• adriano
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    • 04.12.2018
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    [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Michel

    Vorbereitung

    Heute bin ich nach 41 Tagen wieder zurück zu Hause von meiner Wanderung am E5 in der Bretagne. Ich freu mich schon meine Fotos und Tagebucheinträge aufzuarbeiten und hier zu posten

    Schon länger liebäugle ich mit diesem europäischem Fernwanderweg. Und zwar mit dem kompletten Weg von Point du Raz bis Venedig in Etappen.

    Das hat mehrere Gründe. Zum einen liegen im Alpenraum am oder in der Nähe des Weges mein Geburtsort und die Geburtsorte meiner Eltern. Zum anderen mag ich Außenseiter. Der bekannte Teil des E5 hat unter Bergfreaks den Ruf als Wanderautobahn. Wird wohl nach einiger Recherche auch so sein dass der stark begangen ist. Aber der E5 besteht eben aus mehr als nur Oberstdorf - Meran.

    Seit meinem Camino auf der Via Gebenensis und Via Podiensis letztes Jahr bin ich auch ein Fan der französischen Wanderkultur geworden. Allein das "bon courage" als Wandergruß find ich sensationell. Das Wegenetz - zumindest so weit ich es kenne - ist fabelhaft und meist gut markiert.

    Es gibt auch sehr viele Campigplätze (die für meine erste Etappe nicht so relevant sind da noch geschlossen) und diverse Formen von Unterkünften (Rando Accueil, gite comunal)

    Folgender Artikel hat mich auch sehr inspiriert heuer so bald wie möglich zu starten:

    http://www.zeit.de/reisen/2015-05/bretagne-frankreich-probleme

    Zur Vorbereitung habe ich folgende Seiten verwendet:

    https://www.gr-infos.com/gr-fr.htm
    https://www.outdoorseiten.net/wiki/E5
    https://www.geoportail.gouv.fr/

    Während der Wanderung sind noch folgende zur Unterkunftssuche dazugekommen:

    http://www.gites-refuges.com/www/
    https://www.rando-accueil.com/

    Da ich kein GPS-Gerät verwende, diente eine Tourenplanung auf Komoot eigentlich nur dem kennenlernen der Strecke.
    Was ich habe sind Screenshots der gesamten Strecke mit eingezeichnetem GR Wegenetz und die OSMand App mit der offline Karte von Frankreich, wo ich jederzeit schauen kann wo ich mich gerade befinde

    Mein Wegeverlauf in der Bretagne ist anders als im Outdoor-Wiki Artikel beschrieben, und zwar komme ich nicht erst bei Saint-Malo wieder an die Kanalküste, sondern schon weit vorher bei Plestin-les-Greves.

    Die Variante über Plestin-les-Greves habe ich sowohl in einem Baedekker Reseführer als auch im Wikipedia Eintrag gefunden.
    Und ich kann es schon vorwegnehmen, die einzigen drei Hinweise in der gesamten Bretagne auf den E5 fand ich an der Küste, und zwar in der Nähe von Saint Brieuc.

    Meine Wanderung beginnt sogar 3 1/2 Etappen vor der Pointe du Raz. Dies hat den einfachen Grund dass ich vom Flughafen Nantes Atlantique eine BlablaCar Mitfahrgelegenheit bis Kerity fand, die ziemlich genau zum GR34 fuhr. Ich dachte mir, wenn ich schon mal dort bin warum noch umständlich selten fahrende Busse raussuchen, sondern einfach losgehen.

    Folgende Wege aus dem GR Netz benutzt der E5 in der Bretagne:
    GR34
    GR37
    GR380
    GR34D

    Der Grund warum ich (noch) keine genau km Angaben zur Gesamtstrecke machen kann ist weil ich es selbst noch nicht weiss. ich habe bei der komoot Planung einige Sachen abgekürzt, bin sie dann aber alle ausgegangen am Weg. Ich werde beim Schreiben des Berichts Tag für Tag rekonstruieren, und zum Schluss weiss ich dann wieviel km es tatsächlich waren.

    Geplant ist der Weg mit Zelt, und ca. 2 mal die Woche eine Gite zum waschen und aufwärmen. Dies ist meine erste Tour in einer kälteren - und vor allem so feuchten Umgebung. Es wird wahrscheinlich sehr oft regnen und die Temperaturen sollten sich zwischen 5 und 15 Grad bewegen. Auch starker Wind mit Sturmböen ist zu dieser Jahreszeit, speziell noch im Februar recht normal

    So, nun bleibt mir nur noch ein Gustofoto einzustellen und mit der Schreibarbeit zu Hause zu beginnen.

    Man liest sich.

    Zuletzt geändert von adriano; 31.03.2019, 10:56.

  • adriano
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    #2
    AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

    Freitag, 15.02.2019
    Anreise

    Alles läuft wie am Schnürchen. So einen „Lauf“ glaube hatte ich beim Verreisen noch nie: Der Zug zum Flughafen ist halb leer, für das einchecken des Rucksacks und der Sicherheitskontrolle brauche ich in Summe 10 Minuten und im Flugzeug bleibt der Platz neben mir frei.

    Überpünktlich komme ich in Nantes an. Vier Stunden habe ich nun totzuschlagen. Da ich eigentlich keine Lust habe ins Zentrum zu fahren, mache ich es mir einfach mit meinem Tolino in der Ankunftshalle gemütlich.

    Um 18:00 Uhr werde ich dann gemeinsam mit zwei Frauen von Maude, meiner Blablacar Mitfahrgelegenheit, abgeholt. Ich hab Blablacar auf Empfehlung eines in Frankreich lebenden Freundes das erste mal benutzt. Scheinbar ist die Firma mit Sitz in Frankreich in ihrem Heimatland sehr erfolgreich.

    Wir unterhalten uns ein wenig und ich werde gefragt ob ich schon mal eine galette zum Essen hatte. Meine Italienischkenntnisse aufs französische übertragend (galletto=Hähnchen) bejahe ich und wundere mich was denn nun an einem Hühnchen so besonderes sein soll.

    Erst Tage später komm ich drauf dass galette ein bretonischer Buchweizenpfannkuchen ist...

    Die anderen zwei Mitfahrerinnen steigen schon in Städten entlang des Weges aus, um 21:15 erreiche ich mit Maude die Küste, und sie macht sich etwas Sorgen um mich. Ich bin nun selber ob meines Mutes ohne Buchung einfach in der Dunkelheit mir einen Zeltplatz zu suchen etwas überrascht und eigentlich selbst nicht mehr ganz so sicher, lasse mir aber keine Schwäche anmerken, schultere den Rucksack, verabschiede mich und marschiere mit gespielter Selbstsicherheit los.

    Tatsächlich finde ich nach etwa 200m schon einen Super Platz unterhalb einer Böschung hinter ein paar Bäumen. Das war ja easy. Mein Zelt ist auch schnell aufgestellt und ich schlafe überraschend gut (üblicherweise schlafe ich die erste Nacht im Zelt gar nicht gut).

    Vielleicht war es ja das Meerrauschen das mich einlullt.

    1. Tag
    Samstag, 16.02.2019
    Kerity- Kerguellec (24,1km (70m Anstieg, 60m Abstieg)


    Haferflocken mit Studentenfutter und kaltem Wasser schmeckt tatsächlich ganz gut. Dies ist mein Frühstück nachdem ich mein Zelt in rekordverdächtiger Zeit zusammengapackt habe.


    Streetart in Kerity

    Der Weg bis zur Pointe de la Torch ist ziemlich bebaut, und die meisten der Häuser haben die Rolläden zu. Werden wohl Ferien- und/oder Sommerhäuschen sein.


    Hafen Penmarch


    Denkmal für Schiffbrüchige


    Phare d'Eckmühl


    Plage de Porzh Karn




    Felsen bei Saint Guenole

    Ich schau mir die Pointe de la Torche mit seinen Verteidigungsanlagen aus dem zweiten Weltkrieg (ich glaube es sind Nazi-Bunker) an, und beobachte die Surfer in diesem bekannten Wellenreiter-Hotspot.


    Bunker auf der Pointe de la Torche

    Danach verläuft der Weg zuerst entlang einer schönen Dünenlandschaft und zieht dann einige Teiche umgehend etwas ins Landesinnere. Es wäre möglich den Teil abzukürzen und auf lokalen Wanderwegen am Strand zu bleiben, ich entscheide mich aber auf dem GR34 zu bleiben.


    Dünenlandschaft in der Baie d'Audierne

    Um 14:00 Uhr erreiche ich die Chapelle St. Evy und mach dort eine Mittagspause.


    Steg zur Chapelle St. Evy


    Das ist etwa kein Bach, sondern der Wanderweg. Einer der Nachteile beim Winterwandern in der Bretagne. Durch die vielen Niederschläge gibt es sehr viel Wasser und Matsch


    Betonbau bei Kerguellac direkt am Meer. Ich hab leider keine Ahnung was das ist.



    Um 16:00 Uhr erreiche ich in Kerguellac einen geschlossenen Camping Municipal, der zwar geschlossen, aber von allen Seiten zugänglich ist. Ich bleibe hier um mir eine längere Zeltplatzsuche zu ersparen. Ich habe letztes Jahr am Jakobsweg in Frankreich die Erfahrung gemacht das Franzosen generell sehr freundlich zu Wanderern und Wildcampern sind.

    Auf einem Camping Municipal letztes Jahr galt die Regel dass man sich einrichten soll und um 19:00 Uhr kommt jemand von der Gemeinde den kleinen Obulus kassieren. Als ich die Gemeindeangestellte fragte was denn nun wäre, wäre ich erst um 20:00 Uhr gekommen. Daraufhin zuckte sie nur die Schultern und meinte wär auch egal.

    Und so wird es auch sein, niemand stört mich und bei Einbruch der Dunkelheit lieg ich schon im Schlafsack im Zelt um nicht auszukühlen. Es ist zwar nicht sehr kalt, aber die feuchte Luft und eigentlich ständiger Wind kühlen einen trotzdem aus sobald man nicht mehr geht.


    Mein erster Zeltplatz
    Zuletzt geändert von adriano; 31.03.2019, 10:58.

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    • November
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      • 17.11.2006
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      #3
      AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

      Zitat von adriano Beitrag anzeigen
      Romantisch ist was anders.
      Aber die Landschaft dort gefällt mir, gerade auch zu der Jahreszeit.
      Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.

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      • agricolina
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        • 05.05.2016
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        #4
        AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

        Da lese ich gerne mit, interessante Tour, zumal um die Jahreszeit! Danke fürs Einstellen.
        Bin gespannt, wie es dir erging.

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        • adriano
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          • 04.12.2018
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          #5
          AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

          Romantisch ist was anders.
          Jo, die Romantik bei der Zeltplatzsuche hab ich tatsächlich weit hinten angestellt und eher ganz pragmatisch entschieden.

          Da lese ich gerne mit, interessante Tour, zumal um die Jahreszeit!
          Danke! War für mich auch eine interessante Erfahrung, da es überhaupt meine erste Tour mit einem großen Anteil Wildcampen war und das auch noch im Winter / Frühlingsanfang

          2. Tag
          Sonntag 17.02.2019
          Kerguellec – Mesperleuc 28km
          110m Anstieg, 110m Abstieg


          Ich habe sehr wenig Wasser übrig, also halte ich mich nicht mit Frühstücken auf, sondern packe meine sieben Sachen zusammen und gehe los. Sehr schön zieht der Weg wieder um zwei Teiche herum (Étang de Trunvel, Étang de Kergalan) und zu den Ruinen der Chapelle de Languidou in Plovan





          So langsam werde ich hungrig, durstig und um einen Spatenstich zu vermeiden wäre ein WC auch bald mal hilfreich. Gut dass ich um 12:15 Uhr Penhors erreiche, wo ich eine saubere öffentliche Toilette mit einem wunderbaren Pausenplatz 100m davor finde.

          Dazu an dieser Stelle gleich mal ein hoch auf die französischen Gemeinden. Ich hab keine Ahnung ob es verpflichtend ist, aber jedes Dorf welches auch ein Rathaus besitzt, scheint in der Nähe von diesem, oder in der Nähe der Kirche eine öffentliche Toilette zu haben. Zusätzlich gibt es diese auch noch an Stränden. Das Wasser hat zwar klarerweise keine Wiener Hochquellenwasserqualität, ist aber trinkbar.

          Ich mache an dieser Stelle auch gleich eine etwas längere Pause zum trocknen des Zeltes. Dieses ist in der früh jeden Tag einfach nur richtig nass, egal ob es geregnet hat oder nicht. Auch meine Füße sind wieder nass, da einige der Wege wieder überflutet sind. Manchmal gibt es kleine Ausweichwege, manchmal kann man eine im Wasser stehende Stelle auf Straßen umgehen, und manchmal geht man halt einfach mitten durch.

          Mir wird so langsam klar was die Schwierigkeit bei einer Winterwanderung in der Bretagne wird. Es sind nicht die Temperaturen für sich allein gestellt, die ja dank des Golfstroms gemäßigt sind. Es ist die Kombination aus Luftfeuchtigkeit und eines völlig gesättigten Bodens.

          Mein Weg führt mich weiter entlang der beeindruckenden Baie d'Audierne. Beiendruckend deshalb weil der Wellengang dergestalt ist, dass der Geräuschpegel gewaltig ist. So ein Meeresrauschen hab ich noch nie gehört.


          Strandsegeln ist eine sehr beliebte Sportart hier. Ich hab ganze Schulklassen gesehen. Wird wohl das äquivalent zu den Skiwochen für Schüler sein




          Um 18.00 Uhr beginnt es leicht zu nieseln. Ich finde einen schönen Zeltplatz, der jedoch vom GR34 und einem anderen Pfad kurz einsehbar ist. Ich warte deshalb noch bis zur Abenddämmerung, baue mein Zelt und schlafe wieder ausgezeichnet.
          Zuletzt geändert von adriano; 01.04.2019, 10:12.

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          • blauloke

            Lebt im Forum
            • 22.08.2008
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            #6
            AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

            Das verspricht eine tolle Wanderung zu sein auf die du uns mit nimmst.
            Freue mich auf die Fortsetzung.
            Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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            • adriano
              Gerne im Forum
              • 04.12.2018
              • 59
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              #7
              AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

              Zitat von blauloke Beitrag anzeigen
              Das verspricht eine tolle Wanderung zu sein auf die du uns mit nimmst.
              Freue mich auf die Fortsetzung.
              Vielen Dank!

              3. Tag
              Montag, 18.02.2019
              Mesperleuc – Primelin
              16,4 km
              100m Aufstieg, 60m Abstieg

              Am Morgen regnet es. Ich ziehe mich komplett mit Regenklamotten im Zelt an, pack alles bevor ich das Zelt verlasse und stopfe dieses dann noch schnell in den Rucksack und gehe weiter.

              Ich habe mich für diese Tour für Regenjacke und -hose entschieden. Am Jakobsweg habe ich meist den Poncho mit, aber da bin ich auch mit Freundin unterwegs. Und die brauch ich, ich hab nämlich die Erfahrung gemacht, dass meine Versuche ohne Hilfe in den Poncho zu kommen in Slapstick ausarten und bis er angezogen ist bin ich meist schon waschelnass und es hat zum Regnen aufgehört hat.

              Ich weiß von einer Gite eine halbe Tagesetappe in Primelin und entscheide mich dort zu nächtigen. Einmal alles richtig trocknen und waschen. Ansonsten bin ich jedoch mit meinem Regenschutzsystem zufrieden. Müllsack im Rucksack für Schlafsack, Kleidung und Zelt (falls trocken, sonst kommt es über den Müllsack), zusätzlich trotzdem noch eine Rucksackhülle und wie schon erwähnt meine Regenklamotten.

              Leider pack ich Handy und Kamera bei Regen in einen Ziplock Beutel, und mach dadurch sehr wenig Fotos.

              Um 11.00 bin ich in Audierne. Ich finde die Stadt recht hübsch. Hier wollt ich mich eigentlich auf die Suche nach einer Gaskartusche machen, aber es regnet und ich hab keinen Bock auf Umwege in die Gassen hinein, und direkt am Hafenweg gibt es nichts.




              Von Audierne bis Primelin folgt der mir bisher liebste Teil der Wanderung. Die Häuser sind etwas weiter ins Landesinnere gerückt, und die Küstenlandschaft schaut naturbelassener aus.



              Die Pfade liegen nach Audierne weiter vom Wohngebiet entfernt


              Um 13:30 bin ich bei der Gite. Irgendwie hab ich das Gefühl ich sollte noch weitergehen, weil ich eigentlich gar keinen halben Ruhetag benötige. Das Gefühl verfliegt aber bald als ich merke ich werde die Gite ganz für mich haben. Große Küche, Waschmaschine und Trockner stehen mir zur Verfügung und 1.7km die Straße entlang gibt es einen großen Supermarkt.

              So wird es ein sehr gemütlicher Nachmittag und Abend
              Zuletzt geändert von adriano; 27.11.2019, 07:45.

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              • adriano
                Gerne im Forum
                • 04.12.2018
                • 59
                • Privat


                #8
                AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                4. Tag
                Dienstag 19.02.2019
                Primelin – Keriolet
                21,3 km (270m Anstieg, 260m Abstieg)



                Der Weg wird traumhaft schön, der Pfad immer schmäler und ausgesetzter, es gibt jetzt sogar so einige Stellen bei denen man besser nicht ausrutschen und nach links fallen sollte. Ich würde von mir selbst behaupten zwar halbwegs schwindelfrei zu sein, aber nicht 100% trittsicher. Soll heissen bis jetzt hats mich noch auf jeder längeren Tour mal auf die Schnauze gehaut. Finds zwar immer demütigend wenn Trailrunner bei mir vorbeisprinten als ob nichts wäre, aber ich konzentrier mich um nicht bei den Fischen zu landen.

                Ich will jetzt nicht den Eindruck erwecken als wäre der Weg sehr schwierig und gefährlich. Aber man hat halt genug Zeit, alle Szenarien durchzuspielen, was passiert wenn man an gewissen Stellen ausrutscht wenn man so den ganzen Tag vor sich dahinstrawanzt.

                Was es heute sicher leichter macht ist das traumhaft schöne Wetter. Ich kann es gar nicht glauben. Die Landschaft wirkt gleich so viel bunter.




                Am letzten Bild sieht man zwischen Abfallender Küste und Plateau den Weg genau dazwischen. Wenn man da entlangwandert hat man das Gefühl durch ruhige Natur zu wandern, selbst wenn es 500m weiter im Landesinneren eine Siedlung geben würde


                Zu Mittag erreiche ich den Startpunkt des E5, den Pointe du Raz. Ich finde nirgends einen Hinweis, dass es hier los gehen soll, also beschließe ich für mich dem Schiffbrüchigendenkmal eine zweite Bedeutung zu geben. Es soll auch mein inoffizieller Startpunkt sein.


                Pointe du Raz schon in Sichtweite


                Pointe du Raz


                Menschenansammlung am Pointe du Raz


                Startpunkt E5



                Ich merke dass ich schon seit 3 1/2 Tagen alleine unterwegs bin und sehr wenig mit anderen Menschen spreche, weil sich meine Gedanken anfangen zu verselbstständigen und um bestimmte Themen zu Kreisen.

                Ein paar Stunden beschäftigt mich zum Beispiel das Thema ob es notwendig ist den E5 zu markieren wenn er wie in Frankreich eh schon durch Departmentübergrefende Wanderwege markiert ist. Eigentlich ja nicht mehr, denn der Weg ist ja nur eine Idee und musste nicht eigens angelegt werden. Andererseits kann sich eine Idee vielleicht besser durchsetzen wenn auf sie nicht nur im Netz hingewiesen wird sondern es auch haptisch greifbare Schilder gibt. Muss ja nicht durchgehend sein, aber so ab und an... Ich werde durch eine Begegnung ein paar Tage später zu einer Entscheidung kommen, dazu dann aber mehr.


                Der Weg ist ausgezeichnet markiert. Ich brauche meine Karten eigentlich lediglich mal dazu um zu schauen wo das nächste Dorf oder der nächste Parkplatz im Landesinneren liegt.

                Ich esse am Pointe du Raz in einem windstillen Rasthäuschen und bemerke eine weitere Eigenschaft von Touristenströmen in der Bretagne die sich bis zum Schluss durchziehen wird: Generell ist der Küstenpfad so gut wie menschenleer (bis jetzt sind ab und an Trailrunner unterwegs, und ich vermute ab Frühling dann doch mehr Wanderer). Es gibt aber so einige Points of Interest wie eben den Pointe du Raz. Dort führt dann meist ein Parkplatz hin und man kann davon ausgehen dass es in einem kleinen Umkreis um die Sehenswürdigkeit einen Menschenauflauf gibt. Sobald man aber wieder ein paar Meter Abseits ist hat man wieder seine Ruhe.

                So gehe ich nach der Pause gleich mal weiter und habe bis am Abend wunderschöne Küstenlandschaften ganz für mich alleine.

                Irgendwo bei Keriolet habe ich bei Dämmerung noch keinen passenden Zeltplatz gefunden. Es geht die meiste Zeit links steil runter ins Meer und rechts steil rauf. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit finde ich dann doch noch ein zwei qm großes ebenes Plätzchen direkt am Weg. Da stell ich mich einfach auf und schlafe bei Meeresrauschen ein.
                Zuletzt geändert von adriano; 04.04.2019, 08:38.

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                • morit.z
                  Dauerbesucher
                  • 16.03.2009
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                  #9
                  AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                  Vielen Dank für diesen, bislang sehr lesenswerten Bericht! Nachdem ich in den letzten Jahren mehrmals arbeitsbedingt in der Bretagne war, hatte ich mir schon mal genau so eine Wanderung zurecht gesponnen - Dein Bericht zeigt, dass das keine dumme Idee ist

                  Es gibt aber so einige Points of Interest wie eben den Pointe du Raz. Dort führt dann meist ein Parkplatz hin und man kann davon ausgehen dass es in einem kleinen Umkreis um die Sehenswürdigkeit einen Menschenauflauf gibt. Sobald man aber wieder ein paar Meter Abseits ist hat man wieder seine Ruhe.
                  Ich war zwar noch nicht in der absoluten Hauptsaison dort, aber das habe ich auch so empfunden (zB am Pointe de Penhir oder am Cap de la Chèvre): sobald sich mehr als einen halben oder ganzen Kilometer von den Parkplätzen entfernt, wird es erstaunlich ruhig um diese Hotspots.
                  Bilder.

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                  • Werner Hohn
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                    • 05.08.2005
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                    • Privat


                    #10
                    AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                    Pointe du Raz erreicht, ab jetzt hast du einen ständigen Begleiter bis Venedig. Ich bin gespannt, ob du noch in diesem Jahr deine Füße im Wasser der Adria baden wirst.

                    Die Bretange kenne ich auch nur von März und April als menschenleere Landschaft mit einsamen Küstenwegen. Den Hinweis auf den E5 habe ich auch gesucht und nicht gefunden. Frankreich ist nicht besonders fleißig, wenn es um Hinweisschilder für die E-Wege geht. Spanien übrigens auch nicht. Am Kap Finisterre, dem zweiten Ende des Jakobswegs und Anfang/Ende des E3, sucht man ebenfalls vergeblich nach einem Hinweis auf diese mehr als 7.500 km lange Route.
                    Zuletzt geändert von Werner Hohn; 04.04.2019, 15:05. Grund: Korrektur: Der Jakobsweg endet in Santiago.
                    .

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                    • Babsbara
                      Erfahren
                      • 26.06.2013
                      • 169
                      • Privat


                      #11
                      AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                      Hallo,

                      ich lese auch interessiert mit. Kenne die Gegend noch gar nicht und werde sicher auch kein Zeltbewohner mehr, aber schön ist es trotzdem. Frankreich ist so vielfältig! Danke auch für den Link zum Bretagne-Artikel - toll geschrieben!

                      LG,
                      Babs

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                      • adriano
                        Gerne im Forum
                        • 04.12.2018
                        • 59
                        • Privat


                        #12
                        AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                        Vielen Dank für die Kommentare.

                        @Werner: Danke auch für deine ganzen Beiträgen zu den E-Wegen sowie Jakobswegen. Dieses Interesse teilen wir auf jeden Fall

                        5. Tag
                        Mittwoch, 20.02.2019
                        Keriolet – Kermaden am Rasthäuschen
                        16,9 km (190m im Anstieg, 170m im Abstieg)


                        Die Morgenroutine passt. 30 Minuten brauch ich vom Aufwachen bis zum los gehen. Aber leider ist mir in der Nacht ein Missgeschick passiert. Ich habe meine letzte halb gefüllte Wasserflasche nicht richtig geschlossen und sie ist ausgelaufen, und so habe ich jetzt nur noch so ca. 200cl. Na ja, irgendwann muss ich dann halt vom Pfad ab zu einem Parkplatz oder einem Dorf im Landesinneren. Gerade hier ist das etwas ungünstig weil es direkt am Weg nichts gibt.


                        Morgenstimmung

                        Der Weg ist wunderschön und oft ausgesetzt. Im Gegensatz zur Südseite des Cap-Sizun sind die Klippen höher und die Wohngebiete ab ca. 1km im Landesinneren. Alles in allem eine sehr pittoreske Angelegenheit, und man kommt bei zahlreichen Pointes vorbei: Pointe de Castelmeur, Pointe de Brézellec, Pointe de Kerhano, Pointe de Penharn und dadurch auch an vielen kleinen Stränden, Buchten, Häfen die dazwischenliegen






                        So langsam wird das mit dem Wasser aber ein Problem, welches es zu lösen gilt. Ich habe zwar zur Sicherheit Micropur Forte mit, aber ich traue den kleinen Meereszuflüssen überhaupt nicht, weil im Landesinneren Landwirtschaft betrieben wird und ich keine Ahnung habe wo die Quellen liegen könnten und wo die Bächlein vorher noch überall vorbeifließen.

                        Die Auf- und Abstiege summieren sich auch. Laut Komoot sind es nur 190m im Aufstieg und 170m im Abstieg heute. Es fühlt sich aber definitiv nach mehr an. Pointe runter zu einer Bucht und auf der anderen Seite wieder rauf, dann wieder runter und wieder rauf. Vielleicht fühlt es sich so streng an weil es nur so kurze Auf- und Abstiege sind.

                        Am frühen Nachmittag komme ich zu einem Schild das ins Landesinnere zeigt, mit Hinweis auf ein kleines Lebensmittelgeschäft und eine kleine Bar. Laut google maps hat die Ortschaft auch eine Kirche – also sollte Trinkwasser auch vorhanden sein. Leider ist das Dorf aber 2,8 km im Landesinneren, macht in Summe 5,6km.

                        Na gut es scheint wirklich dann wieder etwas länger nichts zu geben und ich habe schon seit ein paar Stunden kein Wasser mehr. Also nimm ich den Umweg in Kauf. Ein Cola und ein bisschen frisches Gemüse als Ergänzung zu meinem Salamibrot wären auch super. Dann vielleicht noch einen Kaffee in der Bar.

                        Angekommen werde ich dann aus meinen Träumen gerissen. Die Bar ist im Winter zu. Das Lebensmittelgeschäft wird umgebaut und ist ebenfalls zu. Die Kirche und der Kirchenplatz sind eine riesige Baustelle. Dort wird wohl auch das öffentliche WC mit Trinkwasser gewesen sein.

                        Na gut, ohne Wasser verlass ich das Dorf nicht. Und so spreche ich einen der Bauarbeiter an ob er denn „eau potable“ hätte. Er schaut etwas verwirrt und muss tatsächlich seinen Vorarbeiter fragen und der sagt dann nur ein Wort das dem italienischen Wort für Wasserhahn ähnelt und ich bejahe.
                        Ich werde in die Baustelle zu einem Wasserhahn mit köstlichem H2O geführt.

                        Nach einer Mittagspause inklusive kurzer Siesta mach ich mich wieder zurück zum GR34 und finde nach ein paar Metern einen wunderschönen Rastplatz mit Rasthäuschen für Wanderer. Davor und dahinter eine ebene Wiese. Es ist zwar erst 15.00 Uhr, aber ein schöneres Plätzchen werde ich wohl nicht finden und entscheide hier zu bleiben

                        Ich überlege auch kurz ob ich auf dem Boden im Haus schlafen soll, fühl mich dann aber doch im Zelt wohler. Ich will wie üblich bis zur Dämmerung warten, packe aber schon mal alles aus dem Rucksack und hänge das Zelt zum trocknen auf.

                        Kurz vor der Dämmerung kommen zwei ältere Damen vorbei. Jetzt bin ich mal gespannt wie sie reagieren werden. Ich grüße sehr freundlich und komme ins Gespräch. Tatsächlich freuen sie sich dass ich in ihrer Gemeinde bei ihrem schönen Rasthäuschen übernachte. Sie erzählen mir dass dies früher ein kleiner Hof war, der nach dem Tod des Besitzers ziemlich verfallen ist und dann von einem Dorfverein renoviert wurde und als Wanderrast hergerichtet.


                        Rastplatz Ti Felix

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                        • ronaldo
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                          Liebt das Forum
                          • 24.01.2011
                          • 12506
                          • Privat


                          #13
                          AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                          Vielen Dank für einen ordentlichen Nostalgieschub, die Cornouaille kenne ich wie meine Westentasche, war leider schon lang nicht mehr da. Definitiv eine der schönsten Ecken Frankreichs.
                          Bin gespannt wie es weitergeht, v.a. wie du die Nordküste findest.

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                          • adriano
                            Gerne im Forum
                            • 04.12.2018
                            • 59
                            • Privat


                            #14
                            AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                            Zitat von ronaldo Beitrag anzeigen
                            Vielen Dank für einen ordentlichen Nostalgieschub, die Cornouaille kenne ich wie meine Westentasche, war leider schon lang nicht mehr da. Definitiv eine der schönsten Ecken Frankreichs.
                            Bin gespannt wie es weitergeht, v.a. wie du die Nordküste findest.
                            Danke! Wenn mich jemand z.B. fragen würde welchen Teil ich für ein paar Tage Küstenwanderung und evtl. einer kleinen Stadtbesichtigung empfehlen würde, wäre ein Tip auf jeden Fall vom Pointe du Raz bis Douarnenez und anschließend noch 1-2 Tage in dieser wunderschönen kleinen Stadt verbringen. Aber etwas mehr zu Douarnenez gibts morgen.

                            6. Tag
                            Donnerstag, 21.02.2019
                            Kermaden am Rasthäuschen – nach Pointe du Millier
                            17,5km (210m im Anstieg, 230m im Abstieg)



                            Zeltabbau im Morgengrauen


                            Morgenstimmung

                            Der Weg verläuft recht anspruchsvoll, zum Teil ausgesetzt und mit einigen Steigungen und Abstiegen. Die Ausblicke sind wunderschön, und ich bin von der Nordküste des Cap Sizun einfach nur beigeistert.






                            Man kennt es ja wenn man sich in der Vorbereitung eine etwas idealisierte Vorstellung von der Landschaft macht durch die man wandert. Nun, dieser Teil deckt sich genau mit dieser Vorstellung.

                            Kurz vor 13:00 Uhr kommt mir eine Frau mit ihrem Hund am Weg entgegen und wir kommen ins Gespräch. Sie sagt mir auch, dass es oberhalb der nächsten Bucht einen Parkplatz mit Wasseranschluss gibt. Sie steht dort mit ihrem Camper und wird mir gefiltertes Wasser geben. Sie erklärt mir, dass die meisten Bretonen kein Leitungswasser trinken. Einige verwenden Filter um das Wasser vom Chlorgeschmack zu befreien, andere wiederum kaufen sich ihr Trinkwasser im Supermarkt. So krieg ich von ihr 3 liter gefiltertes Wasser. Ich verstehe nun auch warum der Bauarbeiter in Goulien auf meine Frage nach Trinkwasser nicht gleich wusste wie er mir helfen kann.

                            Wir reden auch kurz über ihren Campingbus. Sie bestätigt mir meine Beobachtung dass in Frankreich campen extrem beliebt ist, und es in der Bretagne auch sehr viele Parkplätze für Campingbusse gibt. Sie macht damit einfach oft auch nur zweitägige Touren am Wochenende.


                            Pointe de Kastel Koz, oberhalb befindet sich ein Parkplatz mit Toilette und Trinkwasser

                            Am Nachmittag habe ich noch eine nette Begegnung. Ein Mann fragt mich wohin ich gehe, und ich erkläre ihm, dass ich dem E5 folge, und mache mich schon bereit ihm zu erklären was denn der E5 überhaupt ist. Er schaut aber gleich sehr erstaunt drein, und erzählt mir dass er vor einer halben Stunde mit seiner Frau darüber gesprochen hat im Ruhestand den E5 nach Venedig zu gehen.

                            Die heutigen zwei Begegnungen waren die ersten etwas längeren Gespräche der letzten 6 Tage. Erkenntnis: Ich bin kein Einsiedler. Ich mag Menschen und ich merke gerade wie mir etwas mehr Kontakt zu anderen gleich gut tut.

                            Am Abend komme ich bei der Pointe de Millet und dem dazugehörigen Leuchtturm vorbei. Etwas im Landesinneren befindet sich eine schöne Wassermühle, Le moulin de Keriolet. Zuerst schaue ich mir die dazugehörigen Parkplätze an, ob ich dort irgendwo mein Zelt platzieren könnte, aber es ist mir zu viel los. Ich laufe etwas weiter, und lande wohl an einem der schönsten Plätze der ganzen Tour ziemlich nah an einer Klippe.


                            Leuchtturm bei der Pointe du Millier, der eigentliche Leuchtturm ist auf der Meeresseite ins Leuchtwärterhäuschen eingebettet




                            Eine sehr helle und klare Nacht

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                            • kletterling
                              Dauerbesucher
                              • 30.07.2012
                              • 613
                              • Privat


                              #15
                              AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                              Danke für den schönen Bericht bisher! Ich lese begeistert mit. Die Ecke werd ich mit der Familie im Sommer besuchen und mir da den GR34 genauer anschauen, der reizt mich schon länger.

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                              • Wafer

                                Lebt im Forum
                                • 06.03.2011
                                • 9533
                                • Privat


                                #16
                                AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                Hallo Adriano.

                                Ich lese hier schon eine Weile mit. Eigentlich aus 2 Gründen: Zum Einen habe ich sehr viel Zeit in Frankreich zugebracht. In Summe ca. 4 Jahre. In der Zeit war ich viel in Frankreich unterwegs und war auch in der Bretagne. Die "raue" Landschaft hat mir schon immer gut gefallen. Daher bin ich gespannt auf mehr! Und das was ich hier bisher gesehen habe gefällt mir sehr gut. Also weiter so! Zum Anderen bin ich auch auf dem E5 unterwegs. Aber in der anderen Richtung. Aber wie der Titel schon andeutet habe ich nicht vor es in Obersdorf gut sein zu lassen. Ich will weiter. Auch wegen meiner Vergangenheit in Frankreich. Daher interessiert mich dein Bericht natürlich noch mehr. Und mit dem Mont Saint Michel hast du ein würdiges Abschlussziel für diese Etappe gewählt. Aber das sind noch ein paar spannende Km bis dorthin. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass du den Weg irgendwann weiter gehen wirst. Planst du sowas?

                                Viel Spaß noch damit! Gruß

                                Wafer

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                                • adriano
                                  Gerne im Forum
                                  • 04.12.2018
                                  • 59
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                  Zitat von kletterling Beitrag anzeigen
                                  Danke für den schönen Bericht bisher! Ich lese begeistert mit. Die Ecke werd ich mit der Familie im Sommer besuchen und mir da den GR34 genauer anschauen, der reizt mich schon länger.
                                  Kann ich echt nur empfehlen.

                                  @Wafer
                                  Ich habe natürlich deinen E5 Resebericht schon längst gelesen und ja, ich habe geplant weiterzugehen. Habe jetzt beruflich so einiges zu erledigen, aber ich vermute mal dass es Mitte Mai weitergeht.

                                  7. Tag
                                  Freitag 22.02.2019
                                  nach Pointe du Millier – Douarnenez
                                  15,7km (160m im Anstieg, 170m im Abstieg)


                                  Ist es, weil ich mir einen Ruhetag in Douarnenez vorgenommen habe, oder weil ich wirklich nicht mehr kann? Ich fühle mich schlapp und ehrlich gesagt ziemlich am Ende. Jeder kleine Aufstieg aus einer Bucht strengt mich extrem an. Ich hab zu wenig Wasser um mir meine Haferflocken zuzubereiten, also gibt’s mal nur Studentenfutter. Ich könnte ein paar mal in kleinere Dörfer abbiegen, aber das zahlt sich bei der heutigen kurzen Etappe nicht aus. Besser früh in der Gite sein und so quasi 1 ½ Ruhetage daraus machen.


                                  Über diese Steinblöcke bin ich tatsächlich nicht drüber gekommen. Es war extrem glitschig (Wasser und so eine dünne schleimige Moosschicht) und ich glaub wenn ich da ausrutsche breche ich mir was. Ich hab dann aber Spuren anderer Wanderer gefunden die sich ebenfalls durch die Büsche geschlagen haben und eine bessere Stelle gefunden. Ich vermute mal dass das Bächlein im Sommer weniger Wasser führt und die Steine dann auch trocken sind




                                  Der Küstenabschnitt kurz vor Douarnenez wird recht ruppig und felsig, und man muss schon mal die Hände zu Hilfe nehmen bei ganz kurzen Passagen


                                  Douarnenez in Sichtweite

                                  In Douarnenez angekommen gehe ich zur Gemeinde, die bei einer Gemeindeunterkunft ja zuständig für das einchecken sein sollte (auch laut Internet). Die dort zuständige Dame weiss zwar was ich will aber nicht wirklich wie sie mir helfen kann. Sie ruft wo an und sagt mir in der Gite würde niemand abheben. Ich soll doch einfach hingehen und schauen ob wer da ist.

                                  Kommt mir komisch vor. Normalerweise ist ja niemand vor Ort und wer von der Gemeinde schaut irgendwann bei der Unterkunft vorbei. Ist in diesem Fall tatsächlich anders. Die Gite ist eine Ansammlung alter Fischerhäuschen inklusive eines Biobauernhofes der besichtigt werden kann und hat einen ständigen Empfang mit Personal vor Ort.

                                  Ich hatte mich fast schon darauf gefasst gemacht, dass die Gite im Winter vielleicht doch außer Betrieb ist, und nun bin ich in einem wunderschönen Häuschen mit zwei Schlaflagern und Küche untergebracht.

                                  Ich teile mir die Unterkunft mit einem jungen Paar aus Lille. Am Nachmittag erledige ich Einkäufe, wasche meine Klamotten und auch mich selbst.






                                  Am Abend verbringen wir ein paar angenehme Stunden in der Küche der Gite. Die zwei können auch echt gut englisch und wir sprechen über alles mögliche. Ich lass mir erklären was es mit den unendlich vielen Créperies auf sich hat und zu welchen Gelegenheiten man sie ist (im Prinzip immer und in allen Varianten, und am nächsten Tag kalt. Heute check ich auch endlich was eine galette ist), sie lassen mich von ihrem Kouign amann Kuchen kosten den ich bisher noch gar nicht kannte.

                                  Sie teilen mit mir eine Dose Sardinen und die Käseplatte. Empfehlen mir für morgen eine Conserverie, eine Patisserie und noch so einiges mehr

                                  Ich habe am Nachmittag ein Sixpack bretnonisches Bier mitgenommen, den ich dann noch anbiete.
                                  So sitzen wir noch etwas in der Küche, reden über vieles – von der Armut in der Provinz Nor aus der sie kommen und der der Flamen generell bis über die aktuelle Situation und den Protesten gegen die Regierung.

                                  Es war sehr schön nach einer Woche mal so einen Abend zu verbringen.

                                  8. Tag
                                  Samstag, 23.02.2019
                                  Ruhetag in Douarnenez


                                  Den Tag verbringe ich mit etwas Sightseeing, auffrischen meines Proviants, der erfolglosen Suche nach einer Gaskartusche. Ich werde von Geschäft zu Geschäft geschickt und nirgends gibt es was. Ich pfeife dann irgend wann drauf, da ich mit kaltem Essen eigentlich gut zurecht komme. Und wenn ich wirklich mal was warmes will bin ich ja nicht von der Welt, sondern muss halt mal in ein Lokal.

                                  Die Stadt ist wirklich sehr schön. Es gibt einiges zu sehen. Drei Häfen, Conserverien, die kleine Ile de Tristan, ein Hafenmuseum, eine schöne Markthalle und sicher noch einiges mehr.


                                  Ile Tristan


                                  Pêche à pied bei Ebbe im Hafen von Douarnenez


                                  Es gibt unzählige Marken und Geschmacksvariationen an Konservendosen. Auch die grafische Gestaltung der Dosen kommt oft einem kleinen Kunstwerk gleich

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                                  • ronaldo
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                                    Moderator
                                    Liebt das Forum
                                    • 24.01.2011
                                    • 12506
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                    Kouign amann!
                                    Da brauchst für den Rest des Tages nix mehr...

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                                    • adriano
                                      Gerne im Forum
                                      • 04.12.2018
                                      • 59
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                      Zitat von ronaldo Beitrag anzeigen
                                      Kouign amann!
                                      Da brauchst für den Rest des Tages nix mehr...
                                      ja, für Leser die den Kuchen nicht kennen hier die Zutatenliste für einen Kuchen für 6 Personen:

                                      300 g Mehl
                                      200 g Zucker
                                      50g Butter und 50g Puderzucker
                                      210 g streichfähige halbsalzige Butter
                                      10 g Backhefe



                                      Mir wurde erzählt dass diese Kalorienbombe Fischern auf mehrtägigen Ausfahrten mitgegeben wurde, da er sich recht lange hält und sehr kalorienreich ist. Ich weiss nicht ob die Geschichte stimmt, aber hört sich ganz vernünftig an.

                                      Aber nun weititer zum

                                      9. Tag
                                      Sonntag, 24.02.2019
                                      Douarnenez – Wald bei Kergoat Come
                                      26,1 km (300m Aufstieg, 200m Abstieg)


                                      Ich packe gaaanz gaaaanz langsam und ordentlich so als würde ich versuchen den Aufbruch aus dieser schönen Gite absichtlich rauszuzögern. Kurz vor 9 Uhr mach ich mich dann doch auf die Socken.

                                      Ich komme an einem antiken Hafen vorbei bei dem noch die Grundmauern einer römische „Fischfakbrik“ stehen und bald darauf bin ich bei den letzten Häusern des Einzugsgebiets von Douarnenez.


                                      Die Strasse raus aus Douarnenez. Sie führt auch vorbei am antiken Hafen, und ich vermute es könnte sich hier noch um eine alte Römerstraße handeln.


                                      Blick zurück auf Douarnenez


                                      Plage du Ry


                                      Plage de Trezmalaouen


                                      Mein letztes Stück Küstenpfad für längere Zeit

                                      Man merkt, dass es ein schöner Sonntag ist. Auf den Plages des Weges ist sehr viel los, und scheinbar dürfen heute alle Hunde der Gegend Gassi gehen.

                                      Am meisten los ist zwischen der Plage de Lestrevet und der Plage de Pentrez. Ich bin gerade bei Ebbe dort und der lange Sandstrand wird regelrecht gestürmt. Scheint fast so als würde der Bretone solch schönes und untypisches Wetter für die Jahreszeit voll ausnutzen.



                                      Bei Pentrez wechsle ich um 14:50 auf den GR37. Die Markierung fehlt und ich schaff es irgendwie die falsche Straße zu nehmen, aber dank App mit gps bin ich gleich mal wieder richtig. Es ist ein sehr eigentartiges Gefühl das Meer zu verlassen. Hab mich schon an den Anblick und an das Meeresrauschen so gewöhnt, dass es mir jetzt abgeht.


                                      Das Landesinnere, sehr stark von Landwirtschaft geprägt

                                      Gegen 17.00 Uhr sehe ich Saint Nic rechterhand und beschließe einfach so lange weiter zu gehen bis ich einen geeignetes Zeltplatz finde. Ca 1km vor dem Hof Kergoat Come finde ich diesen in einem Stück Wald.

                                      Ich glaub das ist meine erste Zeltübernachtung in einem Wald seit 21 Jahren. Ich lausche etwas den Geräuschen in der Dunkelheit, schlafe bald ein und träume von bretonischen Wildschweinen.

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                                      • adriano
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                                        • 04.12.2018
                                        • 59
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                        10. Tag
                                        Montag, 25.02.2019
                                        Wald bei Kergoat Come - Le Faou
                                        25,3km (500m Aufstieg, 630m Abstieg)



                                        Morgenstimmung im Wald

                                        Die Markierungen des GR37 stimmen erst ab Le Faou wieder 100%ig. Aber eigentlich kein Problem, da mein erstes Ziel für heute, der Menez Hom, schon von weitem sichtbar ist. Ich erreiche ihn um 10 Uhr über wunderschöne baumlose Landschaften. Es erinnert mich hier sogar ein bisschen an meinen Shetland Urlaub. Ich habe eine wunderbare Fernsicht von dort oben, obwohl er nur 330m hoch ist. Damit ist es trotzdem die höchste Erhebung in der Bretagne außerhalb der etwas nordöstlicher gelegenen Monts d'Arret (welche ich auch duchqueren werde).


                                        Nebengipfel des Menez Hom, man sieht auch schön den Pfad dem ich gefolgt bin


                                        Blick vom Nebengipfel zum Menez Hom


                                        Menez Hom, Blickrichtung NNW, man sieht mittig hinten die Pont de Térénz


                                        Menez Hom

                                        Natürlich ragen sich um den Menez Home jede Menge (keltische) Legenden, es gibt auf einer Seite auch einen Dolmen. Im Sommer werden hier immer wieder Konzerte gegeben.

                                        Von dort oben sehe ich tatsächlich schon mein nächstes Zwischenziel, Pont de Térénez, eine Brücke die sich über die Bucht von Brest spannt. Theoretisch bin ich dort wieder am Atlantik, fühlt sich aber mehr wie eine kurze Flusswanderung an. Ich kann am Weg immer wieder einer gelb roten Markierung folgen bis ich kurz vor der Brücke wieder auf den GR34 stoße der mich bis Le Faou begleiten wird.


                                        Nachdem man die ersten Höhenmeter baumlos runtergeht, kommt man zu diesem schönen Pfad


                                        Pont de Térénez

                                        Von hier zieht es sich noch etwas bis Le Faou, ich muss an jeder Menge Äcker und Wiesen vorbei. Auch einige kleine Wälder sind dabei. Kurz vor 17.00 Uhr erreiche ich Le Faou und schlafe am dortigen Camping naturelle.


                                        Erster Blick auf Le Faou


                                        Kirche in Le Faou

                                        Wie man auf den Fotos sehen kann ist das Wetter wieder wunderschön. Ich habe mit dem Wetter bisher unglaubliches Glück.
                                        Zuletzt geändert von adriano; 08.04.2019, 09:53.

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                                        • adriano
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                                          • 04.12.2018
                                          • 59
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                                          #21
                                          AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                          11. Tag
                                          Dienstag, 26.02.2019
                                          Le Faou – St. Rivoal
                                          30,4 km (620m Aufstieg, 450m Abstieg)



                                          Guten Morgen

                                          Die Nacht war sehr kalt, das Außenzelt ist von Eis überzogen. Ich beeile mich beim packen um schnell warm zu werden. Ich will heute nach Saint Rivoal in eine Gemeinde-Herberge, das sind 30,4km und ich möchte vor 17:00 Uhr dort sein, da die Gemeinde dann zusperrt. Gerade am Anfang ist der Weg heute nicht der Hit, vorbei an Industriegelände, aber es wird laufend besser und es geht dann entlang von Forststraßen durch schöne große Waldgebiete durch.







                                          Oft geht es auch auf Pfaden neben Äcker vorbei. Die Abgrenzungen sind interessant. Es scheint als wären das einfach die Schnittreste von Hecken die dort über Jahre (Jahrzehnte?) aufgestapelt werden und so langsam wieder zu Erde werden. Hat sowas einen Namen? Vielleicht weiss das ja jemand von Euch.





                                          Es wird extrem matschig. Die Wanderwege werden hier von den Landwirten zum Teil mit großen Maschinen befahren und verschlammen die Wege. Manchmal gibt es kleine Quellen und/oder Sümpfe die den Weg überspielen. Auf jeden Fall stapfe ich sehr oft knöcheltief durch Matsch.



                                          Zum Teil gibt es neben den Pfaden Bewässerungskanäle für die Äcker, die jedoch zu viel Wasser führen und einfach über in den Wanderweg schwappen und diesen mit runterfließen.

                                          Auf jeden Fall schaffe ich es bei schönstem Wetter dauernd nasse Füße zu haben.

                                          Die nächsten Tage soll Schluss sein mit meinem Glück und eine mehrwöchige Regenperiode beginnen. Ich bin schon gespannt wie ich da dann durch komme.

                                          Heute habe ich meine erste Begegnung mit Hofhunden, was ja auch kein Wunder ist da die Wege jetzt sehr oft an Bauernhöfen vorbeigehen. Bellend werde ich die Straße mit 2m Abstand von 2 Hunden begleitet bis ich außer Sichtweite des Hofes bin. Ich hab mich an solche Begegnungen mittlerweile etwas gewöhnt und bin noch recht entspannt.

                                          Früher bin ich in solchen Situationen sehr oft erstarrt, doch mittlerweile bin ich da relativ sicher und kann weitergehen.

                                          Dieser Reisebericht basiert auf ein Tagebuch welches ich täglich geschrieben habe. Der obere Eintrag über Hunde wird sich in ein paar Tagen relativieren.

                                          Weiter geht es durch die Foret Domaniale de Carnou. Ein recht großer schöner Wald der dem Staat gehört.


                                          Sind das Holsteinrinder? Bisher auf jeden Fall die am häufigsten draußen anzutreffende Rinderrasse

                                          Um 16:30 bin ich in St. Rivoal und bekomme auf der Gemeinde den Gite-Schlüssel. Sie ist wieder wunderschön, und es gibt einen Holzofen. Der Dorfladen hat nur zwei mal die Woche ab 16:00 Uhr offen, und ich habe Glück denn er hat genau heute offen. Mir gefällt es so gut, dass ich beschließe viel zu früh wieder einen Pausentag einzulegen.

                                          Die Gemeinde hat nur 170 Einwohner. Im Dorfladen treffe ich einige von ihnen und komme mit einem Mann ins Sprechen. Es haben sich hier tatsächlich viele junge Menschen zwischen 25 und 35 angesiedelt, und viele davon haben Kinder. Es gibt den Dorfladen (ausschließlich mit Produkten von den Bauernhöfen der Gemeinde), eine Bibliothek, ein Restaurant/Bar und einen Gemeindesaal mit vielen Veranstaltungen.

                                          Ein wirklich schöner Gegensatz zu all den kleinen Gemeinden in denen es keine Infrastruktur mehr gibt.


                                          12. Tag
                                          Mittwoch, 27.02.2019
                                          Ruhetag in St. Rivoal


                                          Ich mach nichts anderes als dauernd Holz in den Ofen nachzulegen, zu lesen und essen.
                                          Schön wars.

                                          Zuletzt geändert von adriano; 09.04.2019, 10:58.

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                                          • morit.z
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                                            • 16.03.2009
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                                            #22
                                            AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                            Zitat von adriano Beitrag anzeigen
                                            Gerade am Anfang ist der Weg heute nicht der Hit, vorbei an Industriegelände, aber es wird laufend besser und es geht dann entlang von Forststraßen durch schöne große Waldgebiete durch.
                                            Bist Du genau diese Route gegangen, inkl. der Schleife Richtung Brasparts gegen Ende der Etapppe? https://www.gr-infos.com/gr37e.htm
                                            Da lag "mein" Arbeitsgebiet in den letzten Jahren - gerade die Strecke am Fluss hätte ich mir nicht schöner vorstellen können. Aber das stimmt, direkt um Le Faou dürfte das Laufen nicht soo viel Spaß machen.

                                            Ich bin auf jeden Fall gespannt wie es weitergeht und definitiv angefixt, auch wenn mir das ein, zwei Monate zu früh im Jahr wäre

                                            Zitat von adriano Beitrag anzeigen
                                            Oft geht es auch auf Pfaden neben Äcker vorbei. Die Abgrenzungen sind interessant. Es scheint als wären das einfach die Schnittreste von Hecken die dort über Jahre (Jahrzehnte?) aufgestapelt werden und so langsam wieder zu Erde werden. Hat sowas einen Namen? Vielleicht weiss das ja jemand von Euch.
                                            Die Abgrenzungen dürften normalen Wallhecken entsprechen.
                                            Bilder.

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                                              • 04.12.2018
                                              • 59
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                              Zitat von morit.z Beitrag anzeigen
                                              Bist Du genau diese Route gegangen, inkl. der Schleife Richtung Brasparts gegen Ende der Etapppe? https://www.gr-infos.com/gr37e.htm
                                              Da lag "mein" Arbeitsgebiet in den letzten Jahren - gerade die Strecke am Fluss hätte ich mir nicht schöner vorstellen können. Aber das stimmt, direkt um Le Faou dürfte das Laufen nicht soo viel Spaß machen.

                                              Ich bin auf jeden Fall gespannt wie es weitergeht und definitiv angefixt, auch wenn mir das ein, zwei Monate zu früh im Jahr wäre



                                              Die Abgrenzungen dürften normalen Wallhecken entsprechen.
                                              Hallo. Ja genau das war meine Route. Ich bin auch sehr begeistert vom Landesinneren. Ich hatte in den wenigen Infos die man darüber finden kann oft gelesen dass es sich nur um landwirtschaftlich genutztes Gebiet handelt, was ja schon großteils zutrifft, aber es gibt eben auch sehr schöne Waldstücke, Pfade, kleine Berge und es ist sehr abwechlungsreich.

                                              Danke für den link zur Wallhecke, vor allem der Teil mit der Pflege macht Sinn, da ich ganz viele davon gestutzt waren (und die abtgeschnittenen Teile aufgeschichtet).

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                                              • adriano
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                                                • 04.12.2018
                                                • 59
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                13. Tag
                                                Donnerstag, 28.02.2019
                                                St. Rivoal - Huelgoat
                                                34,1 km (400m Aufstieg, 410m Abstieg)



                                                St. Rivoal

                                                Ich gehe los und schon bald nach St. Rivoal zeigt mir ein Schild eine neue Streckenführung. Laut IGN Karte sollten der GR37 und der GR380 erst nach dem Reservoir de St-Michel gemeinsam verlaufen (der GR37 sollte den See südlich umgehen, der GR380 nördlich). In Wirklichkeit biegen beide nach Norden ab und laufen ab hier gemeinsam. Ein Blick ins Kartenmaterial zeigt mir, dass der Weg dadurch zwar etwas länger ist, aber etwas schöner sein könnte, da es auf zwei Erhebungen rauf gehen soll. Wir befinden uns übrigens im westlichen Teil der Monts d'Arret und die Landschaft ist heute abwechslungsreich und schön.


                                                Menez Mikel noch etwas in der Ferne


                                                Und schon kurz davor

                                                Vom Menez Mikel hab ich noch einen wunderschönen Ausblick, vom Tuchenn Kador allerdings nicht mehr. Der Regen setzt ein und es wird sehr nebelig.


                                                Blick auf das Reservoir de St Michel


                                                Kapelle am Menez Mikel


                                                Höchster Punkt






                                                Die letzten drei Bilder sind entlang des Reservoirs entstanden


                                                Das nächste Dorf ist wieder eine typisch kleine Gemeinde der Monts d'Arret, Botmeur.

                                                Nach dem See komme ich bei einer rundherum gesicherten Industrieanlage an die da mitten in der schönsten Natur steht. Erst jetzt beim recherchieren realisiere ich, dass es das Atomkraftwerk von Brennilis ist. Es ist nicht mehr aktiv und man ist scheinbar schon ewig lang mit den komplizierten Abbauarbeiten beschäftigt. Und das Reservoir de St. Michel ist ein Stausee um Wasser für die Kühlung zu haben.

                                                Weier geht es nach Huelgoat. Kurz vor Huelgoat mache ich noch Bekanntschaft mit Rambo, einem 17 Jahre alten Ziegenbock, der seinem Besitzer als Rasenmäher dient. Er wird jeden Tag mindestens eine Stunde spazieren geführt.


                                                Rambo





                                                Nach Huelgoat nehme ich einen lokalen Wanderweg, da der E5 die Stadt nördlich umgeht, und ich südlich zum Camping Municipal will. Dort werde ich die Nacht verbringen.

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                                                • adriano
                                                  Gerne im Forum
                                                  • 04.12.2018
                                                  • 59
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                  14. Tag
                                                  Freitag, 1.3.2019
                                                  Huelgoat – Gare de Scrignac
                                                  11,6 km (140m im Aufstieg, 200m im Abstieg)



                                                  Es hat die letzten Tage ziemlich abgekühlt, und es fällt mir schwer in der früh meinen Quilt zu verlassen. Aber sobald ich mich etwas bewege und mir meine Wanderklamotten angezogen habe geht’s wieder. Ich hol mir in der Altstadt noch ein Baguette, frühstücke und starte.

                                                  Die erste Stunde geht es am Rivière d'Argent entlang, vorbei an wunderschönen Steinformationen und einem kleinen Wasserfall. Vorher gehe ich auch ein Stück den Weg nach Norden wo der eigentliche GR Weg hergekommen wäre, da sich dort die Artusgrotte und der Camp d'Artus befindet. Camp d'Artus soll der Hauptort der Osismier gewesen sein, ein keltischer Stamm der an einem Aufstand während der Gallienfeldzüge Cäsars teilgenommen hat. Renitente Gallier, klingt sehr nach Asterix und Obelix.









                                                  Hier trennt sich auch der GR37 und der GR380, welchem ich ab hier folge



                                                  Es gibt jede Menge Sagen und Legenden die sich um den Wald von Huelgoat ranken, und ich finde die Gesteinsformationen, Grotten und bemoosten Bäume generieren auch eine Stimmung die dafür prädestiniert ist. Leider hab ich viel zu wenig Fotos gemacht.

                                                  Hauptgrund ist, dass es seit gestern regnet. Es regnet nicht andauernd, aber immer wieder. Manchmal Sprühregen, manchmal ganz kurze Regenschauer, manchmal bei Sonnenschein. Und dazwischen immer wieder schönstes Wetter als ob nix wäre nur um 20 Minuten später wieder vollkommen bewölkt zu sein. Na, dann hab ich mal wenigstens landestypisches Wetter.

                                                  Nach dem Wald geht’s eher unspektakulär aber nicht unangenehm auf Forststraßen durch Wälder.

                                                  Zum Schluss noch an der Trasse einer ehemalige Bahnlinie entlang. Dort befindet sich dann die Gare de Scrignac, ein ehemaliges schönes Bahnhofsgebäude, welches in eine Gite d'Etape für Wanderer umgebaut wurde.


                                                  Gare de Scrignac, jetzt eine Gite d'Etape

                                                  Da ich seit zwei Tagen die Feuchtigkeit bis in die Knochen spüre möchte ich dort übernachten. Auf der Homepage steht, dass bis 19:00 Uhr jemand dort ist um Wanderer zu empfangen, also ruf ich gar nicht an sondern geh einfach hin. Schon um 15:00 Uhr bin ich dort, und hab gar nichts dagegen diesen kurzen Tag zu halten bei dem Wetter. Leider ist niemand da. Auf der Glastür klebt ein A4 Zettel mit einer Telefonnummer falls niemand da ist.

                                                  Unter diesem A4 Zettel klebt ein zweiter auf dem steht dass es hier keinen Handyempfang gibt, und dass es erst wieder in 3km Empfang gibt. Bingo.

                                                  Da es kurz aufgehört hat erkunde ich die nähere Umgebung. Es gibt sehr viele ebene Wiesen mit Rastbänken in Sichtweite zur Gite. Eine davon sogar überdacht. Hinter der Gite gibt es eine öffentliche Toilette mit Leitungswasser. Ich beschließe nun einfach hier zu bleiben, unter dem überdachten Rastplatz vorerst, falls jemand kommt gut, sonst stelle ich einfach mein Zelt auf einer Wiese auf.

                                                  Ich esse, lese, schreibe am Tagebuch und versuche irgendwie mein Zelt auf engstem Raum zu trocknen.

                                                  Ein Mann kommt vorbei und fragt mir ob ich was brauche. Ihm gehört ein schönes Haus ca. 100m entfernt. Wir plaudern ein wenig, und er bietet mir sogar an Kaffee vorbeizubringen. Er meint die Betreuer der Gite sind viel weg, aber wohnen sogar im ersten Stock derselben, also müssten sie irgendwann kommen. Wenn ein weißer Renault Kangoo auf den Parkplatz fährt, dann sind sie das.

                                                  Er bietet mir sogar an mein Zelt in seinem Garten aufzustellen, aber wir finden dann beide dass es in der Nähe des öffenlichen Wcs praktischer ist.

                                                  Bei Einbruch der Dunkelheit stelle ich mein Zelt auf und bin mittlerweile fast froh dass ich in der Gite niemanden angetroffen habe.

                                                  Irgendwann spät in der Nacht höre ich ein Auto. Es ist ein weisser Renault Kangoo

                                                  15. Tag
                                                  Samstag, 2.3.2019
                                                  Gare de Scrignach – Guerlesquin
                                                  27,3 km (420m im Aufstieg, 340m im Abstieg)

                                                  Heute ist der Weg sehr unspektakulär, immer wieder an Bauernhöfen vorbei. Zusätzlich regenet es, der Boden ist matschig und die Windböen, die sich bis jetzt meist auf die Nachtstunden und den ausgesetzten Kuppen beschränkt hatten werden immer stärker und unangenehmer.







                                                  Meine Stimmung ist schon nicht gerade am Höhepunkt als ich eine unangenehme Situation mit gleich 3 Hofhunden habe. Ich habe dann in der Nacht diesen Thread gepostet:

                                                  https://www.outdoorseiten.net/forum/...light=hofhunde

                                                  Dazu wäre dann wohl nichts mehr zu sagen, nur vielleicht schon vorwegnehmend, dass das sicher eine spezielle Einzelsituation war. Alle anderen Begegnungen waren selbst für mich, der sehr skeptisch, um nicht zu sagen ängstlich in Situationen mit Hunden ist, handelbar.

                                                  Ich erreiche Guerlesquin und gehe mal in den dortigen Supermarkt meinen Proviant aufstocken und Superkleber für die sich auflösenden Nähte meiner Meindl Schuhe zu besorgen (die Schuhe haben maximal 500km auf dem Buckel). Es regnet immer noch und der Himmel wird dunkel.




                                                  Guerlesquin

                                                  Ich gehe noch ins Zentrum und weiß dann nicht so recht weiter. Ist es Müdigkeit oder noch der sinkende Adrenalinspiegel? Mich überfallen urplötzlich und unerwartet Zweifel an meiner Wanderung. Ich frag mich was das soll, warum ich das überhaupt tue. Ich vermisse meine Lebensgefährtin und meine Freunde. Ich vermisse Menschen. Wenn man meinen Reisebericht liest, glaubt man ich hätte immer wieder nette Begegnungen gehabt, was auch stimmt. Nur lagen oft Tage dazwischen. Ich fühle mich ganz einfach einsam und ausgelaugt.

                                                  Ich nehme ein Hotelzimmer, und zwar gleich für zwei Nächte, da am Sonntag kein Bus von hier wegfährt. Ich bin völlig überzeugt davon am Montag die Heimreise anzutreten.

                                                  Nachdem ich vor dem Hotel dann noch 1 ½ Stunden warten muss bis mir die Besitzerin aufsperrt ist meine Laune vollends hin. Ich wälze mich im Bett rum, poste den Hundethread und denke nach. Mir fällt eine Geschichte ein: Letzten Sommer traf ich einen jungen Mann auf der Via Gebennensis – der mit Tarp unterwegs war. In der Nacht haben sich Ameisen über sein Essen hergemacht. Er war erst den 3. Tag unterwegs und wollte aufhören. Ich empfahl ihm noch mindestens 2 Tage zu gehen und wenn er dann immer noch abbrechen wolle, dann weiss er wenigstens dass es keine zu emotionale Entscheidung war.

                                                  Vor ein paar Monaten bekam ich eine Whats App Nachricht aus Porto: Er ist dann noch weiter bis Santiago und weil er noch Lust hatte weiterzugehen runter nach Porto.

                                                  Also entscheide ich mich meinen eigenen Rat zu befolgen. Ich gehe noch weiter und verschiebe den Abbruch vorerst.

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                                                  • adriano
                                                    Gerne im Forum
                                                    • 04.12.2018
                                                    • 59
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                    16. Tag
                                                    Sonntag, 3.3.2019
                                                    Ruhetag in Guerlesquin

                                                    Bis auf einen erneuten Provianteinkauf (Supermärkte haben Sonntag Vormittags meist offen), den ich brauche, weil ich die Hälfte des gekauften verputze, verlasse ich das Hotel nicht. Ich lese und schlafe dabei immer wieder ein.

                                                    17. Tag
                                                    Montag, 4.3.2019
                                                    Guerlesquin – Pont Menou
                                                    26,9km (280m im Aufstieg, 470m im Abstieg)


                                                    Es regnet stark, und obwohl ich nicht gleich auf Anhieb den richtigen Weg aus die Stadt raus finde fühle ich mich erstaunlich frisch und komme gut voran. Es geht wieder vorbei an einigen landwirtschaftlichen Betrieben. Um 15:15 bin ich in Trémél, wobei ich um einiges früher hätte sein können wenn ich nicht eine ungewollte 3km Schlaufe auf dem GR Le Pays de Morlaix (einen Rundwanderweg um die Stadt Morlaix der auch teilweise parallel an von mir benutzten GR Wegen läuft).


                                                    Hier bin ich bei den letzten Ausläfern der Monts d'arree


                                                    Es wird auch immer flacher

                                                    Ich sollte hier vor Tremel eigentlich dem GR34D folgen, aber auf einem Wanderschild ist der GR34D komplett rausgestrichen worden, aber es läuft ein lokaler Wanderweg weiter westlich nach Trémel. Nun wird sich der GR34D auch nicht markiert nicht in Luft aufgelöst haben, ich bevorzuge es aber trotzdem den lokalen zu benutzen. Könnte doch vielfältige Gründe gehabt haben den GR34D hier zu schließen.


                                                    Dank des Umweges finde ich einen neuen Freund


                                                    Die übermalte Markierung des GR34D, dann geh ich halt nach links


                                                    Die Winterschäden auf den GR Wegen im Landesinneren müssen großteils noch beseitigt werden


                                                    Teilweise geht es heute schon am Douron entlang. Auch hier gibt es immer wieder umgefallene Bäume. Hier hats einen mit Markierung erwischt



                                                    Am Abend finde ich lange keinen geeigneten Zeltplatz, bereits im Dunkeln finde ich diesen am Rande einer Obstwiese hinter einer Böschung. Es ist eben und besteht aus Gras und etwas höherem „Unkraut“. Also schnell aufgebaut. Das Unkraut stellt sich als Brennesseln raus, aber die sind die ganze Seite entlang und ich mag nicht weiter gehen. Also heisst es stark bleiben und die 6 Heringe einfach unter Brennen in den Boden stecken.

                                                    Als alles steht fällt mir ein dass ich die Handschuhe griffbereit in den Hosensäcken gehabt hätte...

                                                    Es wird die Nacht wieder regnen und etwas stürmen, ich bin durch die Böschung aber ziemlich geschützt.

                                                    18. Tag
                                                    Dienstag, 5.3.2019
                                                    Pont Menou – Locquémau
                                                    30,3km (400m im Aufstieg/420m im Abstieg)


                                                    Ich folge auf schönen Wegen einem Fluss, dem Douron. Es regnet wieder und der Boden ist extrem rutschig. An einer Stelle an der es zwei Meter auf lehmigem Boden steil runter geht haut es mich dann so richtig auf die Schnauze und ich rutsche den ganzen Hang hinunter. Kurzer check, bis auf einen kleinen Schmerz in der Schulter scheint alles gut zu sein. Nur ein Stock ist leider an der obersten Kante liegengeblieben, und ich komme tatsächlich nicht mehr rauf. Mithilfe eines langen Astes kann ich ihn dann heranziehen.





                                                    Echt gut dass mir da grad niemand zuschaut.

                                                    Kurz darauf hört es mal kurz zu regnen auf und ich kann meine Regensachen am Fluss waschen.

                                                    Bei Plestin-les-Grèves erreiche ich wieder das Meer und damit auch den GR34. Der mich nun bis Mont Saint Michel begleiten wird.






                                                    Wieder am Meer


                                                    Wieder an der Küste entlang


                                                    Römisches Bad bei Plestin, von denen gab es hier scheinbar mehrere.


                                                    Und so funktionierten diese Bäder. Darauf hätte ich jetzt auch Lust


                                                    Bei Trédrez gehe ich in eine Mischung aus Bar/Tabaktrafik/Bistro und genehmige mir mal einen großen Milchkaffee und eine Bruschetta.

                                                    Zu Hause trinke ich eigentlich täglich 3-5 Tassen Kaffee täglich. Seit ich unterwegs bin ist es eher eine Tasse alle drei Tage, und es stört mich überhaupt nicht.

                                                    Ich studiere die Wegführung und sehe einen (geschlossenen) Camping Municipal in Locquemeau. Mich auf solchen für eine Nacht aufzuhalten hat bisher immer sehr gut geklappt, und so auch diesmal. Mehrere Personen sehen mich, aber außer dass sie mir freundlich zunicken passiert gar nichts.

                                                    Die ganze Nacht gibt es starke Sturmböen. Mein Zelt ist zwar recht laut im Wind, und auch das Gestänge verbiegt sich manchmal ziemlich, aber im Großen und Ganzen hält mein 3-Jahreszeiten-Zelt bisher Böen bis 80km/h recht gut aus.

                                                    Eine Anmerkung zum Regen bisher: Es regnet oft, aber nie wirklich lange. Das rechtzeitige Regenklamotten an- und ausziehen ist eine Kunst für sich. Entweder hört es zum Regnen auf sobald ich sie anhabe, oder wieder an sobald ich sie ausziehe. Wenn man dem ein Schnippchen schlagen will und die Regensachen anlässt obwohl es aufgehört hat, wird es so lange wieder nicht anfangen zu regnen bis man dann völlig durchgeschwitzt sich doch entscheidet seine Regenklamotten auszuziehen.
                                                    Zuletzt geändert von adriano; 13.04.2019, 02:48.

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                                                    • vergissminet
                                                      Erfahren
                                                      • 08.06.2009
                                                      • 317
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                      Toller Bericht, wo es beim Lesen exakt gleich warm/kalt/windig/sonnig/regnerisch ist wie auf den Bildern

                                                      Ad Markierungen von Fernwanderwegen: Da ich selbst durch die Tafeln überregionaler Wege zum Weitwandern gekommen bin, sehe ich diese Tafeln als super Mittel, den Weg in seiner ganzen Länge bekannt zu machen. Bei mir war's das Schild des österreichischen Zentralalpenweges, wo darunter Hainburg - Feldkirch (1200 km) gestanden ist. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich in meinem Leben keine Sekunde lang die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass es so lange Wanderwege geben könnte!

                                                      Ad "am ersten Tag Wasser verschüttet": Ich habe voriges Jahr nach der ersten Nacht auf dem E1 den Inhalt meiner Halbliterflasche in den Topf gegossen, um mir einen Frühstückskaffee zu kochen. Als es brodelte, schüttete ich das Instantpulver hinein, das sich jedoch umgehend zu Klumpen verband. Das "Wasser" war, wie sich herausstellte, mein Zirbenschnaps, den ich mir für den Gegenwert eines halben Vermögens selbst ans Nordkapp vorausgeschickt habe. Ein sehr trauriger Moment!

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                                                      • LihofDirk
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                                                        Liebt das Forum
                                                        • 15.02.2011
                                                        • 13729
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                        Talus werden die Wallhecken in Frankreich, die daraus gebildete Kulturlandschaft heisst bocage.


                                                        Danke für den spannenden Bericht. Wann geht es endlich weiter? Ich hasse Cliffhanger

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                                                        • adriano
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                                                          • 04.12.2018
                                                          • 59
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                          @ vergissmi.net: Interessant, dass du das heute mit der Markierung von Fernwanderwegen schreibst, ich habe im nächsten Eintrag eine Begegnung die mich zur selben Erkenntnis kommen lässt.

                                                          @ LihofDirk: Hab mich da im letzten Eintrag ein bisschen missverständlich ausgedrückt damit dass ich jetzt den GR34 wieder erreicht habe und ihm bis zum Mont Saint Michel folge. Das stimmt zwar, sind aber noch ein paar hundert km, es gibt also noch einige Tourentage in dieser Etappe.

                                                          Weiter durch die Normandie geht es dann ab Mitte Mai

                                                          19. Tag
                                                          Mittwoch, 6.3.2019
                                                          Locquémao – Porz Mabo (Trébeurden)
                                                          24km (280m im Aufstieg, 270m im Abstieg)


                                                          Am Morgen finde ich gleich Wasser und frühstücke ordentlich. Ich hab das Gefühl mein Hungergefühl ist generell größer geworden. Deckt sich auch mit früheren Erfahrungen, dass ich die ersten zwei Wochen auf einer längeren Tour eher wenig bis normalen Appetit habe und es dann nach 2-3 Wochen wesentlich mehr wird. Ich vermute mal der Körper konzentriert sich die ersten zwei Wochen auf andere Dinge.

                                                          Heute bekomme ich meine erste Lektion nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“. Der GR34 folgt nämlich dem Leguér (Fluss der in der Bucht von Lannion mündet) für ca. 10km bis in die Stadt Lannion. Dort überquert man eine kleine Brücke. Danach geht es auf der anderen Seite wieder 10km bis zur Bucht von Lannion zurück, nur um zu sehen dass man Luftlinie 1km geschafft hat.








                                                          Pfad an der Bucht von Lannion




                                                          Le Leguer



                                                          Man muss dazu sagen, dass man sehr viel vom Zöllnerpfad abkürzen kann wenn man will. Es gibt viele GR34 Varianten um Halbinseln abzuschneiden, oder aber man weicht auf lokale Wanderwege aus. Wer also weniger Zeit zur Verfügung hat kann mit genauer Planung einiges bewirken.
                                                          Ich habe jedoch keinen Zeitdruck und deshalb beschlossen so viel an der Küste zu bleiben wie vom E5 vorgesehen.

                                                          In Lannion angekommen kauf ich mir im Supermarkt Apfel, Cola, fertigen Couscoussalat und Joghurt, also im Prinzip Sachen die ich wegen dem Gewicht nicht lang mit mir rumschleppen möchte und verspeise alles am Hafen. Danach merke ich, dass ich meine Trekkingstöcke im Supermarkt stehen lassen habe. Das passiert mir auch einmal pro Tour – und damit hoffentlich abgehakt.




                                                          Lannion

                                                          Eine Touriinfo liegt am Weg und ich möchte rein um mir eine Übersichtskarte des Departements Cotes d'Armor zu holen. Seit St. Plestin bin ich nämlich in meinem zweiten Departement nach Finstére. Von Finistére hatte ich in einer Gite eine schöne Übersichtskarte bekommen, und so was möchte ich jetzt für jedes Department durch welches ich gehe als Erinnerung.

                                                          In der Touriifo arbeitet Rolf – ein Holländer. Der netteste Touristeninformationsbüromitarbeiter den ich je kennen gelernt habe. Er zeigt sich interessiert für meine Unternehmung, versorgt mich noch mit Zusatzinfos zu der cote de granit rose an die ich bald gelangen werde und plaudert mit mir einfach ein wenig. Dann checked er mir für morgen abend noch eine Gite auf der Ile Grande.

                                                          Als ich dann wieder auf der Nordseite des Leguér Richtung Bucht von Lannion gehe habe ich eine zweite schöne Begegnung. Eine Frau fragt mich wo meine Wanderung startete und ich sage Pointe du Raz (ich bin ja eigentlich viel früher gestartet, aber Pointe du Raz als Ausgangspunkt des E5 ist einfacher zu erklären). Daraufhin fragt sie ob ich etwa den E5 gehe.

                                                          Sie erzählt mir dann sie sei den kompletten E5 2004 gelaufen. Und schon damals bis Venedig (dass Teilstück zwischen Verona und Venedig gab es damals noch gar nicht). Wir haben dann noch etwas über die nicht vorhandene Kennzeichnung geredet, und sie meinte früher gab es in unregelmäßigen Abständen Tafeln mit der Beschriftung E5 Venise- Pointe du Raz. Sie hat bei einem Tagesausflug so ein Schild entdeckt, und dies hat in ihr den Wunsch geweckt diese Langstreckenwanderung anzugehen. Aber mittlerweile seien wohl so gut wie alle diese Schilder über die Jahre verschwunden.

                                                          Das beantwortet auch die Frage die ich mir am Startpunkt des E5 gestellt habe, nämlich ob eine Markierung nötig ist. Nötig ist sie nicht, aber sie wäre wichtig als Inspiration. Wichtig um den Weg bekannt zu machen. Und um ein wenig pathetisch zu klingen: Kleinigkeiten wie ein paar Schilder an europäischen Fernwanderwegen anzubringen helfen der europäischen Idee und der europäischen Identität.

                                                          Es muss ja nicht jede Kurve markiert sein, aber ein paar Hinweistafeln entlang des gesamten Weges und ein Start/Ende Monument so ähnlich wie es die US-Trails haben wäre schon was schönes.

                                                          Die Begegnung mit Rolf und der Wanderin bauen mich ungemein auf und geben mir einen neuen Motivationsschub. Mein Tief von vor drei Tagen liegt schon in weiter Ferne und ich bin froh am Ball geblieben zu sein.

                                                          Um 18:00 Uhr erreiche ich Porz Mabo (Ortsteil von Trebeurden). Die Campingplätze haben geschlossen, öffentlichen gibt es keinen. Es gibt aber einen Parkplatz mit öffentlicher Toilette. Dort bau ich mein Zelt auf und schlafe mit dem gewohnten prasseln des Regens auf selbiges ein.
                                                          Tagsüber hat es nur ein paar mal kurz geschauert, die Nacht wird es aber wieder durchregnen und leicht stürmen.


                                                          20.Tag
                                                          Donnerstag, 7.3.2019
                                                          Porz Mabo – Ile Grande
                                                          16 km (140m im Anstieg, 160m im Abstieg)


                                                          Ich bin gestern weiter gekommen als erwartet, und so wird es heute ein sehr kurzer Tag.

                                                          Es geht entlang der Küste von Treubeurden, und obwohl sehr besiedelt gibt es schöne Wege, Ausblicke und Felsformationen














                                                          Ich erreiche tatsächlich schon um 12:00 Uhr die Ile Grande. Die Gite liegt am Anfang der Insel, welche über eine kleine Brücke erreichbar ist. Da der GR34 die Insel auch umrundet, mache ich dies gleich heute und besuche auch eine Allée couverte (im Prinzip ein Dolmengang). Ich habs noch nicht wirklich erwähnt, aber die ganze Bretagne ist voll von tausende Jahre alten Megalithanlagen (Allées couvertes, Steinreihen, Cromlechs, Steinkreisen etc.




                                                          Allée couverte


                                                          Fontaine auf der Ile Grande. Wenn man in den IGN Karten eine Fontaine eingetragen sieht, sollte man nicht davon ausgehen dass es eine Quelle oder ein Brunnen mit Trinkwasser ist. Meist ist es so ein grüner Schlotz. Ich weiss nicht ob man das gefiltert trinken könnte, schaut aber im normalfall recht ekelig aus

                                                          Ich gehe noch in die Inselbar auf einen Kaffee und checke dann ein.

                                                          Dann folgt das übliche: Wäsche waschen, kochen, lesen, schreiben.

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                                                            • 05.08.2005
                                                            • 10870
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                                                            #30
                                                            AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                            Bei mir war es keine Infotafel, sondern die kleinen Markierungschilder/Aufkleber des Eifelvereins zum E8 (nutzt den linksrheinischen Rheinhöhenweg). Die markieren den E8 zwar nicht durchgängig, doch es hat damals gereicht, mich neugierig zu machen. Obwohl der E8 keine 5 Kilometer Luftlinie hinter dem Haus verläuft, waren mir Europäische Fernwanderwege in den ersten Wanderjahren nicht bekannt. Das war noch vor dem Internet. Infos über diesen E-Weg gab es fast keine, allerdings über den E1. Arthur Krauses Buch "E1 Nordsee-Bodensee-Gotthard" hat dann endgültig den Stein ins Rollen gebracht.
                                                            .

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                                                            • Kaitek
                                                              Neu im Forum
                                                              • 16.12.2017
                                                              • 2
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                              Vielen Dank, ein schön zu lesender, harmonischer Wanderbericht.. An der Küste sind wir mehrmals Wanderern des GR 34 begegnet und schon damals verspürte ich den Wunsch, das Fahrrad mal ein paar Tage stehen zu lassen um den Rucksack zu schultern. Schön auch zu lesen, dass das praktisch zu jeder Jahreszeit möglich ist. Freue mich auf die nächsten Berichte, Gatzek.

                                                              - - - Aktualisiert - - -

                                                              Vielen Dank, ein schön zu lesender, harmonischer Wanderbericht.. An der Küste sind wir mehrmals Wanderern des GR 34 begegnet und schon damals verspürte ich den Wunsch, das Fahrrad mal ein paar Tage stehen zu lassen um den Rucksack zu schultern. Schön auch zu lesen, dass das praktisch zu jeder Jahreszeit möglich ist. Freue mich auf die nächsten Berichte, Gatzek.

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                                                              • adriano
                                                                Gerne im Forum
                                                                • 04.12.2018
                                                                • 59
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                Vielen Dank für die Feedbacks! Weiter gehts mit dem


                                                                21. Tag
                                                                Freitag, 8.3.2019
                                                                Ile Grande – Ploumanac'h
                                                                29,5km (150m im Aufstieg, 150m im Abstieg)


                                                                Nach der Ile Grande macht der GR34 eine relativ Große Schleife ins Landesinnere um die stark befahrene Küstenstraße zu umgehen. Zum Teil recht nett, am Anfang geht es sogar auf einem kleinen Damm durch Sumpfgebiet.


                                                                Am rechten Bildrand im Hintergrund ein Eck der Ile Grande vom Festland aus, bei Ebbe


                                                                Brücke auf die Ile Grande


                                                                Im Landesinneren nach der Ile Grande


                                                                Menhir de Saint Uzec. Er soll zwischen zwischen 4000 und 5000 Jahre alte sein, und wurde im 17. Jhd. christianisiert

                                                                Wieder am Meer weiss ich nicht so genau was ich vom Weg halten soll. Die Aussicht aufs Meer sowie die Granitformationen sind wirklich sehr schön anzuschauen. Auf der anderen Seite ist die Gegend extrem erschlossen, und der Weg ist eigentlich eine Art durchgehende Promenade.


                                                                Man sieht auch immer wieder Reiter am Strand

                                                                Hier ein paar Felsformationen. Ich finde man kann da fast schon Skulpturen reininterpretieren:













                                                                Zum Teil gibt es sogar Beschilderungen die einem den Einsatz von Trekkingstöcken untersagt.

                                                                Am Abend finde ich einen schönen großen Parkplatz am Meer und stell mich ganz am Rand davon neben Fahrradabstellplätzen auf.



                                                                Es wird kurz spannend als um 1:30 ein Auto ein paar Meter neben meinem Zelt hält und ziemlich lauter französischer Hip-Hop mich im Zelt mitschunkeln lässt. Nach 10 Minuten ist der Spuk vorbei. Es ist Freitag und ich vermute da wurde entweder vor oder nach einem Clubbesuch einfach mal einer schön am Meer durchgezogen.


                                                                22. Tag
                                                                Samstag 9.3.2019
                                                                Ploumanac'h – Buguélès
                                                                26,2km (280m im Aufstieg/ 290m im Abstieg)


                                                                An der Charakteristik des Weges ändert sich heute nicht viel. Schöne Ausblicke, schöne Küste aber halt auch sehr stark be- und zersiedelt.


                                                                Perros-Guirec










                                                                Schöne Wandmalerei der Peche a Pied

                                                                Von der Gegend um die Maison du Littoral bei Perros-Guirec habe ich wegen Regens leider keine Fotos, dort gibt es auch direkt am Küstenabschnitt sehr skurrile Felsformationen, aber ich habe hier einen link:

                                                                http://ville.perros-guirec.com/ma-vi...-littoral.html

                                                                Unter „Cirquit „rochers remarquables“ findet man einige Bilder.

                                                                Auch hier wird, wie bisher an vielen sensiblen Stellen entlang der Küste, mit ganz niedrigen Abgrenzungen versucht die Fussgängerströme zu lenken. Am Weg gab es Vergleichsbilder von 1994, damit man sieht wie fruchtbar diese Aktion war. Ich habe diese auch im Netz gefunden. Beeindruckend wie sich die Natur erholen kann wenn man sie lässt bzw ein klein wenig hilft.

                                                                http://ville.perros-guirec.com/filea...NALISATION.pdf

                                                                Aber wie erwähnt, die Region ist sehr touristisch, Perros-Guirec hat z.b. 7212 Einwohner aber eine Bettenkapazität von 30.000. Zur Hauptsaison wird’s hier ordentlich rund gehen.

                                                                Endlich ist es auch so weit. Ich finde nach 18 Tagen auf dem E5 den ersten Hinweis:



                                                                Am Abend bin ich am Camping Municipal Buguéles und stell mich dort wieder einfach auf. Ich lese etwas und schlafe bald ein. Um 22:30 Uhr dann ein ohrenbetäubender Alarm. Ich brauche ein paar Sekunden um zu checken dass ich nicht träume und mein erster Instinkt sagt mir ich hätte eine Alarmanlage ausgelöst und bin jetzt sicher wegen Hausfriedensbruch dran. Beim Aufziehen des Reißverschlusses meines Zeltes schneide ich mir noch meinen Quilt auf. Draußen merke ich dass der Alarm von einem öffentlichen Defibrilatorkästchen kommt und das Türchen etwas offen steht. Ich drücke es zu und der Alarm hört auf. Es war wirklich extrem laut und im Umkreis vom 100m stehen 3 bewohnte Häuser.

                                                                Ich lege mich ins Zelt und warte auf Rettung oder Polizei, aber nichts kommt. Scheint wohl mit keiner Zentrale verbunden gewesen zu sein. Jetzt habe ich drei Theorien. Es war entweder der Wind, ein Tier oder jemand hat mir einen Streich gespielt. Ich tendiere zu letzterem. Ich sollte mich beim Zelten vielleicht doch etwas mehr verstecken.
                                                                Zuletzt geändert von adriano; 14.04.2019, 10:41.

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                                                                • adriano
                                                                  Gerne im Forum
                                                                  • 04.12.2018
                                                                  • 59
                                                                  • Privat


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                                                                  AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                  23. Tag
                                                                  Sonntag, 10.3.2019
                                                                  Buguélès – Chapelle Saint Votrom
                                                                  32km (290m im Aufstieg, 260m im Abstieg)


                                                                  Heute wird der Pfad wieder schmäler und wilder, die Besiedlungsdichte nimmt rapide ab und mir taugt es so richtig gut. Total schön fand ich die Gegend um Castel Meur bzw die Gemeinde Plougrescant. Plougrescant liegt auf einer Halbinsel die man theoretisch zwar abkürzen könnte, wobei man dann aber viel Schönes verpassen würde, z.b. das wohl am meisten fotografierte Haus der Bretagne: La Maison du Gouffre.


                                                                  La Maisson du Gouffre















                                                                  Nach der Halbinsel gilt es wieder einen großen Umweg in Kauf zu nehmen, nämlich wieder mal entlang eines Flusses (Jaudy) weit ins Landesinnere zu wandern, dort dann den Zufluss Le Guindy und eben den Jaudy bei der Stadt Treguir zu überqueren und dann am anderen Flussufer wieder zurück ans Meer zu gehen.


                                                                  Brücke über den Le Guindy

                                                                  Der Weg ist auch ziemlich anspruchsvoll. Es gibt eine Ebbevariante die direkt im Flussbett verläuft, und eine Flutvariante, die auf einer Anhöhe oberhalb des Flusses verläuft. Es ist zwar Ebbe, aber der Weg dafür extrem rutschig über Steinbrocken und Algen

                                                                  Am Rückweg zum Meer gäbe es auch wieder ein paar mal die Option im Flussbett zu gehen, diese lasse ich aber aus, und so geht es fast ausschließlich auf Güterwegen zurück. Noch vor erreichen des Meeres fang ich an einen Zeltplatz zu suchen, was aber sehr schwierig ist, da hier wirklich ein Gehöft nach dem nächsten kommt, und ich eigentlich auch nicht in ihren Äckern – vornehmlich Blumenkohl - mein Zelt aufschlagen will.

                                                                  Schon im dunkeln komme ich an die Chapelle Saint Votrom. Es gibt eine ziemlich große von Wallhecken eingegrenzte Wiese vor der Kapelle. Dort stelle ich mein Zelt auf. Leider ist der Platz noch schräger als ich zuerst bemerkt hatte. So versuche ich mich die ganze Nacht geckohaft am Zeltboden anzupressen um nicht permanent den Hang runter zu rutschen.

                                                                  24. Tag
                                                                  Montag, 11.3.2019
                                                                  Chapelle Saint Votrom – Lanmodez
                                                                  21,4 km (140m im Aufstieg, 130m im Abstieg)



                                                                  Guten Morgen

                                                                  Ich habe letzte Nacht sehr schlecht geschlafen, zum einen weil mein Zelt so schief stand, zum anderen weil es sehr stark gestürmt hat. Um 7:30 Uhr geht es etwas unausgeschlafen also weiter.

                                                                  Auf Güterwegen geht es zurück zum Meer, dort besuche ich ein paar hundert Meter ab vom Weg wieder eine Allee couverte.


                                                                  Wieder am Meer


                                                                  Sehr viel Blumenkohl wird hier angebaut


                                                                  Allee couverte

                                                                  Am Meer geht es wieder auf Pfaden weiter. Der Wind hat mittlerweile die Wolken verweht, und ich habe sehr schöne Ausblicke auf das Meer mit starkem Wellengang. Das Meer hier schaut sowieso zu jeder Tageszeit anders aus, da der Unterschied zwischen Ebbe und Flut ganze 12 m beträgt.










                                                                  Algensammler

                                                                  Ich finde eine Beschilderung zu einem Rando Accueil in Lanmodez. Etwas im Landesinneren nach der Umrundung der Halbinsel bei der Gemeinde Pleubian. Ich überblicke auch den Silon de Talbert, eine 3km lange Landzunge aus Kieseln und Sand die durch die starken Strömungen im Ärmelkanal entstanden ist. Von meiner Perspektive aus hab ich nicht wirklich gute Fotos gemacht.


                                                                  Silon de Talbert (der schmale Sandstreifen am Horizont)

                                                                  Aber wer Zeit hat sollte sich Fotos im Netz aus der Vogelperspektive anschauen. Wirklich schön.

                                                                  Um 15:00 Uhr bin ich bei der Gite, welche ich wieder für mich allein habe. Leider wird das in googlemaps angezeigte Lebensmittelgeschäft/Bar zum Verkauf feilgeboten und ist geschlossen, und da ich nichts mehr zu essen habe, gibt es heute nur Nudel mit Salz welche ich in der Gite finde.

                                                                  Kommentar


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                                                                    Freak

                                                                    Liebt das Forum
                                                                    • 15.02.2011
                                                                    • 13729
                                                                    • Privat


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                                                                    AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                    Zitat von adriano Beitrag anzeigen
                                                                    Cooles Bild. Ich liebe diese Tunnelwege.

                                                                    Kommentar


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                                                                      Gerne im Forum
                                                                      • 04.12.2018
                                                                      • 59
                                                                      • Privat


                                                                      #35
                                                                      AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                      Zitat von LihofDirk Beitrag anzeigen
                                                                      Cooles Bild. Ich liebe diese Tunnelwege.
                                                                      Ich auch, Tipp für zukünftige E5/GR34 Wanderer: Zelt und alles andere was keine Löcher bekommen soll unbedingt im Rucksack und nicht am Rucksack angebracht packen, ansonsten könnte es im Zelt ganz schön zugig und nass werden. Die meisten hohen Gebüsche an den Wegen, welche oft sehr weit in den Pfad reinragen, haben Dornen und würden auf Dauer ziemlichen Schaden verursachen.

                                                                      25. Tag
                                                                      Dienstag, 12.3.2019
                                                                      Lanmodez – Loguivy de la Mer
                                                                      22,1 km (250m im Aufstieg, 280m im Abstieg)


                                                                      Ich habe so tief geschlafen, dass ich beim Aufwachen im Ersten Moment nicht mal begreife wo ich bin und warum ich nicht in Wien in meinem Bett liege. Zum Frühstück gibt’s Porridge aus den letzten paar Haferflocken und starte alsbald in den (Wander)Tag.

                                                                      Wieder gilt es einem Fluss (Le Trieux) weit ins Landesinnere zu folgen. In Lézardrieux kann ich meine Vorräte aufstocken und mir in einer Boulangerie ein frisches Baguette und ein Croissant besorgen. Vor der Kirche gibt es einen Garten mit Bänken, wo ich dann gemütlich mein Mittagessen verzehre. Nach der Pause geht es im Süden des Städtchens über die Brücke und dann an der Ostseite des Flusses wieder nach Norden zum Meer. Auf dieser Flussseite überrascht mich der Weg mit schönen Pfaden und teilweise recht steilen Auf- und Abstiegen.




                                                                      Letardrieux


                                                                      Kirche von Lezardrieux


                                                                      Brücke über den Trieux

                                                                      Plötzlich beginnt ein Regenschauer begleitet von sehr heftigen Windböen. Ich schlüpf schnell in die Regenklamotten und schau das ich weiterkomme. Ich bin nämlich ausgerechnet jetzt relativ weit Weg von den nächsten Häusern und kann mich nirgends unterstellen. Vor allem der Wind macht mir Sorgen und tatsächlich höre ich bald ein knacken und 3m vor mir kracht ein dicker Ast runter.

                                                                      Ich achte jetzt sehr auf Knackgeräusche ober mir und gehe weiter. Es ist diesmal kein kurzer Schauer wie üblich, sondern regnet und stürmt die nächste Stunde in ziemlich gleichbleibender Intensität. Gut dass ich nach 30 Minuten an einer Hütte eines Fischervereins vorbeikomme, bei der ich mich wenigstens unter das Vordach stellen kann. Nach weiteren 30 Minuten ist der Spuk vorbei und der Wind hat sich ebenfalls gelegt.

                                                                      Beim weitergehen komme ich dann tatsächlich an zwei frisch entwurzelten Bäumen vorbei die direkt auf den Weg gefallen sind. Ich glaub das war nicht ganz ohne. Danach geht es wieder am Meer weiter bis Loguivy de la Mer








                                                                      In Loguivy de la Mer angekommen gibt es nur mehr an und ab Sprühregen. Ich gehe zum etwas außerhalb des Ortes liegenden (wie überall bisher um diese Jahreszeit geschlossenen) Camping Municipal, und mache es mir dort schon um 18:00 Uhr in meinem Zelt gemütlich.

                                                                      Ich bin sehr froh meinen Tolino mitgenommen zu haben.


                                                                      26. Tag
                                                                      Mittwoch, 13.3.2019
                                                                      Loguivy de la Mer – Pointe de Bilfot
                                                                      24,5km (330m im Aufstieg, 290m im Abstieg)


                                                                      Der Tag vergeht heute fast wie in Trance. Ich bin so mit allerlei Gedankenspielen beschäftigt, dass ich mich am Abend beim Schreiben meines Tagebuchs kaum noch an Details des Weges erinnern kann.

                                                                      Was ich weiss ist, dass ich Mittags in Paimpol bin und dort eine Pause einlege; obwohl ich für drei Tage Proviant im Rucksack habe, kaufe ich mir im Supermarkt Couscoussalat, Joghurt und Äpfel und esse es gleich an Ort und Stelle.








                                                                      Paimpol

                                                                      Am Nachmittag geh ich einfach gedankenverloren weiter bis mir das Wasser ausgeht. Beim Port Lazo komme ich zu einer öffentlichen Toilette mit Trinkwasser. Dort esse ich was und beobachte die Arbeiten an einer Austernzucht. Traktoren und so bereifte Boote wie ich sie bei jeder Austernzucht antreffe machen sich gerade aus dem Staub, oder besser gesagt aus dem Meer da die Flut naht. Diese Austernzuchtgebiete schauen recht beeindruckend aus.










                                                                      Als es Zeit einen Zeltplatz zu suchen komme ich kurz vor der Pointe de Bilfot zu einem Privatwald in dem eine Skulpturenausstellung ist. Ich vermute mal dem Künstler selbst gehört das Grundstück. Ich gehe durch den Skulpturenwald und bin recht beeindruckt. Dort wo der GR34 auf den Park trifft gibt es auch einen großen Parkplatz. Da niemand da ist befinde ich die Stelle als geeignet und stelle hier mein Zelt auf und werde richtig gut schlafen.


                                                                      Blick vom Pointe de Bilfot


                                                                      Ein paar Bilder aus dem Skulpturenwald




                                                                      Kommentar


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                                                                        Gerne im Forum
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                                                                        • 59
                                                                        • Privat


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                                                                        AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                        27. Tag
                                                                        Donnerstag, 14.03.2019
                                                                        Pointe de la Bilfot – Saint Quay Portrieux
                                                                        26,7km (430m im Aufstieg, 460 m Abstieg)


                                                                        Mir geht es gut und ich fühle mich frisch, dennoch möchte ich morgen einen Ruhetag einlegen. Zudem ist morgen viel Regen angesagt, und ab übermorgen dafür wieder eine kleine Wetterbesserung.

                                                                        Heute ist das Wetter wieder mal sehr schlecht. Viel Regen und und kalter Wand begleiten mich.


                                                                        Menhir in der Nähe des Pointe de Bilfot

                                                                        Am Vormittag treffe ich tatsächlich einen GR34 Wanderer der mir aus der Gegenrichtung entgegen kommt. Wir unterhalten uns ein wenig. Ich finde es sehr schade dass wir nicht in die selbe Richtung gehen. Ich merke nämlich wie mir ein wenig Gesellschaft fehlt. Ich hätte nichts dagegen mal ein paar Tagen mit jemandem in die selbe Richtung zu gehen und etwas mehr zu quatschen.

                                                                        Der Weg is wunderschön. fast ausschließlich Küstenpfaden entlang mit sehr vielen Auf- und Abstiegen. Es läuft aber gut, meine Muskulatur schein sich etwas aufs wandern eingestellt zu haben, und ich laufe ein für meine Verhältnisse recht zügiges Tempo.




                                                                        Hinten in der Mitte im sieht man den Pfad in einer typischen kurzen und knackigen Steigung, von denen mich heute mehrere erwarten


                                                                        Perspektivisch nicht gut erkennbar, aber auch hier geht der Pfad richtig steil nach oben

                                                                        Am Nachmittag finde ich in einem sehr kleinen Hafen überraschenderweise eine offene Bar. Da es wieder stärker regenet trinke ich dort zwei große Cafe au Lait und mache mal etwas länger Pause


                                                                        Hier ist noch geschlossen, aber am gleichen Strand finde ich noch eine schöne Bar


                                                                        Einer der zahlreichen Aussichtspunkte am Weg




                                                                        Ich reserviere ein Ein-Zimmer-Studio für zwei Nächte in Saint-Quay-Portrieux

                                                                        28. Tag
                                                                        Freitag, 15.03.2019
                                                                        Saint Quay Portrieux
                                                                        Ruhetag


                                                                        De Wochenmarkt ist in der Stadt. Ich mache eine kleine Runde, kaufe ein. Der Rest des Tages wird mit kochen, essen, lesen und schlafen verbracht.
                                                                        Zuletzt geändert von adriano; 20.04.2019, 03:47.

                                                                        Kommentar


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                                                                          • 59
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                                                                          AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                          29. Tag
                                                                          Samstag, 16.03.2019
                                                                          Saint Quay Portrieux – Plage de Valais
                                                                          30,7 km (430m im Aufstieg, 460m im Abstieg)


                                                                          Ausgeruht geht es heute weiter. Das Wetter ist wie vorausgesagt gut. Um 10.00 Uhr bin ich in Etables sur mer, und um 11.45 Uhr in Binic. Der Küstenpfad schlängelt sich wunderschön dahin und die stetigen Auf und Abs bringen angenehme Abwechslung.


                                                                          Saint-Quay-Portrieux













                                                                          So geht es dahin bis zum Fluss Le Gouet, dem man dann für ca. 1.5km ins Landesinnere folgt. Dort geht es über eine Brücke. Nach Westen weiter ins Landesinnere könnte man jetzt nach Saint-Brieuc gehen (wir befinden uns an der Stadtgrenze). Saint Brieuc ist eine der größeren Städte am Weg mit schöner Altstadt aus alten Fachwerkhäusern und Kathedrale, wäre also sicher einen Abstecher bzw einen Ruhetag wert. Den hatte ich jedoch schon, also gehe ich weiter nach Osten zurück zum Meer.

                                                                          Die Wanderung ist hier eher ein sehr urbanes Erlebnis, zuerst vorbei an Wohnhäusern, danach an jeder Menge Industrie, und wieder am Meer angekommen an diversen kleinen Siedlungen am Strand vorbei, die mich sehr an Kleingartensiedlungen in Österreich erinnern.

                                                                          Es ist gar nicht leicht einen Zeltplatz zu finden, aber oberhalb der Plage du Valais finde ich dann eine geeignete Wiese.


                                                                          30. Tag
                                                                          Sonntag 17.03.2019
                                                                          Plage de Valais – L'Ermont d'en bas
                                                                          22,8km (210m im Aufstieg, 210m im Abstieg)






                                                                          Tatsächlich finde ich heute wiede Hinweise auf den E5, aber ich kann schon vorwegnehmen, es werden die letzten auf dieser Tour sein.





                                                                          Um 9.00 Uhr bin ich bei der Baie de St. Brieuc (Naturreservat). Ich finde sie sehr beeindruckend. Es ist gerade Ebbe, und besonders an der westlichen Seite der Bucht, auf der ich mich Anfangs befinde, ist sehr viel Meeresgrund freigelegt. Sehr oft sehe ich auch Salzwiesen.

                                                                          Die Strecke entlang der Baie scheint die bevorzugte Joggingroute der Menschen aus der näheren Umgebung zu sein. Links und rechts wird an mir vorbeigeflitzt. Ist natürlich auch dem Sonntag geschuldet, aber hier geht’s wirklich rund.

                                                                          Ich lahme ein bisschen und brauche immer wieder Pausen. Irgendwie zieht ein Bein von der Hüfte abwärts bis in die Zehen. Ich glaub ich hab einen Nerv beim Schlafen beleidigt.


                                                                          Regenfreies Fenster zum Zelt trocknen zu finden gehört zu meiner täglichen Routine

                                                                          Sonnenschein und Schauer wechseln sich minütlich ab. Und der Spruch, dass man in der Bretagne alle Jahreszeiten an einem Tag erleben kann trifft heute zu.

                                                                          Am Nachmittag geht es vom Ort Yffiniac am südlichsten Punkt der Baie wieder nach Norden zur Pointe du Grouin und Pointe des Guettes. Am späteren Nachmittag erreiche ich den Fluss le Gouessant und folge diesem wieder ca. 2km ins Landesinnere. Der Weg ist überraschend anspruchsvoll und geht am Rande eines Tals entlang auf teils steilen Pfaden. Es ist auch sehr glitschig.


                                                                          Küste bei Hillion






                                                                          Weg entlang am Goussant, am rechten Ufer auf der Kammhöhe geht es dann wieder zurück

                                                                          Wieder zurück am Meer finde ich einen schönen Zeltplatz am Rande eines riesigen, aber um diese Jahreszeit völlig leeren Parkplatzes.


                                                                          Bouleanlage am Ende des Parkplatzes. Dass hier ja niemand auf die Idee kommt normales Boule oder gar Boccia zu spielen. Sollte schon Boule Bretonne sein

                                                                          Kommentar


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                                                                            Gerne im Forum
                                                                            • 04.12.2018
                                                                            • 59
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                            31. Tag
                                                                            Montag, 18.03.2019
                                                                            L'Ermont d'en bas – Erquy
                                                                            29,5km (360m im Aufstieg, 320m im Abstieg)


                                                                            Das gibt’s doch nicht. Heute habe ich im Zeltso gut geschlafen, dass ich tatsächlich verschlafen habe. Normalerweise wache ich alleine vor dem Wecker auf (den stelle ich ca. zu Sonnenaufgang). Heut drück ich die Alarmfunktion einfach weg und schlafe noch eine gute halbe Stunde weiter.

                                                                            Mit eingespielten Handgriffen wird dann alles abgebaut und in in meinem Rucksack verstaut. Ich komme recht gut voran und bin um 12:00 Uhr in Dahouet.


                                                                            Chapelle St. Maurice








                                                                            Dahouet





                                                                            Es beginnt zu regnen und wird auch kälter als üblich. Eine kurze Recherche ergibt, dass es eine Gite in Erquy 2km abseits vom Weg gibt. Laut Netz ist der Empfang immer von 16.00-18.00 Uhr besetzt, also gebe ich Vollgas um nach kurz nach 16.00 Uhr schon bei der Gite zu sein. So sollte ich so viel Zeit wie möglich ein einem warmen und trockenem Zimmer haben.

                                                                            Die Rechnung habe ich jedoch ohne dem Wirten gemacht. Und diese Lektion wird jetzt wohl hoffentlich meine Letzte sein, nachdem ich bei Scrigac schon or veschlossener Gite stand: In Frankreich ist sehr empfehlenswert immer in Unterkünften vorher anzurufen um sich unnötigen Stress zu ersparen.
                                                                            In der Gite hängt ein Zettel: „Aus familiären Gründen ist die Gite nicht besetzt, bitte hinterlassen sie eine Nachricht unter der Nummer xyz“ Ich rufe an und eine Dame erklärt mir, dass sie die Gite erst um 19:00 Uhr aufsperren kann.

                                                                            An diesem Punkt einfach weiter zu gehen und mir einen Zeltplatz zu suchen. Aber scheinbar hat das Wetter mein Gehirn ebenfalls ein wenig vernebelt und ich entscheide mich tatsächlich zu warten. Das ist deshalb ein Blödsinn weil die Warterei unangenehm kalt ist und ich dann auch nicht mehr viel vom Luxus eines eigenen Zimmers habe.

                                                                            Um 18:00 Uhr kommt dann eine Nachricht per Whats App dass mir die Gite doch nicht aufgesperrt wird, und ich mich doch um eine andere Unterkunft kümmern soll.

                                                                            Super...

                                                                            Ich finde nichts unter 80€ die Nacht und schreibe zurück dass ich mich zur Not mit dem Zelt auf die Wiese vor die Gite stellen könnte. Das scheint wohl was zu triggern, denn auf einmal ist es doch wieder möglich in der Gite zu schlafen, welche mir um 19:30 aufgesperrt wird.

                                                                            Sehr super hab ich das alles gemacht.

                                                                            In neuer FKT (fastest known time) wird geduscht, Wäsche gewaschen, gekocht und gegessen.

                                                                            32. Tag
                                                                            Dienstag, 19.03.2019
                                                                            Erquy – Pléhérel
                                                                            22,2km (220m im Aufstieg, 230m im Abstieg)


                                                                            Das nächste Ungeschick. Ich gehe nach dem auschecken ins 2 km entferte Carrefour in meeresnähe, kaufe Proviant ein und bemerke, dass ich den Zimmerschlüssel noch immer bei mir habe. Das Handy war auf Flugmodus, als ich es in Normalbetrieb schalte erwarten mich schon ein paar Nachrichten die sich über den Verbleib des Schlüssels erkundigen.

                                                                            Schließlich kommen wir überein, dass ich den Schlüssel im Supermarkt hinterlegen kann.

                                                                            Das Wetter ist heute mal gut und der Weg zum und am Cap Erquy ist traumhaft schön.











                                                                            Der Weg nach Sables-d'Or-les-Pins ist nicht ganz so attraktiv, aber ich hab mir vor zwei Wochen angewöhnt an eher mäßig interessanten Teilabschnitten Musik zu hören. Die ersten 14 Tage der Wanderung kam ich total ohne aus, aber mittlerweile bin ich sehr froh mir meinen kleinen mp3 Player mitgenommen zu haben.













                                                                            Der Weg wird wieder schöner und zwei km vor dem Cap Fréhel finde ich nach der Ortschaft Pléhérel einen sehr großen geschlossenen Camping municipal. Er ist in einem kleinen Wald und zieht sich bis zum Strand. Würde man nicht die Strom- und Wasseranschlüsse an den Stellpletzen sehen, würde man teilweise gar nicht erkennen, dass man grad auf einem Campingplatz ist. Hier ist ein idealer Platz für die Nacht schnell gefunden.

                                                                            Kommentar


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                                                                              Gerne im Forum
                                                                              • 04.12.2018
                                                                              • 59
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                              33. Tag
                                                                              Mittwoch, 20.03.2019
                                                                              Pléhérel – Pointe Saint Efficace
                                                                              26,9km (280m im Aufstieg, 270m im Abstieg)


                                                                              Ich wache frisch und erholt auf und mache mich auf den Weg zum Cap Fréhel. Wunderschön ist es hier und ich werde auf dem Weg teils von Propellerbetriebenen Paragleitern begleitet. Direkt am Cap frühstücke ich mit traumhaftem Blick aufs Meer. Danach geht es weiter bis zum Fort la Latte. Bis zum Port Nieux ist es wahrscheinlich einer der schönsten Teilabschnitte auf dem GR34.








                                                                              Der Frühling kommt








                                                                              Ich stelle mich neben Ornithologen mit ihren Riesenobjektiven und knipse mal einfach schnell mit meiner Kompaktkamera




                                                                              Fort La Latte

                                                                              Das ändert sich schlagartig mit einem nicht allzu schönen Straßenhatscher. Ich habe schon seit Stunden kein Wasser mehr und verlasse den Weg Richtung Plébouelle. Trinkwasser gibt es hier an der Kirche bzw dem Rathaus nicht. Obwohl das Dorf sehr klein ist und fast verlassen wirkt gibt es eine richtig skurrile kleine Kneipe. Hier trink ich mal was und kann meine Wasserflaschen auffüllen.


                                                                              Auch durch sowas muss man als Weitwanderer durch.



                                                                              Anschließend geht’s wieder zurück ans Meer. Kurz nach Pointe Saint Efficace komme ich in eine ungewohnte Situation. Der Weg führt an einer Bucht einfach ins Meer, bzw auf einen kleinen Steinstreifen direkt am Meer. Dazu müsste ich runtersteigen und hätte an meiner Rechten eine ca. 3m hohe Klippe und gleich zur linken das Meer. Zusätzlich sieht man nicht um eine Ecke nach ca. 25m wie es dahinter weitergeht.

                                                                              Ich beschließe mich bis dorthin vorzutasten, und wenn es nicht weitergehen sollte einfach umzukehren und auf Straßen die Bucht zu umgehen.

                                                                              Beim runtersteigen ans Meer ruft mich ein Mann der gerade mit dem Auto zur Bucht gefahren ist. Ich steig wieder rauf zu ihm und er warnt mich recht eindrücklich davor hier zu gehen, da die Flut noch höher steigt und der Weg dann tatsächlich weit unter Wasser liegt.

                                                                              Wenn man bedenkt, dass ich heute nur eine handvoll Leute angetroffen habe (den Wirten in Plébouelle, die Paragleiter und ein paar Ornithologen beim Cap Fréhel) bin ich sehr glücklich darüber, dass diese Begegnung genau im richtigen Moment stattfand. Ich gehe die Straße entlang und tatsächlich ist die Bucht 15 Minuten später voller Wasser. Ich hätte es vielleicht noch grad so durchgeschafft, aber so ists mir schon lieber.

                                                                              Etwas verwundert bin ich, dass es hier keine markierte Flutvariante gibt, bzw es keine Warnung bei Flut in die Bucht zu gehen.

                                                                              Noch mehr Glück habe ich als ich kurz darauf einen leeren Parkplatz finde, der fast mehr ausschaut wie ein Naturcampinplatz. Hier bleibe heute Nacht

                                                                              34. Tag
                                                                              Donnerstag, 21.03.2019
                                                                              Pointe Saint Efficace – Saint-Jacut
                                                                              24,2km (250m im Aufstieg – 270m im Abstieg)


                                                                              Ziemlich genau 12 Stunden später (wieder Flut) sehe ich von der gegenüberliegenden Seite der Bucht die Stelle wo ich gestern runter wollte. Im Foto zu sehen an den helleren Steinblöcken rechts im Bild. Unten angekommen hätte ich nach rechts (am Bild links) um das Eck gehen sollen (wo ich von der anderen Blickrichtung nicht vorbeigesehen habe). Nun ja – jetzt ist wieder Flut und alles steht unter Wasser. Bin recht froh da gestern nicht reingegangen zu sein.






                                                                              Reste einer Wassermühle





                                                                              Zuerst geht es nach Saint Cast de Guildo, und dort ziemlich ausgehungert in einen Carrefour. Ich fülle meinen Proviant auf und kaufe mir auch für ein Mittagessen direkt dort an der Promenade. Irgendwie verleitet mich mein knurrender Mage zu einem zu großen Einkauf und so verputze ich zu Mittag:
                                                                              ¼ Baguette mit Salami
                                                                              2 Tramezzini mit Schinken
                                                                              2 Pan de Chocolat
                                                                              2 Naturjoghurt
                                                                              1 gemischte Schale mit Couscous und Karottensalat
                                                                              1 Cola
                                                                              1 Gatorade

                                                                              Lektion: Nie wieder überfressen wenn man vorhat weiterzuwandern. Die nächsten zwei Stunden werden zur absoluten Qual. Meine Energie scheint dafür draufzugehen die absurde Portion zu verdauen die ich vertilgt habe.




                                                                              Saint Cast




                                                                              Schichtende, die Flut kommt und jetzt fährt alles zum Hafen

                                                                              Am Abend erreiche ich Saint-Jacut-de-la-Mer

                                                                              Wer sich Saint-Jacut de la Mer auf einer Karte anschaut sieht, dass es auf einer ca. 4km langen Halbinsel liegt. Die Halbinsel ist von Ost nach West an der breitesten Stelle ca. 500m lang und man könnte extrem abkürzen.






                                                                              Küstenpfad Saint Jacut

                                                                              Wie immer gehe ich aber die gesamte Strecke aus und würde das auch weiterempfehlen. Die Halbinsel und die Stadt darauf ist nämlich traumhaft.

                                                                              Ich finde wieder einen leeren Parkplatz der sich zum Zelten eignet.

                                                                              Kommentar


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                                                                                Alter Hase
                                                                                • 14.03.2012
                                                                                • 3583
                                                                                • Privat


                                                                                #40
                                                                                AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                                ich lese schon die ganze Zeit immer wieder hier. Ich glaube, ich muss definitiv mal wieder nach Frankreich, speziell in die Bretagne. Manchmal frage ich mich, ob es schön ist, so viele Wunschgegenden zu haben oder eher schlecht. .
                                                                                danke für den Bericht.
                                                                                Two roads diverged in a wood, and I—
                                                                                I took the one less traveled by,
                                                                                And that has made all the difference (Robert Frost)

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Gerne im Forum
                                                                                  • 04.12.2018
                                                                                  • 59
                                                                                  • Privat


                                                                                  #41
                                                                                  AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                                  Danke für das Feedback Sternenstaub, und weiter gehts mit dem

                                                                                  35. Tag
                                                                                  Freitag, 22.03.2019
                                                                                  Saint Jacut – Dinard
                                                                                  31,8 km (230m im Aufstieg, 230m im Abstieg)


                                                                                  Ich fühl mich heute super erholt und cruise nur so dahin. Und das bei strahlendem Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen.










                                                                                  Jakobsmuscheln werden hier zum auffüllen von Schlaglöchern auf Güterwegen verwendet.



                                                                                  Um 15.15 bin ich in Saint Briac de la mer und bin entzückt von der kleinen Stadt. Ab hier ändert sich aber so einiges. Immer mehr Villen säumen den Weg. Die Grundstücksgrenzen dieser Anwesen werden von immer höheren Mauern eingezäunt. Der GR34 scheint hier teilweise mehr geduldet als geliebt zu werden. Ich begegne des schönen Wetters wegen mehr Menschen als üblich und ernte viel lächeln, kann mich aber nicht entscheiden ob es aufmunterndes anlachen und mitleidiges lächeln ist.


                                                                                  Etwas eng hier


                                                                                  Saint Briac sur Mer







                                                                                  Note to myself: Meine nächste Wanderhose kaufe ich wieder in braun. Meine grauen sind nämlich bis über die Knie voll mit brauner Erde von den letzten Tagen.

                                                                                  Schon bald wird mir klar dass es in dieser Gegend schwierig werden wird wild zu campen. Durch das warme Wetter und weil Freitag ist nehme ich auch an, dass abends mehr Leute als üblich unterwegs sein werden. Meine Lust von Jugendlichen, die nach einem Clubbesuch den Sonnenaufgang beobachten wollen, überrascht zu werden hält sich sehr in Grenzen. Ich sehe zwei Möglichkeiten in dieser dicht besiedelten Küstengegend. Entweder schlage ich mich etwas ins Landesinnere um einen ruhigen Zeltplatz zu finden oder suche mir eine offizielle Schlafmöglichkeit.






                                                                                  Wer hier wohl wohnen wird. Das Grundstück ist ziemlich hermetisch abgeriegelt

                                                                                  Eine kurze Internetrecherche ergibt dann, dass der Campingplatz Le Port Blanc Dinard tatsächlich schon offen hat. Es wird meine erste Nacht in einem geöffneten Campingplatz. Er ist ca. zu 10% ausgelastet, also noch sehr angenehm. Genauso wie die Dusche und das auswaschen meiner Kleidung.


                                                                                  36. Tag
                                                                                  Samstag, 23.03.2019
                                                                                  Dinard – Saint Malo
                                                                                  23,1 km (170m im Aufstieg, 180m im Abstieg)


                                                                                  Die Villen werden noch größer, die Hotels pompöser der Weg promenadenartiger und der Asphaltanteil immer höher. Da die Etappe heute relativ kurz ist, beschließe ich mehr zu flanieren als zu wandern. Es gibt auch viel anzuschauen und zu bewundern. Wer aber der Natur wegen wandert kann die Etappe getrost auslassen.








                                                                                  Die Flut war gerade am zurückgehen, und ich war der erste der am Morgen diesen Weg ging. Auf der anderen Seite der Bucht wartete schon ein Jogger und fragte mich ob man trockenen Fusses durchkommt. War ein lustiges Gefühl quasi genau auf Meeresniveau zu gehen



                                                                                  Sehr lange schlängelt sich der Weg dann um Buchten, entlang einer Wasserkraftanlage und dem Hafen nach Saint Malo intra muros. Und hier bleibt mir regelrecht die Spucke weg.


                                                                                  Erster Blick auf Saint Malo intra muros




                                                                                  Blick von der Stadtmauer. Ich glaub über den Tourismus hier muss ich nicht mehr sagen



                                                                                  Die von hohen Granitsteinmauern umrundete Altstadt beeindruckt mich. Ich freue mich schon auf den morgigen Ruhetag um die Altstadt etwas genauer erkunden zu können.

                                                                                  Heute gehe ich noch bis zur 2km entfernten Jugendherberge (und davon einen großteil direkt am Strand) und teile mir dort einen Schlafraum mit einer Hälfte des MTV Duos Beavies and Butthead. Dieser schafft es in den 1,5 Tagen das Zimmer und sein Star Wars Spiel am Laptop nur zum Einkaufen gesunder Nahrung (Cola und Erdnussflips) zu verlassen.


                                                                                  37. Tag
                                                                                  Sonntag, 24.03.2019
                                                                                  Ruhetag in Saint Malo


                                                                                  Frühstück. Der Kaffee ist dünn, das Brot zäh und die Konfitüre besteht fast nur aus Zucker. Trotzdem bin ich rundum glücklich und wandere die Strasse oberhalb des Strandes (am Strand geht nicht da gerade Flut ist) entlang zurück nach Saint Malo intra Muros. Begehe zuerst die ganze Stadtmauer und dann die Gassen in der Altstadt. Einfach schön.


                                                                                  Wellenbrecher am Strand von Saint Malo


                                                                                  Gestern Nachmittag konnto man noch rechts runter zu einem breiten Strand




                                                                                  Auf der Stadtmauer













                                                                                  Saint Malo war übrigens mal eine Freibeuterstadt und es gibt ein Freibeutermuseum. Man erfährt hier allerhand zur Geschichte einzelner Freibeuter, z.b. Robert Surcouf. Über ihn schrieb Karl May die Novelle "Robert Surcouf - Ein Seemannsbild."

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Lebt im Forum
                                                                                    • 06.03.2011
                                                                                    • 9533
                                                                                    • Privat


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                                                                                    AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                                    Hallo Adriano.

                                                                                    Vielen Dank für diesen tollen Bericht vom E5. Laut Titel geht die Tour noch etwas weiter. Ich wäre an der Fortsetzung sehr interessiert! Ich denke ich bin da nicht der einzige! Wir freuen uns auf das furiose Finale!

                                                                                    Gruß Wafer

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      • 59
                                                                                      • Privat


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                                                                                      AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                                      38. Tag
                                                                                      Montag, 25.03.2019
                                                                                      Saint Malo – Port Mer
                                                                                      25,3km (210m im Aufstieg, 220m im Abstieg)

                                                                                      Von der Jugendherberge gehe ich zuerst nicht direkt zum Strand, sondern in einen Außenbezirk von St. Malo zu einem Postamt. Dabei gehe ich durch einen Stadtteil, welcher schon gar nichts mit der Idylle der Altstadt zu tun hat. Dabei wird mir wieder bewusst wie priviligiert und glücklich ich mich schätzen kann Zeit und Geld für so eine Wanderung aufbringen zu können.

                                                                                      Nachdem ich meine Postkarte aufgegeben habe mach ich mich auf den Weg zum Strand und bin bald wieder auf einem wunderschönen Küstenpfad. Es wird tatsächlich wieder sehr ruhig. Der Weg führt entlang vieler kleiner und größerer Buchten vorbei und das Wetter ist wunderschön.





















                                                                                      Ich kann den Tag einfach genießen und am späten Nachmittag beschließe ich mir in der Nähe von Port Mer einen Schlafplatz zu suchen.

                                                                                      Kurz vor Port Mer registriere ich Betrieb am Camping Municipal. Das Timing ist so perfekt, dass ich gar nicht lange was zum wildcampen suche, sondern mir dort ein Plätzchen nehme.

                                                                                      39. Tag
                                                                                      Dienstag, 26.03.2019
                                                                                      Port Mer – Cherrieux
                                                                                      26,2km (130m im Aufstieg, 130m im Abstieg)


                                                                                      Zuerst mag ich in der früh gar nicht aufstehen, dann fällt mir jeder Schritt schwer. Ich glaube mein Körper reagiert einfach auf das nahende Ende der Tour. Er weiss, das es morgen zu Ende geht und schaltet schon langsam ab.

                                                                                      Kurz nach Mittag erreiche ich die riesige Baie de Mont Saint Michel, und die Charakteristik des Weges ändert sich. Die Küste ist flach und es geht mehr oder weniger immer gerade aus dahin. So geht es zügig nach Cancale, vorbei an Saint-Benoit-des-Ondes und Le-Vivier-sur-Mer bis nach Cherruix.











                                                                                      Ich schaue auf dem ersten von zwei Campingplätzen vorbei, und am Eingang steht Nebensaison ab 21. März. Da die Gegend nicht gerade ideal zum wild zelten ist freue ich mich noch eine letzte Nacht auf einem Campingplatz verbringen zu können. Ich werde etwas stutzig als ich weder Zelt noch Wohnwagen auf dem Gelände sehe. Im Empfang brennt jedoch Licht und ich höre Stimmen. Auf der Tür steht jedoch ganz groß „fermé“. Ich klopfe und trete trotzdem ein.

                                                                                      Im Empfangsbereich gibt es eine kleine Bar und an dieser stehen eine Dame und zwei Herren. Die Drei machen einen ziemlich betrunkenen Eindruck. Einer der Männer (in nicht gerade respekteinflößenden Filzpantoffeln und Leggings gekleidet) redet auf mich ein. Ich verstehe nicht gerade viel, aber da er dauernd auf das „Fermé“ Schild hinweist glaube ich zu wissen um was es geht.

                                                                                      Als gebürtiger Italiener kenne ich den Redeschwall von Personen aus dem romanischem Sprachraum. Und was andere jetzt etwas verunsichern würde macht mich nur umso sicherer, dass ich für heute Nacht was zum schlafen gefunden habe. Wer so viel mit jemandem redet, der bietet ihm sicher bald einen Schlafplatz an.

                                                                                      Als nächstes bietet er mir tatsächlich einen Flecken Rasen an, sagt aber gleich dazu, dies wäre ohne Dusche und WC. Ich zucke mit den Schultern und sage das wäre mir egal. Daraufhin schüttelt er den Kopf, geht mit mir raus und zeigt mir ein funktionierendes WC (die restlichen werden gerade restauriert) und ein großes Waschbecken. Ich glaub wenn ich dann nicht gleich zum Zeltaufbau auf mein Rasenstück gegangen wär hätte er mich noch zu Essen und Trinken eingeladen.

                                                                                      Während des Zeltaufbaus traue ich meinen Augen nicht. Ein junger Wanderer mit großem Rucksack kommt genau so wie ich die Schotterstraße zum Campingplaz entlang und schaut etwas verwirrt zuerst auf das Fermé Schild und dann auf mich. Ich deute ihm doch einfach reinzugehen und wünsche ihm noch viel Glück.

                                                                                      Jetzt wird der Neuankömmling der gleichen Wortkaskade ausgesetzt wie ich, und anschließend wird ihm ebenfalls die funktionierende Kabine in der Nasszelle gezeigt.

                                                                                      Wir stellen uns vor, und Louis meint wir sollten doch gemeinsam Abendessen. Auf einem Picknick-Tisch geben wir all unser Essen raus und teilen. Dabei schneide ich wesentlich besser ab, da Louis heute seinen ersten Tag hatte und noch relativ frische Lebensmittel im Rucksack, und meine doch schon etwas zermatscht aussehen.

                                                                                      Louis ist nach Jahren als Kaffeeankäufer in Südamerika zurück nach Frankreich gegangen und überlegt gerade was er beruflich weiter machen wird. Um seine Gedanken zu sortieren geht er mal den Küstenweg eine Woche lang. Der Pariser ist sehr sportlich und klettert viel, aber das ist seine erste längere Wanderung und er hat sich kurzentschlossen schnell eine günstige Ausrüstung komplett bei Decathlon besorgt.

                                                                                      Ich genieße es am Abend mal Gesellschaft zu haben, und so tratschen wir bis ca. 22.00 Uhr – was weit nach meiner üblichen „ins Zelt verkriech“-Zeit ist.

                                                                                      40. Tag
                                                                                      Mittwoch, 27.03.2019
                                                                                      Cherriuex – Le Mont Saint Michel
                                                                                      18,8km (10m im Aufstieg, 10m im Abstieg)


                                                                                      Es ist so richtig ein Zieleinlauf. Der Weg geht ganz Flach immer am Meer entlang und ich habe tatsächlich Mont Saint Michel den ganzen Tag im Blick. Schon gestern konnte man ihn ab und an sehen, heute jedoch hat man ihn immer im Blickfeld, und er wird nur ganz ganz langsam größer

                                                                                      Kurz vor Mont Saint Michel komme ich noch an den berühmten Schafen.





















                                                                                      Als ich die Sraße erreiche habe ich die Wahl nach rechts zu meinem Hotel zu gehen und den Besuch auf der Insel nach später zu verschieben, oder doch gleich hinzuschauen.

                                                                                      Ich entscheide mich für sofort, und verzichte auch auf den Shuttlebus der die Besucher im Minutentakt die zwei Kilometer bis zur Insel bringt, sondern laufe, so wie ich bisher jeden meter gelaufen bin.

                                                                                      Mont Saint Michel ist beeindruckend, und ich gehe bis vor den Eingang der Abtei. Hab aber dann gar keine Lust mehr reinzugehen. Mir sind einfach viel zu viele Menschen hier. Also steige ich bald wieder hinab und gehe zu meinem Hotel. Es war zwar ein wunderschönes Ziel, aber am Ende des Tages ist es auch nur ein Punkt von unendlich vielen auf dem Weg den ich hinter mir habe.

                                                                                      Ich gehe zum Hotel, checke ein und leg mich um 15 Uhr kurz aufs Bett. Ohne es zu wollen schlafe ich sofort ein und wache um 19 Uhr völlig verwirrt auf. Ich muss doch erschöpfter sein als ich dachte. Ich gehe zum Restaurant und genieße zum Abschluss meine erste Gallette.

                                                                                      Morgen werde ich heim fahren. Ich habe die Nachrichten verfolgt, und auch mit großem Interesse die Friday for Future Bewegung. Deshalb beschließe ich nicht heim zu fliegen, sondern ich werde mit dem Flix Bus nach Wien fahren. 31 Stunden wird die Fahrt mit Umsteigen und Verspätung schlussendlich dauern.
                                                                                      Zuletzt geändert von adriano; 15.07.2019, 06:43.

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        • 59
                                                                                        • Privat


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                                                                                        AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi

                                                                                        Viel zu lange habe ich gebraucht um meinen Bericht fertig zu stellen. Wie so oft kommt das Leben dazwischen. Ein neues für mich nicht ausschlagbares Jobangebot hat mich völlig vereinnahmt.


                                                                                        Demnächst werde ich auch ein kurzes Fazit über die Wanderung verfassen.

                                                                                        Aber hier schon mal die erste überraschende Statistik

                                                                                        Streckenlänge 855,2. Die 700km vom Titel waren nur eine schnelle Berechnung welche oft nicht alle Caps und Buchten mitgezählt hat. Da ist doch einiges dazugekommen.

                                                                                        7200m Anstieg haben sich ebenfalls angesammelt
                                                                                        Zuletzt geändert von adriano; 15.07.2019, 06:51.

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Alter Hase
                                                                                          • 27.02.2016
                                                                                          • 3287
                                                                                          • Privat


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                                                                                          AW: [FR] E5 Bretagne, ich komme. Ca. 700km von Point du Raz bis Le Mont Saint Mi



                                                                                          super, vielen dank, adriano! liest sich gut und die bilder sind auch prima.

                                                                                          mal was über frankreich, das ist völliges neuland für mich....
                                                                                          danobaja
                                                                                          __________________
                                                                                          resist much, obey little!

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Erfahren
                                                                                            • 26.06.2013
                                                                                            • 169
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                                                                                            Wow, toller Bericht! Schön, dass du noch ein Fazit drangehängt hast. Es ist schon lustig, wie sich so ein Ziel wie der Mont St. Michel relativiert, wenn man so eine lange "Anreise" hat.

                                                                                            Alles Gute für den neuen Job und trotzdem noch genug Zeit für weitere schöne Touren!

                                                                                            LG,
                                                                                            Babs

                                                                                            Kommentar