Tourentyp | Radreise |
Breitengrad | 44.8195216 |
Längengrad | 20.4628301 |

Etappenübersicht
Ablauf:
Tag 1: Wien - Donau südlich Bratislava
Tag 2: Donau südlich Bratislava - Štúrovo
Tag 3: Štúrovo - Szigethalom
Tag 4: Szigethalom - Dunaszentbenedek
Tag 5: Dunaszentbenedek - Gajić
Tag 6: Gajić - Vukovar
Tag 7: Vucovar - Novi Sad
Tag 8: Novi Sad - Belgrad
3 Tage Aufenthalt in Belgrad
Rückflug Belgrad-Wien
Gesamtdistanz: rund 770 Kilometer
Karte:
Einleitung
Groß waren die Ambitionen bei dieser Tour, denn es sollte ursprünglich bis ans Ende des Donauradwegs, also bis zum schwarzen Meer gehen. Daraus wurde leider aus verschiedenen Gründen nichts. Übrig blieb aber durchwegs keine „Niederlage“, sondern eine schöne und durchwegs fordernde Tour.
Alles begann mit einem Essen bei einem renommierten peruanischen Restaurant im 1. Wiener Gemeindebezirk, im Frühjahr 2024. Ich hatte schon seit Monaten mehrere Tourenideen im Kopf herumschwirren, wovon der Cape Wrath Trail in Schottland zu Fuß und eine Schwarzmeertour mit dem Fahrrad die konkretesten waren. Erstere der Ideen unterbreitete ich meinem Gesprächspartner Joshua während wir am Tresen im übervollen Peruanerladen saßen und Rinderherzen von einem Spieß abnagten. Joshua meinte, jedenfalls für eine Tour motiviert zu sein und wir einigten uns mehr oder weniger schon auf den Cape Wrath Trail.
Da er, aber auch ich selbst in letzter Zeit ein wachsendes Interesse an Fahrradtouren hatten und Joshua auch schon konkrete Pläne hatte, sich ein neues Gravelbike zu holen, wurde die Fahrradtour zum Schwarzen Meer doch noch Gesprächsthema and nach einiger Zeit des Abwägens landeten wir bei dem Plan, doch die Fahrradtour statt der Weitwanderung durchzuziehen.
Die Vorbereitung verlief einigermaßen simpel, denn ich hatte mein Fahrrad, ein altes Mountainbike, aufgrund fast täglichen Pendelns bereits in den letzten Jahren hochgerüstet und für Touren tauglich gemacht. Campingzubehör hatte ich schon wegen diverser Wandertouren. Verglichen mit mir musste Joshua tiefer in die Tasche greifen – neben dem mehrere Tausend Euro schweren Rad mussten naturgemäß noch ebenfalls kostspielige Bikepackingtaschen her. Campingausrüstung konnte er sich praktischerweise von einem Freund ausborgen. Am Ende der Vorbereitung gab es also mich, mit meinem Mountainbike, großen Ortliebtaschen, Rahmentaschen, Lenkererhöhung, ergonomischen Griffen etc., ergo: einem „Packesel“, und Joshua, der auf den neuesten Stand der Technik gesetzt hatte, sehr aerodynamisch unterwegs war aber dafür merkbar weniger Stauraum hatte. Unsere Ausrüstung war also durchaus ungleich, gröbere Nachteile hatten wir bei unserer Tour dadurch aber nicht.
Auch zur Tourenvorbereitung zählt die kleine mehrtägige Solotour meinerseits durch das Waldviertel, der ich ebenfalls einen Eintrag hier gewidmet habe.
Wien – Budapest
Die Tour begann damit, dass ich meinen „Esel“ voll bepackte und damit vom Süden in den Nordwesten Wiens fuhr, um Joshua abzuholen und sein Zelt bei mir zu verstauen. Von da an ging es auf direktem Weg zur Donauinsel und von da an schnurstracks die Donau entlang. Die Navigation hatte von da an ich übernommen, denn ich hatte den kompletten Track als gpx-Datei in meine Garmin Explore Offlinekarte geladen und konnte daher recht unkompliziert offline navigieren. Als Tagesziel hatten wir uns „zumindest Bratislava“ vereinbart und so fuhren wir dahin, bei einer satten Hitze und relativ wortkarg. Nachdem man Wien beim Ölhafen Lobau verlässt, fährt man gefühlt ewig lange einen Damm entlang, der durch den Nationalpark Donauauen verläuft und den man erst auf Höhe Hainburg wieder verlässt. Ich hatte schon jetzt gemerkt, dass das mit dem Fotografieren bei einer Tour zu zweit etwas umständlicher werden wird, weil der zweite jedes Mal stehenbleiben muss oder einem zwangsläufig davonfährt. Dementsprechend habe ich das Fotografieren etwas eingeschränkt und ist auch dieser Bericht mit etwas weniger Fotos ausgestattet als möglich gewesen wäre. In Hainburg angekommen erfreuten wir uns über einen wohltemperierten Billa und statteten uns einer nach dem anderen mit unserem Mittagessen aus, das wir anschließend am Hauptplatz in Hainburg neben einer etwas nervig lärmenden Familie einnahmen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Tour für mich etwas ziemlich Monotones, da die Strecke alles andere als abwechslungsreich war und der Faktor „Exotik“ (wir hatten Österreich noch nicht verlassen) noch keine Rolle spielte.
Dies änderte sich zumindest etwas, als wir die Grenze zur Slowakei passierten und bald in Bratislava ankamen. Auch dort waren die Fahrradwege aber gefühlt noch deutschsprachig dominiert und unterhielten uns mit bundesdeutschen Touristen über unsere Pläne. Ansonsten passierten wir die Stadt zügig, hielten nur kurz für den Einkauf des Abendessens an. Am Ende der Stadt führt der Radweg an einem der vielen Donauhäfen entlang, der zwar schon etwas herabgewirtschaftet aussah aber gerade deswegen in mir „lost place“-Begeisterung weckte. Für eine Besichtigung war aber keine Zweit, wir waren gedanklich schon bei der Schlafplatzsuche. Nach Bratislava fanden wir denselben typischen Damm-Radweg vor wie bereits auf der Höhe der Donauauen nach Wien. Etwa zwanzig Minuten vom Stadtrand entfernt sah ich dann eine vielversprechende Stelle für eine Übernachtung und diese Idee entpuppte sich als Volltreffer: wir trugen unsere Räder vom Damm hinab Richtung Flussbett der Donau, bogen dann in einen Waldstreifen ein und stießen auf unbepflanzte Stellen direkt an einem Nebenzweig der Donau, die wohl normalerweise von Anglern genutzt werden. Mit einem Stein konnte ich meine Heringe in den sonst zu harten, trockenen Boden rammen und innerhalb von 20 Minuten war unser Lager errichtet.
Die Nacht verlief ruhig und wir starteten ohne große Umschweife wieder in die Tour. Ich bemerkte aber, dass sich eine Schraube an meiner Schaltung gelöst hatte, was in absehbarer Zeit bedeutet hätte, dass ich nicht mehr normal schalten konnte. Behelfsmäßig konnte ich eine ähnliche Schraube verwenden, um die Schaltung zu fixieren. Der zweite Tag war distanzmäßig mit etwa 150km unser stärkster, aber wahrscheinlich auch monotonster. Es ging unentwegt am Damm direkt an der Donau entlang, ohne viel Grün ringsum. Es gab nichts zu sehen außer den wolkenbehangenen Himmel, die graue Donau und den ebensograuen Asphalt vor uns. Trotzdem war die Stimmung gut, denn wir hatten Rückenwind und konnten mit stabilen 25 km/h ordentlich Meter machen. Bereits am ersten Tag hatte sich eingebürgert, dass wir stets 25 Kilometer fuhren, bevor wie eine Pause machten. Eine Maßnahme, die aus Gesichtspunkten der Selbstdisziplin schon gut ist, aber manchmal dazu führt, dass man Pausen eben irgendwo in der Pampa macht, anstatt an Stellen, die eigentlich prädestiniert wären für Pausen.
Nach etwa der Hälfte des Tages übermannte uns ein handfester Schwächeanfall, zumindest ich für meinen Teil fühlte mich wie ein unterzuckerter Sack Kartoffeln. Es musste dringend was zum Beißen her und dafür bot sich der Ort „Zlatna na ostrove“ an. Die Suche nach einem Restaurant gestaltete sich etwas mühsam und Regen setzte ein. Einen Fastfood-Imbiss schien es zu geben also fragten wir einen des Englischen nicht mächtigen Passanten nach „Burger“ und „Pizza“. Der Mann, der sichtlich öfters etwas zu tief ins Glas schaut, sprang darauf nicht an und wir mussten selbst weiternavigieren. Wir wurden fündig und orderten für jeden von uns zwei Hauptspeisen und Getränke, wobei Joshua standhaft blieb und kein Zuckerwasser soff, anders als ich. Die Kost war spottbillig. In der kleinen gemütlichen Imbissbude konnten wir den Regen Großteils vorüberziehen lassen und wieder zu Kräften kommen.
Die restliche Fahrt des zweiten Tages bis zum Tagesziel Sturovo verlief weitgehend wieder monoton, erst kurz vor Erreichen der Stadt staunten wir nicht schlecht über ein paar abgelegene, von Roma bewohnte Grundstücke, die ziemlich zugemüllt waren und vor denen etwa 5 Kinder im Pulk auf dem Boden herumturnten. Als wir im Stadtzentrum angekommen waren, waren wir uns sicher, uns nach dieser langen Tour eine Unterkunft gönnen zu wollen. Zu unserer Überraschung wollte uns das aber 1,5h nicht gelingen. Da fährt man bis in so ein Kaff und es ist nicht möglich, in irgendeiner der Pensionen vor Ort einen Schlafplatz zu kriegen? Offenbar ist das so. Was so viele Touristen in diese Gegend ziehen mag, darüber konnten wir nur rätseln. Schlussendlich waren wir doch erfolgreich: wir fuhren zu einem Hostel gegenüber des örtlichen „Luna Parks“, das wir zuvor telefonisch kontaktiert hatten und bei dem uns eine Frau zugesichert hatte, sie werde sich noch melden. Da sie das nicht tat wollten wir es mangels Alternativen noch vor Ort probieren und stießen dort glücklicherweise direkt auf den Chef des Etablissements, einen stämmigen Slowaken der ein T-Shirt einer mir bekannten Metalband trug. Ich sprach das T-Shirt sofort an und unterhielt mich mit ihm lang und breit über unsere Lieblingslieder. Der Mann war sichtlich erfreut über diesen Zufall, jemanden mit dem selben Geschmack aus dem Ausland zu treffen und behandelte uns von nun an äußerst freundlich und ließ uns gratis(!) in seinem Hostelzimmer schlafen, schenkte uns also einfach 80€, die sonst zu zahlen gewesen wären. Erfreut und etwas überrascht über unser Gratiszimmer (wie genial) ließen wir den Abend im Restaurant ausklingen und genossen die Vorzüge der Unterkunft, wuschen z.B. unsere Radhosen in der Dusche.
An Tag 3 sahen wir gleich in der Früh, noch in Sturovo, eine mögliche Erklärung für touristisches Interesse in dieser Region: die ziemlich groß angelegte St. Adalbert Kathedrale direkt an der Donau gibt schon ein imposantes Bild ab, interessierte uns als Nichtchristen aber nicht genug, um ihr einen Besuch abzustatten. Auf eher langweiligen Wegen ging es dahin bis zur slowakisch-ungarischen Grenze bei Chľaba, ab dann aber begann ein abwechslungsreicher, schöner Abschnitt, bei dem es immer wieder etwas zu sehen gab, besonders auf dem Abschnitt auf der Höhe von Višegrad. Ich fühlte mich deshalb in meiner Meinung bestätigt, dass es den ungarischen Behörden irgendwie immer gelingt, eine angenehme Wegführung zu finden, dies war mir nämlich schon bei meinen zig Umrundungen des Neusiedlersees auf dem ungarischen Abschnitt aufgefallen. Höhe Višegrad kamen wir auch bei einer Werkstatt vorbei, bei der meiner Schaltung dankenswerterweise gratis eine passende Schraube verpasst wurde, die meine behelfsmäßige Lösung ablöste. Die Einfahrt nach Budapest war irgendwie weniger spaßig: sie führte durch Industriegebiete und Abschnitte ohne klar erkennbaren Radweg. Außerdem war wieder Regen angesagt. Wir kehrten bei McDonalds zwecks „Nähr“stoff- und Dopaminzufuhr ein und radelten dann wieder mangels Radwegen auf Gehsteigen dahin bis zum nächsten markierten Weg.
In der Zwischenzeit hatte sich das Wetter gewandelt und Joshua war motiviert für ein Krafttraining, als wir an der Donaupromenade im Stadtgebiet einen Calisthenicspark vorfanden. Ich sagte auch nicht nein und so verbrachten wir eine starke halbe Stunde mit einem Training, dessen Ziel es war, unsere Oberkörper während der Tour nicht verkümmern zu lassen. Die Sonne beschien unsere eben trainierten Leiber und die Stimmung war wieder am Zenit, wir waren sowas von zurück. Mit guter Laune ging es also weiter an der Donaupromenade und durch das Stadtzentrum. Um den Trubel des Massentourismus zu meiden blieben wir kaum stehen, fanden aber trotzdem in den wenigen Momenten Gefallen an der schönen Budapester Donaupromenade und waren uns darüber einig, dass Wien leider über keine vergleichbare Donaupromenade verfügt.
Beim Verlassen der Stadt überquert man eine Brücke, um in weiterer Folge an einem Nebenarm der Donau entlangzufahren. Man fährt an etwas zwielichtigen, zugemüllten Schleichwegen in einem Industriegebiet entlang, um dann später in ein Areal zu gelangen, in dem sich hunderte, wenn nicht tausende kleine Ferienhäuser an dem Seitenarm der Donau aneinanderreihen. Leider waren die Straßen dort ziemlich mit Schlaglöchern übersät, was mir auf meiner federgedämpften „Packesel“ aber Vorteile zum sonst wesentlich schnelleren Joshua auf seinem „Ferrari“ ohne Federung verschaffte. In dieser suburbanen Gegend war es nicht möglich, zu campen, also musste wir eine Unterkunft finden. Wir landeten schließlich beim Airporthotel in Szigethalom auf der Westseite des Donauarms und mussten dafür einen Umweg von etwa 20 Minuten in Kauf nehmen. Bei der benachbarten Ladenzeile stockten wir wieder die Vorräte auf und ich kaufte mir günstige Schuhe mit einer festeren Sohle, weil meine Barfußschuhe schon zu Schmerzen auf der Sohle geführt hatten. Im lauschigen Ambiente, im neonlichtgetränkten, leeren Aufenthaltsbereich des Essensareals der Ladenzeile schoben wir uns unsere Supermarktkost rein und schliefen einen herrlichen Schlaf im Hotel, mit den Rädern sicher in unserem Zimmer verstaut – wie auch schon die Nacht davor.
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