeht.

                                  Ich freu mich auf's Weiterlesen.
                                  Sylvie

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                                  • Borgman
                                    Dauerbesucher
                                    • 22.05.2016
                                    • 768
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                    Zitat von st3vie Beitrag anzeigen
                                    Vielversprechender Bericht bisher! Ich bin gespannt wie es weiter geht, da es ja aufgrund deines Vorhabens recht unvorhersehbar ist.
                                    Danke, ich arbeite auch schon fleißig an der Fortsetzung.

                                    Island steht auch schon lange auf meiner Liste.
                                    Manche würden jetzt sagen: Es gehört ganz oben auf die Liste!

                                    Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                    So schön geschrieben, Bernd!!!
                                    Danke! Eine so bildhafte Sprache, wie sie Dir anscheinend mühelos aus der Feder fließt, ist mir allerdings nicht gegeben. Wenn es nicht allzu trocken klingt, bin ich schon froh.

                                    Bufur, hab ich noch nie gehört. Und in der Form auch noch nicht gesehen. Da sind Steine drunter oder? Wahrscheinlich so ähnlich wie die übermoosten Geröllhalden in Finnland, nur dass dort die Steine kantiger waren und nicht so groß. Da zu laufen, war extrem unangenehm, wie dumm muss sich das erst auf Bufur laufen? Waren die Bufur-Felder groß? Wie lange hat das gedauert, da durchzuwaten?
                                    Hier schenke ich Dir mal ein Thorn: ... Þ ... . Der Buchstabe war auch im Altenglischen gebräuchlich und wird heute "Th" geschrieben. Þúfur entstehen nicht auf Geröll, sondern durch häufiges Einfrieren und Auftauen von nassem, feinkörnigem Boden mit Pflanzenbewuchs. Wie sie genau entstehen, weiß ich auch nicht, aber in den Rinnen sammelt sich Wasser, und die Erhebungen sind trocken. Ich schätze, wenn das Wasser gefriert und sich dabei ausdehnt, drückt es die Höcker immer weiter nach oben, weil der Sand ja nachgeben kann.

                                    Mit moosbewachsenem Geröll kann man das nicht vergleichen, auf Þúfur hat man immer guten Halt. Wenn die Höcker nicht in zu großem Abstand stehen, kann man manchmal von einem zum nächsten treten. Aber meist muss man immer abwechselnd in die Rinnen und auf die Höcker steigen. Gutes
                                    Wadentraining

                                    Über Größe und Dauer kann ich keine genaue Auskunft geben, jedenfalls waren es nicht mehrere Kilometer. An dem Tag war ich einfach nicht gut zuwege.

                                    Das mit der Müdigkeit anfangs hatten wir dieses Jahr auch. Vielleicht ist es so, wenn man vorher viel Stress hatte. Mich hat das auch gewundert - aber dann kehrte es sich ja um ins Gegenteil und ich war nur noch wach. Liegt das an den langen Tagen?
                                    Das Phänomen kenne ich auch, bei Mitternachtssonne in Nordnorwegen reichen mir vier Stunden Schlaf, danach bin ich wieder fit. Bin aber sowieso ein Wenigschläfer. So wie diesmal in Island war es vorher noch nie.

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                                    • Borgman
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                                      • 22.05.2016
                                      • 768
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                      27. Juni: Miðdalir - Þjófadalir - Jökulkrókur

                                      Der etwas unebene Boden hat meinen Schlaf überhaupt nicht beeinträchtigt, gegen fünf Uhr bin ich ausgeschlafen und putzmunter. Da kann ich schön früh aufbrechen, so wie ich es liebe. Nach dem Frühkaffee mit drei Haferkeksen, die sich als Starter bewährt haben, packe ich zusammen und breche kurz vor halb sieben auf. Mit 0°C ist es recht frisch, der leichte Südwind schiebt die tief hängenden Wolken am Hang des Háfjells entlang.

                                      Eigentlich wollte ich die Höhe halten und direkt nach Süden gehen, nur ist der Nebel so dicht, dass ich lieber früher absteige und am Rand der Ebene Tjarnadalir entlanglaufe. Wegen der großen Schneefelder sind die sandigen Moränenhügel an vielen Stellen mit Wasser gesättigt, aber so langsam bekomme ich ein Gefühl dafür, wo ich aufpassen muss, um nicht zu oft einzusinken. Ganz vermeiden lässt es sich hier allerdings nicht. Das Feuchtgebiet umgehe ich noch am Hang, danach kann ich in der grasbewachsenen Ebene laufen, was viel angenehmer ist. Milde Formen von Þúfur, Kiesflächen und zu querende Bäche sorgen für Abwechslung.


                                      Oddnýjargil

                                      Bevor ich auf die Piste treffe, die hier irgendwo vom Stélbrattur herunterkommen müsste, ist es schon Zeit für die Frühstückspause. Ein paar Nieselschauer ziehen noch durch, dazwischen zeigt sich schon die Sonne. Ohne den starken Wind wirkt die Luft ganz mild, obwohl es nicht mehr als 3-4°C haben kann. Sehr zufrieden und gut gelaunt stelle ich an einem kleinen Bach das Zelt zum Trocknen auf. Zwei Stunden Pause nach zwei Stunden Wandern ist für mich der ideale Rhythmus.


                                      Wie man sieht, frischt der Wind langsam auf

                                      So lange Pause brauche ich hier allerdings nicht, ich habe Lust zum Laufen und möchte die nicht so spannende Strecke bis zur Hütte Þjófadalir bald hinter mich bringen. An einem Schafzaun treffe ich auf den alten Reitweg, der hier eine Reihe tief ausgetretener Furchen im Grasland ist. Wenn schon an der Ostseite des Langjökull, wollte ich eigentlich nicht den alten Kjalvegur benutzen, aber da ich ja jetzt zur Hütte will um Seife zu schnorren, bietet er sich natürlich an.


                                      Litla-Oddnýargil

                                      Für ein paar flott zurückgelegte Kilometer geht es jetzt im Sóleyjardalur an den weiß gefleckten Moränenrücken entlang, die ein bisschen an gestrandete Orcas erinnern. Dann nur noch über einen niedrigen Pass, und schon öffnet sich der Blick auf das geschützte Þjófadalir. Wenn im späteren Sommer das Gras grün ist, muss das ein wirklich lieblicher Anblick sein. Beherrscht wird das Tal vom Berg Rauðkollur, dem Rotkopf.


                                      Rauðkollur


                                      Þjófadalir. Was von hier aussieht wie eine Treckerspur, ist der Reitweg.





                                      Schön ist es hier, wenn ich in der Hütte Seife gefunden habe, möchte ich noch eine Weile in der Sonne sitzen und die Landschaft genießen. Die Hütte ist einfach eingerichtet, neben vier Schlafplätzen gibt es einen Gaskocher und Kochgeschirr. Nach längerer Suche finde ich ein jahrealtes und noch unbenutztes Stück Kernseife, schon bräunlich verfärbt. Aber Kernseife wird nicht schlecht (anders als das unappetitlich aussehende und eindeutig ranzige Spülmittel, das ich niemals benutzt hätte), und so schneide ich mir davon ab, was ich brauche. In die Kasse werfe ich 1.000 Kr, das geht dann hoffentlich in Ordnung und schließt auch noch die Benutzung des Gaskochers ein. Jetzt fische ich mir noch einen Müsliriegel aus den Tiefen des Rucksacks und setze mich auf die Stufen vor der Hütte. Das zauberhafte Tal, schönes Wetter, Seife und ein dampfender Kaffee machen mich rundum zufrieden.

                                      Andererseits möchte ich vor der Mittagspause noch über den Pass zwischen Rauðkollur und Þverfell (auch diesen Namen kann man sich leicht aus dem (Neu-)Norwegischen herleiten, das ich leidlich verstehe, es bedeutet Querberg, Tverrfjell, er versperrt den Talausgang). Also gehe ich nicht wieder zurück zum Reitweg, sondern halte genau auf den Hang zu, der aus losem Schutt besteht. Mit dem immer noch schweren Rucksack ist jeder Höhenmeter anstrengend, zum Glück sind es nicht so viele. Von oben habe ich dann endlich mal einen Blick zum Langjökull, man sieht allerdings nur eine Schneekante des Leiðarjökull zwischen Fagrahlíð und Innra-Sandfell.


                                      Blick zurück, der Berg im Hintergrund ist Kjalfell


                                      Der erste Blick zum Langjökull. Links Innra-Sandfell, rechts von der Mitte Fagrahlíð.


                                      Fagrahlíð

                                      Mein Ziel für heute ist Jökulkrókur, der Gletscherwinkel, aber die Wiesen im Tal sind einfach zu einladend für eine Mittagspause, außerdem meldet sich mein leerer Magen und verlangt nach Nahrung. Nach dem Essen ist noch ein Schläfchen drin, der Gletscherwinkel läuft schon nicht weg, und das Wetter scheint sich auch zu halten, bewölkt und trocken.

                                      Anschließend gehe ich auf Schafpfaden oberhalb des rauschenden Gletscherflusses Fúlakvísl durch die Engstelle und lande in einer anderen Welt. Eine graue Ebene aus Geröll, nach Norden begrenzt von düsteren Steilhängen. In starkem Kontrast zum lieblichen Þjófadalir wirkt dieses Tal rau und abweisend.








                                      Jökulkrókur

                                      Fúlakvísl stürzt donnernd von einer Felswand ins Tal und fließt kurz oberhalb der Engstelle mit einem Gletscherbach aus dem Leiðarjökull zusammen. Daneben durchziehen moosgesäumte Quellbäche das Tal, Farbtupfer zwischen kargen Geröllflächen. Ich bin fasziniert und lasse den Rucksack in der Nähe einer markanten Steinwarte stehen, um den Wasserfall aus der Nähe zu betrachten.


                                      Quellbach




                                      Jökulkrókur

                                      Am grünen Nordhang des Fagrahlíð möchte ich übernachten, alles andere sieht mir zu steinig oder zu nass aus. Um da hinzukommen, muss ich nur die beiden Gletscherbäche furten, das sieht machbar aus. Fúlakvísl zuerst, eine gute Stelle ist schnell gefunden. Also Stiefel aus, Neoprensocken und Sandalen an, Hosenbeine über den Knien fixiert, Stöcke ausgefahren und rein ins trübe Wasser. Furten nach DIN, fast zu einfach, der Grund ist steinig, das Wasser nicht mehr als knietief.



                                      Den zweiten Bach möchte ich etwas weiter westlich furten, hinter einem Schutthügel, wo er breiter ist. Die Sandalen lasse ich gleich an, dann geht es schneller. Auch von diesem ein Foto:



                                      Jetzt muss ich nur noch den recht steilen Schneerand der Terrassenstufe überwinden, um auf die moosbewachsene ebene Fläche zu kommen. Das ist ziemlich blöd mit Sandalen, aber deshalb wechsele ich nicht noch kurz vor dem Ziel die Schuhe. Hier ist es eigentlich egal, wo ich zelte, alles einigermaßen eben, ein bisschen hubbelig und mit großartigem Panoramablick. Nur ein Bach sollte in der Nähe sein, schließlich steht heute noch die große Waschaktion an. Mit Seife! Als das Zelt steht, setze ich gleich einen Topf Wasser auf, zum Haarewaschen ist mir das Schmelzwasser zu kalt. Das herrlich saubere Gefühl kann ich gar nicht beschreiben. Als ich mich im Wind trocknen lasse, kommt sogar die Sonne durch und wärmt das Zelt bis zum späten Abend. Ein richtig gelungener Tag.

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                                      • bourne
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                                        • 30.01.2016
                                        • 583
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                        Sehr schön, endlich wieder ein Island-Bericht hier im Forum. Danke!
                                        Trekkingblog: lustwandler.at

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                                        • Sylvie
                                          Erfahren
                                          • 20.08.2015
                                          • 361
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                          Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                          Danke! Eine so bildhafte Sprache, wie sie Dir anscheinend mühelos aus der Feder fließt, ist mir allerdings nicht gegeben. Wenn es nicht allzu trocken klingt, bin ich schon froh.
                                          Ich zitiere Dich jetzt mal:
                                          Was habe ich hier bloß verloren, eingehüllt in mehrere Lagen Stoff, Leder und Gummi um die Füße, damit meine blasse, weiche Haut um Himmels willen nicht in Berührung kommt mit Steinen, Wind und Regen? Was suche ich hier? Der einsetzende Regen vertreibt dann auch die nachdenkliche Stimmung, schnell ist das Zelt aufgebaut und der Rucksack hineingeworfen. Mein Schneckenhaus aus Stoff.

                                          Das ist anrührend und wunderschön. Sehr authentisch. Es ruft Gefühle (oder Reaktionen) hervor und darauf kommt es an. Gottes Tierpark ist groß, jeder findet seine eigenen Worte und Ausdrucksmöglichkeiten, es wäre ziemlich langweilig, wenn jeder gleich schreiben würde. So wie Du schreibst, ist es genau richtig. Anrührend, authentisch, zauberhaft. Fertig.

                                          Hier schenke ich Dir mal ein Thorn: ... Þ ... . Der Buchstabe war auch im Altenglischen gebräuchlich und wird heute "Th" geschrieben. Þúfur entstehen nicht auf Geröll, sondern durch häufiges Einfrieren und Auftauen von nassem, feinkörnigem Boden mit Pflanzenbewuchs. Wie sie genau entstehen, weiß ich auch nicht, aber in den Rinnen sammelt sich Wasser, und die Erhebungen sind trocken. Ich schätze, wenn das Wasser gefriert und sich dabei ausdehnt, drückt es die Höcker immer weiter nach oben, weil der Sand ja nachgeben kann.
                                          Orrrr... ich habe doll gelacht. So viel Schweiß in meinen Augen... ich konnte den Buchstaben einfach nicht richtig lesen. Nein... Spaß beiseite, ich kannte den Buchstaben nicht und da er mir einem b am ähnlichsten schien, hab ich das Zeug einfach Bufur genannt. Es heißt also Thufur? Ich finde Bufur klingt viel besser, wenn da keine Steine drunter sind, es klingt so schön weich und fluffig.

                                          Heute Abend lese ich weiter. Freu mich jetzt schon drauf.

                                          Liebe Grüße
                                          Sylvie

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                                          • Borgman
                                            Dauerbesucher
                                            • 22.05.2016
                                            • 768
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                            Zitat von bourne Beitrag anzeigen
                                            Sehr schön, endlich wieder ein Island-Bericht hier im Forum. Danke!
                                            ... und danke für Dein Interesse! Eure Island-Tour vom vergangenen Jahr war natürlich viel strukturierter. Nach dem ersten Verweis gleich am Anfang habe ich den Bericht auf Deiner Lustwandler-Seite gelesen, dort sind die Bilder tatsächlich noch eindrucksvoller.

                                            Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                            Gottes Tierpark ist groß, ...
                                            ... und ein kurzsichtiges Huhn wird auch irgendwann satt. Ich fühle mich trotzdem gebauchpinselt von Deiner Lobeshymne! (Nur nicht den Tag vor dem Abendbrot bejubeln, ich hab noch viele Körnchen aufzupicken.)

                                            Es heißt also Thufur? Ich finde Bufur klingt viel besser, wenn da keine Steine drunter sind, es klingt so schön weich und fluffig.
                                            Ja, da hast Du recht.
                                            Thúfur klingt eher wie das Fluchen des Wanderers, wenn er sie überqueren muss

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                                            • Akelei
                                              Erfahren
                                              • 09.04.2013
                                              • 341
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                              Vielen Dank für deinen Schreibstil. Macht Spaß, den Bericht zu lesen.
                                              Habe gleich mal unser Photobuch von vor fünf Jahren rausgeholt und meinem Mann gezeigt, dass man da doch gar nicht ohne Weg und Plan laufen kann - aber es klingt herrlich verlockend, wenn man so weit gehen darf, wie man will, egal, ob man sein Tagesziel erreicht hat oder schon dran vorbei ist. Mache ich auch mal.
                                              ¤´¨)
                                              (¸.·´¨) RETTET DIE ERDE! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!
                                              ¨ ¸* ¸·*¨)
                                              (¸.·` ¤

                                              Kommentar


                                              • Dogmann
                                                Fuchs
                                                • 27.09.2015
                                                • 1022
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                Toller Bericht, Island, gefällt mir sehr, obwohl ich da ( wegen der Hunde ) , nie hin kommen werde!
                                                Wirklich schön.
                                                Und die Tagesetappen ohne festes ziel, so mache ich es immer.
                                                Gerade deshalb ist ein grosses Zeitfenster von nutzen.
                                                Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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                                                • Staubteufelchen
                                                  Gerne im Forum
                                                  • 27.12.2012
                                                  • 74
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                  Lieber Borgman,

                                                  vielen Dank für diese ersten Teile deines Tourberichts!
                                                  Ich ziehe die nicht ganz so glatten, den "alles so schön bunt hier" Berichten vor.
                                                  Der Wechsel, aus dem unter Optimierungsdruck stehenden Alltagsleben in den Tourmodus.
                                                  Der ehrgeizige Plan und der gestresste Körper mit abgespanntem Geist, die erst zusammen finden müssen, um ein gelungenes Ganzes zu ergeben.
                                                  Die Ruhe die es braucht, um geniessen zu können, die Augenblicke zu erkennen, die ein Verweilen wert sind, gewürzt mit den Unvorhersehbarkeiten und der Herausforderung an kreatives Problemlösungsvermögen, die Kontakte nach Phasen der Einsamkeit mit der Gelegenheit sich zu öffnen.
                                                  Ich bin gespannt, welche Zutaten im Verlauf deiner Reise zusammenkommen.

                                                  Ermutigende Grüße,
                                                  Andreas

                                                  Kommentar


                                                  • Borgman
                                                    Dauerbesucher
                                                    • 22.05.2016
                                                    • 768
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                    Zitat von Akelei Beitrag anzeigen
                                                    Vielen Dank für deinen Schreibstil. Macht Spaß, den Bericht zu lesen.
                                                    Habe gleich mal unser Photobuch von vor fünf Jahren rausgeholt und meinem Mann gezeigt, dass man da doch gar nicht ohne Weg und Plan laufen kann - aber es klingt herrlich verlockend, wenn man so weit gehen darf, wie man will, egal, ob man sein Tagesziel erreicht hat oder schon dran vorbei ist. Mache ich auch mal.
                                                    Dann seid Ihr auch in der Gegend gewandert? Die habe ich gerade deshalb ausgesucht, weil sie nach einem Blick auf die Karte viele und abwechslungsreiche Möglichkeiten zu bieten schien. Freut mich jedenfalls, wenn ich Dich mit meinem Bericht inspiriern kann. Ich hätte schon viel früher mehr unverplante Zeit in meine Touren einbauen sollen, denke ich jetzt.

                                                    Zitat von Dogmann Beitrag anzeigen
                                                    Toller Bericht, Island, gefällt mir sehr, obwohl ich da ( wegen der Hunde ) , nie hin kommen werde!
                                                    Wirklich schön.
                                                    Und die Tagesetappen ohne festes ziel, so mache ich es immer.
                                                    Gerade deshalb ist ein grosses Zeitfenster von nutzen.
                                                    Ja, schade, mit Hunden geht Island natürlich nicht. Schön, dass Du trotzdem mitliest!

                                                    Zitat von Staubteufelchen Beitrag anzeigen
                                                    Lieber Borgman,

                                                    vielen Dank für diese ersten Teile deines Tourberichts!
                                                    Ich ziehe die nicht ganz so glatten, den "alles so schön bunt hier" Berichten vor.
                                                    Der Wechsel, aus dem unter Optimierungsdruck stehenden Alltagsleben in den Tourmodus.
                                                    Der ehrgeizige Plan und der gestresste Körper mit abgespanntem Geist, die erst zusammen finden müssen, um ein gelungenes Ganzes zu ergeben.
                                                    Die Ruhe die es braucht, um geniessen zu können, die Augenblicke zu erkennen, die ein Verweilen wert sind, gewürzt mit den Unvorhersehbarkeiten und der Herausforderung an kreatives Problemlösungsvermögen, die Kontakte nach Phasen der Einsamkeit mit der Gelegenheit sich zu öffnen.
                                                    Ich bin gespannt, welche Zutaten im Verlauf deiner Reise zusammenkommen.

                                                    Ermutigende Grüße,
                                                    Andreas
                                                    Das hast Du sehr treffend ausgedrückt, Andreas. Früher bin ich auch meistens mit zu großem Erwartungsdruck und Plänen für den perfekten Wanderurlaub gestartet (siehe oben) und brauchte mehrere Touren, die ganz und gar nicht so klappen wollten wie geplant, bis ich endlich kapiert habe, dass es auch wesentlich entspannter geht. Besser spät als nie...

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                                                      Erfahren
                                                      • 09.04.2013
                                                      • 341
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                      Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                      Dann seid Ihr auch in der Gegend gewandert?
                                                      In der "Gegend" Island, ja.
                                                      Wir waren bei Kerlingarfjöll.
                                                      ¤´¨)
                                                      (¸.·´¨) RETTET DIE ERDE! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!
                                                      ¨ ¸* ¸·*¨)
                                                      (¸.·` ¤

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                                                      • Dogmann
                                                        Fuchs
                                                        • 27.09.2015
                                                        • 1022
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                        Ja, Island hat mich schon immer irgendwie begeistert!
                                                        Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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                                                          Fuchs
                                                          • 02.09.2016
                                                          • 1511
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                          Zitat von Borgman Beitrag anzeigen

                                                          @ Fjellfex: Du hättest den Flug noch mal umbuchen können, aber bei meinem langsamen Schreibtempo ist es so herum wahrscheinlich besser. Wenn Du zurück kommst, habe ich bestimmt noch nicht mal die Hälfte geschafft
                                                          Falls Du das noch liest: Viel Spaß in Møre og Romsdal!
                                                          Da habe ich ja wirklich nicht so arg viel verpasst...

                                                          Danke; Møre og Romsdal war sehr schön.

                                                          Am schönsten ist ja, selber auf Tour zu sein; am zweitschönsten: neue Touren zu planen... oder Berichte à la Borgman zu lesen.

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                                                            • 08.08.2006
                                                            • 57
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                            Hach, einfach schön!

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                                                            • Borgman
                                                              Dauerbesucher
                                                              • 22.05.2016
                                                              • 768
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                              Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
                                                              Da habe ich ja wirklich nicht so arg viel verpasst...
                                                              Nein, aber heute geht es weiter, muss nur noch die Bilder hochladen. Bei der Hitze fällt mir das Denken schwer, und ich brauche jedesmal eine ganze Weile, bis ich mich wieder in die Stimmung auf der Tour einfühlen kann. Nur Tagebuch abschreiben reicht nicht.

                                                              Zitat von littlefoot Beitrag anzeigen
                                                              Hach, einfach schön!
                                                              Danke!

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                                                              • Borgman
                                                                Dauerbesucher
                                                                • 22.05.2016
                                                                • 768
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                28. Juni: Leiðarjökull - Innri-Fróðárdalur - Hrútfellsvatn

                                                                Früh gegen viertel nach drei werde ich von der Sonne geweckt. Das hat man in Island auch nicht alle Tage, also sollte ich das schöne Wetter für einen frühen Aufbruch nutzen. Besonders viel geschlafen hab ich nicht, es war einfach zu ungewohnt, bei Sonnenschein einzuschlafen. Die Gedanken an den vergangenen Tag gingen nahtlos über in die Gedanken an den kommenden Tag. Bei guter Sicht hätte ich für heute eine spannende Option. Leiðarjökull heißt ganz klar Wegegletscher, was nicht bedeutet, dass es dort tatsächlich einen Weg gibt, aber bestimmt sind die Menschen in früheren Zeiten über diesen Gletscher von irgendwo nach irgendwo anders gelaufen.

                                                                Mehr als den Namen weiß ich zwar nicht über den Gletscher, aber der klingt verlockend. Und auf der Spaltenkarte von safetravel.is ist er zum Großteil grün markiert, das heißt kleine Spalten. Klar, verlassen darf man sich darauf nicht, ein gewisses Risiko besteht immer. Um vier bin ich wach genug zum Kaffeekochen, trödele dann doch ein bisschen und habe gegen halb sechs das Zelt abgebaut.





                                                                Im satten, warmen Licht der tief stehenden Sonne gehe ich zuerst am Hang des Fagrahlið entlang zum Gletschervorland. Mal sehen, an welcher Stelle ich überhaupt auf den Gletscher komme. Ein Gewirr von wassergesättigten, ockergelben Schutthügeln, sehr unübersichtlich. Mehrmals sinken die Stiefel im Schlamm ein, und ich muss eine andere Stelle probieren. Nur auf Steine treten ist auch keine Lösung, selbst größere Steine versinken unter meinem Gewicht. Wo möglich, gehe ich auf den Schneefeldern, was allerdings einige Umwege bedeutet. So früh am Morgen ist zumindest der Schnee noch einigermaßen fest.


                                                                Hengibjörg


                                                                Gletschervorland

                                                                Weiter oben entdecke ich überrascht, dass unter dem Schutt Eis ist, den Übergang hatte ich gar nicht
                                                                bemerkt. Deshalb gibt es hier auch keinen Schlamm mehr, was das Vorankommen erheblich vereinfacht. Jetzt wird es spannend! Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet, denn der Schneerand des Gletschers ist noch ein Stück entfernt.





                                                                Cool, eine Eishöhle! Ich bin begeistert. An dieser Stelle ist die Abbruchkante zu steil, aber vielleicht komme ich von der anderen Seite hinein. Mit mulmigem Gefühl laufe ich vorsichtig über die Eisdecke der Höhle und staune noch mehr. Hier ist ja ein riesiges Tor im Eis, und daneben noch eine Höhle!









                                                                Ich lasse den Rucksack fallen und staune erst mal nur. Von den Kanten tropft Wasser, immer wieder verlieren Steine durch das Abtauen ihren Halt und purzeln eine Etage tiefer. Vor allem die Geräusche sind es, reflektiert und verstärkt durch die parallelen Eiswände, die mich so beeindrucken, die Phantasie anregen. Hier ist doch bestimmt früher ein Fluss aus dem Gletscher gerauscht. Wie lange mag das her sein? Wann wird das Tor ganz verschwunden sein? Es scheint sich vor meinen Augen, oder besser: vor meinen Ohren aufzulösen, so als müsste ich nur eine halbe Stunde warten.

                                                                Nach einer Weile kann ich mich dann doch von dem faszinierenden Ort losreißen, schließlich will ich heute auf den Leiðarjökull, der noch vollständig mit Schnee bedeckt ist. Die letzten kleinen Geröllhügel sind schnell überwunden, und schon stehe ich ohne weitere Umstände auf der schier endlosen, moderat ansteigenden Schneefläche. Das ist nicht der erste schneebedeckte Gletscher, den ich überquere, aber es ist immer ein seltsames Gefühl, nicht zu wissen, wie das Eis beschaffen ist. Hohlräume, Spalten würde ich nicht sehen, und wenn die Schneedecke darüber zu dünn ist, könnte ich einbrechen.

                                                                Doch die Sorge steht erst einmal hintenan, der Schnee ist hier deutlich weicher als im Vorland, wahrscheinlich, weil er nicht von Hügeln beschattet wird, und das macht den Anstieg ziemlich kraftraubend. Solange ich mich keuchend und schwitzend nach oben kämpfe, denke ich nicht darüber nach, was unter dem Schnee ist. Dafür wird die Aussicht mit jedem Höhenmeter besser, wie ich bei den zahlreichen Verschnaufpausen feststelle. Bald kommt der Tafelvulkan Hrútfell in Sicht, zwischen diesem und Innra-Sandfell hat man sogar unerwartet einen herrlichen Blick auf die Kerlingarfjöll.




                                                                Hier noch ein Ausschnitt aus demselben Bild. (Ein Zoomobjektiv ist wieder nicht mitgekommen, ich habe nur mein 23mm/f2 auf der Fuji X-T2)

                                                                Bislang sah das Wetter noch optimal für einen Tag auf dem Gletscher aus, gute Sicht, wenig Wind, aber von Süden ziehen jetzt immer mehr Wolken auf, und der Wind bläst mir schon spürbar entgegen, das gefällt mir gar nicht. Mal abwarten, wie sich das entwickelt, jetzt ist auf jeden Fall erst mal Zeit für die Frühstückspause. Danach sehen wir weiter.



                                                                Zugegeben, es wäre nicht unbedingt nötig, das Zelt in fast jeder Pause aufzustellen. Andererseits habe ich alle Zeit der Welt. So kann ich mich nach Müsli und Kaffee einfach eine halbe Stunde aufs Ohr knallen und den kalten Wind draußen lassen. Oder aus der Apsis heraus in die Landschaft gucken. Still ist es hier im Schnee, ich fühle mich ganz weit weg von allem. Als es dann weitergeht, trägt auch die gleichförmige Bewegung ihren Teil dazu bei, dass die Seele zur Ruhe kommen kann. So ein schneebedeckter Gletscher hat etwas sehr meditatives.





                                                                Wenn der meditative Aspekt nicht wäre, dann würde ich hier verrückt werden. Schritt um Schritt um Schritt, hunderte Stiefelabdrücke in einer Reihe hinter mir, aber vor mir tut sich gar nichts. Ich habe überhaupt nicht das Gefühl, voranzukommen. Als ob ich auf der Stelle treten und der Schnee wie ein Laufband nach hinten weggleiten würde. Hyrningur und Fjallkirkja im Süden, belagert von Wolken, sind schon lange in Sicht, rücken aber nicht näher.


                                                                Fjallkirkja (die Bergkirche) und Hyrningur

                                                                Trotzdem sollte ich mir allmählich überlegen, auf welcher Route ich zum Innri-Fróðárdalur hinunterkomme, entweder zur Fjallkirkja und über deren Osthang, oder direkt durch die Senke zwischen Svíri und Hnikill, zwei niedrigere Berge am Gletscherrand. Beide Varianten sehen auf der Karte machbar aus, vom Hang der Fjallkirkja hätte ich die bessere Aussicht, wenn ... ja, wenn sie nicht von Wolken eingehüllt wäre. Momentan sieht man sie gar nicht, die Wolken liegen auf dem Gletscher auf.

                                                                Also doch Svíri? Ich kann mich nicht entscheiden, Fluch der spontanen Routenplanung. Fjallkirkja fände ich schon sehr attraktiv. Für eine Weile laufe ich unentschlossen weiter. Nein, die Wolken verdichten sich, da braut sich was zusammen. Kürzester Weg vom Gletscher: Svíri. Ab jetzt halte ich mich nach Sicht leicht südöstlich. Als der Hang sich neigt, kommen die Berge im Süden in Sicht, Sólkatla (Sonnenvulkan), ganz klar ... und dahinter? Das muss Bláfell sein. Seltsam, wie wenig man hier die Entfernungen schätzen kann.



                                                                Langsam nähert sich der Gletscherrand, die Spannung steigt. Wie wird das Gelände in dem Tal beschaffen sein, das ich gleich erreiche? Werde ich eine komfortable Abstiegsroute finden? Ich bin so mit dem Kommenden beschäftigt, dass ich das Naheliegende nicht bemerke. Der Schneerand bildet eine kaum wahrnehmbare Senke, in der das Wasser steht, eine dicke Schicht Schneematsch, darunter Eis. Als die umgangen ist, prüfe ich vorsichtig die Schutthügel. Auch die sind wassergesättigt, ich sinke sofort ein. Ich arbeite mich voran, nutze wieder die Schneereste, die besseren Halt geben als der Schutt. Breche am Rand in einen Bach ein und lande auf dem Rücken wie ein hilfloser Käfer. Zu allem Überfluss beginnt es zu regnen.

                                                                Also zwischen Matsch und Schneematsch die Regenhose anziehen und die Regenhülle über den Rucksack stülpen. Ich fluche und lache gleichzeitig. Als ich endlich durch all den Matsch und am Ende über ein großes, mit schwarzer Asche verziertes Schneefeld die Schlucht zwischen Svíri und Hnikill erreicht habe, muss ich mich entscheiden, wo ich den Abstieg probiere: über den Svíri-Hang oder durch die Schlucht.







                                                                Mittlerweile bräuchte ich dringend eine Pause, aber nicht hier. Ins Tal hinunter will ich es noch schaffen, so lange kann das nicht dauern. Ohne weiter nachzudenken folge ich dem Bach in die Schlucht. Anfangs sieht das noch gut aus, doch bald stehe ich vor einem unüberwindbaren Abbruch. Also wieder hoch. Vielleicht geht es über den Hang des Hnikill, den ich von hier noch nicht einsehen kann. Er besteht aus mehreren steilen, schuttbedeckten Rippen. Mit etwas Glück käme ich von einer zur nächsten. Sehr vorsichtig steige ich die erste hinunter, und als ich schon aufgeben will, entdecke ich doch einen möglichen Übergang. Wenn nur der verdammte lose Schutt mein Gewicht an einer kleinen Kletterstufe hält. Tut er, zum Glück! Die zweite Rippe endet ebenfalls am Abgrund, also weiter zur dritten, diesmal geht es ohne Herzklopfen und feuchte Hände. Dahinter ein kurzes ebenes Stück zum Aufatmen - und der nächste Abbruch. Das Tal noch weit unten. So geht das nicht. Ich quere nach Osten, wieder ein Stück hoch und versuche es am Hang. Wenn man wenigstens von oben was sehen könnte. Da ist eine steile, schneegefüllte Rinne, sieht nicht so gut aus. Oder doch? Von Nahem bin ich mir sicher, das ist zu schaffen, zur Not rutsche ich auf dem Hosenboden hinunter und lasse den Rucksack purzeln.

                                                                Unten angekommen, kann ich einen Juchzer der Erleichterung nicht unterdrücken. Das war gar nicht so schwierig, nur verdammt unübersichtlich. Jetzt bin ich also im Innri-Fróðárdalur. Ich hatte mir schon überlegt, was der Name bedeuten könnte und dachte an das norwegische "frodig" (fruchtbar, üppig) und das englische "froth" (Schaum). Wenn ich mich hier so umschaue, kann von fruchtbar wirklich keine Rede sein. Ein trostloses, graubraunes Schwemmland, zur Hälfte schneebedeckt. Also doch eher das innere Schaumtal? Schäumte hier einst ein stolzer Gletscherfluss zu Tal? Ich entdecke ein trostloses, graubraunes Rinnsal, das gerade ausreichen dürfte, um all den Sand schön nass zu halten. Ah, der Bach heißt also Fróðá.


                                                                Innri-Fróðárdalur

                                                                Ich schäume nicht gerade über vor Begeisterung, der andauernde Nieselregen tut das Seinige dazu.
                                                                Zu Mittagspause auf dem durchweichten Sand habe ich auch keine Lust und gehe noch weiter bis zum Hrútfell. Hier ist es auch nicht besser, nur steiniger. Man sinkt trotzdem an vielen Stellen in den Matsch ein. Stelle das Zelt da auf, wo man nicht einsinkt und hole Wasser. Wasche mir am Bach
                                                                den gröbsten Matsch von den Stiefeln, aber zurück am Zelt sehen sie genauso aus wie vorher. Es ist zwecklos. Die Uhr zeigt halb drei, das war ein langer, anstrengender Vormittag.


                                                                Hrútfell

                                                                Nach Mittagessen, Kaffee und einer Stunde auf der Matte hat sich meine Laune erheblich verbessert. Jedenfalls will ich heute noch so lange weiterlaufen, bis ich einen richtig guten Platz finde. Nur raus aus dem Matsch! Zum Glück dauert das gar nicht so lange, bald erreiche ich ein stark verwittertes Lavafeld und kann aufatmen. Hier läuft es sich wunderbar. Schöne Frostmuster auf dem Boden, zwischendurch auch mal Geröll und verstreute große Felsbrocken.


                                                                Frostmuster



                                                                An der Abbruchkante zum Hrútfellsvatn ist es auch noch sehr steinig, aber in der Ferne schimmert schon eine verheißungsvolle grüne Stelle. Ich lege einen Zahn zu, das sieht richtig gut aus. Mehrere kleine Quellbäche sorgen für eine vergleichsweise üppige Vegetation, die gerade aus dem Winterschlaf erwacht ist. Ein Traum! Frodig!


                                                                Hrútfellsvatn



                                                                Ein guter Platz für das Zelt ist schnell gefunden, jetzt muss ich mich nur noch im Bach waschen, bei 8°C Lufttemperatur etwas erfrischender als notwendig, dann kann ich mich gemütlich einrichten. Der Wind hat deutlich zugelegt und bringt noch ein paar kurze Regenschauer. Was für ein Tag!
                                                                Zuletzt geändert von Borgman; 03.08.2018, 13:42.

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                                                                  Erfahren
                                                                  • 20.08.2015
                                                                  • 361
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                                                                  AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                  Du warst gefangen in den braunen Landen. Durch Schlamm und Schutt hast Du Dich durchgekämpft. Bis es wieder licht und hell und grün wurde. So eine Tour ist immer auch ne Reise durch unsere eigenen Landschaften, die unsere Seele in uns formt und auch bewohnt.
                                                                  Fein!
                                                                  LG Sylvie

                                                                  Kommentar


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                                                                    Dauerbesucher
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                                                                    • 768
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                                                                    AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                    Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                                                    Du warst gefangen in den braunen Landen. Durch Schlamm und Schutt hast Du Dich durchgekämpft. Bis es wieder licht und hell und grün wurde. So eine Tour ist immer auch ne Reise durch unsere eigenen Landschaften, die unsere Seele in uns formt und auch bewohnt.
                                                                    Darüber muss ich nachdenken. Vielleicht wecken bestimmte Landschaften deshalb so unterschieldliche und manchmal so starke Gefühle. Weil wir auf etwas ansprechen, das wir in uns tragen.

                                                                    Kommentar


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                                                                      • 20.08.2015
                                                                      • 361
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                                                                      AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                      Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                      Darüber muss ich nachdenken. Vielleicht wecken bestimmte Landschaften deshalb so unterschieldliche und manchmal so starke Gefühle. Weil wir auf etwas ansprechen, das wir in uns tragen.
                                                                      Ja. Landschaften sind manchmal wie wir sind und manchmal wie wir gerne sein möchten (und manchmal auch, wie wir überhaupt nicht sind oder sein möchten - da gehen wir aber meistens nicht hin). Wir reagieren entweder im Erkennen oder in der Sehnsucht auf sie. Wobei unsere inneren Landschaften auch nicht einseitig sind, es gibt ihrer viele, Wüsten wie Oasen, trockene, wie liebliche, karge Felsen, tobende Meere und wir durchschreiten sie alle, je nach Lebenslage, sind wir mal hier und mal dort zu Hause. Wir wollen uns gerne im Außen wiederfinden, einen Teil von uns zumindest, einen Teil unserer inneren Seelenlandschaften, deshalb machen wir diese Touren. Ist zumindest meine Phantasie davon.

                                                                      LG Sylvie

                                                                      Kommentar


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                                                                        29. Juni: Hrútfellsvatn - Þverbrekknamúli - irgendwo vor Hvítárnes

                                                                        Anhaltender Regen am frühen Morgen. Darauf bin ich vorbereitet, denn meine Frau hat mir netterweise schon eine aktuelle Wettervorhersage per SMS geschickt. Heute und morgen soll es kaum mal eine trockene Stunde geben. Da breche ich lieber etwas später auf und gehe mit nur einer Pause. Statt Haferkeksen gibt es also gleich das richtige Frühstück. Da es gegen neun allerdings nur noch nieselt, packe ich gleich zusammen und stapfe eine halbe Stunde später schon durch den nassen Schutt.

                                                                        Heute darf es ruhig mal eine ganz einfache Strecke sein. Ich folge also dem breiten, hügeligen Tal zwischen Hrútfell und Baldheiði nach Osten und schwenke dann nach Nordosten in ein steiniges Tal, das zur Ebene hinunterführt.



                                                                        In der Ebene ist gleich ein Bach zu überqueren, kein Problem, nur das Gelände am Bach steht leider auch unter Wasser. Da meine Stiefel innen erstaunlicherweise immer noch halbwegs trocken sind, nehme ich lieber einen Umweg in Kauf. Bis zur Hütte geht es jetzt über ein verwittertes Lavafeld, das aber nicht so schön eben ist wie das von gestern. Besonders dort, wo dicke Moospolster auf dem Gestein wachsen, wird es mühsam.

                                                                        Kurz vor der Hütte fließt noch ein Bach, gerade so tief, dass ich es trockenen Fußes hindurch schaffe. Dahinter beginnt der ausgeschilderte Pfad zur Brücke über den Fúlakvísl, die ich nach insgesamt eineinhalb Stunden erreiche. Der Fluss zwängt sich hier druckvoll und eindrucksvoll durch eine schmale Felsrinne.



                                                                        Es regnet, dann eine trockene halbe Stunde, dann wieder Regen, immer im Wechsel. An diesem trüben Tag kann ich gut stur geradeaus der sechsspurigen Pferdeautobahn folgen. Sand, Gras mit Blumen, wenig Abwechslung. Ich singe vor mich hin und habe bei dem Wetter nicht das Gefühl, etwas zu verpassen. Unsere Tochter behauptete kürzlich, ich würde ständig singen oder summen oder komische Geräusche machen. Seitdem ist mir das auch öfter aufgefallen. Mache ich aber nur, wenn ich gute Laune habe. Manchmal starren mich Menschen an oder schauen verlegen weg. Apropos Menschen, warum treffe ich hier eigentlich überhaupt keine Wanderer oder wenigstens Reiter? Ich dachte, das sei ein beliebter Wanderweg.

                                                                        Als der Weg sich wieder dem Fúlakvísl nähert, wird es Zeit für die verdiente Mittagspause. Hier ist ja ein genialer Platz am Fluss!





                                                                        Ich habe Glück und kann das Zelt trocken abbauen, doch der nächste Regen lässt nicht lange auf sich warten. Nach weiteren zwei ereignislosen Stunden auf und neben dem Reitweg sollte laut Karte eigentlich ein kleiner Bach kreuzen, an dem sich vielleicht ein Platz für die Nacht finden ließe. Bis Hvítárnes will ich heute nicht laufen, da kommt man mit dem Auto hin. Uncool. Natürlich ist mir schon aufgefallen, dass die Karte nicht allzu genau ist, aber noch vertraue ich darauf, dass es den Bach gibt und halte Ausschau. Steige links vom Weg auf einen Hügel, weit und breit kein Wasser, nur grasbewachsene Vegetationsinseln im Sandmeer.

                                                                        Irgendwie kommt mir das komisch vor, der Reitweg führt immer mehr nach Süden statt nach Südwesten, was er eigentlich sollte. Vielleicht habe ich einen Abzweig verpasst, und dieser Weg geht gar nicht nach Hvítárnes, sondern nach Árbúðir oder sonstwo hin. Also verlasse ich ihn und korrigiere den Kurs auf West. Da müsste ich irgendwann auf den Gletscherfluss stoßen. Es beginnt wieder zu regnen, die Sicht ist schlecht. Nach einer Weile bin ich leicht genervt und habe keine Lust mehr. Die nächste Grasinsel ist meine, da stelle ich das Zelt auf und suche ohne Rucksack nach Wasser.

                                                                        Wie sich herausstellt, bin ich weit vom Kurs abgekommen. Bei der Wassersuche finde ich nach etwa einem Kilometer den Wanderpfad, gleich dahinter ein trüber Nebenarm des Fúlakvísl. Klares Wasser wäre mir lieber gewesen, aber man kann nicht immer alles haben. Hauptsache ich finde in der Regensuppe zurück zum Zelt. Das fehlte noch, wenn ich hier die halbe Nacht herumirre, sieht ja alles gleich aus. Entweder mein Orientierungssinn ist doch ganz brauchbar oder ich habe einfach Glück, jedenfalls ist die Sorge unbegründet. Heute nur eine Katzenwäsche.


                                                                        30. Juni: Abwettern, später am Tag bis zur Brücke über die Svartá

                                                                        Das ist die Sorte Regen, die nicht so bald nachlässt. Stunde um Stunde pladdert es gleichbleibend kräftig auf meine kleine Welt, soweit ich sie überblicken kann. Das Zelt, meine private Grasinsel und drumherum nur noch von Steinen durchsetzter Sand, der sich von den Wassermengen völlig unbeeindruckt zeigt. Nirgends eine Pfütze oder ein Rinnsal, alles versickert sofort. Um nicht so bald nochmal eine halbe Stunde zum Wasser und zurück gehen zu müssen, beobachte ich, wo das meiste Wasser am Zelt herunterfließt und stelle meinen Topf darunter. So ernte ich nach wenigen Stunden 300ml Wasser, genug für einen Kaffee. Im Platypus ist auch noch was, es wird reichen.



                                                                        Keine Ahnung, warum ich mein Mittagessen fotografiert habe. So sieht es jeden Tag aus, viel Abwechslung brauch ich nicht. Aus Mangel an Bildern von diesem verregneten Samstag nehm ichs mit rein. Nach dem Essen lässt der Regen deutlich nach, also ziehe ich meine nassen Regensachen an, packe das triefende Zelt zusammen und bin gegen 15:30 Uhr bereit zum Aufbruch. Statt den Umweg zum Pfad zu machen, kann ich auch direkt nach Süd-Südwest laufen, denke ich. Die Piste dürfte ja nicht zu verfehlen sein.

                                                                        Vielleicht hätte ich doch den Kompass benutzen sollen (ja, die Missweisung hab ich vorher rausgesucht), denn nach einer Weile sehe ich ein Haus, und das ist eindeutig nicht Hvítárnes. Bin also doch in der Nähe von Árbúðir gelandet, das hätte ich gestern schon einfacher haben können. Um meinem Orientierungssinn ist es offenbar doch nicht so gut bestellt. Egal, jetzt muss ich nur noch der Piste folgen, das sollte sogar ich hinkriegen. Vielleicht bin ich auch einfach nur zu entspannt, es ist angenehm, heute noch ein bisschen ohne Druck zu laufen, den Tag hatte ich sowieso schon abgeschrieben. Langsam heben sich die Wolken und geben den Blick auf die Berge frei. Außerdem ist es deutlich wärmer geworden.



                                                                        Abzweig Hvítárnes, hier wäre ich auch herausgekommen, wenn ich die richtige Richtung eingeschlagen hätte. Im Hintergrund sieht man Bláfell (Blauberg), rechts davon, deutlich niedriger, Geldingafell. Da will ich morgen hin, für heute reicht mir ein Platz an der Svartá (schwarzer Fluss). Ich bin schon froh, dass ich von der langweiligen Strecke bis zur Brücke über die Hvítá (weißer Fluss) schon ein Stück geschafft habe. Eine sinnvolle Alternative zur Piste gibt es nicht. Gegen halb sechs erreiche ich die Brücke über die Svartá, und da gibt es wie erhofft genügend gute Zeltmöglichkeiten. Auch viele Fliegen, aber es ist trotzdem schön. Das Wasser der Svartá ist natürlich nicht schwarz, sondern frisch und klar, nur eben ohne Gletschertrübung. Perfekt für eine größere Waschaktion. Bis gegen sieben hat es ohne eine Minute Unterbrechung geregnet. Kaum zu glauben, dass für morgen richtig schönes Wetter angesagt ist. Am Abend noch mehr Regen.

                                                                        Kommentar


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                                                                          Fuchs
                                                                          • 27.09.2015
                                                                          • 1022
                                                                          • Privat


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                                                                          AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                          @ Sylvie- du bist ein Poet- hoffentlich meine ich das Richtige- einmalig.
                                                                          Nein ehrlich du drückst dich sagenhaft aus

                                                                          @Borgman- sagenhafte Fotos die Lust auf mehr machen!
                                                                          Dazu der Stil in dem du das rüber bringst, man muss einfach dran bleiben.
                                                                          Karges Mahl, mir würde es auch reichen.
                                                                          Zuletzt geändert von Dogmann; 06.08.2018, 14:54. Grund: Nachtrag
                                                                          Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

                                                                          Kommentar


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                                                                            Dauerbesucher
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                                                                            • 768
                                                                            • Privat


                                                                            #38
                                                                            AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                            01. Juli: Svartá - Skálpanes - Innsta-Jarlhetta

                                                                            Das war die erste Nacht dieser Tour, in der ich wirklich grottenschlecht geschlafen habe. Gegen zwei Uhr bin ich nach vielleicht drei Stunden unruhigem Schlaf aufgewacht, und nach dem Austreten gab es nur noch ein bisschen Hin- und Herwälzen auf der Matte. Vielleicht hat der faule Tag gestern meinen Rhythmus etwas durcheinandergebracht, ich weiß es nicht. Am sehr frühen Morgen ist es schon so hell wie gestern Mittag im Regen, daran könnte es auch liegen. Eine Art vorzeitiges Wecksignal.

                                                                            Ein bisschen groggy setze ich um fünf Wasser für das übliche Heißgetränk auf und werfe einen Blick nach draußen. Der Himmel ist noch größtenteils bedeckt, sieht aber freundlich aus. Da sollte ich mal schnell den Schlafmangel aus den Gliedern schütteln und den Tag nutzen, wer weiß, wie sich das Wetter entwickelt. Gegen halb sieben habe ich mein ganzes Geraffel zusammengepackt und bin unterwegs auf der Piste nach Süden.


                                                                            Blick zurück zum Hvítárvatn



                                                                            So früh am Sonntag ist zwar noch kein Auto unterwegs, aber allein bin ich trotzdem nicht. Schon nach kurzer Zeit finden sich gesellige Fliegen und Kriebelmücken ein, die sich vor allem für Augen, Ohren und Nase interessieren. Klar, es ist fast windstill und für die Uhrzeit ziemlich warm. Fliegenwetter. Zu dumm, dass ich mein Kopfnetz nicht mitgenommen habe, vor acht Jahren brauchte ich es nur ein einziges Mal, da befand ich es für unnötig. Falls das jetzt jemand liest, der zum ersten Mal nach Island will: Nimm ein Kopfnetz mit! Unbedingt!! Die Viecher rauben Dir sonst den letzten Nerv!!!

                                                                            Umschwirrt wie ein Dunghaufen, wild mit den Armen rudernd und mit bereits angeschwollenem rechen Auge erreiche ich die Straße 35, kurze Zeit später überschreite ich die Brücke über die Hvitá.


                                                                            Straße 35, Bláfell


                                                                            Hvítá



                                                                            Etwa 1 1/2 km hinter der Brücke biege ich ab auf eine aufgegebene und auch nicht mehr befahrbare Piste, die bald darauf den Bach Skálpá furtet. Ein Stück oberhalb davon mache ich Frühstückspause. Nach den nervigen Kriebelmückenattacken bin ich froh, dass es hier eiskaltes Wasser zum Waschen gibt, das bringt zumindest vorübergehend Erleichterung. Obwohl es in der Sonne schon warm ist, ziehe ich mir die Jacke über, Kapuze über den Kopf und drehe das Gesicht gegen den leichten Windhauch, die Biester fliegen einen ja nur von der Leeseite an. Leider weht zu wenig Wind, um sie ganz zu vertreiben.




                                                                            Skálpá

                                                                            Danach geht es weiter den sanft ansteigenden Hang hoch und nördlich am Geldingafell vorbei, in dem einfachen Gelände komme ich gut voran. Hier gibt es die ersten Schneefelder, aber immer noch zu wenig Wind und zu viele Insekten. Von Südwesten schieben sich jetzt immer mehr Wolken vor die Sonne. Schade, das war es wohl mit der sommerlichen Stimmung, zum Glück ziehen die Wolken wenigstens hoch genug, die Sicht bleibt hervorragend.


                                                                            Geldingafell, Bláfell

                                                                            Anderthalb Stunden nach der Frühstückspause erreiche ich die breit ausgebaute Straße 336, Skálpanesvegur, der ich noch eine weitere Stunde bis zur Hütte nahe des Kraters folge. War es vorher noch sehr mild, so weht hier plötzlich ein eiskalter Wind. Passend zur Landschaft, die immer mehr an Spätwinter erinnert. Statt Steinebene mit Schneefeldern ist das hier eine riesige Schneelandschaft mit eingestreuten Steininseln.

                                                                            Die erste Schneeraupe und eine Reihe Scooter. Ich weiß schon, warum die Straße so gut ausgebaut ist, und bald sehe ich es mit eigenen Augen. Hierher werden die Touristen mit Superjeeps (unnötigerweise, sieht aber brachialer aus) und geländegängigen Bussen gekarrt, damit sie eine Runde mit dem Scooter über den Gletscher brettern können. Unvergessliches Abenteuer in unberührter Wildnis. Yeah.







                                                                            Mit so viel Verkehr hatte ich dann doch nicht gerechnet. Hier fühle ich mich fehl am Platze, als störender Fremdkörper. Wie gut, dass mein Ziel schon in Sicht kommt: Jarlhettur! Eine Reihe unregelmäßig geformter Berge am Rand des Langjökull. Auf die freue ich mich richtig.


                                                                            Jarlhettur


                                                                            Skálpanes, Krater

                                                                            Aber zuerst gehe ich wie ein guter Tourist die Straße bis zum bitteren Ende und werfe einen Blick auf den Krater. Nicht sehr eindrucksvoll, Hügel, Schnee, Schmelzwassertümpel. Nachdem ich die Naturwunder des Skálpanes also bis zur Neige ausgekostet habe, laufe ich ab der Hütte weglos bergab nach Südwesten.

                                                                            Eigentlich wäre schon längst Zeit für die Mittagspause, meine Beine verlangen dringend nach Ruhe, aber gerade ist wieder ein Bus voll Touristen angekommen, bald knattern die Scooter. Ich will lieber noch etwas Abstand zu dem Trubel gewinnen und dann gemütlich das Zelt aufschlagen. Nur wo? Der Schnee ist nass und weich, die Steininseln nass und hart. Gelegentlich Felsplatten, aber nichts Ebenes. Also doch auf dem Schnee? Nicht nötig, da vorne gibt es einen größeren Moosfleck, perfekt!

                                                                            Inzwischen weht ein warmer Südwestwind, das Thermometer zeigt erstaunliche 18°C, dazu gelegentlich Nieselregen. Seltsames Wetter heute, es fühlt sich ganz irreal an, wie ein Traum, bei dem man im Traum weiß, dass es ein Traum ist und zwischendurch den kalten Hauch der Wirklichkeit spürt. Sobald der Wind nur ein bisschen dreht, wird es nämlich sofort frisch.

                                                                            Gegen halb vier, nach zwei Stunden Pause, bin ich genügend ausgeruht, um weiter durch den nassen Schnee zu stapfen. Mit abnehmender Höhe sacke ich an den Rändern der Steininseln öfter ein, der Schnee wird weniger, und ich treffe auf die ersten durchweichten Schuttflächen. Kein sehr angenehmes Gelände. Besser geht es sich dort, wo grobes Geröll liegt. Zum Glück halten die Stiefel weitgehend dicht, in der Pause habe ich die Gehfalten noch mal mit Snoseal behandelt.



                                                                            Die höheren Gipfel der Jarlhettur sind schon von Wolken eingehüllt, das sieht eindeutig nach mehr Regen aus. Der kann ruhig noch etwas warten. In der kargen, steinigen Ebene laufe ich am Rand der äußeren Bergkette entlang. Die wenigen verstreuten Pflanzen verstärken eher noch den abweisenden Charakter der Landschaft, als dass sie ihn abmildern würden. Schroffe Felswände ragen wolkenverhangen aus sanft gerundeten Schutthügeln. Faszinierend, aber auch ein bisschen bedrohlich.







                                                                            Unterhalb der Schneefelder sinkt man ohne Widerstand in den aufgeweichten Schutt ein, da halte ich mich lieber an die felsigen Inseln zur Ebene hin. Hier werde ich irgendwo übernachten müssen. Ebene Plätze gibt es genug, alle steinig oder sandig. Ein schönes Moosfleckchen wie heute Mittag findet sich weit und breit nicht. Drei Singschwäne ziehen hupend vorüber und lassen mich umso einsamer zurück.







                                                                            Etwa an der Stelle, wo sich nach Westen der Übergang zu einem größeren See öffnet, entdecke ich eine Fläche mit kieselgroßen, porösen Steinen, die nicht zu stark nachgeben. Das sollte passen, was besseres werde ich nicht finden. Als das Zelt steht, schleppe ich noch größere Steine heran, um die Sturmleinen sicher abzuspannen und flache Steine für die Apsis. Darauf steht nicht nur der Kocher sicherer, es klebt auch nicht an allem Sand, das in der Apsis lagert. Jetzt muss ich nur noch Wasser finden, was ebenfalls erfreulich schnell geht, ein Schmelzwassertümpel reicht.



                                                                            Gegen 19:00 Uhr setzt mit auffrischendem Wind leichter Regen ein, die Luft kühlt auf 9°C ab. Als ich später das Tagebuch aufschlage, die Eindrücke des Tages vorbeiziehen lasse, damit sie sich setzen und ihren Platz finden, schleicht sich wieder dieses unwirkliche Gefühl ein, als ob ich einen Traum beschreiben müsste.

                                                                            Kommentar


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                                                                              Erfahren
                                                                              • 20.08.2015
                                                                              • 361
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                              Hah, das kenn ich, das mit dem Traumgefühl. Und auch das beständige Singen. Aber dann denke ich wieder: Herrgott, Du bist ganz allein. Was denkst Du den lieben langen Tag? Welche Gedanken werden bei Dir hochgespült in dieser kargen Sterneneinsamkeit?

                                                                              LG
                                                                              Sylvie

                                                                              Kommentar


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                                                                                Fuchs
                                                                                • 29.05.2010
                                                                                • 1280
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                Danke Dir für für diesen sehr stimmungsvollen Bericht.

                                                                                Beeindruckende Fotos und er macht Hoffnung, in Island nicht immer nur Touristenchaos vorzufinden. Ich muss zugeben, wir haben Island bereits vor mehreren Jahren aufgrund diverser Reiseberichte aus der Liste gestrichen. Eine Route für Hornstrandir war schon ausgearbeitet, aber dann haben mich die Zustände abgeschreckt. Ich war wohl auch etwas genervt, weil mich diverse Leuten angesprochen habe, wann ich denn endlich mal als "Trekker" da hin fahre.

                                                                                Aber abseits der üblichen Wege scheint es ja durchaus noch lohnend. Naja, es gibt so viele Pläne und Ziele.


                                                                                Zwei Fragen: Hast Du Dich bei der Gletscherinfo verschrieben und meintest "keine" Spalten oder meint grün tatsächlich "nur kleine Spalten" ?

                                                                                Das Mittagessen sind Vollkornbutterkekse und Butter/Käse ?

                                                                                Ansonsten finde ich auch den Rhythmus mit den vielen Pausen sehr sympathisch. Wir haben es ja in diesem Urlaub auch überwiegend ruhig angehen lassen. Wobei wir, wenn wir wirklich früh loswollen meist dann aufstehen, wenn Du schon unterwegs bist. Ich bin sonst auch Frühaufsteher, auf Tour kommt das irgendwie selten vor - und ich passe mich da meiner Frau an.

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Dauerbesucher
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                                                                                  • 768
                                                                                  • Privat


                                                                                  #41
                                                                                  AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                  Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                                                                  Hah, das kenn ich, das mit dem Traumgefühl. Und auch das beständige Singen.
                                                                                  Das mit dem Singen habe ich eigentlich falsch beschrieben, ich singe nicht nur, wenn ich gute Laune habe, sondern ganz oft auch ganz unbewusst, damit ich gute Laune bekomme, wenn ich ein bisschen angespannt oder müde bin. Wenn ich richtig mies drauf bin, singe ich nicht.

                                                                                  Aber dann denke ich wieder: Herrgott, Du bist ganz allein. Was denkst Du den lieben langen Tag? Welche Gedanken werden bei Dir hochgespült in dieser kargen Sterneneinsamkeit?
                                                                                  Ja, das wär's mal: Ein Reisebericht in Form eines Stream of Consciousness. Wenn ich irgendwann so gut schreiben kann wie Schnitzler oder Joyce, dann mache ich das

                                                                                  Aber ernsthaft, Du hast da zwei völlig unterschiedliche Fragen gestellt, wenn sie denn nicht nur rhetorisch gemeint waren. Ich kann sie nur allgemein beantworten.
                                                                                  Bewusst nachdenken kann ich nirgendwo besser als beim Alleinwandern, so wie sich nie bessere und fruchtbarere Gespräche entwickeln als beim Zu-Zweit-Wandern. Da finden sich oft kreative Lösungen für Probleme aller Art.
                                                                                  Und was die Gedanken angeht, die aus dem Unbewussten hochgespült werden: Wenn man eine oder zwei oder mehr Wochen ganz alleine ist, muss man bereit sein, sich seinen Dämonen zu stellen. Am besten man kennt sie schon vorher.

                                                                                  Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
                                                                                  Danke Dir für für diesen sehr stimmungsvollen Bericht.

                                                                                  Beeindruckende Fotos und er macht Hoffnung, in Island nicht immer nur Touristenchaos vorzufinden. Ich muss zugeben, wir haben Island bereits vor mehreren Jahren aufgrund diverser Reiseberichte aus der Liste gestrichen. Eine Route für Hornstrandir war schon ausgearbeitet, aber dann haben mich die Zustände abgeschreckt. Ich war wohl auch etwas genervt, weil mich diverse Leuten angesprochen habe, wann ich denn endlich mal als "Trekker" da hin fahre.
                                                                                  Ja, ein Trekker ist für mich auch immer noch eine landwirtschaftliche Zugmaschine , das Wort wirst Du bei mir nicht finden.

                                                                                  Freut mich jedenfalls, dass Dir der Bericht gefällt.

                                                                                  Aber abseits der üblichen Wege scheint es ja durchaus noch lohnend. Naja, es gibt so viele Pläne und Ziele.
                                                                                  Es ist wie überall, die Masse der (Wander-)Touristen tummelt sich an wenigen Orten und auf noch weniger Wanderrouten. Lasst Euch davon nicht abschrecken. Island ist schon einzigartig, aber man kann vermutlich auch überleben, ohne jemals dagewesen zu sein...

                                                                                  Zwei Fragen: Hast Du Dich bei der Gletscherinfo verschrieben und meintest "keine" Spalten oder meint grün tatsächlich "nur kleine Spalten" ?
                                                                                  "Kleine Spalten" war schon richtig, hier der Link:
                                                                                  https://safetravel.is/crevasse-maps
                                                                                  und die Karte vom Langjökull als pdf:
                                                                                  https://safetravel.is/wp-content/upl...l-ens-2017.pdf

                                                                                  Das Mittagessen sind Vollkornbutterkekse und Butter/Käse ?
                                                                                  Kornmo-Kekse, die gibt es in Norwegen unter dem selben Namen. Sind nur ganz leicht süßlich, ich komm damit klar.
                                                                                  Butter nicht, aber Käse gehört immer dazu, außer wenn mal eine ganz warme Zeit vorhergesagt ist. Dieser ist isländischer Gullostur (eine Art Gouda).

                                                                                  Ansonsten finde ich auch den Rhythmus mit den vielen Pausen sehr sympathisch. Wir haben es ja in diesem Urlaub auch überwiegend ruhig angehen lassen. Wobei wir, wenn wir wirklich früh loswollen meist dann aufstehen, wenn Du schon unterwegs bist. Ich bin sonst auch Frühaufsteher, auf Tour kommt das irgendwie selten vor - und ich passe mich da meiner Frau an.
                                                                                  Hat sich im Lauf der Jahre von selber so entwickelt. Wenn man früh aufbricht, kann man lange Pausen machen und trotzdem was schaffen. Meine Frau wandert ja leider nicht mehr so oft mit, aber wenn doch, dann passe ich mich auch an. Im Urlaub muss man sich nun wirklich keinen Wecker stellen oder seine Frau quälen.

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Erfahren
                                                                                    • 20.08.2015
                                                                                    • 361
                                                                                    • Privat


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                                                                                    AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                    Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                    Das mit dem Singen habe ich eigentlich falsch beschrieben, ich singe nicht nur, wenn ich gute Laune habe, sondern ganz oft auch ganz unbewusst, damit ich gute Laune bekomme, wenn ich ein bisschen angespannt oder müde bin. Wenn ich richtig mies drauf bin, singe ich nicht.
                                                                                    Ich habe es aber trotzdem richtig verstanden. Du singst auch, um Dich zu ermuntern. Wenn Dich was langweilt oder Du müde oder ängstlich bist. Ebenso wenn Du gute Laune hast. Nicht aber, wenn es Dir ganz schlecht geht. Geht mir haargenauso. Ich bin eine Frust- und Lust-Vertonerin. :-)

                                                                                    Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                    Aber ernsthaft, Du hast da zwei völlig unterschiedliche Fragen gestellt, wenn sie denn nicht nur rhetorisch gemeint waren. Ich kann sie nur allgemein beantworten.
                                                                                    Bewusst nachdenken kann ich nirgendwo besser als beim Alleinwandern, so wie sich nie bessere und fruchtbarere Gespräche entwickeln als beim Zu-Zweit-Wandern. Da finden sich oft kreative Lösungen für Probleme aller Art.
                                                                                    Und was die Gedanken angeht, die aus dem Unbewussten hochgespült werden: Wenn man eine oder zwei oder mehr Wochen ganz alleine ist, muss man bereit sein, sich seinen Dämonen zu stellen. Am besten man kennt sie schon vorher.
                                                                                    Genauso waren die Fragen gemeint. Was denkst Du bewusst und was ist es, was hochkommt? Ich bewundere das Alleinwandern sehr. Gleichzeitig reizt es mich, das zu probieren. Neben der Angst, mich zu verlaufen, wäre dann auch die Angst da, mich innerlich zu verlaufen. Meinen Dämonen ganz ungefiltert in ihre schrecklichschönen Fratzen zu schauen und sie in ihrem Wesen, also mich in meinem Wesen, zu begreifen. Es ist ja nicht immer ganz toll, was man da erfährt. Aber genau darum geht es ja auch.

                                                                                    Bin gespannt, wie es weitergeht.

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Fuchs
                                                                                      • 02.09.2016
                                                                                      • 1511
                                                                                      • Privat


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                                                                                      AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                      Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                      Und was die Gedanken angeht, die aus dem Unbewussten hochgespült werden: Wenn man eine oder zwei oder mehr Wochen ganz alleine ist, muss man bereit sein, sich seinen Dämonen zu stellen. Am besten man kennt sie schon vorher.
                                                                                      Hier gibt es womöglich individuelle Unterschiede. Ich hatte auch bei mehrwöchigen Solotouren nie etwas derartiges. Wenn schon mal "Dämonen" hochgekitzelt wurden, dann nicht durchs Alleinsein, sondern durch andere "liebe Mitmenschen".
                                                                                      Und - wie Du sagst: Am besten man kennt sie schon vorher.

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        Dauerbesucher
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                                                                                        • 768
                                                                                        • Privat


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                                                                                        AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                        Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
                                                                                        Hier gibt es womöglich individuelle Unterschiede. Ich hatte auch bei mehrwöchigen Solotouren nie etwas derartiges. Wenn schon mal "Dämonen" hochgekitzelt wurden, dann nicht durchs Alleinsein, sondern durch andere "liebe Mitmenschen".
                                                                                        Und - wie Du sagst: Am besten man kennt sie schon vorher.
                                                                                        Vielleicht hast Du einfach keine, Du Glücklicher! Oder Du hast sie schon viel früher bekämpft und vernichtend geschlagen

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Dauerbesucher
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                                                                                          • 768
                                                                                          • Privat


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                                                                                          AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                          02. Juli: Abwettern

                                                                                          Der Tag beginnt sehr still, nur das allerfeinste Nieseln ist gerade so eben wahrnehmbar. Kein Vogel, kein Insekt, nicht mal ein Windhauch, der über das Zelt streicht. Ich lausche für eine Weile der Stille. Der tiefe Ton des Blutkreislaufs, dann darüber das hohe Fiepen des Nervensystems. Wenn es absolut still ist, hört man seine eigene Lebendigkeit.

                                                                                          Die Nacht habe ich wunderbar geschlafen und bin jetzt in sehr gemütlicher Stimmung. Gegen sieben beginne ich mit dem Kaffeekochen und schalte das Telefon ein. Meine Frau besteht darauf, dass ich wenigstens das allereinfachste Mobiltelefon dabeihabe, für den Notfall, und damit ich mich gelegentlich bei ihr melden kann. Prepaid-Karte, nur sie kennt die Nummer, 400 Stunden Akkulaufzeit. Anfangs wollte ich das nicht, hatte das Gefühl, ein Stückchen von meiner Freiheit aufzugeben. Aber dann stellte ich fest, dass es in Norwegen hinter dem ersten Berg meist sowieso kein Netz mehr gibt und war beruhigt. Dann muss ich mich auch nicht jeden Tag melden.

                                                                                          Da es nun schon dabei ist und man in Island mit extremen Wetterlagen rechnen muss, auf die man gerne vorbereitet wäre, hat meine Frau versprochen, alle zwei Tage eine Wettervorhersage per SMS zu schicken. Heute soll es also den ganzen Tag regnen, morgen bis zum Nachmittag trocken sein. Da kann ich doch gleich beschließen, den Tag abzuwettern. Die Sicht ist sowieso bescheiden, hier das einzige Foto des Tages:



                                                                                          Nach dem Frühstück verkrieche ich mich wieder im Schlafsack und kann sogar noch mal richtig lange schlafen. Gegen 14:00 Uhr bin ich ausgeschlafen und unternehmungslustig, denke sogar kurzzeitig daran, noch ein Stück zu laufen. Aber das Wetter ist äußerst ungemütlich geworden, der kräftige Wind scheint die Regenwolken vor dem Gletscher regelrecht auszuquetschen wie einen gigantischen Schwamm. Wieder einmal denke ich, dass auf der Nordwestseite des Langjökull davon wohl nicht mehr viel ankommt. Immerhin arbeitet sich das Thermometer bis auf 10°C hoch.

                                                                                          Weil ich sonst nichts zu tun haben, sortiere ich meine restlichen Nahrungsmittel und bin sehr zufrieden mit dem, was noch übrig ist. Für morgen sind ganz unten im Snackbeutel ein paar Extras versteckt, denn das ist mein Geburtstag. Lecker! Natürlich läuft mir das Wasser im Mund zusammen, es spritzt geradezu aus den Speicheldrüsen, aber ich kann mich beherrschen. Morgen.


                                                                                          03. Juli: Jarlhettur - Eystri-Hagafellsjökull - Einifell

                                                                                          Wie nach dem letzten Ruhetag, konnte ich auch in dieser Nacht nicht gut schlafen. Kurz vor fünf schäle ich mich aus dem Schlafsack, werfe meine drei Haferkekse ein und packe zusammen. Mit 2°C ist es recht kühl, Mütze und Handschuhe kommen in die Jackentaschen. Noch vor sechs ist das nasse Zelt am Rucksack festgeschnallt, jetzt geht es endlich weiter. Zwischen den Wolken schimmern schon blaue Flecken hindurch, die zumindest Hoffnung machen. Zuerst gehe ich zum See 638m, der seltsamerweise keinen Namen abbekommen hat, ebenso wie alle Berge um ihn herum.


                                                                                          See 638m


                                                                                          Blick nach Nordosten

                                                                                          Der Eindruck der Bilder täuscht nicht, es ist wirklich kalt. Nordwestlich um den teilweise zugefrorenen See herum sieht es am einfachsten aus, ich lege einen Zahn zu, um mich warmzulaufen. Wo kein Schnee liegt, ist anfangs Geröll, später dann viel weicher Sand, aber etwas weiter weg vom Ufer läuft es sich angenehm, man sinkt nicht allzu tief ein. Jetzt kommt schon gelegentlich die Sonne durch.


                                                                                          Klick auf das Foto für größere Ansicht



                                                                                          Als der See hinter mir liegt, komme ich in ein weites Schwemmland am Gletscherrand, das mich magisch anzieht. Auch hier ist der Sand meist fest genug, um darauf zu treten, was mich zu der irrigen Annahme verleitet, man könne vielleicht auch den westlichen See an der Gletscherseite umgehen. Ein erster klarer Bach lässt sich problemlos überqueren, nachdem ich vorsichtig getestet habe, ob der Sand mein Gewicht trägt.



                                                                                          Einige Minuten später stoße ich auf den nächsten Bach, trübes Wasser, sieht auch nicht viel schwieriger aus. Schon beim Versuch, mich dem Gletscherbach zu nähern, versinke ich allerdings knöcheltief im Schlamm, schnell wieder zurück. Also anders herum, durch den matschigen Schnee.





                                                                                          Bis zur Stóra-Jarlhetta geht es jetzt zwei Kilometer über Moränenhügel. Langsam nähere ich mich dem Jarlhettudalur, das auf der Karte im oberen Teil eng und tief eingeschnitten aussieht. Die Spannung steigt. Sollte ich da nicht hinunterkommen, dann wäre ein weiter Umweg nötig.


                                                                                          Stóra-Jarlhetta


                                                                                          der Taleinschnitt lässt sich noch nicht einsehen


                                                                                          Jarlhettukvísl

                                                                                          Ich quere den Gletscherbach trockenen Fußes über große Steine und stelle bald fest, dass ich mir umsonst Sorgen gemacht habe. Das Tal ist wirklich harmlos. Eigentlich wäre schon längst Zeit für die Frühstückspause, aber die Engstelle will ich auf jeden Fall noch passieren. Über eine Schneebrücke wechsele ich auf die Ostseite, da ist der Hang viel flacher, als die Höhenlinien auf der Karte anzeigen.






                                                                                          Jarlhettudalur



                                                                                          Als sich das Tal weitet, gibt es Moosflecken und ein paar Grasbüschel zwischen den Steinen. Und sofort finden sich auch wieder Fliegen und Kriebelmücken ein. Es ist deutlich wärmer geworden und fast windstill, also keine Chance, sie von mir fernzuhalten. Na, ich stelle für die Pause sowieso das Zelt zum Trocknen auf, drinnen hab ich meine Ruhe. Zeit für das Geburtstagsfrühstück! Moment, erst noch ein Foto vom Geschenketisch:



                                                                                          Das KitKat muss zuerst dran glauben, nach neun Tagen ohne Schokolade gibt es kein Halten mehr. Hätte nicht gedacht, dass es noch in so gutem Zustand ist. Schokolade habe ich im Sommer sonst nie dabei, seit mir mal eine zu einem formlosen Klumpen geschmolzen ist, aber da war es auch deutlich wärmer. Über zu viel Hitze kann ich auf dieser Tour tatsächlich nicht klagen, und die Gefahr eines Sonnenbrands ist auch sehr gering. Die Sonne hat sich wieder hinter einer Wolkenschicht verschanzt.

                                                                                          Während der Pause überlege ich mir, wie es weitergehen soll. Ich will unbedingt zum Eystri-Hagafellsjökull, alles andere hängt von den Schnee- und Wetterbedingungen ab. Also los, der Gletscher kommt bestimmt nicht zu mir. Zuerst muss ich ein drittes Mal über den Gletscherbach, danach genau nach Westen über die Hügelkette. Schon kommt der Hagavatn in Sicht und rechts davon ... Moment mal ... wo ist der Gletscher? Dass er geschrumpft sein musste, war mir klar, aber ich bin doch überrascht, wie weit er sich zurückgezogen hat. Bestimmt anderthalb Kilometer muss ich durch Sand und Moränenschutt laufen, um den Eisrand zu erreichen. Auf dem Weg dahin ist sogar ein schlammbrauner Gletscherfluss im Miniaturformat zu furten. Niedlich!


                                                                                          Blick zurück zum Jarlhettudalur


                                                                                          Hagavatn


                                                                                          Miniatur-Gletscherfluss

                                                                                          Am Eisrand dann die Suche nach einem festen Übergang, ohne Erfolg. Also probiere ich mein Glück an einer erhöhten Stelle, wo noch größere Steine liegen, aber auch die versinken unter meinem Gewicht im Schlamm. Ein paar beherzte Schritte, nicht zu lange Zögern, und ich stehe auf dem Eis. Für den Ausflug auf den Gletscher hätte ich mir zwar etwas Sonne gewünscht, aber zumindest ist der untere Teil schneefrei. Außer den Grödeln brauche ich jetzt Handschuhe und Mütze, dann kann es losgehen. Ein eiskalter Wind weht mir entgegen.

                                                                                          Noch weiß ich nicht genau, was ich machen will. Ich könnte bis zum Hagafell über den Gletscher gehen und dann weiter zum Vestari-Hagafellsjökull, sieht nicht unmöglich aus. Wenn mir das nicht geheuer ist, könnte ich es auch bei einer Runde auf dem Eis belassen und zum Hagavatn zurückgehen. Das entscheide ich, wenn ich etwas höher gestiegen bin.













                                                                                          Fremdartig und aufregend fühlt sich die erste halbe Stunde auf dem Eis an. Ich staune und mache viele Fotos. Leider gelingt es mir nicht, die sehr unterschiedliche Oberflächenstruktur abzubilden. Außer der rauen, mehrere Zentimeter tief ausgehöhlten Oberfläche, die man noch einigermaßen erkennen kann, gibt es auch Stellen mit ganz glattem, durchsichtigem Eis, wie sauber eingepasste Glasblöcke.

                                                                                          Dann erreiche ich einen schuttbedeckten Felsriegel, der den unteren Teil des Gletschers abtrennt. Guter Aussichtsplatz für eine Verschnaufpause. Was mache ich jetzt? Der Gletscher sieht oberhalb des Riegels genügend eben aus und ist auch aper bis kurz vor dem Hagafell. Was mich von der Route über den Gletscher abhält, ist eher, dass ich nicht weiß, wie es auf dem Hagafell aussieht und wie sich das Wetter entwickelt. Eine stabile Wetterlage sieht anders aus. Ich beschließe also, dass es meine Abenteuerlust vollkommen befriedigt, noch ein Stück nach Westen zu gehen und dann zum Hagavatn zurückzukehren.



                                                                                          Als ich vom Fels wieder auf das Eis komme und dabei auf ein scheinbar festes Sand-Steine-Gemisch trete, wird es unter meinen Füßen schlagartig flüssig und die Masse ergießt sich als kleine Schlammlawine hangabwärts. Wie gut, dass ich das Gewicht noch auf dem anderen Bein habe, so kann ich rasch einen großen Schritt nach hinten machen. Nach diesem Schreck nehme ich mir vor, in Zukunft noch vorsichtiger mit Sand zu sein.









                                                                                          Ich gehe erst mal auf dem Eis nach Südwesten, entscheide dann aber, dass ich für den Übergang zur selben Stelle zurückkehre, an der ich den Gletscher betreten habe, alles andere ist noch viel unwegsamer. Schlamm lässt sich abwaschen. Das war ein schöner Geburtstagsspaziergang, sehr befriedigt erreiche ich die ersten Moospolster kurz vor dem Hagavatn. Das netteste Plätzchen, das man hier für die Mittagspause finden kann, bisschen nass vielleicht. Wie kommt eigentlich dieses selbst bei trübem Wetter irrsinnig leuchtende Grün zustande?



                                                                                          Da es eine Dreiviertelstunde später zu nieseln beginnt, verkürze ich die Mittagspause. Wenn ich schon den sehr viel längeren Weg nach Westen gewählt habe, dann möchte ich heute wenigstens noch bis zur Brücke über den Fluss Far kommen. Dafür muss ich am Ufer des milchig-trüben Hagavatn entlang zum Nýifoss laufen, dem neuen Wasserfall, der erst 1939 entstanden ist, als ein Gletscherlauf den neuen Durchbruch geschaffen hatte. Hagavatn hat seitdem einen deutlich geringeren Wasserstand. Von der ersten Fallstufe donnert das Wasser eindrucksvoll in einen brodelnden Kessel. Um den eigentlichen Wasserfall zu sehen, muss man einem Pfad hinunter in die Ebene folgen.


                                                                                          Hagavatn






                                                                                          obere Fallstufe


                                                                                          Blick zum Einifell


                                                                                          Nýifoss

                                                                                          Noch ist es einigermaßen trocken, nur ein paar Nieselschauer. Die nächste Attraktion ist nicht weit entfernt, ich muss nur ein Stück der Piste folgen, die am Wasserfall beginnt, und ein viertes Mal den Jarlhettukvísl furten, dann sehe ich sie. Bäume! Wunderschöne Birken an der Hütte, daneben Fichten. Was für ein paradiesischer Flecken Erde, wenn man tagelang hauptsächlich Schnee und Steine gesehen hat. Jetzt habe ich auch eine Vermutung, woher der Name Hagafell kommt, nämlich von diesem idyllischen Platz. Wenn "haga" mit dem norwegischen "hage" oder dem deutschen Hagen zusammenhängt, bedeutet es so was wie befriedeter Ort oder Garten.





                                                                                          Fast bin ich versucht, neben der Hütte das Zelt aufzustellen, um den Blick auf die Bäume und die heimelige Stimmung, die sie verbreiten, noch länger auskosten zu können, die 2.000 Kr wäre es mir wert. Andererseits wüsste ich auch gern, in welchem Zustand die Brücke am Südrand des Einifell ist. Dort wird sich hoffentlich ebenfalls ein nettes Plätzchen finden. Wenn ich östlich um den Berg herum gehe, begleitet mich zumindest das saftige Grün noch für eine Weile.

                                                                                          Den langen Tag spüre ich mittlerweile deutlich in den Beinen, außerdem regnet es jetzt stärker. Gäbe es doch nur ein winziges Bächlein, dann könnte ich auf einer der grünen Terrassen am Berghang bleiben. Doch die Hoffnung erfüllt sich nicht, also muss ich doch in der Nähe der Brücke zelten. Große Waschaktion, heute ist auch Haarewaschen (mit Kernseife) und Rasieren dran. Im Regen und ohne Windschutz kostet es einige Überwindung, mich wieder und wieder mit eiskaltem Gletscherwasser zu übergießen, aber sobald der Schmerz auf der Kopfhaut nachlässt, ist das saubere Gefühl einfach unbeschreiblich gut. Nächstes Mal doch lieber mit warmem Wasser.

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Erfahren
                                                                                            • 20.08.2015
                                                                                            • 361
                                                                                            • Privat


                                                                                            #46
                                                                                            AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                            Boahhh, was für eine Landschaft. Treibsand im ewigen Eis. Gräuliche Gräue allerorten. Und dann steht da plötzlich dieses Hütte inmitten von Grün. Das ist ja wie im Märchen. Und Hänsel und Gretel erreichten endlich ein wundersames Haus. Beef Jerky zum Geburtstag. Ist es nicht toll, dass man über so wenig so glücklich sein kann? Nachträglich alles Gute! Ich würde Dir ja wünschen, dass Du glücklich wieder heimgekommst, aber das bist Du ja schon.

                                                                                            Lg Sylvie

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              Dauerbesucher
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                                                                                              • 768
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                                                                                              AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                              04. Juli: Einifell - Þórólfsfell - Langavatn

                                                                                              Gestern habe ich zwar keine besonders weite Distanz zurückgelegt, war aber durch die paar Umwege und den Abstecher auf den Gletscher lange auf den Beinen. Nach Lust und Laune eben, genau so hatte ich mir das vorgestellt, so konnte sich ein abwechslungsreicher und sehr befriedigender Wandertag entwickeln. Während ich einschlief, porentief sauber und mit einem warmen Nudelessen im Bauch, wirbelten die vielen Eindrücke noch Walzer tanzend durch meinen Kopf.

                                                                                              Das beruhigendste aller Geräusche grüßt mich am frühen Morgen: leichter Regen auf dem Zelt. Ein Geräusch, das mich immer sanft aus dem Schlaf in den Wachzustand gleiten lässt und nicht selten wieder zurück. Noch mal gemütlich auf die andere Seite drehen, alles hat Zeit. Heute steht nichts Weltbewegendes an. Hinüber zur Piste und dann nach Westen. Þórisdalur würde ich gerne noch sehen, bevor ich den Laugarvatn anpeile, dafür dürften die verbleibenden vier Tage ausreichen.



                                                                                              Gegen acht steige ich die steile Böschung hinunter zur Brücke. Schon erstaunlich, dass es hier überhaupt eine Fußgängerbrücke gibt und dann noch eine so stabile. Eine viel benutzte Wanderroute oder auch nur ein Pfad ist jedenfalls nicht in der Nähe. Na, mir soll es recht sein, den Far haben wir, meine Frau und ich, vor vielen Jahren am Sandvatn gefurtet, das war kein Spaß. Hinter der Brücke geht es für knapp zwei Kilometer durch die sandige, steinübersäte Ebene und über einen Schafzaun, dann bis zur Piste F338 über ein üppig begrüntes Lavafeld, nass vom Regen.

                                                                                              Die Piste ist schon von Weitem an der Stromtrasse zu erkennen. Riesige Masten bezeugen den Triumph des Menschen über die Natur, die sich gegen die Verschandelung nicht wehren kann. Aber das ist wieder zu menschlich gedacht, die Masten stören nur den Wanderer, der sich der Zivilisation für kurze Zeit entziehen will. Wenn er heimkommt, freut er sich über den Strom aus der Steckdose und ein gut gekühltes Bier in der Sommerhitze.



                                                                                              Die Kriebelmücken beeinträchtigt die Stromtrasse jedenfalls nicht, sie freuen sich im Gegenteil auf die Mahlzeit ihres Lebens. Der unwiderstehliche Duft eines leckeren Wanderers zieht sie aus der ganzen Gegend an. Was gäbe ich jetzt für ein Kopfnetz, oder wenigstens Wind von vorne. Stattdessen wische ich mir die ganze Zeit mit der Hand übers Gesicht und die Ohren, für einen Beobachter müsste es so aussehen, als hätte ich einen nervösen Tic. Es nützt nichts, die Brille ist im Weg, zuerst beißen die Biester wie immer in die dünne Haut unter den Augen. Als ich die Brille abnehme, um sie zu vertreiben, krabbeln sie in die Ohren, ich könnte schreien.

                                                                                              Für gut zehn Kilometer Luftlinie möchte ich jetzt bis zum Þórólfsfell der Piste folgen, also irgendwas zwischen 12 und 14 km als Nicht-Krähe. Auf der Piste läuft es sich zumindest kräftesparender als in dem weichen Sand. Zuerst windet sie sich 100 Höhenmeter aufwärts zum Mosaskarð, einer Bresche zwischen Fagradalsfjall und Mosaskarðsfjall.


                                                                                              Mosaskarðsfjall

                                                                                              Oben angekommen, schlängelt sich die Piste durch das sandige, spärlich bewachsene Lavafeld Lambahraun (Schäfchenlava). Bedeckt und still ist der Vormittag, eine schwebende, zeitlose Gleichförmigkeit, ab und zu etwas Nieselregen. Da dieser Abschnitt wenig mentale Fokussierung erfordert, schweifen meine Gedanken bald hierhin, bald dorthin und bleiben für eine Weile an diesem Namen hängen. Lambahraun.


                                                                                              Ein kleines Lamm, allein in dieser harschen, wenig nahrhaften Umgebung, nimmt vor meinem inneren Auge Gestalt an. Ab und zu ein trockenes Grasbüschel, kein Wasser weit und breit. Mit matter Stimme blökt es nach seiner Mutter, seiner Schwester, keine Antwort. Aus welcher Richtung bin ich gekommen? Es ist ja noch so unerfahren, hat im Nebel die Orientierung verloren und bleibt jetzt einfach stehen, gelähmt vor Angst. Bald sind die Umrisse der Lavafelsen kaum noch erkennbar, eine kalte Septembernacht bricht herein.

                                                                                              Unten im Tal, Meilen entfernt, hat der Bauer Ólafur in dieser Nacht einen Alptraum, aus dem er schweißnass erwacht. Was er geträumt hat, erzählt er nicht, sattelt nur beim ersten Licht sein kräftigstes Pferd und reitet nach Norden, Raureif im Bart. Drei Stunden sind die beiden schon unterwegs, als der Bauer plötzlich absteigt. Das Pferd zupft ein paar Grashalme, während Ólafur einen Felsen erklimmt, sich langsam dreht und die Augen dabei fest anspannt. Sehen kann er nichts, doch hört er das schwache Blöken ganz in der Nähe.

                                                                                              Seit dieser wundersamen Rettung heißt das Lavafeld bei allen Bauern der Gegend nur noch Lambahraun. So ist es gewesen, ganz bestimmt.


                                                                                              Ein erstaunter Blick auf die Uhr, ich bin tatsächlich schon zwei Stunden unterwegs. Zeit für die Frühstückspause. Ich habe zwar keine Lust, mein nasses Zelt im nassen Sand aufzustellen, aber das Wetter lädt auch nicht gerade dazu ein, mein Müsli im nassen Sand sitzend einzunehmen. Dann doch lieber Zelt. Eigentlich bin ich froh, dass es nicht warm und sonnig ist, denn ich habe nur 1 1/2 Liter Wasser mitgenommen, das muss bis zum Nachmittag reichen. Als ich nach zwei Stunden weitergehe, weht ein frischer Wind aus Nordwest, der immer mehr zulegt.


                                                                                              Lambahraun


                                                                                              Hlöðufell



                                                                                              Nach weiteren ereignislosen Kilometern erreiche ich gegen Viertel vor zwei die Nothütte am Þórólfsfell. Man darf sie kostenlos benutzen, aber sie ist so dreckig und verwahrlost, dass man hier wirklich nur im Notfall übernachten möchte. In ihrem Windschatten mache ich eine kurze Pause, krame Mütze und Handschuhe heraus, bevor ich die Piste verlasse und pfadlos genau auf den höchsten sichtbaren Punkt des kleinen Schildvulkans Skersli zulaufe. Das wird noch mal richtig anstrengend, denn ich muss ein ziemlich unebenes Lavafeld durchqueren und habe dabei den scharfen Wind direkt von vorne. Eine gute Stunde später erreiche ich den breiten Geröllrücken Langalda.


                                                                                              Langalda, dahinter Langafell und Skersli (in den Wolken)

                                                                                              Das Wasser ist inzwischen aufgebraucht. Hinter diesem letzten Hindernis verbirgt sich nach der Karte ein See, und wenn ich Glück habe sogar irgendeine Art von Vegetation, auch wenn es hier noch nicht danach aussieht. Auf der Langalda bläst mir der Wind ungehindert entgegen, doch die Wolken schaffen es nicht über die Berge im Nordwesten, auf dieser Seite kommt sogar die Sonne durch. Jetzt kann ich das Tal und den See Langavatn überblicken. Wasser gibt es schon mal, und einen halbwegs ebenen Grasfleck kann ich auch erkennen. Wo es einen gibt, könnten sich noch mehr finden, also steige ich über ein steiles Schneefeld in das Tal hinunter und laufe über Sandflächen und steinige Hügel zum See.







                                                                                              Ja, ich habe Glück. Etwa auf halber Länge des Sees gibt es größere ebene Flächen, die mit Gras und Zwergsträuchern bewachsen sind. Hier kann ich das Zelt bombenfest abspannen, muss nur aufpassen, dass im starken Wind nichts wegfliegt. Dabei ist das schon die Leeseite des Skersli, ich möchte nicht wissen, wie es auf der anderen Seite aussieht. Heute gehe ich jedenfalls nicht weiter. Nachdem Wasser aus dem See geholt ist, was sich durch das aufgeweichte Ufer als schwierig erweist, stürze ich mich gierig auf das Mittagessen, die Uhr zeigt schon halb fünf.

                                                                                              Von einem kleinen Spaziergang am späteren Nachmittag flüchte ich mich bald wieder ins schützende Zelt, es ist einfach zu ungemütlich. Aus der Apsis, mit einem heißen Kaffee in der Hand, kann ich die Landschaft genauso gut genießen. Die Sonne lässt den See in einer irren grünblauen Farbe aufleuchten, dahinter reihen sich Berge wie Perlen auf der Schnur, Kálfstindur, Þórólfsfell, Högnhöfði, Hlöðufell.



                                                                                              Zwei Goldregenpfeifer leisten mir Gesellschaft. Ihre klagenden Rufe erzählen vom Leben im kargen Hochland, von der unbegreiflichen Weite, von Stürmen und tagelangem Regen, von der flüchtigen Wonne eines Sonnenstrahls, vom schwankenden Nahrungsangebot in der Brutzeit, und wie man als kleiner Vogel lernt, allen Unbilden mit optimistischem Gleichmut zu trotzen.


                                                                                              Langavatn am Abend


                                                                                              05. Juni: Der Windsack-Test

                                                                                              Mein Soulo hat diese unruhige, windige Nacht gut überstanden, aber ich konnte nur wenig schlafen. Am Morgen hat es 3°C, anhaltend starker Wind aus Nordwest. Heute will ich auf keinen Fall mit vollem Gepäck gegen den Wind ankämpfen wie gestern, also muss der Abstecher zum Þórisdalur wohl ausfallen, sehr schade. Den ganzen Tag faulenzen oder schon den Rückweg antreten will ich aber auch nicht. Vielleicht kann ich einen Halbtagesausflug zum Pass nordwestlich des Skersli machen und von dort den Þórisjökull wenigstens sehen.

                                                                                              Klingt bescheuert, weil sich genau dort die Wolken stauen, aber was besseres fällt mir nicht ein. Also packe ich nach dem Frühstück ein paar Sachen in den Leichtrucksack und gehe los. Zuerst nach Norden, dann in weitem Bogen nach Nordwesten den sanft ansteigenden Hang hinauf. Weniger sanft als vielmehr schneidend ist der Wind, der mit zunehmender Höhe immer schärfer wird. Bald geht es fast nur noch über Schnee, mit eingestreuten kleinen Geröllinseln. Immer mehr Wolken schieben sich über den Pass und die Berggipfel, verlieren dabei auch ein paar Regentropfen. Die dünnen Windstopper-Handschuhe, Fleecemütze und Kapuze reichen nicht, um die Auskühlung durch den Wind zu verhindern.


                                                                                              Skersli


                                                                                              Blick zum Hagafell


                                                                                              Vestari Hagafellsjökull



                                                                                              Mir ist die grandiose Sinnlosigkeit dieser Aktion durchaus bewusst. Vom Pass aus werde ich nichts anderes sehen können, als das Innere der Wolken und außerdem in die Richtung zurückgeblasen, aus der ich gekommen bin. Aber ich habe noch einen Plan B, der mindestens genauso gut ist: ich werde meinen neu erstandenen Windsack erstmals unter realistischen Bedingungen testen! Rab Group Shelter 2. Dann weiß ich zumindest schon, was man im Notfall alles falsch machen kann. Mit der verlockenden Aussicht auf eine windgeschützte Pause in der trockenen Tüte schaffe ich es, noch ein paar Höhenmeter gegen den Wind anzukämpfen und eine Geröllinsel anzusteuern.

                                                                                              Prima, hier gibt es auch eine sandige Stelle, wo ich den Wanderstock 20 cm tief versenken kann. Dann gehe ich in die Hocke, um dem Wind weniger Angriffsfläche zu bieten und ziehe den Windsack aus der Hülle, der sofort wie wild zu flattern beginnt. Bevor der Wind ihn mir aus der Hand reißt, streife ich mir ein Ende über den Rücken und lasse mich auf den Hintern fallen. Nicht sehr elegant, aber effektiv. Jetzt muss ich ihn noch so drehen, dass eine der beiden Sitzflächen an die richtige Stelle kommt und der Stock in die dafür vorgesehene Ausstülpung auf der Oberseite. Den Stock etwas tiefer einstellen, damit die Seiten nicht mehr offen sind. Jetzt flattert der Sack zwar immer noch ganz ordentlich, aber es zieht nicht mehr rein.

                                                                                              Soweit sehr befriedigend. Die Beine kann ich bequem ausstrecken und damit die windabgewandte Seite stabilisieren, zwischen die Füße kommt der Rucksack. Eine dünne Sitzunterlage habe ich auch dabei, sehr empfehlenswert, wenn man nicht zufällig auf trockener, weicher Krähenbeerenheide gelandet ist. Sofort wird es spürbar warm, und es bildet sich ein bisschen Kondenswasser. Klar, trotz Kälte habe ich beim Aufstieg mächtig geschwitzt. Ein trockener Pulli als Isolationsschicht zwischen der nassen Plane und dem Rücken wäre jetzt nett. Aber ich will ja auch nicht Stunden ausharren.




                                                                                              Nach 20 Minuten ist es immer noch angenehm, wäre auch länger auszuhalten. Wie man allerdings zu zweit hier drin sitzen soll, ist mir schleierhaft, da müsste man irgendwie die Beine übereinander stapeln. Nachdem der Windsack wieder verstaut ist, laufe ich in einem größeren Bogen zurück, näher am Vestari Hagafellsjökull, der mittlerweile in der Sonne badet. Überhaupt hat man Richtung Südosten einen prachtvollen Blick von hier oben, der alleine schon die Mühe wert gewesen wäre.





                                                                                              Nach insgesamt vier Stunden bin ich zurück am Zelt und habe sogar nicht weit entfernt einen nur wenige Meter langen Schmelzwasserbach entdeckt. Sonst versickert hier alles Wasser sofort im sandigen Boden, ohne auch nur eine Pfütze zu bilden. Perfekt, um Unterwäsche und Wandersocken zu waschen, letztere haben es dringend nötig. Da sich immer mehr die Sonne durchsetzt, werden sie hoffentlich schnell trocknen. Der Wind lässt etwas nach, bleibt aber kalt, 7°C am Nachmittag. Für heute möchte ich diesen herrlichen Platz noch auskosten, es reicht vollkommen, wenn ich morgen weitergehe.
                                                                                              Zuletzt geändert von Borgman; 19.08.2018, 15:51. Grund: Fotos angepasst

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                • 768
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                                                                                                AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                                                                                Nachträglich alles Gute! Ich würde Dir ja wünschen, dass Du glücklich wieder heimgekommst, aber das bist Du ja schon.
                                                                                                Herzlichen Dank, Sylvie! Und ebenfalls herzlichen Dank für Deine poetischen Kommentare! Dir als Waldbewohnerin muss diese Landschaft vermutlich sehr fremd erscheinen...

                                                                                                Kommentar


                                                                                                • Borgman
                                                                                                  Dauerbesucher
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                                                                                                  • 768
                                                                                                  • Privat


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                                                                                                  06. Juli: Langavatn - Hlöðuvellir - Quellen der Brúará

                                                                                                  Schon am frühen Morgen weckt mich die Sonne und wärmt das Zelt nach einer kühlen Nacht. Im Schatten zeigt das Thermometer noch -2°C. Die Schneeflecken der Langalda spiegeln sich friedlich im See, denn der Wind ist abgeflaut. Perfekte Bedingungen für eine obercoole Wanderung zum Þórisdalur. Eigentlich. Nur reicht dafür die Zeit jetzt nicht mehr, wenn ich am Ende noch ein bisschen Reserve haben möchte.

                                                                                                  Zum ersten Mal hadere ich mit dem Lust-und-Laune-Prinzip, das mir bisher eine so entspannte und trotzdem abwechslungsreiche Tour beschert hat. Wenn ich an einem Tag die Zähne zusammengebissen und mich einfach durchgekämpft hätte, dann könnte ich heute noch ein spannendes Tal erkunden. Auch der Umweg über den Skersli für einen Blick zum Þórisjökull ist keine Option, denn ich rechne nicht damit, vor den Quellen der Brúará irgendwelches Wasser zu finden, und bis dahin ist es ein ganzer Tagesmarsch. Ärgerlich. Doch die beiden Goldregenpfeifer, die anscheinend nicht viel Schlaf brauchen, erinnern mich daran, dass man hier im Hochland nichts erzwingen kann, man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen und das beste draus machen. So verbanne ich denn Þórisdalur aus meinen Gedanken und breche gegen sechs Uhr auf.











                                                                                                  Im Grunde laufe ich genauso zurück zum Þórólfsfell, wie ich vorgestern gekommen bin, aber es fühlt sich ganz anders an. Federnd, voller Energie, der Rucksack ist kaum zu spüren. Und dann das Licht! Obwohl ich jetzt eigentlich weiter und weiter laufen möchte, muss ich einfach versuchen, ein paar Fotos zu machen, den Zauber dieses sonnigen Morgens in der Lavawüste einzufangen und mit nach Hause zu nehmen.











                                                                                                  Nach gefühlt einer Viertelstunde quere ich die Piste am Þórólfsfell und laufe weiter nach Süden, bis ich auf die Piste stoße, die westlich an diesem Berg entlang zum Hlöðufell führt. Eine hauchdünne Eisschicht spannt sich über eine Bodendelle, da muss gestern noch Wasser gewesen sein. Warum Eis? Ist es wirklich so kalt? Seltsam. Dann Hlöðufell, düstere, geheimnisvolle Burg, bizarre Felszinnen ragen in die Kuppel aus Nebel.



                                                                                                  Hier mache ich erst mal Frühstückspause (in Wirklichkeit sind nämlich schon zwei Stunden vergangen), stelle das Zelt auf und hole mir für den Kaffee eine Portion dreckigen Schnee vom Berghang. Das war so eingeplant, dann reichen die anderthalb Liter Wasser, die ich mitgenommen habe, hoffentlich für den ganzen Tag. Es ist sowieso wieder bewölkt, und ein kühler Wind weht aus Süden. Ist schon ein seltsamer Zufall, dass nur an den zwei Tagen, an denen ich hauptsächlich nach West und Nordwest gegangen bin, der Wind aus Nordwesten kam und jetzt wieder von Süden. Oder sollte ich das persönlich nehmen?

                                                                                                  Die auf der Karte eingezeichnete Nebenpiste, der ich jetzt östlich am Hlöðufell entlang folge, ist kaum mehr als eine selten benutze Fahrspur. Anfangs durch den Sand etwas mühsam, später dann, auf festerem Untergrund aus Schotter und kleinen Steinen, komme ich flott voran. Wie vermutet gibt es hier kein Wasser, obwohl die Landschaft immer grüner wird. Am Südende des Hlöðufell ragt ein niedriger Ausläufer einen guten halben Kilometer in die Ebene hinein wie ein Sporn: Rani. Die Fahrspur läuft drum herum, aber es sieht so aus, als könnte man ihn auch bequem übersteigen.


                                                                                                  Nebenpiste am Hlöðufell



                                                                                                  Auf dem Rücken vom Rani lasse ich den Rucksack stehen und schaue mich in Ruhe um. Das sieht interessant aus. Ein Teil besteht aus zusammengebackenen Steinen, die an machen Stellen bizarre Skulpturen bilden, etwa einen geflügelten Drachen. Ein anderer Teil des Sporns besteht anscheinend aus einer Art Sandstein, der in dieser Umgebung sehr fremd wirkt und an der Hangseite ebenfalls seltsame Formen herausgebildet hat. Wieder einmal wünsche ich mir, ich verstünde mehr von Geologie, und wieder einmal kann ich nur staunen.


                                                                                                  Fabelwesen





                                                                                                  Auf der anderen Seite komme ich über einen steinigen Hang hinunter in die weite, grasbewachsene Ebene Hlöðuvellir. Hier weidete sicher das Lamm mit seiner Mutter und Schwester, bevor es sich ins Lavafeld verirrte. Ich durchquere sie noch bis zum Pistenabzweig und schlage an einer saftig grünen Stelle mein Lager für die Mittagspause auf. Uff! Ich bin erschöpft, die Knie tun mir weh. Nach dem Essen schlafe ich eine ganze Stunde, komme danach auch nur schwer in die Gänge. Hoffentlich nur ein Durchhänger, denn ich muss noch ein ordentliches Stück laufen, bevor es wieder Wasser gibt. Mein Ziel für heute, und darauf freue ich mich jetzt schon, sind die Quellen der Brúará. Nie gehört? Ich auch nicht, in der Karte sind sie auch nicht verzeichnet, aber auf den Satellitenbildern klar zu erkennen. Ich bin sehr gespannt.

                                                                                                  Bis dahin sind es aber noch einige Kilometer durch, oder besser am Rand der Wüste Rótasandur. Eine Piste ist hier nur noch an wenigen Stellen erkennbar, man geht einfach durch den Sand, nach Westen begrenzt von einem Hang aus chaotisch durcheinander gewürfelten Steinblöcken. Erinnert ein bisschen an ein verlassene Großbaustelle. Zwei Radfahrer, die mich eben noch flott und mit knappem Gruß überholt haben, schieben jetzt mühsam ihre schwer bepackten Räder durch den weichen Sand. Jetzt bin ich an der Reihe, sie flott zu überholen und erkundige mich nach ihrem Befinden. Sie wussten ja nicht, dass sie die ersten Menschen sind, denen ich seit Skálpanes begegnet bin (aber die zählen nicht, sie hatten alle mindestens eine Tonne Blech um sich herum, hoben bestenfalls träge die Hand zum Gruß) und die ersten Nicht-Autofahrer seit 12 Tagen. Die junge Frau ist noch ganz fröhlich und macht einen fitten Eindruck, aber ihr Partner scheint der Verzweiflung nahe, muss sich ganz schön zusammenreißen, um noch optimistisch zu wirken. Sie werden es schaffen, die beiden.

                                                                                                  Auf der Karte ist hier ein Abzweig nach Südosten eingezeichnet, den es natürlich nicht gibt. Wo keine erkennbare Piste, da kein Abzweig. Es macht im Sand sowieso keinen Unterschied. Ich halte also direkt auf die Senke zwischen Högnhöfði und Rauðafell zu. Es nieselt. Von hier sieht es überhaupt nicht so aus, als gäbe es dort ein Tal, sondern eher wie eine sandgefüllte Wanne nach allen Seiten. Ob es die Quellen vielleicht gar nicht gibt? Habe ich das Satellitenbild richtig in Erinnerung? (Die Quellen hatte ich mehr durch Zufall entdeckt, als durch sorgfältige Planung...)

                                                                                                  Nach einem Kilometer sehe ich etwas glitzern. Ja, da beginnt das Quellgebiet, mitten in der Wüste. Völlig unscheinbar sickert das Wasser aus dem Sand, gleich gibt es Moosflecken und verstreute Grashalme, es wird grüner. An immer mehr Quellen komme ich vorbei, das Wasser sammelt sich zu seichten, sandigen Bächen, es müssen hundert oder mehr sein, das ist nicht zu überblicken. Die kleinen Bäche vereinen sich zu größeren Bächen und fließen in einer steinigen Rinne zusammen. Der kleine, selbst bei diesem trüben Licht leuchtend blaue Fluss Brúará ist geboren, der sich nach einem Wasserfall in eine enge Schlucht stürzt.











                                                                                                  Den ganzen Tag ohne Wasser, dann mehrere Kilometer durch Sand, und plötzlich entsteht vor meinen Augen dieses herrliche, klare, lebensspendende Flüsschen. Das ist ergreifend schön.







                                                                                                  Die Schlucht will ich morgen erkunden, denn es sieht nach mehr Regen aus. Ich gehe ein Stück zurück und überquere vorsichtig die beiden größten Zuflüsse, um zur Westseite der Schlucht zu kommen. Weiter oben am Hang finde ich tatsächlich einen schönen, üppig bewachsenen Platz mit Blick ins Tal für die Nacht. Zum Waschen und Wasser holen muss ich noch mal zum Fluss hinunter, da beginnt auch schon strömender Regen.


                                                                                                  07. Juli: Zwischen Rauðafell und Miðdalsfell

                                                                                                  Komisch. Der Mensch besteht zu ungefähr 60% aus Wasser, und dann stellt er sich so an, wenn seine Umgebung auch mal zu 60% aus Wasser besteht. Nachdenklich und noch etwas müde betrachte ich den heißen Kaffee in meiner Blechtasse, während der Regen unermüdlich auf das Zelt prasselt. Vielleicht liegt es an der Temperatur ... wäre der Regen 37°C warm, statt (geschätzt) 3,7° ... hätte ich dann auch noch so einen Schweinehund, nach draußen zu gehen? ... unter der Dusche mache ich doch nicht so ein Theater ... ist doch auch nur Wasser ...

                                                                                                  Was für ein Quark! Es wird Zeit, dass ich mich mal wieder mit einem vernünftigen Menschen unterhalte, nicht nur immer mit mir selber. Ich knalle mich noch mal auf die Matte und warte, dass mir jemand das Frühstück ans Bett bringt. Meine Gedanken schweifen noch mal zu den beiden Radfahrern, wie weit sind sie wohl gekommen? Haben sie auch ihr Zelt aufgestellt, als der Regen begann, oder sich weiter durchgekämpft?

                                                                                                  Nachdem ich das Aufstehen lange genug hinausgezögert habe und in dieser Stunde niemand mit ein paar Croissants oder auch nur Kleinur und Skyr vorbeigekommen ist, ergebe ich mich mit einem Ruck der Realität. Ich muss mein Müsli selber anrühren und heute ein Stück laufen, egal wie warm oder kalt der Regen ist. Während ich packe, tröpfelt es nur noch. Vielleicht habe ich Glück und kann im Trockenen losgehen. Doch bevor das Zelt abgebaut ist, findet der Regen zu alter Form zurück. Kalt! Der Regen ist kalt, der Wind ist kalt, MIR ist kalt!

                                                                                                  Ich denke an die tapferen Goldregenpfeifer und reiße mich zusammen. Am Flüsschen fülle ich Wasser auf, insgesamt 3,5 Liter kann ich bunkern, das reicht locker bis morgen Mittag am Laugarvatn. Ist doch verrückt: es regnet seit mehr als zwölf Stunden ununterbrochen, und ich schleppe Wasser durch die Gegend, weil ich sicher bin, dass ich nichts finden werde.



                                                                                                  Also los, erst mal anderthalb Kilometer durch tief dunklen Sand, der so wunderbar ebenmäßig aussieht, dass ich mir wie ein Rabauke vorkomme, der die in sich ruhende Schönheit dieser Landschaft mit seinen groben Stiefeltritten stört. Geht leider nicht anders, ich will zur Piste.



                                                                                                  Die Schlucht und das spannende Tal der Brúará muss ich hinter mir lassen, da drücken von Süden die Wolken hinein. Sicht gleich Null, viel zu gefährlich. Stattdessen laufe ich hinüber zu den spärlichen Markierungspfählen, die am Hang des Rauðafell in eine tatsächlich erkennbare Piste übergehen. Der Wind direkt von vorn, meine Hände werden selbst in den (angeblich wasserdichten) Überhandschuhen nicht warm. Sogar auf der Piste liegt noch Schnee, aber wie vermutet gibt es keinen Schmelzwasserbach, alles versickert sofort.


                                                                                                  Rauðafell



                                                                                                  Nach den zwei Stunden, die ich mir vorgenommen hatte, finde ich tatsächlich eine passable Stelle für das Zelt. Es regnet noch stundenlang weiter, bis gegen viertel nach sechs. Da kommt sogar für einen Moment die Sonne durch, und es ist absolut still. Sogar der einsame Goldregenpfeifer, der immer wie eine tickende Uhr im Hintergrund zu hören ist, macht eine Pause und lauscht der Stille. Mit beginnendem Nieselregen setzt er sein eintöniges Lied fort.

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Dauerbesucher
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                                                                                                    • 768
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                                                                                                    08. Juni: Laugarvatn

                                                                                                    Kurz vor fünf bin ich wach und sehe dem Tag ohne besondere Erwartungen entgegen. Für den ganzen Tag ist Regen vorhergesagt, nur nicht so ergiebig wie gestern. Vier Wanderstunden rechne ich noch bis Laugarvatn, wo um 17:37 Uhr der Bus nach Selfoss abfahren soll. Eigentlich egal, wie ich die aufteile. Momentan nieselt es nur minimal, also kann ich genauso gut früh aufbrechen, wer weiß, was noch kommt. Gegen viertel nach sechs bin ich auf der Piste. Die Wolken drücken von Süden genau auf das Miðdalsfell, das ich zuerst überqueren muss, nach einem kurzen Aufstieg geht es mitten hinein in den Nebel.

                                                                                                    Auf dem breiten, flachen Bergrücken bin ich dann doch dankbar für die Piste, da brauche ich mir wenigstens um die Orientierung keine Sorgen zu machen. Im Nebel sieht es hier oben wirklich trostlos aus, Steine, Schneefelder, kaum Vegetation, dazu der Nieselregen. Andererseits macht mir das Wetter den Abschied vom Hochland leicht. Bei strahlendem Sonnenschein wäre ich bestimmt etwas wehmütig, dass meine Wanderung schon bald zu Ende ist, aber unter diesen Bedingungen freue ich mich eher auf die Annehmlichkeiten, die mich erwarten. Als es dann endlich bergab geht, reißen die Wolken kurz auf, geben den Blick frei auf die grüne Ebene und die Seen Laugarvatn und Apavatn.



                                                                                                    Etwa auf halbem Weg nach unten finde ich einen guten Platz für eine längere Pause und richte mich ein. Immer wieder gibt es Regenschauer, auch der Wind frischt deutlich auf, was für ein ungemütliches Wetter. Da habe ich nicht viel Lust, meine Zeit am Laugarvatn zu verbringen. Erst gegen zwei packe ich zusammen, laufe die Piste bis zum Ende hinunter und stelle fest, dass sie noch gesperrt ist. Also deshalb waren keine Autos unterwegs, ich hatte mich schon gefragt, ob es hier immer so ruhig ist.





                                                                                                    Nach den vielen Tagen im Hochland erscheint mir die üppige Vegetation ungeheuer reich und verschwenderisch. Überall sprudeln klare Bäche, gesäumt von Blumen, Weidenbüschen und Birken, dazwischen saftige Pferdeweiden, es ist herrlich! Bei Sonnenschein hätte ich hier bestimmt viel zu viel fotografiert. Zur Zeit ist es relativ trocken, mit wenigen Nieselschauern, noch vier Kilometer bis Laugarvatn. Normalerweise wäre ich die Stunde einfach auf der Straße gelatscht, aber die 35 ist an diesem Sonntag überraschend stark befahren, das hatte ich nicht erwartet, vor zwei Wochen auf der Busfahrt nach Hveravellir sah er hier eher ruhig aus.

                                                                                                    Zum Glück gibt es parallel zur Straße einen Reitweg, der sehr viel weniger frequentiert ist. Jedenfalls begegne ich wieder mal niemandem.





                                                                                                    Der Rest ist schnell erzählt. Am Laugarvatn angekommen, stürme ich erst mal den Samkaup. Auch der ist gerammelt voll, kein Wunder bei den vielen Autofahrern, und kommt mir unerträglich heiß, stickig und laut vor. Nicht gerade ein Schock nach zwei Wochen Wildnis, aber doch so unangenehm, dass ich nur schnell ein paar Leckereien kaufe, einen Kaffee abgreife und mir dann ein ruhiges Plätzchen am See suche. Nahe der heißen Quelle gibt es eine Picknickbank. Besonders gemütlich ist es hier im Wind allerdings auch nicht. Ich bin ganz froh, dass ich das Eintauchen in die Zivilisation möglichst lange hinausgezögert habe, so dauert es nicht mehr lange, bis mein Bus nach Selfoss abfährt.




                                                                                                    Mit der Busabfahrt möchte ich diesen Bericht auch beenden, danach ist wirklich nichts Aufregendes mehr passiert. Viel Regen, eine Nacht auf dem Campingplatz in Selfoss, dann noch ein Tag in Reykjavík. Genügend Zeit, um mein Tagebuch einmal ganz durchzulesen und alle einzelnen Erlebnisse zu einem großen Panorama zusammenwachsen zu lassen. Nach dem für meinen Geschmack etwas zu hektischen Anfang war das eine der entspanntesten Touren, die ich jemals gemacht habe.

                                                                                                    Ohne das Korsett einer festgelegten Route konnte die Wanderung ihren eigenen Rhythmus entwickeln, und genau das hat sich gut angefühlt. Mach ich auf jeden Fall wieder so. Der Nachteil liegt auf der Hand: Man braucht mehr Reservetage und/oder genügend mögliche Ausstiegspunkte. Und natürlich braucht man eine gewisse Erfahrung. Gerade in Island oder anderen abgelegenen Gebieten im Norden sollte man die Schwierigkeiten einschätzen können, wenn man ohne einen ausgearbeiteten Plan unterwegs ist. Die isländischen Karten verraten nicht viel über die tatsächliche Gangbarkeit im Gelände.

                                                                                                    Þórisdalur hätte ich gerne gesehen, das ist wahr, und statt der Piste wäre ich am Ende gerne der Brúará gefolgt. Man kann eben nicht für jede Laune das passende Wetter erwarten. Wenn ich das Panorama mit etwas Abstand betrachte, sehe ich viel verhangenes Grau, mehr Regen als Sonnenschein. Die Fotos zeigen wie immer nicht die ganze Wahrheit, wenn die Sonne mal durchkam, hab ich auf den Auslöser gedrückt. Trotzdem, mit dem Wetter kam ich gut klar, ich mag es wechselhaft, sofern ab und zu alles trocknen kann. Und was haben wir gelernt? Ab sofort ist bei jeder Sommertour ein Kopfnetz dabei!


                                                                                                    Als ich mit diesem Bericht angefangen hatte, fiel mir bald auf, dass sich die freiere Gestaltung der Tour auch auf mein Schreiben auswirkte, es schlichen sich mehr Abschweifungen ein, manchmal hatte ich auch das Bedürfnis, eine Stimmung genauer zu beschreiben. Hoffentlich hat es Euch beim Lesen genauso viel Freude gemacht wie mir beim Schreiben. Ich danke jedenfalls für Euer Interesse!

                                                                                                    Viele Grüße,
                                                                                                    Bernd

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Gerne im Forum
                                                                                                      • 16.05.2017
                                                                                                      • 88
                                                                                                      • Privat


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                                                                                                      AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                      Hallo Bernd, ich habe deinen Reisebericht mit großem Interesse verfolgt. Die Stimmung hast du gut eingefangen. Ja in Island ist das Wetter immer ein Thema und bestimmt oft den Verlauf einer Route und den Rhythmus des Laufend aber dafür ist die Landschaft so spektakulär, das man einfach immer nur am Staunen ist. Um so schöner, wenn man sich Zeit lassen kann und nicht alles verplant ist.
                                                                                                      Takk fyrir! Christine

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Fuchs
                                                                                                        • 02.09.2016
                                                                                                        • 1511
                                                                                                        • Privat


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                                                                                                        AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                        Danke für den Bericht! Sehr gute Photos, stimmungsvoller Text... da hast Du Dich mal wieder selbst übertroffen.

                                                                                                        Und jetzt viel Spaß in Norwegen!

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Dauerbesucher
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                                                                                                          • 537
                                                                                                          • Privat


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                                                                                                          AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                          Hallo Bernd,

                                                                                                          ich habe den Bericht mit Interesse verfolgt und bin im Geiste mitgewandert, kenne ja einige Ecken davon. Es ist schön zu lesen, dass man keinen "festen Plan" braucht, sondern Du zeigst, wie sich eine Tour von Tag zu Tag entwickeln kann. Das ist, wie wenn man auf einem Musikinstrument frei um ein Thema herum improvisiert. Das bedingt allerdings, dass man sein Instrument beherrscht. Also nichts für Anfänger und vor allem nicht, wenn man solo geht.

                                                                                                          Über weite Strecken warst Du in Gegenden unterwegs, wo niemand so schnell vorbei kommt und eine Route konntest Du ja auch wohl nirgends hinterlegen. Wenn was schief geht, kann man da leicht verschütt gehen und muss man sich schon bewusst sein, dass man mit erhöhtem Risiko unterwegs ist. Ich habe den Eindruck manche Leser hier sehen diese "Freiheit" unter einem etwas zu romantischen Blickwinkel.

                                                                                                          Auf jeden Fall Danke für den schönen Bericht!

                                                                                                          Dieter

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Dauerbesucher
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                                                                                                            • 768
                                                                                                            • Privat


                                                                                                            #54
                                                                                                            AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                            Zitat von Annichristine Beitrag anzeigen
                                                                                                            Hallo Bernd, ich habe deinen Reisebericht mit großem Interesse verfolgt. Die Stimmung hast du gut eingefangen. Ja in Island ist das Wetter immer ein Thema und bestimmt oft den Verlauf einer Route und den Rhythmus des Laufend aber dafür ist die Landschaft so spektakulär, das man einfach immer nur am Staunen ist. Um so schöner, wenn man sich Zeit lassen kann und nicht alles verplant ist.
                                                                                                            Takk fyrir! Christine
                                                                                                            Danke, Christine, das sehe ich auch so. Die Landschaft im Hochland ist für uns Mitteleuropäer so fremdartig und für viele von uns so faszinierend, dass man immer wieder verweilen und einfach nur Staunen möchte.

                                                                                                            Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
                                                                                                            Danke für den Bericht! Sehr gute Photos, stimmungsvoller Text... da hast Du Dich mal wieder selbst übertroffen.
                                                                                                            Freut mich, dass es Dir eingeschworenem Norwegenfreund auch gefallen hat

                                                                                                            Und jetzt viel Spaß in Norwegen!
                                                                                                            Danke! Ich hab gestern den ganzen bisherigen Plan eingestampft, war mir zu viel Zivilisationsnähe . Lieber noch mal so ein freies Gefühl wie in Island, also: Indre Troms ist angesagt, da gibt es einfach mehr Möglichkeiten. Morgen früh geht's los.

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Dauerbesucher
                                                                                                              • 22.05.2016
                                                                                                              • 768
                                                                                                              • Privat


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                                                                                                              AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                              Zitat von Dieter Beitrag anzeigen
                                                                                                              Hallo Bernd,

                                                                                                              ich habe den Bericht mit Interesse verfolgt und bin im Geiste mitgewandert, kenne ja einige Ecken davon. Es ist schön zu lesen, dass man keinen "festen Plan" braucht, sondern Du zeigst, wie sich eine Tour von Tag zu Tag entwickeln kann. Das ist, wie wenn man auf einem Musikinstrument frei um ein Thema herum improvisiert. Das bedingt allerdings, dass man sein Instrument beherrscht. Also nichts für Anfänger und vor allem nicht, wenn man solo geht.

                                                                                                              Über weite Strecken warst Du in Gegenden unterwegs, wo niemand so schnell vorbei kommt und eine Route konntest Du ja auch wohl nirgends hinterlegen. Wenn was schief geht, kann man da leicht verschütt gehen und muss man sich schon bewusst sein, dass man mit erhöhtem Risiko unterwegs ist. Ich habe den Eindruck manche Leser hier sehen diese "Freiheit" unter einem etwas zu romantischen Blickwinkel.

                                                                                                              Auf jeden Fall Danke für den schönen Bericht!

                                                                                                              Dieter
                                                                                                              Hallo Dieter,

                                                                                                              schön, dass Du reingeschaut hast. Deine Berichte waren auch für mich, wie für viele Andere, eine reiche Inspirationsquelle, ich hab sie alle verschlungen, wieder und wieder.

                                                                                                              Danke auch, dass Du noch mal auf die Gefahren hinweist, das habe ich wohl nicht deutlich genug gesagt, halte es aber auch für wichtig. Man muss sich unbedingt seiner eigenen Fähigkeiten und seiner körperlichen Konstitution bewusst sein und diese klug einsetzen. Einen richtigen Plan konnte ich zwar nicht hinterlegen, aber meine Frau hatte eine Karte von der Gegend, in der ich schon die Stellen markiert hatte, die mich interessieren. Alle zwei Tage habe ich ihr meinen Standort und Richtung durchgegeben. Die Mobilabdeckung ist sehr gut am Langjökull, die Notrufnummer 112. Im Zweifel sollte man einen Notfallsender mitnehmen.

                                                                                                              Dein Vergleich mit dem Musikinstrument könnte treffender nicht sein, genau das ist mein Hintergrund.

                                                                                                              Viele Grüße,
                                                                                                              Bernd

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Fuchs
                                                                                                                • 02.09.2016
                                                                                                                • 1511
                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                                Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                                                Danke! Ich hab gestern den ganzen bisherigen Plan eingestampft, war mir zu viel Zivilisationsnähe . Lieber noch mal so ein freies Gefühl wie in Island, also: Indre Troms ist angesagt, da gibt es einfach mehr Möglichkeiten. Morgen früh geht's los.
                                                                                                                INDRE TROMS!!! Da freue ich mich ja noch mehr auf Deinen nächsten Bericht!
                                                                                                                Gell, zu viel Zivilisationsnähe is nix.
                                                                                                                Sowas sollte man nicht zur Rente aufschieben, sondern machen, solange man halbwegs im Saft steht.

                                                                                                                GOD TUR!

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Fuchs
                                                                                                                  • 22.08.2010
                                                                                                                  • 1835
                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                  AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                                  Hallo Bernd,

                                                                                                                  vielen Dank für diesen wirklich vorzüglichen Reisebericht und die vielen mutigen, persönlichen Einblicke. Gerade letztere machen für mich einen Reisebericht zu etwas Besonderem.
                                                                                                                  Du hast mit deinem Start sofort meine ungeteilte Aufmerksamkeit bewirkt, obwohl ich die Gegend eher als
                                                                                                                  " sehr archaisch " empfunden habe und mir zuweilen das " Grün " etwas unterrepräsentiert erschien, aber das ist ja häufig unvermeidlich in Island, gehört einerseits dazu und ist andererseits für viele gerade " der Grund ", warum sie diese Landschaft so sehr lieben.
                                                                                                                  Die besondere Wahl deiner Fotos hat dann genau diese, ( relativ ) wenigen, grünen Inseln und Oasen ausgezeichnet dargestellt und gebührend gefeiert. Das ist dir - aus meiner Sicht - wirklich sehr gelungen.
                                                                                                                  Ich finde übrigens auch, daß du dich diesmal selbst übertroffen hast. Ich bin dir jedenfalls gerne und mit großem Interesse gefolgt.

                                                                                                                  Wenn du wüsstest, was dein spezieller " Stil ", die Tour etwas entspannter und weniger " geplant " anzugehen, bei mir kurzfristig für Folgen hatte......na, du würdest dich wundern.
                                                                                                                  Dazu demnächst mehr, wenn ich von meiner Island - Tour 2018 berichten werde.

                                                                                                                  Viele Grüße,

                                                                                                                  Tom
                                                                                                                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    • 01.05.2014
                                                                                                                    • 86
                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                    AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                                    Hallo Bernd,

                                                                                                                    vielen Dank für den wirklich tollen Tourbericht! Gestern bin ich selbst aus Island zurückgekommen, durch das Lesen deines Berichts konnte ich den Alltag noch etwas von mir halten. Da ich in der Gegend des Tourberichts auch schon unterwegs war, war es ein Stück weit auch ein Wiedersehen mit bekannten Abschnitten. Das Entstehen der Route einfach aus dem Wandern heraus, mit sehr losen Zügeln, finde ich spannend, ich kann das sehr gut verstehen.

                                                                                                                    Viele Dank und schöne Grüße

                                                                                                                    Fabian

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Vorstand
                                                                                                                      Fuchs
                                                                                                                      • 18.06.2014
                                                                                                                      • 1591
                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                      #59
                                                                                                                      AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                                      Auch von mir noch und dicken Dank für den schönen Bericht!!!

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        Dauerbesucher
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                                                                                                                        • 768
                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                        #60
                                                                                                                        AW: [IS] Áfram og áfram - immer der Nase nach am Langjökull

                                                                                                                        Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                                                                                                                        Hallo Bernd,

                                                                                                                        vielen Dank für diesen wirklich vorzüglichen Reisebericht und die vielen mutigen, persönlichen Einblicke. Gerade letztere machen für mich einen Reisebericht zu etwas Besonderem.
                                                                                                                        Du hast mit deinem Start sofort meine ungeteilte Aufmerksamkeit bewirkt, obwohl ich die Gegend eher als
                                                                                                                        " sehr archaisch " empfunden habe und mir zuweilen das " Grün " etwas unterrepräsentiert erschien, aber das ist ja häufig unvermeidlich in Island, gehört einerseits dazu und ist andererseits für viele gerade " der Grund ", warum sie diese Landschaft so sehr lieben.
                                                                                                                        Die besondere Wahl deiner Fotos hat dann genau diese, ( relativ ) wenigen, grünen Inseln und Oasen ausgezeichnet dargestellt und gebührend gefeiert. Das ist dir - aus meiner Sicht - wirklich sehr gelungen.
                                                                                                                        Ich finde übrigens auch, daß du dich diesmal selbst übertroffen hast. Ich bin dir jedenfalls gerne und mit großem Interesse gefolgt.

                                                                                                                        Wenn du wüsstest, was dein spezieller " Stil ", die Tour etwas entspannter und weniger " geplant " anzugehen, bei mir kurzfristig für Folgen hatte......na, du würdest dich wundern.
                                                                                                                        Dazu demnächst mehr, wenn ich von meiner Island - Tour 2018 berichten werde.

                                                                                                                        Viele Grüße,

                                                                                                                        Tom
                                                                                                                        Hallo Tom,

                                                                                                                        oh, das ist aber ein großes Lob aus Deiner Feder, herzlichen Dank dafür! Da fühle ich mich sehr geschmeichelt.

                                                                                                                        Und auf Deinen Bericht bin ich natürlich, wie viele Andere hier, äußerst gespannt. Was das wohl mit meinem Ansatz zu tun hat? Wir werden es hoffentlich bald erfahren.

                                                                                                                        Viele Grüße,
                                                                                                                        Bernd

                                                                                                                        Zitat von Styg Beitrag anzeigen
                                                                                                                        Hallo Bernd,

                                                                                                                        vielen Dank für den wirklich tollen Tourbericht! Gestern bin ich selbst aus Island zurückgekommen, durch das Lesen deines Berichts konnte ich den Alltag noch etwas von mir halten. Da ich in der Gegend des Tourberichts auch schon unterwegs war, war es ein Stück weit auch ein Wiedersehen mit bekannten Abschnitten. Das Entstehen der Route einfach aus dem Wandern heraus, mit sehr losen Zügeln, finde ich spannend, ich kann das sehr gut verstehen.

                                                                                                                        Viele Dank und schöne Grüße

                                                                                                                        Fabian
                                                                                                                        Hallo Fabian,

                                                                                                                        gern geschehen, und danke für das Kompliment. Deinen schönen Tourbericht vom Alten Kjalvegur habe ich vorher natürlich auch noch mal gelesen. Wirst Du uns dieses Jahr auch einen Bericht schreiben? Wenn Du irgendwann Zeit findest? Das wäre toll!

                                                                                                                        Viele Grüße,
                                                                                                                        Bernd

                                                                                                                        Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
                                                                                                                        Auch von mir noch und dicken Dank für den schönen Bericht!!!
                                                                                                                        Dankeschön! Auch auf Deinen Bericht freue ich mich schon jetzt, in welcher Gegend ungefähr Du unterwegs warst, wissen wir ja schon. Da kommen ja noch einige spannende Lesestunden für verregnete Sonntagnachmittage auf uns zu, wie schön!

                                                                                                                        Kommentar