• Sylvie
    Erfahren
    • 20.08.2015
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    [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 63.860035895
    Längengrad 31.640625


    Uuuups - wir haben es wieder getan. Nun schon zum dritten Mal waren wir im Urho-Kekkonen-Nationalpark unterwegs. Wieder eine tolle Tour. Wieder ganz anders. Nur die Reisegruppe hatte sich nicht geändert: Mein Mann, meine Tochter und ich. Freilich waren wir nicht mehr dieselben, denn ein Jahr tut mitunter viel mit den Menschen. Aber von dieser Reifung haben wir alle extrem profitiert, besonders auf dieser Reise.
    Bald kommt der Bericht.
    Zuletzt geändert von Sylvie; 24.09.2017, 15:56.

  • Sylvie
    Erfahren
    • 20.08.2015
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    #2
    AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

    1.9.2017 – Anreise
    Die Anreise verläuft reibungslos. Keine Rucksäcke verschwinden, wie im letzten Jahr. Alles ist sehr harmonisch und selbst das Mordor-Feeling bei der Landung in Ivalo hält sich in Grenzen. Denn es regnet nicht. Aber der Himmel ist schwer beladen und das Weiß der Wolken spiegelt sich tausendfach in jeder kleinen Pfütze wider. Von oben sehen wir es und für mich hat es den Anschein von Schnee. Viele kleine weiße Schneefelder – ich bin erschrocken, zunächst. Aber dann erscheint es mir unlogisch, dass der Schnee nur in den Niederungen glänzen soll und also verliert der Anschein seinen Schrecken. Die Temperaturen allerdings passen zum Schnee-Erschrecken. Es ist sehr frisch, etwa 5 Grad und der Wind bläst uns ein eisiges Willkommen entgegen.

    Der Bus kommt pünktlich; den Busfahrer kennen wir noch vom letzten Jahr. Dieser Fakt erzeugt mir gleich ein Gefühl von netter Vertrautheit. Es ist schön, dass manche Dinge noch Bestand haben und nicht postnatal sofort von Hektik zerfressen werden. Wir erreichen das Riekonlinna-Hotel in Sariselkä ohne Zwischenfälle und dieses Jahr früh genug, um noch das Tagesmenü abzugreifen. Das allerdings hat es in sich: das warme Apfelkompott mit gerösteten Haferflocken erweist sich als lockender Gaumenschmeichler. Vollgestopft bis an den Rand taumeln wir aus dem Hotel, um uns in der Kälte das Magendrücken wieder abzulaufen. Auf dem Weg nach draußen hören wir Musik. Wir glauben zunächst, eine Combo spielt auf – aber nein, es ist nur ein einzelner Herr, der lieblich ins Akkordeon greift. Einige Gäste singen dazu, die Textbücher kriegerisch von sich gestreckt. Die Gruppe singt finnisch, aber die Melodien erinnern uns mehr ans Russische. An einem sehr bekannten russischen Volkslied erkennen wir es zweifelsfrei. Russische Volkslieder auf Finnisch – wir sind schon wieder angekommen in dieser seltsamen Welt. Der Akkordeon-Opi lächelt selig. „Guck ihn Dir an!“, sagen Hanni und ich zu Stefan. „Genau das wirst Du auch einmal machen. Akkordeon spielen im Altersheim“. Stef guckt ihn sich an und nickt dann versonnen. Es scheint ihm nicht das schlechteste Ziel zu sein für den Lebensabend.

    Sariselkä ist wie immer verschlafen und kalt. Einzelne Wandergruppen rennen verhuscht durch den Ort. Ihr Ziel ist das Feuer am heimeligen Herd, die Sonne wird bald untergehen. Santas Office ist noch immer nicht besetzt. Wann, nur wann nimmt der Weihnachtsmann hier seine Arbeit auf?


    Gebt uns schnell ein paar Wichtel und Bärte - und wir regeln das hier.


    In einer düsteren Ecke hinter dem Supermarkt lungert ein bärtiger Mann mit Bierflasche rum. Er trägt eine rote Zipfelmütze. Wir wagen es nicht, ihn zu fotografieren. Eine Rute zum heiligen Feste wollen wir nicht riskieren. Nach lustloser Runde in kalter Trübsamkeit kehren wir heim ins Hotel. Der Rentner-Singeclub hat sich inzwischen aufgelöst.

    Erst später entdecke ich ein rotes Fähnchen an meinem Rucksack. Die Finn-Air-Security hat hier drinne rumgewühlt. Das ist seltsam. Der Rucksack ist prall gefüllt bis zum Rand. Wie sollen die da irgendwas nachgeguckt haben? Das hätten sie doch nie wieder in den Rucksack gekriegt. Ich selbst habe dreimal gepackt, bis es passte. Auf den ersten Blick sieht alles auch fein aus; im Innern des Rucksack scheint nichts verändert und ich vermisse auch nichts. Nun gut. Bestimmt war es nur ne Routinekontrolle.
    Zuletzt geändert von Sylvie; 24.09.2017, 21:58.

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    • maahinen
      Erfahren
      • 01.02.2014
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      #3
      AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

      Hei, ich freue mich schon auf deinen Bericht!
      Lg, maahinen

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      • SvenskaDude
        Neu im Forum
        • 23.09.2017
        • 6
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        #4
        AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

        Wirklich wunderschön...ich möchte im Frühling 2018 den Sarek Nationalpark durchwandern. Den Traum hege ich schon lange und vllt. hat hier ja jemand schon Erfahrungen mit der Anreise und dem Aufenthalt dort gemacht
        Sverige <3

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        • Sylvie
          Erfahren
          • 20.08.2015
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          #5
          AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

          Zitat von maahinen Beitrag anzeigen
          Hei, ich freue mich schon auf deinen Bericht!
          Lg, maahinen
          Hallo Maahinen! Das ist toll, dass Du wieder vorbeischaust. Ich freu mich auch schon ganz dolle, mich mal wieder im Forum auszutauschen mit meinen Wanderfreudens - und -leidensgenossen. Warst Du inzwischen auch im Park unterwegs? LG Sylvie

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          • Dogmann
            Fuchs
            • 27.09.2015
            • 1022
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            #6
            AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

            Ja aber Hallo, spann uns nicht auf die Folter.
            Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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            • Sylvie
              Erfahren
              • 20.08.2015
              • 361
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              #7
              AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

              [QUOTE=Dogmann;1610854]Ja aber Hallo, spann uns nicht auf die Folter.[/QUO

              Hallo Dogmann! Schön, Dich wiederzulesen.

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              • Sylvie
                Erfahren
                • 20.08.2015
                • 361
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                #8
                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                2.9.2017: Von Sariselkä nach Kivipää
                Heute haben wir viel vor, aber bevor es losgeht müssen wir erst mal in die Touristeninformation und den Schlüssel für die Varaustupas abholen. Dieses Jahr gibt es auf meinen Wunsch etwas mehr Komfort. Drei Nächte wollen wir in den Bezahlhütten (Varaustupa) schlafen. Ein reservierter Platz mit guter Matratze und einem Kissen dazu. Was für ein Luxus. Der Nachteil der Reservierung ist: Man muss die Hütten auch am Tage der Buchung erreichen, sonst hat man das Kissen umsonst bezahlt. Die Schlüsselaushändigung klappt reibungslos. Nebenan, im sehr gut sortierten Outdoorshop kaufen wir Gas und ein fettes Paar Strümpfe für mich. Ein Typi quatscht uns an. Er kommt gerade aus zwei Wochen Einsamkeit und hat sehr viel Redebedarf. Er empfiehlt mir die fettesten Strümpfe, die es gibt. Ich nehme sie, aber auch die lösen mein Problem nicht. Ich komme später darauf zurück.

                Unser heutiges Ziel ist Kivipää, eine kleine Hütte im Tal, am Fuße des Kivipää. Auf der Karte sind es geschätzt 15 km bis dorthin. Stef meint, das ist sportlich für den ersten Tag, aber Hanni und ich haben die Tour geplant und also dürfen wir auch nicht jammern. Und schließlich wollen wir schnell hinaus aus der Komfortzone. Denn das Leben beginnt schließlich außerhalb der Komfortzone, witzeln wir albern herum und machen uns endlich auf den Weg.

                Der Weg, obgleich noch im Skigebiet, ist seltsamerweise sofort schön. Vor zwei Jahren liefen wir anders von hier aus. Nach Rumakuru – was übersetzt hässliches Tal heißt, und genau das war es auch gewesen. Nicht aber jetzt. Wir betreten sofort Finnisch-Lieblich, das allerfeinste finnische Märchenwald-Reich, und ziemlich bald geht es hoch auf die Fjälls.


                Zu Beginn jeder Tour frag ich mich jedesmal und unter meinem Rucksack stöhnend, warum ich mir das eigentlich immer wieder antue. Dann aber kommt der erste Blick über die Fjälls und ich weiß wieder, warum.

                Hier müssen wir einen Abzweig vom Hauptweg finden, der uns hinein in die Fjäll-Ebenen und mitten durch sie hindurch führen soll. Wir finden nur ein 15 Zentimeter breites Weglein – es könnte auch eine optische Täuschung sein, aber Stefans Fitness-Uhr, der er die finnischen Koordinaten beibrachte, zeigt uns auch an, dass es hier irgendwo reingehen muss. Dann entdecken wir auf der nächsten Lampe (wir sind noch im Skigebiet hier) ein Wegweiser-Steinmännchen. Also ist es der Weg. Mutig schlagen wir uns durch das Heidekraut. Während anfangs noch die Sonne scheint, frischt es bald auf und nieselt finnisch auf uns herab.



                Bald wird der Regen mehr als finnisch und wir ziehen unsere Regencapes über die Rucksäcke. Es geht stetig bergauf jetzt, aber nie bis ganz oben, sondern immer auf halber Höhe zwischen den Kuppen entlang.



                Heut ist der Tag der Rentiere. Wir sehen mehrere Gruppen. Sie ziehen friedlich an uns vorüber, schauen kurz auf, grüßen uns still und trotten dann weiter.



                So viele Rentiere wie heute hab ich auf allen Touren zusammen noch nicht gesehen. Ob es am Wetter liegt? Vielleicht scheucht sie der Regen auf und sie suchen nach sonnigeren Plätzen? Das zumindest scheint erst mal kein sinnloses Unterfangen zu sein. Der Regen ist immer auf relativ kleine Areale begrenzt; man kann weit gucken hier und deshalb sieht man es auch: Irgendwo scheint immer die Sonne, während es anderswo regnet. Das Ergebnis ist ein Regenbogen, der sich immer wieder mutig mal über das eine, mal über das andere Tal spannt.


                Regenbögen allerorten.

                Auch Regenbögen sah ich noch nie so viele an einem Tag. Bis auf die Regenbögen wirkt das Wetter wenig erheiternd auf uns. Aber zwischendurch gibt es ja Sonnenpausen und eine davon nutzen wir, um selbst zu pausieren. „Besser wird es heut nicht“, sage ich und kippe meinen Rucksack erleichtert ins Heidekraut. Unsere Rucksäcke sind schwer wie immer. Proviant für neun Tage wiegt eben was; Stefs Rucksack 22, meiner 20 und Hannis etwa 17 Kilo.

                Aber es wird besser! Irgendwann unten im Tal setzt die Sonne sich endgültig durch. Auf einer Brücke rasten wir kurz – es gibt hier noch Brücken, wir haben die Komfortzone noch nicht verlassen.



                Aber das Leben beginnt ja anderswo. Außerhalb der Komfortzone. Und also schultern wir unser Gepäck und stapfen entschlossen voran. Nach einem traumhaften Weg durch Finnisch-Lieblich...


                Die Wege sind breit in Finnisch-Lieblich. Und man sieht Spuren von Fatbikes - das scheint gerade in zu sein, mit solchen Gefährten durch die Kante zu heizen.

                ... müssen wir wieder den Hauptweg verlassen und uns erneut über die Fjälls schlagen. Der Weg ist eine Abkürzung; die normalen Wanderwege umrunden die Fjälls. Auf ihnen könnten wir Kivipää niemals an einem Tag erreichen. Wieder suchen wir rum, ehe wir fündig werden: eine kleine Steinmauer auf einem Hügelchen weist uns schließlich den Weg. Sie ist etwa kniehoch und sieht irgendwie unnatürlich aus. Hinter ihr geht es leicht bergab in eine Mulde und dort entdecke ich einen Holzpfahl, mit einem orangefarbenen Stofffetzen dran. Ich nehme das als Zeichen. Tatsächlich beginnt kurz hinter dem Hügel der Weg. Eine alte Skipiste mit verrottenden Andreaskreuzen. Vom Hauptweg aus war das alles nicht zu sehen gewesen. Unser Weg gleicht heute einer Schnitzeljagd.

                Die Natur hat sich die Piste zurückgeholt. Nur Wanderer und ganz bestimmt Tiere nutzen sie noch als schmalen Pfad zwischen Tal A und Tal B. Wir laufen lange, lange stets bergauf durch endlose Obstbaumwiesenhöhen, und immer zwischen den Hügelkuppen entlang.




                Andreaskreuze weisen uns den Weg.

                Doch auch die halbe Höhe gewährt uns grandiose Aussichten auf ferne, blau schimmernde Berge.



                Die Sonne macht sich allmählich bettfertig. Sie taucht alles in ein mildes, pfirsichfarbenes Licht. Wir müssen uns sputen langsam, wenn wir die Hütte noch im Hellen erreichen wollen. Endlich verlassen wir die Obstbaumwiesen und tauchen wieder ein in den finnisch-lieblichen Märchenwald. Wir sind ziemlich erschöpft mittlerweile. Aber wenigstens kennen wir den Weg und haben also keinen Grund, uns zu beklagen. Kein haltloses Rumgeirre durch weglose Einöden wie im letzten Jahr.

                Kivipää ist eine Hütte, die etwas abseits liegt. Nicht mehr in der Komfort Zone und ganz am Rande der Wilderness Zone. Wir hoffen deshalb, dass sie menschenleer ist, aber so ist es nicht. Schon von Weitem sehen wir Menschen am Feuer.



                Vier Finnen angeln und kochen hier. Sie laden uns fröhlich ans Feuer ein. Wir aber müssen erst mal ankommen. 23 Kilometer sind wir heute schon wieder gelatscht. Es ist jetzt neun Uhr und immer noch hell. Wir werfen die Rucksäcke ab und holen kurz Luft, dann gehen wir runter ans Feuer.



                Der Abend wird schön. Drei junge Herren kommen aus Helsinki. Einer von ihnen ist Tischler, er schnitzt den ganzen Abend an einem Stück Holz herum. Sein Freund, der Pilot werden will, wie er uns wortreich erzählt, tut es ihm gleich. Zwei schnitzende Finnen am Lagerfeuer – die Klischees sind wieder mal reichlich bedient. Nach ein paar Stunden sind sie fertig und präsentieren uns stolz zwei zauberhafte Buttermesser. Eins ist perfekt, das andere etwas dicker und ungelenker. Für Butter im Winter eignet es sich vermutlich ausgezeichnet, konstatieren wir lachend. Der vierte Finne ist nicht mehr jung. Er kommt aus Oulu, ist aber in Ivalo groß geworden. Der Typ ist ein Waldfuchs, kennt alles, weiß alles und gibt uns tausendfach gute Tipps, was wir in der Wildnis zu beachten haben. Zudem erzählt er Geschichten. Tolle Geschichten. Verrückte Geschichten. Manchmal wissen wir nicht, ob wir die noch glauben können. Alle vier sprechen sehr gut englisch. Schnaps dreht die Runde. Zuckerzeug auch. Und selbst unsere getrockneten Lachs-Streifen überzeugen die Finnen nachhaltig, denn sie kennen das Produkt noch nicht.



                Es wird lustig und laut. Die Dämmerung zieht sich lange hin, aber plötzlich, gegen halb elf, blitzen die ersten Nordlichter auf. Milchig-grünlich-weiß wabern sie über den Himmel. Manche verwirbeln sich, dann verschwinden sie. Neue tauchen auf. Und gehen wieder. Wieder neue kommen.



                Wir sitzen staunend am Feuer, mit den Blicken nach oben und können das alles schwer fassen. Der verrückte Waldfuchs-Finne hat kurz Sendepause. Er schweigt in der Tat und lässt uns die Lichter genießen. Später erklärt er uns freilich, dass das überhaupt keine besonderen Lichter gewesen seien. Natürlich nicht. Für ihn, der hier lebte, natürlich nicht. Aber wir sind vor Staunen ganz ergriffen und stumm.



                Dann irgendwann geht das Showprogramm weiter. Die Geschichten des verrückten Finnen werden immer verrückter. Manche drehen sich auch um die naiven Südländer (zu denen für ihn bereits die Leute aus Helsinki zählen) und welche Fehler sie hier oben machen, im rauen, kalten Norden. Freilich machen wir Fehler, wir hatten ja auch kein Leben lang Zeit, diese Fehler schon früher zu machen. Wir lachen viel an diesem Abend und die Stimmung schaukelt sich höher und höher. Als wir erzählen, wie wir vor zwei Jahren im Sommer die Mücken besiegten, schnellt der Frohsinn ins Uferlose. Freilich haben wir gut geschlafen, bei 40 Grad in der Hütte. Uns ging es ja sehr viel besser als all den Mücken ringsrum. Irgendwann haben wir wirklich genug vom Sitzen am Feuer. Es ist bitterkalt, wir sind hundemüde und müssen dringend ins Bett. Also beschließen wir alle, schlafen zu gehen. Die Nacht allerdings wird gruselig. Trotz unserer übergroßen Müdigkeit, machen wir kein Auge zu. Aber davon im nächsten Kapitel.
                Zuletzt geändert von Sylvie; 08.10.2017, 22:32.

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                • Dogmann
                  Fuchs
                  • 27.09.2015
                  • 1022
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                  #9
                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                  Das sind doch nicht etwa Nordlichter?
                  Ein Grund euch zu beneiden!
                  Aber weiter, gruselig, hört sich spannend an.
                  Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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                  • Sylvie
                    Erfahren
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                    #10
                    AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                    Zitat von SvenskaDude Beitrag anzeigen
                    Wirklich wunderschön...ich möchte im Frühling 2018 den Sarek Nationalpark durchwandern. Den Traum hege ich schon lange und vllt. hat hier ja jemand schon Erfahrungen mit der Anreise und dem Aufenthalt dort gemacht
                    Sverige <3

                    Wir selbst waren noch nicht im Sarek, aber sieh Dich mal um im Forum. Es gibt hier jede Menge Reiseberichte zum Sarek. Viel Spaß!

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                    • Sylvie
                      Erfahren
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                      #11
                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                      Zitat von Dogmann Beitrag anzeigen
                      Das sind doch nicht etwa Nordlichter?
                      Ein Grund euch zu beneiden!
                      Aber weiter, gruselig, hört sich spannend an.
                      Hehe... den Neid nehme ich gerne entgegen. Die waren wirklich toll, auch wenn das Foto nicht das wahrhaft himmlische Abenteuer des Bestaunens wiedergibt.

                      Die Nacht war nicht gruselig im Sinne von grauslich, sondern eher .... gruselig eben. Ich berichte alsbald.

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                      • Sylvie
                        Erfahren
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                        #12
                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                        Die gruselige Nacht in Kivipää
                        Die Sache mit dem Hochheizen der Hütte muss den Waldfuchs-Finnen nachhaltig beeindruckt haben. „Mädels, Ihr mögt es doch warm?“, fragt er uns irgendwann zwischen zwei Nordlichtern. Wir bejahen das schnell und gucken alsbald wieder stur in den Himmel. Das muss die Zeit gewesen sein, wo er verschwunden ist, um die Hütte hochzuheizen. Und zwar richtig hochzuheizen. Das Dumme ist nur, im Gegensatz zu damals im Sommer, schlafen wir jetzt in der zweiten Etage und dort oben unter dem Dach läuft uns der Schweiß. An Schlafen ist nicht zu denken. Schlafsäcke und alles, was wir ohne Scham an Kleidung entbehren können, ziehen wir nach und nach aus. Alles ohne Erfolg. Ruhelos stöhnen wir uns durch heiße Gedanken. Wollte ich nicht irgendwann mal in die Tropen fahren? Ich glaube, nach dieser Nacht nicht mehr. Stefan, der besonders empfindlich ist gegen die Hitze, steht mindestens drei Mal auf, um sich draußen in eisklarer Sternenkälte die brennende Stirn abzukühlen. Das heißt, er steht ja nicht einfach auf, sondern er klettert über mich drüber. Um an die Leiter zu kommen. Mit dem Effekt, dass mein dämmriger Fieberzustand kurzzeitig einer reichlich genervten Wachheit weicht. Irgendwann bleibt Stef einfach ganz weg. Er hat sich draußen sein Zelt aufgebaut. Morgens um zwei im Nieselregen.


                        Still ruht der See in Kivipää.... Nebenan in der Hütte geht inzwischen die Brandseuche um. Auch Hitzekoller genannt.

                        Die Finnen hingegen schlafen. Die drei Jungfinnen unten schnarchen vernehmlich. Der Waldfuchs-Finne liegt oben bei uns. IN SEINEM SCHLAFSACK! Und schläft wie ein Baby. Ich bin wirklich beeindruckt. Diese Nordmänner, denke ich mir, sind irgendwie krass drauf. Sie ertragen nicht nur Mücken, weite Strecken, nachtlose Sommer, taglose Winter und klirrende Kälte – nein, auch sengende Hitze ertragen sie. Was sind wir Südländer nur für Weicheier dagegen? Andererseits – grübele ich (ich kann ja nicht schlafen) – war der Waldfuchsfinne bereits unten am Feuer sehr feueraffin, die größten Scheite packte er drauf, die höchste Flamme war ihm nicht hoch genug. Anscheinend mag er es selbst auch mauschelig warm? Aber so warm?

                        Endlich, endlich, als der Morgen schon graut, wird es kühler in der Hütte. Das Feuer ist runtergebrannt und grade dämmer ich selig weg, als der Waldfuchs mit lautem Tamtam aus dem Bette springt. Es ist morgens halb sieben. Seine erste Amtshandlung ist – das ratet Ihr nie: den Ofen anschmeißen. In kürzester Zeit steigt die Hitze nach oben, da gebe ich endlich auf. Also gut, denke ich, dann eben das Hardcore-Finnen-Programm. Ohne Schlaf einfach weiter laufen heute. Damit ich überhaupt irgendwie mobil werde springe ich schnell in den eiskalten See. Das hilft kurzzeitig. Hanni und Stef stehen auf und wir frühstücken schweigsam am Hüttentisch. Heute haben wir wieder 20 km geplant. Wie sollen wir das nur schaffen?

                        Die drei Jungfinnen schälen sich inzwischen aus ihren Schlafsäcken. Sie haben wunderbar geschlafen, erzählen sie uns, und es war ihnen nicht zu heiß. Immerhin haben sie bis auf den Schlüpfer gar nichts mehr an. Das tröstet mich etwas. Der Waldfuchs-Finne war inzwischen schon telefonieren auf dem nächsten Berg. Jetzt kommt er zurück und gesellt sich zu uns. Der Ofen ballert. Seine Frage, ob wir gut geschlafen hätten, müssen wir leider verneinen. „Ahhh“, sagt er, „das tut mir so leid. Ich dachte, Ihr armen Menschen aus dem Süden, Ihr friert doch immer so schnell, Ihr Frauen zumal… ich habe es wirklich nur gut gemeint.“ Herrjeh… das Ganze ist so grotesk, dass wir lauthals losprusten.

                        Stefan geht raus, das Zelt abbauen. Hanni und ich klettern hoch ins Bettenlager, um unsere Luftmatratzen einzupacken. Da kippen wir ziemlich synchron einfach um. Und pennen noch mal ne Runde. Nur ein bisschen schlafen, nur ein kleines bisschen noch... Wir brauchen die Erholung einfach, sonst können wir heute gleich hierbleiben. Es gibt lautes Palaver während wir schlafen – ich baue es nett in meine Träume ein. Die drei Jungfinnen verabschieden sich offenbar. Wie schade. Ich hätte zu gerne auch Tschüß gesagt. Aber meine mentale Verfassung lässt das grade nicht zu. Als wir wieder erwachen, ist Stef mit dem Zelt fertig. Er sitzt mit dem Waldfuchs vor der Hütte und bespricht unsere Pläne. Der Finne rät uns, nicht ganz so weit nach Süden zu marschieren. Zu viele Sümpfe, zu viele langweilige Wege – lieber sollen wir da und dorthin noch gehen. Wir bedanken uns herzlich zum Abschied bei ihm. So viele gute Tipps bekamen wir selten in so kurzer Zeit. Schnell packen wir alles zusammen und starten. Es ist Mittag inzwischen. Wir aber wollen heute noch weit.


                        Abschied vom Kivipää. Diese Hütte werden wir ganz garantiert niemals vergessen.
                        Zuletzt geändert von Sylvie; 26.09.2017, 21:05.

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                        • andrea2
                          Dauerbesucher
                          • 23.09.2010
                          • 977
                          • Privat


                          #13
                          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                          Ein Sylviebericht, wie schön. Ich bin auch wieder dabei.
                          Eigentlich bin ich ja kein Fan von "finnisch-lieblich" wie du immer so schön schreibst. Ich mag das Kahlfjäll und das Hochgebirge. Aber deine Berichte lese ich immer gerne.

                          Habt ihr wieder den Klappstuhl dabei?

                          Gruß Andrea

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                          • Sylvie
                            Erfahren
                            • 20.08.2015
                            • 361
                            • Privat


                            #14
                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                            Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                            Ein Sylviebericht, wie schön. Ich bin auch wieder dabei.
                            Eigentlich bin ich ja kein Fan von "finnisch-lieblich" wie du immer so schön schreibst. Ich mag das Kahlfjäll und das Hochgebirge. Aber deine Berichte lese ich immer gerne.

                            Habt ihr wieder den Klappstuhl dabei?

                            Gruß Andrea
                            Hallo Andrea,
                            ich grüße Dich! Ich muss ehrlich gestehen, ich lese ja hier zwischendurch auch den einen oder anderen Bericht mit, und was soll ich sagen: diese Kahlfjälls würden mich auch sehr reizen. Diese krasse leere Landschaft, der weite Blick - das hat schon was Atemberaubendes. Aber dann verschlägt es uns jedes Jahr wieder nach finnisch-lieblich... Dort gibt es ja auch Fjälls, aber die sind noch bewachsen und somit viel lieblicher. :-)
                            Eines Tages, wenn wir genug davon haben, werden wir anderswohin marschieren.

                            Wo seid Ihr dieses Jahr gewesen? Wie geht es Deinem Hund?

                            Und ja: wir hatten den Stuhl wieder mit. Bzw. seinen Nachfolger, der noch ein bisschen leichter ist.

                            Liebe Grüße Sylvie

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                            • Sylvie
                              Erfahren
                              • 20.08.2015
                              • 361
                              • Privat


                              #15
                              AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                              3.9.2017: Von Kivipää zu einer extrem romantischen Feuerstelle
                              Bevor wir losgehen, der große Schock. Die Finn-Air-Security hat meine Powerbanks geklaut. Aus dem Oberfach des großen Rucksacks - einfach entwendet! Ich bin empört. Das rote Fähnchen an meinem Gepäck hatte also doch ne Bedeutung. Erst hier, mitten im Wald, krieg ich es mit. Mein Gejammer ist groß. Seit ein paar Wochen rauche ich nicht mehr. Ich dampfe nur noch. Aber E-Zigaretten brauchen Strom. Und den gibt es im Park nicht. Meine Ersatz-E-Zigarette ist auch fort. Warum denn nur?, fluche ich ratlos vor mich hin. Nur meine Liquids sind noch da. Soll ich die etwa trinken?

                              Stef beruhigt mich. Er hat noch ne Powerbank in petto und vor allem hat er eine tragbare Solarbatterie. Die hängt er sich fein an den Rucksack und lädt unterwegs seine Powerbank auf. Und mit der kann ich dann meinen Smokerstengel aufladen. Yeah! Es lebe die Sucht! Und es lebe das Wetter! Denn das spielt heute mit. Die Sonne scheint fein und speist Stefs Batterie mit vielen leckeren Photonen.

                              Heute wollen wir zum Lankojärvi. Endlich wieder die Hütte am Lankojärvi sehen – meine Lieblingshütte von 2015. Ein Teil von mir jubelt deswegen. Ein anderer Teil ist eher realistisch. Das schaffen wir heute nie, raunt der mir dauernd ins Ohr. Nicht diese Strecke. Nicht nach dieser Nacht. Nicht schon wieder 20 Kilometer. Der Realist sollte Recht behalten. Wir sind alle so angeschlagen und kaputt, dass wir beschließen, an einer der zahlreichen Feuerstellen unterwegs zu übernachten. Durch diese Teilung der Tour erreichen wir alle geplanten Hütten einen Tag später. Dann treffen wir vielleicht Janne nicht mehr, wirft Hanni ein. Das könnte leider passieren, ja... Janne lernten wir letztes Jahr in Muorravaarraka kennen. Der Kontakt blieb über Facebook erhalten. Dieses Jahr wollten wir uns am Luirojärvi wiedertreffen. Aber, eine kleine Hoffnung besteht noch, denn wir wollten ursprünglich zwei Tage am Luiro verbringen. Vielleicht, wenn wir Glück haben, kommt Janne eh erst am 2. Tag dort an (er schieb nämlich nicht genau, wann er den Luiro passiert), dann sehen wir uns womöglich doch noch. Hätten wir Netz hier, könnten wir das klären. So aber bleibt uns nur die Hoffnung.

                              Wir stapfen also los. Es geht zunächst wunderbar leicht durch Finnisch-Lieblich.





                              Dann erreichen wir eine breite Piste. Vermutlich wurde die Straße für jene Leute in den Wald gewalzt, die den riesigen Rentierzaun warten, der hier die Landschaft in rentierliebende und rentierfreie Zonen teilt. Gefühlt ewig laufen wir an diesem Zaun entlang. Auf dieser endlosen Schneise zwischen den Rentierwelten. Der Weg ist glatt, keine Steine, wir kommen schnell voran.


                              Am Rande des Parks gibt es immer mal Pisten dieser Art.

                              Aber hey, wo kommen wir denn da hin, wenn wir schnell vorankommen? Ich will meinen finnischen Wald wieder, mit all seinen Wurzeln und Steinen und umgekippten Baumstämmen. Endlich erreichen wir das Rentiertor, das wir glücklich passieren.



                              Es geht wieder weiter durch Finnisch-Lieblich, an einem seichten Fluss entlang. Hier finden wir bald die erste Feuerstelle; sie liegt direkt neben einer verlassenen Bauarbeiterhütte. Zum Zelten ist der Platz perfekt in meinen Augen. Plätschernder Fluss, breites Ufer, finnischer Märchenwald – was willst Du mehr?


                              Ganz wunderbar hätte man hier zelten können....

                              Stef hingegen findet den Platz nicht romantisch genug. Er will lieber noch ein bisschen weitergehen zur nächsten Feuerstelle. Ich weiß nicht genau, was er so für Vorstellungen von romantischen Feuerstellen hat, aber gut, so viel sind wir heute noch nicht gelaufen, also können wir auch noch ein bisschen latschen. Also rüber über den Fluss und erst mal die Füße in der lieblichen Sonne getrocknet.

                              Erwähnte ich die Mücken schon? Oh ja – es gibt sie! Und wir sind darauf überhaupt nicht vorbereitet. Kein Mückenmittel erschwert unsere Rucksäcke zusätzlich. Das ist wirklich kurios dieses Jahr: nachts haben wir Nordlichter, tags kämpfen wir mit Mücken. Zwar sind es nicht so viele wie vor zwei Jahren im Sommer, aber es gibt sie und sie nerven. Zumal sie sich offenbar gegenseitig informieren über den Standort von lohnenden Opfern. Während sie anfangs nur vereinzelt nerven, werden es irgendwann immer mehr, so als sagten sie sich Bescheid. Hanni entwickelt daraufhin die Strategie, die Pioniermücken sofort zu eliminieren, damit sie ihre Artgenossen nicht mehr warnen können. Der Sommer scheint ungewöhnlich lang zu sein dieses Jahr. Heute waren es konstant 20 Grad. Auch die Herbstfärbung hat in manchen Regionen gerade erst angefangen. Entsprechend leer ist der Park. Die Finnen kommen erst hierher, wenn es kalt ist und bunt und wenn die Mücken nur noch als Leichen oder Larven existieren. Gestern trafen wir keine Menschenseele unterwegs. Heute auch nicht.

                              Drüben am anderen Ufer finden wir erst mal den Weg nicht wieder. Wir suchen lange nach ihm, aber vergebens. Die Koordinaten auf Stefans Uhr sagen uns aber, hier muss er sein. Nun gut, irgendwann stapfen wir einfach los. Querfeldein. Durch einen Wald mit zahllosen Sümpfen und kissendickem Bewuchs. Es ist sehr anstrengend. Stefans Uhr zeigt uns die Richtung. Aber die Richtung ändert sich. Erst haben wir die Sonne hinter uns, dann rechts neben uns, dann wieder vor uns. Wir irren im Zickzack durchs Gestrüpp. Stef ist inzwischen etwas kopflos geworden – ein Zustand, der für ihn eher ungewöhnlich ist. Er rennt vorneweg, rauft sich die Haare, bleibt stehen, guckt auf die Uhr, schüttelt den Kopf, rennt wieder weiter. Am Ende ist er ganz verzweifelt. Die Uhr spinnt, meint er. Und der Kompass auch. Der dreht sich beständig im Kreis. Da wir mitten im Wald sind, kann er auch keine Marschrichtungszahl festlegen; wir sehen keine hervorstechenden Landschaftsmerkmale, an der wir sie festzurren könnten. Zumal der Kompass ja eh grade spinnt.

                              Inzwischen sind wir alle genervt. Wir haben uns haltlos im Wald verfranzt, stieren ratlos auf die Karte und versuchen die Landschaft ringsum zu deuten. Aber weil wir nicht genau wissen, wo wir sind, können wir auch nur verschwommen deuten. Das hier könnte dieser Sumpf hier sein. Aber halt, hier sind auf der Karte Felsen eingezeichnet. Wo sind die jetzt gleich in echt? Nicht hier? Also sind wir woanders. Und so, und so… Schließlich zückt Stefan sein Handy und dieses GPS macht dann das Rennen. Es zeigt uns zumindest ne Richtung an, die sich nicht dauernd ändert. Kurz vor der Feuerstelle finden wir dann tatsächlich den Weg. Uff! Unsere Pfad-Finder-Qualitäten sind heute deutlich noch ausbaufähig.

                              Die Feuerstelle liegt nett an einem See, mitten im Wald.



                              Gute Lagerplätze fürs Zelt gibt es nirgendwo. Überall Steine, Wurzeln und Bodenlöcher.



                              Für diesen romantischen Zeltplatz sind wir nun fünf Kilometer sinnlos durch den Wald geirrt. Wir haben unser Vertrauen in die Technik verloren und uns fast schon wieder gestritten – na das sei ferne!


                              Nu ja... immerhin kann man ordentlich sitzen hier...

                              So richtig romantisch ausruhen können wir uns auch nicht, denn die Mücken fressen uns tot. Ein riesiges Feuer hält sie uns schließlich vom Leib. Stef baut das Zelt auf, Hanni sucht Holz, ich koche. Wir essen hungrig, was immer im Topf ist. Dann fallen wir müde ins Zelt. Zehn Stunden Schlaf – das brauchen wir jetzt.
                              Zuletzt geändert von Sylvie; 26.09.2017, 21:05.

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                              • andrea2
                                Dauerbesucher
                                • 23.09.2010
                                • 977
                                • Privat


                                #16
                                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                Die späten Mücken dieses Jahr kommen mir doch sehr bekannt vor.

                                Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                Hallo Andrea,
                                ... Wo seid Ihr dieses Jahr gewesen? Wie geht es Deinem Hund?...
                                Wir waren knapp drei Wochen im Narvik- und Kebnekaisefjäll unterwegs. Benny geht es prima. Wir hatte ja große Bedenken, aber für den war die ganze Tour ein Klacks. Bericht kommt noch.

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                                • Mika Hautamaeki
                                  Alter Hase
                                  • 30.05.2007
                                  • 3996
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                  ach herrlich ein Bericht, der mich Zwabgs-Wander-Abstinenzler wirklich mal wieder aufmuntert
                                  So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                  A. v. Humboldt.

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                                  • Sylvie
                                    Erfahren
                                    • 20.08.2015
                                    • 361
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                    Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                    Wir waren knapp drei Wochen im Narvik- und Kebnekaisefjäll unterwegs. Benny geht es prima. Wir hatte ja große Bedenken, aber für den war die ganze Tour ein Klacks. Bericht kommt noch.
                                    Das ist schön zu hören, dass es Benny gut geht. Auf Deinen Bericht freue ich mich schon!

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                                    • Sylvie
                                      Erfahren
                                      • 20.08.2015
                                      • 361
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                      Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                      ach herrlich ein Bericht, der mich Zwabgs-Wander-Abstinenzler wirklich mal wieder aufmuntert
                                      Zwangs-Wander-Abstinenzler.... Was heißt das genau? Du bist gezwungen zu pausieren? Oder: Du lässt Dich nicht zum Wandern zwingen und bist deshalb abstinent??? Fragen über Fragen...

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                                      • Sylvie
                                        Erfahren
                                        • 20.08.2015
                                        • 361
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                        4.9.2017: Von der romantischen Feuerstelle zum Lankojärvi
                                        Frühstück am Feuer im Sonnenschein. Da lacht das Herz und versöhnt uns wieder mit uns und der Welt. Wir sind erfrischt und gut gelaunt. Stef hängt seine Batterie in die Sonne. Plötzlich, im Vorbeigehen hat er das totale Heureka-Erlebnis. Das gibt’s doch nicht, sagt er entgeistert. Sein Kompass spinnt wieder. Die Nadel dreht sich im Kreis. Direkt neben der Batterie. Aha! Beim Laden der Powerbank fließt ein Strom und um das Ladekabel herum entsteht offenbar ein Magnetfeld. Das war es gewesen, was gestern den Kompass zum Durchdrehen brachte. Die Solarbatterie hing auf seinem Rucksack, die Powerbank war darinnen – und den Kompass hielt er in der Hand. Vermutlich war der Abstand zwischen Kabel und Kompass nicht groß genug – das verstörende Magnetfeld konnte vom Kompass nicht ignoriert werden. Eine andere Erklärung fällt uns zumindest nicht ein. Herrgott! Und alles nur wegen meiner Smoker-Sucht! Na immerhin sind wir jetzt schlauer.


                                        Ein superleichtes, starkes Teil. Beeindruckt sogar Kompasse.

                                        Nach dem Frühstück packen wir zusammen. Wir wollen nur 16 Kilometer heute laufen und haben also keine Eile. So hat das Packen etwas sehr Beruhigendes. Immer zwischen den einzelnen Pack-Schritten sitzt man einfach nur da und besieht sich die Landschaft. Sieht das Licht auf den Gräsern tanzen, beobachtet kleines Getier beim Krabbeln und Fliegen, bestaunt das Tausendgeglitzer der Sonne auf dem See… Schon Astrid Lindgren wusste: Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach nichts zu tun und vor sich hinzuschauen. Wie Recht sie hatte. Das sind die Momente, wo man ganz bei sich ist und gleichzeitig ganz Eins mit dem Wesen und dem Treiben ringsumher.

                                        Nach dem Packen geht es los. Ganz dolle finnisch-lieblichst...



                                        durch lichte Wälder, bergauf, bergab, von See zu See.


                                        Frisches Wasser gibt es hier...


                                        ...und hier erst Recht.



                                        Die Sonne scheint, es ist warm, wir sind zufrieden. Unterwegs zeigt mir Hanni ein Wespennest. Erdwespen. Ich bin beeindruckt und gehe vorsichtshalber erst mal nen Schritt zurück. Ich bin allergisch gegen Wespen. Auch gegen Erdwespen. Ich habe hier oben noch niemals Wespen gesehen. Zu Hause beim Packen hab ich noch überlegt, ob ich das Notfallset überhaupt mitnehme. Ich habe es schließlich doch mitgenommen. Allerdings schlummert es ziemlich tief in meinem Rucksack. Ab morgen, nehm' ich mir vor, wird ich es ein bisschen greifbarer positionieren. Besser man hat, als man hätte.

                                        Ungestochen und also sehr glücklich laufen wir weiter – man sollte sich generell mehr angewöhnen, das Glück als die Abwesenheit von Unglück zu definieren. Doch ungeachtet unseres Glücks stehen wir bald vor einem Moor. Dieser Weg endet hier, sagt uns das Moor.


                                        Dazwischen kleine Flüsschen, bisschen schwierig ist das schon, da durch zu lavieren.

                                        Wir müssen teils durch und teils drumherum, um dann irgendwo dahinten in der Pampas einen anderen Weg zu finden. Der verläuft direkt neben dem Suomojoki und mit etwas Glück führt er uns zur Hütte am Lankojärvi. Wir laufen mit allen Sinnen jetzt: Karte, Kompass, Richtung, Bauchgefühl und Gehör. Der Suomujiko ist ein breiter Strom. Man müsste ihn hören irgendwann.



                                        Und tatsächlich rauscht er uns bald in den Ohren. Wir finden den Fluss und den Weg dazu. Heute sind wir wahre Pfad-Finder-Helden.



                                        Der Weg ist uns kein unbekannter. Vor zwei Jahren liefen wir ihn in umgekehrter Richtung; vom Lankojärvi bis in die Gruselhütte in Porttikoski.



                                        Der Weg ist zauberhaft; über große Felsblöcke führt er, durch Waldschatten und teilweise sumpfige Abschnitte, bergauf, bergab, immer am Fluss entlang.



                                        Wandern macht wahrscheinlich auch deshalb so müde, weil das Gehirn ständig am Rechnen ist. Es ist unmöglich hier, stupide vor sich hinzulaufen. Das Gehirn berechnet im Hintergrund jeden Schritt, den man tut, die Winkelstellung der Knie, wie man den Fuß aufsetzt und vor allem, wohin. Fallen wäre blöd in dieser Ödnis hier.

                                        Wir sind ziemlich erschöpft mittlerweile. Pausen werden nur noch kurze gemacht, weil die Mücken das merken. Gegen halb sieben erreichen wir die Hütte. Endlich sind wir da. Eine helle Freude macht sich breit. Die Hütte ist leer. Eine junge Frau mit Hund zeltet unten am See. Sie scheint eher für sich bleiben zu wollen, also lassen wir sie in Ruhe.



                                        Gleich nach der Ankunft springen wir in den See. Staub und Schweiß und alle Strapazen werfen wir einfach ins kalte Wasser.



                                        Dann kochen wir reichlich und essen fröhlich draußen am Feuer. Während Hanni und Stef noch sitzen und schwatzen, verschwinde ich bald in die Hütte. Ich bin müde; ich schreib lieber noch ein bisschen und döse vor mich hin. Die anderen kommen auch irgendwann. Stef, der die Hütten nicht mag, zieht es vor, draußen im Zelt zu schlafen. Irgendwann geht die Sonne unter...



                                        ...und ein dicker Vollmond zieht auf. Er spiegelt sich protzig im See. Wie zauberhaft!


                                        Vollmond überm Lankojärvi

                                        Nachts gibt es wieder Nordlichter. Hanni erzählt es am Morgen. Ich aber liege da längst allertiefst in Morpheus‘ Armen.

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                                        • Staubteufelchen
                                          Gerne im Forum
                                          • 27.12.2012
                                          • 74
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                          Ach Sylvie,

                                          Text und Photos sind einfach wundervoll!

                                          Vielen Dank, Andreas

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                                          • Sylvie
                                            Erfahren
                                            • 20.08.2015
                                            • 361
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                            Zitat von Staubteufelchen Beitrag anzeigen
                                            Ach Sylvie,

                                            Text und Photos sind einfach wundervoll!

                                            Vielen Dank, Andreas
                                            Oh, vielen Dank Andreas. Das motiviert mich extrem, weiter zu machen.

                                            Liebe Grüße
                                            Sylvie

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                                            • Inarijoen Peter
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                                              • 22.07.2008
                                              • 777
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                              Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                              Vermutlich wurde die Straße für jene Leute in den Wald gewalzt, die den riesigen Rentierzaun warten, der hier die Landschaft in rentierliebende und rentierfreie Zonen teilt.
                                              Der Rentierzaun dient dazu, die Rentiere der verschiedenen lokalen Organisationen der Rentierpflege Gebiete (Paliskunta) zu trennen. Die Anzahl der Paliskunta beträgt 56.

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                                              • Sylvie
                                                Erfahren
                                                • 20.08.2015
                                                • 361
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                                                Der Rentierzaun dient dazu, die Rentiere der verschiedenen lokalen Organisationen der Rentierpflege Gebiete (Paliskunta) zu trennen. Die Anzahl der Paliskunta beträgt 56.
                                                Aha! Ich hatte immer den Eindruck: auf der einen Seite des Zauns gibt es Rentiere, auf der anderen hingegen nicht. Ich komme später darauf zurück. Aber danke für die Info. Gibt es die 56 Paliskunta nur im Park oder sind die auf größere Regionen verteilt.

                                                Grüß Dich übrigens, Peter! Wo warst Du dieses Jahr im Park? Ich hatte sehr gehofft, wir treffen uns irgendwo.

                                                Lg Sylvie

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                                                • Inarijoen Peter
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                                                  • 22.07.2008
                                                  • 777
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                  Die 56 Paliskunta sind auf das ganze Gebiet aufgeteilt, wo Rentierzucht betrieben wird. Das sind 40 in Lappland und 16 sind südlicher i(Oulun lääni). Der längste Zaun befindet sich entlang der Grenze zu Russland, Norwegen und Schweden. Dieser ist mehrere hundert Kilometer lang.

                                                  Dieses Jahr war wohl mein erster lapplandfreier Herbst seit Jahren. Dafür war ich im Winter in Levi.
                                                  Letztes Jahr war ich im Gebiet vom UKK, aber nur für Tagestouren. Jetzt mit 73 nehme ich es halt doch etwas gemütlicher und genieße die Bequemlichkeiten vom Riekonlinna in Saariselkä. .

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                                                  • Sylvie
                                                    Erfahren
                                                    • 20.08.2015
                                                    • 361
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                    5.9.2017 Vom Lankojärvi nach Tuiskukuru
                                                    Hanni ist unser Knäckebrot-Träger. Viel Volumen – wenig Gewicht. Heute Morgen ist sie der Meinung, wir hätten jetzt ausreichend Knäckebrot gegessen, sodass in ihrem Rucksack nun wieder Platz ist für ihren Schlafsack, der bis dahin außen befestigt war und sie dauernd durch Ungehorsam nervte. Er ging öfter mal ab und fiel runter.


                                                    Ich tue es dieses Jahr den Finnen mal gleich und esse zum Frühstück Haferflocken. Einfach die Flocken mit Milchpulver und gehackten Trockenfrüchten mixen, heißes Wasser drüber, quellen lassen, bisschen Honig drauf - fertig. Superlecker. Das Highlight sind die getrockneten roten Beeren, die im Wasser wunderbar aufquellen und sehr aromatisch schmecken. Es ist mir das liebste Essen am Tag.

                                                    Nach dem Frühstück vor der Hütte packen wir schnell zusammen, denn wir haben für heute sehr viel vor. Nicht jedoch Hanni: die will dem Schlafsack-Elend ein Ende bereiten und startet deshalb recht ausgiebige Auspack-, Einpack- und Umpack-Aktionen. Das Ganze dauert Stunden.


                                                    Warten vor gepackten Rucksäcken. Ich nutze die Zeit zum Schreiben.

                                                    Wir kommen erst mittags los, was schlecht ist, denn der Weg ist noch weit. Stef und ich sind ein bisschen sauer deswegen, aber finnisch-lieblich beruhigt uns bald wieder. Der Weg ist angenehm zunächst, durch lichte Wälder, am Lankojärvi entlang.


                                                    Flieger-Übungen um die Sonne. Gehört hat man die Jäger überhaupt nicht.

                                                    Irgendwann müssen wir ein Zu-Flüsschen furten und suchen lange nach einer passablen Stelle, für die wir nicht die Schuhe ausziehen müssen. Aber heute ist nix mit seicht. Wir finden nur Stellen wo es eventuell klappen könnte. Das ist uns zu unsicher. Also Schuhe aus und nacktfüßig rüber.

                                                    Drüben wechselt der Weg ziemlich bald von finnisch-lieblich zu finnisch-abenteuerlich. Der Weg führt neben dem Suomujoki entlang, der sich zuweilen durch enge Schluchten zwängt. Der Pfad folgt dem Strom, immer am Ufer entlang, über massive Felsblöcke und durch feuchte Niederungen, wo wir durch schmatzenden Schlamm und kniehohes Gras waten. Hoch, runter, hoch, runter – es ist anstrengend. Wir kommen nur langsam voran. Auf einem Felsen über dem Fluss pausieren wir lange. Hanni und ich verweilen mal wieder bei unserem Lieblingsthema: was sind die schönsten Kinderbücher, die wir kennen? Wir können lange darüber reden, aber Stef scheucht uns hoch, scheucht uns weiter. Unsanft durchbricht er unsere temporäre Realitätsflucht. Der Weg ist noch weit.

                                                    Wir maulen ein bisschen und trotten dann brav vorneweg. Nach einer Weile wird Stefan unruhig. Wir müssen über den Fluss irgendwann, aber hier donnert er so ungezähmt durch hohes Gestein, dass an ein Furten gar nicht zu denken ist.



                                                    Wir sind gerade wieder am Zweifeln, ob wir noch richtig sind – bestimmt sind wir falsch, hier kommt doch niemand rüber – da sehen wir sie: eine hölzerne Brücke über die Schlucht. Ungeheuerlich. So etwas sieht man wirklich selten in dieser Wildnis.



                                                    Auf der anderen Seite gibt es einen Shelter. Ein sehr altes Ehepaar rastet dort. Sie geben sich reichlich Mühe, ein paar Worte englisch zu sprechen - Hut ab dafür! – und machen uns sofort Platz. Wir aber wollen nicht rasten. Wir müssen ein bisschen hurtig sein jetzt, sonst kommen wir nicht mehr im Hellen an. Der weitere Weg gibt uns zumindest die Chance dazu, denn er ist wenig durchsetzt mit Steinen und Wurzeln. Oberhalb des Tuisku-Tales führt er durch Finnisch-Lieblich. Rechts neben uns wispert der Tuiskujoki im Tal, links neben uns beginnt bald ein weiteres Tal, sodass wir auf einem Kammweg wandeln. Ein traumhafter Weg.


                                                    Von diesem Tag gibt es wenig Fotos. Wir sind zu sehr mit Laufen beschäftigt.

                                                    Dennoch sind wir längst müde geworden. Wir rasten lange an einem Hochmoor und dann immer wieder zur vollen Stunde.


                                                    Stef thront auf seinem Stuhl. Von dort ist er schwer zu verscheuchen.

                                                    Es ist abends bereits. Die Sonne verliert schon an Kraft. Sie übergießt die Landschaft mal wieder mit Pfirrsichsaft. Grünes wirkt grüner in diesem Licht. Der Himmel färbt sich langsam gelb, irgendwann wird er kurzzeitig fast einen Grünton annehmen und dann langsam ins Blaue abkippen. Die blaue Stunde der Dämmerung dauert hingegen sehr lange hier. Wir haben also noch ein bisschen Zeit, aber wir sind sehr müde jetzt. Die Pausen helfen, aber nur kurz.

                                                    Irgendwann, gegen Ende, als wir den Kamm wieder verlassen müssen, wird der Weg doch noch räudig. Extrem felsig, steinig, bergauf, bergab – ich stöhne und fluche. Meine Füße tun höllisch weh, meine Schultern nicht minder. Stef gibt uns Trost, indem er immer mal die Koordinaten durchsagt. Noch drei Kilometer, noch zwei, noch einer – aber selbst ein Kilometer ist einer zu viel. Endlich, endlich, es ist jetzt um neun, sehen wir die Hütte lieblichst im Tal.

                                                    Tuiskukuru begrüßt uns mit fünf Finnen am Feuer. Wir fragen, ob noch Platz in der Varaustupa ist. Es ist noch Platz. Zwei Finninnen wohnen bis jetzt darinnen. Sie scheinen von unserem Kommen nicht begeistert zu sein. Uns ist es wurscht, wir werfen erst mal die Rucksäcke ab und lümmeln uns vor die Hütte. Puh, was für ein Weg! Keine Ahnung, wie viel wir heute gelaufen sind. Mein Schrittzähler zeigt 22 Kilometer. Die anderen drei Leute der Autiotupa sind sehr freundlich. Sie kommen herbei und reden mit uns. Wir plaudern ein bisschen das Übliche: Woher, wohin, wie lange im Park? Es sind immer die gleichen Fragen, die man sich erst mal stellt. Aber sie sind immer extrem spannend für alle Beteiligten. Bald schon lachen wir wieder – aber lange plaudern wir nicht. Die Dämmerung schwindet in Dunkelheit, es ist frostig kalt, wir sind hungrig und müde. Wir verziehen uns bald in die Hütte. Unsere beiden Mitbewohnerinnen machen sich gerade bettfertig. Leise, leise im letzten Licht, schlürfen wir unsere Suppen.

                                                    Dann fallen wir um. Auf die wunderbar weichen Matratzen der Varaustupa. Purer Luxus für elf Euro. In der Wand zu unseren Köpfen knistert und knuspert es heimlich die ganze Nacht. Mäuse konnten wir nirgends entdecken. Es muss wohl der Holzwurm sein, der sich beharrlich in unsere Träume nagt.
                                                    Zuletzt geändert von Sylvie; 09.10.2017, 22:33.

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                                                      Erfahren
                                                      • 20.08.2015
                                                      • 361
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                      Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                                                      Die 56 Paliskunta sind auf das ganze Gebiet aufgeteilt, wo Rentierzucht betrieben wird. Das sind 40 in Lappland und 16 sind südlicher i(Oulun lääni). Der längste Zaun befindet sich entlang der Grenze zu Russland, Norwegen und Schweden. Dieser ist mehrere hundert Kilometer lang.

                                                      Dieses Jahr war wohl mein erster lapplandfreier Herbst seit Jahren. Dafür war ich im Winter in Levi.
                                                      Letztes Jahr war ich im Gebiet vom UKK, aber nur für Tagestouren. Jetzt mit 73 nehme ich es halt doch etwas gemütlicher und genieße die Bequemlichkeiten vom Riekonlinna in Saariselkä. .
                                                      Singst Du da auch im Riekonlinna? Russische Volkslieder mit finnischem Text?

                                                      Falls Du im Herbst mal wieder losgehen willst, sag bitte Bescheid. Vielleicht schaffen wir es noch mal irgendwann? Wir liebäugeln auch mit dem Winter... und Stef will mal im Juni in den Park. Ich weiß nicht... mich schrecken die Mücken ab zu dieser Zeit....

                                                      LG, Sylvie

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                                                        Dauerbesucher
                                                        • 22.05.2010
                                                        • 779
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                                                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                        Ein wirklich schöner Bericht, danke

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                                                        • Sylvie
                                                          Erfahren
                                                          • 20.08.2015
                                                          • 361
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                                                          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                          Zitat von blackteah Beitrag anzeigen
                                                          Ein wirklich schöner Bericht, danke
                                                          Danke sehr! Es war auch eine wirklich schöne Tour. Wetter, Landschaft, Leute - bis auf ein paar Ausnahmen hat alles gut gepasst. :-)

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                                                            Erfahren
                                                            • 20.08.2015
                                                            • 361
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                                                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                            6.9.2017 Von Tuiskukuru zum Luirojärvi
                                                            Wir erwachen gegen acht – da sind unsere beiden Mitbewohnerinnen fast schon startklar. Sie haben so leise gefrühstückt, dass wir es nicht gehört haben. Wie rücksichtsvoll von ihnen. Hier scheint es sonst eher Usus zu sein, möglichst laut zu poltern beim Aufstehen. Damit alle anderen auch gleich wach werden. Auch das hat Vorteile. Draußen ist alles weiß.



                                                            Der Winter wird bald der Hausherr hier sein. Er hat schon mal seine Spitzendecke aus Raureif über das Tal geworfen.



                                                            Schon gestern Abend schob sich die klirrende Kälte ins Tuisku-Tal. Heute, am Morgen, weicht sie nur zögerlich, sodass ich beschließe doppelhosig zu laufen.


                                                            Kurz vor dem Start, ein Hüttenfoto.

                                                            Aber die Sonne scheint überaus fleißig am wolkenlosen Lappland-Himmel, im typischen finnischen Babyblau. Bald wird es vermutlich warm werden, das ahnen wir schon.


                                                            Kurz nach dem Start. Ein letzter Blick zurück auf die Hütte im Tuisku-Tal.

                                                            Eine leichte Tour liegt heute vor uns. Nur zehn Kilometer bis zum Luirojärvi. Wir kennen den Weg, denn wir liefen ihn zweimal schon aus der Gegenrichtung. Dennoch: ein Wanderweg ist niemals der Gleiche. Weil auch wir niemals die Gleichen sind, die ihn beschreiten. Wir starten um elf. Unser Weg steigt lieblich durch Obstbaumwiesen an.



                                                            Irgendwo oben pausieren wir. Eigentlich nur kurz, um Jacken und Hosen von uns zu werfen, aber dann gefällt es uns hier so gut, dass wir uns langhin ins Gras strecken und die Sonne genießen.



                                                            Es ist voll heute auf Lapplands Wanderwegen. Der riesige Luiro-See ist Dreh- und Angelpunkt vieler Wanderwege. Und die Strecke Tuiskukuru – Luirojärvi ist die wichtigste Einflug- und Ausflugschneise in und aus dem Park. Wir zählen mindestens sechs Wanderer. Die ersten beiden, zwei Männer ganz in blau gekleidet, wandern fröhlich wie Schlümpfe an uns vorbei. Wir kommen mit allen nett ins Gespräch, schwadronieren gemeinsam die Wegstrecken ab und wünschen uns gutes Gelingen.



                                                            Mit zwei jungen Damen reden wir länger. Die beiden hören uns schon von Weitem erzählen und sprechen uns gleich auf Deutsch an. Deutsche im Park – das ist selten hier. Erst nach einer Weile kriegen wir mit, dass es Finninnen sind, eine von ihnen spricht so hervorragend Deutsch, dass es nicht zu bemerken war. Toll. Wirklich bemerkenswert. Bescheiden wirft sie ein, dass sie schon sehr lange in Deutschland lebt. Das tut nichts zur Sache, denke ich mir, denn einen Akzent abzulegen, erfordert besondere Fähigkeiten, das gelingt nicht jedem. Die Dame fragt uns, ob wir vielleicht am Luiro erwartet werden. Jawoll, das werden wir. Wir wollten uns ja mit Janne treffen. Aber leider, leider ist Janne schon weg. Er war gestern schon da und wartete, heute ist er wieder weiter gezogen, zum Lankojärvi. Wie schade! Ein bisschen traurig sind wir schon. Aber den langen Weg von Kivipää zum Lankojärvi hätten wir nimmer geschafft in unserem unausgeschlafenen Zustand. Wir bitten die Dame, Janne zu grüßen, falls sie ihn im Park noch mal trifft. (Das passiert in der Tat. Die beiden sehen sich noch mal in Sariselkä. Wir erfahren es später von Janne, als wir wieder Netz haben.)

                                                            Irgendwann ruft der Weg uns wieder.



                                                            Die Sonne brennt, der Wind weht frisch, wir laufen kurzärmelig. Hinter der großen Geröllhalde geht’s wieder hinab ins Tal.





                                                            Meine Gedanken kreisen die letzten paar Meter um’s Furten, das wir noch vor uns haben. Kurz vor den Hütten gilt es, den Zufluss zum Luiro zu queren. Soll ich die Wanderschuhe dann noch mal anziehen, frage ich mich, oder schaff ich die 300 Meter bis zur Hütte auch in Sandalen? Ich spreche das Thema laut an – aber Hanni und Stef erinnern sich nicht, dass am Luiro ein Fluss zu furten wäre. Hehe, das kommt daher, dass ich die Dinge aufgeschrieben habe. Schreiben verankert. Das ist mir schon mehrmals aufgefallen, dass die Wege, Hütten und Einzelheiten in meinem Kopf viel präsenter sind, als in den wirrigen Köpfen der Nichtschreiber. Hier rührt die Zeit irgendwann einen nebligen Einheitsbrei aus Hütten, Wegen, Menschen und Landschaften zusammen, der alles in allem – je nach Kopf natürlich – in dem vagen Gefühl es war schön mündet.

                                                            Das und das Sandalen-Thema wird gerade mäßig von uns diskutiert, da stehen wir schon am Ufer der Furt, wie erstarrt. Es gibt jetzt eine Brücke hier.



                                                            Im letzten Jahr sind wir hier durch den Fluss und ich weiß noch, dass die Finnen ihre Socken am Ufer auf Büschen deponierten. Warum sie das taten, weiß ich allerdings immer noch nicht. Eine Brücke. Mitten in der Wilderness Zone. Wir sind absolut platt. Das zieht jetzt die Touristen in den Park, orakelt Stefan düster und wild.

                                                            Und der Luiro ist jetzt schon immer so voll. In der Tat: es hängen bereits acht Rucksäcke vor den Hütten. Wir beschließen sofort, hier nicht zu bleiben, sondern die kleine alte Hütte zu besetzen, falls sie noch frei ist. Ehe wir losgehen, taucht plötzlich wie aus dem Nichts ein kleines, seltsames Männlein vor uns auf. 20 Tage war er hier unterwegs. Er ist ausgemergelt und die Strapazen haben ihn ganz transparent und leuchtend gemacht. Er hat Redebedarf. Wir reden lange mit ihm. Seine Zunge scheint Reden nicht mehr zu kennen. Mühsam formt er die Worte. Seine Augen hingegen leuchten so wild umher…. ein bisschen verrückt scheint er mir schon… Wir wünschen ihm bald eine gute Reise und trotten davon Richtung alte Hütte.

                                                            Die alte Hütte steht nur ein paar Meter entfernt am Ufer des Sees.



                                                            Sie ist klein und dunkel, mit nur einstöckigem Bettenlager. Gerade gut und schön genug für uns drei. Es ist jetzt 15:00 Uhr. Noch ist hier keine Menschenseele. Endlich sind wir mal früh genug da, um lauter schöne Dinge zu tun. Wir beziehen die kleine Hütte und heizen die Sauna hoch.


                                                            Mächtige Wasserkübel stehen vor der Saunahütte. Wer mag, kann sich drin sogar baden.

                                                            Nach einer dreiviertel Stunde ist sie soweit. Stef und ich taumeln glücklich hinein. Endlich waschen und schwitzen, in den Eiswassersee springen und noch mal schwitzen. Was für eine Gönnung; in meinen Augen ist es ein Highlight der Tour.


                                                            Aus der Sauna heraus direkt in den See hüpfen - welch feines Vergnügen!


                                                            Der Luirojärvi in schönster Pracht

                                                            Während wir uns derart vergnügen, wird es im Park immer voller. Immer mehr Wanderer kommen. Zwei Männer, die wir gestern in Tuiskukuru schon trafen, stehen abseits im Wald und belinsen unsere Badeaktionen. Sie wollen gleich nach uns in die Sauna und also räumen wir hurtig das Feld. Blitzsauber und rosig wie frisch geboren trotten wir ab in die alte Hütte.

                                                            Hanni hat inzwischen ein Feuer gemacht.


                                                            ... um das sie seltsam drumrum tanzt...

                                                            Dort sitzen wir kurz und schwatzen. Mich aber zieht’s in den Wald, Pilze zu finden. Pilze muss man in Finnland nicht suchen. Sie leuchten Dir gelb aus sattgrünem Moos entgegen. Dennoch ist meine Ausbeute mager. Ein fetter Steinpilz immerhin. Alles andere sind Pilze, die wir nicht genau kennen. Wir lassen sie deshalb ungekocht. Ich putze die Pilze am Feuer und Stef kommt herbei und stibitzt sich zwei Stücken, was mich böse macht, denn es schmälert unsere Pfanne.

                                                            Drinnen in der Hütte krieg ich dann richtig Stress. Die Pilze brutzeln grad lieblichst mit Zwiebeln und Salami in der Pfanne – da springt plötzlich der Rauchmelder an. Sein ohrenzerstörendes Mööööp Möööp zerreißt die Stille im ganzen Park. Das Ding hängt an der Decke. Bisschen panisch such ich nach einem Wanderstock, finde ihn auch, und drücke dann hektisch den Ausknopf. Stille. Inzwischen brennt mir das Essen an – was den Rauchmelder erneut erzürnt. Verdammtes Ding! In dieser Hütte ist der Melder besonders empfindlich; wir hatten schon vor zwei Jahren unseren Trouble mit ihm. Also gut: raus mit der Pfanne aus der Hütte und wieder mit dem Stock gegen den Melder gedrückt. Doch diesmal lässt sich das Ding nicht beeindrucken. Er schreit einfach weiter sinnlos herum. Also schön: versuch ich es halt mit der Saunatechnik. Ich schnappe mir irgend ne Jacke, öffne die Tür und wedele wie bescheuert den Rauch aus der Hütte. Das hilft. Der Rauchmelder ist überzeugt. Das Essen hingegen ist hin. Ein, zwei Stücke sind unverkohlt geblieben. Die angle ich mir aus der Pfanne, den Rest werfe ich weg. Das meiste von diesem Essen hat Stefan bekommen. Wie klug von ihm, schon vorher zuzulangen.

                                                            Inzwischen dämmert es schon. Der Luirojärvi präsentiert sich wieder toll im feinsten Negligé.




                                                            Hanni entdeckt eine Nachricht im See.



                                                            Wir essen später was Richtiges. Dann quatschen wir lange im Kerzenschein.


                                                            Ich schreibe.

                                                            Draußen ist es uns erst zu mückig und dann zu kalt. Tief in der Nacht weckt uns ein lautes Rumsen. Jemand öffnet geräuschvoll die Tür. Krass erschrocken starren wir ins grelle Licht einer Stirnlampe. Der Jemand spricht uns harsch auf Finnisch an. Für uns klingt es jedenfalls harsch – so direkt aus dem Schlaf gerissen. Wir können den Jemand nicht erkennen, die Lampe blendet zu sehr. Aber er scheint riesig zu sein; die Lampe berührt fast die Decke. Was für ein Alptraum! „Wir sprechen kein Finnisch“ sage ich schlaftrunken und fast entschuldigend aus meinem Schlafsack heraus. „Ok dann englisch“, meint der Typ. „Habt Ihr noch Platz hier? Wir sind jetzt erst angekommen und haben keine Lust mehr, unser Zelt noch aufzustellen.“ Es ist kurz nach Mitternacht. Der Typ sagt wortwörtlich: „We are not in the mood“. „Wie viele seid Ihr?“, frage ich zurück. „Wir sind zu dritt. Ihr könntet Eure Matratzen quer legen.“ „Aber das Lager ist nicht tief genug. Die Matratzen passen hier nicht quer hinein.“ „Ok“, tönt es aus luftiger Höhe, die Tür knallt wieder zu und die drei rumpeln polternd davon.

                                                            Wir sind hellwach. Was war das? Hanni und Stef sind empört. In mir steigt auch schlechtes Gewissen auf. Wozu?, fragen die beiden. Ein Zelt nimmt man doch nicht umsonst mit. Man kann damit überall nächtigen und latscht nicht bis Mitternacht zu den Hütten, um dann dort die Leute zu wecken. Außerdem ist unsere Hütte zu klein. Vier passen noch gut hinein, fünf vielleicht auch, aber sechs? Wenn sie kein Zelt gehabt hätten, ok, meint Hanni, aber wenn sie nur keine Lust haben, ihr Zelt aufzubauen – sorry, aber das ist frech. Wir diskutieren das lange. Fakt ist eins: die Vorstellungen davon, was man anderen Leuten zumuten kann, gehen hier wohl auseinander. Wir würden es niemals wagen, nachts die Hütten zu stürmen, wenn wir nicht absolut in Not sind. Diese Finnen hier sahen das offenbar anders. Irgendwann beruhigen wir uns. Ich aber liege noch ewig wach und fürchte mich. Was, wenn die Riesen morgen wiederkommen, um uns zu vermöbeln?


                                                            Die Natur ist wie immer unbeeindruckt von nächtlichen menschlichen Überfällen. :-)
                                                            Zuletzt geändert von Sylvie; 02.10.2017, 00:34.

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                                                              Erfahren
                                                              • 20.08.2015
                                                              • 361
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                                                              AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                              7.9.2017 Vom Luirojärvi nach Karapulju
                                                              Ab dem Luirojärvi haben wir unsere Tour nicht genau geplant. Eigentlich wollten wir noch einen Tag hierbleiben und eine Tagestour auf den höchsten Berg im Park, den Sokosti, machen, aber irgendwie haben wir keine Lust auf all diese Menschen hier. Unsere ursprünglich Idee, in die restricted area im Südwesten zu gehen, hat uns der Waldfuchs wieder ausgeredet. Aber Karapulju – eine Hütte südlich von hier – die hat er uns wiederum empfohlen. Also entsteht heute spontan der Plan, nach Karapulju zu laufen. Von dort wollen wir einen Weg über die Fjälls nach Tuiskukuru finden und dann wird es schon wieder fast Zeit, den Ausgang zu finden.

                                                              Gesagt – getan. Heute geht alles schnell. Wir erwachen halb neun, um elf sind wir startklar. Unser Weg führt also nach Süden heute; wir laufen immer der Sonne entgegen.



                                                              Über das Wetter bin ich so glücklich. Seit Beginn unserer Tour haben wir jeden Tag Sonne satt und 20 Grad. Wolken kennen wir nicht. Alle Fotos sehen fast schon langweilig aus mit diesem babyblauen Finnlandhimmel über uns. Aber besser so als umgekehrt. Interessante Fotos im Regen will man ja auch irgendwie nicht haben. Der Weg führt wieder lieblich durch lichte Wälder. Sehr glatt und breit und gut zu laufen. Wir durchschreiten die Fichtengrenze. Der Wald wird dichter hier; neben Kiefern und Birken gibt es jetzt auch richtige Weihnachtsbäume im Habitat.




                                                              Abmatten im Sonnenschein. Wir können es gut haben.

                                                              Wir überqueren ein Moor, das beplankt ist...



                                                              ... passieren einen Rentierzaun, dann noch ein kurzes Stück durch den Wald...



                                                              ... schon sind wir da.



                                                              Ein kurzer Weg auch heute, nur zehn Kilometer. Unterwegs treffen wir keine Menschenseele. Die Hütte ist traumhaft; wieder sehr klein mit nur einstöckigem Bettenlager, aber sehr hell und freundlich.





                                                              Sie liegt abgelegen von großen Wanderrouten mitten im Wald. Bestimmt gibt es Bären hier und wildes Getier, mutmaßt Hanni. Zumindest Mücken gibt es hier reichlich, denn das Hüttlein liegt direkt an einem großen Moor.



                                                              Das muss man erst überwinden, wenn man zum Fluss nach Wasser will. Trockenen Fußes ist das fast unmöglich. Das Moor ist bis zum Rand mit Wasser vollgesogen. Ein Paradies für die Mücken.

                                                              Noch ätzender als die Mücken sind die winzigen Gnitzen, die einen überfallen, wo immer man ist. Sie kommen am Anfang recht harmlos daher – erst nach einer Weile stechen sie zu. Oder beißen. So viel Boshaftigkeit in so kleinen Tieren – einmal mehr zeigt uns die Natur, wie grausam erfinderisch sie auch sein kann. Wir zünden sofort ein feines Feuer an – das hält die Plagen auf Abstand.



                                                              Hier lässt es sich aushalten im Schein der Nachmittagssonne. Wie still es hier ist. Und wie wunderbar. Wir vertun den Tag mit den angenehmsten Dingen. Mit Lesen, Schreiben, Kaffeetrinken … oder einfach nur Dasitzen und ins Feuer starren.





                                                              Stefan geht baden irgendwann. Hanni und ich machen uns eine Schüssel Wasser warm. Die stellen wir neben das Feuer und waschen uns. So haben die Mücken es schwer, uns zu fressen. Der Luxus schon wieder im Park.

                                                              Später brechen wir auf in eigenen Dingen. Stef rennt mit dem Fernglas los, um Vögel zu erspähen. Sein schweres Vogelbuch hat er diesmal daheim gelassen. Dafür gibt’s jetzt eine App, die wirklich gut ist. Sie vergleicht ähnliche Arten und spielt Dir auch gleich den Gesang vor. Hanni und ich sind auf Beerensuche. Es gibt hier Preiselbeeren en masse – von Suchen kann also gar nicht die Rede sein. Ich pflücke mir Rotes und Blaues in meine Dose – die kommen mir morgen ins Müsli. Lecker. Einen kleinen Beutel hab ich mir hoffnunsgfroh auch eingesteckt. Falls wir Pilze finden. Aber wir sehen keinen einzigen in dieser verlassenen Gegend. Dabei hatte ich stark auf den Fichtensteinpilz gehofft. Wo wir doch nun schon mal Fichten haben.

                                                              Später kreuzt eine riesige Rentierherde unseren Weg. Es sind bestimmt 30-40 Tiere. Die meisten nehmen keine Notiz von uns und ziehen scheinbar ungestört weiter. Manche sehen uns neugierig an; dann trollen sie sich. Ein ganz weißes Albinotier ist unter ihnen.



                                                              Nun haben wir wieder Glück. Ein ganzes Jahr lang.

                                                              Abends am Feuer orakeln wir. Hanni findet die Hütte jetzt doch sehr gruselig. So mitten im Wald. So weit weg von allem und jedem.


                                                              Pfirsichfarben im Märchenwald



                                                              Was, wenn die drei Polterfinnen von letzter Nacht uns heimlich gefolgt sind? Was, wenn sie jetzt wieder auftauchen und bei uns schlafen wollen? Das wäre hier kein Problem, denn die Lager sind tief genug, um ganz ohne Mühe sechs Leute vertikal zu verstauen. Was wenn sie uns umbringen hier in der Sterneneinsamkeit? Niemand würde uns im Park vermissen. Niemand würde uns finden in dieser Hütte. Der letzte Eintrag ins Hüttenbuch war vor drei Tagen. Dieses Haus hier wird wirklich selten besucht. Wir suhlen uns noch ein bisschen im wohligen Grusel, malen uns die schreckliche Szenen aus (zu Hause gab es früher dafür Märchen, später dann Horrorfilme) – dann wenden wir uns den wirklichen Dingen zu: Das Wetter.



                                                              Also noch mal: Das Wetter. Seltsamerweise haben wir Netz hier. Obwohl die Hütte tief drinnen im Park liegt und wir auf keinerlei Berge stehen. Das Netz zeigt uns an: Es wird Regen geben. Stef’s Wetter-App orakelt uns gar nichts Gutes. 90 Prozent Regenwahrscheinlichkeit übermorgen und überübermorgen. Am Sonntag zudem mit 12 Litern/m2 kein finnischer Nieselregen mehr. Wir werfen erneut unsere Pläne um. Morgen werden wir nicht zurück nach Tuiskukuru gehen, sondern gleich zwei Etappen laufen, bis nach Suomunruoktu. Dann kommen wir einen Tag eher in Kiilopää an und erleben das Desaster in unserer Blockhütte am Ofen. Statt 12 Kilometer also 24 morgen. Das wird ein harter Tag. Wir huschen ins Bett und bereiten uns vor.

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                                                              • Mika Hautamaeki
                                                                Alter Hase
                                                                • 30.05.2007
                                                                • 3996
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                Ein Traum!!!!
                                                                So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                A. v. Humboldt.

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                                                                  Dauerbesucher
                                                                  • 22.05.2016
                                                                  • 768
                                                                  • Privat


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                                                                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                  Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                  Ein Traum!!!!
                                                                  Schließe mich an. Das ist ja wieder ein sehr unterhaltsam geschriebener Bericht mit tollen Fotos von Dir. Auf Euer schönes Wetter könnte ich glatt ein bisschen neidisch werden. Wahrscheinlich gehe ich in einem der nächsten Jahre auch mal in Finnisch-Lappland wandern...

                                                                  Kommentar


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                                                                    Neu im Forum
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                                                                    • 6
                                                                    • Privat


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                                                                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                    Einfach nur atemberaubend schön! Danke für das Einstellen der vielen tollen Fotos + den dazugehörigen Texten ;) Die Polarlichter sind dieses Jahr wirklich stark! Hoffe ich kann in diesem Jahr nochmal spontan für ein paar Tage hochfahren...bis dahin genieße ich eure Eindrücke
                                                                    Grüße
                                                                    SvenskaDude

                                                                    Kommentar


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                                                                      Dauerbesucher
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                                                                      • 977
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                      Ich schließe mich meinen Vorrednern bzw. Vorschreibern an. Man hat das Gefühl dabei zu sein, eure Freuden und Sorgen zu teilen. Die "langweiligen" blauen Bilder hätte ich auch gerne in Kauf genommen.
                                                                      Bin gespannt ob eure Wetterapp recht hat.

                                                                      Andrea

                                                                      Kommentar


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                                                                        Erfahren
                                                                        • 20.08.2015
                                                                        • 361
                                                                        • Privat


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                                                                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                        Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                        Ein Traum!!!!
                                                                        Ja. Dieser Tag war wirklich ganz besonders schön gewesen. Und die Hütte war der Hammer. Am nächsten Tag war dann aber wieder Schluss mit Dolce Vita. Wäre ja auch irgendwann langweilig, wenn immer nur alles babyblau ist - ohne das Dunkle weiß man das Helle gar nicht zu schätzen.
                                                                        Lg Sylvie

                                                                        Kommentar


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                                                                          Erfahren
                                                                          • 03.04.2008
                                                                          • 443
                                                                          • Privat


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                                                                          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                          Vielen Dank für den schönen Bericht, da läuft man gerne mit.
                                                                          Hast Du auch eine Karte, auf der man die Route verfolgen kann?

                                                                          Und eine Frage zu den Hütten: Haben die Matratzen oder muß man seine Isomatte selber mitbringen?
                                                                          "We aren't lost! We only don't know where we are!" - Cartman

                                                                          Kommentar


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                                                                            Erfahren
                                                                            • 20.08.2015
                                                                            • 361
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                            Hallo in die Runde,
                                                                            wie schön, dass Ihr vorbeischaut und es Euch gefällt. Das freut mich so sehr, dass ich trotz Babyblau und einer eher seichten Landschaft ein bisschen rüberbringen kann, wie schön und finnisch-lieblich es dort ist.

                                                                            Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                            Schließe mich an. Das ist ja wieder ein sehr unterhaltsam geschriebener Bericht mit tollen Fotos von Dir. Auf Euer schönes Wetter könnte ich glatt ein bisschen neidisch werden. Wahrscheinlich gehe ich in einem der nächsten Jahre auch mal in Finnisch-Lappland wandern...
                                                                            Na mache das! Bestimmt wird das Wetter gut. Wir hatten bisher drei Jahre hintereinander eigentlich nur Glück mit dem Wetter. Wenig Regen, nur finnisch-lieblich, viel Sonne und aber auch viele Mücken. Nu ja... wer das Eine will, der muss das Andere mögen.

                                                                            Zitat von SvenskaDude Beitrag anzeigen
                                                                            Einfach nur atemberaubend schön! Danke für das Einstellen der vielen tollen Fotos + den dazugehörigen Texten ;) ...Grüße
                                                                            SvenskaDude
                                                                            Ja haha... ich habe mir das langsam abgewöhnt, die Landschaft dort oben beschreiben zu wollen. Man schafft das einfach nicht mit unserer ungelenken digitalen Sprache. Wie will man die Ewigkeit in Worte fassen? Da zeig ich lieber ein paar Fotos mehr - und auch die geben den Eindruck nur begrenzt wieder.

                                                                            Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                                            Ich schließe mich meinen Vorrednern bzw. Vorschreibern an. Man hat das Gefühl dabei zu sein, eure Freuden und Sorgen zu teilen. Die "langweiligen" blauen Bilder hätte ich auch gerne in Kauf genommen.
                                                                            Bin gespannt ob eure Wetterapp recht hat.

                                                                            Andrea
                                                                            Andrea, Du bist ein Fuchs. Und legst sofort den Finger auf die Wunde. Ein echter Nordfreak stellt Wetter-Apps in Frage? Denn das Wetter dort ist viel zu launisch, um sich von Vorhersagen zähmen zu lassen? Ich bin ja fast geneigt zu sagen, dass Du Recht haben könntest. Na lasst Euch überraschen!

                                                                            Vielen Dank an alle und bis bald
                                                                            Sylvia

                                                                            Kommentar


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                                                                              Erfahren
                                                                              • 20.08.2015
                                                                              • 361
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                              Zitat von Voronwe Beitrag anzeigen
                                                                              Vielen Dank für den schönen Bericht, da läuft man gerne mit.
                                                                              Hast Du auch eine Karte, auf der man die Route verfolgen kann?

                                                                              Und eine Frage zu den Hütten: Haben die Matratzen oder muß man seine Isomatte selber mitbringen?
                                                                              Ich habe keine solche Karte, aber ich kann vielleicht mal eine machen. Auf der ich dann alle drei Touren eintrage. Das ist gar keine schlechte Idee.

                                                                              Zu den Hütten: Manche Hütten sind zweigeteilt, in eine öffentliche Hütte (Autiotupa) und eine vorher zu mietende Hütte (Varaustupa). Die Miethütten haben Kissen und Matratzen (die übrigens sehr bequem sind) -man kann die Hütten für 11 € pro Nacht und Person im Vorhinein mieten. Der Nachteil dabei ist: man muss an dem Tag in der Hütte ankommen, an dem man sie gemietet hat. Kommt man später an, ist die Hütte unter Umständen von den nächsten Mietern besetzt. Der Vorteil ist: kommt man zur rechten Zeit, hat man seinen Platz sicher. Manche Leute planen ihre Touren tatsächlich von Hütte zu Hütte, sodass sie gar nicht erst Isomatten mitnehmen und auch kein Zelt und nur dünne Schlafsäcke. Dann ist man allerdings auf die wenigen Miethütten im Park beschränkt.

                                                                              Die meisten Hütten sind öffentlich. Hier gibt es keine Matratzen und es gilt das Prinzip: wer zuerst kommt mahlt zuerst. Die Hütten können voll sein, manche Hütten sind auch mehr als eine Tagestour voneinander entfernt - deshalb nehmen fast alle zusätzlich ein Zelt mit. Und Isomatten natürlich auch.

                                                                              Viele Grüße
                                                                              Sylvie

                                                                              Kommentar


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                                                                                Fuchs
                                                                                • 29.05.2010
                                                                                • 1280
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                Toller Bericht, da reist man gerne mit.

                                                                                Uns ziehts ja meist in einsamere weglosere Gegenden, aber den finnischen Norden haben wir auch noch auf unserer Agenda. Ich kann mich auch fürs liebliche Erwärmen. Wir sparen gerade auf Packrafts, um dann damit durch die finnischen Millionen Seen zu laufen und zu paddeln.

                                                                                Ansonsten ist die Geschichte mit der überheizten Hütte natürlich kurios, allerdings kenne ich das auch gut. So toll Wärme ist, speziell nach einigen Nächten im Zelt bin ich auch gegen zu warme Schlafbedingungen sehr empfindlich.


                                                                                Das mit den Powerbanks ist wirklich blöd, die werden vermutlich als "größere Lithium-Akkus" aus dem Frachtraumgepäck genommen worden sein, weil sie da wegen Brandgefahr nicht mehr mitreisen dürfen. Ich packe seit ein paar Jahren alles, was Lithiumakku ist, ins Handgepäck und das kam immer durch, das nur als Tipp.

                                                                                Das mit dem Kompass ist ja auch interessant, ich hab aber auch schon in Büchern von Kompassnadeln gelesen, die durch Lagerung nahe an elektrischen Geräten komplett umgepolt wurden, also dann Süden statt Norden anzeigten.

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Fuchs
                                                                                  • 17.08.2008
                                                                                  • 1503
                                                                                  • Privat


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                                                                                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                  Erst mal danke für einen wieder tollen Bericht.
                                                                                  Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                                                                  Die meisten Hütten sind öffentlich. Hier gibt es keine Matratzen und es gilt das Prinzip: wer zuerst kommt mahlt zuerst.
                                                                                  Bist du dir da sicher? Ich weiß, dass ich sehr verwundert war, als ich (auf dem Nordkalottleden) in einer Autiotupa las, dass den letzten als erstes "ein Bett" zusteht. Die Regelung hat meiner Meinung nach auch einen gewissen Sinn, da derjenige vielleicht sehr erschöpft und müde ist. Ob natürlich wirklich jemand darauf pocht, dass ihm auf der Liegefläche Platz gemacht wird, das ist eine ganz andere Frage.

                                                                                  Nachtrag: Das hat mich ja jetzt interessiert, ich habe ein oder zwei Hinweise auf diese Regel gefunden. Ich möchte euch Google Translate der finnischen Wikipedia-Seite zu Autiotupa nicht vorenthalten. "Die Vorliebe für die Unterkunft ist immer müde und später als Reisende, der bereits an einem verlassenen Ort ist."
                                                                                  Zuletzt geändert von dingsbums; 05.10.2017, 11:09.

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Erfahren
                                                                                    • 20.08.2015
                                                                                    • 361
                                                                                    • Privat


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                                                                                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                    Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
                                                                                    Toller Bericht, da reist man gerne mit.

                                                                                    Uns ziehts ja meist in einsamere weglosere Gegenden, aber den finnischen Norden haben wir auch noch auf unserer Agenda. Ich kann mich auch fürs liebliche Erwärmen. Wir sparen gerade auf Packrafts, um dann damit durch die finnischen Millionen Seen zu laufen und zu paddeln.

                                                                                    Das mit den Powerbanks ist wirklich blöd, die werden vermutlich als "größere Lithium-Akkus" aus dem Frachtraumgepäck genommen worden sein, weil sie da wegen Brandgefahr nicht mehr mitreisen dürfen. Ich packe seit ein paar Jahren alles, was Lithiumakku ist, ins Handgepäck und das kam immer durch, das nur als Tipp.
                                                                                    Hallo Antracis,
                                                                                    die Regel, dass die Powerbanks wegen der Entzündungsgefahr aus dem Frachtgepäck genommen werden, gibt es etwa seit einem Jahr, hat uns die Tante von Finn Air in Ivalo erzählt. Weder in Berlin noch in Helsinki sind uns Hinweisschilder dazu aufgefallen; nur in Ivalo, dem winzigsten Flughafen der Welt - dort stand es groß und breit am Check in. Meine Tochter hatte übrigens Glück; der haben sie ihre Powerbank nicht aus dem Gepäck geholt. Nun ja, im Nachhinein ist man immer schlauer. Man hätte sich das Zeug wieder abholen können, in einem Fundbüro 4 km außerhalb vom Flughafen Helsinki - leider hatten wir ein enges Zeitkorsett, sodass die Option für uns nicht in Frage kam. Ansonsten kann man sich das nachschicken lassen, aber das soll teuer sein - ich habe es aber noch immer nicht veranlasst oder mich danach erkundigt. Wir trafen unterwegs Finnen, denen das Gleiche passiert war. So richtig angekommen ist es also noch nicht, dass man diese Sachen im Handgepäck mitführt.... Aber jetzt wissen wir das ja.

                                                                                    Habt Ihr schon ein bestimmtes Packraft im Auge? Würde mich interessieren.

                                                                                    Lg Sylvie

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Fuchs
                                                                                      • 29.05.2010
                                                                                      • 1280
                                                                                      • Privat


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                                                                                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                      Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen

                                                                                      Habt Ihr schon ein bestimmtes Packraft im Auge? Würde mich interessieren.

                                                                                      Lg Sylvie
                                                                                      Nach vielen vielen Recherche-Stunden haben wir uns letztlich für ein Alpacka-Raft entschieden, schwanken noch zwischen Cruiser oder Whitewater-Deck. Ist halt der Hersteller mit der meisten Erfahrung. Ist aber auch der teuerste, wobei die anderen auch nicht so viel günstiger sind. Mit Paddel, Schwimmweste und trockenanzug kommt da schon einiges zusammen und wir brauchen ja eigentlich auch noch ein neues Zelt.

                                                                                      Aber falls ihr Euch für das Thema Packrafting und Finnland interessiert, kann ich Euch den Youtubekanal des finnischen Packrafters Caj Koskinen ans Herz legen.

                                                                                      https://www.youtube.com/user/caide78

                                                                                      Caj ist ein echt netter uriger Outdoortyp, der mit seiner Frau viele tolle Touren unternimmt und davon unterhaltsame Videos macht.

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        Erfahren
                                                                                        • 20.08.2015
                                                                                        • 361
                                                                                        • Privat


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                                                                                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                        Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
                                                                                        Nach vielen vielen Recherche-Stunden haben wir uns letztlich für ein Alpacka-Raft entschieden, schwanken noch zwischen Cruiser oder Whitewater-Deck. Ist halt der Hersteller mit der meisten Erfahrung. Ist aber auch der teuerste, wobei die anderen auch nicht so viel günstiger sind. Mit Paddel, Schwimmweste und trockenanzug kommt da schon einiges zusammen und wir brauchen ja eigentlich auch noch ein neues Zelt.

                                                                                        Aber falls ihr Euch für das Thema Packrafting und Finnland interessiert, kann ich Euch den Youtubekanal des finnischen Packrafters Caj Koskinen ans Herz legen.

                                                                                        https://www.youtube.com/user/caide78

                                                                                        Caj ist ein echt netter uriger Outdoortyp, der mit seiner Frau viele tolle Touren unternimmt und davon unterhaltsame Videos macht.
                                                                                        Danke Dir!!!! Ich guck da gleich mal rein.

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          • 14
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                                                                                          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                          Zitat von dingsbums Beitrag anzeigen
                                                                                          Erst mal danke für einen wieder tollen Bericht.

                                                                                          Bist du dir da sicher? Ich weiß, dass ich sehr verwundert war, als ich (auf dem Nordkalottleden) in einer Autiotupa las, dass den letzten als erstes "ein Bett" zusteht. Die Regelung hat meiner Meinung nach auch einen gewissen Sinn, da derjenige vielleicht sehr erschöpft und müde ist. Ob natürlich wirklich jemand darauf pocht, dass ihm auf der Liegefläche Platz gemacht wird, das ist eine ganz andere Frage.

                                                                                          Nachtrag: Das hat mich ja jetzt interessiert, ich habe ein oder zwei Hinweise auf diese Regel gefunden. Ich möchte euch Google Translate der finnischen Wikipedia-Seite zu Autiotupa nicht vorenthalten. "Die Vorliebe für die Unterkunft ist immer müde und später als Reisende, der bereits an einem verlassenen Ort ist."
                                                                                          So ist es, ich wollte es auch korrigieren. In den Regeln zur Nutzung der Autiotupas bzw. der offenen Hütten gilt folgendes: wer als letztes kommt, hat ein Vorrecht auf ein Schlafplatz und die früher angekommenen sollen Platz machen (bei Notfällen selbstverständlich nicht).
                                                                                          Es ist leider so, dass viele einheimische und die meisten ausländischen Gäste entweder diese Regelung schlichtweg ignorieren oder haben keine Kenntnis hierüber. Auch die meisten pochen nicht auf ihr Vorrecht, entweder aus Höflichkeit, Zurückhaltung oder weil sie die Hütte nicht mit einer anderen Gruppe teilen wollen.
                                                                                          Wie auch immer, es gehen leider immer mehr Bräuche des Zusammenlebens im Wildnis verloren.

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Fuchs
                                                                                            • 29.05.2010
                                                                                            • 1280
                                                                                            • Privat


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                                                                                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                            Zitat von Fjellsurfer Beitrag anzeigen
                                                                                            Es ist leider so, dass viele einheimische und die meisten ausländischen Gäste entweder diese Regelung schlichtweg ignorieren oder haben keine Kenntnis hierüber. Auch die meisten pochen nicht auf ihr Vorrecht, entweder aus Höflichkeit, Zurückhaltung oder weil sie die Hütte nicht mit einer anderen Gruppe teilen wollen.
                                                                                            Wie auch immer, es gehen leider immer mehr Bräuche des Zusammenlebens im Wildnis verloren.

                                                                                            Naja, man muss ja auch immer den Sinn dieser Regeln hinterfragen und dementsprechend umsetzen. Wenn ich in gutem Gesundheitszustand, aber halt normal erschöpft in einer Hütte ankomme und mich dann häuslich einrichte und schlafen lege in ein Bett oder Lager und dann kommt 30 Minuten später jemand, der sich im gleichen Zustand befindet und auf sein Recht pocht, sich jetzt ins Bett kuscheln zu dürfen, während ich mich dann auf den Boden oder gar draußen ins Zelt packen muss, würde ich mir gelinde gesagt verarscht vorkommen. Am besten kann er ja dann noch vorher ne Fluppe rauchen, um sich nicht zu beeilen.

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                              Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
                                                                                              Naja, man muss ja auch immer den Sinn dieser Regeln hinterfragen und dementsprechend umsetzen. Wenn ich in gutem Gesundheitszustand, aber halt normal erschöpft in einer Hütte ankomme und mich dann häuslich einrichte und schlafen lege in ein Bett oder Lager und dann kommt 30 Minuten später jemand, der sich im gleichen Zustand befindet und auf sein Recht pocht, sich jetzt ins Bett kuscheln zu dürfen, während ich mich dann auf den Boden oder gar draußen ins Zelt packen muss, würde ich mir gelinde gesagt verarscht vorkommen. Am besten kann er ja dann noch vorher ne Fluppe rauchen, um sich nicht zu beeilen.


                                                                                              Klar, meistens kannst du auch gleich erkennen, wer einen Schlafplatz eher braucht - unabhängig davon wer früher oder später angekommen ist - und den bekommen soll. Die meisten Regeln und Bräuche haben eine jahrhundertelange Tradition, entstanden aus der Solidaritätsgedanke im Wildnis, und da gilt auch Verstand nutzen.

                                                                                              Bitte beachte auch, wir reden jetzt über Finnland. Die wenigsten Finnen werden auf ihren Vorrecht pochen. Die meisten würden es auch nicht mal annehmen wenn es angeboten wird (gut die Ausnahme gibt es auch). Das gleiche gilt wohl auch für die meisten ausländischen Gäste. Ich spreche jetzt aber vom Sommer bzw. angenehmen Wetterverhältnissen.

                                                                                              Im Winter oder bei ganz schlechtem Wetter ist die Lage ganz anders - dann reicht es aber auch meistens, wenn man seine Sachen aufsammelt und etwas Platz macht, dann passen auch die meisten Gäste rein. Aber nicht immer - zweimal habe ich im Winter mit Dankbarkeit ein angebotenes Platz angenommen. Ein Paar mal habe ich angeboten, mein Platz freizumachen, war aber dann nicht nötig.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                • 777
                                                                                                • Privat


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                                                                                                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                Zitat von Fjellsurfer Beitrag anzeigen
                                                                                                Die meisten Regeln und Bräuche haben eine jahrhundertelange Tradition.
                                                                                                Ab 1750 wurde mit dem Bau von öffentlichen Wildnis Hütten und sonstigen Unterständen für die Reisenden an den Reisewegen begonnen. Unterkünfte wurden auch von Rentierzüchtern und Jägern gebaut.
                                                                                                Ab 1800 begann die Behörde mit dem Bau von Hütten.
                                                                                                Für touristische Zwecke wurden Hütten ab 1900 gebaut.
                                                                                                Offizielle Hütten werden hauptsächlich von der Forstverwaltung ( Metsähallitus) unterhalten.
                                                                                                Die Regeln für die Hütten waren ein ungeschriebenes Gesetz und wurden erst ab 1950 festgeschrieben.
                                                                                                Wenn man die Regeln auf den finnischen Seiten liest, sind sie zum Teil sehr umfangreich und ich meine in der heutigen Zeit auch nicht mehr so aktuell.
                                                                                                Persönlich habe ich noch nie erlebt, dass jemand die Hütte verlassen musste wegen später Ankommenden.

                                                                                                Mit wenigen Ausnahmen (Schweden, Norwegen und Großbritannien) ist Finnland das einzige Land, wo solche Hütten in grosser Anzahl und gratis zur Verfügung gestellt werden. Alleine in Lappland sind es über 450.

                                                                                                Lappland kenne ich jetzt seit 45 Jahren und währen 10 Jahren verbrachte ich jedes Jahr jeweils mehrere Monate dort in meiner Hütte am Inarijoki.
                                                                                                In dieser Zeit erlebte ich natürlich auch die Entwicklung des Tourismus und die Modernisierung der Hütten.
                                                                                                Kochen musste man mit seinem eigenen Kocher oder auf dem Holzofen. Heute stehen Gaskocher zur Verfügung und neben den Hütten stehen die Ersatzflaschen. Währen heute zum Teil riesige Container für den Abfall neben den Hütten stehen, nahm man damals den Abfall und leere Batterien wieder mit. Auch die Toiletten neben den Hütten haben sich Metsähallitus sei Dank verändert. Ich habe mir früher vor dem Betreten dieser Häuschen jeweils ein wenig Deo an die Nase gestrichen, denn es stank bestialisch.

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  • 1591
                                                                                                  • Privat


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                                                                                                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                  Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                                                                                                  Offizielle Hütten werden hauptsächlich von der Forstverwaltung (Metsähallitus) unterhalten.
                                                                                                  Jetzt weiß ich endlich, wer hinter "Metsähallitus" steckt. An deren Schutzhütten habe ich beim Skilanglaufen schon so oft und gerne Würstchen am Stock gegrillt, statt fleißig weiter in der Loipe rumzuschieben.

                                                                                                  Sylvie, hab' Dank für diesen wundervollen, amüsanten, spannenden Bericht!!

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Erfahren
                                                                                                    • 20.08.2015
                                                                                                    • 361
                                                                                                    • Privat


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                                                                                                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                    Hallo in die Runde,
                                                                                                    Herrgott... jetzt habe ich durch einen unbedachten Satz hier eine Lawine ins Rollen gebracht. Danke erst mal an alle für die die vielen guten Kommentare. Lasst mich meine vorherige Aussage präzisieren:

                                                                                                    Dass es hierzu in der Tat festgeschriebene Regeln gibt, war mir nicht geläufig. Ich denke aber, dass man Menschen, die in Not sind, auch ohne Regeln, selbstverständlich hilft. Wenn man in Finnland in den Hütten unterwegs ist, guckt man sich natürlich an, wie die Gepflogenheiten sind und versucht sich in diesem Rahmen zu bewegen. Unser Eindruck war eben genau dieser: Wer kommt, bezieht irgendwann die Hütte; das macht man nicht mal sofort, sondern nach einer geraumen Weile, ich schrieb darüber im letzten Jahr schon. Wenn die Hütte voll ist, ist sie voll. Nie habe ich es erlebt, dass Jemand sein Lager wieder geräumt hat, weil Jemand nach ihm kam. Das ist in praxi auch schwierig zu handhaben, man müsste dann mitunter bis nach Mitternacht warten, ehe man sich selbst hinlegen kann - und oftmals kippt man schon viel früher aus den Latschen. Die meisten kommen gegen Abend an, sehr späte Nachtwanderer sind selten; also bezieht man die Hütte und legt sich schlafen.

                                                                                                    In wirklichen Notfällen gehe ich davon aus, dass den Leuten ganz selbstverständlich geholfen und ein Platz angeboten wird. Im Winter allemal kann die Situation vermutlich öfter auftreten, als im Sommer oder im Herbst. Letztendlich, denke ich, sollte man nach gesundem Menschenverstand den Einzelfall entscheiden. Eine zu starre Handhabung dieser Regel (the last is the first) ist in der Praxis schwer durchführbar und sie sollte eben auch nicht dazu führen, dass man nachts ohne Not die Leute weckt. Hier wäre für mich eine persönliche Grenze, die ich selbst nicht überschreiten würde.

                                                                                                    Aber nun mal wieder weiter im Bericht.

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Erfahren
                                                                                                      • 20.08.2015
                                                                                                      • 361
                                                                                                      • Privat


                                                                                                      #51
                                                                                                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                      Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
                                                                                                      Jetzt weiß ich endlich, wer hinter "Metsähallitus" steckt. An deren Schutzhütten habe ich beim Skilanglaufen schon so oft und gerne Würstchen am Stock gegrillt, statt fleißig weiter in der Loipe rumzuschieben.

                                                                                                      Sylvie, hab' Dank für diesen wundervollen, amüsanten, spannenden Bericht!!
                                                                                                      Danke sehr! Ich mache jetzt auch mal weiter. Paar Tage haben wir ja noch.

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Erfahren
                                                                                                        • 20.08.2015
                                                                                                        • 361
                                                                                                        • Privat


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                                                                                                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                        8.9.2017: Von Karapulju nach ...
                                                                                                        Wir stehen früh auf und beeilen uns wirklich, aber mit Hanni ist an ein schnelles Loskommen nicht zu denken. Zu langsam und zu verträumt puzzelt sie hier und da rum, kramt, sucht, packt Dinge wieder aus, die sie doch noch braucht und so und so. Immerhin halb elf sind wir startklar. Es ist neblig und kühl heute. Die Sonne hat sich hinter dicken Wolken versteckt. Die Birken leuchten jetzt nicht mehr fröhlich gelb, sondern traurig gelb vor grauer Kulisse. Ich selbst habe den Eindruck, der Herbst wird hier übersprungen. Gestern war noch Sommer – heute fängt sofort der Winter an. Wenn es jetzt schneite, es wunderte mich nicht.

                                                                                                        Unser Tatenwanderdrang wird ziemlich schnell nach hundert Metern ausgebremst. Wir müssen erst mal durch die schlammigen Moorwiesen und dann durch den Fluss.


                                                                                                        Huch nee... falsches Bild. So schön sah der Fluss gestern noch aus.


                                                                                                        Heute ist eher diese Stimmung angesagt.


                                                                                                        ... oder diese.

                                                                                                        Vorsorglich haben wir gleich unsere Flusssandalen angezogen, während unsere Wanderschuhe an unseren Hälsen baumeln. Gottseidank ist das so, denn ich trete gleich erst mal in ein tiefes Schlammloch, in das ich bis zum Knie versinke. Meine Hose ist hin, aber wen juckt das hier schon? Nach einigem Suchen finden wir eine geeignete Stelle zum Furten, die weniger tief und mitreißend ist.



                                                                                                        Drüben angekommen, beginnt das allgemeine Füßetrocknen und für Hanni das Tapen. In diesem feuchtkalten Nebelgrusel ist das alles kein Vergnügen. Hanni hat offenbar immer Probleme mit jedweden Wanderschuhen. Kinderschuhe würden ihr von der Länge her passen, sind aber zu eng. Erwachsenenschuhe sind weit genug, aber auch bisschen zu lang. Deshalb klebt sie sich die Füße prophylaktisch an den Sollbruchstellen ab – in ihrem Fall sind das die Hacken. Das Pflaster muss nach jeder Furt erneuert werden – und das dauert.



                                                                                                        Wir frieren uns zwischendurch Blasen an die Seele. Hanni hingegen, immer entspannt, lässt sich Zeit, schwatzt munter drauflos, vom Grusel des Waldes und seinen Fallen. Nu sei stille und tape Deine Füße Meine, sonst tapen wir gleich Deinen Mund!

                                                                                                        Endlich ist sie fertig und unerfreulich geht es weiter. Wir müssen durch ein größeres Moor. (Eigentlich ist es ein Sumpf, ich habe extra noch mal nachgeguckt. Im deutschen Sprachgebrauch werden Sumpf und Moor aber oft synonym verwendet. Ich bleibe also beim Moor – das klingt für mich gruseliger und gibt daher die Stimmung besser wieder.) Moore gehören nicht zu meinen präferierten Wandergebieten. Zu präsent sind mir die Gruselgeschichten aus Kindertagen, in denen am Ende meistens Leichen eine Rolle spielen. Mein Adrenalinspiegel steigt dann meist ungesund an, wenn wir diese morastige Hürde nehmen müssen. Ich will dann immer schnell durch, aber genau das ist falsch. Das heißt: an manchen Stellen sollte man wirklich nicht lange verweilen, weil man tiefer und tiefer sinkt, aber dann gibt es wieder die Inseln, die sicher sind. Hier muss man ruhig werden und tief durchatmen und ganz besonnen die nächsten Schritte planen. Bei kleinen Mooren geht das alles noch, aber wenn das Moor weit ist, dann gleicht das Durchkommen ohne in Panik zu verfallen, einem mentalen Kraftakt.

                                                                                                        Dieses Moor hier ist groß. Hundert Meter schätze ich. Stefan meint, es sind mindestens zweihundert. (Ich weiß auch nicht, woher immer diese Diskrepanz in unserer Weitenwahrnehmung kommt. Normale Wege kommen mir immer weiter vor als meinem Mann, während diese fiesen Dinge mir offenbar weniger weit vorkommen, als ihm.) Wir stochern uns mühsam und langsam hindurch; der gruslige Nebel macht die Stimmung perfekt. Er nimmt uns nicht nur die Sicht und die Hoffnung, er sorgt auch für Halluzinationen. Kurz vor dem Ende des Moores sehe ich aus dem Augenwinkel Bewegung am Waldrand. „Da“, rufe ich aufgeregt. „Eine Wandergruppe! Die haben anscheinend einen besseren Weg durch das Moor gefunden.“ Aber es ist keine Wandergruppe. Zumindest keine im herkömmlichen Sinne - es ist wieder die Rentierherde von gestern. Das weiße Jungtier ist mitten unter ihnen. Jetzt haben wir Glück für zwei Jahre. Die Herde trabt friedlich an uns vorbei. Sie haben ihren eigenen Weg durchs Moor gefunden und der wirkte irgendwie mühelos. Fast scheint es mir, als zwinkerten sie uns von Weitem zu. So bisschen weise-freundlich-überlegen.

                                                                                                        Wir erreichen endlich den rettenden Wald und kommen ein bisschen schneller voran. Bis zum nächsten Moor, das größer noch ist als das erste. Auch das durchqueren wir mühevoll.



                                                                                                        Der Waldfuchs-Finne hatte uns ja gewarnt vor den Mooren im Süden. Gottseidank haben wir auf ihn gehört und sind nur ein bisschen nach Süden gegangen. Was wir hier an Mooren geboten kriegen, reicht für meine, offenbar nur mäßig ausgeprägte Abenteuerlust vollkommen aus. Eigentlich bräuchte man Gummistiefel, um hier ein bisschen fröhlicher durchzuwaten. Am Ende des Moors wieder ein Fluss.



                                                                                                        Wir suchen lange nach einer Stelle, die wir überqueren können, ohne dafür die Schuhe ausziehen zu müssen. Aber wir finden keine. Also wieder die Schuhe aus? Und Hanni müsste sich wieder die Füße tapen. Das kostet Zeit. Und Zeit haben wir heute nicht. Wir haben noch so viel vor uns und erst so wenig hinter uns. Wie sollen wir nur diesen riesigen Weg schaffen?

                                                                                                        Stef besieht sich den Fluss. Er ist tief, aber nicht breit. Also beschließt er, Hanni zu tragen. So kommt sie trockenen Fußes hinüber und das lästige Tapen fällt aus. Geplant – getan. So schnell kann ich mein Handy gar nicht zücken, um diesen epischen Moment gebührend festzuhalten.



                                                                                                        Wir sollten das Tragen jetzt für alle weiblichen Wandergruppenmitglieder einführen, witzele ich. Stef muss schließlich im Training bleiben und das gelingt nur mit Steigerungen. Dann geht es ein Stück noch durch Finnisch-Lieblich...




                                                                                                        Der Herbst ist inzwischen angekommen.


                                                                                                        bis zu einem Rentierzaun. Macht’s gut, liebe Rentiere. Wie schade, dass Ihr nicht überall hier herumspringen dürft. Hinter dem Zaun sehe ich plötzlich wieder Pilze am Wegesrand blinken. Das erweckt in mir die Vorstellung, dass auch die Rentiere die gelben Gesellen offenbar gerne fressen. (Dass das tatsächlich so ist erfahren wir später. Und auch, dass Rentiere mehrmals im Jahr ihre gesamte Darmflora austauschen, damit sie die Nahrung je nach Jahreszeit optimal verwerten können. Im Winter Flechten. Im Frühjahr und Sommer alles, was grünt. Und im Herbst Pilze und Beeren. Was für erstaunliche Tiere!)

                                                                                                        Nach dem Zaun endet mal wieder der Weg. Ein drittes Moor. Nu ist aber langsam genug mit dem Schlamm! Hinter dem Moor, irgendwo dahinten im fernen Wald, beginnt angeblich der Anschlussweg. Wir sehen Reifenspuren im Schlamm und beschließen, diese als Weg zu definieren. Bestimmt führen sie direkt auf den richtigen Weg im Wald. Dumm ist nur, dass die Spuren tief sind und voller Wasser. Sie dienen also maximal als Anhaltspunkt, um irgendwie durch den Sumpf zu kommen. Der Weg neben dieser Quasi-Straße ist extrem beschwerlich. Keine gefährlichen Moorlöcher mehr, aber dafür durchgehend tiefer, gieriger Schlamm. Der saugt sich an unseren Schuhen fest und gibt sie nicht wieder frei. Jeder Schritt klebt an der Erde. Und die Erde kichert. Ziemlich höhnisch gluckst sie vor sich hin bei jedem verdammten Schritt, den sie aus ihren klebrigen Klauen entlässt. Der Schlammweg ist lang, lang und lang. Als wir endlich wieder lieblichen Waldboden unter den Füßen haben, sind wir fix und fertig.

                                                                                                        Wir werfen uns erst mal ins Gras und ziehen Bilanz. Die Bilanz macht uns nicht wirklich froh. Drei Moore fressen Zeit. Es ist jetzt um vier und wir haben gerade mal zehn Kilometer geschafft. 15 liegen noch vor uns und wir brauchen dringend Wasser. Das Schlammwasser schien uns zum Trinken suboptimal. Also gut! Weiter jetzt! Wenn wir den Weg nicht schaffen, müssen wir halt zelten irgendwo.

                                                                                                        Fortsetzung folgt alsbald.
                                                                                                        Zuletzt geändert von Sylvie; 07.10.2017, 23:52.

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Erfahren
                                                                                                          • 20.08.2015
                                                                                                          • 361
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                                                                                                          Immer noch 8.9.2017: von hinter den Sümpfen bis ans Ende der Welt
                                                                                                          Der Weg wird besser jetzt. Mit finnisch-lieblich versöhnt er uns wieder. Wir finden sogar einen kleinen Bach, in dem wir die Flaschen wieder füllen. Unterwegs reden wir über die Tücken des Waldes – der wohlige Grusel scheint heute Thema zu sein. Vielerorts sieht man im Wald Bewegungen aus den Augenwinkeln. Man glaubt dann, dort läuft jemand… oder etwas… aber dann war es nur der Wind. Oft sieht man seltsame Tiere reglos im Wald stehen – aber dann sind es nur verkohlte Baumstämme. Oder man sieht Feuerstellen und ganze Häuser – die sich später als Totholz entpuppen.



                                                                                                          Manchmal hat man den Eindruck, ein Feuer brennt irgendwo, man sieht Rauch – aber da ist kein Rauch. Aus welcher Ursache sich diese optische Täuschung speist, ist uns bis zum Schluss nicht ganz klar. Möglicherweise aus vielen dürren, blattlosen Zweigen, die im Gewirr und von weitem wie Rauchschwaden aussehen?

                                                                                                          Von diesen seltsamen Sinnestäuschungen kommen wir bald wieder auf Gruselgeschichten. Hanni ist voll von ihnen und ergötzt uns damit. Wir sollen gut acht geben, meint sie, wenn wir an eine Stelle kommen, wo wir schon mal waren, dann ist der Wald verflucht. Dann will er uns nicht wieder raus lassen. Und Hexen, erklärt sie uns, stehen immer zwischen zwei Birken. Wer sie sieht, ist des Todes.

                                                                                                          Wir sind inzwischen wieder in den Obstbaumwiesen angekommen.




                                                                                                          Das ist die Alpenbärentraube (Arctostaphylus alpina). Letztes Jahr hatten wir ne Riesendiskussion deswegen. Irgendjemand vermutete das gleich (ich glaube, Andrea war es) - aber ich war mir nicht sicher.

                                                                                                          Hier stehen nur noch Birken, die Hexen haben gute Chancen. Die Birken leuchten uns alle so wunderbar gelb. Die winzige Kiilopää-Birke wächst in Gemeinschaft mit den gemeinen Moorbirken hier. Ihre Blätter sind kleiner und mehr orange gefärbt. Der Weg ist einfach jetzt. Wir laufen ihn zügig und durchschreiten die Fjälls mit freudigem Staunen.



                                                                                                          Es ist, als liefen wir in einen Farbtopf hinein.



                                                                                                          Der Wind bläst immer noch kühl und die Sonne lässt sich nur manchmal herab, uns von oben zu wärmen. Mittlerweile steht sie auch wieder recht tief und wärmt gar nicht mehr. Ich wage es nicht, auf die Uhr zu gucken. Und ich will auch nicht wissen, wie weit es noch ist. Der Weg ist schön und wir genießen ihn. Solange wir können.



                                                                                                          Der Abstieg hinab in den Wald wird dann wieder recht ungenießbar. Um nicht zu sagen: ätzend. Steile Stufen. Steine, Steine, Felsblöcke und Steine. Ich bin sehr erschöpft und fluche schon wieder. Anstatt überall Brücken zu bauen, sollte man lieber die Wege entsteinen. Stöhnend torkel ich weiter hinab, auf einem Gebilde, das den Namen Weg nicht verdient. Aber wir müssen nun mal hinab. Die Hütte steht unten am Fluss (am Suomujoki mal wieder) und Flüsse fließen nicht auf den Fjälls.

                                                                                                          An der sechseckigen Feuerstelle machen wir die letzte Rast. Es ist kurz nach acht und wir haben noch zwei Kilometer vor uns. Mir tut alles weh. Meine rechter Fuß vor allem, dicht gefolgt vom rechten Knie und der rechten Nackenpartie. Eine einseitige Schmerzachse – na das kann nicht gesund sein. Stefan, immer mein Held, massiert mir das Brennen aus der Schulter. Wir könnten hier zelten, aber wir wollen nicht. Es ist eisig kalt inzwischen. Ich ziehe erst mal meine Handschuhe an. Dann raff ich mich einmal noch hoch aus dem Schmerz und weiter geht’s. Das nahe Ziel kitzelt die letzten Kräfte aus mir. Die Wilderness Zone endet hier. Es gibt eine Brücke und mehrere Planken – und schon sind wir wieder drin in der Komfortzone. Das Leben beginnt… Nun ja, ich bin passenderweise ziemlich tot. Im Eilmarsch geht es hier voran. Wir durchhasten den Wald in der Dämmerung. Das geht hier auch gut, denn die Wege sind breit und eben. Stef nennt diesen Weg die Waldautobahn.

                                                                                                          Wir erreichen die Hütte (Suomunruoktu) im letzten Licht. Die Varaustupa ist knackevoll. Nebenan in der Autiotupa sitzen vier junge Männer am Abendbrottisch. Wir werden sofort herzlich begrüßt. Kommt rein und schlaft hier bei uns – die obere Etage ist noch frei. Wir sind so glücklich und dankbar. Schnell packen wir unser Zack und Pack für die Nacht und beziehen das obere Bettenlager. Hanni und Stef wollen draußen am Feuer was essen, mir aber ist es zu kalt und Hunger habe ich auch nicht wirklich. Ich schiebe mir schnell ein Knäckebrot zwischen die Kiemen, dann kletter ich hoch in die Kiste. Schlafen aber kann ich erst mal nicht, weil meine Füße so weh tun. Auch Stef wälzt sich später ruhelos rum. Es ist ihm mal wieder zu warm. Unsere Luftmatratzen quietschen fröhlich und laut im Duett. Die Finnen unten schnarchen. Das ist gut so, sie hören unseren Lärm nicht. Was für eine verrückte Reise. Am Anfang brauchen wir zwei Tage für eine Tour – am Ende einen Tag für zweie. Und das alles nur, weil wir mal plötzlich Netz hatten und spontan auf das Wetter in zwei Tagen reagierten. Es lebe die neue Zeit.
                                                                                                          Zuletzt geändert von Sylvie; 09.10.2017, 22:34.

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Freak

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                                                                                                            • 20.07.2009
                                                                                                            • 12705
                                                                                                            • Privat


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                                                                                                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                            Tolles Licht, klare Farben, gelungene Bilder. Alleine schon dafür lohnt der schöne Reisebericht.
                                                                                                            Ditschi

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Dauerbesucher
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                                                                                                              • 777
                                                                                                              • Privat


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                                                                                                              AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                              Auf die Beschreibung von diesem Tag habe ich gewartet . Der Bach und Sumpf bei der Hütte waren ja unvermeidlich, aber dann wäre ich grob in Richtung Tuiskukuru gegangen, um dann auf den Weg zur Suomunruoktu tupa zu stossen. Auf dieser Route wären dann keine Bäche und Sümpfe mehr zu durchqueren gewesen und die Gesamtdistanz wäre wohl bis zur Suomunruoktu tupa auch nicht länger aber etwas einfacher gewesen.
                                                                                                              Betrachte dies nicht als Kritik sondern als Anregung zur Routenplanung für Eure weiteren Touren in weglosem Gebiet.
                                                                                                              Dafür hast Du ja schöne Bilder gemacht und neue Erfahrungen im Erämaa gesammelt.
                                                                                                              Persönlich laufe ich in Lappland seit 40 Jahren mit Gummistiefeln.

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Erfahren
                                                                                                                • 20.08.2015
                                                                                                                • 361
                                                                                                                • Privat


                                                                                                                #56
                                                                                                                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                                                                                                                Auf die Beschreibung von diesem Tag habe ich gewartet . Der Bach und Sumpf bei der Hütte waren ja unvermeidlich, aber dann wäre ich grob in Richtung Tuiskukuru gegangen, um dann auf den Weg zur Suomunruoktu tupa zu stossen. Auf dieser Route wären dann keine Bäche und Sümpfe mehr zu durchqueren gewesen und die Gesamtdistanz wäre wohl bis zur Suomunruoktu tupa auch nicht länger aber etwas einfacher gewesen.
                                                                                                                Betrachte dies nicht als Kritik sondern als Anregung zur Routenplanung für Eure weiteren Touren in weglosem Gebiet.
                                                                                                                Dafür hast Du ja schöne Bilder gemacht und neue Erfahrungen im Erämaa gesammelt.
                                                                                                                Persönlich laufe ich in Lappland seit 40 Jahren mit Gummistiefeln.
                                                                                                                Grüß Dich Peter,
                                                                                                                hm... wir wollten ja ursprünglich über die Berge nach Tuiskukuru, aber als wir uns dann umentschieden, wollten wir Tuiskukuru lieber rechts liegen lassen und direkt nach Suomunruoktu laufen. Deshalb haben wir den Weg durch das Tal gewählt. Vom Weg her war es in unseren Augen fast das Gleiche, von Karapulju nach Tuiskukuru sind es etwa 10 Kilometer und von dort nach Suomunruoktu 15, ganz gleich, ob man über die Fjälls oder über Salonlampi geht. Das macht also insgesamt auch mindestens 25 km - und die sind wir ja auch untenrum gegangen. In unseren Augen wäre es über Tuisku sogar etwas länger gewesen, aber vielleicht haben wir das auch nicht richtig eingeschätzt - das war bisschen schwierig mit unserer Karte, weil Karapulju auf der Vorderseite und Tuiskukuru auf der Rückseite (zudem nach oben verschoben) lag - ich weiß nicht, wie oft wir die Karte um und um gedreht haben, um einigermaßen eine Übersicht über das Gelände zu bekommen.

                                                                                                                Unsere Entscheidung wurde sicherlich auch davon beeinflusst, dass wir noch nicht so oft über die weglosen Fjälls gegangen sind und uns da unsicher fühlten. Der direkte Weg nach Suomunruoktu war hingegen auf der Karte eingezeichnet, wir fühlten uns mit ihm auf der sicheren Seite, wir wollten ja an dem Tag schnell vorankommen und uns nirgendwo verlaufen. Im Sommer läuft sich der Weg durch den Wald sicherlich prima. Aber bevor wir unsere Tour dieses Jahr begannen, hatte es in Lappland wochenlang geregnet - wir haben tatsächlich die 8 Tage Sonne dazwischen abgefasst - und die Moore waren sehr voll mit Wasser. Das hat das Ganze natürlich enorm erschwert.

                                                                                                                Nun gut. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Falls ich noch mal durch den Park gehe, ist aber der Fjällweg Tuiskukuru-Karapulju auf jeden Fall in unserem Programm. Generell mehr Fjälls, das ist mein Wunsch, der dieses Jahr aus unserer Tour resultiert (mehr Mut zur Weglosigkeit ). Der zweite Teil des Weges über die Fjälls (wo auch der Abzweig nach Tuiskukuru dann kommt) hat mir aber ausnehmend gut gefallen. Der war wirklich zauberhaft. Wir sind bisher von Tuisku immer über Salonlampi nach Suomunruoktu gelaufen. Der Weg ist auch märchenhaft - aber man kann einfach nicht so weit gucken, als wenn man obenrum langläuft.

                                                                                                                Viele Finnen laufen mit Gummistiefeln. Ich kann immer gar nicht vorstellen, wie das ist. Schwitzt man da nicht drinne?

                                                                                                                Viele Grüße
                                                                                                                Sylvie

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Erfahren
                                                                                                                  • 20.08.2015
                                                                                                                  • 361
                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                  #57
                                                                                                                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                  Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                                                                                                                  Auf die Beschreibung von diesem Tag habe ich gewartet . Der Bach und Sumpf bei der Hütte waren ja unvermeidlich, aber dann wäre ich grob in Richtung Tuiskukuru gegangen, um dann auf den Weg zur Suomunruoktu tupa zu stossen. Auf dieser Route wären dann keine Bäche und Sümpfe mehr zu durchqueren gewesen und die Gesamtdistanz wäre wohl bis zur Suomunruoktu tupa auch nicht länger aber etwas einfacher gewesen.
                                                                                                                  Betrachte dies nicht als Kritik sondern als Anregung zur Routenplanung für Eure weiteren Touren in weglosem Gebiet.
                                                                                                                  Dafür hast Du ja schöne Bilder gemacht und neue Erfahrungen im Erämaa gesammelt.
                                                                                                                  Persönlich laufe ich in Lappland seit 40 Jahren mit Gummistiefeln.
                                                                                                                  Ah... ich lese grade, Du schlugst vor, nur in RICHTUNG Tuiskukuru zu gehen und dann den Weg nach Suomunruoktu zu finden. Ja. Wahrscheinlich wäre das die beste Lösung gewesen. Falls wir den Weg gefunden hätten.

                                                                                                                  Na, nu is zu spät. Aber danke für den Tipp.
                                                                                                                  Zuletzt geändert von Sylvie; 07.10.2017, 22:06.

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Erfahren
                                                                                                                    • 20.08.2015
                                                                                                                    • 361
                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                    #58
                                                                                                                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                    Zitat von Ditschi Beitrag anzeigen
                                                                                                                    Tolles Licht, klare Farben, gelungene Bilder. Alleine schon dafür lohnt der schöne Reisebericht.
                                                                                                                    Ditschi
                                                                                                                    Vielen Dank Ditschi. Dieser Tag war in der Tat ein sehr bunter gewesen. Der Herbst war endlich da.

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Erfahren
                                                                                                                      • 20.08.2015
                                                                                                                      • 361
                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                      9.9.2017: Von Suomunruoktu nach Kiilopää
                                                                                                                      Unsere netten Hüttenmitbewohner stehen sehr früh auf. Das bietet uns die besten Chancen gleichsam wach zu werden und aus den Schlafsäcken zu hüpfen. Unser Weg wird etwa 17 Kilometer lang sein. Wir haben in Kiilopää nichts gebucht, es ist Freitag, und die Anzahl der Ferienwohnungen ist begrenzt. Also runter von den Matten und frisch zusammengepackt. Das aber geht erst mal schlecht, weil sieben Mann in der Hütte sich beim Synchron-Packen-Wollen ziemlich behindern. Wir verschwinden zum Frühstück erst mal raus ans Feuer. So haben die Herren freie Bahn. Aber lange kann ich hier nicht bleiben; der Wind bläst so eisig, dass ich bald schon wieder nach drinnen flüchte. Ich verzieh mich aufs obere Bettenlager und bestaune die Finnen bei ihren vielfachen Pack-Aktionen.

                                                                                                                      Sie sind alle riesengroß und durchtrainiert, haben gute Laune und gut geschlafen, wie sie mir strahlend versichern. Zweien von ihnen ist der Gabel-Löffel kaputt gegangen, die werden nebenbei wieder zusammengeschweißt und mit Panzertape fixiert. Zwischendurch quatsche ich mit jedem ein bisschen. Sie sind gestern aus Helsinki angereist und wollen in den Süden, oha. Einem von ihnen wurden genau wie mir zwei Powerbanks aus dem Rucksack geklaut. Er hat es aber noch in der Zivilisation gemerkt und sich gleich ein paar neue gekauft. Die viere packen und lärmen, packen und lärmen. Ich bin erstaunt, was sie alles mitschleppen. Dann ziehen sie los und wir rücken vor in die Pole Position. Gegen neun – Rekord!!!! – brechen wir auf.


                                                                                                                      Abschied vom Suomujoki

                                                                                                                      Heute gibt es nicht allzu viele Fotos, denn wir werden ganztags begleitet von einem garstigen Wind. Ich laufe doppelhosig und doppeljackig die ganze Tour. Auch Stef und Johanna rüsten in der ersten Pause ihren Außenpanzer auf.


                                                                                                                      Hier geht's noch rüber und dann geht's hoch.

                                                                                                                      Unser Weg führt nach Norden / Nordwesten. Der eiskalte Wind bläst aus Südosten. So schiebt er uns bisschen die Fjälls hinan.





                                                                                                                      Die Sonne scheint fleißig mitunter, aber gegen des Windes Grimmigkeit kann sie nichts ausrichten. Heute wäre laut Stefans Wetter-App der erste Regentag gewesen. Bis jetzt ist es trocken, hehe. Oben auf den Fjälls wütet der Wind zum Sturm sich aus. Manche Böen erwischen uns so hart von der Seite, dass es uns fast von den Beinen haut.





                                                                                                                      Wir sind schutzlos hier oben, aber das nahende Ziel erhält uns den Mut. Zum Pausieren legen wir uns in kleine Mulden, flach auf den Boden. So zieht das Stürmlein über uns hinweg und kann uns nicht rütteln. Wir aber sehen den Wolken beim Rennen zu.




                                                                                                                      Blick aus unserer Mulde

                                                                                                                      Es wird voll auf den Fjälls. Wir treffen die ersten Wanderer; die in der Gegenrichtung unterwegs sind. Ich beneide sie nicht. Stundenlang gegen den Wind zu laufen, ist sehr ermüdend. Kurz vor dem Ziel, etwa ein Kilometer, gibt es ne Feuerstelle. Hanni und ich sind schon wieder zu Scherzen aufgelegt. Wir schlagen vor, dort zu zelten und unser letztes Travel-Lunch zu verspeisen. Nasi Goreng – das hat schon im letzten Jahr keiner gewollt. Unsere nächste Idee ist noch besser: nur Stefan soll zelten hier. Da er das Zelten doch so sehr liebt und die Hütten verabscheut. Wir aber gehen inzwischen ins Hotel und essen leckeren Rentiergulasch. Die Zeit verfliegt während wir scherzen.




                                                                                                                      Bald sind wir da.

                                                                                                                      Kurz vor dem heiligen Torbogen, den Eingang zum Park, müssen wir tatsächlich noch einmal pausieren. Mein Fuß tut so höllisch weh, wieder der rechte, es ist schwer zu ertragen. Ich fürchte, ich hab ihn mir angeknackst irgendwie. Es ist wirklich ein Kreuz mit dem Älterwerden.

                                                                                                                      Kiilopää ist für mich immer der Inbegriff des Paradieses. Kein Wunsch bleibt hier unerfüllt. Und unsere Wünsche sind einfach nach so einer Tour: Gutes Essen, Bier, warmes Wasser und ein weiches Bett. Das alles kann Kiilopää mühelos bieten. Der Einzug in dieses Touristennest gleicht daher immer dem Einmarsch der glorreichen Krieger in die donnernde Arena des Triumpfes. Freilich johlen wir nicht und niemand klatscht uns Beifall – der Triumpf ist nur innerlich, doch ergießt er sich gülden in unsere Herzen. Von dort zieht er in alle Zellen und kleidet uns innerlich vollständig aus mit Goldpapier. Strahlend, von den Zehen bis zum Scheitel, taumeln wir glücklich in Kiilopää ein. Wir haben das alles überlebt. Mal wieder. Eine sehr schöne Tour. Es gab keine Stürze und keinen Streit und das Wetter war fabelhaft.



                                                                                                                      Vielleicht gerade deshalb erscheint mir die Stimmung in Kiilopää immer seltsam gedrückt. Und in Sariselkä stell ich mir diese Diskrepanz zwischen innen und außen noch viel schlimmer vor. Viele planen ja ihre Tour so, dass sie am Ende in Sariselkä ankommen. Das kann ich mir gleich gar nicht vorstellen. Der Ort ist so tot und trist um diese Zeit. Nur leere Häuser und leere Läden. Und der Wind pfeift trostlos und kalt um die Ecken. In Kiilopää gibt es wenigstens keine Häuser und keine Läden; nur einen kleinen Touristenshop, wo man für teures Geld Nippes und das Notwendigste erstehen kann. Sehr konsequent besteht dieser „Ort“ nur aus Blockhäusern mit Ferienwohnungen darin und einer riesigen Torfsauna. Fertig.

                                                                                                                      Wir müssen ein bisschen warten in Kiilopää, man weiß noch nicht, ob es noch ein freies Blockhaus für uns gibt. Während wir also im Foyer abhängen und schon mal das erste Bier trinken, seh ich mir all die Touristen an und denke die ganze Zeit drüber nach: Warum empfinde ich die Stimmung hier so seltsam unlebendig? Liegt's vielleicht wirklich daran, dass wir jetzt wieder weg sind von der Natur, von diesem prallen Leben mit all seinen Unwägbarkeiten, mit seinen intensiven Erlebnissen zwischen Freude, Hoffnung und Furcht? Denn das Leben beginnt… na Ihr wisst ja schon wo. Oder liegt’s an den Menschen hier? Der Ort ist geflutet mit alten Menschen, sehr alten Menschen, die kaum noch laufen können. Sie humpeln durch die Gegend so wie ich mit meinem kranken Fuß. Manche von ihnen werden von Bussen ausgekippt. Zwei Tage Lappland steht auf ihrem Programm. Sie kriegen dann eine geführte Wanderung auf den Kiilopää. Man sieht sie schon Stunden vorher aufgeregt mit ihren prall gefüllten Proviantbeuteln durch die Gegend rennen. Ein freundlicher Führer prügelt sie dann sachte nach oben.

                                                                                                                      Sie alle wirken auf mich irgendwie traurig. Vermutlich liegt es tatsächlich am Unterschied zwischen meiner innerlichen Hochstimmung und ihrer augenscheinlich normalen Stimmung. Auch in den letzten Jahren ist mir dieser krasse Stimmungswechsel beim Übertritt von der Wildnis in die Zivilisation aufgefallen. Kurzzeitig ergeb ich mich dieser Endzeitstimmung. So wird es enden, denke ich: In einem trostlosen Ort am Ende der Welt, mit einem dicken Proviantbeutel für die letzte Reise und einem Führer, der Dich milde nach oben treibt… Irgendwann reißt mich die Rezeptionistin aus meinen Gedanken: Jawoll, es gibt noch ein Hüttchen für uns. Wir können einziehen. Der Jubel übernimmt wieder mein Stimmungsbarometer.


                                                                                                                      Auf dem Weg in die Hütte sehen wir diese Schulklasse geschlossen in den Park einsteigen. Sie drücken den Altersdurchschnitt enorm.

                                                                                                                      Wir tun in Kiilopää das, was wir immer tun: Als erstes duschen wir mit ungekannten Wonnen. Dann essen wir. Besser gesagt, wir fressen. Das Menü hier ist reichlich und ausnehmend gut gekocht. Und dann wanken wir allseits gestählt in unsere Hütte und fallen ins weicheste Bett auf Erden. Bis zum Rande gefüllt mit Glückseligkeit.
                                                                                                                      Zuletzt geändert von Sylvie; 10.10.2017, 21:23.

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        • 977
                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                        Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen

                                                                                                                        Drüben angekommen, beginnt das allgemeine Füßetrocknen und für Hanni das Tapen. In diesem feuchtkalten Nebelgrusel ist das alles kein Vergnügen. Hanni hat offenbar immer Probleme mit jedweden Wanderschuhen. Kinderschuhe würden ihr von der Länge her passen, sind aber zu eng. Erwachsenenschuhe sind weit genug, aber auch bisschen zu lang. Deshalb klebt sie sich die Füße prophylaktisch an den Sollbruchstellen ab – in ihrem Fall sind das die Hacken. Das Pflaster muss nach jeder Furt erneuert werden – und das dauert.



                                                                                                                        Wir frieren uns zwischendurch Blasen an die Seele. Hanni hingegen, immer entspannt, lässt sich Zeit, schwatzt munter drauflos, vom Grusel des Waldes und seinen Fallen. Nu sei stille und tape Deine Füße Meine, sonst tapen wir gleich Deinen Mund!
                                                                                                                        Da ist er ja der Klappstuhl.

                                                                                                                        Ich tape auch immer die Hacken und kann Leukoplast sehr empfehlen. Und zwar nur das echte Leukoplast, kein Hansaplast und auch kein sonstiger Ersatz. Ich nehme das 2,5 cm breite, klebe je drei Streifen überlappend auf jeden Hacken. Das hält locker eine Woche und löst sich auch beim Furten oder Duschen nicht gleich ab. Allerdings muss man ein bisschen aufpassen wenn man die Socken über die nassen Füße zieht. Da können sich sonst die Ecken etwas aufrollen.

                                                                                                                        Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen


                                                                                                                        Das ist die Alpenbärentraube (Arctostaphylus alpina). Letztes Jahr hatten wir ne Riesendiskussion deswegen. Irgendjemand vermutete das gleich (ich glaube, Andrea war es) - aber ich war mir nicht sicher.
                                                                                                                        Stimmt

                                                                                                                        Den letzten Tag muss ich noch in Ruhe lesen.

                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                          Erfahren
                                                                                                                          • 20.08.2015
                                                                                                                          • 361
                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                          Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                                                                                          Da ist er ja der Klappstuhl.
                                                                                                                          Und hier auch.


                                                                                                                          Ich tape auch immer die Hacken und kann Leukoplast sehr empfehlen. Und zwar nur das echte Leukoplast, kein Hansaplast und auch kein sonstiger Ersatz. Ich nehme das 2,5 cm breite, klebe je drei Streifen überlappend auf jeden Hacken. Das hält locker eine Woche und löst sich auch beim Furten oder Duschen nicht gleich ab. Allerdings muss man ein bisschen aufpassen wenn man die Socken über die nassen Füße zieht. Da können sich sonst die Ecken etwas aufrollen.
                                                                                                                          Sie klebt auch immer drei Lagen, ist aber der Meinung, man müsse das nach dem Furten wechseln, weil es nass geworden ist. Nu ja....

                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                            Erfahren
                                                                                                                            • 20.08.2015
                                                                                                                            • 361
                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                            Übersichtskarte Lapplandtouren

                                                                                                                            Bevor ich zum letzten Tag und zum Fazit komme, habe ich unsere drei Touren mal versucht in eine Karte einzumalen. Unter schwersten Bedingungen, ich habe zu Hause einfach kein gutes Grafikprogramm. Ich hoffe, es ist nicht allzu unübersichtlich geworden. Die Kilometerangaben sind jene, die wir gemessen haben (also mit Verlaufen und allem Pipapo) und nicht jene, die man auf Karten oder Wegweisern findet.



                                                                                                                            Die rotgelbe Route war unsere Sommertour 2015

                                                                                                                            Die blaugrüne war die im letzten Herbst.

                                                                                                                            Und die lilarosane ist die von vor zwei Wochen.

                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                              • 734
                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                              Eine Superkarte, die Du erstellt hast. Und ein wunderschöner Bericht mit herrlichen Herbstfarben. Ich bin immer noch erstaunt über die vielen Menschen die dort unterwegs sind, aber die beginnende Ruska ist eben auch wunderschön.

                                                                                                                              Mir persönlich war die Landschaft in Nordfinnland zu sanft, mir fehlten die Berge dort.

                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                Erfahren
                                                                                                                                • 20.08.2015
                                                                                                                                • 361
                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                                Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                                                                                                                                Eine Superkarte, die Du erstellt hast. Und ein wunderschöner Bericht mit herrlichen Herbstfarben. Ich bin immer noch erstaunt über die vielen Menschen die dort unterwegs sind, aber die beginnende Ruska ist eben auch wunderschön.

                                                                                                                                Mir persönlich war die Landschaft in Nordfinnland zu sanft, mir fehlten die Berge dort.
                                                                                                                                Vielen Dank Vobo. Und ja: dieses Sanfte, Rundgelutschte, nicht wirklich Gebirgige ist wahrscheinlich Geschmacksache. Ich bin ja von Euren Fotos von den Kahlfjälls angefixt. Mal sehen, wann wir dort mal hinwandern.

                                                                                                                                LG Sylvie

                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                  Erfahren
                                                                                                                                  • 20.08.2015
                                                                                                                                  • 361
                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                                  10.-12.9.2017 Kiilopää, Abreise und Ausblick
                                                                                                                                  Heute ist ein Ausruhtag. Bis zum Nachmittag laufen wir nirgendwohin, nur zum Frühstück und zurück.


                                                                                                                                  Im Touristentreff in Kiilopää gibt es neuerdings eine kleine aber sehr interessante Ausstellung zum Nationalpark. Wir stehen jeden Tag vor den Schildern und lesen sie andächtig. :-)

                                                                                                                                  Danach gibt’s ein Feuer im Ofen und mehrere Saunagänge. Die Sauna ist direkt in unserer Blockhütte und gehört zum Komfort, den wir uns jetzt leisten (Das Leben beginnt… ach lassen wir das!) Zwischendurch waschen wir einige Sachen und trocknen sie im Trockenschrank. Ansonsten tut jeder sein Liebstes: Hanni und Stefan lesen und schlafen. Ich schreibe. Mit Blick auf das Feuer. Wunderbar.



                                                                                                                                  Ich warte den ganzen Tag auf diesen Mega-Regen, den Stefans App uns orakelte, aber er kommt nicht. Gewiss, der Himmel ist drohend heute, aber regnen tut es immer nur kurz und niemals stark.


                                                                                                                                  Ein etwas lichterer Moment am Tag. Vor unserem Fenster blüht das Baumwollgras.

                                                                                                                                  Dennoch: es ist eisig kalt draußen, der Wind weht scharf und die Sonne ist nirgends zu finden. Unsere zarten Südländerseelen sind für solch raues Klima einfach nicht gemacht. Ich wollte bei diesem Wetter jetzt nicht mehr wandern.

                                                                                                                                  Nachmittags zieht es uns dennoch hinaus. Wir laufen doppellagig und ohne Gepäck. Was für ein schönes Gefühl. Hanni und Stef wollen den Nature Trail laufen, ein Rundweg von 5,4 Kilometern.



                                                                                                                                  Wir schreiten mutig voran gegen Wind und Wetter – ich aber kehre bald wieder um, weil mein Fuß sich schon wieder meldet. Ein bisschen soll ich den kleinen Füßen also Ruhe gönnen, damit sie sich selbst wieder heilen können. Also sitze ich am Feuer und schreibe fleißig, während die anderen eisige Winde ertragen.



                                                                                                                                  Nach dem Abendbrot spielen wir noch ne Runde Skat und fallen dann zügig ins Bett. Wie ist das Leben doch wunderbar.

                                                                                                                                  Auch der nächste Tag verläuft ähnlich entspannt wie dieser. Und dann müssen wir auch schon wieder fort von hier.


                                                                                                                                  Auf dem Weg zum Flughafen. Es wird hier mächtig Werbung gemacht für dieses Gebiet. Wir wissen, wo das endet...




                                                                                                                                  Im Flughafengebäude in Ivalo. Es ist menschenleer wie immer.



                                                                                                                                  Mein Fazit in diesem Jahr
                                                                                                                                  Jede Reise ist anders, aber für mich war die Tour in diesem Jahr aus einem bestimmten Grund noch viel anderererers als alle Touren in den Jahren zuvor. Ich habe seit dem letzten Jahr sehr viel Gewicht verloren. So viel, dass ich jetzt mit Rucksack immer noch leichter war als voriges Jahr ohne Rucksack. Das war natürlich extrem erfreulich und überaus erleichternd, aber: es brachte auch Probleme mit sich, mit denen ich im Vorhinein gar nicht gerechnet hatte. Nur aus diesem Grund, erwähn ich es hier. Falls Ihr mal abnehmen wollt: bedenket die Folgen!

                                                                                                                                  Bei den Klamotten fing es an (dieses Problem war mir natürlich vorher bewusst gewesen). Hosen hatte ich mir neue gekauft, Jacken hingegen nicht. Meine drei Jacken, die ich immer mitnehme (Fleece, Softshell und Regenjacke), schlackerten allesamt an mir herum. Bei kühlem Wetter pfiff immer mal der Wind hindurch, aber so oft hatten wir ja kein kühles Wetter. Abends hingegen, als es wirklich klirrend kalt war, konnte ich alle drei Jacken mühelos übereinander ziehen. Das war ein großer Vorteil. In meinem Schlafsack, der schon vorher wegen seiner Ei-Form recht leger geschnitten war, konnte ich dieses Jahr problemlos Brustschwimmen üben. Gute Schlafsäcke sind teuer, ich wollte mir vorerst keinen neuen zulegen. Ich hatte den Schlafsack aber vor der Tour reinigen und mit zusätzlichen 100 g Daunen befüllen lassen. Er war trotz seiner Weite warm genug. Auf Dauer werde ich mir aber einen neuen, passgenaueren Schlafsack zulegen müssen.

                                                                                                                                  Was ich vorher gar nicht bedacht hatte, waren die Schuhe. Auch die Füße schrumpfen etwas, wenn man sehr viel Gewicht verliert. Und Wanderschuhe kauft man ja eh etwas weiter. Meine Schuhe kamen mir plötzlich riesig vor. Noch in Sariselkä hatte ich mir ein ganz fettes Paar Socken gekauft, aber es waren die falschen. Irgendwie schwamm ich in denen wie auf weichem Moos und fand keinen Halt. Also lief ich irgendwann wieder, wie bisher, in meinen altbewährten Socken und band mir auf jeder Tour mehrmals die Schuhe straff zu. Das mag der Grund gewesen sein, warum mir meine Füße so übergebührlich weh taten. Besonders der rechte Fuß mochte das Laufen nicht und meldete sich regelmäßig nach längerer Strecke schmerzhaft zu Wort. Am Ende stieg er ganz aus. Ich habe noch immer Probleme mit dem Fuß. Gerade heute habe ich unter dem Ringzeh ein kleines und sehr verstecktes Hühnerauge entdeckt – vielleicht war das der Grund allen Übels.

                                                                                                                                  Ja und dann noch das Gewicht. Mein Rucksack war mit 20 Kilogramm etwa zwei Kilo schwerer als im vorigen Jahr. Relativ zu meinem Körpergewicht war er aber noch viel viel schwerer als vor einem Jahr. Ich empfand ihn als unglaubliche Bürde, zumal ich wenig Vertrauen in die Kraft meiner Beine setzte, die mir jetzt viel zu dünn erschienen um diese Bürde wirklich tragen zu können. Sie trugen sie natürlich, aber ich fühlte mich klein und schwach, besonders am Anfang der Tour. Und das in dieser wenig gnädigen Umgebung, wo man sich sowieso klein und schwach fühlt und ziemlich oft mit seinen Grenzen konfrontiert wird. Meine Grenzen lagen kaum in der Fitness dieses Jahr. Sie lagen eher darin, mit meiner veränderten Körper-Architektur klarzukommen. Rücken- oder Nackenschmerzen hatte ich beim Wandern noch nie. Dieses Jahr schon. Keine Ahnung warum, es war einfach kein Polster mehr unterm Rucksack oder der Schmerz in den Füßen zwang mich in irgendeine Schonhaltung, oder weiß der Fuchs warum. Es war auch keine Verspannung im eigentlichen Sinne, es war wie eine Nervenentzündung; ein brennender Schmerz wie nach einem Wespenstich. Auch der war tagsüber nur latent zu spüren; erst nach weiten Strecken ging das los. Auch eine Woche nach der Tour spürte ich noch immer das Brennen im Nacken, dann wurde es ein Kribbeln, dann verschwand es. Alles heilt in der Natur – nach der großen Sonnenuhr.



                                                                                                                                  Bis auf diese doch vermehrten Zipperlein, die da plötzlich ans Licht kamen, war es ansonsten natürlich wunderbar, meinen inneren Rucksack abgeworfen zu haben und derart erleichtert durch den Park zu wandern. Alle drei Touren vergleichen zu wollen, fällt mir aber immer noch schwer. Zu unterschiedlich waren sie und eine jede hatte ihre ganz besonderen Reize und Herausforderungen. Dennoch und trotz aller Schmerzen würde ich die Tour in diesem Herbst als besonders gelungen bezeichnen. Wir alle drei tun das übrigens. Finnisch-Lieblich umfing uns in all seiner Herrlichkeit. Das Wetter war grandios. Bis auf die letzte Etappe sind wir nur neue Wege gelaufen. Und: wir haben uns nicht gestritten. Wir haben sehr viel gelernt aus unserer Tour im letzten Jahr. Und viele neue Fehler gemacht, haha. Und einen alten: nämlich den, zu schnell einzusteigen ins Wandergeschäft. Über 20 Kilometer am ersten Tag: das ist zu lang und zu viel für den Anfang. Es ist natürlich verständlich, dass man schnell raus und los will, aber hier sollte man irgendwann lernen, sich zu bremsen. Ob es uns etwa beim nächsten Mal gelingt?


                                                                                                                                  Wir sagen Tschüß! Bis vielleicht im nächsten Jahr. Vielen Dank an alle für die nette Begleitung im Forum.

                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                    • 642
                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                                    Und vielen Dank fürs Teilhabenlassen mit diesem wunderschönen Bericht! Es war fast wie dabei zu sein.

                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                      Erfahren
                                                                                                                                      • 20.08.2015
                                                                                                                                      • 361
                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                                      Zitat von vobo Beitrag anzeigen
                                                                                                                                      Ich bin immer noch erstaunt über die vielen Menschen die dort unterwegs sind, aber die beginnende Ruska ist eben auch wunderschön.
                                                                                                                                      Ich fand eigentlich, es ging noch.
                                                                                                                                      Am ersten Tag sahen wir unterwegs niemanden, in der Hütte dann 4.
                                                                                                                                      Am 2. Tag: unterwegs und nachts niemanden,
                                                                                                                                      am 3. Tag: unterwegs niemanden, am See eine Person, die Hütte war leer,
                                                                                                                                      am 4. Tag: unterwegs 2 Personen, in den Hütten dann 5
                                                                                                                                      am 5. Tag: unterwegs 6, in den Hütten ... vielleicht 10
                                                                                                                                      am 6. Tag: unterwegs niemanden, die Hütte war leer
                                                                                                                                      am 7. Tag: unterwegs niemanden, in der Hütte 4 Personen, nebenan noch mal 4
                                                                                                                                      am 8. Tag: unterwegs 4, dann waren wir da.

                                                                                                                                      Nur in den Zentren am Luirojärvi und in der Einflugschneise Suomunruoktu war es etwas voller. Ansonsten Leere. Es sammeln sich halt alle in den Hütten.

                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                        Erfahren
                                                                                                                                        • 20.08.2015
                                                                                                                                        • 361
                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                                        Zitat von Gernstel Beitrag anzeigen
                                                                                                                                        Und vielen Dank fürs Teilhabenlassen mit diesem wunderschönen Bericht! Es war fast wie dabei zu sein.
                                                                                                                                        Danke sehr!

                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                          Dauerbesucher
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                                                                                                                                          • 977
                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                          Liebe Sylvie, vielen, vielen Dank für diesen wunderbaren Bericht. Auch wenn finnisch-lieblich ja nun nicht meine bevorzugte Region ist, so bin ich bei euch immer sehr gerne mit dabei.

                                                                                                                                          Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                                                                                                                          Oben auf den Fjälls wütet der Wind zum Sturm sich aus. Manche Böen erwischen uns so hart von der Seite, dass es uns fast von den Beinen haut.
                                                                                                                                          Das hatten wir dieses Jahr auch und genau wie ihr am 09.09.. Es war so schlimm, dass wir uns nicht mehr trauten den nächsten Anstieg in Angriff zu nehmen, sondern die nächste windgeschützte Stelle für das Zelt suchten.

                                                                                                                                          Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                                                                                                                          Und unsere Wünsche sind einfach nach so einer Tour: Gutes Essen, Bier, warmes Wasser und ein weiches Bett
                                                                                                                                          Wie wahr!!

                                                                                                                                          Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                                                                                                                          Wir haben das alles überlebt.
                                                                                                                                          Unser Standardspruch jeden Abend: "Überlebt!!"

                                                                                                                                          Zum Schluss: 20 kg weniger, großen Respekt!!
                                                                                                                                          Zuletzt geändert von andrea2; 19.10.2017, 18:02.

                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                            Erfahren
                                                                                                                                            • 20.08.2015
                                                                                                                                            • 361
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                                                                                                                                            #70
                                                                                                                                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                                                                                                                            Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                            Liebe Sylvie, vielen, vielen Dank für diesen wunderbaren Bericht. Auch wenn finnisch-lieblich ja nun nicht meine bevorzugte Region ist, so bin ich bei euch immer sehr gerne mit dabei.
                                                                                                                                            Danke sehr. Das geht mir umgekehrt mit Deinen Berichten ganz genau so. Ich fiebere immer mit und die Bilder dazu sind atemberaubend.

                                                                                                                                            Das hatten wir dieses Jahr auch und genau wie ihr am 09.09.. Es war so schlimm, dass wir uns nicht mehr trauten den nächsten Anstieg in Angriff zu nehmen, sondern die nächste windgeschützte Stelle für das Zelt suchten.
                                                                                                                                            Das ist spannend. Ich habe grade mal geguckt. Ihr wart zu der Zeit etwa ähnlich weit nördlich wie wir. Bei uns kam der Wind aus Süd / Südost. Entweder der Sturm ist volle Breitseite über ganz Skandinavien hinweggefegt oder er hat irgendwo im Norden gedreht und wehte Euch dann eher aus Nord/Nordwest entgegen? So richtig fiesen Wind finde ich fast noch ätzender als Regen... obgleich ich was Regen betrifft ja auch eher verwöhnt bin, wenn ich mir im Vergleich die Wetterlage bei Euch so angucke...


                                                                                                                                            Unser Standardspruch jeden Abend: "Überlebt!!"
                                                                                                                                            Ja, haha, bei Euren Touren lohnt sich der Spruch auch täglich.

                                                                                                                                            Aber das ist es, was diese Touren so erfüllend und magisch macht. Man wird so dankbar für sein Überleben. Dass man gegen all seine Angst ankämpfte und mutig wurde. Irgendjemand im Forum hat es jüngst treffend beschrieben: Man fühlt sich gleichzeitig klein und groß. Klein wie ein Wurm voller Ängste und dann wieder groß wie ein Riese, weil man trotzdem losgegangen ist, und seine Ängste besiegte. Und wie plötzlich die Kleinigkeiten so überlebenswichtig werden: ein heißes Getränk, Essen, Schutz, Wärme, Schlaf - der Spruch ist mitunter viel mehr, als nur so dahingeschrieben.


                                                                                                                                            Zum Schluss: 20 kg weniger, großen Respekt!!
                                                                                                                                            Oh vielen Dank. Das war in der Tat für mich ein großes Abenteuer im letzten Jahr. Und ich wundere mich heut noch Tag um Tag, wie mir das nur gelingen konnte. Jetzt muss ich nur noch üben, mit diesem Körper zu wandern. Ein Anfang ist immerhin schon mal getan.

                                                                                                                                            Kommentar