• bikevagabond
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    • 22.11.2013
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    [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen Meer

    Tourentyp Kanutour
    Breitengrad 62.516247577
    Längengrad 140.77331542
    Eigentlich gehört diese Tour mit in Roberts Berichtesammlung Rafting in Nord-Ost Sibirien, aber ich finde, sie ist ein eigenes Thema wert.

    Kurz zusammengefasst

    Letzten Sommer war Robert mit mir (Richard) unterwegs. Unser Ziel war die Querung des Suntar-Chajata Gebirges im Osten Jakutiens. Wir wollten dort den Suntar flussaufwärts treideln, je nach Möglichkeit zwei der höchsten Berge besteigen (Palatka, Mus-Chaja) und nach der Passquerung zum Chabarovsker Gebiet auf den Flüssen Nitkan, Judoma, Ketanda und Urak zum Ochotskischen Meer hinabfahren. Zwischen der Judoma und der Ketanda galt es dabei noch die kontinentale Wasserscheide zu überwinden, welche an der schmalsten Stelle zwar nur 20 km breit ist, aber durch schwer begehbares Gelände führt. Die komplette Route ist rund 700 km lang und führt durchweg durch unbesiedeltes Gebiet. Uns standen dafür 5-6 Wochen zur Verfügung, die durchaus hätten reichen können, allerdings lag das Zeitfenster mit Ende Mai bis Anfang Juli nicht gerade in der besten Saison, so dass wir uns vor allem auf dem ersten Streckenabschnitt entlang des Suntar auf Hochwasser, Eisgang und noch viel Schnee im höheren Bergland einstellen mussten.

    Im Detail sah unser Plan so aus:
    www.lonelytraveller.de/ochotsk/yakutia2015-planA.jpeg

    Für den Fall, dass dieser Plan von vornherein nicht aufgehen sollte, hatten wir noch ein paar Alternativpläne ausgearbeitet:
    www.lonelytraveller.de/ochotsk/yakutia2015.jpeg

    Letztendlich haben wir für den Treidelabschnitt viel länger gebraucht, als geplant und sind ab dem Pass zum Chabarovsker Gebiet getrennte Wege gegangen. Es war abzusehen, dass wir das Ochotskische Meer nicht mehr zum angepeilten Datum erreichen würden und da mir ein paar wichtige Termine im Nacken saßen, bin ich vorausgeeilt. Robert hingegen hatte keinen Zeitdruck und nahm noch den Mus-Chaja in Angriff, ehe er auf gleicher Route folgen würde. Als limitierender Faktor galt jedoch die Proviantlage, die für uns beide eine Zeit des Halbhungers und daraus folgender körperlicher Entkräftung mit sich brachte. Da bei mir das Schwächegefühl erst während der Portage eintrat, schlug ich mich noch bis Ochotsk durch. Bei Robert, der seinen Proviant strenger rationierte, setzte es jedoch schon am Mus-Chaja ein, so dass er sich am Ende gegen die kräftezehrende Portage entschied und auf der Judoma blieb. Er erreichte Jugorjonok 10 Tage später als ich Ochotsk und war damit insgesamt 50 Tage in unbesiedelter Wildnis unterwegs.

    Treidel-Abschnitt (auf dem Suntar flussaufwärts)



    Rafting-Abschnitt (Nitkan, Judoma, Ketanda, Urak flussabwärts)



    Inspiration

    Sowohl Inspirations- als auch Informationsquelle war insbesondere für mich die Tour von Clemens Ratschan und Jakob Schabasser aus Österreich. Sie gingen die Route im Herbst 2013, den ersten Abschnitt entlang des Suntar bewältigten sie mit einem Pferdetrek:
    www.fliegenfischer-forum.de/jakutsk.html

    Im Sommer 2014 gingen auch zwei Litauer diese Route, sie treidelten den Suntar flussaufwärts. Beinahe wäre auch Robert schon mit ihnen mitgegangen, zum Glück hat er aber noch ein Jahr gewartet und Infos aus erster Hand bekommen
    www.madaboutsiberia.com

    Nicht zuletzt waren es auch die Touren vom russischen Geologen Sergej Ermakov (Spitzname Strannic), die einen guten Einblick gaben, was uns auf so einer Tour erwarten würde. Er war schon mindestens dreimal im Suntar-Chajata, teilweise sogar über mehrere Monate:
    https://fotki.yandex.ru/users/strannic1959/album/180838/ (Fotoalbum zur Tour 2002)
    https://fotki.yandex.ru/users/strannic1959/album/196202/ (Fotoalbum zur Tour 2012)
    https://fotki.yandex.ru/users/strannic1959/album/222333/ (Fotoalbum zur Tour 2014)

    Auf Strannic aufmerksam geworden bin ich allerdings erst durch das von "Sibirier" übersetzte Video zum Treideln auf dem Suntar:
    www.youtube.com/watch?v=WOyF2K7Lbk0 (Teil 3 zur Tour 2012)

    Genau von diesem Abschnitt druckten wir uns auch die im Fotoalbum hinterlegten Karten aus, da sie viele hilfreiche Informationen enthielten.

    Bootswahl

    Da diese Tour zwar den Wasserwegen folgt, aber auch längere Marschetappen beinhaltet, mussten die Schlauchboote unbedingt tragbar sein. Ich war bereits im Besitz eines Packrafts (Alpacka Explorer 42, 3kg, tauglich bis WW III), welches für so eine Tour bestens geeignet schien. Robert legte sich noch kurz vor Abreise ein litauisches Quasi-Packraft zu (Drakar Meridian, 7 kg, tauglich für WW >III), welches zwar etwas schwerer ist, dafür aber zwei Luftkammern und damit auch eine höhere Steifigkeit besitzt. Wie sich beide Boote beim Treideln geschlagen haben, später mehr... Auf jeden Fall konnten beide Boote problemlos mit ins Fluggepäck.

    Anreise

    Schon der Hinflug war sehr interessant. Von Moskau nach Jakutsk flogen wir direkt über das nördliche Sibirien, welches Ende Mai noch immer vom Winter beherrscht wurde. Zuerst zeigte sich der Polar Ural mit seinen verschneiten Gipfeln, dann die kahle Jamal-Tundra mit tausenden, teils noch vereisten Seen und irgendwann der breite Jenissei, auf dem riesige Eisschollen trieben.. wenig später folgten dann die qualmenden Schlote der nördlichsten Großstadt der Welt: Norilsk. Das Putorana-Plateau lag leider unter Wolken, erst dahinter zeigte sich wieder eine seichte Berglandschaft mit auffälligen Riffelungen, als hätte jemand die Höhenlinien nachgezeichnet; dazwischen ein größerer Flusslauf, grob geschätzt die Mündung des Alakit in den Olenok, welchen wir als Plan B im Hinterkopf hatten – hier schon fast eisfrei. Kurz darauf folgte noch eine riesige Diamantengrube – alles kar: Udatschnyj, dann musste das vorhin tatsächlich der Alakit gewesen sein...





    In Jakutsk versuchten wir uns zunächst vom Jetlag zu erholen, der Zeitunterschied zu Deutschland beträgt immerhin 8 Stunden. Ansonsten war unsere erste Amtshandlung, den schon teilweise mitgebrachten Proviant aufzustocken, dass er mindestens für 5 Wochen reichen möge – rund 46 kg hatten wir am Ende zusammen. Hinzu kamen noch zwei große Kochtöpfe mit Henkel, da wir über Feuer kochen wollten, aber auch zwei Gaskartuschen, um bei der Passquerung und den Bergbesteigungen ebenfalls kochen zu können. In den zahlreichen Jagd- und Angelläden fanden wir mit Unterstützung von Michail Mestnikov der Tourfirma „Nordstream“ auch Rauchfackeln („Falschfeuer“) und für mich noch ein Paar Watstiefel zum Treideln. Von Mestnikov, der viel Erfahrung mit Raftingtouren in Jakutien hat, bekamen wir auch noch ein paar Tipps und Kontakte für unsere Alternativtouren.







    Nebenher versuchten wir schon eine Mitfahrgelegenheit ausfindig zu machen, obwohl wir uns noch immer nicht im Klaren waren, ob wir Plan A oder B angehen sollten – Suntar-Chajata oder Alakit-Olenok... Über Mestnikov und ein paar Bekannten vor Ort erhielten wir nämlich die Info, dass das Eis der Indigirka gerade erst aufgebrochen sei und eine zweite Welle vom Oberlauf folgen würde, der Suntar musste also noch zugefroren sein. Falls wir uns zum Suntar bringen lassen und dann feststellen, dass kein Treideln möglich ist, bliebe nur noch die Alternative Indigirka, die aber schon bei normalem Wasserstand ein paar gefährliche Abschnitte mit hohen Wellen und felsigen Ufern hat – Helme und Roberts größeres Boot (das 25 kg schwere Raftmaster, das bei der Tourfirma „Nordstream“ in Jakutsk lagerte) wären nötig, welche wir entweder aus Jakutsk nachholen oder uns bringen lassen müssten. Immerhin war Robert nahe dran, einen Pferdeführer für unseren Plan A zu gewinnen, damit wir die Strecke entlang des Suntar notfalls ohne Treideln zurücklegen könnten, doch bisher kam kein direkter Kontakt zustande. Die potentiellen Kandidaten dafür – die mit den Rentieren halbnomadisch lebenden Ewenen - waren zu dieser Zeit sehr beschäftigt, u.a. weil die Rentiere gerade ihre Jungen gebären...

    Also was? Vielleicht doch gleich Plan B? Der Alakit war aber auch nicht einfach zu erreichen, ein Kettengerät oder mindestens ein Geländefahrzeug wäre erforderlich, um von der Trasse nach Udachnyj direkt zum Fluss zu gelangen. Wir hatten aber nur ein zweifelhaftes Angebot, das wir nach einem horrenden Preisvorschlag (50.000 Rubel bzw. mehr als 900 Euro) inklusive Spionagevorwurf dankend abgelehnt haben. Mit Plan B standen wir also auch nicht auf der sicheren Seite, daher entschieden wir uns endgültig für Plan A und buchten einen UAZ nach Jutschjugej (6000 Rubel bzw. rund 110 Euro pro Person). Nach vier Tagen in Jakutsk ging es dann am Abend des 30. Mai endlich los - nach Osten, dem Suntar-Chajata entgegen.



    Wie hierzulande üblich, bretterte unser Fahrer die rund 800 km nach Jutschjugej innerhalb 24 Stunden. Lediglich zwei Stunden Schlaf gönnte er sich, als wir auf die Fähre über den Aldan warteten. Vor acht Jahren bin ich die Strecke schon einmal mit dem Fahrrad gefahren und schaute interessiert aus dem Fenster. Was mir sofort auffiel: die Trasse wurde ausgebaut, selbst die Brücke über den Kjubeme, die nach einem Hochwasser in den 70ern jahrzehntelang zerstört dalag, wurde nun tatsächlich mal erneuert. Der abenteuerliche Charakter dieser Strecke ist dadurch ein wenig verloren gegangen, aber diesmal sollte ja das Abenteuer erst abseits der Trasse beginnen.

    Am Anfang fuhren wir durch die schon angegrünte Lärchentaiga der Jakutischen Ebene, in den Bergen wechselten wir dann aber rasch vom Frühling zurück in den Spätwinter. Taiga und Tundra zeigten sich fortan in einem graubraunen Gewand und auf den Seen und Flüssen gab es noch einiges an Eis, was uns nicht sehr zuversichtlich stimmte. Umso überraschter waren wir, als wir an der Brücke über den Suntar einen nahezu eisfreien Fluss mit moderatem Wasserstand vorfanden. Sollte Treideln etwa doch möglich sein?







    Wir fuhren erst einmal weiter bis Jutschjugej und wollten den bisher unerreichten Pferdeführer finden – sicher ist sicher. Unterwegs trafen wir dann zufällig ein paar Ewenen, die gerade auf der Suche nach ihren Pferden waren, um später mit diesen den Agajakan hochzugehen, zwei andere eventuell auch den Suntar, aber wann das sein würde und ob sie uns mitnehmen könnten, blieb unklar. Leider bekamen wir auch in Jutschjugej keine klare Info, so dass wir uns letztlich wieder zurück zum Suntar bringen ließen. Wir dachten uns: besser gleich mit der Tour beginnen, als vielleicht noch tagelang warten und am Ende doch ohne Pferdeführer dazustehen...

    Der Fahrer unseres UAZ war übrigens zufällig einer von denen, die im Herbst 2013 den Pferdetrek von Clemens und Jakob anführten. Er kannte die Strecke daher gut und gab uns gleich ein paar Tipps, zum Beispiel dass der Pfad entlang des Suntar immer am rechten Ufer entlang führt und dass es hinter dem Zufluss des Koltako ein ganzjährig bewohntes Lager der ewenischen Rentierzüchter gibt, wo man eventuell noch ein paar Pferde oder Rentiere für das letzte Stück zum Pass auftreiben könnte. Bis dahin sollten wir es also auch unter widrigen Bedingungen versuchen.

    Gegen Mitternacht ließen wir uns schließlich von einem zurückfahrenden Lastwagen auf einer Anhöhe unweit des Suntar absetzen und trugen unsere schweren Rucksäcke in die düstere Lärchentaiga. Am dämmernden Nachthimmel stand der Vollmond und beleuchtete eine stille kalte Landschaft, das Thermometer zeigte vier Grad unter null... In den kommenden 6 Wochen sollten wir nur noch einmal Menschen treffen – in dem besagten Ewenen-Lager.





    Fortsetzung folgt...
    Zuletzt geändert von Lobo; 19.11.2020, 12:22. Grund: Spamlinks entfernt
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    • 22.07.2013
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    #2
    AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

    Sehr interessant und danke für die infos. Wie lief eigentlich die Verständigung vor ort, konnte einer von euch russisch? Ich freue mich schon, wenn es weiter geht.
    - Walk, Walk, Walk ... -
    https://reiseelefanten.wordpress.com/

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    • bikevagabond
      Erfahren
      • 22.11.2013
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      #3
      AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

      Mein Russisch reicht für eine einfache Verständigung unterwegs aus.. aber nur wenn ich jemandem gegenüber stehe und notfalls auch Hände und Füße einsetzen kann Bei richtigen Diskussionen oder am Telefon muss ich passen. Robert aber spricht sauberes Russisch, die Kontakte zu den Fahrern und Pferdeführern hat er aufgenommen. Allein war (und bin) ich immer auf die Hilfe der Einheimischen angewiesen - z.B. habe ich jemandem erklärt, dass ich ein Fahrzeug nach Jakutsk brauche und der hat das dann telefonisch für mich organisiert.
      Zuletzt geändert von Lobo; 19.11.2020, 12:21. Grund: Spamlinks entfernt
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      • Dominik

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        • 11.10.2001
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        #4
        AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

        Sehr spannend! Ich interessiere mich schon seit langem für die Ecke dort oben und verfolge den Bericht mit großem Interesse.
        Wilder und unberühter geht es vermutlich kaum.

        Mit Mai habt ihr euch ja wirklich ein heikles Zeitfenster "ausgesucht" - bin gespannt wie es weiter geht.

        Grüße
        Dominik
        Zuletzt geändert von Lobo; 19.11.2020, 12:20. Grund: Spamlinks entfernt
        Offizieller Ansprechpartner: Naturlagerplätze - Eifel

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        • sibirier
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          • 17.10.2010
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          #5
          AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

          Soooo....Es fängt gut an
          https://www.facebook.com/groups/1670015459892254/

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          • codenascher

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            • 30.06.2009
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            #6
            AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

            Freue mich auch schon auf die weiteren Fortsetzungen und hoffe das du ausführlich berichtest und uns mit wahnsinnigen Bildern verwöhnst

            Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

            meine Weltkarte

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            • bikevagabond
              Erfahren
              • 22.11.2013
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              #7
              AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

              Marsch zum Suntar

              Um einen Fluss treideln zu können, braucht man relativ ruhiges Wasser und begehbare Ufer bzw. Schotterbänke. Auf den ersten Kilometern ab der Brücke, zieht der Suntar aber ein paar enge Kurven mit reißender Gegenströmung, so dass Treideln hier noch keinen Sinn machen würde (das hatte auch Strannic in seinem Video deutlich kommentiert). Abgesehen davon müsste man wegen des kurvigen Flusslaufs einen viel längeren Weg zurücklegen, als wenn man einfach daneben durch die Taiga geht. Daher war für uns klar, dass wir es Strannic nachmachen und den ersten Abschnitt zu Fuß gehen.



              Wir folgten einem versumpften Fahrweg, der offenbar nur einmal im Jahr - am Ende des Winters, wenn der Schnee schon zusammengesackt ist, aber die Sümpfe noch gefroren sind - befahren wird, um das abgelegene Lager der ewenischen Rentierzüchter zu versorgen. Jetzt zum Monatswechsel Mai/Juni war der Schnee bereits weg und der Boden oberflächlich aufgeweicht. Nur wenige Zentimeter darunter stand aber noch der Permafrost an, so dass man mit dem Wanderstock immer wieder wie auf Fels stieß. Auch später, als wir durch die überfluteten Wiesen der sumpfigen Flussaue wateten, liefen wir teilweise auf hartem Grund.

              Da jeder von uns etwa 60 kg dabei hatte, musste das Gepäck auf jeweils zwei Rucksäcke mit rund 30 kg aufgeteilt werden - alles auf einmal zu schleppen, wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Das bedeutete aber auch, dass wir die zu bewältigende Strecke dreimal gehen mussten: erst mit einem Rucksack vor, dann mit freiem Rücken zurück und schließlich mit dem zweiten Rucksack hinterher... das wiederholt in Abständen von ungefähr 500 Metern. Über den Tag legten wir so rund 17 km zurück, effektiv jedoch nur 5 ½ km.

              Laufen mit so schwerer Last ist nicht gerade mein Ding, bereits nach anderthalb Marschtagen bekam ich das deutlich zu spüren und sehnte mich danach, baldmöglichst mit dem Treideln zu beginnen. Praktisch hätten wir auch schon am zweiten Tag einsteigen können, aber da sich der Weg in der ebenen Aue abschnittsweise recht gut lief, entschieden wir uns, noch ein paar weitere Flussbiegungen zu umgehen. Doch dann wurde der Weg immer schwieriger, die Sumpfflächen breiter, das Wasser tiefer und der Permafrost unterm Gras tückischer mit versteckten Eiskanten und Löchern.

















              Hier noch ein paar bewegte Bilder:

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              • bikevagabond
                Erfahren
                • 22.11.2013
                • 259
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                #8
                AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                Beginn der Treideletappe

                Am dritten Tag war es dann endlich soweit. An einem verlassenen Lagerplatz der Ewenen fanden wir einen guten Zugang zum Fluss und bauten unsere Schlauchboote auf. Es gab hier noch flächiges Eis auf dem Wasser, ufernah war dieses aber meist schon aufgetaut und ein Durchkommen stets ohne Umtragen möglich. Für die Verhältnisse kamen wir gut voran und blieben zuversichtlich. Die Zeit zwischen dem Aufbrechen des Eises und der Schneeschmelze in den Bergen (die irgendwann noch folgen würde), schien gar nicht so schlecht zu sein, denn der Wasserstand war recht niedrig und große Bereiche der Schotterbänke lagen frei. Ein klassisches Frühjahrshochwasser sieht jedenfalls anders aus...

                Am vierten Tag raffte uns dann aber ein grippaler Infekt hin. Beide zur gleichen Zeit? Wie kann das sein? Ich erinnerte mich, dass wir unter den Mitfahrern nach Jutschjugej ein junges Mädchen hatten, das ziemlich erkältet war – von ihr hatten wir uns wahrscheinlich die Viren eingefangen und während der Schinderei der letzten Tage hat das Immunsystem wohl zu wenig Widerstand geleistet... Wir legten einen Ruhetag ein und erholten uns etwas, dann gingen wir weiter. Rotz und Husten begleiteten uns aber noch mindestens eine Woche.











                In den nächsten Tagen stellte sich erstmals frühlingshaftes Wetter ein: die Sonne schien, es wurde wärmer und die Natur bekam einen richtigen Entwicklungsschub. Die bisher kahlen Lärchenwälder trieben ihr Grün aus, Blumen blühten und Kuckuckrufe, die schon vom ersten Tag an zu hören waren, ertönten nun immer häufiger, teilweise die ganze Nacht hindurch. Mit den Mücken verhielt es sich zum Glück umgekehrt. Beim Fußmarsch durch die Taiga verfolgten sie uns scharenweise, vor allem zum Abend hin, selbst bei null Grad summten sie noch gierig um uns herum. Jetzt hatten wir Ruhe und wurden kaum noch belästigt, möglicherweise auch, weil wir uns nun die meiste Zeit im offenen Flussbett bewegten.

                Je weiter wir aufwärts gingen, desto winterlicher wurde allerdings der Flusscharakter. Kurzum: der Eisanteil nahm stetig zu – Eis in der Mitte, Eis am Rand, Eis unter Wasser; dazu Eisschollen, die uns entgegen trieben, schnaufend kollidierten, sich auftürmten, blockierten... Auch der Wasserstand stieg allmählich etwas an. Wo es nicht weiterging, wechselten wir die Seiten, teils watend, teils paddelnd. Wenn das gegenüberliegende Ufer keine bessere Alternative bot, zogen wir das Boot an der Eiskante weiter, bei stark unterströmter oder spröder Kante auch mal wie einen Schlitten direkt über das Eis. Die schwierigsten Stellen waren aber jene, wo der Fluss ein wirres Netz an Kanälen ins Eis gespült hatte und auch der Grund noch aus Eis bestand, teilweise mit tückischen Spalten. Ein falscher Schritt und man rutschte ins tiefere Wasser, ruck zuck waren die Watstiefel dann eiskalt aufgefüllt... Mit der Zeit entwickelten wir aber ein gutes Gespür, wohin man sich wagen konnte – wir lernten den Fluss kennen: im wahrsten Wortsinne in- und auswendig.

                Im Laufe der Tage rückte auch die Gipfelkette des Suntar-Chajata ins Blickfeld. Die Berge waren noch tief verschneit und wirkten unbezwingbar. Da wollten wir noch hoch? Wir hatten zwar Steigeisen dabei, um auch über die Gletscher laufen zu können, aber bei diesen Schneemengen würden sich wohl eher Schneetreter anbieten. Bis zum Palatka oder Mus-Chaja war es aber noch ein langer Weg und es war noch nicht raus, wie viel Zeit am Ende für eine Bergbesteigung bleiben würde.

























                Erster Bärenbesuch

                Bei wieder eingetrübtem Wetter zogen wir eines Abends unsere Boote einen schmalen Eiskanal entlang, als am gegenüberliegenden Ufer plötzlich ein Bär auftauchte. Robert bemerkte ihn als erster und deutete mir wortlos die Richtung. Obwohl ich schon mehrfach in der russischen Taiga unterwegs war, hatte ich noch nie einen Bären zu Gesicht bekommen – dies war nun also mein erster direkter Kontakt. Der Theorie nach geht der Bär ja dem Menschen aus dem Weg, sobald er ihn wittert oder aus sicherer Entfernung als untypischen Taigabewohner erkennt. Doch dieser Bär preschte plötzlich wie angestochen direkt in unsere Richtung. Offenbar hatte er die Wurst gewittert, die wir kurz zuvor während einer Pause gegessen hatten und nun noch aus unseren Mündern roch...

                Als nur noch der Hauptstrom des Suntar zwischen uns und dem Bären lag, versuchten wir ihn mit lauten Rufen, Trillerpfeife und erhobenem Paddel auf uns aufmerksam zu machen, doch das ließ ihn völlig unbeeindruckt. Immerhin zögerte er und drehte schließlich ab, dann ging er aber ins Wasser und durchschwamm den Hauptstrom flussabwärts auf unsere Seite. Da nicht klar war, ob er anschließend noch über das Eisfeld, auf dem wir gerade standen, zu uns kommen würde, sprangen wir schnell in unsere Boote und paddelten zum gegenüberliegenden Ufer, wo eben noch der Bär war. Von ihm haben wir dann auch nichts mehr gesehen – zum Glück, denn dieses offensive Auftreten sei nach Robert (und er hatte schon etliche Bären in Sibirien getroffen) völlig untypisch. Es sollten aber noch weitere Begegnungen dieser Art folgen...













                Und nochmal ein kleiner Videozusammenschnitt:

                Zuletzt geändert von bikevagabond; 18.10.2015, 16:35. Grund: inhaltliche Ergänzungen
                „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
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                • Nopasaran
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                  • 25.09.2015
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                  #9
                  AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                  Traumhaft!

                  So will man nur selber weg .

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                  • bikevagabond
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                    • 22.11.2013
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                    #10
                    AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                    Weiter geht’s... Da für den Weg zum Pass etwa die Hälfte der verfügbaren Zeit drauf gegangen ist (insgesamt drei Wochen), kommt der Rafting-Abschnitt erst später. Zunächst also noch ein paar Zeilen zum Treideln, sofern man das wiederholte Eisgestiefel noch Treideln nennen kann

                    Hochwasser im Canyon

                    Am Beginn einer längeren Schlucht ging es vorerst nicht weiter. Zu tief war das Wasser, um zu treideln, zu stark die Strömung, um dagegen anzupaddeln und zu brüchig das Randeis, um es gefahrlos zu begehen. Wir fanden noch gerade so einen Zugang zum Taigaufer, schlugen dort unser Lager auf und grübelten, wie es weitergehen könnte. Wir zogen eine Umgehung des Canyons quer durch die Taiga in Betracht – Luftlinie wären das höchstens 4 km. Allerdings gab es hier keine vorgetretenen Pfade, so dass es nicht leicht sein würde, die etappenweise abgelegten Rucksäcke wiederzufinden...

                    Über Nacht stieg das Wasser weiter an, dann regnete es auch noch kräftig. Die Eismassen, die bei Ankunft noch begehbar waren, setzten sich dabei immer mehr in Bewegung, bis sich irgendwann der Flusslauf vor unseren Augen in einen riesigen Eissee verwandelte, aus dem die aufgebrochenen Eisschollen unter wildem Getöse flussabwärts trieben. Als die Sonne herauskam, erkundeten wir den ersten Teil der Schlucht. Bis zur Biegung nach Süden schien ein Durchkommen möglich und so entschieden wir uns, hineinzugehen.

                    Als wir starteten, sank der Wasserpegel zum Glück wieder ab (um einen halben Meter!). Wäre er höher geblieben, dann hätten wir schon nach wenigen hundert Metern umkehren müssen. An einer Klippe, die im Wasser nicht zu umgehen war, mussten wir dann das erste Mal portieren. Auch im Hauptteil der Schlucht war es noch einmal nötig, Gepäck und Boote ein Stück durch die Taiga zu tragen (höchstens 200 m, oft auf Bärenpfaden), ansonsten sind wir ganz gut durchgekommen. Massives Randeis sorgte abschnittsweise für eine Kanalisierung des Abflusses, aber gerade diese Eisflächen halfen uns auch, die strömungsstarken Bereiche sicheren Schrittes zu passieren.













                    Auch hierzu gibt es wieder ein paar Videosequenzen:

                    „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
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                      #11
                      AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                      Querung der Flussgletscher (Naleds)

                      Nachdem wir die Schlucht durchquert hatten, lag vor uns plötzlich eine riesige weiße Fläche: das erste Naled. Ein Naled ist grob umschrieben so etwas wie ein Flussgletscher, der im Laufe eines Winters von unten nach oben anwächst, wobei nachströmendes Wasser über bereits gefrorenen Grund fließt und vor allem in breiten Bereichen mit wenig Gefälle Schicht für Schicht gefriert. Mehrere Meter dick kann so ein Eispanzer werden und je nachdem, wo sich im Frühjahr der Fluss wieder durchfrisst, können beachtliche Teile des Eises auch den ganzen Sommer überdauern.

                      Jetzt im Juni waren die Naleds noch sehr mächtig und vom abfließenden Schmelzwasser nur teilweise durchbrochen. Ein unübersichtliches Netz aus Kanälen mit reißenden Strömen hatte sich hier gebildet – unmöglich zu treideln, viel zu gefährlich! Wir blieben am sicheren Rand und zogen unsere Boote wie Pulkas über das Eis. Was uns in diesem Moment noch wie das Überwinden eines Hindernisses vorkam, sollte in den kommenden Tagen über etliche Kilometer unser Fortkommen bestimmen. Es folgte Naled an Naled, insgesamt vier große Flächen, die wir wie eine Polarexpedition querten.

                      Zu Beginn fanden wir am Rand noch ein paar Wasserpassagen und stocherten uns wie Blinde durch die trübe aufgewühlte Brühe. Mal ging es durch die überflutete Aue, wohin das Wasser immer wieder verdrängt wurde, oder durch breite Eiskanäle, die nach dem Abklingen vorübergehender Hochwasserwellen kaum noch Wasser führten. Einmal sind wir in so einem Kanal der schwachen Strömung entgegengepaddelt, während um uns herum bizarre Eisformationen in der Luft hingen – einer der vielen kleinen Höhepunkte, die man trotz des schleppenden Vorankommens nahezu jeden Tag erlebte. Es wurde jedenfalls nie langweilig













































                      Auf den zwei großen Naleds hinter dem Zufluss des Ugamyt (die auch in den russischen Karten verzeichnet sind), blieb uns dann nichts anderes mehr übrig, als mitten über das Eis zu laufen. Schon der Zugang zum Eis war nicht ganz ohne – es gab an der Ugamyt-Mündung nur eine Stelle, an der es der reißende Strom erlaubte, die Seiten zu wechseln. Weiter oberhalb rauschte der Suntar quer durch einen vereisten Wald, hier konnte man unmöglich weitertreideln... Das Laufen auf dem oftmals blau schimmernden Eis war dagegen richtig entspannend: eine ebene Fläche, keine Gegenströmung, keine komplizierten Hindernisse; wir peilten eine Richtung an und gingen einfach.

                      Um den Abrieb am Bootsboden so gering wie möglich zu halten, trugen wir bei den Naledpassagen immer einen Rucksack auf dem Rücken. Der Untergrund bestand größtenteils aus Eispolygonen, die wie Bergkristalle aussahen und mit ihren Spitzen nach oben gerichtet für eine harte raue Oberfläche sorgten. Es gab aber auch immer wieder Bereiche mit einer matschigen Eisbrei-Auflage, bei der man nie genau wusste, wie tief man einsinkt – es hätte ja auch mal ins Bodenlose gehen können...















































                      Zwischen den Naleds zeigten sich aber auch längere eisfreie Flussabschnitte, auf denen man klassisch treideln konnte. Die Strömung war hier allerdings schon etwas kräftiger, als im Unterlauf des Suntar, an einigen Stellen sogar so stark, dass mein Boot mich beinahe ins Wasser gerissen hätte – oder schlimmer noch – ohne mich abgehauen wäre. Robert schien weniger Mühe zu haben, gegen die Strömung anzukämpfen, die gebogene Form seines Bootes ließ es offenbar leichter über das Wasser gleiten.

                      Da es um diese Jahreszeit nie wirklich dunkel wurde, gingen wir immer häufiger bis weit in die Nacht hinein. Vor allem an verzwickten Abschnitten erlaubten uns die „weißen Nächte“ noch so lange weiterzumachen, bis ein geeigneter Lagerplatz auftauchte. Manchmal sind wir erst gegen Mitternacht angekommen – und ins Zelt gekrochen, als es schon wieder heller wurde. Entsprechend spät fiel dann allerdings auch der Aufbruch am nächsten Tag aus...



                      Zweiter Bärenbesuch

                      Als ich eines Morgens schon wach im Zelt lag, hörte ich im Fluss ein lautes Platschen. Ich lugte durch den Zelteingang und sah, wie eine Elchkuh und ihr Junges flussabwärts trotteten. Kurz darauf folgte ein Bär. Dieser lief zunächst wie die Elche den Fluss hinab, doch dann wechselte er auf einmal die Seite und kam direkt auf unser Lager zu, genau genommen auf Roberts Zelt. Robert schlief aber noch und wusste nichts von seinem Glück, daher versuchte ich den Bären mit Rufen und lautem Topfgerassel zu erschrecken. Doch das schien ihn erst recht anzulocken und so nahm er plötzlich Kurs auf mein Zelt...

                      Mist! Wäre ich mal bloß still geblieben, dachte ich mir. Ich saß wie angewurzelt noch halb im Schlafsack und hielt meinen Atem an. Was würde jetzt passieren? Hoffentlich tatscht er das Zelt nicht an, ging mir durch den Kopf. Und tatsächlich, es passierte nichts, er ging am Zelt vorbei und verschwand in der Aue. Ich wartete noch eine ganze Weile, ehe ich es wagte, hinauszuschauen. Auch Robert war inzwischen wach und schaute sich um – vom Bären war nichts mehr zu sehen.

                      Ich hatte erwartet, dass er wenigstens versucht, an die Proviantsäcke zu gehen. Aber nachdem er zwischen Zelt und Booten keine typische Beute vorfand, hat er scheinbar schnell das Interesse verloren. Dass sich ein Bär so verhält, beruhigte natürlich etwas, falls es mal nachts einen Besuch geben würde. Doch dass ich mit meiner „Bärenglocke“ – dem immer bereit liegenden Topf mit Löffel, um einen Bär notfalls mit metallischem Lärm zu vertreiben – das Gegenteil erreichte, hat mich etwas nachdenklich gestimmt. Bei früheren Touren durch die russische Taiga fühlte ich mich mit dieser Vorkehrung immer gut vorbereitet, nun zählte sie nichts mehr...



                      Zum Lager der Rentierzüchter

                      Nach der Querung des letzten Naleds folgten wir einem Nebenarm des Suntar, der überraschend klar war. Nach Karte hätte er irgendwann wieder in den Hauptstrom führen müssen, doch schon bald merkten wir, dass wir in einer Sackgasse landeten. Der Flusslauf verjüngte sich immer mehr, wurde irgendwann zu einem Bach und versiegte schließlich als Rinnsal in einem versumpften Auwald. Um da wieder raus zu kommen, blieb uns nichts anderes übrig, als alles rund 800 m durch den Wald zurück zum Hauptstrom zu tragen.

                      An diesem angelangt, hatten wir auf einmal mit richtigem Hochwasser zu tun. Schritt für Schritt kämpften wir uns am verholzten Ufer der reißenden Strömung entgegen. Wir kamen wirklich sehr sehr langsam voran. Ich kapitulierte als erster und begann mein Boot und das Gepäck am Ufer entlang zu tragen. Dann realisierten wir, dass wir gar nicht mehr auf dem Suntar waren, sondern einen größeren Zufluss, den Koltako hinaufgingen. Das war aber nicht weiter schlimm, da hier ganz in der Nähe das besagte Lager der ewenischen Rentierzüchter liegen musste. Wir hofften, irgendwann den Pfad zu kreuzen, der uns dort hin führen würde, doch wir fanden keinerlei Spuren. Erst am Abend, als es schon Zeit für ein Nachtlager war, legten wir zufällig an einer bis an den Fluss reichenden Weidefläche an und sahen die Hütte am anderen Ende – in etwa 1 km Entfernung.

                      Am nächsten Tag packten wir alles zusammen und besuchten die Ewenen. Zwei ältere Männer waren anwesend, am Abend zuvor auch noch ein paar jüngere, doch die gingen bereits am Morgen mit den verbliebenen vier Rentieren zum See Balja. Damit war unsere letzte Hoffnung auf ein paar Tragetiere weg, denn auch Pferde gab es hier keine und die Aussicht auf einen nachfolgenden Trek war verschwindend klein. Immerhin konnten wir den Ewenen noch ein paar Lebensmittel abkaufen: Reis, Nudeln, Zucker, Konserven, Öl – sie hatten reichlich davon in einem riesigen Lager, gesponsort von der Kommission. Das Beste war aber das frisch gebackene Pfannenbrot, das sie uns noch mitgaben – ein wahrer Luxus hier draußen!!













                      „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                      Meine bisherigen Reisen

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                      • paddel
                        Fuchs
                        • 25.04.2007
                        • 1868
                        • Privat


                        #12
                        AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                        Wow! Ich bin schwer beeindruckt!
                        Gibt's einen bestimmten Grund wieso ihr zu dieser Jahreszeit dort unterwegs wart? Wäre es im Herbst nicht einfacher gewesen (weniger Wasser, kein Eis?).
                        Froh schlägt das Herz im Reisekittel,
                        vorausgesetzt man hat die Mittel.

                        W.Busch

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                        • bikevagabond
                          Erfahren
                          • 22.11.2013
                          • 259
                          • Privat


                          #13
                          AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                          Der Spätsommer oder Herbst wäre zum Treideln flussaufwärts definitiv besser gewesen. Da ich aber nur um den Juni herum länger frei nehmen konnte und auch sehr sehr gerne diese Tour vom hochkontinentalen Sibirien ans Ochotskische Meer machen wollte, haben wir es einfach versucht. Und etwas zu probieren, was vorher offenbar noch niemand gewagt hat (zu dieser Jahreszeit), reizte natürlich auch...
                          Am Ende waren die Eindrücke so vielfältig, dass wir es auch nicht bereut haben. Im Gegenteil: das alles mal erlebt zu haben - das Aufbrechen des Eises, das Aufblühen des sibirischen Frühlings - das hatte was für sich. Durch das viele Schmelzwasser konnte man auch schon 8 km hinter dem Pass in den Nitkan einsteigen und mit dem Rafting beginnen. Im Herbst müsste man mehrere Tagesmärsche ranhängen, bis man genug Wasser vorfindet.
                          „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
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                          • bikevagabond
                            Erfahren
                            • 22.11.2013
                            • 259
                            • Privat


                            #14
                            AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                            Zurück zum Suntar

                            Am späten Nachmittag verabschiedeten wir uns wieder von den Ewenen und folgten einem einfachen Pfad durch die Taiga zurück zum Suntar. Wir ließen gerade unsere Boote zu Wasser, als wir aus der Ferne ein Motorengeräusch vernahmen. Die Ewenen hatten uns erzählt, dass ein Kettenfahrzeug der Kommission auf dem Weg hierher sei, um die Rentiere in den Bergen zu zählen (rund 2000 wurden diesem Lager zugerechnet, einem Lager weiter westlich weitere 3000). Über Satellitentelefon erfuhren sie, dass das Kettenfahrzeug wegen Hochwasser am Ugamyt festsaß. Nun hatte es anscheinend doch noch einen Weg zu den Rentierzüchtern gefunden... Gesehen haben wir es aber nicht mehr, auch Menschen trafen wir im weiteren Verlauf keine mehr – während der gesamten Tour sollte dieser eine Besuch abseits unserer Route die einzige menschliche Begegnung bleiben.

                            Wir treidelten weiter flussaufwärts. Der Wasserstand des Suntar war überraschend niedrig, von Hochwasser konnte hier absolut keine Rede sein. Wahrscheinlich hatte ein Regengebiet nur westlich von uns ordentlich was abgeladen, so dass eben nur die Zuflüsse von dort mehr Wasser führten. Das könnte auch der Grund gewesen sein, dass wir den von Westen kommenden Koltako als Hauptfluss interpretiert hatten und den Suntar als unscheinbaren Nebenarm...

                            Dennoch war das Treideln nicht einfach. Der Oberlauf des Suntar bekam hier auf 1100 m (in zwei Wochen hatten wir erst 160 Höhenmeter bewältigt) allmählich mehr Gefälle und die Gegenströmung wurde entsprechend stärker. Vor allem beim Überwinden kleiner Schwellen hatte ich mit meinem Packraft mächtig zu kämpfen. Das Boot zerrte an mir, als wolle es keinen Schritt weiter gezogen werden. Robert hatte zwar auch Mühe, gegen den Strom zu gehen, doch sein Boot verhielt sich bei weitem nicht so widerspenstig wie meins. Hier zeigte sich nun endgültig, dass ein Packraft zum Treideln nicht besonders geeignet ist – zumindest bei spürbarer Gegenströmung.









                            Bootsvergleich: Alpacka vs. Drakar

                            Der Unterschied unserer Boote liegt vor allem in der Konstruktion. Während mein Alpacka Explorer (3 kg) als Packraft konzipiert nur eine Luftkammer besitzt, die den Rahmen des Bootes bildet, hat Roberts Drakar Meridian (7 kg) noch eine zweite Luftkammer in der Mitte, die dem Boot eine schnittige Form und höhere Steifigkeit verleiht. Dieser Mittelschlauch kann auch als eine Art Kiellinie verstanden werden, an der das Wasser beim Treideln viel leichter, ja fast widerstandslos vorbeiströmt. Dadurch ist auch Steuern vom Ufer aus möglich, indem man vorn und hinten ein Seil befestigt, das Boot in der Strömung ausrichtet und neben sich her zieht.

                            Beim Packraft hingegen sorgt der flache Unterboden für eine Art Unterdruck auf der Wasseroberfläche, so dass sich das Boot regelrecht festsaugt und mit der Gegenströmung entsprechend stärker zurückgezogen wird. Man muss dadurch viel mehr Kraft aufwenden, um es vorwärts zu bekommen. Auch lässt es sich vom Ufer aus oder entlang einer Eiskante nicht so gut steuern. Um es in die gewünschte Richtung zu bekommen, muss man in der Regel vor dem Boot gehen und es direkt nach vorne ziehen.

                            Ein weiterer Pluspunkt für das Drakar ist auch der geringere Abrieb am Bootsboden, da das Gepäck im Boot beim Ziehen über Schotter oder Eis nicht direkt auf den harten Untergrund stieß – der Mittelschlauch wirkte hier wie ein Stoßdämpfer... Der einfache Boden des Packrafts musste dagegen einiges wegstecken und so verwundert es nicht, dass er nach den Naledpassagen erstmals flächige Abrieberscheinungen aufwies – vor allem dort, wo der mitgeführte Rucksack die meiste Zeit auflag. Später, während der Portage zur Ketanda, kamen hier noch die ersten Löcher hinzu...

                            Rettende Hütte am Nejdagytschan

                            Nur wenige Kilometer oberhalb des Ewenen-Lagers gerieten wir das erste Mal in einen richtigen Dauerregen. Bei nur noch 5 Grad Lufttemperatur waren wir schon bald durchgeweicht und sehnten uns nach einem trockenen Platz zum Übernachten. An der Mündung des Seitenflusses Nejdagytschan sollte es eine Hütte geben – sie war auch in Strannics Karte verzeichnet und die Ewenen meinten, dass sie vom Fluss aus nicht zu übersehen sei. Von hier aus würde sich auch eine Besteigung des Palatka (2800 m) anbieten, doch die Zeit dafür war inzwischen zu knapp. Unweit der Hütte sollte es aber noch ein paar sehenswerte Wasserfälle geben.

                            Als wir am Abend ein auffälliges Seitental mit breitem Schotterbett passierten, tauchte sie endlich auf: die ersehnte Hütte. Der Regen hatte inzwischen aufgehört, die Wolken lichteten sich und gaben im rot gefärbten Dämmerlicht ein paar frisch verschneite Berggipfel frei, während aus der feuchten Taiga Nebelschwaden emporstiegen – eine fantastische Szenerie! In klammer Kälte schleppten wir unsere Ausrüstung die Flussböschung hinauf und richteten uns in der rustikalen Hütte ein. Niemand war da, es herrschte aber ein Durcheinander, als ob die letzten Bewohner überstürzt aufgebrochen waren und jeden Moment zurückkehren würden. Wir machten ein bisschen Ordnung, fütterten den Ofen mit ein paar Holzscheiten und hingen unsere durchnässte Ausrüstung zum trocknen auf. Wir waren sichtlich froh, unter diesen Umständen eine beheizbare Unterkunft gefunden zu haben...

                            Auf dem Tisch in der Mitte stapelten sich etliche Kisten mit Proviant und Zigaretten – mit Sicherheit auch ein Beitrag der Kommission. An Lebensmitteln schien es hier nicht zu mangeln und so erlaubten wir uns, noch ein paar Sachen abzuzwacken: einige Packen Nudeln, etwas Mehl und eine Prise Soda – das Pfannenbrot der Ewenen hatte mich inspiriert, es ihnen mal nachzumachen. Da unsere bisherigen Tagesrationen im Vergleich zur erbrachten Leistung recht knapp bemessen waren und wir das schon deutlich zu spüren bekamen (die körpereigenen Reserven waren weg), begrüßten wir es, dass die Mahlzeiten fortan etwas üppiger ausfallen durften...

















                            Den Oberlauf hinauf

                            Am nächsten Tag gab es herrlichen Sonnenschein und der Neuschnee in den Bergen taute wieder ab – perfektes Wetter für eine Wanderung. Da aber der Nejdagytschan gerade kein Wasser führte, sahen wir nun auch von einem Besuch der Wasserfälle ab und gingen wie gehabt den Suntar weiter aufwärts. Das Wasser war hier richtig klar – man konnte wieder sehen, wohin man tritt. Hin und wieder zeigten sich auch noch ein paar Eisfelder, aber keines blockierte mehr, man kam immer problemlos durch. Nur der grobe, teils rutschige Flussbettschotter und die weiterhin recht kräftige Gegenströmung ließen uns noch etwas schleppend vorankommen – rund 7 km betrugen jetzt die Tagesetappen.

                            Da wir nun treidelnd die meisten Höhenmeter machten, gab es immer wieder strömungsstarke Stellen, an denen ich mit meinem Packraft keine Chance hatte und mich entschied, Gepäck und Boot vorübergehend am Ufer entlang zu tragen. Robert war meist schon weit vor mir und musste wiederholt eine längere Pause einlegen, damit ich aufholen konnte. Tatsächlich war Laufen im Schotterbett mitunter schneller, als Treideln, so dass ich schon nahe dran war, das Boot endgültig einzupacken. Doch die Schlepperei der nun wieder etwas schwereren Rucksäcke war mir dann auf Dauer auch nicht genehm und so blieb ich beim Treideln mit kurzen Portagen – so lange es der Fluss erlauben würde.

                            Mit jedem Tag verengte sich das idyllische Tal mehr und mehr. Das Ende war schon erkennbar, als uns an einem verlassenen Lagerplatz der Ewenen noch einmal ein kalter Dauerregen für zwei Nächte festhielt. Die letzten Kilometer auf dem Suntar vergingen dann recht fix – noch bevor wir es richtig realisierten, standen wir in einem Bach und wenig später an dessen Quelle. Da der Hauptlauf des Suntar zu flach und steinig wurde, sind wir einen schmalen, aber tieferen Nebenarm hochgegangen, der nun vorzeitig endete. Der Choron, der uns zum Pass hinauf führen würde, war aber nicht mehr weit, also packten wir endgültig unsere Boote ein und gingen zu Fuß weiter. Nach nunmehr drei Wochen entlang des Suntar endete hier unsere Treideletappe auf einer Höhe von 1400 m (3 Tage Anmarsch, 16 Tage Treideln plus 2 Pausentage, einmal wegen Krankheit, einmal wegen Dauerregen).














                            verlassenes Ewenen-Lager


                            der Talschluss, hinten links gehts zum Pass


                            erster Brotbackversuch





                            Im Tal des Choron

                            Zunächst kürzten wir wegelos durch ein Stück Lärchentaiga ab. Das war gar nicht so einfach, da wir uns jedes Mal genau merken mussten, wo wir den zurückgelassenen bzw. vorgetragenen Rucksack abgelegt hatten. Wenn man Etappen von 300 bis 500 m läuft, kann man sich auf dem Rückweg schon um einiges vertun. Die Taiga hier war aber recht abwechslungsreich, so dass wir in regelmäßigen Abständen markante Orientierungspunkte fanden und uns einprägten.

                            Bei schon fortgeschrittener Abenddämmerung erreichten wir schließlich das breite Schotterbett des Choron. Ein kapitaler Elch polterte gerade am Wasser entlang, beobachtete uns eine Weile, verschwand dann aber rasch in der Taiga. Gefühlt waren wir plötzlich an einem vollkommen neuen Ort – umgeben von majestätischen schneebedeckten Bergen, die hier irgendwie abgelegener wirkten, als noch vom Suntar aus gesehen.

                            Am nächsten Tag gingen wir weiter am linken Ufer entlang – meist im Schotterbett, teils aber auch durch die ufernahe Taiga. Immer wieder stießen wir dabei auf Segmente eines Pfades – ob Pferde- oder Bärenpfad, war allerdings nicht zu erkennen. Kurz vor der Baumgrenze fanden wir erneut eine Blockhütte (ebenfalls in Strannics Karte verzeichnet), allerdings war diese in einem schlechten Zustand mit offenstehender Tür, offenen Fenstern und marodem Dach. Dafür gab es einen soliden zweistöckigen „Labas“, der zur bärensicheren Ablage von Ausrüstung und Proviant geeignet wäre... Hinter der Hütte liefen wir noch bis ans Ende einer langen Gebüschaue und schlugen unser Lager an einem kleinen Nebenlauf des Choron auf. Hier konnten wir ein letztes Mal über Feuer kochen, ehe wir weiter in die karge Bergtundra aufsteigen und für einige Tage kein Holz mehr haben würden.






                            Robert Aug in Aug mit dem Elch











                            Entscheidung am Mus-Chaja

                            Wie genau es weiter gehen soll, hatten wir allerdings noch immer nicht besprochen. Wir lagen bereits etliche Tage hinter unserem Zeitplan, weshalb ich mich innerlich schon fast damit abgefunden hatte, dass wir es nicht mehr zum Ochotskischen Meer schaffen würden. Doch was wären die Alternativen? Wir könnten den Mus-Chaja (knapp 3000 m) besteigen, müssten dann aber umkehren und auf gleichem Wege wieder zurückgehen – nach der mühsamen Treideletappe nicht gerade motivierend, zumal ein Rafting im Bereich der Naleds noch immer gefährlich wäre... Einen anderen Fluss zurück konnten wir aber nicht wählen, da wir von der Umgebung keine Karten hatten. Also vielleicht doch weiter nach Plan? Es lagen zwar noch mindestens 500 km Wildnis vor uns – mehr als das vierfache der bisherigen Strecke (wir hatten erst 120 km geschafft) – aber die sollten sich flussabwärts recht schnell überwinden lassen (Clemens berichtete von Tagesetappen bis 70 km).

                            Nachdem ich das Ganze noch einmal gedanklich durchgespielt hatte, fasste ich neuen Mut und sah wieder eine realistische Chance, dass wir Ochotsk doch noch zum angepeilten Datum erreichen könnten – allerdings nur, wenn wir uns entsprechend ranhalten und jeden Tag voll ausnutzen. Für Robert kam so ein Durchhetzen aber nicht in Frage, ebenso eine Umkehr nicht – für ihn war der Höhepunkt der Tour hier in den Bergen des Suntar-Chajata und so versuchte er mich davon zu überzeugen, den Mus-Chaja nicht einfach fallen zu lassen. Ein paar Tage Verzögerung gab es ohnehin schon und mit dem Proviantbonus aus dem Ewenen-Lager könnten wir uns eine Besteigung des höchsten Gipfels (rund 5 Tage) durchaus noch erlauben, ehe wir unsere Route nach Ochotsk fortsetzen. Das wiederum kam aber für mich nicht in Frage, obwohl mich eine Bergbesteigung in dieser abgelegenen Gebirgsregion sehr gereizt hatte. Mir saßen ein paar wichtige Termine im Nacken, die mich nur den kürzesten Weg nach Ochotsk akzeptieren ließen... Robert hatte dagegen keinen Druck nach hinten raus, ihm stand genug Zeit zur Verfügung und so entschieden wir uns im Einvernehmen, die Tour auf getrennten Wegen fortzusetzen.

                            Den Gemeinschaftsproviant teilten wir brüderlich in zwei Hälften. In meinen Augen war er gerade so ausreichend, um damit bis zum 9. Juli Ochotsk zu erreichen (ich rechnete bei gleich bleibenden Tagesrationen mit rund 16 Tagen). Robert hingegen meinte, seinen Anteil notfalls bis zum 23. Juli strecken zu können (er rechnete bei reduzierten Tagesrationen mit maximal 30 Tagen). Immerhin hatte er für die Bergetappe noch sein komplettes Paket an Trockenobst, Nüssen und Halva aufgespart, meinen Teil hatte ich schon während des Treidelns fast vollständig aufgegessen... Diesen Bonus hatte Robert am Ende auch gebraucht, da er während der Bergetappe ohne Kochen auskommen musste – Gaskocher und Gaskartuschen überließ er nämlich mir.

                            Aufgeteilt haben wir auch die Karten. Glücklicherweise hatten wir die komplette Route sowohl in 1:500.000 als auch in 1:200.000, die Bergetappe zudem in 1:100.000. Da Robert ein GPS besaß, nahm er die 1:500.000er und für die Berge die 1:100.000er sowie Strannics 1:200.000er. Ich dagegen übernahm alle 1:200.000er, um mich auch ohne GPS ausreichend orientieren zu können. Soweit war also jeder nach seinen Vorstellungen versorgt, nur beim SPOT-Gerät fiel die Entscheidung nicht ganz leicht – für wen würde es wohl wichtiger sein? Wahrscheinlich blieb es am Ende nur deshalb bei mir, weil es auf meinen Namen lief...

                            Weiter auf getrennten Wegen

                            Den ersten Kilometer in Richtung Pass gingen wir noch gemeinsam. Robert wollte den für die Bergbesteigung nicht benötigten Teil der Ausrüstung und des Proviants schon mal hinaufbringen und anschließend wieder in sein Basislager zurückkehren, wo es noch Feuerholz gab. Erst danach würde er seine Bergtour über das Suntar-Chajata-Tal zum Mus-Chaja starten. Da er mit einem Rucksack schneller war, als ich mit meinen beiden, verschwand er schon bald aus meinem Sichtfeld.

                            Der Choron führte hier oben erstaunlich viel Wasser. Wäre die Strömung nicht so stark, hätte man theoretisch noch treideln können. Aber schon die erste Querung des Flusses offenbarte die Wucht des Wassers, die mir fast die Beine wegfegte und Robert in einem ungünstigen Moment die Stiefel füllte. Mit diesen lief er dann noch bei Kälte, Wind und Regen die ganzen 8 km zum Pass und wieder zurück. Erst gegen zwei Uhr morgens passierte er mein Zelt, welches ich inzwischen aufgeschlagen hatte – hier verabschiedeten wir uns dann offiziell und hörten erst nach einem Monat wieder voneinander...







                            Am nächsten Tag herrschte richtiges Sauwetter mit wiederholten Regenschauern – eigentlich ein Tag, den man getrost im Zelt verbringen konnte. Doch ich wollte keine Zeit verlieren, warf mir meinen Regenmantel über, krempelte die Watstiefel hoch und ging das Choron-Tal ohne große Pausen weiter aufwärts. Ich folgte dem Fluss auf der linken Seite, man konnte ihn nicht queren, er war voll vom Regen – eine reißende trübe Brühe. Mit der Zeit wurde das Gelände schwieriger, vor allem da, wo sich der reißende Strom durch kleine Schluchten bahnte und die Berghänge steinig oder sehr hoch waren. Später kamen noch vermehrt Schneefelder hinzu, in die ich teilweise oberschenkeltief einsackte. Roberts Spuren vom Vorabend verrieten, dass es ihm ähnlich erging. Irgendwann bin ich dann nicht mehr umhin gekommen, den Fluss zu furten, was auch oberhalb von zwei Zubringern an nur wenigen Stellen möglich war.

                            Als ich einmal eine Felswand im strömenden Wasser umging, hörte ich plötzlich ein Poltern – wahrscheinlich nur eine Steinbewegung im Fluss. Aber mir war, als ob ein Stein direkt über mir abbrach und so schaute ich intuitiv nach oben. Im selben Moment verlor ich das Gleichgewicht und stürzte rückwärts ins eiskalte Wasser (der Quellgletscher war nicht mehr weit)... Ruckzuck riss mich die Strömung ein paar Meter flussabwärts, ehe ich in der Lage war, mich mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken wieder aufzurichten. Was für eine bedepperte Situation! Ich war komplett nass, die Luft hatte 5 Grad und es gab weit und breit keinen Platz zum Zelt aufschlagen. Ich ging an eine trockene Stelle, leerte meine Watstiefel, zog fix all meine Klamotten aus, um sie auszuwringen und kramte im Rucksack nach trockenem Ersatz. Die Oberbekleidung wechselte ich, Hose und Socken zog ich wieder an. Es hat eine ganze Weile gedauert, aber irgendwann gelang es mir, mich wieder warmzulaufen... Im Gepäck hatte ich jetzt ein paar Kilo mehr – vollgesogene Sachen wiegen!






                            hier war ich grad ins Wasser gefallen


                            Roberts abgelegter Ortliebsack

                            Dritter Bärenbesuch

                            Im Schummerlicht des Abends erreichte ich endlich die Passhöhe und erspähte auf der anderen Talseite Roberts vorgetragenen Ortliebsack. Ob er hier sicher lagert? Was, wenn sich in der Zwischenzeit ein Bär daran vergreift? Beim Aufstieg hatte ich immer wieder Abdrücke von großen Bärentatzen gesehen... Wahrscheinlich hatte ich zu laut gedacht, denn gerade als ich auf der letzten schneefreien Fläche einen Platz zum Übernachten fand und meinen ersten Rucksack absetzte, sah ich vom Nitkan-Tal einen großen Bären auf mich zukommen.

                            Da er noch weit weg und der Wind mit ihm war, hatte er mich noch nicht bemerkt und so lief ich rasch zurück zu meinem zweiten Rucksack, in dem sich auch der ganze Proviant befand, und stieg mit diesem einen schneefreien Berghang hoch, um den Bären aus scheinbar sicherer Distanz passieren zu lassen. Zunächst stapfte er unbekümmert dicht am Fluss entlang, doch als er auf Höhe meines zurückgelassenen Rucksacks war, witterte er etwas, richtete sich auf und rannte plötzlich zurück – direkt auf die Stelle zu, an der ich vorhin noch stand. Da mir aber eine kleine Anhöhe die Sicht versperrte, konnte ich nicht beobachten, was der Bär dort macht. Also stieg ich noch ein Stück höher, bis ich den Platz, an dem der Rucksack lag, einsehen konnte. Vom Bären war dann aber nichts mehr zu erkennen, offenbar hatte er das Weite gesucht und ist dahin zurück, wo er hergekommen war... Sicher war ich mir aber nicht, es gab genug Senken, die ich nicht überblicken konnte.

                            Vorsichtig ging ich zurück an die Stelle, wo ich bereits durch den Schnee gegangen war und sah nun genau in meinen Fußstapfen die Abdrücke der Bärentatzen – er war wirklich exakt meiner Spur nachgegangen, direkt zum Rucksack! Der lag aber noch genauso da, wie ich ihn zurückgelassen hatte – der Bär war einfach daran vorbeigegangen, wie die weiterführenden Spuren im Schnee verrieten. Nachts machte ich mir noch Sorgen, dass er zurückkehren könnte, aber er tauchte nicht mehr auf.


                            von da hinten kam der Bär





                            Über den Pass zum Nitkan

                            Am nächsten Morgen gab es kräftigen Wind und Sonnenschein – ideal zum Trocknen der noch nassen Klamotten. Jetzt bei diesem Licht wirkte die Passhöhe schon viel freundlicher, sogar einen Kuckuck hörte ich hier oben... Bis zum eigentlichen Pass, der Wasserscheide zwischen Choron und Nitkan bzw. der Grenze zwischen Jakutien und dem Chabarovsker Gebiet (rund 1950 m), musste ich noch ein kleines Stück gehen. Auf breiter Fläche lag hier noch eine Menge Schnee; der war aber schon so sehr mit Schmelzwasser durchtränkt, dass er sich beim Durchstiefeln in einen regelrechten Brei verwandelte. Bis an den Pass heran gab es einen markanten Abfluss, auch auf der Nitkan-Seite traf ich sofort wieder auf einen Bach mit abfließendem Schmelzwasser.

                            Der Pass selbst war markiert durch einen Haufen aufgeschichteter Steine. Es war ein bewegender Moment, nach dreieinhalb Wochen nun plötzlich in ein anderes Tal zu schauen – eine neue unbekannte Landschaft lag vor mir und ich spürte, wie sie mich in ihren Bann zog... Ich hinterließ Robert eine Nachricht, damit er wusste, wann ich hier rüber bin – für den Fall, dass er früher umkehrt und mich noch einholen will.

                            Der Abstieg in das Nitkan-Tal war recht steil. Eine enge Schlucht musste weit oben auf den Berghängen umgangen werden. Auch hier gab es immer wieder Schneefelder, die sich nur Schritt für Schritt mit kleinen vorgefertigten Trittflächen queren ließen, ansonsten wäre ich immer wieder bis zum Oberschenkel eingebrochen. Hin und wieder zeigten sich auch Fragmente eines Pfades – offenbar wählte ich intuitiv den richtigen Abgang.










                            Pass (1950 m)




                            Blick ins Nitkan-Tal





                            Weiter unten gab es dann von rechts einen reißenden Zubringer, welcher schon so voll war, dass ich ihn gerade so noch queren konnte. Dahinter blieb ich dann auf der rechten Seite des nun beginnenden Nitkans und lief durch die Bergtundra dem Frühling entgegen, denn je weiter ich abwärts ging, umso mehr blühten die Wiesen. Dann an einer Stelle mal Hinweise auf menschliches Treiben: ein verrosteter Ofen, eine Kanne, leere Konservendosen... Immer wieder fiel mein Blick auf den brausenden Nitkan – er war zwar schon richtig voll, aber noch viel zu wild und gefährlich, um ihn zu Befahren.

                            Etwa 8 km unterhalb des Passes fand ich dann endlich einen idealen Einstiegspunkt: eine herrliche Felspforte mit ruhigem Becken, dahinter nicht mehr ganz so wildes Wasser – ab hier wollte ich es versuchen. Ich füllte mein Boot mit Luft, verzurrte mein Gepäck, zog mir einen Trockenanzug über und stieg ins Wasser. Ganze 26 Tage hatte ich diesem Moment entgegengefiebert – kein Treideln mehr, sondern richtiges RAFTING!!!!









                            Und noch ein kurzes Video:

                            „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                            Meine bisherigen Reisen

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                            • qwertzui
                              Alter Hase
                              • 17.07.2013
                              • 3048
                              • Privat


                              #15
                              AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                              Der absolute Hammer. Ihr seid ja die richtig echten Kerle, nein, richtig echte Kerle jammern nicht nach eineinhalb Tagen, wenn sie 60 kg Gepäck den Berg hoch tragen müssen (sondern nach eineinhalb Minuten). Aber immer schön vorsichtig, bei sowas kann man leicht kalte, nasse Füße bekommen

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                              • Shades
                                Dauerbesucher
                                • 21.08.2015
                                • 642
                                • Privat


                                #16
                                AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                Sehr interessanter und schöner Bericht. Bin gespannt, wie es weiter geht. Danke!!

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                                • OutofSaigon
                                  Erfahren
                                  • 14.03.2014
                                  • 426
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                  Hut ab, Kameraden! Fünf Sterne, ohne Zögern.
                                  Erstens für diese beeindruckende Tour als solche, zweitens für den Bericht und besonders die tollen Fotos (ich finde sie mindestens genauso gut wie manch andere, die ein Mehrfaches an Hits bekommen, aber so ein Forum hat wohl mitunter seine eigenen Gesetzmäßigkeiten...)

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                                  • maxz
                                    Anfänger im Forum
                                    • 27.11.2014
                                    • 23
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                    отлично!!! super tour

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                                    • Mika Hautamaeki
                                      Alter Hase
                                      • 30.05.2007
                                      • 3996
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                      A. v. Humboldt.

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                                      • sibirier
                                        Dauerbesucher
                                        • 17.10.2010
                                        • 834
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                        Echt klasse Tour!!!
                                        Also grob 2 Monate von Haustür bis zur Haustür... Das muss ich mir überlegen.Es muss gesehen werden!
                                        https://www.facebook.com/groups/1670015459892254/

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                                        • Intihuitana
                                          Fuchs
                                          • 19.06.2014
                                          • 2101
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                          Unglaublich. Beindruckend.
                                          Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

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                                          • paddel
                                            Fuchs
                                            • 25.04.2007
                                            • 1868
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                            Zitat von OutofSaigon Beitrag anzeigen
                                            ... Fünf Sterne, ohne Zögern.
                                            ... besonders die tollen Fotos (ich finde sie mindestens genauso gut wie manch andere, die ein Mehrfaches an Hits bekommen, aber so ein Forum hat wohl mitunter seine eigenen Gesetzmäßigkeiten...)
                                            Auf jeden Fall! Sie vermitteln den Eindruck, dass die Landschaft wirklich so aussah.
                                            Froh schlägt das Herz im Reisekittel,
                                            vorausgesetzt man hat die Mittel.

                                            W.Busch

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                                            • bikevagabond
                                              Erfahren
                                              • 22.11.2013
                                              • 259
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                              Vielen Dank für euer positives feedback! Das motiviert mich doch, an der Geschichte dran zu bleiben
                                              „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                              Meine bisherigen Reisen

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                                              • BohnenBub
                                                Erfahren
                                                • 15.09.2012
                                                • 295
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                Ausgesprochen beeindruckend und inspirierend!

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                                                • bikevagabond
                                                  Erfahren
                                                  • 22.11.2013
                                                  • 259
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                  Leider hat es diesmal etwas länger gedauert mit der Fortsetzung... eigentlich ein Unding, dass das Schreiben eines Berichts länger dauert, als die Reise selbst

                                                  Im Wildwasser des Nitkan

                                                  Gleich nachdem ich das Boot wässerte, zog mich das schäumende Wasser mit einer fast schon atemberaubenden Geschwindigkeit stromab. Anfangs blockierten noch ein paar größere Felsblöcke, doch bald schon rauschte ich über lange Strecken nahezu widerstandslos durch die karge Bergtundra. Was zuvor ganze Tagesetappen waren, ließ sich nun im Stundentakt bewältigen... Nach nur wenigen Kilometern ging das offene Flusstal in einen herrlichen Canyon mit bizarren Felsformationen über. Im Blick hatte ich allerdings eher das wilde Wasser, da ich mit der leicht mäandrierenden Strömung immer wieder auf die Felswände zusteuerte. Irgendwie schaffte ich aber immer die Kurve, ohne dabei gegen den Fels gedrückt zu werden. Dafür hat es mich insgesamt dreimal aus dem Boot geworfen, mit Trockenanzug aber kein Problem, ohne hätte ich wohl immer wieder pausieren und Sachen trocknen müssen.

                                                  Gelegentlich musste ich auch anhalten, um das von den Wellenbrechern vollgeschwappte Boot auszukippen. Da mein Packraft ohne Spritzdecke und generell ohne Selbstlenzung auskommen muss, verwandelt es sich im Wildwasser schnell in ein Planschbecken, das sich nur noch träge manövrieren lässt. Zudem dringt mit der Zeit Feuchtigkeit in die angeblich wasserdichten Säcke ein, zumindest wenn der Rollverschluss längere Zeit im Wasser liegt... All das tat dem Raftinggenuss aber keinen Abbruch – im Gegenteil: diese Fahrt durch den Canyon war für mich der Höhepunkt der ganzen Tour. Ich war so im Adrenalinrausch, dass ich kaum Fotos machte, dafür aber ein paar Videosequenzen mit meiner wasserdichten Kopfkamera, welche die Dynamik des Ganzen viel besser einfing, als es je ein Foto geschafft hätte (einen Zusammenschnitt habe ich unten verlinkt).


                                                  Bootsaufbau



















                                                  Während die Sonne unterging, führte mich der Nitkan wieder aus dem Canyon hinaus. Das Flussbett weitete sich, das Wasser wurde flacher und die seichten Stellen, an denen ich mein Boot vorübergehend ziehen musste, häufiger. Dann kam ich an einer kleinen, im Wasser frei stehenden Felswand vorbei. Sie markiert die Stelle, an der sich zwei Zubringer mit sehenswerten Schluchten treffen. Leider hatte ich keine Zeit, um mir diese Seitencanyons näher anzuschauen. Robert, der neun Tage nach mir hier eintraf, erkundete einen Tag lang den Snezhnik-Canyon und brachte viele eindrucksvolle Fotos mit.

                                                  Auf dem folgenden Abschnitt hatte der Nitkan nun mehr Wasser und das Rafting wurde reibungsloser. Clemens und Jakob, die im September 2013 diese Tour machten, mussten sich noch bis hierhin abschleppen, da der Oberlauf des Nitkan im Herbst nahezu trocken liegt. Insofern hatte der frühe Start unserer Tour auch einen Vorteil, denn ein Rafting durch den Canyon scheint nur in der Schmelzwasserphase des Frühsommers möglich zu sein...

                                                  Zurück in die Taiga

                                                  Obwohl es schon dämmerte, paddelte ich noch ein paar Kilometer weiter – zu verlockend war der Gedanke, in der nun wieder auftauchenden Lärchentaiga einen gemütlichen Platz mit Feuerholz zu finden. Vor allem der Schlafsack musste noch getrocknet werden, da er als Sitz im Boot etwas Feuchtigkeit aufgesogen hatte. Leider waren auch die Proviantreserven betroffen und so musste ich am nächsten Morgen noch Reis, Hafer und Buchweizen in der Sonne trocknen. Solch ein Wildwassertag braucht definitiv mehr Nachbereitung. Übrigens fand ich an diesem Camp das letzte Mal Preiselbeeren – Beeren, die im letzten Herbst reiften, den ganzen Winter konserviert überdauerten und erst jetzt Ende Juni langsam vergoren...











                                                  Am zweiten Raftingtag ging es dann bei überwiegend sonnigem Wetter den restlichen Nitkan hinab. Die Strömung blieb die ganze Zeit über flott, Hindernisse gab es dagegen kaum noch und so schaffte ich trotz späten Aufbruchs mühelos 40 km. Zu Beginn war ich noch umgeben von einer imposanten Berglandschaft, an der ich mich überhaupt nicht satt sehen konnte. Diese Kombination aus wildem Fluss, lichter Lärchentaiga und schroffen Bergen mit schneebedeckten Gipfeln war einfach nur episch! Das Nitkan-Tal ist zweifellos eines der schönsten, das ich je gesehen habe. Viel zu schnell durchquerte ich es...

                                                  Am Ende paddelte ich noch an ein paar Naledresten vorbei, dann öffnete sich das Tal, die Berge rückten in die Ferne, die Taiga wurde dichter und der Fluss begann sich unübersichtlich aufzuzweigen. Es folgte ein langer Abschnitt mit viel verklaustetem Treibholz, welchem jetzt die ganze Aufmerksamkeit gehörte, da es stets vorausschauend umgangen werden musste. An den flachen Ufern dominierten hochgewachsene Auwälder, die undurchdringlich und wenig einladend wirkten, doch strömten sie ganz unvermittelt einen markanten Frühlingsduft aus, der mich für eine Weile in den heimischen April zurückversetzte. Bleiben wollte ich hier aber nicht und so ließ ich mich weitertreiben, bis ein ordentliches Ufer für den Nachtplatz auftauchte. Erst hier stellte ich fest, dass ich schon längst auf der Judoma war – der entscheidende Zufluss von rechts hatte sich im Wirrwarr der Aufzweigungen ganz unauffällig hinzugesellt.


                                                  ein Halo begrüßt den Tag












                                                  solche Stellen gab es immer häufiger







                                                  Hier noch das versprochene Video:

                                                  „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                  Meine bisherigen Reisen

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                                                    Erfahren
                                                    • 22.11.2013
                                                    • 259
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                    Auf der Judoma

                                                    Als ich am nächsten Morgen aus dem Zelt kroch, war plötzlich der Sommer da. Ich wollte es kaum glauben, aber das Thermometer zeigte gegen Mittag ganze 29 Grad im Schatten (direkt am Wasser waren es allerdings nur 20 Grad). Mit der Wärme kamen aber auch die Bremsen und nachts erstmals seit langem wieder die Mücken aus ihren Löchern gekrochen. Das aber noch in einem für sibirische Verhältnisse erträglichem Maße. Wegen des tollen Wetters ging ich den Tag mal ganz gelassen an, nahm ein gepflegtes Bad im Fluss, spülte ein paar Sachen durch und köchelte mir über dem Feuer einen großen Topf Milchreis.

                                                    Am Nachmittag setzte ich schließlich das Boot in die Fluten und wurde sofort von einer fantastischen Strömung mitgenommen – als ob man auf einen fahrenden Zug aufspringt. Theoretisch hätte ich mich den restlichen Tag nur treiben lassen brauchen und locker 50 km geschafft. Doch der stark verzweigte Flusslauf und die permanenten Treibholzablagerungen erforderten ständige Aufmerksamkeit, so dass ich fast durchweg das Paddel rotieren musste, um auf richtigem Kurs zu bleiben. Oft saß ich auf dem Zeltsack direkt auf dem Heck des Bootes, um aus dieser erhöhten Position die Bewegung des Wassers besser beobachten zu können. Ich versuchte bei Aufzweigungen immer dem breitesten Wasserlauf zu folgen, im Zweifelsfall dem, der mittig verläuft bzw. weniger Treibholz zu liegen hat. Auch Flachwasserstellen oder hohe Wellen konnte ich auf diese Weise frühzeitig ausmachen.

                                                    Da der Fluss stets breit genug war, um jeglichen Treibholzansammlungen ausweichen zu können, neige ich fast dazu, von keinen ernsthaften Hindernissen zu sprechen. Doch was, wenn man einmal nicht den richtigen Abzweig nimmt und plötzlich in eine Holzblockade hineingetrieben wird? Einmal bin ich in eine solche Sackgasse geraten, da gab es dann nur noch zwei Möglichkeiten: auf einem Nebenarm in den Auwald, was ich unbedingt vermeiden wollte, oder durch eine schmale Lücke einer Holzverklausung wieder zurück zum Hauptstrom. Zum Glück fand ich an der Aufzweigung eine relativ flache Stelle zum Anhalten, Umkehren war bei der kräftigen Strömung unmöglich. Ich schaffte es gerade so mit dem Boot ein paar Meter stromaufwärts zu gehen, um einen besseren Startpunkt für die Querung der schmalen Lücke im Holz zu haben. Es gelang... Die Alternative dazu wäre ein beschwerlicher Fußmarsch durch den dichten Auwald gewesen, alles einzeln durchtragend, bis wieder ein zugängliches Ufer ohne Treibholz auftauchen würde.










                                                    hier wird das letzte Mehl verbacken



                                                    Der Suntar-Chajata war inzwischen komplett aus meinem Blickfeld geraten, doch immer noch umgaben mich mächtige Bergzüge, selbst am Südhorizont tauchten ständig neue auf. Ich blieb die ganze Zeit in einer gigantischen Gebirgslandschaft, dazu über hunderte Kilometer keine Menschenseele – in etwa so hatte ich mir immer die Wildnis des Chabarovsker Gebiets vorgestellt. Es faszinierte mich, wie schnell man raftend hier durch kommt – was am Suntar flussaufwärts treidelnd drei Wochen dauerte, schaffte ich nun flussabwärts in zwei bis drei Tagen!

                                                    Breites und trübes Wasser, prägte schon bald das Bild der Judoma, teilweise wirkte der Fluss wie ein bewegter See. Das anhaltend sommerliche Wetter hatte den Wasserstand etwas ansteigen lassen. Leider nahm auch der Wind zu, welcher seit dem Beginn der Tour stets aus Süden kam, also immerzu von vorn. Zum Glück hatte der Fluss aber noch ordentlich Strömung, so dass ich lediglich damit beschäftigt war, nicht aus dem Fahrwasser geschoben zu werden. Bei Stillwasser wäre ich sicherlich keinen Meter vorwärts gekommen. Als mich auf dem Wasser schwimmendes Treibholz überholte, wurde mir klar, dass ich die ganze Zeit sogar zurückgetrieben wurde... Dennoch: auch unter diesen Bedingungen legte ich über 50 km zurück.







                                                    Auffällig auf diesem Abschnitt war auch, dass ich in der Nähe von bestimmten Schotterbänken wiederholt von zeternden Möwen umkreist wurde, die mir mit Scheinattacken zu verstehen gaben, dass ich unerwünscht bin. Offenbar hatten sie dort ihre Gelege, denn sobald ich an der Schotterfläche vorbei war, gaben sie wieder Ruhe. Schon am Suntar zeigten sich regelmäßig Möwen – ein Küstenvogel in der hochkontinentalen Taiga? Möglich, dass sie hier bessere Brutbedingungen vorfinden oder einfach nur mit weniger Eierdieben konfrontiert sind.

                                                    Hinter dem letzten Naled verengte sich der Flusslauf erstmals zu einem einfachen Strom. Damit hatte ich auch die erste Gelegenheit, Robert eine Nachricht zu hinterlassen, da er hier zwangsweise vorbei kommen musste. Wir hatten abgesprochen, dass ich auf größeren Sandbänken ab und zu mal das Datum kritzele, damit für Robert ersichtlich wird, dass ich die betreffende Stelle schon passiert hatte und um wie viele Tage ich ihm voraus war. Im Nachhinein hatte er aber keine meiner Nachrichten gefunden. Wahrscheinlich wurde das Ganze mit dem nächsten Gewitterregen wieder verwischt oder eine kleine Hochwasserwelle hatte in der Zwischenzeit die ganze Sandbank überspült – in zwei Wochen kann viel passieren.











                                                    Vom Felsentor ins Stillwasser

                                                    Am selben Abend erreichte ich noch das Tor der Judoma, eine eindrucksvolle Schlucht mit einer freistehenden Felswand in der Mitte. Diesen wohl markantesten Ort der Flussroute hatte ich eigentlich erst viel später erwartet und war überrascht, ihn plötzlich vor mir zu haben (in den russischen Karten ist er nicht hervorgehoben). Da ich das Tor auch bei Tageslicht sehen wollte, blieb ich natürlich und schlug mein Zelt oben auf der rechten Schluchtkante auf. Dort alles hochzutragen war zwar etwas mühselig, aber der Ausblick auf diese einmalig wilde Szenerie entschädigte allemal.

                                                    Am Folgetag verwöhnte wieder strahlender Sonnenschein. Nach der Querung des Felsentores ging es weiter stromab. Allmählich wurden auch die letzten Berge kleiner, die Taiga dominanter, das Flussgefälle flacher... Mit der noch flotten Strömung ließ ich mich eine ganze Weile treiben, jetzt sogar mit so wenigen Kurskorrekturen, dass ich auch für die Brotpause nicht mehr anlegen musste. Zum Abend hin wurde das Wasser jedoch immer ruhiger und schließlich musste der erste Stillwasserabschnitt durchpaddelt werden. Da ich die nächtliche Windstille ausnutzen wollte, blieb ich diesmal bis Mitternacht auf dem Wasser und fuhr im stimmungsvollen Dämmerlicht noch einige Stunden dem Vollmond entgegen. Damit war dann auch die längste Tagesetappe geschafft: 66 km kamen zusammen, mehr sollten fortan nicht mehr möglich sein.















                                                    An einem glasklaren Zubringer von rechts schlug ich spontan mein Nachtlager auf, denn hier hatte ich das erste Mal seit langem wieder Zugang zu klarem Wasser. Die Judoma war immer noch eine trübe Brühe, die ich zum Kochen oder gar Trinken nur im Notfall genommen hätte. Was mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht auffiel: am Ufer standen zwei Holzgestelle. Erst nachdem ich das Zelt aufgebaut hatte, bemerkte ich sie und machte einen kleinen Rundgang durch den Uferwald. Dabei fand ich zunächst ein altes Hüttenfundament, später in der schon heller werdenden Morgendämmerung dann die eigentliche Blockhütte. Sie stand offen und Zeug lag herum, als ob gleich wieder jemand zurückkommen würde. Daneben war ein schöner Labas mit Gibeldach und einigen Säcken an Fischereiausrüstung, sicher auch etwas Proviant, aber bedient habe ich mich nicht, ich hatte keine Not und rechnete damit, dass ich mit meinen Reserven noch durchkommen würde.








                                                    nicht meine Angel, sondern ein Selbstbau, den ich in der Hütte fand

                                                    Mit brütender Hitze von über 30 Grad begann der nächste Tag, offenbar der Höhepunkt der ersten Sommerphase, denn über den Bergen im Norden bildete sich ein Tief, das für grässlichen Gegenwind sorgte. Ausgerechnet jetzt auf den langen Stillwasserabschnitten konnte ich den überhaupt nicht gebrauchen, mit einem windanfälligen Packraft ist das wie ein k.o.-Schlag. Also wartete ich ab, bis der Wind wieder nachlassen würde. Derweil testete ich schon mal meine neu erworbene Teleskopangel, um sie demnächst auch mal einzusetzen. Wie man richtig angelt, wollte ich mir eigentlich von Robert zeigen lassen, nun musste ich selbst herausfinden, wie man damit am Besten Beute macht...

                                                    Als der Wind am Nachmittag endlich etwas abflaute, begab ich mich nochmal aufs Wasser, gerade jetzt zählte jeder Kilometer. Zu Beginn unterstützte mich noch eine leichte Strömung, zum Abend hin stand dann wieder alles still. Um überhaupt noch vorwärts zu kommen, versuchte ich mich immer dicht an den windgeschützten Ufern zu halten, hin und wieder mit langatmigen Seitenwechseln. Da der Wind aber auch nach Sonnenuntergang nicht einschlief, kapitulierte ich irgendwann und schlug mein Lager auf einer bewaldeten Sandbank auf.




                                                    für die Brotpause unterwegs musste schon streng rationiert werden



                                                    Letzter Abschnitt zur Portage

                                                    Bis zur Stelle, wo ich die Portage zur Ketanda starten wollte, war es nun nicht mehr weit, eine Tagesetappe sollte reichen, doch machbar wäre sie nur, wenn es keinen Wind mehr gibt. Tatsächlich war es dann am letzten Tag auf der Judoma ganz ruhig, es gab nur noch leichten Gegenwind. Dennoch war das richtige Arbeit – auf mehr als 40 km war aktives Paddeln angesagt. Als letzten Höhepunkt der Flussroute querte ich dabei noch die Dikij-Schwellen mit ihren zahlreichen Inseln und Felsbuchten. Hier hatten damals Clemens und Jakob ein paar prächtige Taimene (Sibirische Huchen) aus dem Wasser gezogen, also hab ich auch mal die Angel ausgeworfen – allerdings ohne Erfolg. In der immer noch trüben Brühe konnte natürlich kein Fisch den Blinker sehen...





                                                    Als ich zur Weiterfahrt aufbrach, bäumten sich hinter mir im Norden ein paar mächtige Gewitterwolken auf. Ich hoffte, dass ich es noch trocken bis zum Ausstiegspunkt schaffe, und haute unentwegt das Paddel ins Wasser. In einem fast schon meditativen Rhythmus durchquerte ich die letzten Stillwasserbereiche und erreichte tatsächlich noch vor Mitternacht die Flussbiege, an der ich am nächsten Tag mit der Portage beginnen wollte.

                                                    Durch die Bewölkung war die nächtliche Lichtsituation allerdings schon ziemlich grenzwertig. An einer letzten kleinen Schwelle, die sich nur durch ihr Rauschen bemerkbar machte, konnte ich kaum noch etwas erkennen. Natürlich setzte ich auf ein paar Felsen auf, aber wie der Zufall es wollte, bemerkte ich nur deshalb am Ufer eine Blockhütte, an der ich sonst direkt vorbeigefahren wäre. Obwohl mir immer noch die Gewitter im Nacken saßen und ich so schnell wie möglich den Ausstiegspunkt erreichen wollte, kam ich nicht umhin, mir die Hütte mal kurz anzuschauen.

                                                    Sie war noch im Bau und daher komplett leer, eine Tür gab es auch noch nicht. Frische Fußspuren im Sand deuteten darauf hin, dass hier vor kurzem noch gearbeitet wurde. Eigentlich hätte ich hier gleich übernachten können, aber am nächsten Tag nochmal das Boot beladen, um nur einen Kilometer zu paddeln, kam für mich nicht in Frage. Also machte ich nur ein paar Fotos und begab mich noch zum angepeilten Ausstiegspunkt. Mit Kopflampe ging ich das Ufer ab und suchte mir einen geeigneten Platz zum Übernachten. Wie überall in Flussnähe, gab es auch hier wieder etliche Bärenspuren, diesmal auch kleinere, etwa von Wölfen? Ich schleppte meine Ausrüstung die Böschung hoch und baute schließlich das Zelt auf. Gerade als alles fertig war, setzte der schon längst erwartete Regen ein – es war der erste seit dem Passgang vor einer Woche.





                                                    Das Ganze nochmal in bewegten Bildern:

                                                    „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                    Meine bisherigen Reisen

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                                                    • berlinbyebye
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                                                      • 30.05.2009
                                                      • 1197
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                      Zitat von qwertzui Beitrag anzeigen
                                                      Der absolute Hammer.
                                                      Der absolute Oberhammer, würde ich glatt behaupten.

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                                                        • 24.01.2008
                                                        • 204
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                        ALL YOUR BASE ARE BELONG TO US

                                                        View my flickr

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                                                          Fuchs
                                                          • 19.06.2014
                                                          • 2101
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                          Ich hab jetzt mal Zeit gefunden den ganzen bisherigen Bericht zu lesen. Und wann gehts weiter? Ich kanns kaum noch abwarten.

                                                          Eine Frage. Wie viel hast du in etwa auf dieser Megatour abgenommen?
                                                          Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

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                                                          • sibirier
                                                            Dauerbesucher
                                                            • 17.10.2010
                                                            • 834
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                            Einen ganzen "sprechenden" Film aus den Videos zu machen würde sich lohnen,mMn
                                                            https://www.facebook.com/groups/1670015459892254/

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                                                              Fuchs
                                                              • 29.08.2009
                                                              • 1356
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                              Respekt, eine tolle Reise.
                                                              Wer nichts weiß muss alles glauben...

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                                                                Erfahren
                                                                • 22.11.2013
                                                                • 259
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                Zitat von Intihuitana Beitrag anzeigen
                                                                Ich hab jetzt mal Zeit gefunden den ganzen bisherigen Bericht zu lesen. Und wann gehts weiter? Ich kanns kaum noch abwarten.
                                                                Eine Frage. Wie viel hast du in etwa auf dieser Megatour abgenommen?
                                                                Ich hoffe, dass ich irgendwann im Januar zum Schluss komme, mit der Zeit zum Schreiben ist das immer so eine Sache...
                                                                Abgenommen habe ich rund 4 kg. Klingt nicht viel, aber bei gibts da schon einen spürbaren Effekt. Bisher hatte ich auf meinen Touren höchstens 2 kg abgenommen (auch im Winter bei drei Wochen Daueraufenthalt in knackiger Kälte)

                                                                Zitat von sibirier Beitrag anzeigen
                                                                Einen ganzen "sprechenden" Film aus den Videos zu machen würde sich lohnen,mMn
                                                                Die Idee kam mir auch schon. Wenn der Bericht fertig ist, denke ich noch einmal drüber nach...
                                                                „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                Meine bisherigen Reisen

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                                                                  Dauerbesucher
                                                                  • 17.10.2010
                                                                  • 834
                                                                  • Privat


                                                                  #33
                                                                  AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                  bikevagabond,
                                                                  Deine weitere Pläne für Russland?
                                                                  Die würden mich interessieren... Bin jetzt zeittecnisch etwas flexibler geworden und...tja...Deine Pläne?
                                                                  https://www.facebook.com/groups/1670015459892254/

                                                                  Kommentar


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                                                                    Erfahren
                                                                    • 13.05.2013
                                                                    • 128
                                                                    • Privat


                                                                    #34
                                                                    AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                    Ich bin schwer beeindruckt von dem Bericht! Die Landschaft sieht schon ziemlich spektakulär aus. ;)

                                                                    Hut ab vor der Leistung.

                                                                    Kommentar


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                                                                      Erfahren
                                                                      • 22.11.2013
                                                                      • 259
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                      Zitat von sibirier Beitrag anzeigen
                                                                      Deine weitere Pläne für Russland?
                                                                      Die würden mich interessieren... Bin jetzt zeittecnisch etwas flexibler geworden und...tja...Deine Pläne?
                                                                      Richtige Pläne gibts noch keine.. aber Ideen, davon gibts jede Menge. Was sich davon am Ende realisieren lässt, ergibt sich oft erst so zwei Monate vorher. Also lasse ich mich selbst überraschen
                                                                      „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                      Meine bisherigen Reisen

                                                                      Kommentar


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                                                                        Erfahren
                                                                        • 22.11.2013
                                                                        • 259
                                                                        • Privat


                                                                        #36
                                                                        AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                        Durch die Taiga zum See Podgornoe

                                                                        Am nächsten Morgen verstaute ich meine Ausrüstung wieder in zwei Rucksäcke. Durch den fast aufgebrauchten Proviant gab es schon etwas mehr Platz, doch alles auf einmal zu schleppen, kam mir immer noch zu heftig vor. Am Lager der Rentierzüchter hatte ich es mal probiert, das ganze Gepäck in einem Durchgang bis zur Hütte zu tragen (etwa 1 km). Ich musste mehrere Pausen einlegen und hatte hinterher noch tagelang Rückenschmerzen... Das wollte ich mir diesmal ersparen und entschied mich für das bewährte Vortragen des einen und Nachholen des anderen Rucksacks. Angesichts des schwierigen Geländes sollte das auch die beste Entscheidung sein. Vorerst jedenfalls...

                                                                        Am Ufer der Judoma hinterließ ich Robert wieder eine Nachricht im Sand: „Ausstieg/Nachtlager 2./3.7.“. Ich rechnete damit, dass er etwa eine Woche nach mir hier eintreffen würde. Doch am Ende waren es 13 Tage und wie ich später von ihm erfuhr, ist er das ganze Ufer abgelaufen, um eine Nachricht von mir zu finden, denn bis hier hatte er noch kein Zeichen von mir erhalten. Doch auch diesmal fand er nichts, auch keine Stiefelabdrücke, dafür lauter neue Bären- und Wolfsspuren... Das Beste wäre gewesen, in der kurz zuvor besuchten Hütte einen Zettel zu hinterlassen. Doch ob der dort knapp zwei Wochen geblieben wäre, ist auch fraglich, da in der Zwischenzeit an der Hütte weitergebaut wurde.

                                                                        Das Wetter war gut – kein Regen, kein Wind und nicht zu warm. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass es auch während der Schlepperei durch unwegsames Gelände brütende Hitze geben könnte. Bei den inzwischen auch tagsüber sehr aktiven Mückenschwärmen, konnte ich es mir nämlich nicht erlauben, kurzärmelig zu gehen... Leider gab es auch trüben Himmel, also keine Sonne, die beim Durchqueren der Taiga einen guten Richtungsweiser abgegeben hätte. Da der Wald aber sehr licht war, konnte ich zur Rechten stets einen kleinen Berg sehen, also nahm ich diesen als Orientierungshilfe.



                                                                        Vor mir lag nun die Portage zur Ketanda, eine mit nur 20 km recht kurze und flache Landpassage, um in das Einzugsgebiet des Ochotskischen Meeres zu gelangen. Zum ersten Mal begangen wurde sie einst von einer sowjetischen Expedition, da man hier auf kürzestem Wege die kontinentale Wasserscheide queren kann. Seitdem folgen so gut wie alle Nachahmer dieser Route, obwohl sie durch schwieriges und teilweise versumpftes Gelände führt.

                                                                        Bis zum ersten See Podgornoe waren es laut Karte etwa 4 km Luftline. Ich nahm mir vor, sie am Stück durchzulaufen, da es in der überall gleich aussehenden Lärchentaiga nahezu unmöglich wäre, die zwischenzeitlich abgestellten Rucksäcke wiederzufinden. Am Anfang kam ich noch gut voran. Es gab ebenen Flechtengrund und ausreichend Platz zwischen dem dünnen Stangenholz. Bald kam jedoch mehr und mehr Gestrüpp hinzu, dann dichtere Waldabschnitte mit etlichen querliegenden Baumstämmen und später noch ein zwar trocken liegender, aber sehr buckeliger Sumpf, in dem man wiederholt durch halbmetertiefe Senken steigen musste. Es war ein scheußliches Gelände, mühselig zu gehen, auch ohne Gepäck kein Spaß...




                                                                        hinter den Bäumen der kleine Berg, an dem ich mich orientierte


                                                                        Blick zurück vom Bergrücken



                                                                        Im dichten Wald verirrt

                                                                        Nach etwa 3 km und anderthalb Stunden erreichte ich schließlich einen Bergrücken, der den Übergang zum See markiert. Hier fand ich eine markant bewachsene Anhöhe, die einen gewissen Wiedererkennungscharakter hatte, und stellte meinen ersten Rucksack nun doch schon vorm See ab, um den zweiten möglichst rasch nachzuholen. Es war schon ein leicht mulmiges Gefühl, plötzlich ganz ohne Ausrüstung einige Kilometer durch diese abgelegene Wildnis zu stiefeln. Der eine Rucksack mit Klamotten, Fotoausrüstung und Schlafsack hinter mir, abgelegt in einem Gebüsch, der andere mit Boot, Zelt und dem Proviant noch vor mir am Fluss und ich dazwischen mit nur einer sowjetischen Generalstabskarte 1:200.000 bewaffnet.

                                                                        Bald wurde mir aber noch mulmiger, als der kleine Berg, an dem ich mich bisher orientierte, aufgrund der plötzlich dichteren Taiga nicht mehr zu sehen war. Es reichten schon ein paar ausweichende Umgehungen umgestürzter oder querhängender Bäume und schon war ich mir nicht mehr sicher, wohin ich eigentlich lief. Leichtsinnigerweise hatte ich meinen Kompass im nachzuholenden Rucksack gelassen, da ich zu sehr darauf vertraute, mich allein mit der Karte durchschlagen zu können – ein dummer Fehler!

                                                                        Zunächst lief ich weiter und weiter, da ich glaubte, noch grob in die richtige Richtung zu gehen. Mal hatte ich das Gefühl, etwas zu weit nach links abgekommen zu sein und korrigierte nach rechts. Dann glaubte ich, zu weit nach rechts gelaufen zu sein und änderte meinen Kurs wieder mehr nach links. Es war ein sinnloses Spielchen, denn ich hatte wirklich nichts, wonach ich mich richten konnte: keine Sonne, keinen Wind, keine erkennbare Wolkenbewegung, keine bemoosten Baumseiten...

                                                                        Meine Schritte wurden immer schneller, schließlich sprang ich im Dauerlauf durchs Unterholz. Ich hoffte, rasch wieder in lichte Taiga zu gelangen, um mit Blick auf den kleinen Berg meine Orientierung zurückzugewinnen. Nach einer Weile tauchte dann tatsächlich eine Lichtung auf. Doch was dort vor mir lag, war nicht der Berg, an dem ich mich orientiert hatte, sondern genau jener Bergrücken, von dem ich gerade herkam. Ich brauchte eine Weile, um zu erkennen, dass ich ohne es zu merken im Kreis gelaufen war...

                                                                        Also machte ich eine 180°-Wendung und lief wieder in den Wald hinein. Ich versuchte erneut meine Richtung beizubehalten, was natürlich zwecklos war. Ich brauchte definitiv etwas, woran ich mich jederzeit neu orientieren konnte. Als ich eine große abgestorbene Lärche entdeckte, kletterte ich kurzerhand hinauf und peilte mit Blick auf den kleinen Berg erneut meine Marschrichtung an. Dann stellte ich mich unter den Baum und beobachtete im Bereich der Spitze geduldig die Bewegung der wenigen Wolkenstrukturen. Nach ein paar Minuten war ich mir ziemlich sicher, dass es eine leichte Nordwestdrift gab, ich also rund 45° südlich zur Wolkenzugrichtung weitergehen musste. Die Wolkenpeilung habe ich dann alle paar hundert Meter wiederholt und meine Marschrichtung entsprechend angepasst.

                                                                        Ich war sichtlich erleichtert, als ich endlich das Wasser der Judoma erblickte. Ich hatte sogar richtig Glück, denn ich war nur hundert Meter neben dem letzten Lagerplatz rausgekommen. Bei den vielen Kurswechseln unterwegs hätte es durchaus auch passieren können, dass ich die Flussbiege verfehle. Dann wäre ich erst einige Kilometer und Stunden später an den Fluss gelangt...

                                                                        Diese Erfahrung war mir jedenfalls eine Lehre. Bei Märschen quer durchs Gelände sollte immer ein Kompass dabei sein! Ich schulterte den nachzuholenden Rucksack, peilte nun mit dem Kompass meine Marschrichtung an und ging erneut die drei Kilometer zum Bergrücken, auf dem der erste Rucksack schon seit anderthalb Stunden auf mich wartete. Diesen hätte ich dann beinahe nicht wiedergefunden, da es doch einige weitere ähnlich bewachsene Anhöhen gab, die ich alle nacheinander absuchte. Schließlich fand ich die richtige Stelle und entschied mich, auf dem letzten Kilometer zum See Podgornoe alles mit einem Mal zu tragen, um mir eine weitere Rucksacksucherei zu ersparen.


                                                                        Ankunft am See Podgornoe

                                                                        Über die Seen zum Bach

                                                                        Unten am Seeufer angelangt, rollte ich wieder mein Schlauchboot aus, denn ich wollte so viel Strecke wie nur möglich paddelnd oder treidelnd zurücklegen. Eine herrliche Stille lag über dem See, als ich diesen am Abend noch querte. Dabei hatte ich auch provisorisch meine Angel ausgeworfen – und es hat erstmals was angebissen: ein kapitaler Hecht von fast 70 cm Länge! Auf der anderen Seeseite fand ich einen fantastischen Platz zum Übernachten und machte mich noch vorm Zeltaufbau an die Zubereitung des Fischfangs. Da es ein ziemlich großer Brocken war, zerlegte ich ihn nach dem Entschuppen und Ausnehmen in fünf große Teile, die ich sogleich mit Salz und Kräutern einrieb und in einem abgedeckelten Topf über Nacht liegen ließ. Nur den Kopf haute ich gleich mit in die Nudelsuppe. Nach dem anstrengenden Tag war ich so hungrig, dass ich den Schädel komplett auseinander nahm und alles aß, was weich war, auch die Augen... nichts, was in irgendeiner Form Energie liefern könnte, sollte sinnlos weggeworfen werden.















                                                                        Am nächsten Morgen kochte ich mir noch eine Nudelsuppe mit dem Schwanz des Hechts, die übrigen drei Teile grillte ich mir überm Feuer – für unterwegs. Wurst und Knäckebrot hatte ich nur noch für eine Pausenmahlzeit, daher wurde es Zeit, dass ich endlich Angelerfolg hatte, um meine karge Proviantsituation etwas aufzupeppen. Gerade jetzt während dieser kraftraubenden Tage, brauchte ich viele Kalorien. Auf den Rippen hatte ich nämlich schon lange keine Reserven mehr...

                                                                        Zum nächsten namenlosen See musste erneut eine kleine Anhöhe überwunden werden. Auf etwa 1 km ging es bequem durch offene Lärchentaiga, auch mit ganzer Last auf dem Rücken war die Strecke leicht zu laufen. Das neue Seeufer war allerdings etwas sumpfiger und ein Einstieg nur mit Festhalten an einem querhängenden Baum möglich. Dafür dauerte die Überquerung nur eine halbe Stunde. Am anderen Ende gab es laut Karte einen kleinen Ausfluss. Falls er genug Wasser führen sollte, würde ich versuchen, mit dem Boot gleich weiter zu treideln.






                                                                        versumpftes Ufer am zweiten namenlosen See

                                                                        Bachabwärts zur Ketanda

                                                                        Tatsächlich fand ich dann am Ende des Sees einen direkten Übergang in einen freien Bachlauf vor, sogar Strömung gab es – Treideln war also möglich. Allerdings nicht lange... Nach einer Weile wurde das Gelände sumpfiger, die Durchgänge schmaler und die Wasserlöcher tiefer, so dass ich wiederholt auf den Grasbüscheln balancieren musste, um das Boot da durchzuzerren. Dann gab es wieder Abschnitte, auf denen ich halbwegs treideln konnte, teilweise sogar paddeln. Doch schon bald verlor sich der Wasserlauf wieder in einer versumpften Fläche mit schmalen Rinnsalen, in denen ich kaum noch vorwärts kam und entschied mich schließlich zu Fuß neben der Bachaue weiterzugehen.

                                                                        Als ich nach wenigen hundert Metern erneut rauschendes Wasser vernahm, zog es mich allerdings sofort wieder in den Bach. Wenn es Chancen gab zu treideln, dann wollte ich keinen Meter weiter schleppen. Jetzt machte mir aber vor allem dichte Buschvegetation mit lauter querhängenden Spinnennetzen zu schaffen. Als sich der Bachlauf dann erneut in einem Sumpf aufzweigte, stieg ich wieder ans feste Ufer und ging zu Fuß quer durch den Wald. Das Boot zog ich dabei leer hinter mir her.






                                                                        hier verlor sich der Bach im Sumpf


                                                                        mit dem leeren Boot durch den Wald

                                                                        Nachdem ich eine Anhöhe überquerte, tauchte dann plötzlich eine Senke mit einem kleinen See auf, der nicht in der Karte verzeichnet war. Ich stieg hinunter in die buckelige Sumpfebene und sah, dass das Wasser die Strömungsrichtung meines Baches hatte. Also bin ich wieder rein und über den See zum Ausfluss gepaddelt. Dahinter folgte ein schmales Tal, umgeben von dunkler Taiga und der Bach wurde allmählich zu einem kleinen Fluss mit steinigem Bett. Hier konnte ich wieder ganz gut zu treideln, zwar mit viel Flachwasser und ständigem Steinkontakt, aber nur wenig Hindernissen. Ich war guter Dinge, den Rest der Strecke am dritten Tag der Portage endlich hinter mich zu bringen.

                                                                        Der Unterlauf des Baches hatte es dann aber in sich: viele enge Mäanderschleifen, alle hundert Meter Baumblockaden, die umtragen werden mussten und anhaltendes Flachwasser, in dem ich das Boot wiederholt über steinigen Grund zerren musste. Es dauerte nicht lange und meine Kraftreserven waren am Ende. Ich fühlte mich erstmals so schwach, dass ich beim Umgehen oder Überklettern der querliegenden Baumstämme mich kaum noch aufraffen konnte. Dabei wäre man zu Fuss neben der Aue deutlich schneller und einfacher vorwärts gekommen, aber ich hatte immerzu die Hoffnung, dass es mit dem Treideln besser werden würde, zumal Clemens in seinem Bericht erwähnte, dass der Bach am Ende noch paddelbar werden würde.

                                                                        Doch nichts dergleichen passierte, bis zur Mündung in die Ketanda gab es unverändert flaches Wasser, so dass nicht mal mehr vernünftiges Treideln möglich war (wahrscheinlich wegen der schon länger anhaltenden Trockenheit). Auf etwa einem Kilometer ließ ich mich noch einmal hinreißen, neben dem Bach durch die Taiga zu laufen. Ich fand einen Bärenpfad, dem ich leicht folgen konnte, doch dann öffnete sich der Wald und ein breiter Sumpf tauchte auf. Also bin ich wieder zurück in den Bach und lief noch bis in die Nacht hinein, um keinen Tag länger in diesem Gelände verbringen zu müssen.




                                                                        Sackgasse in versumpfter Taiga


                                                                        am dritten Tag gab’s anfangs noch gute Treidelbedingungen


                                                                        eine der ersten Baumblockaden


                                                                        so ging es stundenlang weiter...


                                                                        gut begehbarer Bärenpfad am Rande der Aue


                                                                        aufgebrochener Permafrost unter der Sumpfvegetation

                                                                        Gegen Mitternacht ereichte ich sie dann endlich: die Ketanda. Es war die reinste Erlösung, diesen Fluss nun vor sich zu haben. Auf dem ruhig dahin fließenden Wasser spiegelte sich mystisch der Mond – ein herrlicher Anblick. Am Rande einer Sandbank baute ich schließlich mein Zelt auf, kochte mir über Gas eine ordentliche Portion Rührei und Nudeln und fiel erschöpft in den Schlaf. Ganze zwölf Stunden hatte ich heute geackert, damit die Portage nicht mehr als drei Tage dauert. Ich konnte es kaum glauben, wie Clemens und Jakob diese Landpassage in nur zwei Tagen geschafft haben...



                                                                        Auch hiervon gibt’s noch einen kleinen Videozusammenschnitt:

                                                                        Zuletzt geändert von bikevagabond; 27.01.2016, 19:48.
                                                                        „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                        Meine bisherigen Reisen

                                                                        Kommentar


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                                                                          Fuchs
                                                                          • 30.05.2009
                                                                          • 1197
                                                                          • Privat


                                                                          #37
                                                                          AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                          Äußerst beeindruckend. Toll!

                                                                          Kommentar


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                                                                            Erfahren
                                                                            • 22.11.2013
                                                                            • 259
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                            Nun ist es schon ziemlich genau ein Jahr her, als wir zu dieser Tour aufgebrochen sind... Zeit wird’s also, den Bericht mal zu beenden. Ich hatte die letzten Zeilen schon Anfang März auf einer kleinen Winter-Radtour durchs schwedische Jämtland zu Papier gebracht – im Zelt, da ich wegen Dauerschneefall einen Pausentag einlegen musste. Zum Abtippen bin ich aber erst jetzt gekommen...

                                                                            Neuer Fluss mit Überraschungen

                                                                            Die Ketanda war ein schöner Fluss: ruhig, verwinkelt und umgeben von hügeliger Taiga. Das erste Mal hatte ich glasklares Wasser unter mir – so klar, dass ich selbst an mehrere Meter tiefen Stellen bis zum Grund blicken konnte.

                                                                            Gleich zu Beginn schlängelte sich der Flusslauf durch ein paar tief eingeschnittene Täler mit schroffen Felswänden. An den schattigen Ufern hingen noch Eisreste vom letzten Winter – beeindruckend, dass sie sich auch hier unten so lange halten können. Wenig später, als sich das Flussbett weitete, zeigten sich sogar noch großflächige Überbleibsel eines Naleds. Ein Durchkommen war hier aber, wie schon in den Eisflächen des Nitkans, problemlos möglich.











                                                                            Da ich nun wieder schneller voran kam, rechnete ich damit, dass ich Ochotsk noch gerade so zum letzten angepeilten Rückflugtermin erreichen könnte, und legte mich entsprechend ins Zeug. Doch Eile hat in der menschenleeren Wildnis nichts zu suchen, denn Eile bedeutet Unachtsamkeit, die im Ernstfall lebensbedrohliche Konsequenzen haben kann. Ein paar kritische Situationen machten mir das irgendwann bewusst.

                                                                            Die erste ereilte mich an einer unerwartet hohen Schwelle, die ich zwar durch ihr Rauschen rechtzeitig wahrnahm, aber nicht vorab vom Ufer aus inspizierte. Ich vertraute darauf, dass ich problemlos durchkommen würde, rutschte dann aber ausgerechnet von der steilsten, etwa 1 m hohen Kante in eine schöne Wasserwalze, die mich fast zum Kentern brachte. Mit einem Paddelstoß gegen die Felsen konnte ich mich aber noch rechtzeitig aus den rotierenden Wassermassen herausschieben...

                                                                            Ein anderes Mal rauschte ich in einer engen Kurve auf ein paar umgestürzte Bäume zu. Ich entschied aus dem Boot heraus: das wird schon klappen. Doch beim Unterqueren des ersten Baumstammes konnte ich mich gar nicht so schnell abducken und blieb hängen, während das ganze Gerödel unter mir fast abgehauen wäre. Meine Beine klemmten noch zwischen Rucksack und Bootswand, so dass ich es mit ein paar umständlichen Verrenkungen schaffte, mich wieder hinein zu buchsieren und einen zweiten Baumstamm ohne weiteres Hängenbleiben zu unterqueren... In beiden Fällen hatte ich keinen Trockenanzug an und hätte, wenn es blöd gelaufen wäre, vollkommen durchnässt meinem abgetriebenen Boot hinterherlaufen müssen.


                                                                            hier bin ich noch bequem durchgekommen


                                                                            die Schwelle mit der Walze



                                                                            Äschen über Äschen

                                                                            Als ich am ersten Abend ein herrlich bewaldetes Felsufer passierte, entschied ich mich kurzerhand anzulegen, um mein Nachtlager aufzuschlagen, denn so ein idyllischer Platz würde sicher kein zweites Mal auftauchen. Außerdem schnappten hier auffällig viele Fische an die Wasseroberfläche – eine perfekte Gelegenheit, trotz später Stunde, endlich wieder die Angel auszuwerfen. Es verging keine Minute und schon hatte etwas angebissen – eine wunderschöne Äsche mit farbig schimmernden Schuppen und gemusterten Flossen. Futter für die nächsten 24 Stunden! Ich sammelte Holz, entfachte ein Feuer und kochte mir wieder als erstes eine Nudelsuppe mit dem Kopf des Fisches. Den Rest grillte ich am nächsten Morgen für unterwegs. Es war ein schmackhafter Fisch, ein richtiger Leckerbissen, der mich sehr an Forelle erinnerte.











                                                                            Während der folgenden Tage hielt ich immer wieder Ausschau nach Äschen. Aufmerksam verfolgte ich jede Bewegung im klaren Wasser. Sobald ich unter mir etwas umherflitzen sah, suchte ich nach einer günstigen Stelle zum Angeln und legte für eine Weile an. Anglerglück hatte ich aber nur noch einmal – als ich im Bereich eines Treibholzhaufens direkt über einem tiefen Pool andocken konnte. Ich hatte die Angel gerade erst ausgeworfen, da zerrte es schon an der Sehne. Beißfreudig waren die Äschen aber nur beim ersten Versuch, denn beim zweiten Auswerfen der Angel passierte nichts mehr. Offenbar wurden die Fische schnell argwöhnisch, nachdem einer ihrer Artgenossen widerwillig an die Oberfläche gezogen wurde...

                                                                            Gerne hätte ich mir mehr Zeit zum Angeln genommen, aber ich stand immerzu vor dem Zwiespalt: schnell sein, um mich noch mit dem verbliebenen Restproviant durchschlagen zu können – oder mehr Zeit lassen und dafür mehr Fisch zu fangen, um die Proviantsorgen endlich los zu werden...







                                                                            Irgendwann kam ich an einer kleinen Jagdhütte vorbei. Sie war hell und sauber, offenbar erst vor kurzem erbaut. Die Tür war ausgehangen, man konnte geradewegs hineinstiefeln. An der Wand hingen lauter Habseligkeiten: Seile, Drähte, eine Pfanne, eine Blattsäge; in den Fugen steckten Löffel, eine Kelle, eine Feile... irgendwie hatte alles seinen Platz. Wahrscheinlich war es das Basislager eines Pelztierjägers, denn unter der Schlafbank lagen etliche Tellereisen.

                                                                            Draußen vor der Hütte befand sich ein riesiger Haufen Feuerholz, wenige Meter entfernt hingen zwei Metalltonnen an Drahtseilen zwischen den Bäumen – ein Tonnen-Labas! Ob sich darin auch Lebensmittel befanden? Plündern wäre hier ziemlich aufwändig gewesen. Meine Proviantnot war noch nicht so arg, dass ich es versucht hätte. Schließlich haben auch die Jäger einiges auf sich genommen, um hier in dieser schwer zugänglichen Wildnis ein derartiges Lager einzurichten – ziemlich mies wäre es, sich ohne triftigen Grund an ihren Vorräten zu bedienen.













                                                                            Mit letzten Kräften

                                                                            Bald aber wurde es zunehmend haarig auf der Ketanda. Immer wieder tauchten an den Kurven Treibholzansammlungen auf, die den Fluss auf ganzer Breite blockierten. Diese zu umgehen, war an sich kein Ding, doch wegen des allgemeinen Schwächegefühls, welches sich seit der kräftezehrenden Portage eingestellt hatte, kamen mir diese Holzblockaden vor, wie unüberwindbare Hindernisse. Im Boot sitzen und paddeln war nicht schwer, doch aufstehen und laufen erforderte selbst ohne Gepäck eine Menge Überwindung – jede unnütze Bewegung wollte vermieden werden.

                                                                            Leider folgte auch in den Folgetagen eine Holzbarrikade nach der anderen. Zudem begann sich der Flusslauf auf eine wirre, nur schwer nachvollziehbare Weise aufzuzweigen. So war manches Mal nicht mehr klar, welches der Hauptlauf ist und wo dieser enden würde. Ein angeschwemmter Holzhaufen hatte diesen zum Beispiel mal direkt in einen Auwald umgeleitet, wo er nach einem halben Kilometer endete und in undurchdringlicher Taiga versickerte. Glücklicherweise war hier die Strömung nicht so stark, so dass es mir möglich war, zur Aufzweigung zurück zu paddeln. Der alte Hauptlauf, erkennbar am breiteren Bett mit frei liegenden Schotterbänken, führte dagegen so wenig Wasser, dass ich einige Zeit flussabwärts treideln musste – bis sich die Wasserläufe allmählich wieder vereinten.

                                                                            Ein gewisses Unbehagen machte sich breit in mir, bestand doch permanent die Möglichkeit, in eine Sackgasse zu geraten, aus der ich nur mit größter Anstrengung wieder herauskommen würde. Mir wurde klar: hier geht es nicht mehr um das Einhalten eines abgesprochenen Rückkehrtermins, sondern vielmehr darum, überhaupt einen Weg aus dieser Wildnis zu finden – und unversehrt ans Ziel zu gelangen...




                                                                            wo geht’s weiter? Auf dem Hauptlauf...


                                                                            ...oder dem Nebenlauf?


                                                                            Treideln im Flachwasser



                                                                            Bärenattacke

                                                                            Eines Abends – es dämmerte schon – trieb ich auf einem schmalen Nebenarm der Ketanda durch düsteren Auwald, als ich rechts neben mir plötzlich ein Knacken im Dickicht vernahm. Noch bevor ich realisierte, was los war, preschte schon ein Bär direkt auf mich zu, entschlossen, mich aus dem Wasser zu holen. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er das nur drei Meter von mir entfernte Ufer erreichte. Dort hielt er kurz inne, sprang wild umher und richtete sich immer wieder auf – Sabber triefte aus seinem aufgerissenen Maul... der war definitiv hungrig! Da ich im Boot saß und den Fluss hinuntertrieb, konnte ich nicht aufstehen. Aus dem Boot ins knietiefe Wasser steigen, hätte mich auch nicht größer gemacht, also riss ich intuitiv mein Paddel hoch und brüllte den Bär an, so laut es ging. Das hat ihn dann tatsächlich verunsichert und er ist nicht ins Wasser gekommen. Ein paar Mal hatte er noch angesetzt, da ich mich langsam flussabwärts treibend von ihm entfernte, aber weiteres Gebrüll mit drohenden Paddelbewegungen haben ihn dann doch zur Umkehr gebracht.

                                                                            Das Ganze dauerte vielleicht nur Sekunden, gefühlt waren es aber Minuten und bis heute erinnere ich mich nur noch an mein eigenes Gebrüll und an den einen Gedanken, den ich hatte: dass ich aus dem Boot steigen und ihm entgegen gehen würde, sobald er einen Fuß ins Wasser setzt... Das war wirklich knapp, eine sehr grenzwertige Situation!

                                                                            Der Bär hatte sich schon an den Waldrand zurückgezogen, als er sich noch ein letztes Mal umdrehte und ich ihn ein letztes Mal anbrüllte, dann verdrückte er sich endlich. Damit war die Sache aber noch nicht vorbei... Vor mir lag ein umgestürzter Baum im Wasser, den ich schon längst hätte umpaddeln müssen, doch das hätte auf den Bären möglicherweise wie Flucht gewirkt. Also trieb ich nun direkt hinein, zum Glück erst, als der Bär schon weg war. Da sich die Strömung des Flusses in Grenzen hielt, konnte ich mich noch gerade so aus dem Geäst befreien. Ich trieb weiter stromab – mit angespitzten Ohren und wachsamen Blick. Da hörte ich es neben mir im Auwald erneut knacken, ja regelrecht krachen. Offenbar preschte der Bär jetzt parallel zu mir durchs Unterholz – und zwar schneller, als ich auf dem Wasser vorankam, denn auf einmal sprang er vor mir in den Fluss...

                                                                            Will er mich jetzt etwa im Wasser abfangen? Ich blieb still und hoffte, dass es nicht dazu kommen würde. Tatsächlich, der Bär hielt nicht an, er rannte wie angestochen weiter quer durch den Fluss ans andere Ufer, ohne mich dabei zu bemerken. Das letzte Stück schwamm er, dann erklomm er hastig den steilen Prallhang und verschwand, wie er aufgetaucht war. Anscheinend hatte ich ihn derart verunsichert, dass er sich letztendlich zur Flucht entschied.

                                                                            Obwohl es schon ziemlich schummrig war, paddelte ich weiter und weiter. Ich wollte unbedingt raus aus dem Auwald, an irgendein festes Ufer. Doch dann tauchte an einem engen Mäander eine riesige Holzbarrikade auf, die sich über die ganze Flussbiege verteilte. Eine Umgehung im Flussbett hätte ewig gedauert, also ging ich mit dem Boot ein Stück zurück, steuerte den verklausteten Prallhang an und verkeilte mein Boot zwischen den Baumstämmen, um alles auf kürzestem Wege durch den Auwald zu bringen. Ein bisschen klettern musste ich, auch im Wald, der voll von Gebüschen und Totholz war. Dabei knackte es nun unter meinen Füßen – ein beklemmendes Gefühl, kam es mir doch so vor, als könne mich die ganze Taiga hören...







                                                                            Der Gedanke, dass mir jederzeit wieder ein hungriger Bär über den Weg laufen könnte, ließ mich auch in den kommenden Tagen nicht mehr los. Sobald ich irgendwo ein Knacken im Wald vernahm, zuckte ich unweigerlich zusammen. Bären habe ich dann tatsächlich noch einige gesehen. Ihr Auftreten war aber ganz anders, als bei den ersten vier, sehr offensiven Begegnungen. Entweder trotteten sie unbeeindruckt ihres Weges oder sie erschraken und nahmen sofort reißaus. Sogar eine Bärenmutter und ihr Junges rannten sofort weg, als ich sie im Vorbeifahren am Ufer überraschte.

                                                                            Nur einmal noch gab es eine kritische Situation, als ich am Unterlauf der Ketanda fast in einen Bären hineingetrieben bin. Der tauchte ganz plötzlich hinter einem Treibholzhaufen auf und watete nur 10 m vor mir durch genau den Flussarm, welchen ich an einer Aufzweigung gerade einschlug. Ich paddelte eine ganze Weile so ruhig es ging rückwärts, bis der Bär am anderen Ufer war. Erst dann bemerkte er mich, ergriff in diesem Moment aber auch nur die Flucht...



                                                                            Endlich Urak

                                                                            Nach vier Tagen auf der Ketanda erreichte ich endlich die Mündung in den Urak. Dieser Moment war wie ein Befreiungsschlag, denn bis zum Schluss gab es wiederholt den ganzen Fluss blockierende Treibholzhaufen. Ein vorangegangenes Hochwasser hatte zudem etliche noch grünende Bäume umgelegt, die teilweise von einem zum anderen Ufer reichten. Jetzt öffnete sich die Landschaft, der Fluss wurde breiter und die Hindernisse verschwanden. Möwen kreisten wieder am Himmel und ein Geruch von Meer lag in der Luft (offenbar kam er von den angetrockneten Algen auf dem frei liegenden Schotterbett) – das Finale schien in greifbare Nähe zu rücken.


                                                                            eine der letzten Baumsperren auf der Ketanda


                                                                            Sonnenuntergang mit farbiger Korona, erzeugt durch den Pollenflug der späten Baumblüte


                                                                            nachts fraßen einen die Mücken, tags die Bremsen – und im Zelt herrschte Demse...


                                                                            der Hochsommer brachte es auf über 30 Grad im Schatten – an diesem Tag noch bis 34 Grad!


                                                                            die Ketanda kurz vor der Mündung in den Urak


                                                                            endlich frei...





                                                                            Im Bereich einer kleinen Bergkette gab es aber noch einen Durchbruch mit Stromschnellen der Wildwasser-Klasse III bis IV zu überwinden. Das erste Mal seit dem Nitkan zog ich wieder meinen Trockenanzug über und inspizierte aufmerksam den Lauf des schäumenden Wassers. Ich versuchte mir in Gedanken vorzustellen, wo mich die Strömung hinziehen würde und an welchen Stellen ich den hohen Wellen ausweichen müsste, um ein Kentern zu vermeiden. Dann stieg ich ins Wasser und folgte der erdachten Linie.

                                                                            Aus der Bootsperspektive sah natürlich alles anders aus, als eben noch vom Ufer betrachtet – hüpfende und schäumende Wellen ohne jeglichen Hinweis, was dahinter folgt. Doch ich erinnerte mich noch genau, welchen Weg ich zu nehmen hatte. Zunächst umging ich rechts eine Walze, dann korrigierte ich meinen Kurs rasch nach links, um nicht von einer seitlichen Welle umgeschmissen zu werden und der Rest war nur noch ein Durchbrechen kleinerer Wellen. Es gelang! Ich kam souverän durch ohne zu kentern. Nur die Kopfkamera hatte versagt – auf den schwachen GoPro-Akku ist leider kein Verlass...








                                                                            der Bootsboden hatte schon ein paar Löcher, daher war auch im stillen Wasser immer wieder Schöpfen angesagt...

                                                                            Jägerbasis Utunur

                                                                            An einem großen Felsblock mitten im Fluss legte ich eine längere Pause ein, ruhte mich aus, versuchte zu angeln – leider erfolglos... Der bisher stets aus Süden wehende Wind hatte in der vergangenen Nacht auf Ost gedreht und stark aufgefrischt, so dass auf den ruhigen Bereichen des Flusses kaum noch ein Vorankommen möglich war. Gegen den Wind anzupaddeln wäre eine sinnlose Kraftverschwendung. Mein Proviant war inzwischen aufgebraucht, ich hatte mir lediglich einen kleinen Rest Hafer und eine Hand voll Nudeln aufgespart, um den nächsten und hoffentlich letzten Tag auf dem Urak nicht mit komplett leeren Magen starten zu müssen.

                                                                            Bis zur Küste des Ochotskischen Meeres waren es noch etwa 60 km. Auf meiner Karte waren bereits ein paar versprengte Sommer- oder Jagdhütten verzeichnet, aber wie groß wäre wohl die Chance, dort jemanden anzutreffen? Als ich mich der ersten verzeichneten Hütte mit dem Namen Utunur näherte, erspähte ich auf einer fernen Schotterbank zwei schwarze Punkte. Wie so oft, konnte ich im ersten Moment nicht richtig einschätzen, ob es sich um lebende oder tote Objekte handelte... Sind es Bären? Elche? Oder doch wieder nur Felsblöcke oder angeschwemmte Baumstümpfe? Nein, es waren lebende Objekte – sie bewegten sich! Sind es vielleicht sogar Menschen? Je weiter ich mich näherte, desto klarer wurde das Bild – ja, es waren Menschen! Die ersten seit der Rentierzüchterbasis am Suntar.

                                                                            Ich sah, wie sie in ein Schlauchboot stiegen und den Fluss ans linke Ufer querten. Sie schienen sich zu beeilen. Ich setzte mit ein paar Paddelschlägen nach und legte kurz hinter ihnen am Ufer an. Es waren drei Männer, die sich ohne Umschweife zu ihrer Hütte im Wald begaben. Hatten sie mich nicht gesehen oder wollten sie mir aus dem Weg gehen? „Zdrastvui“ rufe ich – „wie weit ist es noch zum Meer?“ Ich verstand nicht, was sie antworteten, die Handbewegung war aber eindeutig – sie wollten in Ruhe gelassen werden... Ich ging trotzdem weiter auf sie zu. Eine derartige Unhöflichkeit, dazu noch hier draußen, war mir einfach zu fremd, als dass ich sie ernst nehmen konnte. „Mnje inostranny – ich bin Ausländer. Mein Russisch ist schlecht, ich verstehe nur wenig.“ erwiderte ich und schien auf einmal das Interesse der drei Gestalten geweckt zu haben – „Komm mit, dort hinten ist unsere Hütte.“

                                                                            Plötzlich war ich ihr Gast und saß mit ihnen an einem hölzernen Tisch unter freiem Himmel. Es gab zwei einfache Blockhütten, einen Unterstand, einen böllernden Ofen und jede Menge Gerätschaften, die verstreut herumlagen. Ein typisches Waldlager, in dem sich das Leben draußen abspielt. Eine junge Frau empfing uns und tischte sogleich etwas Essen auf. Es gab deftigen Borschtsch mit frischem, noch knusprigem Brot, das eine süßliche pfannkuchenartige Note hatte. Dazu einen Pott Kaffee mit Zucker... Es war ein Fest für die Sinne!!

                                                                            Ich glaube, den Leuten war gar nicht bewusst, was für ein Geschenk sie mir da machten. Sie hatten mich nicht nur davor bewahrt, den letzten Tag hungernd zu verbringen, sie zeigten mir auch, was Gastfreundschaft hier draußen für eine Bedeutung haben kann. Ich bedankte mich mehrmals und lobte das gute Essen. Einen Nachschlag lehnte ich zunächst ab, ließ mich dann aber kein drittes Mal fragen, denn ich spürte, wie langsam die Kräfte zurückkehrten. Die Zeit des Schwächelns hatte nun endlich ein Ende.

                                                                            Wir sprachen über das Leben, über den Tourismus in dieser Gegend und über meine Route. Sergej, der kräftigste von den drei Männern, war Jäger. Das ganze Jahr über lebt er hier mit seiner Frau Lena und dem dreijährigen Sohn Danja. Die beiden anderen, Vova und Evgeni, halfen ihm beim Bau einer neuen, größeren Hütte. Von den Dörfern an der Küste führt ein Fahrweg hierher, so dass sie ihre Baumaterialien mit einem Lastwagen heranholen konnten. Lena fragte mich nach einem Kompass, offenbar besaß selbst ihr Mann, der immer wieder als Jäger durch die Taiga streift, keinen. Ich schenkte ihnen meinen und erklärte kurz die Anwendung. Auf dem letzten Abschnitt zum Meer würde ich ihn sowieso nicht mehr brauchen. Dann holte ich meine Ausrüstung und das Boot hoch und baute im Dunkeln mein Zelt am Rande der Jagdbasis auf. Regenwolken zogen heran, es wurde eine nasse Nacht.







                                                                            Finale am Ochotskischen Meer

                                                                            Am nächsten Tag wollte es nicht mehr aufhören zu regnen. Ich lag im Zelt bis sich drüben etwas bewegte. Irgendwann wurde Holz gehackt und der Ofen angeschmissen. Dann dauerte es nicht lange und man rief mich ins Haus der Jägerfamilie. Lena rührte Teig für neues Brot an, wie bei den Ewenen wurde es in einer Pfanne mit Öl gebacken. In diesem Fall auch mit etwas Milchpulver und Zucker, daher die Pfannkuchennote... Dann wurde roter Fisch paniert – Kita. Er schmeckte vorzüglich. Von beidem bekam ich etwas mit auf den Weg – ich war überglücklich... Als der Regen gegen Mittag nachließ, brach ich endlich auf.



                                                                            Bei grauem Nieselwetter trieb ich die letzten 45 km des Urak hinab. Die Strömung war durchweg flott, so dass ich noch am selben Abend das Ziel der Tour erreichte. Zweimal sah ich noch Bären am Ufer, die sich lehrbuchmäßig verdrückten. Dann traf ich in der Nähe der ersten Siedlung auf zwei Fischerjungen in einem Ruder-Schlauchboot – reservierte, wortkarge Gesellen, die nicht mal meine Begrüßung erwiderten. Ein Ural wartete im Flussbett, nahm die beiden auf und vorbei war die zweite Menschenbegegnung.

                                                                            Etwa einen Kilometer vor der Mündung ins Ochotskische Meer vernahm ich schließlich das erste Wellengedonner. Ein dumpfes rhythmisches Geräusch, das mich eine brachiale Brandung vorstellen ließ. Etliche Reusen waren hier ausgelegt, an manchen lagen riesige verendete Fische am Flussgrund: silberne, anderthalb Meter lange Prachtexemplare! Gerne hätte ich hier noch einmal mein Angelglück probiert, doch die Zeit war zu knapp, ich wollte noch vor Einbruch der Nacht den Strandwall erreichen.

                                                                            Die Taiga, inzwischen von Laubgehölzen und Farnen dominiert, zog sich immer weiter zurück. Irgendwann umgaben mich nur noch graubraune Kiesflächen, auf denen verrostete Schiffswracks lagen. Dann erreichte ich den Strandsee, welcher aber längst nicht die Ausmaße hatte, wie auf der Karte verzeichnet. Der Urak zeigte sich hier immer noch als Fluss mit spürbarer Strömung, die mich allmählich der Mündung entgegen zog. Aus der Ferne sah ich bereits die Lücke im Strandwall – dort musste bereits das offene Meer sein!



                                                                            Ich war so sehr damit beschäftigt, diesen Übergang irgendwie auf Film und Foto zu bannen, dass ich gar nicht bemerkte, wie schnell mich das Wasser auf einmal hinaustrieb. Ich sah schon die Wellen des offenen Meeres auf mich zurollen, als ich realisierte, dass es gerade Ebbe gab, die dabei war, mich auf die See hinauszuziehen... Leicht panisch schmiss ich die Kamera ins Boot, griff nach dem Paddel und rotierte hastig in Richtung Strand. Die heranrollenden Wellenbrecher warfen mich fast um, da machte ich einen Satz ins Wasser und zog das Boot rasch an Land, ehe es vom zurückströmenden Wasser wieder hinausgezogen wird. Glück gehabt! Wäre ich gekentert, hätte ich die Kamera mit allen Bildern seit der Befahrung der Ketanda verloren...

                                                                            Nun hatte ich aber wieder festen Boden unter den Füßen und alles war in Sicherheit. Ich genoss den Blick über die unendliche Wasserfläche und ließ mich betören vom Rauschen der Wellen. Das Ochotskische Meer war ein überwältigendes Finale, ein kontrastvolles Ende einer langen und beschwerlichen Wildnistour – vom hochkontinentalen Sibirien bis ans offene Meer. Etwa 37, maximal 39 Tage waren für die Wildnisstrecke geplant, 42 sind es am Ende geworden. Eine Hochzeit, bei der ich als Trauzeuge geplant war, musste ich absagen; auch meinen Arbeitgeber musste ich vertrösten, da ich es nicht mehr rechtzeitig zu meinem Dienstbeginn schaffen würde. Immerhin gab es hier erstmals seit Jutschjugej wieder Mobilfunknetz, so konnte ich das gleich alles klären...


                                                                            Urak-Mündung mit Strandwall


                                                                            Finale am Meer


                                                                            ein paar Robben blickten neugierig ans Ufer

                                                                            Hier noch ein letztes Video:

                                                                            Zuletzt geändert von bikevagabond; 29.05.2016, 17:55. Grund: letzte Bilder in den nächsten Beitrag verschoben
                                                                            „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                            Meine bisherigen Reisen

                                                                            Kommentar


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                                                                              Erfahren
                                                                              • 23.07.2011
                                                                              • 436
                                                                              • Privat


                                                                              #39
                                                                              AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                              Danke für das Finale dieser grandiosen Tour.
                                                                              Ich freue mich schon auf den Vortrag - werde Deine Webseite aufmerksam verfolgen.
                                                                              Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                                                                              Eberhard Elsner

                                                                              Kommentar


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                                                                                Erfahren
                                                                                • 22.11.2013
                                                                                • 259
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                Es gibt noch einen Nachschlag – die Rücktour muss ja auch erwähnt werden

                                                                                Nach Ochotsk

                                                                                Als der Abend bereits zu dämmern begann, wechselte ich über auf die östliche Seite der Mündung und schlug mein Zelt direkt auf dem Strandwall auf. Im Kies gab es Reifenspuren – ab und zu musste hier jemand mit dem Auto vorbeikommen. Vielleicht habe ich Glück und kann mich von jemandem ins nächste, etwa 3 km entfernte Dorf Vostrecevo oder gleich zum Ochotsker Flughafen mitnehmen lassen.

                                                                                Nachts konnte ich kaum schlafen, so sehr durchdrang das Wellengedonner den Strandwall. Irgendwie hatte das Meer etwas unheimliches, war es doch windstill und trotzdem rollten die Wellen mit einer Gewalt an die Küste, dass man es nicht wagte, dem Wasser zu nahe zu kommen. Gegen Mitternacht setzte die Flut ein und der Strandsee füllte sich zu einem Ausmaß, das nun dem auf der Karte entsprach. Bis zu meinem Zeltplatz war aber noch genug Spielraum, es war der höchste Punkt des Strandwalls, auf dem auch einiges an Unrat herumlag – ein Zeichen dafür, dass dieser wohl nur bei Sturmfluten überspült wird.


                                                                                Strandsee bei Ebbe


                                                                                im Hintergrund leuchten schon die Lichter vom Dorf Vostrecevo

                                                                                Gegen 5 Uhr in der Frühe hörte ich Schritte, irgendjemand stiefelte um mein Zelt. Ich wollte schon weiterschlafen, als mir bewusst wurde, dass ein Spaziergänger in dieser Gegend sicher mit dem Auto anreist. Ich schaute aus dem Zelt und sah einen Mann mit indigenen Gesichtszügen. Er grüßte mich freundlich, stellte sich als Vova vor und bot mir tatsächlich an, mich mit in sein Dorf Vostrecevo zu fahren. Perfekt, dachte ich mir, nur musste ich noch alles irgendwie einpacken und das im anhaltenden Dauerregen...

                                                                                Alles kein Problem: Vova fährt mal kurz in sein Haus und versucht schon ein Taxi für meine Weiterfahrt nach Ochotsk zu organisieren. Danach kommt er wieder und holt mich ab... Die russische Gastfreundschaft ist einfach klasse! Wenig später fuhr ich mit ihm ins Dorf. Seine Frau, eine Russin, die sich als „Baronin von Korf“ bezeichnete, hatte schon auf uns gewartet und „Pelmeni“ (gefüllte Teigtaschen) sowie einen Stapel „Blini“ (Pfannkuchen) vorbereitet. Nachdem wir uns die Bäuche vollgeschlagen hatten, ging es weiter zum Fluss Ochota. Hier gibt es keine Brücke und auch keine Fähre, daher fragten wir einen zufällig anlegenden Fischer, ob er mich mit seinem Motorboot auf die andere Seite bringt. Dort würde demnächst ein Taxi auftauchen, welches mich zum Flughafen bringen soll.

                                                                                Gesagt, getan – ich verabschiedete mich dankend von Vova und ließ mich vom Fischer über den Fluss bringen. Dann wartete ich in einem offenen Metallcontainer, einer Art Schutzhütte, auf das Taxi. Nach einer Stunde kam es wie versprochen vorgefahren. Der Preis war allerdings um das Doppelte höher als angekündigt. Ich verhandelte nicht, war ich doch einfach nur froh, dass alles so reibungslos läuft und ich schon bald in den nächstbesten Flieger nach Chabarovsk steigen könnte. Nach Jakutsk wäre auch gegangen, aber diese Verbindung bestand nur dreimal pro Woche, die nach Chabarovsk dagegen täglich.




                                                                                Novoje Ustje


                                                                                am Fluss Ochota




                                                                                Wartehäuschen...


                                                                                Ankunft am Flughafen Ochotsk

                                                                                Das Flughafengebäude von Ochotsk ähnelte dem eines typisch russischen Kleinstadt-Bahnhofs. Jeder kannte sich hier, man beglückwünschte sich zum „Djen Rybaka“ – dem Tag des Fischers – und es dauerte nicht lange, bis auch ich mich mit dem Flughafenpersonal bekannt machte. Nachdem einer von ihnen – Jura – spitz gekriegt hatte, dass ich quasi im Alleingang aus Jakutien hierher gekommen war, saß ich auf einmal zu Gast im Büro hinter den Fahrkartenschaltern. Jura erzählte mir von seinen Schneemobil- und Bootstouren ins Landesinnere, vom verlassenen Dorf Ketanda, in dem angeblich noch eine „Babuschka“ lebt, und von einem verrückten Russen, der im vergangenen Sommer ebenfalls über den Suntar-Chajata und dann den Ochota hinab nach Ochotsk gekommen war... Es handelte sich natürlich um Sergej Ermakov alias Strannic, dessen Videos ich mir im Voraus dieser Tour angeschaut hatte. Auch er war damals Gast in diesem Büro...

                                                                                Rückflug

                                                                                Noch am selben Nachmittag des 12. Juli saß ich im Flieger nach Chabarovsk. Es war eine kleine Maschine, in der offenbar immer dieselben Leute flogen. Die Sicherheitseinweisung machte man nur für mich – auf Englisch – während die anderen Fluggäste schon teilweise einschliefen. Auch war ich der einzige, der an Bord mit einem kleinen Snack versorgt wurde... Ich kam mir vor wie ein Staatsgast. Das Ticket kostete übrigens 12.000 Rubel (225 Euro), bei einem Freigepäck von 20 kg. Für die verbleibenden 15 kg Übergepäck zahlte ich noch zusätzliche 1800 Rubel (34 Euro).


                                                                                da hinten wartete schon meine Maschine


                                                                                Küste vor Ochotsk

                                                                                In Chabarovsk, einer Großstadt an der chinesischen Grenze, war ich dann aber wieder zurück in der kapitalistischen Realität. Ein Weiterflug nach Moskau und Berlin war nur noch in der Business Class verfügbar – für mindestens 85.000 Rubel (rund 1400 Euro)! Zum Vergleich: der gebuchte Hinflug nach Jakutsk kostete uns jeweils nur 14.800 Rubel (260 Euro). Den nächsten freien Platz in der Economy Class gab es erst am 20. Juli – in 8 Tagen... So lange konnte ich unmöglich warten, war ich doch jetzt schon viel zu spät dran.

                                                                                Ich quartierte mich für eine Nacht in einer nahen „Gostinica“ (Herberge) ein und versuchte mein Glück noch einmal am nächsten Morgen – in der Hoffnung, einen zufällig frei gewordenen Platz der günstigen Klasse „last minute“ abgreifen zu können. Die Frau am Ticketschalter fand aber keinen und suchte verzweifelt nach einer Alternative. Schließlich fand sie etwas, das zwar immer noch überteuert war, aber weit unterhalb der Preiskategorie der Businessflüge lag: ein Rückflug über zwei Tage mit zwei Umstiegen via Novosibirsk und Moskau. So verbrachte ich noch einen Tag und eine Nacht auf dem Chabarovsker Flughafen, einen weiteren Tag auf dem Novosibirsker und eine Nacht auf dem Moskauer... Es war eine Odyssee wie früher, als ich noch mit der Bahn durch Russland reiste.


                                                                                die Nacht in der Gostinica nutzte ich zum Trocknen der nassen Ausrüstung


                                                                                Chabarovsker Flughafen

                                                                                Berlin erreichte ich schließlich am 15. Juli – nach sieben, statt der ursprünglich geplanten sechs Wochen. 4 kg Körpergewicht hatte ich in dieser Zeit verloren. Das klingt an sich nicht viel, aber wenn man bedenkt, dass ich generell nur wenige Reserven mit mir herumtrage und der übliche Spielraum bei früheren Reisen nie mehr als 2 kg betrug, hätte etwas mehr schon ein Hungergerippe aus mir gemacht...

                                                                                In den folgenden Wochen befand ich mich in einer regelrechten Fresslaune, schlug alles in mich hinein, was ging, um den Gewichtsverlust wieder auszugleichen. Es dauerte etwa so lange, wie ich unterwegs war, ehe ich wieder einen normalen Appetit verspürte. Dabei wurde mir mal wieder bewusst, wie unfassbar gut wir es hier haben – denn es ist wirklich ALLES zu JEDER ZEIT und ÜBERALL verfügbar!!


                                                                                Souvenirs im Wandel der Zeit...
                                                                                „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                                Meine bisherigen Reisen

                                                                                Kommentar


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                                                                                  • 642
                                                                                  • Privat


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                                                                                  AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                  Vielen Dank, dass Du uns an diesem grossartigen Abenteuer hast teilnehmen lassen.

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Erfahren
                                                                                    • 22.11.2013
                                                                                    • 259
                                                                                    • Privat


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                                                                                    AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                    Nachwort

                                                                                    Auch wenn ich schon wieder die Vorzüge der Zivilisation genießen durfte, so war das Abenteuer noch längst nicht vorbei. Robert war noch immer irgendwo in der sibirischen Taiga unterwegs. Seit unserer Trennung am Pass (23. Juni) hatte ich noch kein Lebenszeichen von ihm erhalten. Zunächst erwartete ich auch keins, denn er würde erst bei Erreichen eines Dorfes wieder die Möglichkeit dazu haben. Als spätesten Termin peilte er den 20. Juli an, mit seinen Proviantreserven meinte er im Notfall sogar noch etwas länger auszukommen.

                                                                                    Da ich aber mit der ungefähr gleichen Proviantmenge bei deutlich früherer Ankunft schon an meine körperlichen Grenzen gelangte, ging ich davon aus, dass er sich gegen die kraftraubende Portage entscheiden und auf der Judoma bleiben würde. Das nächste Dorf wäre dann Jugorjonok in Jakutien. Der Weg dorthin war allerdings nicht kürzer und geprägt von vielen Stillwasserabschnitten. Niemand konnte mit Gewissheit sagen, wie lange es dauern würde, dort durchzukommen.

                                                                                    Die Tage verstrichen. Bis zum 20. Juli gab es keine Meldung von Robert. Auch am 21. Juli: keine Meldung. Am 22. Juli: immer noch keine Meldung... Doch dann erfuhr ich von seinem Notfallkontakt in Russland, dass er bereits am 21. irgendein Dorf erreicht hat und noch etwa eine Woche bis Jakutsk benötigen würde. Wie sich herausstellte, war er tatsächlich in Jugorjonok angekommen.

                                                                                    Die ersten Menschen traf er am 20. Juli an der Judoma-Krestovskaja Hütte, wo die historische Portage von Vitus Bering begann, ein Kreuz erinnert noch heute daran. Nach Jugorjonok nahm ihn dann ein Jäger im Motorboot mit, was ihm etwa eine weitere Woche Paddeln erspart hat. Von da ging es mit Fahrzeugen auf einem Schotterpistenfragment nach Eldikan am Aldan und mit einem Wassertaxi weiter nach Ust-Maja. Aus diesem Ort konnte er sich dann mit einem der fast täglichen Flüge nach Jakutsk bringen lassen.

                                                                                    Ergänzende Geschichten

                                                                                    Ich war gespannt, was Robert von seinem Solo-Abschnitt zu berichten hat. Immerhin war er mit der gleichen Proviantreserve ganze 10 Tage länger in menschenleerer Wildnis unterwegs gewesen. Wie hatte er das geschafft? Und wie ist es ihm in den Bergen ergangen? War es möglich, den Mus-Chaja – den höchsten Gipfel des Suntar-Chajata – zu besteigen? Aus Jakutsk bekam ich schon bald die ersten Antworten:

                                                                                    Mit dem Schwächegefühl ging es bei Robert schon am 25. Juni los, also nur zwei Tage nach unserer Verabschiedung. Der Weg zum Gletscher war sehr schwer, tiefer und nasser Schnee erlaubte nur ein schleppendes Vorankommen. Immer wieder brach er bis zur Hüfte ein... Das hatte ihm viel Kraft genommen und der Mus-Chaja blieb unbezwingbar. Immerhin: bis auf die Gletscher und einer namenlosen Spitze mit 2600 m hatte er es noch geschafft. Von dort sah der Mus-Chaja "uneinnehmbar" aus – mit Steilwänden nach allen Seiten. Sehr interessant war wohl auch die alte, inzwischen verfallene Wetterstation, die windumtost auf einer Passhöhe in 2000 m Höhe steht.




                                                                                    verlassene Wetterstation


                                                                                    auf den Gletschern am Mus-Chaja



                                                                                    Am Fuss des Gletschers fand Robert auch den Lagerplatz jener Gletscherforscher, von denen Strannic in einem seiner Videos berichtet hatte. Er hoffte dort auf ein paar zurückgelassene Lebensmittel, fand aber nur ein paar Kisten mit Müll. Dann doch ein Fund: eine 5 Liter Plastikflasche, gefüllt mit selbstgemachten Zwiebackwürfeln. Beim Öffnen der Flasche entwich ein übler Plastikgeruch, immerhin lagerte der Zwieback hier schon zwei Jahre. Aber ihn einfach liegen lassen? Nein, das kam nicht in Frage! Jede zusätzliche Kalorie war ein Geschenk...



                                                                                    Der anschließende Weg erneut hoch zum Nitkan-Pass war wieder sehr ermüdend. Gefühlt war er viel schwerer, als beim ersten Mal, obwohl es diesmal ideales Wetter gab. Bis zum ersten Holz – und damit wieder warmem Essen – hat es noch weitere zwei Tage gedauert. Dann kamen aber drei Tage Regen, die er aussitzen musste, da das Wasser im Nitkan-Canyon fürs Rafting gefährlich hoch angestiegen war. Schließlich konnte er doch aufs Wasser und durch den Nitkan-Canyon zum Snezhnik-Canyon, wo er für einen Erkundungsgang einen Pausentag einlegte.


                                                                                    zweiter Aufstieg zum Nitkan-Pass


                                                                                    im Nitkan-Canyon


                                                                                    Snezhnik-Canyon

                                                                                    Hier bemerkte er, wie schwer das Laufen mittlerweile ohne Rucksack war und wie dünn Arme und Beine geworden waren. Die 100 Gramm-Rationen forderten bereits ihren Preis, die Reserven waren aufgebraucht. Zudem kreisten die Gedanken mehr und mehr ums Essen. Das ging sogar soweit, dass ein einzelnes Reiskorn, welches aus Versehen zu Boden fiel, sogleich gesucht und in den Topf zurückgetan wurde. Das kam mir irgendwie vertraut vor, hatte ich doch ähnliche Situationen mit Hafer und Buchweizen erlebt...

                                                                                    Das weitere Rafting beschrieb Robert als einfach und schön. Störend waren nur die unendlich vielen Holzhindernisse – die erforderten ständig vorausschauende Wachsamkeit. Dann folgten das Tor der Judoma und die Dikij-Stromschnellen – fotogene Orte, die er bei gutem Wetter passierte. Tagsüber bei grosser Hitze und etwas Gegenwind ließ er das Boot meist nur treiben, mit gelegentlichen Paddelschlägen. Erst abends bei Kühle und Windstille machte er noch ordentlich Kilometer, ohne sich dabei zu erschöpfen. Tagsüber umkreisten ihn mit lautem Summen Schwärme von Bremsen, ab dem Abend waren es dann Wolken von Mücken. Ohne Netz und stichfeste Jacke wäre es die reine Folter gewesen...








                                                                                    klassischer Lagerplatz im Flussbett


                                                                                    Dikij-Schwellen bei Sonnenschein


                                                                                    Stillwasserabschnitt

                                                                                    Gewitter erzwangen am 11. Juli einen Pausentag, danach folgte ununterbrochen gutes Wetter. Teilweise wurde es richtig heiß: bis 35 Grad! Auf die Sumpf-Portage zur Ketanda hatte Robert inzwischen weder Lust noch Kraftreserven. An der Flussbiege, wo die Portage beginnt, suchte er nur das Ufer ab, um eine Nachricht von mir zu finden. Spuren von Bären, riesigen Wölfen und Elchen gab es – aber keine Gummistiefelabdrücke. Zwischenzeitlicher Regen hatte schon längst alles verwischt.

                                                                                    Am Abend dieses Tages fand er 15 km stromabwärts noch eine Hütte – mit Lebensmitteln. In den nächsten zwei Tagen aß er soviel, wie zuvor in einer ganzen Woche... Einen Tag später kam wieder eine Hütte. Sie war noch im Bau, aber unter dem Dach hingen viele Vorräte an Reis, Nudeln und Zucker – die Zeit des Hungers war vorbei! Nach 27 Tagen im Alleingang erreichte er schließlich die Judoma-Krestovskaja Hütte und mit ihr die ersten Menschen. Es gab leckeren Fisch, Brot, Schokolade... In Jakutsk kam er dennoch mit 10 kg weniger an, als er gestartet war.


                                                                                    Rettende Lebensmittel...


                                                                                    Judoma-Krestovskaja Hütte


                                                                                    mit Motorboot nach Jugorjonok

                                                                                    Irgendwann kamen wir noch auf das Thema Bären zu sprechen. Entlang der Judoma hatte ich ja keinerlei Begegnungen mit dem König der Taiga, Robert aber schon... Morgens im Zelt hörte er mehrmals große schwere Tiere direkt neben ihm auf den Steinen klappern, manchmal eindeutig ein Elch, manchmal unklar. Rausgeschaut hatte er in solchen Fällen nie. Auch in der Hütte mit den Lebensmitteln hörte er am Morgen ein sehr schweres Tier lange vor der Tür schnaufen und schnuppern, sicher ein Bär. Natürlich hat er auch hier die Tür nicht aufgemacht, bis es weg war.

                                                                                    Am Tag darauf fuhr er bei tiefstehender Abendsonne gegen Westen. Das Wasser blendete wie ein Spiegel, es war absolut nichts zu sehen. Plötzlich hörte er dicht neben sich ein lautes Schnaufen. Er drehte sich um und sah schräg hinter sich einen großen Braunbär auf sein Boot zuschwimmen. Robert hatte im Gegenlicht der untergehenden Sonne absolut nichts davon bemerkt, wie der Bär vom Ufer ins Wasser gegangen war. Er brüllte den Bären an, aber das half gar nichts. Also versuchte er mit dem Paddel mehr Fahrt aufzunehmen. Zum Glück gab's an jener Stelle etwas Strömung und die Distanz zwischen Bär und Boot verringerte sich nicht weiter. Schließlich gab der Bär auf und kehrte an sein Ufer zurück...


                                                                                    aus sicherer Entfernung gelang noch ein Foto vom zurückschwimmenden Bär

                                                                                    Die Bären sollten im Juli eigentlich schon satt genug sein, als dass sie noch so mutig auf Menschen zugehen. Aber wie man an diesem und meinem Beispiel vom Bärenangriff an der Ketanda sieht, ist auf derartige Faustregeln nicht wirklich Verlass.

                                                                                    Zustand der Boote

                                                                                    Unsere Schlauchboote mussten auf dieser Tour unglaublich viel einstecken. Auf den Naleds des Suntar wurden sie lange Strecken übers Eis gezogen und im Flachwasser des Oberlaufs tagelang über den Flussbettschotter. Roberts neues Drakar Meridian hatte dabei erstaunlicherweise keine wirklichen Schäden davon getragen. Nur beim Treideln auf dem Suntar bestand eine gewisse Gefahr, dass die oft benutzten Griffe abreißen könnten und das Boot in der starken Strömung sofort wegtreibt. Die Griffe blieben zwar unbeschädigt, im Anschluss der Reise ließ sich Robert aber vom litauischen Hersteller Drakar breitere sowie stärkere Griffe annähen und vorsichtshalber auch die Naht am Bodenballon verstärken.

                                                                                    Bei meinem Alpacka Explorer 42 zeigten sich, anders als beim Meridian, schon am Oberlauf des Sunter erste deutliche Abrieberscheinungen auf der Bootsunterseite. Dies mag einerseits dem Umstand geschuldet sein, dass ich mein Packraft schon seit zwei Jahren auf diversen, teils anspruchsvollen Touren im Einsatz hatte. Andererseits sorgt das im Boot befindliche Gepäck immerzu für einen harten Kontakt mit dem Untergrund, da der einfache Bootsboden nichts abfedern kann. Daher ist es auch kein Wunder, dass sich auf der ruppigen Portage zur Ketanda schließlich das erste Loch in den Unterboden gerieben hatte. Fortan trat nach einer gewissen Zeit immerzu Wasser in den Bootsraum ein.

                                                                                    Bevor ich die Ketanda hinunterfuhr, machte ich das Loch ausfindig und klebte es provisorisch ab, da mir das Flicken eines einzelnen Lochs zuviel Aufwand war. Wenn, dann müsste man gleich die gesamte aufgeriebene Fläche überkleben, was ich lieber daheim von professioneller Hand machen lassen wollte. Das sollte auch die richtige Entscheidung sein, denn als ich das Boot nach der Tour genauer inspizierte, fand ich nicht nur ein Loch – nein, ich fand ganze zwölf Löcher!! Klar, dass das Abkleben eines einzelnen Lochs letztlich auch nichts geholfen hat und ich so auf die letzten Tage immerzu mit Schöpfen beschäftigt war. Der viel wichtigere Schlauch hat zum Glück keinen Schaden davon getragen, hier zeigten sich nach wie vor nur die üblichen oberflächlichen Kratzer.

                                                                                    Den aufgeriebenen, durchlöcherten Unterboden des Packrafts ließ ich dann im Herbst in der Dresdner Werkstatt des Packrafting Store überkleben. Damit wiegt das Boot nun ein wenig mehr, aber es erfüllt weiterhin seinen Zweck. Ich würde es wieder auf so eine Tour mitnehmen – allerding nur, wenn sich die Treideletappen in Grenzen halten und längere Trageetappen einen Packrafteinsatz rechtfertigen.





                                                                                    Marschroute

                                                                                    Zum Schluss noch eine Übersicht zu der von mir begangenen Route:

                                                                                    Gesamtstrecke:

                                                                                    Kolymatrasse – Ochotskisches Meer
                                                                                    31.5. – 11.7.2015 +++ 41 Tage
                                                                                    685 km (779 km unter Einbeziehung der dreifach zurückgelegten Fußetappen)
                                                                                    - 50 km (141 km) zu Fuß an 12 Tagen
                                                                                    - 98 km Treideln an 19 Tagen
                                                                                    - 528 km Rafting/Paddeln an 15 Tagen
                                                                                    - 9 km Naledquerungen an 4 Tagen

                                                                                    Teilstrecken:

                                                                                    Marsch zum r. Suntar
                                                                                    31.5. – 3.6.2015 +++ 3 Tage
                                                                                    15 km (45 km) zu Fuß

                                                                                    r. Suntar
                                                                                    3.6. – 21.6.2015 +++ 18 Tage (darunter 2 Pausentage)
                                                                                    102 km (111 km) Treideln, Naledquerungen, Paddeln, zu Fuß
                                                                                    - 87 km Treideln (stromauf)
                                                                                    - 9 km Naledquerungen (mit Boot auf Eis)
                                                                                    - 2 km Paddeln (Stillwasser stromauf)
                                                                                    - 4 km (13 km) zu Fuß

                                                                                    Passquerung zum r. Nitkan
                                                                                    21.6. – 26.6.2015 +++ 5 Tage
                                                                                    24 km (72 km) zu Fuß

                                                                                    r. Nitkan und r. Judoma
                                                                                    26.6. – 2.7.2015 +++ 6 Tage
                                                                                    296 km Rafting/Paddeln (935 m Höhenmeter)

                                                                                    Portage zum r. Ketanda
                                                                                    3.7. – 5.7.2015 +++ 3 Tage
                                                                                    21 km (28 km) zu Fuß, Paddeln, Treideln
                                                                                    - 7 km (14 km) zu Fuß
                                                                                    - 3 km Paddeln
                                                                                    - 11 km Treideln (stromab)

                                                                                    r. Ketanda und r. Urak
                                                                                    6.7. – 11.7.2015 +++ 6 Tage
                                                                                    227 km Rafting/Paddeln (510 Höhenmeter)

                                                                                    „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                                    Meine bisherigen Reisen

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Erfahren
                                                                                      • 22.11.2013
                                                                                      • 259
                                                                                      • Privat


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                                                                                      AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                      Ich danke allen, die mich mit ihrem Interesse und dem stets positiven Feedback dazu ermutigt haben, diese doch sehr lang gewordene Reisegeschichte vollständig niederzuschreiben! Ich hoffe, sie hat auch einen informativen Wert für diejenigen, die mal eine ähnliche Tour unternehmen wollen. Falls dennoch Fragen zu bestimmten Details aufkommen sollten - ich versuche sie zu beantworten! Sollte ich mich längere Zeit nicht melden, bin ich möglicherweise wieder irgendwo Sibirien unterwegs
                                                                                      „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                                      Meine bisherigen Reisen

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                                                                                        Erfahren
                                                                                        • 22.08.2007
                                                                                        • 450
                                                                                        • Privat


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                                                                                        AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                        ...diese doch sehr lang gewordene Reisegeschichte vollständig niederzuschreiben!
                                                                                        Danke! Echt beeindruckende Tour ... obwohl das Hungerleiden nichts für mich wäre.


                                                                                        Sollte ich mich längere Zeit nicht melden, bin ich möglicherweise wieder irgendwo Sibirien unterwegs
                                                                                        Dann wünsche ich schon mal God Tur! - oder wie das auf russisch heisst

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Erfahren
                                                                                          • 22.11.2013
                                                                                          • 259
                                                                                          • Privat


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                                                                                          AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                          Zitat von sarek2007 Beitrag anzeigen
                                                                                          Danke! Echt beeindruckende Tour ... obwohl das Hungerleiden nichts für mich wäre.
                                                                                          Für mich auch nicht.. dennoch war es rückblickend eine interessante und vielleicht auch wichtige Erfahrung.
                                                                                          „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                                          Meine bisherigen Reisen

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Erfahren
                                                                                            • 04.02.2016
                                                                                            • 193
                                                                                            • Privat


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                                                                                            AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                            Vielen Dank für den tollen Bericht! Einfach Wahnsinn Deine Tour!, perfekt geplant und umgesetzt, sportlich und mental eine irre gute Leistung!
                                                                                            Den "Bärenstress" würde ich mental nie durchstehen können!
                                                                                            Danke + Gruß! Gert

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              • 8
                                                                                              • Privat


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                                                                                              AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                              Danke fürs den tollen Bericht und die klassen Fotos. Hab gar nicht mehr aufhören können zu lesen und sie fast in einem durchgelesen. Es war die Zweite, die ich von dir las. Auch die im Sajangebirge hat mich sehr beeindruckt. Mir ist bei den Bärenstories immer das Herz in die Hose gerutscht. Bin ja auch bald da.... (siehe Robtrek Bericht).

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Erfahren
                                                                                                • 22.11.2013
                                                                                                • 259
                                                                                                • Privat


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                                                                                                AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                                Die Bärenbegegnungen auf dieser Tour waren zwar einige Male haarsträubend, aber in der Regel (ab dem Hochsommer), sollte sowas wirklich die Ausnahme bleiben...
                                                                                                Dann hab noch eine schöne Tour am Baikal und lass dich nicht von anderen verunsichern!
                                                                                                „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                                                Meine bisherigen Reisen

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                                                                                                  • 780
                                                                                                  • Privat


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                                                                                                  AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                                  Richard, auch von mir ein herzliches Dankeschön für deinen ausführlichen Bericht. Wenn alle so schreibfaul wären wie ich, würden die vielen Wildnisfans in diesem Forum nicht an solch einmaligen Erlebnissen teilhaben können.

                                                                                                  Zitat von bikevagabond Beitrag anzeigen
                                                                                                  Die Bärenbegegnungen auf dieser Tour waren zwar einige Male haarsträubend, aber in der Regel (ab dem Hochsommer), sollte sowas wirklich die Ausnahme bleiben...
                                                                                                  Oh ja!

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Erfahren
                                                                                                    • 28.03.2013
                                                                                                    • 373
                                                                                                    • Privat


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                                                                                                    AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                                    Habe diesen tollen Bericht in den letzten Tagen begeistert durchgelesen. Ich muss sagen: Weltklasse!
                                                                                                    Erstens ist die Tour an sich natürlich aussergewöhnlich und hammermässig krass. Dann kommen dazu noch technisch und qualitativ sehr gute Fotos, die die Landschaft und die Stimmung super rüberbringen. Und die auch sehr guten Videos wo man mal kurz mitpaddeln, -treideln und wandern kann. Schliesslich hast Du auch einen sehr guten Schreibstil, das könnte man direkt in ein Buch übernehmen. Also: Vielen Dank für die Arbeit und fürs Teilen!

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Neu im Forum
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                                                                                                      • 8
                                                                                                      • Privat


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                                                                                                      AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                                      Zitat von bikevagabond Beitrag anzeigen
                                                                                                      Ich danke allen, die mich mit ihrem Interesse und dem stets positiven Feedback dazu ermutigt haben, diese doch sehr lang gewordene Reisegeschichte vollständig niederzuschreiben! Ich hoffe, sie hat auch einen informativen Wert für diejenigen, die mal eine ähnliche Tour unternehmen wollen. Falls dennoch Fragen zu bestimmten Details aufkommen sollten - ich versuche sie zu beantworten! Sollte ich mich längere Zeit nicht melden, bin ich möglicherweise wieder irgendwo Sibirien unterwegs
                                                                                                      Super Trip !! Ich hätte eine Frage, da ich etwas ähnliches in Plannung habe. Betrifft deine Packraft.
                                                                                                      Was ist das für eine Modell? Und wo hast du es her? ;)))
                                                                                                      Mega Trip von euch!!!
                                                                                                      LG
                                                                                                      Fernando
                                                                                                      HUT AB!!

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Erfahren
                                                                                                        • 22.11.2013
                                                                                                        • 259
                                                                                                        • Privat


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                                                                                                        AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                                        Zitat von SouthWest Beitrag anzeigen
                                                                                                        Habe diesen tollen Bericht in den letzten Tagen begeistert durchgelesen. Ich muss sagen: Weltklasse!
                                                                                                        Erstens ist die Tour an sich natürlich aussergewöhnlich und hammermässig krass. Dann kommen dazu noch technisch und qualitativ sehr gute Fotos, die die Landschaft und die Stimmung super rüberbringen. Und die auch sehr guten Videos wo man mal kurz mitpaddeln, -treideln und wandern kann. Schliesslich hast Du auch einen sehr guten Schreibstil, das könnte man direkt in ein Buch übernehmen. Also: Vielen Dank für die Arbeit und fürs Teilen!
                                                                                                        Besten Dank für das Feedback! Vielleicht schreibe ich ja wirklich mal ein Buch

                                                                                                        Zitat von pescador1965 Beitrag anzeigen
                                                                                                        Super Trip !! Ich hätte eine Frage, da ich etwas ähnliches in Plannung habe. Betrifft deine Packraft.
                                                                                                        Was ist das für eine Modell? Und wo hast du es her? ;)))
                                                                                                        Das Packraft ist ein "Alpacka Explorer 42", gekauft 2013 beim packrafting-store, nachdem ich es bei einer Messe angeschaut und getestet hatte. Die Alpacka-Modelle sind jetzt allerdings nicht mehr im Sortiment, als Äquivalent zum Explorer wird nun das "MRS Adventure X2" angeboten (Größe, Gewicht und Robustheit sind ähnlich).
                                                                                                        „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                                                        Meine bisherigen Reisen

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Erfahren
                                                                                                          • 28.03.2013
                                                                                                          • 373
                                                                                                          • Privat


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                                                                                                          AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                                          Zitat von bikevagabond Beitrag anzeigen
                                                                                                          Besten Dank für das Feedback! Vielleicht schreibe ich ja wirklich mal ein Buch
                                                                                                          Um in Übung zu bleiben musst Du auch dringend den anderen (Bike-rafting) Bericht weiterschreiben!

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Erfahren
                                                                                                            • 22.11.2013
                                                                                                            • 259
                                                                                                            • Privat


                                                                                                            #54
                                                                                                            AW: [RU] Suntar-Chajata: 6 Wochen Treideln, Trekking, Rafting zum Ochotskischen

                                                                                                            Ja, Recht hast du, SouthWest.. nur bin ich allzu oft unterwegs, als dass ich die nötige Zeit und Muße dafür finde. Bin gerade erst wieder zurück von einer Winterradtour durch Nordjakutien...
                                                                                                            „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
                                                                                                            Meine bisherigen Reisen

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