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    [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

    Tourentyp Radreise
    Breitengrad 50.553579956
    Längengrad -3.97567749
    Auf nach Dartmoor!

    Als ich im November nach Bristol zog, war ich voller Vorfreude, denn es gibt schier unendlich vieles rundherum zu entdecken und ist meist nur 1-2 Autostunden entfernt. Von der langen Liste mit Cornwall, Exmoor, Dartmoor, Wiltshire, Cotswolds, Pembrokeshire, Snowdonia etc. hatte ich bisher nur die Brecon Beacons besucht.
    Fuer das erste lange Mai Wochenende sollte es unbedingt nach Dartmoor mit dem Mountainbike gehen! Schon im Januar hatte ich den Plan gefasst, die Feinplanung jedoch erst eine Woche vorher mit Karte, Guidebook und Basecamp verfeinert. Allein das war ein Spass.
    Seit ich Fahrrad fahren konnte, hatte ich immer ein Rennrad oder aehnliches besessen. Schweren Herzens hatte ich es vor meinem Umzug verkauft, denn ich sah mehr Sinn darin, Suedwestengland per Mountain Bike zu erkunden und die Huegel rauf und runter zu fahren. Ich kaufte mir hier ein schickes leichtes Hardtail, werde aber meine Rennradherkunft nie verleugnen koennen . Ein furchtloser Downhill Racer wird aus mir nicht mehr. Fuer mich reichen die blauen Trails voellig aus und ich geniesse eher das Bikepacking als technisch anspruchsvolle singletrails.

    Entsprechend plante ich fuer die drei Tage in Dartmoor eher einfache Strecken in ganz verschiedenen Ecken des National Parks und wollte relativ spontan entscheiden, was ich je nach Wetterlage machen wollte. Ich wollte Freitag nach der Arbeit runter nach Lydford fahren, dort auf dem Campingplatz uebernachten und dann Samstag, Sonntag und Montag je nach Lust und Laune die Strecken auswaehlen.
    Zuletzt geändert von RockingKatja; 25.05.2014, 18:56.
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  • codenascher

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    #2
    AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

    Dartmoor, sehr geil. Freu mich auf die Fortsetzung.

    gesendet vom Schmatfon

    Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

    meine Weltkarte

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    • RockingKatja
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      #3
      AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

      Die Wege des Schicksals
      Freitag 02. Mai 2014

      "Manchmal is komisch", sagt man so in Berlin, wo ich herkomme. Fuer meinen Anreisetag passte das ziemlich gut. Nach einer sehr anstrengenden Arbeitswoche, konnte ich es kaum erwarten endlich in die Einsamkeit der suedlichsten Wildnis Englands abzutauchen. Frueh um 8 schleppte ich meinem vollgestopften Trekkingrucksack, meinen kleinen Bikerucksack und mein Bike zur Autovermietung und lud alles in einen schicken Passat Kombi. Da ich mit Auto unterwegs war, spielte Gewicht nicht so die grosse Rolle, ich hatte also etwas mehr an Essen und Klamotten eingepackt und hatte ganz schoen zu tun, das alles die 20 Minuten zur Vermietung zu schleppen.

      Ich fahre wirklich sehr selten Auto, wenn dann aber sehr gerne. Wuerde mich sogar als entspannten guten Autofahrer bezeichnen. Hier in England bin ich bisher nur einmal mit Mietauto gefahren und komme recht gut mit dem Linksverkehr zurecht. Mein Problem ist allerdings das rechts sitzen und die Ausmasse eines mir unbekannten Autos einzuschaetzen. Vor allem bei so einem Schiff, wie dem Passat. Ich fahre einfach immer ein bissl zu weit links, weil ich es nicht gewohnt bin, dass mein Auto so weit nach links reicht Das sollte mir heute noch zum Verhaengnis werden.

      Der Arbeitstag war stressig, aber ich kam halbwegs puenktlich gegen 17:15 raus. Das hiess jedoch, dass ich den Campingplatz in Lydford knicken konnte, der machte naemlich schon um 18 Uhr zu. Kein Problem. Plan B war die Jugendherberge Okehampton, die sollte bis 22 Uhr an der Rezeption besetzt sein.
      Ziel im Handynavi angegeben und los gings. Keine zwei Minuten unterwegs, sollte ich in eine schoene enge Gasse abbiegen. Na toll. Ich manoevrierte mein Schiff hinein und ploetzlich gab es von links einen lauten Knall und mein Aussenspiegel war eingeklappt. Ja super. Ich hatte wohl irgendwas an der Baustelle da uebersehen und war mal wieder zu weit links gefahren. Kacke!
      Ich hielt an der naechst besten Stelle an und begutachtete den Schaden. Spiegel wieder ausgeklappt, kein Kratzer. Aha. Cool! Radkasten, kein Kratzer. Restliche Karrosserie, nix. Geil Ich wollte schon fast wieder einsteigen, als ich den Platten bemerkte. Und dessen Grund. Ein gut 3cm Durchmesser grosses Loch im Reifen... WTF???
      Na toll, ich bediente hier nun alle Klischees. Frau, die nicht Auto fahren kann und dann keinen Plan hat, wie man einen Reifen wechselt. Ok, so ganz sitmmt das nicht. Ich bin handwerklich begabt und weiss auch theoretisch wie das geht. Es ist nur eben mal locker 15 JAHRE HER, als ich das letzte mal nen Reifen gewechselt hab.
      Ich war ja kaum von Arbeit weg, rief also meinen Kollegen an, der ein grosser Autofreak ist, ob er mir eben helfen kann. Ich packte Ersatzreifen, Werkzeug, Wagenheber etc. aus und waehrend ich noch 10 Minuten wartete boten mir sogar zwei Leute ihre Hilfe an. Einer davon mit nem Arm in ner Schlinge
      Reifen war dann dank meines Kollegen schnell gewechselt und er mein Held des Tages! Ich verbrachte nochmal fast 20 Minuten am Telefon der Autovermietung, um den Schaden zu melden, die wollten irgendwie alles wissen inklusive Farbe des Autos etc.

      Mit reichlich Verspaetung war ich dann endlich gegen 18:30 auf dem Weg. Ein Gutes hatte die Episode: Die M5 war nicht mehr ganz so verstopft. So war ich kurz vor 21 Uhr endlich in Okehampton und fand auch schnell die Jungendherberge, nur um festzustellen, dass die Rezeption bereits um 20 Uhr geschlossen hatte. Arrrggggg. Ich lief ein wenig um das Haus herum und ueberlegte, ob ich hier einfach zelten sollte und die Gebuehr dann am naechsten Morgen bezahlte.
      Ich wollte dann jedoch wenigstens schnell Google anwerfen und nach einem preiswerten B&B gucken. Tatsaechlich fand ich das Meadowlea kaum 2 Autominuten entfernt und versuchte mein Glueck.

      Eine sehr freundliche Gastgeberin oeffnete mir (Ich entschuldigte mich artig, dass ich hier um 21:30 noch klingelte... ich bin wohl schon zu lange in England ) und bot mir tatsaechlich noch ein freies Zimmer an fuer schlappe 32 Pfund die Nacht inklusive Fruehstueck. Badezimmer wurde mit zwei anderen Zimmern geteilt, die aber nicht belegt waren. Cool.
      Das Haus war nicht nur urgemuetlich, sondern auch absolut sauber, mein Zimmer mit sau-bequemem Bett, kleinem TV, alles in allem ganz grosses Kino!!! Ich beschloss direkt fuer zwei Naechte zu bleiben, machte es mir auf meinem Bettchen bequem, bloggte etwas und lies mich vom TV berieseln, bevor ich wenig spaeter einschlief.
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      • RockingKatja
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        #4
        AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

        Okehampton Military Road

        Tag 1 - Samstag 03.05.2014
        So weit das Auge reicht… nichts.

        - 24km -

        HIER meine Route

        Ich schlief wie in Muttis Schoss und war voller Vorfreude auf meine erste richtige MTB Tagestour. Froehlich stiefelte ich aber zuerst in den Fruehstuecksraum und sah dort nicht nur die ueblichen Varianten des Britischen Fruehstuecks auf der Karte, sondern sogar Scrambled Eggs and Salmon. Yeah!!!! Besser ging’s einfach nicht.
        Der Wetterbericht hatte fuer das Bank Holiday Wochenende recht sonniges Wetter mit ein paar Wolken vorher gesagt, wobei Samstag der schoenste Tag werden sollte. Ich hatte also fuer heute die “Military Road” geplant, eine Rundtour aus meinem Guidebook, die in Okehampton an der Jugendherberge startete und eine der laengeren Touren war. Im Buch stand ausdruecklich, man sollte gutes Wetter aussuchen, denn die Aussichten seien ganz fantastisch.
        Leider war es eher etwas grau und bewoelkt, die Sicht jedoch ok und vor allem war es trocken. Ich blieb also bei meinem Plan und startete recht spaet gegen 09:30.

        Mein kleiner Bike Rucksack war doch ganz schoen schwer. Immerhin mit 2l Wasserblase, 2 Aepfel, 2 Eier, etwas Wurst und Kaese, Regenjacke, Kamera, Ersatzschlauch und Werkzeug. Hm. Fuer nur einen Tag ganz schoen viel irgendwie, so war das nicht gedacht, aber mittelfristig moechte ich eh die eine oder andere Relevate Design Tasche anbringen, das wird hoffentlich den Rucksack bald ueberfluessig machen.

        GPS, Kompass und Karte waren auch dabei, das kleine Guidebook sollte aber heute und die naechsten Tage locker reichen, die Beschreibungen waren gut genug, um ohne Probleme den Weg zu finden.
        Los gings an der Jugendherberge zunaechst durch einen Park/Wald entlang eines Flusses. Sehr huebsch. Dann folgte ein recht netter Anstieg eine schmale Asphaltstrasse hinauf bis nach Belstone, die mich ganz schoen pusten lies. Wow. Ich dachte, ich waere halbwegs in Form. Aber diese knackigen Anstiege haben es echt in sich. Das kommt auf die Trainingsliste

        Ich hatte mir vor der Tour immerhin neue leichte MTB Pedale geholt mit diesen lustigen Schrauben drin fuer besseren Halt, sowie neue Schuhe mit spezieller Gummimischung. Ich verzichte bewusst auf Klick-Pedale, bin da gerade beim MTB bissl vorsichtiger. Die Schuhe klebten foermlich auf den Pedalen und trotzdem konnte ich einfach meine Position aendern oder absteigen oder was auch immer. Allerdings wurden meine Unterschenkel dann doch oefter Opfer der scharfen Schrauben, wenn ich das Fahrrad mal schob, so dass ich bald aussah, als ob ich durch dickste Dornenbuesche gefahren sei.

        Im winzigen Belstone machte ich eine kleine Apfelpause, bevor es nun endlich auf den Offroad-Teil der Strecke ging. Zunaechst ein kleines Stueck auf dem Tarka Trail, der hier ein recht breiter mit Granitsteinen gespickter Pfad ist. Nicht sonderlich schwer, da die Steine nicht lose sind, aber holprig genug fuer nettes Offroad Feeling
        Zur rechten Seite bot sich eine schoene Sicht Richtung Okehampton und die unwirklich gruenen Felder Suedwest Englands, doch mich zog diese weite, karge, huegelige Landschaft zur linken sofort in ihren Bann. Das war also Dartmoor. Der Weg wurde bald zu einem einfachen Schotterweg, der nur hin und wieder mal leicht anstieg oder abfiel.







        Ein seeliges Laecheln stahl sich auf meine Lippen, als ich realisierte, was mich hier so faszinierte. Die fast voellige Abwesenheit von Landschaft wirkte wie ein Sog, der mir saemtliche Gedanken entriss, mir keine Gelegenheit gab, meine Aufmerksamkeit auf irgendetwas spezielles oder besonderes zu richten, auf der anderen Seite jedoch auch keine Moeglichkeit bot, abzuschweifen oder ueber weltliche Probleme nachzudenken.
        Jeglichen seelischen und emotionalen Balasts beraubt radelte ich gluecklich einfach so vor mich hin und lies dieses grosse weite Nichts mich einschliessen und wurde eins mit ihm.

        Nachdem ich einen Fluss samt Fahrrad per Stepping Stones ueberquert hatte, war es Zeit fuer eine etwas laengere Pause, schliesslich war es ja schon Mittag. Auch wenn ich weder hungrig noch muede oder erschoepft war, aber ich hatte gerade ein wunscherschoenes Fleckchen fuer eine Rast entdeckt und ich war ja nicht in Eile.



        Der Pfad fuehrte eine ganze Weile mehr oder weniger leicht bergan und dann nicht allzu steil auf einer alten Asphaltstrasse wieder bergab. Mit flatternden Hosenbeinen schoss ich hinunter. Fuer "richtige" Biker war das hier sicher Kindergarten, ich hatte meinen Spass ohne Angstschweiss auf der Stirn





        Eine kleine Pause und einen knackigen Anstieg spaeter bog ich von der geplanten Route ab, um einen Abstecher zum Dinger Tor zu machen. Ich hatte auf den Huegeln in der Umgebung schon einige der beruehmten Steinformationen aus der Ferne sehen koennen, jetzt wollte ich mir so ein Tor mal aus der Naehe ansehen.
        Der breite Granitpfad endete dann auch genau am Dinger Tor mit so etwas wie Aussicht in eine Art Talkessel. Wer einen grossartigen Platz fuer ein Zelt sucht, haette ihn hier gefunden. Schoene ebene von Schafen sauber kurz geknabberte Grasflaeche direkt an den Felsen. Besser geht's nicht. Das kam gleich mal auf die Merkliste fuer eine eventuelle Trekkingtour.


        Also wenn das kein schoener Zeltplatz ist...



        Ich kletterte ein wenig auf dem Felsen herum, lies den Blick schweifen und machte mich dann auf den Rueckweg zum eigentlichen Pfad.
        Dieser wurde bald zu einer kleinen Asphalt Strasse und fuehrte nicht viel spaeter schon wieder an den ersten Farmen vorbei. 14:30 war ich zurueck am B&B. Huch. Das war dann irgendwie doch schneller als gedacht. Ich war ziemlich muede und kaputt. Wohl weniger vom radeln ansich, als von meiner anstrengenden Woche zuvor in Kombination mit frischer Luft und koerperlicher Ertuechtigung.
        Ich widerstand der Versuchung eines Nickerchens und stiefelte stattdessen etwas durch Okehampton. Bis auf die wirklich beeindruckende Burgruine lohnt es sich allerdings nicht wirklich. So war ich gegen 18 Uhr zurueck auf meinem Zimmer, genoss eine lange warme Dusche und machte es mir mit Teechen und TV auf meinem Bett bequem, bloggte etwas und musste mit leichtem Grummeln feststellen, dass die Sonne gegen 19:30 sich mehr und mehr durch die Wolken kaempfte. Nagut, vielleicht war das auch ein Zeichen fuer den morgigen Tag.







        Zuletzt geändert von RockingKatja; 25.05.2014, 14:10.
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        • RockingKatja
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          #5
          AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

          Granite Way, Lydford, Mary Tavy

          Tag 2 - Sonntag 04.05.2014
          Sonne, Sonne, Sonne

          - 54km -

          HIER die Route Lydford ueber Mary Tavy

          Tatsaechlich hatte sich das gute Abendwetter bis zum naechsten Morgen gehalten und sollte laut BBC Wetter-App auch den ganzen Tag ueber bleiben. Nachdem Fruehstueck verabschiedete ich mich von meinen Gastgebern und packte meine Sachen ins Auto, liess es aber stehen, denn heute standen zwei Routen aus meinem Buch an, die ich kombinieren wollte. Die erste startete wieder in Okehampton in der Naehe der Jugendherberge.

          Der Granite Way ist eine alte Bahnstrecke, die groesstenteils asphaltiert zum Rad-/Spazierweg ausgebaut wurde. Fuer Rennraeder nur bedingt geeignet, da es auch kurze Schotterpassagen gibt. Fuer Mehrtageswanderer auch eher weniger was, da der Untergrund zu hart ist.
          Bei feinstem Wetter mit Sonne und ein paar Wolken radelte ich recht entspannt den ersten Teil von Route 1 bis Sourton und blieb dann auf dem Granite Way, um weiter bis nach Lydford zu fahren, wo die Roundtour Richtung Marytavi starten sollte. Gestern hatte ich auf der gesamten Strecke kaum eine handvoll Menschen getroffen, heute war das bei dem Kaiserwetter und am Sonntag natuerlich etwas anders. Zumal der Granite Way auch recht bekannt ist. Mich stoerte das nicht, ich genoss die schoenen Blicke auf die gruenen Felder Devons im Westen und die kargen Dartmoorhuegel im Osten.


          Granite Way


          Sourton Church


          Richtung Lydford

          Gegen 11 Uhr war ich in Lydford und hoffte auf einen Dorfladen. Auch wenn der winzige Ort recht pittoresk war, konnte ich keinen finden. Nix Milch und Schoki. Buh.
          Groesste Attraktion ist hier wohl die Lydford Gorge. Eine Schlucht durch die man nach Zahlung eines Eintrittsgeldes wandern kann. Da ich weder Wanderschuhe dabei hatte, noch Lust auf zahlreiche Sonntagsausfluegler, sah ich mir lieber das Lydford Castle an, welches ansich ein grosser Wuerfel auf einem Huegel ist, der zu normannischen Zeiten erst als Gefaengnis genutzt wurde und spaeter als Burg diente.
          Am anderen Ende der Lydford Gorge war ein weiterer Besucherparkplatz mit angeschlossenem Cafe. Wenn schon keine Milch und Schoki, dann eben Cappuccino und Brownie. Nicht ganz das gleiche, aber ich sass entspannt in der Sonne und genoss diesen fantastischen Tag.

          Kurz nach 12 machte ich mich dann auf die Rundtour, die an einem Public Footpath kurz hinter dem Parkplatz startete. Kaum fuenf Minuten auf dem Schotterweg leicht bergan gestrampelt, passierte ich ein Viehgatter und stand mitten in der Natur. Wow. Eben noch auf ner gut befahrenen Landstrasse, jetzt gefuehlte 100 Meilen weg. Toll.
          Saftig gruenes Gras, hier und da mal gelb/beige, Straeucher, Schafe, Huegel dazu der inzwischen fast komplett blaue Himmel. Grosses Kino!

          Mein Buch erklaerte, dass der Pfad hier etwas schwierig zu finden sei und hatte recht damit. Ich fand ihn schliesslich zwischen einigen Bueschen versteckt. Es sollte nun einen sehr breiten grasbewachsenen Anstieg Richtung A386 gehen. Klang einfach, war die absolute Hoelle. Gras, dachte ich mir, na besser als lose Steine, wie schwer kann das sein. Sah auch nicht steil aus, da bin ich im Nullkommanix oben.
          Das war jedoch nicht einfach so normales Wiesengras, sondern eher weich und fast moosartig. Ich strampelte und muehte mich ab und hatte das Gefuehl, jemand hielte mein Fahrrad fest.
          Immer wieder musste ich pausieren, um wieder zu Atem zu kommen. Was fuer ein Sch...., dachte ich mir und kaempfte mich grimmig nach oben, ueberquerte die A386 und war nun wieder auf einem tollen holprigen Granit Weg, der jedoch bald in einen angenehmen Schotterweg ueberging.
          Ich passierte ein paar Farmen, beobachtete eine Gruppe Ponys und erreichte schliesslich am fruehen Nachmittag eine schmale Asphaltstrasse, die mich von hohen Bueschen gesaeumt ueber Petertavi nach Mary Tavy fuehrte.







          Kurz nach Mary Tavy (Auch hier kein Dorfladen zu sehen.) bog ich auf den West Devon Way ab und durfte einen weiteren Grasanstieg bewaeltigen. Zum Glueck war dieser weniger steil und die Aussicht wurde mit jedem Hoehenmeter atemberaubender.





          Auf einem Schotterweg ging es zurueck nach Lydford inklusive einiger kleiner Rinnsale, durch die ich bergab sauste und dannach dann auch so richtig nach Mountainbiker aussah.



          Auch wenn ich nur ein kurzes Stueck auf dem West Devon Way unterwegs war, macht er doch einen wirklich feinen Eindruck. Scheint vom Anspruch aehnlich dem Beacons Way und bietet wirklich ganz grandiose Blicke.

          Auf Strasse und Granite Way ging es zurueck bis nach Sourton, wo ich im dortigen Pub an der Hauptstrasse eine kleine Pause einlegte. Das war mit Sicherheit einer der coolsten und skurrilsten Pubs, die ich je gesehen habe! Eine seltsame Mischung aus Piratenkaschemme und Hexenhaus samt leicht schraeger Grufti/Eso-Besitzerin, die sowas von nett war! Ich bestellte ein Cider und hatte noch Lust auf Kuchen oder so. Letzteres meinte sie, hat sie eigenlich nicht im Angebot, aber ich kann ein Stueck von ihrer Lemon Pie haben.
          So sass ich draussen in der Nachmittagssonne, genoss mein Lemon Pie und fuehlte, wie das Cider sofort wirkte. Von Sourton fuehrte mal wieder ein Grasanstieg Richtung Sourton Tors und bog dann nach Norden ab, um auf Gras und Schotterwegen mehr oder weniger oberhalb des Granite Ways zurueck nach Okehampton zu fuehren.

          Ich sprang ins Auto und fuhr in einen kleinen Ort nahe Tavistock, wo ich am Vorabend noch ein kleines Hotel gebucht hatte. Warum am letzten abend noch campen? So besonders war es leider nicht, dafuer aber mit Pub ausgestattet, wo ich mich bei ein paar Cidern eine ganze Weile mit dem Barmann ueber fremde Laender und Kulturen unterhielt. Er schien sein gesamtes Geld stets fuer seine Reisen auszugeben und hatte einige spannende Geschichten zu erzaehlen.

          Auf dem Zimmer nutzte ich die Gelegenheit einen Fernseher zur Verfuegung zu haben, sah mir die zweite Session des Snooker Finales an und telefonierte noch kurz mit einem Freund, der als Reiseleiter gerade mit seiner Gruppe im Sueden Dartmoors unterwegs war, um fuer den morgigen Abend einen Treffpunkt auszumachen.
          Zuletzt geändert von RockingKatja; 25.05.2014, 19:01.
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          • gearfreak
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            • 30.01.2010
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            #6
            AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

            Dartmoor, wie schön!
            Ich habe auch schon oft überlegt, dort mal hinzufahren (übrigens auch zum MTBen ), seit ich mich auf meiner Cairngorms-Tour in Granite Tors verliebt habe.
            Super, dass hier mal ein Bericht kommt!

            Ich freu mich auf die Fortsetzung

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            • RockingKatja
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              • 21.03.2012
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              #7
              AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

              Princetown-Burrator-Loop
              Tag 3 - Montag 05.05.2014
              Im Herzen des Moors

              - 28 km -

              HIER meine Route

              Am naechsten Morgen fuhr ich nach einem ordentlichen britischen Fruehstueck die halbe Stunde rueber nach Princetown, welches quasi mitten in Dartmoor liegt. Nach dem tollen gestrigen Tag war der Himmel heute zwar wieder mit einer gleichmaessig grauen Wolkenmasse verhangen, es sah aber noch lange nicht nach Regen aus und war fast eine Wiederholung des ersten Tages. Drei Tage ohne Regen in England? Wer haette gedacht, dass der Wetterbericht dahingehend recht behalten sollte.

              Ich haette eigentlich sehr gerne ein wenig Tavistock erkundet, entschied mich aber dagegen, da ich heute abend ja meine Freunde treffen wollte und mir da zeitlich lieber einen Puffer lassen wollte.

              Ich konnte mir ein gehauchtes “Woah” kaum verkneifen, als ich das letzte Haus, die letzte Farm und die letzten Baeume hinter mir lies und auf eine Art Hochebene kam. Soweit das Auge reichte grau-braune Huegel und nur die Strasse, die sich ewig weit durch diese unwirtliche karge Landschaft schlaengelte. Unbeschreiblich atemberaubend. Sofort war ich wieder von dieser allumfassenden Leere gefangen und musste aufpassen, mit dem Auto auch auf der Strasse zu bleiben.
              Ich passierte einige designierte Aussichtspunkte, hielt aber nicht an. Ein wenig wuenschte ich mir jedoch, jetzt die Strecke auf dem Rennrad geniessen zu koennen. Ein ander Mal.

              Stattdessen kam ich recht bald in Princetown an, einem Ort der heutzutage nicht viel ehr als ein reiner Ausgangspunkt fuer Wanderer und Biker jeglicher Art war. Auf dem Parkplatz der National Park Verwaltung war trotz so “spaeter Stunde” (10:30) noch genuegend frei, so dass ich schnell in meine Bike Klamotten schluepfte und los radelte.
              Es ging mal wieder eine alte Bahnstrecke entlang, die diesmal in einen befestigten Schotterweg umgebaut worden war. Die Aussicht erinnerte eher an den gestrigen Tag mit vielen gruenen Huegeln und war mal wieder Wahnsinn. Schade, dass die Sonne es heute schwer hatte, sich durch die Wolkendecke zu kaempfen.
              Ich drehte eine Runde um Kings Tor und beschloss auf halbem Wege das Fahrrad etwas abseits des Weges hinter einem Boulder abzulegen und ein wenig auf den Felsen rumzuklettern. Gesagt, getan. Ich war ganz alleine da oben, auch wenn ich schon eine handvoll Mountain Biker heute getroffen hatte.




              Kings Tor Loop


              Kings Tor




              Nichts so weit das Auge reicht






              So sehen hier ehemalige Bahnstrecken aus.

              Nach der Runde um Kings Tor ging es weiter auf dem wirklich schoenen Weg bis zum Burrator Reservoir. Ohne grosse Anstiege oder Abfahrten und mit dem guten Untergrund war das reines Genussradeln und ich genoss es in vollen Zuegen. Gegen Mittag erreichte ich das Reservoir, welches wie eine Oase mitten im Moor von einem kleinen Wald umgeben ist.
              Der Duft von Baeumen war eine willkommene Abwechslung und inzwischen hatte die Sonne die Oberhand gewonnen, so dass ich hier einfach eine Pause machen musste. Ich suchte mir ein ruhiges Plaetzchen, denn es waren einige Tagestouristen unterwegs und fuehlte mich ein wenig an Brandenburg erinnert, wie ich da so am Wasser unter den Baumen sass.


              Fast wie in Brandenburg

              Die heutige Etappe war fast landschaftlich in drei Abschnitte geteilt. Nach den schoenen gruenen Huegeln, dem bewaldeten Reservoir, radelte ich nun in die lieb gewonnene einsame Leere Dartmoors.
              Ein nicht sehr steiler aber durch jede Menge lose Steine aller Groessen sehr anstrengender Anstieg folgte, aber schlimmer als das gestrige Gras war das nicht. Ich genoss den Blick zurueck, der mit jedem Hoehenmeter grossartiger wurde.


              Toller Blick zurueck


              In der Ferne das Burrator Reservoir

              Mehr oder weniger eben ging es dann zurueck nach Princetown. Es war erst 15 Uhr als ich zurueck am Auto war. Ich haette nun noch eine etwas kuerzere Runde von hier aus drehen koennen, aber das Wetter schlug um und es wuerde mit Sicherheit in Kuerze regnen. Also beschloss ich mir das beruehmte Gefaengnis anzusehen, kam aber nirgends nah genug heran, um mehr als nur einen winzigen Zipfel des Gebaeudes sehen zu koennen. Ueberall stoppten mich Schilder die unmissverstaendlich klar machten, dass Besucher nicht erwuenscht waren und Konsequenzen drohten, wenn man sich nicht daran hielt. Schade eigentlich. War das Gebaeude etwa wieder in Benutzung?
              Statt dessen verkruemelte ich mich also in ein Cafe und genehmigte mir ein Stueck Apple Pie welches foermlich in Custard ertrank, geil! Ich bummelte noch etwas herum, aber Princetown hat einfach nichts zu bieten.
              Gegen 17:30 fuhr ich dann runter nach Halwell, wo meine Freunde mit ihrer Gruppe eine Wanderwoche verbrachten und fuhr dann nach einem tollen Abend 22 Uhr wieder Richtung Heimat. Ich war inzwischen wirklich muede und die zwei Stunden bis nach Bristol kamen mir wie eine Ewgkeit vor. Die erste halbe Stunde auf diesen engen Landstrassen mit den hohen Hecken war die Hoelle, aber wenigstens war ich so konzentriert, dass ich hellwach war . Die restlichen 90 Minuten auf der M5 musste ich wirklich auspassen, nicht in den Sekundenschlaf zu fallen.
              Das war eine ziemlich haarige Nummer. Eigentlich haette ich nicht mehr fahren sollen. Aber ich hatte am naechsten Morgen frueh um 7 einen Physio Termin und musste ja auch das Auto um 8 wieder abgeben. Arg.
              Alles ging gut, ich kam voellig erschoepft kurz nach Mitternacht daheim an nach drei wirklich tollen Tagen, die sich fast wie eine ganze Woche Urlaub angefuehlt hatten.
              Zuletzt geändert von RockingKatja; 25.05.2014, 18:55.
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              • IloveScotland
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                • 11.10.2011
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                #8
                AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

                Bin beim Blättern auf Deinen Bericht gestoßen. Vielen Dank. Du lebst also da, wo ich in den letzten Jahren vorwiegend meinen Urlaub verbracht habe. Von Dartmoor kenne ich den Teil, über den der Two Moors Way verläuft plus noch ein paar Tors, ich werde jedenfalls definitiv noch mal wiederkommen. Wenn man so oben im Moor steht, der Wind pfeift, der Regen herniedergeht und die Sicht max. 5 Meter beträgt... Da fehlte nur noch der Hund von Baskerville....

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                • Ditschi
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                  • 20.07.2009
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                  #9
                  AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

                  Da fehlte nur noch der Hund von Baskerville....
                  http://bunkblog.net/wp-content/uploads/2013/05/BH2.jpg

                  Ditschi

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                  • RockingKatja
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                    • 21.03.2012
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                    #10
                    AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

                    Auch wenn ich in den drei Tagen schon bissl was von Dartmoor gesehen habe, werde ich definitiv wieder kommen. Hab ja noch paar MTB Strecken offen und mit dem Rennrad ist das sicher auch toll. Den ganzen suedlichen Teil habe ich auch noch nicht gesehen.
                    Kate-ventures - My adventures on the road

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                    • IloveScotland
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                      • 11.10.2011
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                      #11
                      AW: [UK] Dartmoor mit Mountainbike und ganz ohne Gruseln - Mai 2014

                      OT: Da ist es ja ein Glück, dass ich dem Hund von Baskerville nicht begegnet bin, ich hätte ja einen Herzinfarkt gekriegt.

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