Tourentyp | Trekkingtour |
Breitengrad | -21.1026301 |
Längengrad | 55.504303 |

Reunion 04. - 20. September 2013
"Warum kommt ihr nach Reunion obwohl ihr kein Französisch könnt?"
Das fragte uns ein (wie sich noch zeigen sollte) ziemlich netter Franzose auf englisch, nachdem er uns bei der Verständigung mit einem Einheimischen half.
"Weil ich erwartet hatte, dass in einem Land zu dessen wirtschaftlichen Hoffnungsträgern auch der Tourismus zählt, zumindest die Leute, die potentiell mit Touristen zu tun haben, des Englischen halbwegs mächtig sind oder sich wenigstens Mühe geben!" hätte ich ihm am liebsten in`s Gesicht geschrien.
Doch redete nicht ich mit ihm, sondern meine Freundin - vielleicht war es besser so.
Wahrlich: Wer Französisch kann, hat es auf Reunion wirklich leichter. Die Wenigsten sprechen englisch. Sogar Angestellte in den Touristen-Infos tun sich schwer mit Englisch. Zum Glück sind die meisten eher freundlich und gewillt einem zu helfen, so dass es zumindest dort kaum Schwierigkeiten gibt. Mit Betreibern von Gites (also Berghütten/Hostels) auf englisch zu reden ist dagegen zumeist sehr schwierig.
Aber mit einer Frau an Bord, die mit den Augen zwinkert und total angestrengt versucht einen Satz in Landessprache zusammen zu bauen, ist alles nur noch halb so schwer
Meine Freundin und ich waren etwa 2 Wochen mit Rucksack und Zelt auf Reunion unterwegs.
Die letzten 3 Nächte haben wir noch im Hotel verbracht um auch etwas Strandurlaub zu machen.
Es ging von Hamburg mit dem Nachtzug nach Paris, dort einen Tag umgucken und dann über Nacht mit dem Flieger nach Reunion. Zurück fast das gleiche Programm, nur eben morgens in Paris angekommen und dann mit einem "normalen" Zug zurück.
Rückblickend würde ich für den Rückweg lieber einen Anschlussflug nach Hamburg nehmen, da die ganze Rückreise eh schon lange dauert und man dann nicht noch zusätzlich in Paris auf den Zug warten, nochmal umsteigen und wieder warten will - auch wenn der Flug deutlich teurer ist, als die Bahnfahrt.
Leider istquikmaps gerade nicht wirklich funktionstüchtig - sonst hätte ich auch ein paar Karten gemalt.
1. Tag (Do. 05.09.2013)
Nachdem wir am Flughafen etwas außerhalb der Hauptstad St. Denis unsere Rucksäcke vom Gepäckband holten, fanden wir auch gleich eine Tourist-Info in der Halle. Wir bekamen eine durchaus hilfreiche Touristen-Karte und erfuhren wo ein Bus Richtung Innenstadt abfährt. Außerhalb des Flughafengebäudes schlägt einem Hamburger erst mal ein sehr ungewohntes Klima entgegen - tropisch eben. Es ist immer wieder faszinierend, wenn man nach vielen Stunden Flug am anderen Ende der Welt landet und man plötzlich in einer anderen ganz anderen Welt angekommen ist. Die Luft, Vegetation, Verkehr, Menschen - alles ist anders.
Wir fanden die Haltestelle und mussten zum Glück nicht zu lange warten um Richtung St. Denis zu starten.
Je näher wir der Hauptstadt kamen, desto weniger gefiel uns, was wir sahen. Die Stadt und die Umgebung ist für unsere Begriffe nicht wirklich schön. Sie wirkt einfach wenig einladend und wir wollten möglichst fix in die Berge. Von der Haltestelle Ocean ging es dann erneut mit dem Bus durch die Stadt und in Serpentinen immer weiter nach oben. Nachdem wir einige Höhenmeter innerhalb der Stadt zurückgelegt hatte mussten wir aussteigen, da der Bus ab hier nicht weiterfuhr und der weitere Weg nur von einer Art Shuttle-Taxi zurückgelegt wird. Die Zeit verging und kein Taxi war in Sicht. Hin und wieder flammte die Hoffnung auf, als wieder ein Auto auf den geschlängelten Straßen an uns vorbeisauste. Nach endlos langer Wartezeit tauchte dann tatsächlich ein Mini-Van in den Farben des Busunternehmens auf. Etwa eine viertel Stunde später hatten wir erneut einige Höhenmeter zurückgelegt und erreichten auch die Endstation. Es war bereits ziemlich spät, es nieselte und einigermaßen kalt war es jetzt aufgrund der Höhe auch. All diesen Umständen zum Trotz fühlten wir uns das erste mal richtig wohl. Wir waren draußen, mit den Rucksäcken und uns selbst. Der Weg war leicht gefunden und führte zunächst auf der Straße bis zu einem Parkplatz von wo aus der GR1 startet.
Wir folgten dem GR1 und schon bald kam Outdoor-Feeling auf. Wir schnauften, wir schwitzten und schleppten uns den Berg hinauf. Der Tag war bereits sehr anstrengend gewesen und nach dieser langen Anreise mit Zwischenstop in Paris - das war uns vorher klar - würden wir es sehr begrüßen die erste Nacht in einer Hütte mit Bett zu verbringen. Deswegen hatten wir eine Nacht in der Gîte de la Roche Ecrite (Plaine des Chicots) gebucht.
Als es dämmerte war uns klar, dass wir wohl nicht bei Tageslicht ankommen würden und schon kurze Zeit später hatten wir Stirnlampen auf. Den Weg zu finden war Gott sei Dank auch dann noch kein Problem. Im Dunkeln stapften wir also weiter und sahen zwischendurch auch einen Tanrek, welcher vor uns über den Waldweg huschte. Tanreks sind kleine stachelige Zeitgenossen, die jedenfalls für mich einfach wie Igel aussehen.
Müde und hungrig waren wir dann doch sehr froh als wir das Licht der Hütte erahnen konnten. Wir freuten uns auf eine gemütliche Ecke, vielleicht ein Bier und etwas zu essen. Die Freude währte jedoch nicht lange. Wir legten die Rucksäcke auf der Veranda ab und öffneten die Tür.
Von einer Begrüßung zu reden wäre übertrieben. Ein grimmig drein schauender Mann stand hinter einem Tresen, sah uns wortlos an und trocknete gelangweilt einen Teller ab. Mit dem Versuch uns davon nicht aus der Ruhe bringen zu lassen traten wir heran und versuchten mit englisch kundzutun, dass wir eine Reservierung hätten. Da die ausgedruckte Reservierungs-Bestätigung wohl unmissverständlich war, gab es auch keine Probleme damit - dumm nur, dass wir ihm zunächst den falsche Ausdruck gaben. Auf diesem war die Bestätigung auch zu finden, doch hatte ich rückseitig noch einige andere Infos gedruckt, die wir noch brauchen würden.. Nachdem wir das bemerkt hatten, versuchte Lena dem Herrn zu verstehen zu geben, dass sie den anderen Zettel gern zurückhaben möchte. Es gelang ihr nicht. Erst nachdem sich der eingangs erwähnte Franzose als Übersetzer anbot, wollte der Mann verstehen und tauschte die Zettel. Wir waren desillusioniert. Diese Begrüßung, die Unfreundlickeit, so wenig Hilfsbereitschaft und vor allem das Ambiente der Hütte waren eine riesen Enttäuschung gleich zu Beginn der Tour. Hohe Decken und riesige Fenster, fast keine Deko und grimmige Betreiber. So kenne ich Berghütten nicht und war entsprechend schlecht drauf. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Doch das schlimmste waren die Zimmer bzw. Betten. Ein komplett verschimmeltes, unbeheiztes Zimmer mit klammen Matratzen, Kissen und Decken erwartete uns und die 5 anderen Gäste. Eine Frechheit!
Die Nacht war sehr kalt. Die Temparaturen hier hatten wir deutlich überschätzt. Ziemlich fertig schliefen wir schnell ein.

Leider machte die Gîte de la Roche Ecrite keinen guten Eindruck. Bei Verschimmelter Zimmerdecke und klammen Bettzeug hätten wir gern auch im Zelt geschlafen

Die Gîte de la Roche Ecrite bei Tageslicht
Tag 2. (Fr. 06.09.2013)
Die Nacht war kurz und kalt. Erst jetzt, bei Tag und beim Verlassen der Behausung sahen wir die dicken Schilder, die auf dem gesamten Gelände das Zelten verbieten. Auch das trug nicht unbedingt dazu bei, diesen Ort zu mögen. Wir beschlossen unser Frühstück erst an einem Plätzchen einzunehmen, dass uns gefällt und wanderten los.
So unschön die Ankunft am ersten Abend war, so schön waren die kommenden Stunden. Bestes Wetter begleitete uns durch eine Art Märchenwald. Gewundene Baumstämme, die sich wie Torbögen über den Weg erheben und Pflanzen, die man als Hamburger noch nie gesehen hat, ließen uns die letzte Nacht bald vergessen.
Nach einiger Zeit sahen wir ein verwittertes Schild, auf dem wir gerade noch so etwas wie “Viewpoint” entziffern konnten. Das klang nach Frühstücksplatz!
Obwohl sich der Weg recht schnell selbst verlor, wuselten wir uns irgendwie an eine Stelle von der aus man eine wunderschöne Sicht hatte und zumindest in eine Richtung Berge und Tal sehen konnte. Während die Sonne auf uns brannte, gab es dann auf und zwischen großen Steinen, Bäumen und Ästen Kaffee und Schnittchen.
Der Märchenwald wurde dünner und bald konnten wir links von uns die ersten Ausläufer des Cirque de Mafate und rechts das Dörfchen Dos d’ Ane sehen.

Der erste Rastplatz mit wunderschöner Aussicht




Die Post in Dos d`Ane
Im Dorf angekommen waren wir zunächst ein wenig ratlos. Der R2 war hier nicht mehr ausgeschildert und unsere Karte zu grob. Wir konnten uns durchfragen und die Poststation finden, von der wir bereits gelesen hatten. Diese befand sich direkt neben einer Art Spielplatz auf dem wir uns erst einmal ausruhten und Mittagessen verschlungen.
Ich übernahm dann irgendwann die Aufgabe zur Post zu gehen mit der schwachen Hoffnung dort Auskunft über den weiteren Weg (in englisch) zu bekommen. Es kam, wie ich es bereits vermutet hatte. Die berühmte Verständigung “mit Händen und Füßen” findet eben ihre Grenzen, wenn es um eine etwas komplexere Wegbeschreibung geht. Glücklicherweise hatte die Dame eine ziemlich miese Karte von Dos d’Ane - immerhin. Internationale Zeichen wie ein dickes Kreuz für Apotheke und ein dünnes Kirchenkreuz halfen mir (oder uns) auf eine gemeinsame Basis. Ich war erfreut, dass sich die meisten Menschen offenbar doch Mühe geben dem Nicht-Franzosen zu helfen.

Die beste Karte die wir kriegen konnten
Mit grober Karte und vermeintlich verstandener Wegbeschreibung liefen wir los.
Wir liefen falsch.
Die Karte taugte nichts, eine Kirche war nicht zu sehen - die Apotheke hatten wir gefunden und passiert. Doch dann verlief die Straße wieder nach unten Richtung Küste. Lena wandte sich dann noch einmal an eine Passantin, die zwar auch fast gar kein Englisch sprach, aber immerhin nicht aufgab uns helfen zu wollen, obwohl ihre kleine Tochter ständig auf der Straße herumrannte und zurückgepfiffen werden musste. Wir wissen nicht mehr wieso, aber wir kehrten um - gingen also wieder die Straße bergauf. An den Ausführungen der netten Frau lag es sicher nicht, denn die waren zu vage und unverständlich gewesen.
Keine 50 Meter entfernten fanden wir dann doch eine Kirche und dann auch einen Weg.
Ein Mann lief uns dort entgegen. Wir hoben die Karte, holten gerade Luft um zu fragen, da zeigte er schon in eine Richtung bzw. auf ein kleines Schild weiter hinter ihm. Offenbar war ziemlich offensichtlich was uns auf dem Herzen lag.
Das hatte zu lang gedauert. es hatte uns bestimmt eine Stunde gekostet bis wir wieder auf Kurs waren und dem R2 nach unten in den Cirque de Mafate folgten. Es war nach 16 Uhr und ein kleiner weißer Hund lief uns hinterher und manchmal auf vorne weg. Wir tauften ihn Jaque. Ein süßer kleiner Kerl war das und wenn es irgendwie verantwortlich gewesen wäre, hätten wir ihn direkt mitgenommen. Spätestens am Flughafen hätten wir aber ein Problem gehabt und Jaque vermutlich ein viel größeres. Was also tun? Jaque lief wie selbstverständlich immer neben uns her, grinste uns an und machte nicht den Eindruck in`s Dorf umkehren zu wollen.
Schweren Herzens entschieden wir uns ihn zu verjagen - zu seinem eigenen Besten. Ich drehte mich also plötzlich um, rannte ihm wild schreiend entgegen und der kleine Kerl suchte mit eingezogenem Schwanz das Weite. Schade eigentlich - ein Vierbeiner als Wanderbegleitung hatten wir uns schon immer gewünscht.

Wir tauften ihn Jaque, mussten ihn aber verjagen
Nach diesem schmerzhaften Abschied ging es weiter bergab. Die Knie taten weh und es wurde erneut dunkel, während wir noch unterwegs waren. Das sollte auch noch eine ganze Weile so bleiben. Stirnlampen an.
Der Weg zog sich endlos nach unten. Wir schöpften Hoffnung als wir den Fluß hörten, doch der kam nicht näher. Schlimmer noch, der Weg entfernte sich wieder vom plätschern und ging tatsächlich noch einmal bergauf. Wir waren am Ende. Doch was nützt es - in dieser Situation mussten wir einfach weiterlaufen. Natürlich hielten wir Ausschau nach geeigneten Plätzen für das Zelt, fanden jedoch keinen und so blieb uns nur übrig weiter durch`s dunkle zu stapfen.

Später Nachmittag und noch viele Höhenmeter vor uns in den Cirque de Mafate
Als wir endlich unten angekommen waren, hatten wir schnell wieder Asphalt unter den Füßen und den Fluß links von uns. Die Stimmung, der Ort und die Situation war unheimlich. Wir liefen an einem Zaun entlang. An einem der Tore des Zaun, welches aus weißem Wellblech bestand war etwas mit roter Schrift geschrieben, was wir nicht verstanden. Ein oder mehrere Hunde bellten in einiger Entfernung als wir an einer Art Kreuzung standen und dort nach einem Plätzchen suchten. Ohne zu wissen, wie ein Ort bei Tageslicht aussieht ein Zelt aufzubauen hat etwas extrem unangenhmes. Man weiß nicht, wie es um einen herum aussieht und was da ist oder sein könnte. Wir fanden einen vermeintlich geschützten Platz ganz in der Nähe des Flussufers, bauten das Zelt auf, wuschen uns am Fluss und aßen etwas.
Wohl wissend, dass wild campen nicht wirklich erlaubt ist auf der Insel, schwang immer eine gewisse Grundangst mit entdeckt zu werden - und das macht einen nicht unbedingt weniger nervös, wenn man ohnehin eher unsicher ist, wo man eigentlich gerade mit seinem Zelt steht.
Stirnlampen.
Zwei Stück.
Auf fremden Köpfen. Einige Meter den Fluß herunter. Es war bereits finsterste Nach. Was tun?
Wir spülten gerade unsere Töpfe, da kamen plötzlich zwei Lichter auf uns zu. Zunächst schalteten wir aus Reflex unsere Stirnlampen aus um nicht gesehen zu werden. Uns wurde allerdings schnell klar, dass das nun wohl keinen Sinn mehr hatte, da wir ohnehin entdeckt worden waren. Beide Stirnlampen schienen auf der anderen Uferseite zu sein und herüber auf unsere Seite kommen zu wollen. Obwohl sie etwa bis zur Hälfte des Flusses über große Steine laufen konnten, gelang es ihnen nicht und nach einiger Zeit waren Sie nicht mehr zu sehen. Wir hatten Angst. Wer war das? Was wollen die von uns? Wo sind sie hin? Kommen sie wieder?
Wir gingen zurück zum Zelt und saßen auf unseren Hockern. Was jetzt?
Warten? Einfach schlafen gehen?
Wir warteten.
Nichts.
Dann legen wir uns mal hin, sagten wir uns und taten das auch. An festen Schlaf war aber nicht zu denken. Aber immerhin schliefen wir ein.
Stefan?
Die sind hier! Da sind Lampen, die leuchten hierher.
Lena war wach und schüttelte mich. Ich wühlte mich so schnell und leise wie ich konnte aus meinem Schlafsack. Lena sagte ich, dass sie drin bleiben sollte. Mein weißes Schlaf-Shirt tauschte ich in der winzigen Absyss noch hockend gegen das dunklere des Vortages. Ich griff sogar zu meinem Messer. Vorsichtig schaute ich hinaus, unsicher ob ich mich weiter verstecken oder einfach aufstehen und die Konfrontation suchen sollte.
Verstecken. Die Lampen machten eindeutig suchende Bewegungen. Hin und wieder dachte ich, dass sie uns jetzt entdeckt hätten, weil das Licht längere Zeit direkt in unsere Richtung leuchtete. Dann wanderte der Lichtkegel wieder weg und zwei Köpfe suchten links, rechts, vorne und hinten. Sie haben uns noch nicht gesehen, sonst wären sie schon direkt auf uns zu gekommen, dachte ich. Ich schlich um das Zelt und hing die reflektierenden Schnüre, so gut es ging mit den Handtüchern und Shirts ab, die zum trocknen an den Zeltleinen hingen.
Mein Puls raste und ich fragte mich die ganze Zeit, wovor ich eigentlich solche Angst habe. Denke ich, dass da zwei Axt-Mörder mit Stirnlampen durch die Pampa laufen und Touris im Zelt abschlachten - wie wahrscheinlich ist das? Eine Art Insel-Ranger-Patrouille, die uns das Zelten verbieten will? Und wenn? Dann bauen wir ab und gehen halt mitten in der Nacht weiter - das würde uns jetzt auch nicht umbringen. Ins Gefängnis werden die uns jetzt wohl nicht gleich schicken. Also wieso sitze ich mit griffbereitem Messer vor dem Zelt und warte auf den Angriff?
Rückblickend kommt mir das lächerlich vor. Ich schiebe es mal auf die ganze Situation. Eine völlig unbekannte Gegend, das Zelt im Dunkeln aufgebaut, Wilcamping eigentlich verboten, der Landessprache nicht mächtig - das sind schon Faktoren, die zu irrationalen Handlungen führen können.
Axt-Mörder waren es dann am Ende wahrscheinlich doch nicht, denn nach einiger Zeit entfernten sich die beiden wieder von uns und zwar wieder zurück über den Fluß. Offenbar konnte man keine 20 Meter von uns entfernt den Fluß überqueren. Interessant!
Am anderen Ufer liefen die Beiden nach links.
Nichts passiert - Puls auf 210.
Ich entwarnte Lena und wir saßen kurz danach wieder auf unseren Hockern und aßen Schokolade während wir die beiden Stirnlampen, die sich nun eindeutig bergauf bewegten beobacheten.
Hmmmm - doch Parkranger auf Nachtpatroullie? Unwahrscheinlich.
Als dann ein Auto auf der anderen Uferseite hielt und erneut Leute mit Stirnlampen ausstiegen und den gleichen Weg nahmen, dämmerte uns, was bzw. wer uns da wohl gerade “angegriffen” hatte. Vermutlich waren das einfach Wanderer, die Nachts loslaufen um den Sonnenaufgang von einem der Gipfel aus zu bewundern und die beiden, die zu Beginn auf unsere Flußseite wollten, vermutlich dachten, wir seien Ihresgleichen und daher auf uns zuliefen, in dem Glauben, dass wir wohl den richtigen Weg eingeschlagen hätten.
Ein unglücklicher Irrtum für die beiden. Nach etwa einer Stunde hatten sie uns erreicht und waren quasi wieder genau da, wie sie vorher waren - jetzt allerdings wieder auf der falschen Uferseite. Im Nachhinein tun mir die beiden fast noch mehr leid als wir - ein ziemlicher Umweg.
Jetzt, da wir die Situation verstanden hatten, glaubten wir nicht mehr ganz so stark an nächtliche Parkranger-Patroullien und Axt-Mörder. Ein paar Stunden Schlaf waren dann doch noch drin.
Tag 3. (Sa. 07.09.2013)
Bei Tageslicht wirkte unsere Plätzchen zwar nicht mehr so gruselig, aber dennoch wenig attraktiv. Wir packten also zügig zusammen und liefen nun in Richtung des Cirque de Mafate.
Es ist schon seltsam, wie man die Umgebung im Schein der Stirnlampe und in der Dunkelheit wahrnimmt und wie sie dann tatsächlich bei Licht aussieht. Direkt neben uns war der R2 markiert und führte über den Fluss. Dort war eine Art kleiner Parkplatz, ein großes Schild und ein paar Wegweiser.

Nach etwa einer Stunde setzten wir die Rucksäcke am Fluß ab und frühstückten.
Es dauerte nicht lange, da kamen uns die ersten Reunioner entgegen. Wir saßen und aßen während die verschiedensten Menschen an uns vorbeiliefen. Mütter mit Babies in einem Tuch vor den Bauch gebunden, Jogger, Jugendliche und vor allem viele flinke Männer in Turnschuhen. Die trainierten - wie wir später noch erfuhren - für einen Lauf, der quasi quer über die Insel führt.
Wir konnten noch eine Weile im Schatten laufen, bevor wir dann wieder von der Sonne am strahlend blauen Himmel weiter gebrutzelt wurden.
Der R2 führte weiter am Fluss entlang und immer wieder überholten uns die Läufer gegen die wir wie lahme Schnecken wirkten, die ihr Haus mit sich herumtragen.
In diesem Abschnitt - und leider war das nicht der letzte - lag immer wieder Müll herum. Vorrangig Taschentücher, die wohl für`s Geschäft benutzt wurden und leere Plastikflaschen lagen direkt am Wegesrand. Dieses Bild zieht sich leider durch die ganze Insel. Selbst auf kargem Vulkan-Gestein liegen weiße Taschentücher herum, die sich dort natürlich besonders schön abzeichnen. Traurig.
Wir hatten wenig geschlafen. Sehr wenig. Und das bisschen Schlaf, was uns unsere Hirngespinste gönnten war eher seichter und nicht gerade erholsamer Natur. Wir beschlossen also gegen Mittag es für heute gut sein zu lassen und den Aufstieg nach Les Orangers auf den nächsten Tag zu verschieben.
Barfuß und mit hochgekrempelten Hosen wateten wir weg vom Weg auf die andere Seite des Flusses, der hier schön ruhig und flach dahinfloß. Auf dem Kieselbett bauten wir uns dann ein kleines Lager mit Windschutz aus Wanderstöcken, Steinen und Packsäcken. Wir aßen und versuchten ein wenig zur Ruhe zu kommen. Das Zelt wollten wir erst bei Einbruch der Dämmerung aufbauen, da immer noch Leute vorbeiliefen und wir uns nach der letzten Nacht immer noch nicht ganz sicher fühlten und Angst hatten, dass dann doch jemand des Weges kommt, der unangenehme (französische!) Fragen stellt.
Wir hatten den perfekten Platz für unser Zelt gefunden. Ein kleiner Halbkreis aus Mutterboden behauptete sich gegen den Fluss an einer Felswand auf dem jetzt wieder gegenüberliegenden Ufer. Die Wand begann kurz nach der Stelle, an der die Wanderwege vom Fluss weg und dann nach oben abzweigten. Als das Zelt dann auf diesem kleinen Fleckchen mitten im Fluss stand hatten wir allerdings Sorge, dass sich dieses Plätzlein in der Nacht allmählich in`s Wasser auflöst oder dass sich der Fluss in einen reißenden Strom verwandelt während wir schlafen.
Irgendwie war die Nacht dann tatsächlich auch nicht so erholsam wie wir erwartet hatten. Direkt am Fluss schlafen ist keine gute Idee. Zumindest nicht, wenn dieser flach ist und über viele kleine Steinchen plätschert. Dieses plätschern hört sich auf lange Zeit an wie Stimmen, die durch die Nacht huschen - furchtbar gruselig!
Man mag uns jetzt für Weichflöten und Angsthäschen halten. Das sind wir vermutlich auch. Es fühlte sich an, als wären wir zum ersten Mal mit dem Zelt unterwegs. Obwohl wir schon hunderte Male draußen und auch in fremden Gegenden geschlafen hatten prägten uns die “Schrecken” der letzten Nacht und schlicht die Vorstellung, dass eventuell gleich jemand vor dem Zelt steht, wütend französisch spricht und wir kein Wort verstehen so sehr, dass wir irgendwie Unbehagen verspürten. Dort zu zelten, wo es eigentlich nicht erlaubt ist, scheint nicht unsere Lieblings-Beschäftigung zu werden. Wir schliefen trotzdem ein und wachten trocken auf. Das Zelt war nicht versunken und alles war wie tags davor.

Eine kleine Flussinsel für unser Zelt
4. Tag (So. 08.09.2013)
Der frühe Wanderer schwitzt nicht so viel - sagt ja schon ein altes Sprichwort. Um 6 Uhr morgens bauten wir das Zelt ab. Es ging in Richtung Les Orangers. Die Strecke dorthin war besonders schön. Anfangs waren wir gut im Schatten unterwegs und Wasser gab`s in Form von kleinen Flüssen auch genug. Es ging stetig aber recht bequem bergauf. Weiter oben wurden wir für den Aufstieg belohnt. Der Himmel war wolkenlos und es bot sich uns ein Anblick, der auf eine Postkarte sollte.


Postkarten-Wetter
Der Weg schlängelte sich weiter bergauf und bald hatten wir das Gefühl uns in einem künstlich angelegten Garten zu befinden. In einer Art Schlucht wuchsen die unterschiedlichsten und buntesten Pflanzen links und rechts des Weges während sich dazwischen einer kleiner Fluss seinen Weg suchte und hin und wieder in kleinen Becken innehielt. Es hätten nur noch Koi Karpfen darin gefehlt.
Nach dieser Oase ging es wieder zurück in die brennende Sonne und in Les Oranger gab es in der einzigen “Boutique” im Ort eine eiskalte Erfrischung aus der Dose. 3,50€ pro Getränk ist zwar viel, war es uns aber wert. Der Preis ist verständlich. Die Ware hier hoch zu bekommen funktioniert nur sinnvoll mit einem Hubschrauber. Und die hat man gehört. Oft. Tagsüber wird die an sich stille Insel-Mitte ständig von schrabbelnden Flugobjekten gekreuzt.
Nachdem wir dann noch bei einem Einheimischen etwas Wasser aus dem Schlauch bekamen und einen Hund geknuddelt hatten (nicht so niedlich wie Jaque!) ging es für uns ersteinmal wieder bergab. Der Weg führte vom Plataeu auf welchem sich Les Orangers befindet hinunter in ein kleines Tal.


Der Weg hinauf nach Les Orangers

In Les Oranger ist Camping möglich
Mittagspause gabs kurz vor dem erneuten Anstieg an einer fast schattigen Stelle mit kleinem Rinnsal um die Ecke. Die Sonne brannte danach weiter erbarmungslos auf uns herunter - sie kannte auch kein Mitleid als es wieder steiler und ohne Deckung bergauf ging. Man hatte das Gefühl, es werde mit jedem Meter dem man der Sonne näher kommt heißer auf dem Kopf.
Doch auch dieser Kampf wurde großartig belohnt. Wir liefen stets auf eine Art Kante zu. Uns war nicht so ganz klar, was uns dahinter erwarten würde. Der Blick auf die 2-dimensionale Karte lässt einen nicht so direkt erahnen, welch grandioser Ausblick dort wartet.
Unter uns lag der südliche Teil des Cirque de Mafate, der im Westen von einer riesigen, steilen Kraterkante eingerahmt wird. Wir konnten uns garnicht satt sehen und schon beim Versuch die Sache zu fotografieren wurde klar, dass es so viel Weitwinkel wohl nicht gibt. Auch mein Versuch ein Panorama aus vielen Fotos zusammen zu bauen ist nur wenig im Vergleich zum echten Anblick.



traumhafter Ausblick in Richtung Roche Plate
Irgendwann mussten wir uns losreißen und wanderten nun wieder bergab nach Roche Plate.
Die Landschaft veränderte sich schlagartig. Plötzlich standen wir im Nadelwald und wurden kurz vor Ortseingang noch von einer Bewässerungsanlage geduscht. Laut Karte sollte sich in Roche Plate ein Camping-Platz befinden und so war der Plan nach genau diesem im Ort zu fragen. Zunächst kamen wir an einer Gîte vorbei und trafen ein Schweizer Pärchen, was zwischen Seychellen und Dubai noch eben Reunion in die Flitterwochen quetschte. Von diesen erhielten wir dann auch die Info wo die Besitzerin der Gîte zu finden sei, die uns dann mit Händen und Füßen auch den Weg Richtung … nun ja, nennen wir es ruhig Campingplatz … weisen konnte.
Kurze 35 Minuten später und nach einer Tour durch das halbe Örtchen sahen wir dann auch schon ein kleines blaues Schild dass uns weniger zu einem Campingplatz als vielmehr zum Garten einer älteren Frau lotste. Die gesamte Familie wurde Teil unseres Check-Ins. In einem furchtbar netten Mix aus französisch und englisch wurde uns die “Dusche” und der “Stellplatz” gezeigt. Eine viertel Stunde später stand unser Zelt. Die Aussicht war nicht zu verachten. Ein schöner Abend und eine ziemlich kalte Nacht warteten auf uns.



Camping im Garten in Roche Plate
5. Tag (Mo. 09.09.2013)
Nach der letzten Nacht fragten wir uns ernsthaft wie wir so dumm sein konnten und die Höhe, in der wir uns bewegen würden, bei der Planung völlig vergessen hatten. Dass wir keinen Winterschlafsack brauchen würden, war uns klar - allerdings waren die kleinen leichten Sommerschlafsäcke, die wir mitgenommen hatten, die komplett falsche Wahl. Es mag eine tropische Insel sein - aber in den Bergen ist`s halt auch hier ziemlich kalt. Da unser Außenzelt auch nicht gerade weit nach unten läuft, zog der Wind schön hinein und sorgte zumindest meinerseits für eine eher schlechte Nacht. Das kommt davon, wenn man sonst eher in Nordeuropa unterwegs ist und bei der Vorbereitung zu sehr von der tropischen Seite der Insel geblendet wird.
Herzlich verabschiedeten wir uns an diesem Morgen von unser Vermieterin, die obendrein noch unseren Müll entgegennahm. Mülleimer sind in den Bergdörfchen nämlich sehr rar. Verständlich, da auch der Müll mit Helikoptern ausgeflogen werden muss. Wir machten uns auf den Weg nach Marla. Vorbei an einer winzigen Blechhütten-Kapelle ging es bergauf, bergab, bergauf, bergab - die große Kraterwand immer rechts von uns.

In Richtung Marla
Wir folgten sehr oft einer Spur aus Mandarinen-Schalen. Ständig sah man sie. Mir ist unklar ob ein einziger Wanderer so viele Früchte mit sich herumträgt und sie andauernd futtert oder ob es auf dieser Insel gang und gebe ist. Ich finde es jedenfalls furchtbar, wenn man seinen Müll nicht mitnimmt. Auch wenn Obstschalen an sich nicht schlimm sind, so hätte man sie doch etwas weiter in`s Gebüsch werfen können. So vermiesen sie das Bild der Strecke ein wenig. Leider ist das aber nicht das schlimmste. Vor allem Taschentücher sieht man ständig am Wegesrand - allerdings auch Plastikflaschen und anderen Müll. Entweder viele Touristen oder die Einheimischen legen offenbar nicht so viel Wert auf die Natur. Schade
Wie schon so oft brannte uns die Sonne auf den Pelz. Das konnten wir allerdings gut ertragen weil auf uns ein traumhaftes Mittags-Plätzchen wartete.
Der Cascade de Trois Roches ist ein Wasserfall der sehr schmal und sehr tief ist. Bevor er nach unten donnert bildet der Fluss in kleinen Wannen hervorragende Bademöglichkeiten. Rucksäcke weg, Badesachen an und ab in`s Wasser hieß es dann auch für uns. Wir aßen, badeten, lagen eine Weile faul herum und beobachteten die vielen Katzen, die dort, warum auch immer, herumrannten.
Danach ging es am bzw. im Flußbett weiter Richtung Marla. Dort angekommen fanden wir durch fragen heraus, wo in etwa die ominöse “Snackbar” sein sollte und fanden einen annehmbaren Zeltplatz neben dieser - und genau hinter einer Schule. Das war mehr oder minder direkt im Ort, aber durchaus OK. Am Abend genehmigten wir uns dort noch ein Bier, liefen durch`s Örtchen und trafen noch einmal das Honeymoon-Pärchen aus Roche Plate. Wieder am Zelt schüttelten wir die Rucksäcke aus und checkten unsere Vorräte. Wir mussten die Regenhosen überziehen, weil es inzwischen doch zu kalt geworden war. Auch diese Nacht war nicht die wärmste.

Baden in den kleinen Becken des Trois Roches

Warum auch immer liefen hier seltsam viele Katzen umher


Da geht`s irgendwo hoch

Kurz vor Marla

Zelten hinter/vor einer Schule in Marla direkt neben der "Snackbar"
6. Tag (Di. 10.09.2013)
Das Zelt mussten wir an diesem Morgen tüchtig schütteln und trocken wischen. Zuviel Kondenswasser von innen und außen. Der Wecker hatte um 5 Uhr geklingelt, weil wir etwas mehr Zeit in Cilaos haben wollten. Durch den frühen Start konnten wir die vor uns liegenden knapp 400 Höhenmeter im Schatten laufen. Immer wieder wurden wir dabei von einem Esel überholt. Dieser war mit seinem Führer auch auf dem Weg noch oben. Offenbar gab es eine spezielle Esel-Route, die ab und an die Wanderroute kreutzte.
Danach folgte ein fieser Abstieg in den Cirque de Cilaos.
Als wir die Straße erreichten gaben uns freundliche Menschen den Hinweis, dass man von hier auch den Bus in`s Zentrum von Cilaos nehmen könne. Genervt und entkräftet vom Abstieg entschieden wir uns dafür und knapp 8 Minuten später saßen wir auch schon im Bus.
Im Ort selbst wurde es dann etwas schwierig. Wir fragten uns zur Touri-Info durch und buchten dort auch gleich eine Nacht in der Gîte du Piton des Neiges mit Abendessen und Frühstück. Wir fragten nach einem Campingplatz und erhielten auch eine grobe Skizze bzw. den Hinweis, dass dieser außerhalb dessen liegt, was die Touri-Karte zeigte. Anfangs gut gelaunt kauften wir am Straßenrand noch eine Art Weißbrot und freuten uns auf einen gemütlichen Abend. Nachdem wir jedoch gefühlte Stunden durch den Ort liefen und nichts darauf hinwies, dass da irgendwo ein Campingplatz sein könnte sank unsere Laune ins Bodenlose. Lena hatte schon einige Zeit Probleme mit Ihrem rechten Fuß und humpelte ein wenig. Nach einigem Gequängel entschieden wir uns für den Rückweg und suchten nach der Gite Clair de Lune. Die hatte man uns in Marla empfohlen und uns wurde nicht zu viel versprochen. Der Besitzer Alex ist ein extrem offener, freundlicher und lustiger Typ. “My home is your home, My fridge is your fridge” - das waren seine Worte als er uns den Schlüssel in die Hand drückte und sagte, dass er erst morgen wieder kommen würde. Das war super - so viel Vertrauen entgegen gebracht zu bekommen macht einfach Spaß. Die Gite ist preiswert, sauber und nett eingerichtet. Wir liefen noch ein wenig durch die Stadt, kauften ein wenig ein, aßen eine Tiefkühlpizza und tranken noch etwas auf der kleinen Terasse der Gite.

Marla





Die Gite Clair de Lune
7. Tag (Mi. 11.09.2013)
Diesmal konnten wir ausschlafen - was etwa bis 7 Uhr bedeutete. Alex hatte Baquettes, Nutella und Marmelade zum Frühstück bereitgestellt. Schnell noch zur Post und dann mit dem Bus an den Rand der Stadt von wo aus der Aufstieg zur Gîte du Piton des Neiges begann. Dieser war anstrengend aber lohnend. Schönes Wetter bescherte uns abermals eine tolle Aussicht - diesmal hinab auf Cilaos.
Oben angekommen saßen wir dann ein wenig herum, da die Gite noch nicht geöffnet hatte. Als diese uns dann hereinließ, verstauten wir unser Gepäck und bezogen Quartier in einem Zimmer mit 3-Stock-Betten und etwa 12 Personen. Das anschließende, gebuchte und bereits bezahlte Abendessen war eher nicht so berrauschend und mit 18€ p.P. auch nicht gerade billig.
Der Plan für den Start des morgigen Tages sah bei allen Anwesenden gleich aus. Früh aus den Federn und vor dem Frühstück zum Sonnenaufgang auf den Piton de Neiges.

Der freche Tec-tec sorgt immer wieder für gute Laune

Cilaos

Sonnenuntergang an der Gite du Piton des Neiges
8. Tag (Do. 12.09.2013)
03.40 Uhr morgens. Das Licht ging viel zu früh an. Man hätte noch ein wenig liegen bleiben können, aber das sahen einige eben anders. Mit Stirnlampen wackelten wir dann durch`s Dunkel in Richtung Gipfel. Wenn man sonst nicht so sehr den Alpinisten in sich rauslässt und zum ersten Mal im Dunkeln den Weg zum Berg in Angriff nimmt, fühlt man sich direkt ein wenig abenteuerlicher. Uns hat es Spaß gemacht, auch wenn Kälte und Wind gegen uns waren.
Kurz vor dem Gipfel sahen wir auch die kleinen, halb-runden Steinmauern, von denen in einem anderen Bericht hier im Forum schon die Rede war. Dass wir dort aber nicht wie die Autoren des anderen Berichts die Nacht verbracht hatten erschien uns aufgrund der Kälte und unserer Ausrüstung als ziemlich klug.
Der Sonnenaufgang vom Gipfel aus war die Mühe wert. Über einem Wolkenmeer schob sich die Sonne langsam nach oben und warf uns die ersten wärmenden Strahlen in`s Gesicht. Einsam und romantisch ist`s dort allerdings nicht. Man ist eben nicht allein mit der Idee und teilt sich den Moment mit etwa 20 anderen Leuten. Der eisige Wind ließ uns nicht ewig verharren und schließlich hatten wir auch noch nichts gegessen.
Wir hatten uns mehr vom Frühstück versprochen. 4 Scheiben Toast, etwas Butter und Marmelade, dazu ein Kaffee - das ist nicht das, was man nach so einem Ausflug braucht. Gesteigerte Lust uns aufzumachen und noch etwa 5h unterwegs zu sein, hatten wir jetzt natürlich nicht mehr. Aber so sah der Plan nun mal aus.





An der Kraterkante entlang ging`s Richtung Süd-Osten zum Dörfchen Bourg-Murat. Der Weg dorthin war geprägt von auf und ab und auf und ab. Die Pflanzenwelt war unglaublich vielfältig und auch die Landschaft - wenn man sie denn durch die Wolkendecke erblicken konnte - war einfach toll anzuschauen. Die erste Pause und damit das zweite Frühstück teilten wir uns mit einem neugierigen Tec-tec. Diese kleinen Vögel sind unfassbar witzig, weil sie so unerschrocken gegenüber Menschen sind, sehr nah herankommen und lustig hin und her und von Ast zu Ast hüpfen.
Zum Schluss des Abstiegs wurde es um uns herum noch einmal sehr “dschungelig” bevor wir sozusagen plötzlich in einer ganz anderen Landschaft standen. Vor uns lagen landwirschaftlich genutzte Flächen. Eben noch im Dschungel hätte sich jetzt 500m weiter mein Heimatdorf befinden können. Leider fanden wir dort kein zeltbares Gelände. Alles war irgendwie bewirtschaftet oder viel zu offen um sich wohl zu fühlen. Wir gingen also weiter - immer weiter Richtung Hauptstraße. Es war schon recht spät, wir hatten kein Wasser mehr und die Touri-Info im Ort würde nicht mehr lange offen haben. Ich hielt den Daumen raus und das zweite Auto hielt an. Ohne viele Worte, dafür mit viel Geschwindigkeit ging es dann im alten Opel in die “Innenstadt”. Wir hatten keine Ahnung wo vielleicht eine Touri-Info zu finden sein könnte - Schilder gab es auch nicht. Wir versuchten es also in einem Info-Zentrum, welches offenbar Touren zum Vulkan anbietet. Dort half uns eine unfassbar hilfsbereite Frau weiter - die immer wieder betonte, dass ihr englisch ganz furchtbar sei. Camping-Möglichkeiten wüsste sie keine. Sie half uns aber eine Gite mit englisch-sprechendem Besitzer zu finden bzw. kündigte sie uns telefonisch dort an und zeigte uns den Weg. Kurz darauf sprachen wir auch schon mit dem netten Pascal und konnten ein Zimmer beziehen. Wir holten noch etwas zu Essen im Ort, checkten wo die Touri-Info nun wirklich ist und fielen erschöpft in`s Bett.



Diesen Tec-tec hätte man auch bewerfen können - er wäre vermutlich noch näher gekommen um zu fragen was das soll.



Vom Dschungel in`s Kuhdorf

Die Gite von Pascal - spricht englisch und ist total cool
9. Tag (Fr. 13.09.2013)
Der Wecker klingelt auch bei schlechtem Wetter. Das war auch an diesem Freitag der Fall.
Wir liefen zur Touri-Info und waren nicht sehr überrascht, dass man auch dort fast kein englisch reden konnte - die Leute gaben sich aber echt viel Mühe und konnten uns auch helfen. Der Plan sah vor die nächsten 2 Nächte in der Gite du Volcan zu verbringen und diese auch vorher zu buchen. Pascal hatte uns nämlich deutlich davon abgeraten an der Gite zu campen. Das wäre seines Wissens nach zwar möglich aber viel zu kalt. Das glaubten wir ihm nach unseren Erfahrungen natürilch sofort. Die Angestellte gab uns den Telefonhörer zum reservieren dann auch direkt in die Hand und wir konnten mit einem Berliner reden, der das dann auch alles regelte.
Lena ging es leider nicht so gut und da uns Pascal am Abend zuvor gesagt hatte, dass Trampen eigentlich kein Problem sei, probierten wir es noch einmal. Wir schlugen den Weg bzw. die Straße Richtung Vulkan ein und schon das dritte Auto hielt und sammelte uns ein. So schnell wie wir eingesammelt wurden, wurden wir dann auch wieder rausgelassen. Dieses Teilstückchen hätten wir uns gern erspart dachten wir - denn jetzt standen wir mitten in einer kleinen Siedlung, wo man nichtmal mehr einen Bus finden würde. Doch auch dieses Problem löste sich recht schnell. Ein Mann, den wir bereits in der Touri-Info gesehen hatten, kam mit seinem Mietwagen des Weges und nahm uns mit. Er hatte das gleiche Ziel wie wir.
"Warum kommt ihr nach Reunion obwohl ihr kein Französisch könnt?"
Das fragte uns ein (wie sich noch zeigen sollte) ziemlich netter Franzose auf englisch, nachdem er uns bei der Verständigung mit einem Einheimischen half.
"Weil ich erwartet hatte, dass in einem Land zu dessen wirtschaftlichen Hoffnungsträgern auch der Tourismus zählt, zumindest die Leute, die potentiell mit Touristen zu tun haben, des Englischen halbwegs mächtig sind oder sich wenigstens Mühe geben!" hätte ich ihm am liebsten in`s Gesicht geschrien.
Doch redete nicht ich mit ihm, sondern meine Freundin - vielleicht war es besser so.
Wahrlich: Wer Französisch kann, hat es auf Reunion wirklich leichter. Die Wenigsten sprechen englisch. Sogar Angestellte in den Touristen-Infos tun sich schwer mit Englisch. Zum Glück sind die meisten eher freundlich und gewillt einem zu helfen, so dass es zumindest dort kaum Schwierigkeiten gibt. Mit Betreibern von Gites (also Berghütten/Hostels) auf englisch zu reden ist dagegen zumeist sehr schwierig.
Aber mit einer Frau an Bord, die mit den Augen zwinkert und total angestrengt versucht einen Satz in Landessprache zusammen zu bauen, ist alles nur noch halb so schwer

Meine Freundin und ich waren etwa 2 Wochen mit Rucksack und Zelt auf Reunion unterwegs.
Die letzten 3 Nächte haben wir noch im Hotel verbracht um auch etwas Strandurlaub zu machen.
Es ging von Hamburg mit dem Nachtzug nach Paris, dort einen Tag umgucken und dann über Nacht mit dem Flieger nach Reunion. Zurück fast das gleiche Programm, nur eben morgens in Paris angekommen und dann mit einem "normalen" Zug zurück.
Rückblickend würde ich für den Rückweg lieber einen Anschlussflug nach Hamburg nehmen, da die ganze Rückreise eh schon lange dauert und man dann nicht noch zusätzlich in Paris auf den Zug warten, nochmal umsteigen und wieder warten will - auch wenn der Flug deutlich teurer ist, als die Bahnfahrt.
Leider istquikmaps gerade nicht wirklich funktionstüchtig - sonst hätte ich auch ein paar Karten gemalt.
1. Tag (Do. 05.09.2013)
Nachdem wir am Flughafen etwas außerhalb der Hauptstad St. Denis unsere Rucksäcke vom Gepäckband holten, fanden wir auch gleich eine Tourist-Info in der Halle. Wir bekamen eine durchaus hilfreiche Touristen-Karte und erfuhren wo ein Bus Richtung Innenstadt abfährt. Außerhalb des Flughafengebäudes schlägt einem Hamburger erst mal ein sehr ungewohntes Klima entgegen - tropisch eben. Es ist immer wieder faszinierend, wenn man nach vielen Stunden Flug am anderen Ende der Welt landet und man plötzlich in einer anderen ganz anderen Welt angekommen ist. Die Luft, Vegetation, Verkehr, Menschen - alles ist anders.
Wir fanden die Haltestelle und mussten zum Glück nicht zu lange warten um Richtung St. Denis zu starten.
Je näher wir der Hauptstadt kamen, desto weniger gefiel uns, was wir sahen. Die Stadt und die Umgebung ist für unsere Begriffe nicht wirklich schön. Sie wirkt einfach wenig einladend und wir wollten möglichst fix in die Berge. Von der Haltestelle Ocean ging es dann erneut mit dem Bus durch die Stadt und in Serpentinen immer weiter nach oben. Nachdem wir einige Höhenmeter innerhalb der Stadt zurückgelegt hatte mussten wir aussteigen, da der Bus ab hier nicht weiterfuhr und der weitere Weg nur von einer Art Shuttle-Taxi zurückgelegt wird. Die Zeit verging und kein Taxi war in Sicht. Hin und wieder flammte die Hoffnung auf, als wieder ein Auto auf den geschlängelten Straßen an uns vorbeisauste. Nach endlos langer Wartezeit tauchte dann tatsächlich ein Mini-Van in den Farben des Busunternehmens auf. Etwa eine viertel Stunde später hatten wir erneut einige Höhenmeter zurückgelegt und erreichten auch die Endstation. Es war bereits ziemlich spät, es nieselte und einigermaßen kalt war es jetzt aufgrund der Höhe auch. All diesen Umständen zum Trotz fühlten wir uns das erste mal richtig wohl. Wir waren draußen, mit den Rucksäcken und uns selbst. Der Weg war leicht gefunden und führte zunächst auf der Straße bis zu einem Parkplatz von wo aus der GR1 startet.
Wir folgten dem GR1 und schon bald kam Outdoor-Feeling auf. Wir schnauften, wir schwitzten und schleppten uns den Berg hinauf. Der Tag war bereits sehr anstrengend gewesen und nach dieser langen Anreise mit Zwischenstop in Paris - das war uns vorher klar - würden wir es sehr begrüßen die erste Nacht in einer Hütte mit Bett zu verbringen. Deswegen hatten wir eine Nacht in der Gîte de la Roche Ecrite (Plaine des Chicots) gebucht.
Als es dämmerte war uns klar, dass wir wohl nicht bei Tageslicht ankommen würden und schon kurze Zeit später hatten wir Stirnlampen auf. Den Weg zu finden war Gott sei Dank auch dann noch kein Problem. Im Dunkeln stapften wir also weiter und sahen zwischendurch auch einen Tanrek, welcher vor uns über den Waldweg huschte. Tanreks sind kleine stachelige Zeitgenossen, die jedenfalls für mich einfach wie Igel aussehen.
Müde und hungrig waren wir dann doch sehr froh als wir das Licht der Hütte erahnen konnten. Wir freuten uns auf eine gemütliche Ecke, vielleicht ein Bier und etwas zu essen. Die Freude währte jedoch nicht lange. Wir legten die Rucksäcke auf der Veranda ab und öffneten die Tür.
Von einer Begrüßung zu reden wäre übertrieben. Ein grimmig drein schauender Mann stand hinter einem Tresen, sah uns wortlos an und trocknete gelangweilt einen Teller ab. Mit dem Versuch uns davon nicht aus der Ruhe bringen zu lassen traten wir heran und versuchten mit englisch kundzutun, dass wir eine Reservierung hätten. Da die ausgedruckte Reservierungs-Bestätigung wohl unmissverständlich war, gab es auch keine Probleme damit - dumm nur, dass wir ihm zunächst den falsche Ausdruck gaben. Auf diesem war die Bestätigung auch zu finden, doch hatte ich rückseitig noch einige andere Infos gedruckt, die wir noch brauchen würden.. Nachdem wir das bemerkt hatten, versuchte Lena dem Herrn zu verstehen zu geben, dass sie den anderen Zettel gern zurückhaben möchte. Es gelang ihr nicht. Erst nachdem sich der eingangs erwähnte Franzose als Übersetzer anbot, wollte der Mann verstehen und tauschte die Zettel. Wir waren desillusioniert. Diese Begrüßung, die Unfreundlickeit, so wenig Hilfsbereitschaft und vor allem das Ambiente der Hütte waren eine riesen Enttäuschung gleich zu Beginn der Tour. Hohe Decken und riesige Fenster, fast keine Deko und grimmige Betreiber. So kenne ich Berghütten nicht und war entsprechend schlecht drauf. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Doch das schlimmste waren die Zimmer bzw. Betten. Ein komplett verschimmeltes, unbeheiztes Zimmer mit klammen Matratzen, Kissen und Decken erwartete uns und die 5 anderen Gäste. Eine Frechheit!
Die Nacht war sehr kalt. Die Temparaturen hier hatten wir deutlich überschätzt. Ziemlich fertig schliefen wir schnell ein.

Leider machte die Gîte de la Roche Ecrite keinen guten Eindruck. Bei Verschimmelter Zimmerdecke und klammen Bettzeug hätten wir gern auch im Zelt geschlafen

Die Gîte de la Roche Ecrite bei Tageslicht
Tag 2. (Fr. 06.09.2013)
Die Nacht war kurz und kalt. Erst jetzt, bei Tag und beim Verlassen der Behausung sahen wir die dicken Schilder, die auf dem gesamten Gelände das Zelten verbieten. Auch das trug nicht unbedingt dazu bei, diesen Ort zu mögen. Wir beschlossen unser Frühstück erst an einem Plätzchen einzunehmen, dass uns gefällt und wanderten los.
So unschön die Ankunft am ersten Abend war, so schön waren die kommenden Stunden. Bestes Wetter begleitete uns durch eine Art Märchenwald. Gewundene Baumstämme, die sich wie Torbögen über den Weg erheben und Pflanzen, die man als Hamburger noch nie gesehen hat, ließen uns die letzte Nacht bald vergessen.
Nach einiger Zeit sahen wir ein verwittertes Schild, auf dem wir gerade noch so etwas wie “Viewpoint” entziffern konnten. Das klang nach Frühstücksplatz!
Obwohl sich der Weg recht schnell selbst verlor, wuselten wir uns irgendwie an eine Stelle von der aus man eine wunderschöne Sicht hatte und zumindest in eine Richtung Berge und Tal sehen konnte. Während die Sonne auf uns brannte, gab es dann auf und zwischen großen Steinen, Bäumen und Ästen Kaffee und Schnittchen.
Der Märchenwald wurde dünner und bald konnten wir links von uns die ersten Ausläufer des Cirque de Mafate und rechts das Dörfchen Dos d’ Ane sehen.

Der erste Rastplatz mit wunderschöner Aussicht




Die Post in Dos d`Ane
Im Dorf angekommen waren wir zunächst ein wenig ratlos. Der R2 war hier nicht mehr ausgeschildert und unsere Karte zu grob. Wir konnten uns durchfragen und die Poststation finden, von der wir bereits gelesen hatten. Diese befand sich direkt neben einer Art Spielplatz auf dem wir uns erst einmal ausruhten und Mittagessen verschlungen.
Ich übernahm dann irgendwann die Aufgabe zur Post zu gehen mit der schwachen Hoffnung dort Auskunft über den weiteren Weg (in englisch) zu bekommen. Es kam, wie ich es bereits vermutet hatte. Die berühmte Verständigung “mit Händen und Füßen” findet eben ihre Grenzen, wenn es um eine etwas komplexere Wegbeschreibung geht. Glücklicherweise hatte die Dame eine ziemlich miese Karte von Dos d’Ane - immerhin. Internationale Zeichen wie ein dickes Kreuz für Apotheke und ein dünnes Kirchenkreuz halfen mir (oder uns) auf eine gemeinsame Basis. Ich war erfreut, dass sich die meisten Menschen offenbar doch Mühe geben dem Nicht-Franzosen zu helfen.

Die beste Karte die wir kriegen konnten
Mit grober Karte und vermeintlich verstandener Wegbeschreibung liefen wir los.
Wir liefen falsch.
Die Karte taugte nichts, eine Kirche war nicht zu sehen - die Apotheke hatten wir gefunden und passiert. Doch dann verlief die Straße wieder nach unten Richtung Küste. Lena wandte sich dann noch einmal an eine Passantin, die zwar auch fast gar kein Englisch sprach, aber immerhin nicht aufgab uns helfen zu wollen, obwohl ihre kleine Tochter ständig auf der Straße herumrannte und zurückgepfiffen werden musste. Wir wissen nicht mehr wieso, aber wir kehrten um - gingen also wieder die Straße bergauf. An den Ausführungen der netten Frau lag es sicher nicht, denn die waren zu vage und unverständlich gewesen.
Keine 50 Meter entfernten fanden wir dann doch eine Kirche und dann auch einen Weg.
Ein Mann lief uns dort entgegen. Wir hoben die Karte, holten gerade Luft um zu fragen, da zeigte er schon in eine Richtung bzw. auf ein kleines Schild weiter hinter ihm. Offenbar war ziemlich offensichtlich was uns auf dem Herzen lag.
Das hatte zu lang gedauert. es hatte uns bestimmt eine Stunde gekostet bis wir wieder auf Kurs waren und dem R2 nach unten in den Cirque de Mafate folgten. Es war nach 16 Uhr und ein kleiner weißer Hund lief uns hinterher und manchmal auf vorne weg. Wir tauften ihn Jaque. Ein süßer kleiner Kerl war das und wenn es irgendwie verantwortlich gewesen wäre, hätten wir ihn direkt mitgenommen. Spätestens am Flughafen hätten wir aber ein Problem gehabt und Jaque vermutlich ein viel größeres. Was also tun? Jaque lief wie selbstverständlich immer neben uns her, grinste uns an und machte nicht den Eindruck in`s Dorf umkehren zu wollen.
Schweren Herzens entschieden wir uns ihn zu verjagen - zu seinem eigenen Besten. Ich drehte mich also plötzlich um, rannte ihm wild schreiend entgegen und der kleine Kerl suchte mit eingezogenem Schwanz das Weite. Schade eigentlich - ein Vierbeiner als Wanderbegleitung hatten wir uns schon immer gewünscht.

Wir tauften ihn Jaque, mussten ihn aber verjagen
Nach diesem schmerzhaften Abschied ging es weiter bergab. Die Knie taten weh und es wurde erneut dunkel, während wir noch unterwegs waren. Das sollte auch noch eine ganze Weile so bleiben. Stirnlampen an.
Der Weg zog sich endlos nach unten. Wir schöpften Hoffnung als wir den Fluß hörten, doch der kam nicht näher. Schlimmer noch, der Weg entfernte sich wieder vom plätschern und ging tatsächlich noch einmal bergauf. Wir waren am Ende. Doch was nützt es - in dieser Situation mussten wir einfach weiterlaufen. Natürlich hielten wir Ausschau nach geeigneten Plätzen für das Zelt, fanden jedoch keinen und so blieb uns nur übrig weiter durch`s dunkle zu stapfen.

Später Nachmittag und noch viele Höhenmeter vor uns in den Cirque de Mafate
Als wir endlich unten angekommen waren, hatten wir schnell wieder Asphalt unter den Füßen und den Fluß links von uns. Die Stimmung, der Ort und die Situation war unheimlich. Wir liefen an einem Zaun entlang. An einem der Tore des Zaun, welches aus weißem Wellblech bestand war etwas mit roter Schrift geschrieben, was wir nicht verstanden. Ein oder mehrere Hunde bellten in einiger Entfernung als wir an einer Art Kreuzung standen und dort nach einem Plätzchen suchten. Ohne zu wissen, wie ein Ort bei Tageslicht aussieht ein Zelt aufzubauen hat etwas extrem unangenhmes. Man weiß nicht, wie es um einen herum aussieht und was da ist oder sein könnte. Wir fanden einen vermeintlich geschützten Platz ganz in der Nähe des Flussufers, bauten das Zelt auf, wuschen uns am Fluss und aßen etwas.
Wohl wissend, dass wild campen nicht wirklich erlaubt ist auf der Insel, schwang immer eine gewisse Grundangst mit entdeckt zu werden - und das macht einen nicht unbedingt weniger nervös, wenn man ohnehin eher unsicher ist, wo man eigentlich gerade mit seinem Zelt steht.
Stirnlampen.
Zwei Stück.
Auf fremden Köpfen. Einige Meter den Fluß herunter. Es war bereits finsterste Nach. Was tun?
Wir spülten gerade unsere Töpfe, da kamen plötzlich zwei Lichter auf uns zu. Zunächst schalteten wir aus Reflex unsere Stirnlampen aus um nicht gesehen zu werden. Uns wurde allerdings schnell klar, dass das nun wohl keinen Sinn mehr hatte, da wir ohnehin entdeckt worden waren. Beide Stirnlampen schienen auf der anderen Uferseite zu sein und herüber auf unsere Seite kommen zu wollen. Obwohl sie etwa bis zur Hälfte des Flusses über große Steine laufen konnten, gelang es ihnen nicht und nach einiger Zeit waren Sie nicht mehr zu sehen. Wir hatten Angst. Wer war das? Was wollen die von uns? Wo sind sie hin? Kommen sie wieder?
Wir gingen zurück zum Zelt und saßen auf unseren Hockern. Was jetzt?
Warten? Einfach schlafen gehen?
Wir warteten.
Nichts.
Dann legen wir uns mal hin, sagten wir uns und taten das auch. An festen Schlaf war aber nicht zu denken. Aber immerhin schliefen wir ein.
Stefan?
Die sind hier! Da sind Lampen, die leuchten hierher.
Lena war wach und schüttelte mich. Ich wühlte mich so schnell und leise wie ich konnte aus meinem Schlafsack. Lena sagte ich, dass sie drin bleiben sollte. Mein weißes Schlaf-Shirt tauschte ich in der winzigen Absyss noch hockend gegen das dunklere des Vortages. Ich griff sogar zu meinem Messer. Vorsichtig schaute ich hinaus, unsicher ob ich mich weiter verstecken oder einfach aufstehen und die Konfrontation suchen sollte.
Verstecken. Die Lampen machten eindeutig suchende Bewegungen. Hin und wieder dachte ich, dass sie uns jetzt entdeckt hätten, weil das Licht längere Zeit direkt in unsere Richtung leuchtete. Dann wanderte der Lichtkegel wieder weg und zwei Köpfe suchten links, rechts, vorne und hinten. Sie haben uns noch nicht gesehen, sonst wären sie schon direkt auf uns zu gekommen, dachte ich. Ich schlich um das Zelt und hing die reflektierenden Schnüre, so gut es ging mit den Handtüchern und Shirts ab, die zum trocknen an den Zeltleinen hingen.
Mein Puls raste und ich fragte mich die ganze Zeit, wovor ich eigentlich solche Angst habe. Denke ich, dass da zwei Axt-Mörder mit Stirnlampen durch die Pampa laufen und Touris im Zelt abschlachten - wie wahrscheinlich ist das? Eine Art Insel-Ranger-Patrouille, die uns das Zelten verbieten will? Und wenn? Dann bauen wir ab und gehen halt mitten in der Nacht weiter - das würde uns jetzt auch nicht umbringen. Ins Gefängnis werden die uns jetzt wohl nicht gleich schicken. Also wieso sitze ich mit griffbereitem Messer vor dem Zelt und warte auf den Angriff?
Rückblickend kommt mir das lächerlich vor. Ich schiebe es mal auf die ganze Situation. Eine völlig unbekannte Gegend, das Zelt im Dunkeln aufgebaut, Wilcamping eigentlich verboten, der Landessprache nicht mächtig - das sind schon Faktoren, die zu irrationalen Handlungen führen können.
Axt-Mörder waren es dann am Ende wahrscheinlich doch nicht, denn nach einiger Zeit entfernten sich die beiden wieder von uns und zwar wieder zurück über den Fluß. Offenbar konnte man keine 20 Meter von uns entfernt den Fluß überqueren. Interessant!
Am anderen Ufer liefen die Beiden nach links.
Nichts passiert - Puls auf 210.
Ich entwarnte Lena und wir saßen kurz danach wieder auf unseren Hockern und aßen Schokolade während wir die beiden Stirnlampen, die sich nun eindeutig bergauf bewegten beobacheten.
Hmmmm - doch Parkranger auf Nachtpatroullie? Unwahrscheinlich.
Als dann ein Auto auf der anderen Uferseite hielt und erneut Leute mit Stirnlampen ausstiegen und den gleichen Weg nahmen, dämmerte uns, was bzw. wer uns da wohl gerade “angegriffen” hatte. Vermutlich waren das einfach Wanderer, die Nachts loslaufen um den Sonnenaufgang von einem der Gipfel aus zu bewundern und die beiden, die zu Beginn auf unsere Flußseite wollten, vermutlich dachten, wir seien Ihresgleichen und daher auf uns zuliefen, in dem Glauben, dass wir wohl den richtigen Weg eingeschlagen hätten.
Ein unglücklicher Irrtum für die beiden. Nach etwa einer Stunde hatten sie uns erreicht und waren quasi wieder genau da, wie sie vorher waren - jetzt allerdings wieder auf der falschen Uferseite. Im Nachhinein tun mir die beiden fast noch mehr leid als wir - ein ziemlicher Umweg.
Jetzt, da wir die Situation verstanden hatten, glaubten wir nicht mehr ganz so stark an nächtliche Parkranger-Patroullien und Axt-Mörder. Ein paar Stunden Schlaf waren dann doch noch drin.
Tag 3. (Sa. 07.09.2013)
Bei Tageslicht wirkte unsere Plätzchen zwar nicht mehr so gruselig, aber dennoch wenig attraktiv. Wir packten also zügig zusammen und liefen nun in Richtung des Cirque de Mafate.
Es ist schon seltsam, wie man die Umgebung im Schein der Stirnlampe und in der Dunkelheit wahrnimmt und wie sie dann tatsächlich bei Licht aussieht. Direkt neben uns war der R2 markiert und führte über den Fluss. Dort war eine Art kleiner Parkplatz, ein großes Schild und ein paar Wegweiser.

Nach etwa einer Stunde setzten wir die Rucksäcke am Fluß ab und frühstückten.
Es dauerte nicht lange, da kamen uns die ersten Reunioner entgegen. Wir saßen und aßen während die verschiedensten Menschen an uns vorbeiliefen. Mütter mit Babies in einem Tuch vor den Bauch gebunden, Jogger, Jugendliche und vor allem viele flinke Männer in Turnschuhen. Die trainierten - wie wir später noch erfuhren - für einen Lauf, der quasi quer über die Insel führt.
Wir konnten noch eine Weile im Schatten laufen, bevor wir dann wieder von der Sonne am strahlend blauen Himmel weiter gebrutzelt wurden.
Der R2 führte weiter am Fluss entlang und immer wieder überholten uns die Läufer gegen die wir wie lahme Schnecken wirkten, die ihr Haus mit sich herumtragen.
In diesem Abschnitt - und leider war das nicht der letzte - lag immer wieder Müll herum. Vorrangig Taschentücher, die wohl für`s Geschäft benutzt wurden und leere Plastikflaschen lagen direkt am Wegesrand. Dieses Bild zieht sich leider durch die ganze Insel. Selbst auf kargem Vulkan-Gestein liegen weiße Taschentücher herum, die sich dort natürlich besonders schön abzeichnen. Traurig.
Wir hatten wenig geschlafen. Sehr wenig. Und das bisschen Schlaf, was uns unsere Hirngespinste gönnten war eher seichter und nicht gerade erholsamer Natur. Wir beschlossen also gegen Mittag es für heute gut sein zu lassen und den Aufstieg nach Les Orangers auf den nächsten Tag zu verschieben.
Barfuß und mit hochgekrempelten Hosen wateten wir weg vom Weg auf die andere Seite des Flusses, der hier schön ruhig und flach dahinfloß. Auf dem Kieselbett bauten wir uns dann ein kleines Lager mit Windschutz aus Wanderstöcken, Steinen und Packsäcken. Wir aßen und versuchten ein wenig zur Ruhe zu kommen. Das Zelt wollten wir erst bei Einbruch der Dämmerung aufbauen, da immer noch Leute vorbeiliefen und wir uns nach der letzten Nacht immer noch nicht ganz sicher fühlten und Angst hatten, dass dann doch jemand des Weges kommt, der unangenehme (französische!) Fragen stellt.
Wir hatten den perfekten Platz für unser Zelt gefunden. Ein kleiner Halbkreis aus Mutterboden behauptete sich gegen den Fluss an einer Felswand auf dem jetzt wieder gegenüberliegenden Ufer. Die Wand begann kurz nach der Stelle, an der die Wanderwege vom Fluss weg und dann nach oben abzweigten. Als das Zelt dann auf diesem kleinen Fleckchen mitten im Fluss stand hatten wir allerdings Sorge, dass sich dieses Plätzlein in der Nacht allmählich in`s Wasser auflöst oder dass sich der Fluss in einen reißenden Strom verwandelt während wir schlafen.
Irgendwie war die Nacht dann tatsächlich auch nicht so erholsam wie wir erwartet hatten. Direkt am Fluss schlafen ist keine gute Idee. Zumindest nicht, wenn dieser flach ist und über viele kleine Steinchen plätschert. Dieses plätschern hört sich auf lange Zeit an wie Stimmen, die durch die Nacht huschen - furchtbar gruselig!
Man mag uns jetzt für Weichflöten und Angsthäschen halten. Das sind wir vermutlich auch. Es fühlte sich an, als wären wir zum ersten Mal mit dem Zelt unterwegs. Obwohl wir schon hunderte Male draußen und auch in fremden Gegenden geschlafen hatten prägten uns die “Schrecken” der letzten Nacht und schlicht die Vorstellung, dass eventuell gleich jemand vor dem Zelt steht, wütend französisch spricht und wir kein Wort verstehen so sehr, dass wir irgendwie Unbehagen verspürten. Dort zu zelten, wo es eigentlich nicht erlaubt ist, scheint nicht unsere Lieblings-Beschäftigung zu werden. Wir schliefen trotzdem ein und wachten trocken auf. Das Zelt war nicht versunken und alles war wie tags davor.

Eine kleine Flussinsel für unser Zelt
4. Tag (So. 08.09.2013)
Der frühe Wanderer schwitzt nicht so viel - sagt ja schon ein altes Sprichwort. Um 6 Uhr morgens bauten wir das Zelt ab. Es ging in Richtung Les Orangers. Die Strecke dorthin war besonders schön. Anfangs waren wir gut im Schatten unterwegs und Wasser gab`s in Form von kleinen Flüssen auch genug. Es ging stetig aber recht bequem bergauf. Weiter oben wurden wir für den Aufstieg belohnt. Der Himmel war wolkenlos und es bot sich uns ein Anblick, der auf eine Postkarte sollte.


Postkarten-Wetter
Der Weg schlängelte sich weiter bergauf und bald hatten wir das Gefühl uns in einem künstlich angelegten Garten zu befinden. In einer Art Schlucht wuchsen die unterschiedlichsten und buntesten Pflanzen links und rechts des Weges während sich dazwischen einer kleiner Fluss seinen Weg suchte und hin und wieder in kleinen Becken innehielt. Es hätten nur noch Koi Karpfen darin gefehlt.
Nach dieser Oase ging es wieder zurück in die brennende Sonne und in Les Oranger gab es in der einzigen “Boutique” im Ort eine eiskalte Erfrischung aus der Dose. 3,50€ pro Getränk ist zwar viel, war es uns aber wert. Der Preis ist verständlich. Die Ware hier hoch zu bekommen funktioniert nur sinnvoll mit einem Hubschrauber. Und die hat man gehört. Oft. Tagsüber wird die an sich stille Insel-Mitte ständig von schrabbelnden Flugobjekten gekreuzt.
Nachdem wir dann noch bei einem Einheimischen etwas Wasser aus dem Schlauch bekamen und einen Hund geknuddelt hatten (nicht so niedlich wie Jaque!) ging es für uns ersteinmal wieder bergab. Der Weg führte vom Plataeu auf welchem sich Les Orangers befindet hinunter in ein kleines Tal.


Der Weg hinauf nach Les Orangers

In Les Oranger ist Camping möglich
Mittagspause gabs kurz vor dem erneuten Anstieg an einer fast schattigen Stelle mit kleinem Rinnsal um die Ecke. Die Sonne brannte danach weiter erbarmungslos auf uns herunter - sie kannte auch kein Mitleid als es wieder steiler und ohne Deckung bergauf ging. Man hatte das Gefühl, es werde mit jedem Meter dem man der Sonne näher kommt heißer auf dem Kopf.
Doch auch dieser Kampf wurde großartig belohnt. Wir liefen stets auf eine Art Kante zu. Uns war nicht so ganz klar, was uns dahinter erwarten würde. Der Blick auf die 2-dimensionale Karte lässt einen nicht so direkt erahnen, welch grandioser Ausblick dort wartet.
Unter uns lag der südliche Teil des Cirque de Mafate, der im Westen von einer riesigen, steilen Kraterkante eingerahmt wird. Wir konnten uns garnicht satt sehen und schon beim Versuch die Sache zu fotografieren wurde klar, dass es so viel Weitwinkel wohl nicht gibt. Auch mein Versuch ein Panorama aus vielen Fotos zusammen zu bauen ist nur wenig im Vergleich zum echten Anblick.



traumhafter Ausblick in Richtung Roche Plate
Irgendwann mussten wir uns losreißen und wanderten nun wieder bergab nach Roche Plate.
Die Landschaft veränderte sich schlagartig. Plötzlich standen wir im Nadelwald und wurden kurz vor Ortseingang noch von einer Bewässerungsanlage geduscht. Laut Karte sollte sich in Roche Plate ein Camping-Platz befinden und so war der Plan nach genau diesem im Ort zu fragen. Zunächst kamen wir an einer Gîte vorbei und trafen ein Schweizer Pärchen, was zwischen Seychellen und Dubai noch eben Reunion in die Flitterwochen quetschte. Von diesen erhielten wir dann auch die Info wo die Besitzerin der Gîte zu finden sei, die uns dann mit Händen und Füßen auch den Weg Richtung … nun ja, nennen wir es ruhig Campingplatz … weisen konnte.
Kurze 35 Minuten später und nach einer Tour durch das halbe Örtchen sahen wir dann auch schon ein kleines blaues Schild dass uns weniger zu einem Campingplatz als vielmehr zum Garten einer älteren Frau lotste. Die gesamte Familie wurde Teil unseres Check-Ins. In einem furchtbar netten Mix aus französisch und englisch wurde uns die “Dusche” und der “Stellplatz” gezeigt. Eine viertel Stunde später stand unser Zelt. Die Aussicht war nicht zu verachten. Ein schöner Abend und eine ziemlich kalte Nacht warteten auf uns.



Camping im Garten in Roche Plate
5. Tag (Mo. 09.09.2013)
Nach der letzten Nacht fragten wir uns ernsthaft wie wir so dumm sein konnten und die Höhe, in der wir uns bewegen würden, bei der Planung völlig vergessen hatten. Dass wir keinen Winterschlafsack brauchen würden, war uns klar - allerdings waren die kleinen leichten Sommerschlafsäcke, die wir mitgenommen hatten, die komplett falsche Wahl. Es mag eine tropische Insel sein - aber in den Bergen ist`s halt auch hier ziemlich kalt. Da unser Außenzelt auch nicht gerade weit nach unten läuft, zog der Wind schön hinein und sorgte zumindest meinerseits für eine eher schlechte Nacht. Das kommt davon, wenn man sonst eher in Nordeuropa unterwegs ist und bei der Vorbereitung zu sehr von der tropischen Seite der Insel geblendet wird.
Herzlich verabschiedeten wir uns an diesem Morgen von unser Vermieterin, die obendrein noch unseren Müll entgegennahm. Mülleimer sind in den Bergdörfchen nämlich sehr rar. Verständlich, da auch der Müll mit Helikoptern ausgeflogen werden muss. Wir machten uns auf den Weg nach Marla. Vorbei an einer winzigen Blechhütten-Kapelle ging es bergauf, bergab, bergauf, bergab - die große Kraterwand immer rechts von uns.

In Richtung Marla
Wir folgten sehr oft einer Spur aus Mandarinen-Schalen. Ständig sah man sie. Mir ist unklar ob ein einziger Wanderer so viele Früchte mit sich herumträgt und sie andauernd futtert oder ob es auf dieser Insel gang und gebe ist. Ich finde es jedenfalls furchtbar, wenn man seinen Müll nicht mitnimmt. Auch wenn Obstschalen an sich nicht schlimm sind, so hätte man sie doch etwas weiter in`s Gebüsch werfen können. So vermiesen sie das Bild der Strecke ein wenig. Leider ist das aber nicht das schlimmste. Vor allem Taschentücher sieht man ständig am Wegesrand - allerdings auch Plastikflaschen und anderen Müll. Entweder viele Touristen oder die Einheimischen legen offenbar nicht so viel Wert auf die Natur. Schade
Wie schon so oft brannte uns die Sonne auf den Pelz. Das konnten wir allerdings gut ertragen weil auf uns ein traumhaftes Mittags-Plätzchen wartete.
Der Cascade de Trois Roches ist ein Wasserfall der sehr schmal und sehr tief ist. Bevor er nach unten donnert bildet der Fluss in kleinen Wannen hervorragende Bademöglichkeiten. Rucksäcke weg, Badesachen an und ab in`s Wasser hieß es dann auch für uns. Wir aßen, badeten, lagen eine Weile faul herum und beobachteten die vielen Katzen, die dort, warum auch immer, herumrannten.
Danach ging es am bzw. im Flußbett weiter Richtung Marla. Dort angekommen fanden wir durch fragen heraus, wo in etwa die ominöse “Snackbar” sein sollte und fanden einen annehmbaren Zeltplatz neben dieser - und genau hinter einer Schule. Das war mehr oder minder direkt im Ort, aber durchaus OK. Am Abend genehmigten wir uns dort noch ein Bier, liefen durch`s Örtchen und trafen noch einmal das Honeymoon-Pärchen aus Roche Plate. Wieder am Zelt schüttelten wir die Rucksäcke aus und checkten unsere Vorräte. Wir mussten die Regenhosen überziehen, weil es inzwischen doch zu kalt geworden war. Auch diese Nacht war nicht die wärmste.

Baden in den kleinen Becken des Trois Roches

Warum auch immer liefen hier seltsam viele Katzen umher


Da geht`s irgendwo hoch

Kurz vor Marla

Zelten hinter/vor einer Schule in Marla direkt neben der "Snackbar"
6. Tag (Di. 10.09.2013)
Das Zelt mussten wir an diesem Morgen tüchtig schütteln und trocken wischen. Zuviel Kondenswasser von innen und außen. Der Wecker hatte um 5 Uhr geklingelt, weil wir etwas mehr Zeit in Cilaos haben wollten. Durch den frühen Start konnten wir die vor uns liegenden knapp 400 Höhenmeter im Schatten laufen. Immer wieder wurden wir dabei von einem Esel überholt. Dieser war mit seinem Führer auch auf dem Weg noch oben. Offenbar gab es eine spezielle Esel-Route, die ab und an die Wanderroute kreutzte.
Danach folgte ein fieser Abstieg in den Cirque de Cilaos.
Als wir die Straße erreichten gaben uns freundliche Menschen den Hinweis, dass man von hier auch den Bus in`s Zentrum von Cilaos nehmen könne. Genervt und entkräftet vom Abstieg entschieden wir uns dafür und knapp 8 Minuten später saßen wir auch schon im Bus.
Im Ort selbst wurde es dann etwas schwierig. Wir fragten uns zur Touri-Info durch und buchten dort auch gleich eine Nacht in der Gîte du Piton des Neiges mit Abendessen und Frühstück. Wir fragten nach einem Campingplatz und erhielten auch eine grobe Skizze bzw. den Hinweis, dass dieser außerhalb dessen liegt, was die Touri-Karte zeigte. Anfangs gut gelaunt kauften wir am Straßenrand noch eine Art Weißbrot und freuten uns auf einen gemütlichen Abend. Nachdem wir jedoch gefühlte Stunden durch den Ort liefen und nichts darauf hinwies, dass da irgendwo ein Campingplatz sein könnte sank unsere Laune ins Bodenlose. Lena hatte schon einige Zeit Probleme mit Ihrem rechten Fuß und humpelte ein wenig. Nach einigem Gequängel entschieden wir uns für den Rückweg und suchten nach der Gite Clair de Lune. Die hatte man uns in Marla empfohlen und uns wurde nicht zu viel versprochen. Der Besitzer Alex ist ein extrem offener, freundlicher und lustiger Typ. “My home is your home, My fridge is your fridge” - das waren seine Worte als er uns den Schlüssel in die Hand drückte und sagte, dass er erst morgen wieder kommen würde. Das war super - so viel Vertrauen entgegen gebracht zu bekommen macht einfach Spaß. Die Gite ist preiswert, sauber und nett eingerichtet. Wir liefen noch ein wenig durch die Stadt, kauften ein wenig ein, aßen eine Tiefkühlpizza und tranken noch etwas auf der kleinen Terasse der Gite.

Marla





Die Gite Clair de Lune
7. Tag (Mi. 11.09.2013)
Diesmal konnten wir ausschlafen - was etwa bis 7 Uhr bedeutete. Alex hatte Baquettes, Nutella und Marmelade zum Frühstück bereitgestellt. Schnell noch zur Post und dann mit dem Bus an den Rand der Stadt von wo aus der Aufstieg zur Gîte du Piton des Neiges begann. Dieser war anstrengend aber lohnend. Schönes Wetter bescherte uns abermals eine tolle Aussicht - diesmal hinab auf Cilaos.
Oben angekommen saßen wir dann ein wenig herum, da die Gite noch nicht geöffnet hatte. Als diese uns dann hereinließ, verstauten wir unser Gepäck und bezogen Quartier in einem Zimmer mit 3-Stock-Betten und etwa 12 Personen. Das anschließende, gebuchte und bereits bezahlte Abendessen war eher nicht so berrauschend und mit 18€ p.P. auch nicht gerade billig.
Der Plan für den Start des morgigen Tages sah bei allen Anwesenden gleich aus. Früh aus den Federn und vor dem Frühstück zum Sonnenaufgang auf den Piton de Neiges.

Der freche Tec-tec sorgt immer wieder für gute Laune

Cilaos

Sonnenuntergang an der Gite du Piton des Neiges
8. Tag (Do. 12.09.2013)
03.40 Uhr morgens. Das Licht ging viel zu früh an. Man hätte noch ein wenig liegen bleiben können, aber das sahen einige eben anders. Mit Stirnlampen wackelten wir dann durch`s Dunkel in Richtung Gipfel. Wenn man sonst nicht so sehr den Alpinisten in sich rauslässt und zum ersten Mal im Dunkeln den Weg zum Berg in Angriff nimmt, fühlt man sich direkt ein wenig abenteuerlicher. Uns hat es Spaß gemacht, auch wenn Kälte und Wind gegen uns waren.
Kurz vor dem Gipfel sahen wir auch die kleinen, halb-runden Steinmauern, von denen in einem anderen Bericht hier im Forum schon die Rede war. Dass wir dort aber nicht wie die Autoren des anderen Berichts die Nacht verbracht hatten erschien uns aufgrund der Kälte und unserer Ausrüstung als ziemlich klug.
Der Sonnenaufgang vom Gipfel aus war die Mühe wert. Über einem Wolkenmeer schob sich die Sonne langsam nach oben und warf uns die ersten wärmenden Strahlen in`s Gesicht. Einsam und romantisch ist`s dort allerdings nicht. Man ist eben nicht allein mit der Idee und teilt sich den Moment mit etwa 20 anderen Leuten. Der eisige Wind ließ uns nicht ewig verharren und schließlich hatten wir auch noch nichts gegessen.
Wir hatten uns mehr vom Frühstück versprochen. 4 Scheiben Toast, etwas Butter und Marmelade, dazu ein Kaffee - das ist nicht das, was man nach so einem Ausflug braucht. Gesteigerte Lust uns aufzumachen und noch etwa 5h unterwegs zu sein, hatten wir jetzt natürlich nicht mehr. Aber so sah der Plan nun mal aus.





An der Kraterkante entlang ging`s Richtung Süd-Osten zum Dörfchen Bourg-Murat. Der Weg dorthin war geprägt von auf und ab und auf und ab. Die Pflanzenwelt war unglaublich vielfältig und auch die Landschaft - wenn man sie denn durch die Wolkendecke erblicken konnte - war einfach toll anzuschauen. Die erste Pause und damit das zweite Frühstück teilten wir uns mit einem neugierigen Tec-tec. Diese kleinen Vögel sind unfassbar witzig, weil sie so unerschrocken gegenüber Menschen sind, sehr nah herankommen und lustig hin und her und von Ast zu Ast hüpfen.
Zum Schluss des Abstiegs wurde es um uns herum noch einmal sehr “dschungelig” bevor wir sozusagen plötzlich in einer ganz anderen Landschaft standen. Vor uns lagen landwirschaftlich genutzte Flächen. Eben noch im Dschungel hätte sich jetzt 500m weiter mein Heimatdorf befinden können. Leider fanden wir dort kein zeltbares Gelände. Alles war irgendwie bewirtschaftet oder viel zu offen um sich wohl zu fühlen. Wir gingen also weiter - immer weiter Richtung Hauptstraße. Es war schon recht spät, wir hatten kein Wasser mehr und die Touri-Info im Ort würde nicht mehr lange offen haben. Ich hielt den Daumen raus und das zweite Auto hielt an. Ohne viele Worte, dafür mit viel Geschwindigkeit ging es dann im alten Opel in die “Innenstadt”. Wir hatten keine Ahnung wo vielleicht eine Touri-Info zu finden sein könnte - Schilder gab es auch nicht. Wir versuchten es also in einem Info-Zentrum, welches offenbar Touren zum Vulkan anbietet. Dort half uns eine unfassbar hilfsbereite Frau weiter - die immer wieder betonte, dass ihr englisch ganz furchtbar sei. Camping-Möglichkeiten wüsste sie keine. Sie half uns aber eine Gite mit englisch-sprechendem Besitzer zu finden bzw. kündigte sie uns telefonisch dort an und zeigte uns den Weg. Kurz darauf sprachen wir auch schon mit dem netten Pascal und konnten ein Zimmer beziehen. Wir holten noch etwas zu Essen im Ort, checkten wo die Touri-Info nun wirklich ist und fielen erschöpft in`s Bett.



Diesen Tec-tec hätte man auch bewerfen können - er wäre vermutlich noch näher gekommen um zu fragen was das soll.



Vom Dschungel in`s Kuhdorf

Die Gite von Pascal - spricht englisch und ist total cool
9. Tag (Fr. 13.09.2013)
Der Wecker klingelt auch bei schlechtem Wetter. Das war auch an diesem Freitag der Fall.
Wir liefen zur Touri-Info und waren nicht sehr überrascht, dass man auch dort fast kein englisch reden konnte - die Leute gaben sich aber echt viel Mühe und konnten uns auch helfen. Der Plan sah vor die nächsten 2 Nächte in der Gite du Volcan zu verbringen und diese auch vorher zu buchen. Pascal hatte uns nämlich deutlich davon abgeraten an der Gite zu campen. Das wäre seines Wissens nach zwar möglich aber viel zu kalt. Das glaubten wir ihm nach unseren Erfahrungen natürilch sofort. Die Angestellte gab uns den Telefonhörer zum reservieren dann auch direkt in die Hand und wir konnten mit einem Berliner reden, der das dann auch alles regelte.
Lena ging es leider nicht so gut und da uns Pascal am Abend zuvor gesagt hatte, dass Trampen eigentlich kein Problem sei, probierten wir es noch einmal. Wir schlugen den Weg bzw. die Straße Richtung Vulkan ein und schon das dritte Auto hielt und sammelte uns ein. So schnell wie wir eingesammelt wurden, wurden wir dann auch wieder rausgelassen. Dieses Teilstückchen hätten wir uns gern erspart dachten wir - denn jetzt standen wir mitten in einer kleinen Siedlung, wo man nichtmal mehr einen Bus finden würde. Doch auch dieses Problem löste sich recht schnell. Ein Mann, den wir bereits in der Touri-Info gesehen hatten, kam mit seinem Mietwagen des Weges und nahm uns mit. Er hatte das gleiche Ziel wie wir.
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