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    [UA] Karpatoukraine II - Der erbarmungslose biologische Prozess

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 48.0408959
    Längengrad 24.3611312

    * Dieser Reisebericht ist die Fortsetzung von "Warum die Rakhiver Reise schon in Yasinia endete" von 2018 *

    Schnaufend erreichte ich den Gipfel des Petros, wo mich Frau November bereits ungeduldig erwartete. "Mir fehlt bloß das Training", entschuldigte ich meine späte Ankunft. "Ich hatte genauso wenig Training wie Du, und trotzdem war ich vor Dir oben", entgegnete Frau November nüchtern. "Aber ich trage das Zelt!" entgegnete ich eher aus Trotz denn aus Überzeugung. Bedrohlich hing das Salzfass des Damokles über der offenen Wunde und schwankte, bevor sie den seidenen gordischen Faden durchschnitt: "Früher warst Du immer als erster oben. Du wirst einfach alt."


    Aber spulen wir noch einmal zwei Tage zurück.
    Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 21.02.2022, 00:21.
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    #2
    2./3. September 2021

    Mit dem üblichen Nachtzug von Prag waren wir bis Kosice gefahren. Ob die neuen Siemens-Schlafwagen der tschechischen Staatsbahn ein Gewinn sind, sei dahingestellt; mehr Platz war jedenfalls in den alten. Weil es Corona-bedingt praktisch keine Busverbindungen von der Ostslowakei in die Ukraine mehr gab – die Fernbusse von Prag fuhren über Polen oder Ungarn -, stiegen wir diesmal in Kosice in den „Schnellzug“ nach Mukachevo.

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    Nach Ausreisegrenzprozedur direkt vor dem Grenzzaun und Einreisegrenzprozedur in Chop fand unser normalspuriger Schienenbus den richtigen Weg durch das Gewirr der ukrainischen Breitspurgleise zum Vierschienengleis nach Mukachevo.

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    In „Mukachevo Western Station“ stiegen wir aus, eilten zum Busbahnhof und besorgten uns das Nötigste: Ukrainische Prepaid-SIMs und etwas zu essen.

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    Die Fahrkarten hatte ich schon im Internet gekauft. Nach einigem Hin und Her unter Aufsicht der Busbahnhof-Fahrdienstleiterin hatten alle Fahrgäste wie vorgeschrieben einen Sitzplatz und unsere Rucksäcke einen Platz im durchgerosteten „Kofferraum“.

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    Doch schon hinter der erstbesten Ecke hielt der Busfahrer wieder an, um ein Dutzend Stehfahrgäste gegen beleglose Zahlung aufzunehmen. Immerhin war die Straße nach Yasinya seit unserem Besuch 2018 komplett frisch asphaltiert worden, so dass sich das Geschaukel in Grenzen hielt. Pünktlich um 20 Uhr kamen wir in Yasinya an und begaben uns zu unserer Unterkunft.
    Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 20.02.2022, 14:12.
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      #3
      4. September

      Das Wetter war diesmal auf Kontrastprogramm gebürstet: Wir starteten im leichtem Nebel bei kaum 12 Grad.

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      Doch schon beim ersten Stopp an einem sehr neuzeitlichen Denkmal - also im Zweifel für die Helden der Ukraine - schwand der Nebel auf einen Schlag. Statt Windstopper-Fleece war binnen weniger Minuten T-Shirt angesagt.



      Die Sonne reichte aber noch nicht, um die vermatschten Wege zu trocknen.




      "Da steht ein Pferd auf der Flur..."


      An der alten Schäfersiedlung auf der Polonina Shysy begegnete wir zum ersten Mal Juriy, den wir aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes im Folgenden Sergej nennen werden. Oder hieß er in Wirklichkeit Dmitry? Sergej saß am Wegesrand und kochte sich gerade sein Mittagessen, Asianudeln mit Zwiebel und Wurst. Er erkannte uns sofort als Westler und erklärte uns nach dem üblichen Woher-Wohin-Warum in recht gutem Englisch, dass wir nur der blauen Markierung folgen müssten, um zum Petros (2020m) zu gelangen. Unsere Karte hätte es nicht besser auf den Punkt bringen können.

      Die Karte verriet uns obendrein, dass wir von den an diesem Tag zu bewältigenden 1500 Höhenmetern erst die Hälfte geschafft hatten. Oder um es in gängigen norddeutschen Mittelgebirgs-Maßeinheiten auszudrücken: Ein Brocken lag noch vor uns. Das erste Snickers, eine sonst verlässliche Aufstiegshilfe, musste dran glauben, verfehlte aber die Wirkung.



      Das hatte den unangenehmen Nebeneffekt, dass Sergej uns einholte. Bald wussten wir fast alles über ihn: Seinen Familienstand (zum zweiten Mal verheiratet), die Leidenschaft seiner Frau (Tanzen) und seine unbeliebteste Form der Bewegung (Tanzen). Und noch einiges mehr. Wasserfälle sind schweigsam im Vergleich.

      Immerhin wurde es so nicht langweilig. Als wir den Wald verließen, lagen immer noch rund 500 Höhenmeter sauber aufgestapelt vor uns. In fünf Stunden hatten wir gerade einmal elf Kilometer geschafft. "Hitze" war als Ausrede ungeeignet, weil es inzwischen fast durchgehend bedeckt war. Sergej mit seinem Rucksack für eine verlängerte Wochenendtour war klar im Vorteil; anders als es hier im Forum von anderen ehemaligen Sowjetbürgern berichtet wird, hatte er weder Konservendosen noch Kartoffeln im Gepäck, sondern fuhr ein gemäßigtes UL-Konzept, das er sich bei Touren in Westeuropa abgeguckt hatte.


      Der Gipfel des Petros aus Sicht der Nachhut.

      Der Petros war der erste erwähnenswürdige Gipfel auf der Fortsetzung unserer Karpatentour von 2018. Damals hatte uns sommerliche Hitze so ausgebremst, dass wir in Yasinya aussteigen mussten, statt wie geplant bis zur rumänischen Grenze zu kommen. Das wollten wir jetzt nachholen - und in Rumänien weiter dem Karpatenkamm folgen.

      Nach einer kurzen Pause auf dem Gipfel - es war inzwischen vier Uhr nachmittags - erklärte uns Sergej, dass ihm die Wolken nicht gefallen, und wir uns besser zügig an den Abstieg machen sollten. Er lag richtig mit seiner Ahnung, denn den steilen Schuttpfad bergab hätten wir nur ungern in dem Platzregen zurückgelegt, der einsetzte, als wir die Schutzhütte unterhalb des Petros erreichten.



      In der Schutzhütte zu bleiben war keine Option, denn sie war nicht mehr ganz dicht und vermüllt sowieso. "Umwelt ist der Ort, wo man seinen Müll hinkippt", scheint in der Ukraine zu gelten. Das Pfandsystem für PET-Flaschen in Deutschland mag keinen großen Beitrag zur Ressourceneinsparung liefern - aber sein Beitrag zur Entmüllung des Landschaft ist unbezahlbar.

      Bei einer Sondierungstour in der unmittelbaren Umgebung entdeckte ich schließlich eine halbwegs ebene Fläche unter Fichten, die offensichtlich häufiger zum Zelten genutzt wurde, wie Feuerstellen und zurückgelassene Wäscheleinen verrieten. Sogar einen halbwegs vertrauenswürdigen Bach gab es.

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      Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 20.02.2022, 15:00.
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        #4
        5. September

        Am Morgen begrüßten uns triefende Bäume. Aber zum Frühstück gab es „Bröt-chen“.

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        Die Nacht war "insgesamt erholsam" – obwohl es von den Bäumen und vom Innenzelt tropfte, obwohl die Fläche schief war und obwohl eine übersehene Wurzel genau Frau Novembers Isomatte unterquerte. Beim Einpacken stellten wir erneut fest, dass sich ultraleichte Zelte bei gleicher Größe in ihrer Wasseranhaftungsfähigkeit nicht von schweren Zelten unterscheiden, nur das leichte Zelte erst dann schwer werden, während schwere Zelte schwer bleiben.

        Heute stand der Hoverla an, der höchste Berg der Ukraine (betont auf dem „e“, also „Howérla“ ausgesprochen). Ein komfortabler und eigentlich landesunüblicher Forstweg führte uns bis zum offiziellen Eingang zum Naturpark. Dort entrichteten wir beim Pförtner umgerechnet einen Euro Eintritt pro Kopf und erhielten sogar eine Quittung. Sonst pflegt der Ukrainer an sich ja eher den beleglosen Zahlungsverkehr.

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ID: 3116019

        Direkt neben dem Pförtnerhäuschen befindet sich eine unbewirtschaftete Berghütte im Stil der Forststeig-Hütten in der Sächsischen Schweiz: Großzügige helle Räume für selbst mitgebrachtes Matratzenlager und einige wenige Tische und Stühle. Die Hütte wäre wohl sogar wintertauglich – ob es auch einen Ofen gibt, konnte ich durch das Fenster nicht sehen, und mit den verschlammten Schuhen wollte ich nicht reingehen. Aber nun genug der Prokrastination.


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ID: 3116020


        Der Weg war so ausge- und belatscht wie es sich für ein populäres Ziel gehört. Kurz darauf kam sogar die Sonne heraus, so dass ich noch eine probate Ausrede zum Prokrastinieren in stabiler Rückenlage fand. Weder der zunehmende Touristenstrom Richtung Gipfel noch das Scharren von Sergejs Hufen konnten meinen sportlichen Ehrgeiz beflügeln. Nach 20 Minuten ließ die Wirkung des Prokrastinats nach und ich konnte wieder aufstehen.

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ID: 3116021

        Beim Weitergehen stellte ich fest, dass sich die Vorräte meines bewährten Berg-Boosters – Snickers – dem Ende näherten. Ob es daran lag, dass ich erst nach Frau November und Sergej auf dem Gipfel ankam? An meinem Alter kann es jedenfalls unmöglich gelegen haben.

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ID: 3116022


        Der Gipfel (2061m) lag natürlich im Nebel; das hatte aber hunderte Menschen nicht gehindert, trotzdem hierher zu kommen. Für das Herz jedes patriotischen Ukrainers wurde hier viel geboten. Das Geringste war der Obelisk in den Nationalfarben. Daneben befand sich eine Gedenktafel mit Metalldöschen, in denen sich Erde aus allen Regionen des Landes befinden soll. „Auf dem Hoverla sind Deine Erden versammelt, oh Ukraine!“

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        Und obwohl der Gipfel eigentlich nicht mit Kraftfahrzeugen erreicht werden kann geschweige denn darf, hatte ein findiger Souvenirverkäufer seine Tapeziertische aufgeschlagen und verkaufte Medaillen zum Umhängen, Medaillen zum Anstecken und ... Schoko-Erdnuss-Karamell-Medaillons. Ich nutzte die Gelegenheit und verzichtete auch darauf, den Preis zu hinterfragen.

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ID: 3116025
        In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen verlief die tschechoslowakisch-polnische Grenze über den Hoverla, wie dieser Grenzstein mit dem verschlungenen "CS" belegt.

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ID: 3116026

        Dem Petros nicht unähnlich war der Abstieg steiler als der Aufstieg, aber nicht so halsbrecherisch. Und wie es einem "Kamm-Weg" gebührt, folgten natürlich diverse Zinken: Breskul (1911m), Pozhyzhevska (1822m), Dantsyzh (1855m) und Turkul (1933m). Diese Zinken durchkreuzten unseren Plan, noch weiter durchzuschießen.

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ID: 3116030

        Wie einige Dutzend andere Wanderer blieben wir auf dem inoffiziellen Biwakplatz "Ozero Nesamovite" hängen, was ein positiv gestimmter Google-Translator mit "Herzzerreißender See" übersetzen würde, ein negativ gestimmter mit „Verrückter See“. Um den See, der ursprünglich mal inmitten einen dichten Latschenkiefern-Waldes gelegen haben muss, standen diverse Zelte in allen Farben.

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ID: 3116027


        Weil die Ukrainer ein ausgesprochen positives Verhältnis zu offenem Feuer haben, qualmten auch schon einige Lagerfeuer vor sich hin, als wir ankamen. Frische Sägespuren an den verbliebenen Latschenkiefern verrieten, woher das Holz dafür kam, und auch, warum die Rauchentwicklung die Wärmewirkung weit übertraf. Wir fanden einen ausreichend abseits gelegenen Platz aus plattgetrampeltem Rasen, wo keine Glasscherben lagen. Weniger erfreulich war, dass es offensichtlich keinen Konsens gab, wo große Geschäfte zu verrichten sind. Berliner Bürgersteige sind weniger vermint als dieser Biwakplatz.

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ID: 3116028

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ID: 3116029
        Kunstobjekt, Werbeträger oder einfach nur Rasier- und Schminkspiegel?
        Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 20.02.2022, 16:37.
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          #5
          6. September

          Am Morgen teilte uns Sergej mit, dass heute absteigen werde, um an dem gemeinsamen Tanzkurs mit seiner Frau teilzunehmen. Sein langes Telefonat am Abend vorher war uns nicht entgangen – Zelte haben zwar keine Ohren, aber dünne Wände.

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ID: 3116032
          Blick zurück auf den Hoverla und die Geröllschneise, über die wir abgestiegen waren.

          Unser heutiges Ziel war der Pop Ivan Chornohirsky, eigentlich der beeindruckendere Berg als der Hoverla. Gekrönt wird er nämlich von den mächtigen Resten eines Observatoriums, das Polen dort in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen gebaut hatte, als der Kamm die polnische-tschechoslowakische Grenze bildete. „Meiner ist länger!“-Motive darf man den Bauherren dabei getrost auch unterstellen.

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ID: 3116033
          Der Pop Ivan Chornohirsky aus großer Entfernung.


          Aber von diesem Gipfel trennten uns noch einige Zinken, selbst wenn der Weg nicht mehr genau auf dem Kamm verlief, sondern erkennbar bemüht war, uns an den größten Zinken vorbei zu traversieren. Obendrein schien die Sonne – schön für die Optik, schlecht für den Wasserverbrauch. Wir hatten zwar am See aus freundlich eingefassten Bergbach getankt, aber so richtig vertrauenserweckend war das Wasser nicht.

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ID: 3116034
          "Mich brennt's in meinen Reiseschuh'n..."


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ID: 3116041
          Alter Grenzstein mit "P" für "Polska"


          Schon aus großer Entfernung war zu erkennen, dass etwas mit der Form des Observatoriums nicht stimmte. Es wirkte fülliger und unförmiger als auf den Fotos, die wir gesehen hatten. Schließlich erkannten wir auch, warum: Es war komplett eingerüstet.

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ID: 3116035

          Ein deutsche Berufsgenossenschaft hätte zwar die Hände vom Über-dem Kopf-Zusammenschlagen gar nicht mehr herunterbekommen, aber es ließ sich nicht leugen: Hier wurde saniert. Und zwar nicht als Konservierung einer Ruine, sondern als Wiederherstellung eines bewohnbaren Hauses. Bauherren sind laut Erklärtafel die Universität Ivano-Frankivsk und die Uni Warschau, kofinanziert wird das Ganze vom polnischen Außenministerium und vom polnischen Kulturministerium.

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ID: 3116036

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ID: 3116037
          Kein polnisches Objekt ohne Marienkapelle.


          Ein Fertigstellungsdatum war nicht zu erkennen, aber Fenster und Dach sind offensichtlich schon fertig, und die Bauarbeiter wohnen im Gebäude. Laut einer polnischen Zeitungsmeldung ist man derzeit dabei, die Feuchtigkeit aus den Wänden herauszuholen. Auf die die Idee, sich einen Teil der Baukosten durch einen Imbiss mit überhöhten Preisen hereinholen zu lassen, ist leider niemand gekommen. Ich jedenfalls wäre bereit gewesen, überhöhte Preise zu zahlen. Perspektivisch soll das Observatorium als Berghütte und Bildungsstätte dienen.

          Ein Pfad, der so steil war, dass Gehen und Gleiten ineinander übergingen, führte uns wieder herunter. Die Serpentine als Mittel zum zivilisierten Bewältigen steiler Hänge ist im ostpolnischen Kulturkreis ebenso unbekannt wie im ehemaligen Königreich Ungarn, zum dem die tschechoslowakische Karpatoukraine vor 1918 gehörte.


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ID: 3116038

          Kurz hinter dem Vaskul verließen wir den Hauptwanderweg und bogen Richtung Bohdan nach Westen ab. Wir hatten nämlich ein Date mit der Grenzpolizei in Bohdan, bevor wir zum Pop Ivan Marmaroski an der Grenze zu Rumänien aufsteigen konnten. Für die Grenzzone braucht man eine Genehmigung, die man einige Wochen vorher bei der Direktion in Mukachevo beantragen muss.

          Sergej meinte, es wäre bei ihm immer eine reine Formalität gewesen. Bei uns schien es nicht so zu sein. Trotz Intervention einer Dame von der ukrainischen Botschaft in Berlin war uns bis dahin nur mitgeteilt worden, dass unser Antrag eingegangen war und nun zur Erwägung an die zuständige Stelle weitergeleitet worden war.

          Bis Bohdan waren es jedoch noch einige Kilometerchen, und so schlugen wir unser Zelt auf der Polonina Vertopy auf. Wasser gab es auch, direkt neben einer eigentlich bewohnten, aber in dieser Nacht konkret leeren Hirtenhütte 150 Meter unterhalb von unserem Zelt.

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ID: 3116039

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ID: 3116040

          Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 20.02.2022, 17:28.
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            #6
            7. September

            Nach einer wunderbaren Nacht – Sternenhimmel! trockenes Zelt! - folgten wir der grünen Markierung, bis wir im Tal des Baltsatul ankamen. Dort amüsierten wir uns, wie das Wasser Niagara-gleich in einem Halbrund von einer Schotterterasse heruntertröpfelte. Das auch die Brücke zum Forstweg auf der anderen Flusseite fehlte, fiel uns erst spät auf. Wir wollten ja auf dieser Seite bleiben – und überhaupt: Ukrainische Forstfahrzeuge brauchen keine Brücken, solange das Wasser nicht tiefer als ein Meter ist.

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ID: 3116318


            Einige hundert Meter weiter amüsierten wir uns immer noch, als wir sehen, wie Wasser einen Teil der Straße unterspült und weggerissen hatte.


            Das Lachen verging uns aber bald: Das Hochwasser hatte nämlich den Hang auf der gegenüberliegenden Seite ins Rutschen gebracht, und nun lagen Bäume so quer in dem schmalen Tal, wie quer nur geht. Unterkrabbeln, überkrabbeln … nur minimal beruhigend wirkte, dass wir gelegentlich zwei andere Fußspuren in Richtung flußabwärts sahen. Also schien es keinen Grund zur Umkehr zu geben. Es sei denn, die Verursacher der Fußspuren wären vom Wolf oder vom Bären gefressen worden.

            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: P1100170.JPG Ansichten: 98 Größe: 183,6 KB ID: 3116081

            Schließlich wurde das Tal so schmal, dass das Hochwasser die gesamte Straße weggerissen hatte. Wir mussten also durch das Wasser. Während Frau November ihre geliebten Sandalen anziehen konnte, war ich heilfroh, in einem Moment seltener Weisheit meine Badelatschen noch in Berlin mit einem Fersenriemen aus Klettband präpariert zu haben. Sonst würden sie heute vermutlich im Schwarzen Meer dümpeln.


            „Da vorne steht ein Auto!“ rief ich freudig erregt. „Wenn da ein Auto hinkommt, muss die Straße intakt sein!“ Ein neuer weißer Kia-SUV stand in einer Nische am Wegesrand. Der Blick auf die Bremsscheiben verriet jedoch: Dieses Auto steht nicht erst seit heute hier. Und auch nicht seit gestern, vorgestern oder vor einer Woche.




            Bald wussten wir auch, warum: Wir kamen an eine Stelle, wo das Durcheinander aus Bäumen, sonstigem Treibholz und Geröll so wild war, dass einem die Lust vergehen konnte. Frau November machte den Vorschlag, die Stelle im Wald oberhalb des Tals zu umgehen. Wir fanden sogar eine Stelle, die zum Einstieg einlud. Nach zehn Minuten Kampf mit der Botanik und einem verborgenen Bachlauf musste ich dann allerdings mitteilen, dass im Wald mindestens genauso viele Bäume querlagen wie im Tal, das Ganze noch getoppt durch Gestrüpp.


            Zeit für eine Biene.

            Also blieb nur übrig, einen Weg durch das Chaos zu finden. Am Ende klappte es sogar ganz gut, beim Wechsel zwischen Wanderstiefeln und Watschuhen stellte sich eine gewisse Routine ein. Und um ehrlich zu sein: Das kalte Wasser tat angesicht des warmen Wetters ganz gut.



            Doch die Erleichterung war trotzdem groß, als wir endlich schwere Dieselaggregate hörten. Bald sahen wir auch den zugehörigen gelben Bagger, der aus herausgefischtem Geröll eine Furt formte. Die Bauarbeiter hatten an der Furt sogar schon ein Brett als Brücke ausgelegt, damit wir – oder sie? - den Fluss trockenen Fußes queren konnten.

            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCN7235.JPG Ansichten: 98 Größe: 236,3 KB ID: 3116082

            Wie wir von den Bauarbeitern erfuhren, hatte ein Sturzregen im Hochsommer die Straße binnen zwei Stunden weggerissen. Ihr Plan war, die Straße bis Oktober in ihren ganzen Länge wiederherzustellen.

            Wir waren jetzt natürlich zeitlich im Verzug. Zweieinhalb Stunden hatten wir für 2,2 Kilometer benötigt. Und kräftemäßig waren wir auch im Verzug. Noch zehneinhalb Kilometer waren es bis zur Hauptstraße in Luhy, noch einmal zehn Kilometer bis Bohdan.

            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCN7240.JPG Ansichten: 97 Größe: 284,7 KB ID: 3116084
            Bärenspuren?


            Auf dem Weg nach Luhy durchquerten wir eine Siedlung, die ein wenig an eine provisorische Westernstadt erinnerte.


            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCN7239.JPG Ansichten: 97 Größe: 179,7 KB ID: 3116083Holzbaracken unklarer Bestimmung, große Türen nach vor und hinten offen, säumten den Weg. Innen standen aber keine Möbel. Erst am Ende, als wir eine Bäuerin beim Auskehren von Kuhmist beobachten konnten, war uns der Zweck der Baracken klar. Zeit, an einen blöden Wortwitz zu erinnern, der inzwischen etwas aus der Zeit gefallen ist: Wie heißt „Kuhstall“ bei den Ägyptern?

            Hier mit der Maus markieren: [ Mubarak ]


            Je näher wir Luhy kamen, desto „ordentlicher“ wurde es: An den sonnenverwöhnten Südhängen hatten wohlhabende Ukrainer gepflegte Wochenendgrundstücke, auf der anderen Seite wohnten Einheimische, sofern der Fluß dafür Platz ließ.

            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCN7243.JPG Ansichten: 96 Größe: 246,8 KB ID: 3116085


            Unbehelligt passierten wir einen Posten der Grenzpolizei – ein Beamter sah uns zwar, seine Reaktion erschöpfte sich aber im freundlichen Erwidern unseres Kopfnickens. Bis wohin sich die Grenzzone erstreckt, gaben die Wanderkarten nicht her.

            Um kurz vor vier Uhr erreichten wir Luhy und fielen als erstes in einen kleinen Laden ein: Eis und Cola. Eine Oma, die in typischer Buserwartungshaltung am Straßenrand Richtung Bohdan stand, ließ uns hoffen, den verbleibenden Fußweg drastisch reduzieren zu können. Und in der Tat fuhr in diesem Moment ein Bus in Richtung Hoverla-City. Er kehrte nach wenigen Minuten zurück und nahm uns nach Bohdan mit.

            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: P1100195.JPG Ansichten: 95 Größe: 178,2 KB ID: 3116086

            Wir nutzten die verbleibende Zeit, um uns auf der unseriösesten aller Hotel-Buchungsplattformen („nur noch wenige Zimmer zu diesem Preis verfügbar!“) nach Übernachtungsmöglichkeiten in Bohdan umzusehen. Wir blieben beim „Milan-Vladika-Pastoralhaus“ hängen, irgendetwas zwischen Küsterhaus, Gemeindehaus und Pilgerherberge. Der Wirt parlierte fließend Tschechisch, so dass wir uns schnell einig wurden. Zwei Nächte wollten wir bleiben; den „Pausentag“ benötigten wir, um die Genehmigung von der Grenzpolizei zu holen.

            Daraus wurde jedoch nichts. Schon am Abend musste ich Pendelverkehr zwischen Bett und Sanitärkeramik einrichten. Anscheinend war das Wasser an der Hütte doch nicht so sauber gewesen wie es hätte sein müssen.
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            Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 21.02.2022, 15:53.
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              #7
              8. September

              Am nächsten Morgen hatte sich die Lage nicht gebessert. An einen unfallfreien ein- oder zweistündigen Besuch bei der Grenzpolizei war nicht zu denken. Plan D wie „Durchfall“ sah vor, erst einmal alles blitzeblank leerlaufen zu lassen. Am Nachmittag wagten wir einen kurzen Spaziergang durch Bohdan, die Grenzpolizei hatte da natürlich schon keine Bürostunden mehr; mir war allerdings auch nicht nach den zighundert Höhenmetern bis zum Pop Ivan Marmaroski.

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              Das kleine Heimatmuseum (geschlossen).


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ID: 3116158
              In Bohdan hat das Hochwasser keinen erkennbaren Schaden angerichtet.

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ID: 3116159
              Neugieriges Haustier.

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ID: 3116160
              Busfahrpläne hängen nicht an der Bushaltestelle, sondern kleben am Fenster des nächsten Ladens.

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ID: 3116161
              Erste blaue Kirche.

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              Zweite blaue Kirche.

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ID: 3116163
              Das ist wohl ukrainischer Humor: "Exkursionen mit dem Motorrad in die Berge" bewirbt das Plakat; ich sehe da aber nur zwei Damenräder ohne Gangschaltung...


              Während ich noch leerlief, machte sich Frau November mittags Nudeln mit Fertigtomatensoße aus dem Supermarkt nebenan. Am frühen Abend löste sie mich beim Pendelverkehr ab... das Mindesthaltbarkeitsdatum der Tomatensoße war vor einem halben Jahr verstrichen. Ihre von DDR-Schulspeisung abgehärtete Verdauung erwies sich jedoch deutlich robuster als meine, so dass sie schon am nächsten Morgen wieder in gefestigtem Zustand war.

              Frau November machte den unter diesem Umständen klugen Vorschlag, auf die Tour über den Pop Ivan Marmaroski nach Dilove zu verzichten und stattdessen auf der anderen Seite der Theiß im Wintersportort Drahobrat auf rund 1300 Meter Höhe einzusetzen und in moderatem Gelände in zwei Tagen die geschätzt 26 Kilometern nach Rakhiv zu wandern. In Drahobrat hatten wir 2018 den Bergkamm verlassen und waren nach Yasinya abgestiegen.
              Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 20.02.2022, 22:34.
              Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                #8
                9. September

                Der öffentliche Personennahverkehr auf der Geröllpiste aus dem Theißtal nach Drahobrat wird von geländegängigen Latvija-Kleinbussen aus sowjetischen Armeebeständen bedient. Die Fahrt in den Sechssitzern kostet immer umgerechnet 20 Euro und wird auf alle Mitreisenden aufgeteilt. Dummerweise war wir nur zu zweit, andere potenzielle Mitreisende waren nicht in Sicht. Während wir noch unentschieden hin- und hertraten, bog von der Hauptstraße eine unerwartete Lösung in Gestalt eines Handwerkers in einem Jeep Cherokee ein. Er erkannte sofort unser Ansinnen und nahm uns mit. Neun Kilometer und eine halbe Stunde später stiegen wir in Drahobrat aus und gaben ihm die umgerechnet sieben Euro, die wir im vollbesetzten Kleinbus auch gezahlt hätten.

                Sehr zum Leidwesen der bekennenden Sessellift-Freundin Frau November war die Bahn von Drahobrat-Zentrum zum Kamm außerplanmäßig kaputt. Also bekamen wir einen ordentlichen Begrüßungsschluck von 250 nicht eingeplanten Höhenmetern.

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ID: 3116167
                Stillleben mit Sessellift.

                Entschädigt wurden wir durch einen Imbiss gegenüber der Bergstation, den es 2018 noch nicht gegeben hatte. Einen halben Liter Kwas später ging es mir schon deutlich besser.

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ID: 3116168


                Etwas befremdlich wirkte die Verehrung für Stepan Bandera im Gastraum. Bandera und seine Anhänger führten in den Karpaten von 1945 bis 1947/48 einen Partisanenkrieg gegen die Sowjetunion. Deswegen gelten sie bei vielen Ukrainern als Volkshelden. Vergessen wird dabei, dass sie von 1939 bis 1944 mit den Nazis kollaborierten und sich aktiv an der Vernichtung von Juden und sowjetischen Kriegsgefangenen beteiligten.

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ID: 3116169


                Nachdem wir eine Fahrzeugkolonne deutscher Offroad-Touriste hatten passieren lassen, brachen wir auf.

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ID: 3116170
                Wetter und Landschaft waren uns wohlgesonnen, unter blauem Himmel zogen wir durch die Graslandschaft der Polonina Svydovets und beobachteten, wie sich der Nebel in den Tälern langsam verflüchtigte. Die Hosenbeine waren schon am Imbiss gefallen.

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ID: 3116171

                Nach gut zwei Kilometern horizontal und 300 Metern vertikal standen wir auf der Blyznytsia, mit 1881 Metern der höchste Punkt der Tour. Von hier ging es nur noch bergab mit uns - jedenfalls global betrachtet. Denn wir waren wieder einmal auf einem gezinkten "Kamm-Weg".


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ID: 3116172

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ID: 3116173
                Nichts bringt uns so viel weiter wie eine Pause.

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ID: 3116174
                Auf dem Eidechsenhabitat ist gut Schmausen.


                Noch am Fuß der Stara (1472 m) und damit nicht einmal zehn Kilometer nach dem Start fanden wir einen Zeltplatz, dem wir kaum widerstehen konnten - mit Sitzbank und Tisch, ohne Glasscherben und Müll. Nur die von Mapy.cz versprochene Quelle konnten wir nicht finden. Aber am nächsten Tag würden wir ja an einer bewirtschafteten Berghütte vorbeikommen. Die Apsis beließen wir im Panoramamodus, und so konnten wir in der Nacht noch einmal einen grandiosen Sternenhimmel genießen.

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ID: 3116176


                Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 20.02.2022, 23:07.
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                  #9
                  10. September

                  Nach dem Motto "Bergab geht es noch früh genug" verkniffen wir uns die Umgehung der Stara und stiegen bei Kaiserwetter auf den 1472 Meter hohen Gipfel.

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ID: 3116178

                  "Eine Landschaft zum Reinkuscheln", ist man angesichts der sanft vor sich hinrollenden Wiesen geneigt zu sagen. Aber bei näherer Betrachtung ist das Gelände doch ganz schön rumpelig und verbirgt den einen oder anderen Stein zwischen den Grashalmen.

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ID: 3116179

                  Unser Zwischenziel war die komfortabel am Kammweg gelegene Berghütte Perelisok (1240m). Dort wollten wir auch noch einmal Wasser nachtanken. Doch oh weh - alles verschlossen und menschenleer.

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ID: 3116180
                  Ein Inventur unserer Wasservorräte ergab, dass wir es wohl auch so bis Rakhiv schaffen würden, aber eher unkomfortabel. Zum Glück kamen dann unterhalb des Terentyn noch einige Bergbächlein mit halbwegs vertrauenswürdigem Wasser aus dem Wald. Grundsätzlich ist die Wasserversorgung auf den Freiflächen entlang des Kamms prekär.

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ID: 3116183
                  Schnee-Mobil.

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ID: 3116184
                  *Kein* Olivenbaum.

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ID: 3116181
                  Eine Hirtensiedlung. Hier hätte es bestimmt Wasser gegeben.

                  Kurz hinter dem Terentyn verfranzten wir uns ein wenig und verloren den blauen Wanderweg. Das machte aber nichts, denn wir trafen eine ehrliche Abkürzung, die uns nebenbei auch die ersten zwei Kilometer einer furchtbaren österreichisch-ungarischen Kopfsteinpflasterstraße ersparte (unten rechts im Bild).

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ID: 3116182

                  Wie die vier jungen Leute mit ihrem normalen Straßen-Pkw so weit nach oben gekommen waren, erschloss sich uns nicht. Auf der Fahrt bergab waren jedenfalls alle ausgestiegen, um die Bodenfreiheit zu erhöhen, und mit Holzscheiten wurden die schlimmsten Fügen so aufgefüllt, dass der Wagen nicht ständig aufsetzte. Für die frischen Öltropfen, die die Straße im Zehnmeterabstand schmückten, wollten sie aber nicht verantwortlich sein. Nun gut, es gibt in der Ukraine noch genug andere Autos, die diese Tropfen verursacht haben könnten.

                  Dafür war diese Straße und ihr Umfeld ein Paradies für schwarze Heuschrecken mit roten Unterflügeln. Putzig war, dass sie sich nach der Landung auf der Straße regelmäßig mit dem Breitseite zur Sonne ausrichteten und auch noch seitlich verkanteten, offensichtlich in der Absicht, soviel Sonnenwärme wie möglich aufzufangen.

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ID: 3116185


                  Mit wabbeligen Knien erreichten wir schließlich die Hauptstraße und einen ersten Laden. Dort endete unsere Ukraine-Wanderung im engeren Sinne.

                  Nach gekühlter Sprite und einem Eis schlurften wir zum Hotel "ЕВРОПА" (Evropa), wo wir ein Zimmer reserviert hatten. Es trug schon 1932 diesen Namen, nur damals mit lateinischen Buchstaben.

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ID: 3116186

                  Heute kann es sich nicht entscheiden, ob es noch dem postsowjetischen Charme huldigen soll oder doch lieber wieder tschechoslowakischem Standard: Als wir ankamen, tröpfelten nur geringe Mengen lauwarmes Wasser aus dem Duschkopf. Das hatten wir uns anders vorgestellt. Nach unserer Rückkehr vom Abendessen rauschte es dann allerdings glühendheiß herab. Vermutlich war das Warmwasser am Nachmittag in der Küche benötigt worden. Oder hatte das Küchenpersonal erst abends auf dem Herd erhitztes Wasser in die Leitung eingefüllt?
                  Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 20.02.2022, 23:33.
                  Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                    #10
                    11. September

                    Am Morgen fuhren wir mit dem Bus von Rakhiv nach Solotvyno, dem ukrainischen Gegenüber von Sighetu Marmatiei.

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ID: 3116187
                    Wer hat hier wem ein Ei vor das Rathaus von Rakhiv gelegt?


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ID: 3116189

                    Unser Bus. Sieht alt aus, wird aber immer noch in Serie gebaut.


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ID: 3116188
                    Stillleben am Bahnhof Solotvyno-1. Der Zug ist der einzige, der hier fährt - morgens kommt er von Kiew, abends fährt er zurück.

                    Nach einer letzten Kvas-Pause in einem Straßencafé liefen wir zum Grenzübergang.

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ID: 3116190

                    Rumänien schwappt hier auf die ukrainische Seite hinüber. Das Denkmal erinnert an den moldauischen Herrscher Stefan der Große.

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ID: 3116191

                    Anscheinend war auch den Ukrainern das übliche lange Warten am Fahrzeugübergang zu doof und sie benutzen den Fußgängerübergang zum Shoppingausflug. Jedenfalls waren die Seitenstreifen der Straßen in Grenznähe dicht beparkt.

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ID: 3116192

                    Nach geschätzt 15 Minuten waren wir drüben in Rumänien - den eigentlich verlangten Impfnachweis wollte niemand sehen, ein rumänische Kontrolleurin hielt uns lediglich eine Fiebermesspistole an die Stirn.

                    Damit war Teil 1 unser Karpatentour abgeschlossen. Weiter ging es in Rumänien; dieses Kapitel muss noch geschrieben werden.

                    Anmerkung aus aktuellem Anlass
                    Auch wenn Politik bei ODS im Grundsatz nicht erwünscht ist: Es würde uns schmerzen, wenn dies der letzte Urlaub in einer freien Ukraine gewesen wäre. Wir haben uns dort wohlgefühlt, auch wenn manches in westlichen Augen noch etwas schrullig wirkt.

                    Gerade durch die Begegnung mit Sergej - der beim Zusammenbruch der Sowjetunion ungefähr 20 Jahre alt war - haben wir gelernt, wie weit sich die wachsende Mittelschicht schon vom Postsowjetismus und "gelenkter Demokratie" abgewendet hat. Es wäre schade, wenn jetzt das Rad wieder zurückgedreht würde.
                    Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 21.02.2022, 00:15.
                    Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                    • lina
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                      Liebt das Forum
                      • 12.07.2008
                      • 43828
                      • Privat


                      #11
                      … solange Du nicht in die feste Überzeugung trudelst, Du wärst jetzt definitiv zu alt für so’n Sch***, ist ja alles in Ordnung

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                      • chriscross

                        Fuchs
                        • 07.08.2008
                        • 1607
                        • Privat


                        #12
                        Großartig!

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                        • Blahake

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                          Fuchs
                          • 18.06.2014
                          • 1591
                          • Privat


                          #13
                          😂😂😂Danke für diesen gottvoll formulierten Bericht aus einer mir so völlig unbekannten Gegend, ich bleibe dran! 🤩

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                          • Pfad-Finder
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                            • 18.04.2008
                            • 12049
                            • Privat


                            #14
                            Danke für die Vorschusslorbeeren , aber jetzt ist der Reisebericht sogar fertig.
                            Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                            • EbsEls
                              Erfahren
                              • 23.07.2011
                              • 436
                              • Privat


                              #15
                              Großartig! Danke.
                              In der Tat ist Kwas (квас) ein überaus köstlicher Durstlöscher. Er füllt nach schwerer Wander- bzw. Radelarbeit den Zuckerhaushalt auf ...
                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: ZenitWeb-078.jpg
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ID: 3116213


                              ... und ist vom Fass erfrischend.

                              PS: Kann denn niemand die unverständlichen vielen Optionen aus dieser verkackten Bildereingabemaske entfernen. Das ist Murks!!!!
                              Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                              Eberhard Elsner

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                              • blauloke

                                Lebt im Forum
                                • 22.08.2008
                                • 8843
                                • Privat


                                #16
                                Wieder mal in deinem eigenem Schreibstil gut zu lesender Bericht.
                                Toll mal wieder etwas aus einer wenig bewanderten Gegend zu lesen.
                                Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                • Meer Berge
                                  Fuchs
                                  • 10.07.2008
                                  • 2381
                                  • Privat


                                  #17
                                  Hat mir Spaß gemacht, deinen Bericht zu lesen! Ich mag deinen Stil sehr! Und die Gegend ist auch mir völlig fremd und um so interessanter.
                                  Danke!

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                                  • Spartaner
                                    Lebt im Forum
                                    • 24.01.2011
                                    • 5056
                                    • Privat


                                    #18
                                    Zitat von Meer Berge Beitrag anzeigen
                                    ... die Gegend ist auch mir völlig fremd ...
                                    Da geht es mir genau andersrum.

                                    Habe den Bericht auch gerne gelesen, und dabei Munkatsch, Jassinja, Rachiw, Dilowe, und Solotwino wiedererkannt.

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                                    • TEK
                                      Dauerbesucher
                                      • 23.02.2011
                                      • 717
                                      • Privat


                                      #19
                                      Ein sehr humorvoller Bericht! Durch eine spannende Gegend seid Ihr da gewandert. Ich freue mich auf die Fortsetzung zum rumänischen Teil.

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                                      • codenascher

                                        Lebt im Forum
                                        • 30.06.2009
                                        • 5064
                                        • Privat


                                        #20
                                        Wieder einmal typisch Pfad-Finder, vielen Dank das ihr uns ein Stück durch die Ukraine mitgenommen habt.

                                        Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                                        meine Weltkarte

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                                        • Pfad-Finder
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                                          Liebt das Forum
                                          • 18.04.2008
                                          • 12049
                                          • Privat


                                          #21
                                          Ich bin gerade erschüttert und stinksauer.

                                          Sergej geht es soweit gut, aber der Luftwaffenstützpunkt 50km von seinem Wohnort ist heute nacht bombardiert worden.
                                          Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                                          • Torres
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                                            Liebt das Forum
                                            • 16.08.2008
                                            • 31757
                                            • Privat


                                            #22
                                            Erschüttert trifft es. Es wird noch schlimmer. Schön jedenfalls, noch einmal eine Erinnerung an dieses freie Land zu haben.

                                            Und was heißt hier alt werden. Das ist erst der Anfang, würde mein Vater sagen.
                                            Oha.
                                            (Norddeutsche Panikattacke)

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                                            • Pfad-Finder
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                                              Liebt das Forum
                                              • 18.04.2008
                                              • 12049
                                              • Privat


                                              #23
                                              Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                                              Und was heißt hier alt werden. Das ist erst der Anfang, würde mein Vater sagen.
                                              Das lehne ich ab! #StopAging!
                                              Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                                              • AlfBerlin
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                                                • 16.09.2013
                                                • 5073
                                                • Privat


                                                #24
                                                Vielen Dank für Euren Reisebericht aus der Ukraine 😭

                                                PS: Ihr müsst mal die Linse putzen:

                                                Zitat von Pfad-Finder Beitrag anzeigen
                                                ... Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCN7278.JPG Ansichten: 359 Größe: 794,9 KB ID: 3116176...

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