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Anfang Juli war ich mit meinem Freund Keith und seinen beiden Söhnen sechs Tage lang im Denali National Park unterwegs. Keith, der mit seiner Frau Beverly in Alaska lebt, hatte mich und meine beiden damaligen Reisepartner 2010 für ein paar Kilometer auf dem Glenn Highway mitgenommen, als wir gerade in Richtung Wrangells trampten. Seitdem bezeichne ich das Ehepaar gerne als meine „Alaska parents“, weil ich bei ihnen stets willkommen bin und ihnen mittlerweile wirklich viel zu verdanken habe. Über diese Verbindung werdet ihr dann im zweiten Teil meiner diesjährigen Alaska-Serie noch mehr erfahren.
Im Sommer 2011 habe ich zwei Touren in den Talkeetna Mountains mit Becky aus Colorado unternommen. Nachdem ich Keith von meinen Eindrücken als „Guide“ berichtete (Becky hatte bis dahin keine Erfahrung im Trekking), bat er mich, ihn und seine beiden Söhne im Sommer 2012 für eine Woche durch die Alaska Range zu führen. Gewissermaßen berichte ich hier also aus der Perspektive eines Guides – hier ging es nicht um mich, sondern um die Familie, mit der ich unterwegs war. Trotzdem handelte es sich klarerweise nicht um „offizielles Guiding“, obwohl es anschließend eine überraschend großzügige Spende gab.

Am Morgen des 3. Juli holte mich Keith vom Flughafen in Anchorage ab. Wir besorgten noch ein paar Kleinigkeiten in der Stadt und fuhren anschließend zu seinem Haus in Palmer, wo ich erstmalig seine beiden Söhne, Keith Jr. und Jon, kennenlernte. Am Nachmittag erledigten wir Einkäufe, besprachen ein paar grundlegende Dinge, bauten probehalber die Zelte auf und nach einer erholsamen Nacht – ich hatte eine lange Anreise hinter mir – ging es am nächsten Morgen auf dem Highway nach Norden.
Im Park angekommen erledigten wir den obligatorischen Papierkram im Backcountry Office, daran bin ich ja nun schon gewöhnt. Dann wurden auf dem Campingsplatz die Zelte aufgeschlagen und der Abend gebührend gefeiert – und zwar im „Prospectors Pizzeria and Alehouse“. Und am nächsten Tag ging’s los: mit dem Bus zum Eieleson Visitor Center und von dort aus nach Südosten, entlang des Gorge Creek.

Mit dem Berichten über unsere Route und den täglichen Begebenheiten werde ich mich relativ kurz halten. Es ist ja doch immer dasselbe: hier ein Pass, da ein Fluss, dort drüben ein Bär. Sonne, Regen, Schnee. Alaska halt.
Für mich als „Guide“ lag die Herausforderung weniger im (teilweise relativ anspruchsvollen) Terrain und der körperlichen Anstrengung, sondern eher im Bemühen um den Gruppenzusammenhalt – die drei Männer unterschieden sich in ihren Charakteren, ihrer Fitness und ihren Erwartungen. Zu dritt waren sie noch nie auf einer längeren Wanderung gewesen; Tatsache ist, dass sie generell nur selten Zeit als Familie verbringen, schließlich leben sie alle in verschiedenen Bundesstaaten und sind erwachsene, berufstätige Männer. Trotz einiger Schwierigkeiten hatten wir eine tolle Zeit miteinander und ich kann mich glücklich schätzen, eine Woche mit so interessanten und inspirierenden Persönlichkeiten verbracht haben zu können.

Keith Sr. ist 57 Jahre alt, früherer Air Force Pilot, fliegt jetzt für FedEx. Ihn reizt das Abenteuer und die Herausforderung; er ist ehrgeizig, körperlich fit und hochmotiviert. Das ganze vorherige Jahr über diskutierten wir verschiedene Routenoptionen, Ausrüstung und anderen Kram am Telefon und per Email – immer wieder musste ich ihn daran erinnern, dass man nicht jedes Detail im Voraus planen kann: manche Entscheidungen lassen sich erst vor Ort treffen... Sein strategisches Denken hat in der Planungsphase vieles erleichtert, aber manchmal musste ich ihn halt etwas bremsen. Davon abgesehen ist er ein sehr angenehmer Gesprächspartner: interessiert, gebildet, humorvoll. Und ein liebender Vater.


Keith Jr. ist 29 Jahre alt, tätig als Arzt bei der Air Force. In mancherlei Hinsicht ähnelt sein Charakter dem seines Vaters, vor allem in Bezug auf Abenteuerlust und Durchhaltevermögen – nur eben im Körper eines Mannes, der sich auf dem Höhepunkt seiner körperlichen Fitness befindet. Mit ihm alleine hätte ich die 6-Tagestour zu einem Wochenendtrip machen können! Er stellte viele Fragen zum Trekking im Allgemeinen und erwartete sich, auf dieser Tour alles zu lernen, was für spätere selbstständig geplante Touren nötig und hilfreich sein könnte. Keith ist ein sehr respektvoller und ausgeglichener Mensch, ohne starkes Geltungsbedürfnis. Ich habe unsere Gespräche immer ziemlich genossen, zumal wir einen ähnlichen Humor haben (den andere oftmals nicht ganz so witzig finden).



John ist 27, arbeitet als selbstständiger Webdesigner, lehrt an der Uni und ist in künstlerische Projekte verschiedener Art involviert. Er ist zielstrebig, charakterstark, aufmerksam, empathisch und weniger „offensiv“ als sein Bruder und sein Vater. Er hat sein eigenes Temperament. Er reist gerne, lässt sich von fremden Kulturen inspirieren, hegt ein großes Interesse an Sprachen und ist in Relation zum Rest seiner Familie eher eine Künstlernatur – allerdings nur in dieser Relation. Den oftmals weltfremden und weniger bodenständigen Beigeschmack des Wortes „Künstler“ kann man ihm keinesfalls nachsagen. Sein Interesse an der Wildnis hält sich allerdings in Grenzen – er würde lieber eine Woche auf Kulturreise gehen, als durch die Berge Alaskas zu marschieren. Mit John habe ich auf der Tour jedenfalls die meiste Zeit verbracht und ich freue mich jetzt schon auf seinen Besuch über Weihnachten und Silvester, wenn wir die Feiertage bei meiner Familie in Deutschland und den Jahreswechsel dann in den Südalpen verbringen werden.


Alle drei hatten sich diese Juli-Woche nun langfristig freigehalten. Und jetzt musste ich nur noch dafür sorgen, dass es keiner bereuen würde. ;) Wollte man die Dynamik auf der Reise mal humorvoll karikieren, so könnte man dafür dieses Nachmittags-Bild (wirkt nur in Großansicht) folgendermaßen beschreiben: rechts sitzt Keith Sr. und cremt sich die Lippen ein. Währenddessen fragt er sich, ob man den Berg da hinten, der eigentlich noch gar nicht sichtbar ist (!), besser über die Flanke oder entlang des kleinen Rinnsaals besteigt. In der Mitte studiert Keith Jr. die Karte und überlegt, ob es ihm wohl möglich wäre, bis zum Sonnenuntergang den 50 km entfernten Pass zu erklimmen. Links liegt John, er macht einfach nur Pause.
Okay, jetzt noch ein Abriss vom Verlauf der Tour. Die erste Nacht verbrachten wir am Oberlauf des Gorge Creek und überquerten tags darauf einen Pass nähe Gravel Mountain. Von da oben hatten wir einen guten Blick über die umliegenden Berge. Und davon gibt’s dort ja eine Menge.









Wir stiegen Richtung Osten ab und erreichten einen der Gletscher, von dem der Toklat River gespeist wird. Camp II.
Ich erklärte den Jungs, wie man einen Fluss überquert und stapfte zuerst durchs Wasser. Mir folgte John, dann Keith Jr. und schließlich Keith Sr. – niemand schien dabei besondere Probleme zu haben, sehr gut.




Wir marschierten um einen Berg herum und schlugen die Zelte kurz vor einem Pass auf, der die Unit 10 von der Unit 9 trennt. Wir hätten es vielleicht noch über den Pass geschafft, aber möglicherweise befand sich die nächste Zeltmöglichkeit erst im nächsten Tal und so entschieden wir, auf einer grünen Wiese unser Lager zu errichten. Während die beiden Brüder am Abend noch eine steile Bergflanke hinauf kletterten, nutzten Keith und ich die Gelegenheit zu einer ersten Reflexion der Tour. Allerdings wurde das Gespräch immer wieder von temporären Herzstillständen auf Seiten des Vaters unterbrochen, der die Kletterei seiner Söhne kaum mit ansehen konnte.


Bei leichtem Schneefall und anschließenden Sonnenstrahlen stiegen wir nun am nächsten Morgen zum Pass auf. Oben lag mehr Schnee als erwartet, wir nahmen uns Zeit für viele Pausen und Fotos. Das Wetter blieb stabil.




Wir fanden eine ebene, leicht erhöhte Grasfläche im dahinterliegenden Tal und entschieden uns erneut für ein frühes Errichten des Lagers. Im strahlenden Sonnenschein war dies einer der besten Zeltplätze, die ich je in Alaska gesehen habe.



Nach einer sternenklaren Nacht folgten wir dem Fluss ein Stück nach Norden und kletterten dann nach Osten die Bergflanke hinauf, die uns in die Unit 8 bringen sollte. Es gab da keinen Pass, wir mussten quasi über den Berg. Im steilen Gelände pirschte ich immer etwas voran, um die sichersten Aufstiege zu finden (und um Fotos zu machen), regelmäßig legten wir Pausen ein.





Oben am Pass sahen wir Dall Sheep und nahmen uns eine Auszeit für Snacks und Fotos. Übrigens waren wir alle mit hausgemachten Müsli-Riegeln von Beverly (Ehefrau und Mutter der Gruppe) ausgerüstet, die waren einfach nur großartig. Auf meinen weiteren Touren im vergangenen Sommer habe ich ihre Rezepte genutzt, um mir meine eigenen Riegel zu backen. Kann ich nur empfehlen...!
Als wir unser letztes Lager errichteten, waren wir gar nicht mehr weit vom Polychrome Pass und der Park Road entfernt. Am Morgen unseres Marschs zurück in die Zivilisation regnete es – das ist immer gut; man freut sich mehr auf eine heiße Dusche und ein gutes Essen und ist weniger traurig darüber, dass die Tour schon vorbei ist.




Am Abend des 10. Juli waren wir schon zurück in Palmer. Wieder gab es Pizza und Bier, die Jungs erzählten ihrer Mutter von unserer Tour und alle waren glücklich und zufrieden. Ich war vor allem deshalb glücklich und zufrieden, weil ich es geschafft habe, dieser Familie eine gelungene Woche in der Wildnis Alaskas zu ermöglichen und es mir persönlich auch noch eine Menge Spaß gemacht hat. Keith Sr. ist jetzt ausreichend vorbereitet für die Solotouren, die er im kommenden Sommer in Alaska unternehmen will. Keith Jr. wird mit seiner Freundin auf Tour gehen, außerdem haben wir darüber gesprochen, zu zweit mal eine echte sportliche Tour zu unternehmen. Und John kommt mich, wie bereits gesagt, im Winter besuchen. Mal sehen, wie ihm die Alpen gefallen.
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Am Morgen des 12. Juli brach ich in Richtung Happy Valley auf – ein Camp am Dalton Highway, 130 Kilometer südlich von Prudhoe Bay. Quasi ganz im Norden Alaskas, 1200 Kilometer nördlich von meinem Startpunkt in Palmer. Ich trampte diese Distanz in nur 26 Stunden, das ist wahrscheinlich Rekordzeit für jeden Hitchhiker, der je auf so einsamen Straßen in Alaska unterwegs war. Und dabei waren es noch nicht mal ein oder zwei Fahrer, die mich über sehr lange Distanzen mitgenommen haben; nein, insgesamt waren es 7 verschiedene „rides“.
18 Tage habe ich da oben in dem Camp verbracht. Es gehört zwei Piloten, die ich im letzten Jahr kennengelernt habe und für die ich aller Vorraussicht nach im Sommer 2013 offiziell (J1 Visum) als Guide arbeiten werde. Bisher dient das Camp als Stützpunkt und Übernachtungsmöglichkeit für Wissenschaftler, die tagsüber für „field work“ in die Tundra fliegen. Außerdem ist es Ausgangspunkt für viele Individualreisende (Trekking, Rafting, Base Camping...) und Jäger, die einfach nur irgendwohin geflogen werden müssen. Allerdings möchten die Besitzer ihr Unternehmen langfristig ausbauen und geführte Touren in der Brooks Range und im arktischen Alaska anbieten. Und da komme ich ins Spiel, aber das ist eigentlich eine andere Geschichte... Und ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass all das „nur“ ein Plan ist, bitte keine Diskussionen diesbezüglich. Sollte jemand für 2013 nach einem deutschsprachigen Guide in der Brooks Range Ausschau halten, dann bitte eine PN an mich.

An dieser Stelle möchte ich eigentlich nur ein paar Bilder von meiner Zeit in Happy Valley zeigen, die teilweise auch aus dem Buschflugzeug (mit ausgehängter Tür


Meine Zeit im Camp endete am 31. Juli. Und tags darauf, am Morgen des 1. August brach ich dann zu meiner großen Solo-Tour in diesem Jahr auf: Brooks Range, 500 Kilometer durch’s arktische Alaska. Ich bitte um Geduld.
















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