Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

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    • 09.11.2010
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    AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

    Hallo Norbert (Nobse),

    freut mich, wenn Dich mein kleiner Seitenhieb auf die „Blender“ und „Kaffeefahrer“ angesprochen hat. Allerdings hat mein Hinweis auf diese Selbstdarsteller einen wahren Hintergrund, den ich schon des Öfteren erlebt habe und einer Realsatire ähnelt.

    Das betrifft die „Extrem-Radsportler“, die mit dem Auto bis zum Parkplatz beim „Aumeister“ anreisen und bereits in den allerneuesten, knalligen Outfits der jeweils aktuellen „Tour de France“ eingekleidet sind. Der „Aumeister“ ist ein sehr bekanntes Ausflugs-Wirtshaus am Nordende des Englischen Gartens in München. Theatralisch hieven sie ihre ultramodernen High-Tech-Karbon-Bikes vom Autodach und schaffen dann die Start-Etappe von insgesamt 300 m (Hier fehlen keine Nullen!) gerade noch bis zum Biergarten - zum ersten „Technical Stop“.

    Dort werden die Räder nicht, wie es das gewöhnliche Radl-Volk tut, in den Fahrradständern abgestellt. Nein, so ein sündhaft teures Karbonvehikel mit maximal 7 kg darf man nicht allein lassen! Da muss mit einem absoluten Schwund desselben gerechnet werden. Man nimmt es deshalb vorsorglich mit an den Biertisch, stellte es unauffällig so hin, dass der Besitzer es in seinem Blickfeld hat und auch wirklich jeder andere erkennen kann, zu wem das Superbike gehört. Ist dann die Clique mit 4 bis 6 Rennradl-Enthusiasten vollzählig versammelt, beginnen die Fachdiskussionen und die Bierbänke sich durchzubiegen - von der Last der mit durchtrainierten ausgeprägten Biermuskeln vollbepackten Sportlern, die durch die körperbetonten Trikots um den Nabelbereich voll zur Geltung kommen. Bei einer Mass Bockbier, Wiesenbrezen, einem stark gesalzenen Radi und fein geschnittenem, aber nur leicht gesalzenem, mit einer Priese schwarzen Pfeffers überstäubtem Emmentaler Käse tauscht man lautstark die aktuellen Informationen aus: über das nun anstehende Fitnessprogramm zur zwingend erforderlichen Umwandlung von Fett- in Muskelmasse und über die technischen Neuerungen, die sich ein jeder seit dem letzten Meeting hier beim „Aumeister“ in seine Kabonschaukeln hat einbauen lassen – mit einer Phonzahl, dass auch die Besucher an den nächsten Tischen sofort mitbekommen, um welche High-Tech-Spezialisten und UL-Fachleute es sich da handelt. „UL“ bezieht sich dabei allerdings nur auf die technische Ausrüstung! Die einzelnen Staturen der Radsportgruppe tendieren ausschließlich in die Richtung „UH“.

    Zum Glück können meine Beobachtungen keinesfalls auf die Leser der Outdoorseiten zutreffen, denn wir Outdoor-Freaks bewegen uns ja eher unauffällig durch die Natur! So kann ich mir die Sicherheitssmileys sparen. (Smiley: „lächeln“)

    Viele Grüße
    Beyond

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    • hanseaticjonny
      Gerne im Forum
      • 30.01.2012
      • 78
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      AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

      Zitat von Beyond Beitrag anzeigen
      Das betrifft die „Extrem-Radsportler“, die mit dem Auto bis zum Parkplatz beim „Aumeister“ anreisen und bereits in den allerneuesten, knalligen Outfits der jeweils aktuellen „Tour de France“ eingekleidet sind. Der „Aumeister“ ist ein sehr bekanntes Ausflugs-Wirtshaus am Nordende des Englischen Gartens in München. Theatralisch hieven sie ihre ultramodernen High-Tech-Karbon-Bikes vom Autodach und schaffen dann die Start-Etappe von insgesamt 300 m (Hier fehlen keine Nullen!) gerade noch bis zum Biergarten - zum ersten „Technical Stop“.

      Dort werden die Räder nicht, wie es das gewöhnliche Radl-Volk tut, in den Fahrradständern abgestellt. Nein, so ein sündhaft teures Karbonvehikel mit maximal 7 kg darf man nicht allein lassen! Da muss mit einem absoluten Schwund desselben gerechnet werden. Man nimmt es deshalb vorsorglich mit an den Biertisch, stellte es unauffällig so hin, dass der Besitzer es in seinem Blickfeld hat und auch wirklich jeder andere erkennen kann, zu wem das Superbike gehört. Ist dann die Clique mit 4 bis 6 Rennradl-Enthusiasten vollzählig versammelt, beginnen die Fachdiskussionen und die Bierbänke sich durchzubiegen - von der Last der mit durchtrainierten ausgeprägten Biermuskeln vollbepackten Sportlern, die durch die körperbetonten Trikots um den Nabelbereich voll zur Geltung kommen. Bei einer Mass Bockbier, Wiesenbrezen, einem stark gesalzenen Radi und fein geschnittenem, aber nur leicht gesalzenem, mit einer Priese schwarzen Pfeffers überstäubtem Emmentaler Käse tauscht man lautstark die aktuellen Informationen aus: über das nun anstehende Fitnessprogramm zur zwingend erforderlichen Umwandlung von Fett- in Muskelmasse und über die technischen Neuerungen, die sich ein jeder seit dem letzten Meeting hier beim „Aumeister“ in seine Kabonschaukeln hat einbauen lassen – mit einer Phonzahl, dass auch die Besucher an den nächsten Tischen sofort mitbekommen, um welche High-Tech-Spezialisten und UL-Fachleute es sich da handelt. „UL“ bezieht sich dabei allerdings nur auf die technische Ausrüstung! Die einzelnen Staturen der Radsportgruppe tendieren ausschließlich in die Richtung „UH“.
      Vielen Dank für diese trefflichen Worte - musste herzlich lachen!!

      Als selber hochaktiver Rennradler kenne ich diese "Sportler"-Riege nur zu gut! Bin als Student nicht in der Lage, mich in ähnliche materielle Sphären aufzuschwingen, fahre noch mit dem alten Stahlrad meines Vaters durch die Gegend. Anno 1990, gepflegt und gehegt, neu lackiert, immer gut in Schuss gehalten und einfach nicht kaputt zu kriegen! Bei diversen Gelegenheiten schon herabwürdigende Blicke von oben beschriebenen Mitradlern erhalten, die meinten, dass ich mich mit meinem Hobel mal nicht verletzen solle... Zu oft trifft man sich zwei mal und wenn dann nach Materialvergleich am Morgen, der Tacho-Vergleich am Nachmittag die Verhältnisse umkehrt, ist die Freude meist auf meiner Seite

      Weitermachen, denn wichtig ist, dass man ein Hobby hat, sich bewegt, nicht einrostet und aktiv bleibt!! Wenn man dann gerne Geld dafür ausgibt, und auch noch dazu in der Lage ist, dann verstehe ich das und freue mich auf die Zeit, in der ich dann am Stammtisch sitze

      Sportlichen Gruß,
      John - der ähnliches übrigens auch aus der Outdoor-Szene kennt

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      • Beyond
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        • 09.11.2010
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        AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

        Hej John (hanseaticjonny),

        Deine Meinung zu den selbst ernannten Supersportlern kann ich sehr gut nachvollziehen! „Es ist nicht wichtig was man hat, sondern was man damit macht!“, das ist eigentlich meine uralte Devise. Ich habe sie hier schon des Öfteren erwähnt. So wie Du, bin ich lange mit einem alten Tourenrad zu meiner Arbeitsstelle gefahren. Das ist noch ein „3-S-Radl“ (schwarz, schwer, stabil) mit einer herkömmlichen 3-Gang-Nabenschaltung gewesen. Heute heißen die Dinger „Hollandrad“.

        Mit diesem Ungetüm bin ich Jahre lang regelmäßig zur Arbeit unterwegs gewesen, bis ein Rahmenbruch unsere „Zusammenarbeit“ beendet hat und ich dann zunächst auf ein etwas moderneres Stahlrennrad mit 21-Gang-Kettenschaltung und später wieder auf ein „Citybike“ mit 7-Gang-Nabenschaltung umgestiegen bin. In der Stadt finde ich eine Nabenschaltung wesentlich bequemer zu handhaben, als eine empfindliche Kettenschaltung.

        Rund 17 Jahre lang von 1980 bis 1997 bin ich damals an rund 200 Tagen im Jahr (Sommer wie Winter) eine Strecke von 12 km in die Arbeit und wieder nach Hause geradelt, insgesamt 24 km jeden Tag, davon die Hälfte durch den schönen Englischen Garten in München. Das ergibt eine Gesamtfahrleistung von über 80.000 km. Dabei habe ich nach der chinesischen Methode, die grundsätzlich versucht, mit einer Tätigkeit mindestens einen zweiten Vorteil zu erhalten, gehandelt: die tägliche kostenlose Fahrt zur Arbeit, ein permanentes Ausdauertraining und einen gewaltigen Zeitvorteil gegenüber U-Bahn und Auto. Ich habe es damals eigentlich nicht mehr nötig gehabt, am Abend noch ein Fitnessstudio aufzusuchen oder zusätzliche „Radlrunden“ zu drehen, um so meine kostbare Freizeit zu vergeuden.

        Ja, auch ich habe in mich hineingelächelt, wenn ich die schrägen, abfälligen Blicke der Möchtegern-Radl-Athleten beim „Aumeister“ gesehen habe, insbesondere dann, wenn ich sie unterwegs im Englischen Garten, also „on tour“ von einem Biergarten zum nächsten, getroffen und beobachtet habe, wie sich „UH“ auf „UL“ abgemüht haben.

        Die Profilierungssucht und das Imponiergehabe mancher Selbstdarsteller ist in allen Disziplinen des Lebens gegenwärtig, nicht nur im Sport allein. Aber in diesem Bereich fällt es am markantesten auf, wenn man Outfit, Ausrüstung mit der realen Leistung der Benutzer vergleicht. Vermutlich will man damit neben der Sportlichkeit auch noch die persönliche körperliche Leistungsfähigkeit und Gesundheit demonstrieren, sozusagen einen echten Kerl. Ebenso wie Du von Dir schreibst, habe auch ich kein Problem wenn wirkliche Freizeit- oder Leistungssportler und echte Outdoorler auch entsprechendes Top-Material verwenden. In meinem Bekanntenkreis befindet sich so ein „Karbon-Radler“. Er fährt zwar nicht eines der Extrem-Bikes der obersten Preisklasse wie die „Aumeister-Crew“, aber in der gehobenen Mittelklasse liegt sein Radl schon. Dieser reinrassige Sportler wird wahrlich seinem Equipment gerecht, denn er ist um die Jahrtausendwende 4facher Deutscher Meister im Ultratriathlon (Ironman) gewesen.

        Aber nur die „latest news“ der Ausrüstung zur Schau zu stellen, ohne etwas Zweckgebundenes damit anzufangen, ist in meinen Augen nichts weiter als Angeberei und reines Balzverhalten. Allerdings sehen das die scheinbar Betroffenen ganz anders. (Weil es meine persönliche, etwas übertriebene Meinung ist, setzte ich jetzt einen Sicherheitssmiley: „zwinkern“!)

        Ich gebe diesen „Ausrüstungsfetischisten“, das sind für mein Dafürhalten diejenigen Sammler, die das neueste Teil zwar besitzen, es aber kaum oder zu einem anderen Zweck nutzen, in dem einen Punkt absolut recht, wenn sie damit argumentieren, dass jeder nach seiner Fasson leben darf. Jeder kann das kaufen und auch benutzen, was er will. Keiner macht einem Vorschriften! Jeder „Outdoorler“ soll mit der Ausrüstung herumlaufen, die er als richtig empfindet, und das tun, was ihm gefällt - solange er nicht gegen Gesetzte verstößt. Ich mach das für meinen Teil ebenso! Man muss dann aber auch einsehen, dass sich hier irgendwo die Spreu vom Weizen trennt und sich die reinen Outdoor-Freaks von den Besserwissern und Couch-Survivalern mit alleiniger Internet- und Fernseh-Erfahrung und von den imageheischenden Mitläufern scheiden.

        Eine breit angelegte Diskussion über das Für und Wider von Ausrüstung und über das Verhalten in der Natur wird zu keinem Ende führen, dazu sind die Menschen viel zu verschieden! Man kann eigentlich nur Empfehlungen geben und beschreiben, wie man es selber macht. Entscheiden muss für sich selbst jeder Einzelne!

        Noch einmal möchte ich auf meinen Slogan zurückkommen: „Es ist nicht wichtig was man hat, sondern was man damit macht!“ Natürlich kann ich mit einer teure Vollformat DSLR-Kamera auch meine simplen Erinnerungsphotos schießen und andere Akteure mit einer normalen Kompaktkamera hochwertige, künstlerische Aufnahmen erarbeiten. (Für die Bildkomposition ist halt mehr der Geist gefragt als das Material!) Natürlich können Sonntagsausflügler mit einem schnittigen Edel-Karbon-Seekajak die Seepromenaden abklappern, während ich mit einem ordinären PE-Kahn die Küste von Triest bis nach Patras in einer einzigen Reise hinunterpaddle. Natürlich können Biker-Fans mit einem großvolumigen, PS-starken Motorrad locker 8.000 km herunterreißen, während ich in der gleichen Zeit mit meinem Moped-Chopper mit 125 Kubik und 15 PS über 6-mal so weit gefahren bin. Da haben sich Hubraum und Leistung zur zurückgelegten Strecke oft umgekehrt proportional verhalten!



        Bild 01: Auf der Fähre von Helsingborg nach Helsingør erlebte ich 1998 die oben beschriebene Situation: Wochenendreisende mit ihren heißen Öfen und ich mit meinem Moped mit gebührendem Abstand weiter hinten bei den Fahrrädern. - Als ich auf ihre technischen Fragen zu meinem Gefährt wahrheitsgetreu geantwortet hatte, wandten sie sich verächtlich mit den entsprechenden zynischen Bemerkungen ab. Nachdem ich dann aber die Tachos verglichen und das Superbike mit der größten Gesamtstrecke (Der Besitzer bestätigte mir, dass es 2 Jahre alt sei.) nur 8.000 km angezeigt hatte (alle anderen bewegten sich so zwischen 2.000 und 5.000 km, während auf meinem Tacho bereits 53.000 km abzulesen waren, innerhalb von knapp eineinhalb Jahren zurückgelegt, konnte ich mir ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Mir war eben wieder bestätigt worden, dass mein oben erwähnter Slogan sich durchaus wieder einmal bewahrheitet hatte.

        So haben Du und ich, auf ganz unterschiedliche Weise, ähnliche Erfahrungen gemacht.

        Viele Grüße
        Beyond
        Zuletzt geändert von Beyond; 27.10.2012, 06:01.

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        • LihofDirk
          Freak

          Liebt das Forum
          • 15.02.2011
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          AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

          Nun, um von Rennrädern zum Paddeln zurück zu finden: die Material-Beobachtungs-Bewertung erleben wir ab und an beim Paddeln. Ist halt wohl schon gewöhnungsbedürftig, wenn man mit Ladoga und Khatsalano beide Enden der Preisskala von Faltbooten abdeckt. Wirklich interessant sind aber die Einschätzungen der Paddelfähigkeiten anhand der Boote, wer ist "Anfänger" und wer nicht? Manchmal scheinen einige Materialfetischisten regelrecht enttäuscht, wenn sie hören, daß die Paßform der Boote kaufentscheidend war, die Grund Bedingung ungefähr gleich schnell zumindest im Durchschnitt erfüllt ist (kurze Wellen von vorne ist der Khat besser, Wellen von hinten der Ladoga), jeder von uns einen dem Boot angepaßten Fahrstil entwickelt hat, so daß wir unsere Boote beide nicht eintauschen wollen, aber auch keine Bewertung abgeben können, welches Besser ist. Und genießen die Material Diskussionen "ein Nepper ist besser als ein Buch" (oder so ähnlich klingende Firmen) im Internet ...
          Material muß passen, dann ist der Preis irrelevant, zur Not muß man öfter was flicken, oder länger sparen.

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          • Beyond
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            • 09.11.2010
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            • Meine Reisen

            AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

            Hallo Dirk (LihofDirk),

            schön, dass Du uns wieder von unserem Ausflug in die Zweiradwelt zu den „Wasserrührern“ zurückgeführt hast. Ähnliche Auswirkungen der charakterlichen und soziologischen Extrempositionen sind aber beim Menschen in allen Lebensbereichen und Gesellschaftsschichten zu erkennen. Um diese meist negativen Ausschläge aufzuzeigen, können in allen Gruppen, in denen Menschen zusammenleben, entsprechende Beispiele gefunden werden, so auch bei jeder Sportart und in den verschiedenen Outdoorbereichen.

            Zu Deinem Beitrag ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, alles ist gesagt worden. Ich stimme Dir zu, dass man sich an einen Kajak erst gewöhnen muss, bevor man ein persönliches Urteil über ihn abgeben kann. Erst wenn man die „Macken“ seines Bootes kennt, weiß man, ob man mit dem Boot zurechtkommt.

            Früher, als die Auswahl noch nicht so groß war wie heute, musste man sich zwangsweise auf das neu erstandene Paddelboot einstellen. Der Körper hatte sich an das Boot anzupassen! Sofern der Benutzer die handwerklichen Voraussetzungen gehabt hatte, war es möglich, die Einbauten soweit abzuändern, dass sich das Boot angenehmer fahren ließ. Das war meist im Bereich der Sitzposition und der Fußplatzierung erforderlich.

            Bei meinem bereits über 10 Jahre alten Kodiak habe ich nicht wie so viele andere Kajakspezialisten nur an der Pedalanordnung der Fußsteuerung herumgenörgelt, sondern mir Gedanken gemacht, wie ich das Problem in meinem Fall auf die einfachste und billigste Weise lösen kann: Im Fersenbereich klemme ich wasserfeste Schaummatten auf den Boden und zwischen die beiden Ersatzpaddelhälften, die ich an der Bordwand untergebracht habe. Dadurch halten die Reservepaddel unverrutschbar im Boot und meine Füße haben jetzt die richtige Höhe zu den Pedalen. Damit die Fersen nicht zur Mitte abrutschen und ich von den Pedalen gleite, lege ich vor die Lenzpumpentrittplatte ein oder zwei 1,5-Liter-Wasserflaschen, sodass ich meine Fersen daran abstützen kann. Mit dieser äußerst einfachen Methode, eine technische Veränderung des Kajaks ist dabei überhaupt nicht notwendig gewesen, sind jetzt meine Füße in der richtigen Position zu den Steuerpedalen und ich kann auch längere Strecken in einem Zug durchpaddeln, ohne dass die Beine ermüden, einschlafen oder zu schmerzen beginnen. Die Schaumstoffmatten verwende ich im Lager (dritte Verwendung!) als Sitzkissen und die Wasserflaschen sind in der Sitzluke aufgeräumt und rollen bei Wellenbewegungen nicht ständig hin und her.

            Heute kann sich der Paddler aus einer riesigen Auswahl seinen Kajak aussuchen, den er für seinen Anwendungszweck als gut empfindet. Allerdings habe ich z.B. für das Seekajaking noch kein „Allroundboot“ z.B. für Küstentouren entdeckt, das von allen Paddel-Freaks als das ideale Sportgerät gepriesen wird. Natürlich gehen auch die wenigsten Seekajaker auf Langfahrten wie ich (in der Regel über 1.000 km). Für mich relevante Aussagen können deshalb kaum gemacht werden. Die Anwendungen und Wünsche sind viel zu unterschiedlich und es werden auch immer neue Kajaksportarten kreiert, die ihre Anhänger finden und dazu dann die entsprechenden „Spezial-Boote“ entwickelt werden.

            Wie Du schreibst, kann man in der heutigen Zeit keine allgemein gültige Bewertung abgeben, sondern immer nur seine subjektive Meinung in den Foren vorstellen. Es ist auch völlig richtig, dass die Passform, ich sehe darin auch die Auswahl nach der Verwendung, in erster Linie kaufentscheidend sein soll, so wie es von den zumindest erfahrenen Paddlern gehandhabt wird. Meines Erachtens verzetteln sich viel zu viel der angeblichen „Spezialisten“ in Material- und Detail-Fragen, möchten nur eine ganz bestimmte Eigenschaft (Schnelligkeit, Wendigkeit, Rollvermögen usw.) herausgezüchtet sehen und betrachten die Gesamtkomposition des Kajaks nicht, die es für den einzelnen erst zu einem guten Boot macht. Sie hinterfragen einfach nicht, für welchen konkreten Zweck sie den Kajak überhaupt benötigen.

            Einen weiteren äußerst wichtigen Punkt hast Du angesprochen: Die Entwicklung eines dem Boot angepassten Fahrstils. Das ist auch in meinen Augen das Hauptproblem der heutigen Zeit. Wie ich bereits oben beschrieben habe, ist es früher erforderlich gewesen, sich an den Kajak anzupassen. Das beinhaltet auch das Wissen, wie der Kajak in den verschiedenen Situationen im Wasser, bei Wind, Wellen und Strömungen reagiert. Das Verhalten des Kajaks kann nur aus der Erfahrung heraus erkannt und mit den Kenntnissen und dem Können des Paddlers selbst beeinflusst werden. Das gilt auch heute noch genauso! Weiß er, wie sein Boote anspricht, ist es kein Problem, sich bereits präventiv auf bestimmte Situationen einzustellen. Deshalb halte ich oft Testberichte von Kajakern, die ein Boot nur kurze Zeit fahren für nicht sehr zuverlässig, insbesondere was die Fahreigenschaften angehen, weil sie eben durch die gefärbten Brillen der einzelnen Tester gesehen werden.

            In meinem Fall zum Beispiel habe ich mich an meinen alten Kodiak so gewöhnt, dass ich ihn absolut nicht wechseln würde, nur um ein neues, besseres Modell zu besitzen. Da halte ich locker die sinnfreien Anfeindungen und spitze Bemerkungen, wie z.B., der Kodiak sei für das Meer nicht geeignet, aus der Ecke der ewigen Nörgler und Besserwisser aus, weil ich weiß, was ich mit diesem Boot auf dem Meer bereits geleistet habe. Sachbezogene Kritik und Vorschläge nehmen ich aber gerne an und versuche sie auch für mich zu verwirklichen.

            Erst wenn mein alter Kajak wegen Mängel/Bruch/Reparatur ausrangiert wird, würde ich mir überlegen, einen moderneren Seekajak, so wie er heute auf dem Markt ist, eventuell sogar ein waschechtes „Meerboot“ (wenn sich das Ladevolumen nur geringfügig verringert), aber eben nur aus HTP, zu erwerben. Für Langtouren sind für mich persönlich hohe Zuladung und extreme Robustheit die entscheidenden Kaufkriterien.

            Ein zusätzlicher Gepäcksack auf das Deck geschnallt, beeinflusst das Fahrverhalten eines schnittigen Seekajaks wesentlich mehr und sicherlich nicht im positiven Sinne, als die selbe Gepäckmenge in meinem „Containerschiff“. Die zur Jagd mitgeführten federleichten Schwimmblasen der Eskimos sind mit einem schweren Gepäcksack der selben Größe der heutigen modernen Nachahmer überhaupt nicht zu vergleichen! Mit diesen Schwimmblasen haben die Inuits ihre Jagdbeute über Wasser gehalten, damit sie sie bis zur Küste abschleppen haben können. Der Transport einer Robbe zum Beispiel ist auf dem Jagdboot völlig unmöglich gewesen! Wenn andere Paddler dazu eine andere Meinung haben, soll es mir recht sein. Nur lasse ich mir diese einseitigen Aussagen, die meist nur billige Allgemeinplätze wiedergeben, nicht aufdrängen.

            Ich erkennen aber unumwunden an, wenn ein anderer Paddler sich für ein teures, reinrassiges, schnelles, ultraleichtes Seekajak entscheidet und es auch wirklich seinem Zweck entsprechend benutzt.

            Viele Grüße
            Beyond

            PS: Natürlich verwende ich meine Grundsätze nicht nur für den Kajak allein, sondern benutze sie auch bei allen anderen Ausrüstungsgegenständen in „meinem“ Outdoorbereich. Trotzdem bin ich für Ideen, Vorschläge Meinungen aufgeschlossen. Nur ich hinterfrage sie kritisch, ob sie für mich selbst etwas Positives bringen. Genau diese skeptische Denkweise empfehle ich immer wieder, insbesondere auch bei meinen Tipps! (Smiley: „grins“)
            Zuletzt geändert von Beyond; 30.10.2012, 10:34. Grund: Aussagen zu den Inuits präzisiert

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            • raftinthomas
              Erfahren
              • 31.01.2007
              • 284
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              AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

              Naja.
              Never trust a guy with shiny gear, stimmt schon. Auf der anderen Seite wächst mit zunehemenden Können auch der Wunsch nach besserem Material, eben weil man den Mehrwert schätzen kann. Als ich mit paddeln anfing, konnte ich mir nicht vorstellen und verstehen, warum Menschen für einen Schaft mit zwei Stücken Plastik am Ende 800 Mark ausgeben würden.

              Leute, die wirklich gut paddeln können, besitzen für gewöhnlich auch das beste Materia das sie sich leisten können. Ausnahmen gibt es, aber die sind schon recht selten. Auf der anderen Seiten stehen halt Leute, für die Geld nur eine untergeordnete Rolle spielt, Zeit aber schon eher.

              Wer immer nur in ein und dem selben Boot sitzt gewöhnt sich natürlich an dessen Macken und bemerkt diese irgendwann gar nicht mehr.
              Wer häufig wechselt, 20 oder mehr verschiedene Boote jährlich fährt, kann durchaus auch nach sehr kurzen (Probe)Fahrten ziemlich fundierte Aussagen zum Fahrverhalten der Boote machen. Einfach weil er eine grosse Bandbreite an Booten und deren Fahrverhalten kennt.
              Diese Aussagen lassen sich umho auf viele andere Dinge übertragen, Fahrrad, Computer etc.
              Übrigens: Gib mir ein anderes Boot- kein Problem. Gib mir ein anderes Paddel- da ist die Umstellung weit grösser und schwieriger.

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              • Beyond
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                • 09.11.2010
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                AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

                Hej Thomas (raftinthomas),

                vielleicht haben wir uns hier ein wenig missverstanden. Natürlich kann jeder kaufen und nutzen was er gerne möchte, jeder nach seinem Gusto und Geldbeutel! Insbesondere dann, wenn man sich langsam zu einem Könner aufschwingt und bereits fundierte Erfahrungen gesammelt hat, trachtet ja ein jeder danach, seine Ausrüstung zu optimieren. Das mache ich ebenso! Auch ich benutze ein Karbonpaddel mit nur 850 Gramm (gegenüber einem Normalpaddel mit rund 1250 g), aber mit einer Länge von 240 Zentimetern, weil meine Kraft auch noch mit „Ü60“ spielend ausreicht, ein Paddel mit dieser Länge bestmöglich zu führen. Zwischen 1.500 und 2.000 km, mein Reisedurchschnitt auf Langfahrten liegt bei etwas über 1.600 km, habe ich dann mindestens 1 Million mal die Blätter durch das Wasser gezogen. Jedes Gramm des Paddels entspricht dabei in der Summe eine Tonne, die da bewegt worden ist. Bei einer Gewichtseinsparung von 400 g sind das dann 400 t, die ich auf jeder meiner Seekajak-Touren nicht zusätzlich bewältigen muss. Nach dieser kleinen Rechnung weiß man den Wert eines leichten Paddels zu schätzen - Du genauso wie ich!

                „Ich erkennen aber unumwunden an, wenn ein anderer Paddler sich für ein teures, reinrassiges, schnelles, ultraleichtes Seekajak entscheidet und es auch wirklich seinem Zweck entsprechend benutzt“, habe ich im letzten Beitrag geschrieben. Damit sind die Spezialisten unter den Kajakern gemeint, so wie Du es in gleicher Weise angeführt hast. Wenn ich paddeln will und ich immer den selben Rundkurs fahre, ist ein teures, leichtes, schnelles Boot sicherlich eine Zeitersparnis. In diesem Fall gebe ich Dir recht, wenn Du begründest, dass man in einem schnellen Kajak mit Geld „Zeit“ kaufen kann. Im Umkehrschluss mindert ein schnelles, leichtlaufendes Boot aber logischerweise den Trainingseffekt - bei gleichbleibender Strecke.

                Wenn ich zum Beispiel eine Stunde Zeit habe und paddeln will, interessiert mich ein temporärer Vorteil überhaupt nicht. Hier lässt es sich höchstens damit argumentieren, in dieser Stunde eine größere Distanz zurücklegen zu können. Wenn es beim Paddeln um Fitness in einer Trainingseinheit von einer Stunde geht, um beim Beispiel zu bleiben, spielt es in meinen Augen keine Rolle, ob ich eine längere Strecke mit einem schnelleren Boot zurücklege oder eine kürzere mit einem langsameren - solange die körperliche Leistung gleich bleibt.

                Für den von vielen Wohlstandsgenährten gewünschten Umbau von Fett- in Muskelmasse, auch ich gehöre dazu, ist es meiner Meinung nach völlig unerheblich, ob ich dabei ein schnelles oder langsames Boot (gilt auch für das Fahrrad) benutze, bei konstanter körperlicher Leistung vorausgesetzt. Bei einem gleichweiten Kurs gerate ich mit einem schnellen, leichten Kajak/Fahrrad bei der Speckvernichtung sogar ins Hintertreffen, wie oben beschrieben. Darum amüsiere ich mich immer wieder, wenn ich sehe, welche High-Tech-Geräte von diesen schwergewichtigen Sportlern verwendet und welche Erfolge nach einer Saison bei der Fettverbrennung im Endeffekt erzielt werden. Ob unter dem Gesichtspunkt einer ersehnten Wandlung von einem Pykniker zu einem Athleten, praktisch eine Umkehrung von Ober- und Taillenweite, ein schneller Kajak mehr Freude bereitet als ein behäbiger Kahn, will ich einmal dahingestellt lassen. Sollte ich mit meiner Darstellung falsch liegen, bitte korrigiere mich.

                Ich belächle nicht die wahren Koryphäen, wenn die sich bei ihrem Material permanent verbessern, sondern eigentlich mehr die Neulinge, die gleich mit einer teuren Topausrüstung einsteigen wollen (Tenor der einschlägigen Forumsfragen dazu: Was ist der beste Seekajak, das beste Paddel, das beste Zelt, das beste Kochset, die beste Liegematte, der beste Schlafsack usw.?), obwohl sie noch nicht einmal wissen, ob ihnen diese neue Sportart eigentlich zusagt und ob sie sie überhaupt leistungsmäßig ausüben können. Man könnte sie auch als zahlende „Trendsport-Tester“ bezeichnen, die alles Neue sofort ausprobieren - nur um dabei, also „up to date“ zu sein ... und so die Konjunktur zum Geldverdienen ankurbeln, der eigentliche Sinn und Zweck und Hintergedanke der gesamten Outdoor-Industrie mit ihrem Martketing. Den anfänglichen Idealismus im Outdoorbereich hat der Kommerz schon längst überholt!

                Leider gehören diese allzu innovativen Leute oft zu denjenigen, die sich mit ihrem angelesenen, gegoogelten, videogeschulten, werbungshörigen Wissen aber ohne der geringsten praktischen Erfahrung bereits als Experten ausweisen. Eine ironische Kostprobe eines dieser selbsternannten Fachkundigen aus meinem Gedächtnis: Mein Survival-Messer eines berühmten Bushcrafters habe ich rasiermesserscharf geschliffen. Damit batone ich, wie er auch, mein Brennholz für das Lagerfeuer! - Beyonds Vers d'rauf: Sicherlich geht das: zum Beispiel mit Balsaholz von 40 kg/m³ ... Nun aber die Frage an Radio Eriwan: „Ist es möglich, mit dieser rasiermesserscharf geschliffenen Schneide auch astreiches Buchen/Eichenholz zu spalten?“ Antwort von Radio Eriwan: „Im Prinzip ja, aber man sollte sich mit rasiermesserscharfer Schneide bereits vorher rasiert haben, nach Batoning kann man auch mit neu gestalteter „Notched-Klinge“ einen Versuch wagen, Bart abzuschaben, besser aber beim Partner - ist dito als Tactical Knife, Fighting Knife und Special Equipment for Assassination durchaus verwendbar.“ (Jetzt mach' ich lieber einen Sicherheitssmiley: „entwaffnendes“ Lächeln!)

                Dass ein Paddler, der viele Boote gefahren hat, langsam zu einem Kajak-Experten mutiert, ist vollkommen richtig. Natürlich kann er dann die Fahreigenschaften der unterschiedlichen Boote auf einer kurzen Probefahrt grob einschätzen. Allerdings wird er dabei keine Langtouren-Tests unternehmen und alle Boote auch nicht bei extremen Wetterverhältnissen gefahren haben, von echten Sturmfahrten und „Abwettern“ auf See einmal ganz zu schweigen. Für den Allgemeingebrauch reichen diese Kurz-Tests allemal aus. Sie decken aber nicht die breite Palette der Einsatzoptionen eines Seekajaks ab.

                Diese sehr undifferenziert gehaltenen Bewertungen können nicht auf Langfahrten transformiert werden, so wie ich sie durchführe. Die Fahreigenschaften ändern sich schlagartig bei voller Beladung, insbesondere dann, wenn man zum voll gepackten ranken Seekajak noch einen zusätzlichen Gepäcksack auf das Deck schnallen muss, um eine Urlaubspaddeltour von mehreren hundert Kilometern als „Küstentörn“ oder „Inselsprung“ bei jedem Wetter absolvieren zu können. Ein Sturm kann einen Seekajaker trotz bester Wettermeldungen auf offener See völlig unerwartet treffen. Ich kenne darüber kaum einschlägige Tests von diesen „Vielbootfahren“. Wenn ich zu „meinem“ Seekajaking entsprechende Informationen erhalten will, muss ich schon auf Expeditionsbeschreibungen ausweichen und dort zwischen den Zeilen das herauslesen, was für mich als wichtig erscheint. Diese Daten sind aber äußerst dünn gesät!

                Was für den Einzelnen das bessere und/oder wichtigere Equipment darstellt und mit welchem Wissen man auf Reisen geht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Da will ich niemanden irgend etwas vorschreiben, aufdrängen oder empfehlen. Ich erzähle hier nur, wie ich es mache, was ich benutze und was ich davon halte.

                Ein Paddeltrip soll Freude und Spaß machen! Der eine erreicht das mit „High-Tech“ und seinem Geldbeutel, der andere mit „Low-Tech“ und seiner Datenbank im Oberstübchen. Wichtig ist ein erfolgreiches, schönes und unfallfreies Erlebnis, wovon letztendlich beide Seiten und die vielen Outdoorler zehren, die zwischen diesen beiden Polen unserem Hobby frönen. Wenn dann alle Beteiligten noch die allgemeinen Outdoor-Regeln einhalten, ist jeder zufrieden, auch diejenigen, die mit uns nichts zu tun haben (wollen).

                Angeprangert wird von mir nur die explodierende Unvernunft in der ständig wachsenden Outdoorgemeinde mit Mitgliedern unterschiedlichster Couleur, die unserem schönen Hobby immer mehr schadet und die Öffentlichkeit gegen uns aufbringt. Die unweigerlich fortschreitende „Reglementierung des Aufenthalts in der Natur“ weist ja bereits eindeutig in diese Richtung!

                Warum sollen umsichtige, weitschauende Outdoor-Freaks, die die Gefahren der mutwillige, sinnlosen Zerstörung der Natur bereits jetzt schon erkennen und diesen schönen, heute noch frei zugänglichen Lebensraum auch für die nachfolgenden Generationen erhalten wollen, nicht ihre Stimme erheben gegen Borniertheit, Leichtsinn, Gedankenlosigkeit, und Torheit einiger unverbesserlicher Ignoranten? Wieso wird dann von diesen verstockten Leuten für ihr naturwidriges Tun bei den Befürwortern eines vernünftigen, sanften Outdoorlebens Toleranz eingefordert, die sie selbst gegenüber der Natur nicht einhalten, ja sogar ablehnen?

                Ich hoffe, dass wir beide in diesem Zusammenhang an einem Strang ziehen, wenn wir vermutlich auch nicht im selben Boot sitzen, ich in einem alten Plastekahn und Du in einem modernen ... (Smiley: „zwinkern“)

                Viele Grüße
                Beyond

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                • krupp
                  Fuchs
                  • 11.05.2010
                  • 1466
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                  AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

                  hey hey... ich meine.. AHOI !

                  sag mal beyound, wie ist das eig so mit der einreise per boot?
                  wurdest du da jemals belästigt oder welche spannenden dinge hast du dabei erlebt?
                  Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave.

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                  • Beyond
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                    • 09.11.2010
                    • 601
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                    AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

                    Hallo Krupp,

                    über den Grenzübertritt in die Balkanländer auf dem Mittelmeer habe ich bereits hier im Post #469 etwas geschrieben. Da habe ich nirgends Probleme gehabt, bin nie kontrolliert worden, nicht einmal in Albanien. Allerdings geriet ich gleich am ersten Tag in Albanien mit einem echten und einem quasi Gesetzteshüter in Konflikt. Nachzulesen ist diese Begegnung in meinem Post #84 ab dem 7. Absatz.

                    Am letzten Tag in Albanien focht ich noch mit einem „Schwarzen Sheriff“ ein nonverbales Streitgespräch in der kleinen Ortschaft Dhermi aus. Wenn es Dich interessiert, ist es hier im Post #98
                    nachzulesen, ungefähr in der Mitte.

                    Auf meiner Tour von Eining zur Olympiade in Athen 2004 hatte ich auf der Donau relativ wenig Probleme, obwohl ich in Bulgarien und Rumänien mit regelmäßige Kontrollen konfrontiert war, auch bei einer Nachtfahrt. Das und die Einreise in die Türkei im Schwarzen Meer sind aber eigenständige Geschichten. Wenn Du sie lesen möchtest, kann ich sie ja in den nächsten Posts schildern.

                    Viele Grüße
                    Beyond

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                    • Beyond
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                      AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

                      Hej Outdoor-Gemeinde, Seekajak-Freaks,

                      im „Vereinten Europa“ gibt es eigentlich kaum mehr größere Schwierigkeiten, wenn man die Grenzen passiert und/oder auf die regionale Obrigkeit stößt. Nur auf dem Balkan kann es noch vorkommen, dass man kleinere Überraschungen erlebt. Davon will ich in diesem und den nächsten Beiträgen berichten, als ich 2004 von Eining an der Donau zu den Olympischen Spielen in Athen mit meinem Paddelboot unterwegs gewesen bin.

                      In Hainburg, der letzten österreichischen Ortschaft an der Donau ergänzte ich meine Lebensmittel und befüllte meinen Wassersack, bevor ich weiterzog in für mich nun unbekanntes Terrain. Nach einem rechten Donauknick entdeckte ich kurz nach der Grenze das Zollboot der Slowakei am linken Ufer an einem Steg vertäut. Ich paddelte hinüber und legte hinter dem Boot bei einem in Augenhöhe befindlichen Gitterrost des Bootes an. Die Strömung war sehr stark an dieser Außenseite der Flussbiegung, so dass ich mich schon recht gut festhalten musste, um nicht losgerissen und abgetrieben zu werden. Ein „Grenzerpärchen“ in schicker Uniform, ein junger Herr und ebenso junge Dame kamen vom Zollhaus ans Ufer und verlangten meine Dokumente. Ich begrüßte sie mit: „Willkommen in Europa, schön, dass ihr jetzt bei uns seid!“, weil die Slowakei erst ein paar Tage zuvor, am 01.05.2004, Mitglied der Europäischen Union geworden war. Da ich meine Papiere im Kleidersack hinter dem Sitz verstaut hatte, erklärte ich ihnen, ich müsse erst anlegen und aussteigen, um an meinen Pass heranzukommen. Weil es durch die steile Böschung und dem hohen Gitterrost an dieser Stelle nicht möglich war, aus dem Kajak zu steigen, suchte ich eine geeignete Stelle weiter flussabwärts und deutete auf diese. Scheinbar war es den beiden aber zu weit zu laufen. Nach einer kurzen Diskussion mit ihrem Kollegen und vielleicht das vereinigte Europa vergegenwärtigt, winkte mich die Beamtin, einfach weiter. Ich bedankte mich überschwänglich und fuhr ohne Kontrolle in die Slowakei hinein.

                      An der Grenze zu Ungarn in Komárom, ebenfalls ein taufrisches EU-Mitglied, hatte ich schon bei einem kurzen Halt vorher meinen Kleidersack hinter dem Sitz hervorgeholt, damit ich meinen Ausweis herzeigen konnte, falls man ihn verlangen würde. Die Zollstation war aber völlig verwaist. Ich fragte einen Arbeiter, wo der Zoll sei. Er deutete hier auf die Stelle, auf der er stand und dann auf das Gebäude dahinter. Kein Zöllner oder Polizist kam aus diesem Schuppen. So ließ ich den Kajak an der Zollbaracke vorbeitreiben und das war die ganze Grenzkontrolle. Weder ungarische, noch slowakische Beamte ließen sich blicken. Die Europäische Union hatte diesen kleinen Grenzverkehr scheinbar sehr schnell realisiert!

                      Die gemeinsame Grenzstation von Serbien, Kroatien und Ungarn war ebenfalls nicht besetzt und ich überließ mich wieder der Donau, die mich am gemeinsamen „dreiteiligen“ Zollhaus und an den drei Staatsfahnen gemächlich vorbeidefilieren ließ. Bis rund 40 km vor Novi Sad wechselten sich die Länder Kroatien und Serbien ständig ab, durch die die Donau periodisch floss. Dann strömte die Donau nur noch durch Serbien allein.

                      Ein kleines paddeltechnisches Intermezzo: Infolge des Balkankriegs 1999 waren alle Brücken in Novi Sad von der Nato zerstört worden. Der Verkehr über die Donau wurde mehr als sechs Jahre lang über eine Pontonbrücke abgewickelt, die nur dreimal wöchentlich für Schiffe geöffnet worden war. Weil ich mich auf eine Nachtfahrt eingelassen hatte, kam ich dort erst um Mitternacht an. Ich wollte nicht in dem Grenzgebiet von Serbien und Kroatien Gefahr laufen, verhaftet zu werden, wenn ich dort angelandet wäre und übernachtet hätte.

                      Langsam näherte ich mich der Brücke. Sie war nur schwach beleuchtet. Als ich die Enge der Durchfahrt erkannte, musste ich kräftig zurückpaddeln, denn ein Durchkommen schien unmöglich. Die Strömung der Donau traf in einem etwa 60-Grad-Winkel auf die Pontons und diese leiteten das Oberwasser nach rechts ab, direkt auf und unter das Ende des nächsten Pontons. Sie war auch so stark, dass ich befürchten musste, die Wassermassen würden mich unweigerlich gegen und unter den Riesenpott drücken. Was tun? Ich fuhr noch einmal nahe heran und beäugte die Situation: Die Pontons des Militärs waren an Bug und Heck symmetrisch, wiesen flach gebaute Enden auf, die etwa in einem 45-Grad-Winkel über die gesamte Breite des Kahns hochgezogen waren. „Wenn mich die Strömung gegen diese schräge Wand treibt, würde ich unweigerlich kentern und ich musste dann befürchten, auch noch unter den Rumpf gespült zu werden“, überlegte ich. Die Enden standen zueinander und in doppelter Reihe, ein Ponton für jede Fahrbahn der Straße. An der Vertäuung von zwei Pontons war ein Durchlass gegeben, von rund einer Kajaklänge in der Breite und etwa 2 m Höhe. Lang war der so aus 4 Pontons entstandene „Tunnel“ um die 10 Meter. Die Durchfahrt wäre machbar, wenn ich die starke Strömung an der Einfahrt überwinden könnte, ohne von ihr gegen die überhängende Wand geschoben zu werden. Dreimal setzte ich an und brach wieder ab. Immer stimmte irgend etwas nicht: Mal war der Winkel zu steil, mal zu flach, mal war ich zu langsam und bei allen drei Versuchen hatte ich einfach auch richtig Bammel. Beim vierten Ansatz packte mich der Mut und ich fuhr zwischen den Spannseilen auf den Pontondurchlass zu. Das Steuerruder hart nach links, mit dem Paddel zusätzlich einen Steuerschlag und ich war im „Tunnel“ der ersten beiden Kähne. Sobald ich den Eingang zwischen den Seilen und den Beginn der Pontons hinter mir gelassen hatte, war die gefährliche Querströmung plötzlich nicht mehr vorhanden und ich hatte überhaupt keine Schwierigkeit unter der restlichen Brücke gemächlich hindurchzupaddeln.

                      Erleichtert ließ ich mich jetzt treiben, hatte ja nun genügend Zeit bis zum Morgengrauen. Auf der Höhe der Theißmündung setzte die Dämmerung ein und ich konnte die Kilometrierung wieder erkennen. Rund 30 Kilometer vor Belgrad bootete ich aus, um etwas Schlaf nachzuholen und zu regenerieren. 195 km in einem Zug durchzupaddeln, zehrten doch sehr an meinen Kräften.

                      Als die Donau den Grenzfluss zwischen Rumänien und Serbien bildete, verlor ich einmal auf der serbischen Seite die Kilometerzählung und versuchte bei einer Kurve zur rumänischen Seite zu wechseln, um deren Kilometrierung lesen zu können. Naja, in Wirklichkeit wollte ich einfach abkürzen, denn der Rückstau von der Staustufe am „Eisernen Tor“ machte sich bereits bemerkbar, besser gesagt: Es reihten sich mehrere größere Becken vor dem „Eisernen Tor“ aneinander. Beim Autofahren würde man das als Kurveschneiden bezeichnen. Schon war ein rumänischer Grenzpolizist zur Stelle und hielt mich auf. Als ich dem Offiziellen weismachte, warum ich auf rumänisches Gebiet gewechselt war, hellte sich sein Gesicht zusehends auf und er erklärte stolz, es sei der Stromkilometer 1018. Natürlich musste jetzt eine entsprechende Bemerkung folgen, dass in Rumänien alles zum Besten geregelt sei, auch die zuverlässige Anzeige der Entfernungsmarken. Ich versprach, sofort wieder auf die andere Seite des Flusses zu wechseln. Ein netter Gruß und alles war erledigt. Es gibt auch sehr nette, unkomplizierte Grenzbeamte.

                      Beim Flusskilometer 870 kontrollierte mich die rumänische Grenzpolizei mit einem zivilen Motorboot erneut, weil ich die Linkskurve der Donau wieder etwas zu eng genommen hatte. Ich musste extra an Land fahren, um meinen Pass aus dem Kleidersack hinter meinem Sitz zu fischen. Es war aber alles in Ordnung und ich erklärte den Beamten, dass ich stolz bin, zum ersten Mal in meinem Leben mit festen Füßen auf rumänischem Boden zu stehen und ich als Paddler, ohne Motor, in der Stauzone meist die Diritissima anpeile. Der Chef der Bootsbesatzung schien ebenfalls Paddler gewesen zu sein, zumindest hatte er ein Faible für unseren Sport gehabt, denn er deutete grinsend über den Fluss und meinte, ich solle lieber schnellstens wieder nach dorthin verschwinden, weil bei mir der Einreisestempel nach Rumänien fehle. Mit dem Hinweis, dass es noch rund 8 km bis zum nächsten Wehr und der letzten Schleuse auf der Donau seien, verabschiedeten er sich sehr höflich und wir winkten uns noch zu, als ich die Mitte des Flusses und somit die Grenze passiert hatte. Allerdings sind meine Personalien jetzt festgehalten und ich muss mich in der nächsten Zeit vorsehen, nicht erneut auf die rumänische Seite zu gelangen, zumindest nicht mit Absicht. 5 Kilometer vor dem Wehr hörte ich hinter mir einen Motor brummen und bemerkte einen Lastkahn. Ich legte einen Zahn zu und konnte mit ihm in der Schleuse ohne Wartezeit die letzte Staustufe auf der Donau passieren.

                      Bei Kontakten mit den „Offiziellen“ der verschiedenen Nationen half mir der Hinweis: „Ich paddle zur Olympiade nach Athen!“ in der Regel immer weiter und mancher sah dabei über einen kleinen Verstoß meinerseits großzügig hinweg. Kreiert habe ich den Spruch am ersten Tag meiner Reise im Donaudurchbruch bei Weltenburg, als mich Kelheimer Paddler, die mir entgegenkamen, gefragt hatten, wo's denn hingehe. Allerdings erntete ich von diesen nur die geringschätzige, ungläubige Bemerkung: „A' geh', Du Schmarrer, des gla'bts Du do' saiba net und a andara des Dia scho' gar net! Bis owe na' Passau, dad ma Da' ja gla'm, hechst'ns no, dass d' bis Wean kimst', aba nia ned weida!“ Die ungefähre deutsche Übersetzung der bayerischen wörtlichen Rede lautet: „Aber nicht doch, Du Dummschwätzer, das glaubst Du doch selber nicht und eine fremde Person nimmt Dir das ganz bestimmt nicht ab! Die Tour bis nach Passau würden wir Dir ja glauben, Du könntest höchstens noch Wien erreichen, aber paddelst garantiert nicht darüber hinaus!“ Zur Ergänzung: Im Bayerischen ist die doppelte Verneinung „nia ned“ nicht mathematisch zu verstehen, also nicht bejahend (minus mal minus ergibt plus), sondern dient zu Bekräftigung der negativen Aussage in diesem Sinne: bestimmt nicht, absolut nicht, überhaupt nicht, garantiert nicht, gewiss nicht, eben „nia ned“.

                      Dies ist der erste Teil über mein relativ lockeres Zusammentreffen mit der Obrigkeit auf dem Balkan gewesen. Was ich auf der Donau alles in Bulgarien und Rumänien erlebt habe, erzähle ich im nächsten Beitrag.

                      Viele Grüße
                      Beyond
                      Zuletzt geändert von Beyond; 09.11.2012, 22:18.

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                      • Deichgraf
                        Erfahren
                        • 01.05.2011
                        • 269
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                        AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

                        So viel Verrücktheit macht einfach schon wieder Spaß!

                        Danke für den Bericht! Wann kommt Dein Buch raus?

                        Gruß,

                        Daniel
                        Im Umgang mit anderen Menschen stellt sich immer wieder die gleiche Frage: "Spinne ich oder die anderen?" Ich möchte nichts vorweg nehmen, nur soviel: JA !

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                        • Beyond
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                          • 601
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                          AW: Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

                          Hallo Daniel (Deichgraf),

                          naja, da hast Du schon recht, ein wenig verrückt muss man schon sein, in dem letzten Abschnitt seines Lebens alle seine realisierbaren Jugendträume verwirklichen zu wollen. Aber das funktioniert eigentlich recht gut, zumindest bis jetzt. Seit meiner Pensionierung im Jahre 2000 bin ich fast jedes Jahr längere Zeit unterwegs gewesen, mit allen möglichen fahrbaren Untersätzen und durch ganz Europa. Dabei habe ich immer versucht, meine Reisen mit einem minimalen Budget durchzuziehen - aber ohne jemanden groß auf der Tasche zu liegen. Das „Durchschnorren“, wie es speziell von jenseits des Atlantiks früher propagiert worden ist: „Ohne Geld um die Welt“, „Südamerika-Handbuch“ und dergleichen, lehne ich grundsätzlich ab! Das ist in meinen Augen nichts anderes, als die Gastfreundschaft der meist ärmeren Bevölkerung in der „Dritten Welt“ schamlos auszunützen.

                          Im Post Post #712 habe ich Dir mitgeteilt, dass ich anstelle eines Buches meine Informationen in meiner Homepage veröffentlichen werde. Zur Zeit sind das die „sachbezogenen“ Posts hier in den Outdoorseiten ohne den allgemeinen Kommentaren - sozusagen eine Komprimierung auf das Wesentliche. Ergänzt sind sie mit einer kleinen Bildergalerie von meinen Reisen mit dem Kajak, Moped und Camper. Die Reiseberichte werde ich erst schreiben, wenn ich einmal nicht mehr auf Tour gehen kann.

                          Wenn es Dich interessiert, kannst Du in den „Outdoorteil“ hier hineinklicken. Meine Homepage ist aber erst im Entstehen. Einige Abschnitte sind noch nicht mit Leben erfüllt. Dafür sind die langen Winternächte vorgesehen.

                          Viele Grüße
                          Beyond

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                          • Beyond
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                            Hej Outdoor-Gemeinde, Seekajak-Freaks,

                            der zweite Teil über den Kontakt mit der Obrigkeit auf dem Balkan befasst sich mit „Bulgarien Nord“ an der Donau. Bulgarien war ein damals potentieller Anwärter auf die Mitgliedschaft in der Europäischen Union, also ein weiteres osteuropäisches Land in Lauerstellung.

                            Bei Tagesanbruch empfing mich bereits an der Grenze zu Bulgarien das Einsatzboot der Polizei und geleitete mich ans bulgarische Ufer. Einer der Beamten nahm meine Personalien aus dem Reisepass auf, gab sie der Zentrale durch und forderte mich unmissverständlich auf, „nonstop“ bis zu der nächst größeren Stadt, nach Vidin, zum offiziellen Grenzübertritt zu paddeln. Dort müsse ich mich melden.

                            Also schipperte ich los, um die 50 km Flusslauf hinter mich zu bringen. Als Vidin in Sicht kam, war es mir schon wohler. An der Fähre nach Rumänien, kurz vor der Stadt, meinte ich, es sei bereits die Zollstation. Ich bootete aus und frage einen deutsch sprechenden Grenzer. Der sah erneut meine Papiere ein, telefonierte, kam nach einer ewig langen Zeit wieder zurück und erklärte mir, ich müsse direkt nach Vidin in den Hafen und dort alle Einklarierungsdetails erledigen. Hier sei die Zollbehörde nur für den Grenzverkehr „Bulgarien/Rumänien“ auf der Straße zuständig. Er wunderte sich, warum kein Vermerk von Serbien in meinem Pass war. Ich erzählte ihm, dass ich nirgends einen Grenzbeamten aufgetrieben hatte, der mir die Stempel in den Pass hätte drücken können. Anschließend fügte ich noch so nebenbei ein, dass ich zur Olympiade nach Athen paddeln wolle. Der Grenzer meinte daraufhin, ihm sei es ja egal, was die Serben machen, hier in Bulgarien geht das aber auf keinen Fall, hier herrsche Ordnung. Entsprechend dem Empfang an der Grenze musste ich ihm da absolut beipflichten.

                            In Vidin selbst rief mir ein Mann von einem Lastkahn aus zu, ich müsse hier zur Passkontrolle anlegen. Der Überwachungsstaat funktioniert in Bulgarien ausgezeichnet! Ich wurde bereits erwartet. Man wies mir eine Treppe zu und zwei Herren, ein Grenzer in Uniform, es war derjenige, der mich auf der Flussschute abgepasst hatte und ein älterer Herr im Anzug vom Zoll kamen, um mich abzuholen. Ich nahm meinen Kleidersack und folgte den beiden. Der Zöllner sprach ein wenig deutsch und proklamiert immer wieder die seit Ewigkeiten bestehende deutschbulgarische Freundschaft. Scheinbar war er noch ein Vertreter von der alten Garde.

                            Die Passabfertigung dauerte außergewöhnlich lange! Der Herr vom Zoll stellte die üblichen Fragen: Woher, wohin, eventuell Abstecher in das Landesinnere usw. Ich wurde einfach den Eindruck nicht los, dass es sich dabei nicht nur um Fragen über Zollformalitäten handeln würde. Anschließend übernahm eine resolute Beamtin in Uniform meinen Vorgang. Sie erklärte mir auf englisch, ich brauche ein Visum und das Kopfgeld betrage 20 US-Dollar (offiziell hieß das natürlich „Einreise- und Visumgebühr“). Als alle Papiere soweit fertig waren, kassierte die Dame 20 Euro und gab mir 5 Lewa heraus. Das war zur damaligen Zeit eine reelle Währungsumrechnung. Meine positive Erfahrung daraus: Die Bulgaren sind auch in dieser Angelegenheit ebenfalls sehr korrekt! Anschließend überreichte sie mir das Visum und ich erhielt eine Einführung in die bulgarische Grenzpolitik mit ihrem Flussanrainer Rumänien: Detailliert erklärte die Offizierin auf einer Landkarte, wo genau ich mich auf bulgarischem Gebiet bewegen darf. Im Prinzip war das auf der rechten Seite flussabwärts bis etwa zur Mitte des Stroms, allerdings mit Ausnahmen bei den einzelnen Flussinseln. „Das beste ist, Sie halten sich grundsätzlich an das rechte Ufer, dann befinden Sie sich immer auf unserer sicheren Seite“, gab sie mir mit einem breiten Lächeln den guten abschließenden Rat und ich überlegte lange, ob sie diese zweideutige Bemerkung rein zufällig oder mit Absicht hatte fallen gelassen. In Silistra müsse ich dann das Visum wieder abgeben, um einen Ausreisestempel in den Pass zu bekommen. Die ganze Prozedur dauerte über zwei Stunden.

                            Ein bisschen Paddelalltag: Bereits am ersten Tag in Bulgarien entschloss ich mich wieder für eine Nachtfahrt, weil durch die sumpfigen Auwälder die Ufer zum Übernachten nicht sehr einladend waren. An einer matschigen Stelle stieg ich nochmals kurz aus, versank sofort bis zu den Knien im Schlamm und unter der Anwesenheit zahlreicher sich auf ihr aufgetischtes Abendmahl freuenden Mücken, packte ich etwas zu Essen und zu Trinken vom Stauraum in die Sitzluke. Bei gelblich fahlen Sonnenuntergang machte ich mich weiter auf den Weg. Ab und zu aß ich eine Kleinigkeit und trank etwas. Die Nacht brach herein und meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Gerade wieder einmal beim „Brotzeiten“ bekam ich einen leichten Schlag gegen die Brust. Instinktiv griff ich in die Höhe und fühlte einen dicken Stamm, den ich dann krampfhaft umklammerte, während sich der Kajak langsam querlegte und gefährlich zur Seite kippte. Die Strömung der Donau hatte mich, ohne es zu merken, in Ufernähe getrieben, direkt in ein umgefallenes Baumskelett. Ich dachte schon: „Jetzt liegst du im Bach!“ Weil ich die Knie noch in den Schenkelstützen eingeklemmt gehabt hatte, gelang es mir, das Boot mit der Hüfte wieder langsam gegen die Strömung aufzurichten. Nur ein paar Tropfen Wasser schwappten in die offene Luke. Mit Mühe konnte ich mit den Armen und den Beinen den Kajak erneut in die Strömung drehen und dann das Boot leicht von dem Ast nach rückwärts wegdrücken. Auf Tour hatte ich das Paddel grundsätzlich mit einer Leine gesichert, das konnte mir nicht davonschwimmen. Mit einer Hand holte ich es wieder an der Sicherungsschnur zu mir heran. Es hatte sich nicht einmal in dem Gestrüpp verheddert. Ich befreite mich aus der Gefahrenzone, indem ich mich geduckt unter dem Ast hindurchtreiben ließ. Da hatte ich großes Glück gehabt. Mit sehr gemischten Gefühlen setzte ich die Fahrt fort. „So leichtsinnig darfst du nicht mehr sein!“, nahm ich mir zu Herzen und ich hielt mich seitdem lieber mehr zur Flussmitte.

                            Zweimal kam ein Schubverband mir entgegen und einer überholte mich. Bei den großen Pötten paddelte ich während der Begegnung näher an das Ufer heran, so dass ich keinen behinderte. In der Nacht hörte ich ja die Motorengeräusche sehr weit, so dass ich rechtzeitig reagieren konnte. Scheinwerfer von den Kähnen die sonst das Ufer ableuchteten, strahlten mich kurzzeitig an, bis die Schiffsführer mich als Paddler erkannt hatten. Meist winkte ich dann zu dem Schiff hin über. Oft ging der Scheinwerfer auf und nieder als Antwort, einmal ertönte sogar zweimal kurz hintereinander das Horn - Flussschifferalltag, für sie reine Routine.

                            Lichter sah ich von Ortschaften und im Dunkel die Konturen der beiden Ufer. Es begann wieder zu regnen.

                            Es war sicher schon nach Mitternacht, als mich plötzlich ein Scheinwerfer von einem bulgarischen Grenzbeobachtungsturm von der rechten Seite erfasste, als ich ihn passiert hatte. Der Lichtstrahl verfolgte mich dann ununterbrochen. „Die Jungs sind aber hellwach!“, dachte ich bei mir, fuhr aber weiter. Nach einer Zeit flammte vor mir ein weiterer Scheinwerfer auf, der die Donau absuchte. „Die Meldung ist vorangegangen“, waren wieder meine Gedanken. Der Scheinwerfer fand mich und leuchtet mir quasi den Weg aus, während der Lichtkegel hinter mir zum Glück wieder erlosch.

                            In diesem kurzen Augenblick, als die beiden Strahlenbündel auf mich gerichtet waren, erinnerte ich mich mit Schaudern an die Kriegsfilmaufnahmen, wenn mehrere Flackstellungen ein feindliches Flugzeug entdeckt hatten. Zum „Schifferlversenken“ würde bei mir schon ein Maschinengewehr mit Leuchtspurmunition ausreichen und nicht einmal eine leichte 2-cm-Flak nötig sein.

                            Ich versuchte die Blendung mit der flachen Hand etwas abzumildern. Das musste der Beobachter bemerkt haben, denn der Lichtkegel verschwand aus meinem Gesicht und blendete mich nur noch gelegentlich, wenn der Grenzsoldat sich vergewisserte, wo ich mich gerade befand. Allerdings hielt er wieder voll auf mich d'rauf, als ich an seinem Standort vorbeigepaddelt war und ich den Scheinwerfer im Rücken hatte.

                            Nach der nächsten Übernahme bemerkte ich, wie sich vom Ufer ein Boot löste und sich auf mich zubewegte. „Kontrolle, naja, was soll's, ist eine Abwechslung in dieser tristen verregneten Nacht.“ Blaulicht flackerte auf und der Bootsscheinwerfer strahlte mich an. Ich legte demonstrativ das Paddel auf das Boot, um zu signalisieren, dass ich wartete, bis sie herangekommen waren. Auf englisch verständigten wir uns. Ich erklärte, ich müsse aussteigen, um an den Pass und das Visum zu kommen. Scheinbar hatte das Wort „Visum“ irgendwie etwas Positives, bereits „offiziell Beglaubigtes“ bewirkt, denn der Bootskommandant bat mich sehr höflich, mit ihnen rund einen Kilometer zu ihrem Stützpunkt zurückzufahren, dort wäre die beste Möglichkeit für mich anzulanden und auszusteigen. Das Motorboot fuhr sehr langsam, so dass ich in der zweiten Heckwelle bequem hinterherpaddeln konnte. An einem kleinen Strand zog ich das Boot an Land und zeigte meine Papiere her. Hohe Laubbäume hielten den Regen ab. Sogar die beiden Männer stiegen vom Beobachtungsturm herunter und sahen sich interessiert meinen Kajak an. Bei ihnen bedankte ich mich, dass sie mir nicht ständig in die Augen geleuchtet hatten, was sie nach der Übersetzung meines Lobs durch den Kommandanten mit ersichtlicher Genugtuung aufnahmen. Alle Papiere waren in Ordnung und wir unterhielten uns noch eine Weile völlig ungezwungen: Nachtfahrt, weil ich keinen geeigneten Platz zum Schlafen gefunden hatte, alles versumpft ... nein hier können Sie nicht übernachten, ist militärisches Gebiet ... ja, wir haben bereits auf Sie gewartet ... soso zu den Olympischen Spielen in Athen wollen Sie ... jetzt ist es kurz nach ein Uhr und wir befinden uns beim Stromkilometer 724 und ... keine Kontrolle mehr in dieser Nacht... ganz bestimmt werde ich auf den Schiffsverkehr aufpassen, wenn ich ohne Beleuchtung paddle ... wünschen noch eine gute Reise ...danke und ihnen in dieser Nacht keinen weiteren Paddler mehr, den Sie kontrollieren müssen ... nein, ist keiner mehr gemeldet! Das war also die Nacht-Patrouille der Bulgaren, alle nette Kerle - wenn natürlich die Papiere in Ordnung waren. Bei Regen setzte ich meine Fahrt fort. Es war trist und die Kälte und Müdigkeit traten ein. Langsam, ganz langsam kam die Dämmerung, es tröpfelte noch immer. "Bei der nächsten Gelegenheit gehst du an Land", entschloss ich mich und ich werde einen Ruhetag einlegen.

                            Die Weiterfahrt am übernächsten Tag verlief fast reibungslos. Nur als ich eine weite Linkskurve bei einer größeren Insel abkürzen wollte, ertappte mich kurz vor Beendigung der Durchfahrt wieder die rumänische Grenzpolizei, dieses Mal in einem Militärschlauchboot. Während der Fahrt durch die Passage hatte ich aufgeregte Stimmen von der Insel her gehört, aber nicht weiter darauf geachtet. Vermutlich wurde von dort aus die rumänische Grenzwache per Handy informiert. Ich musste aber nicht an Land paddeln, sondern die Beamten forderten mich nur auf, meinen Namen, den Wohnort und das Land in ihr „Gäste-Buch“ zu schreiben, was ich auch pflichtgemäß tat. Ich stellte mich dumm und erklärte, ich hatte gedacht, die Insel gehöre zu Bulgarien. Alles war wieder geregelt. Die Grenzer verabschiedeten sich sehr freundlich und ich winkte ihnen noch einmal von der bulgarischen Donauseite aus zu. „Bei der Einreise nach Rumänien bin ich gespannt, was da alles bei der Passkontrolle auf mich zukommen wird“, kam es mir in den Sinn und ich malte mir das entsprechende Szenario aus.

                            Nicht viel Aufregendes an den weiteren Tagen. Nur einmal beim Frühstücken im Boot bei einer kleinen Ortschaft, an der ich mich vorbeitreiben ließ, kontrollierten die Bulgaren. Hier waren es die Jungs von der Ortspolizei, die meine Papiere sehen wollten und ich musste ausbooten. Als ich alles vorgezeigt und der Kontrolleur keine Abweichung festgestellt hatte, verabschiedeten sie sich sogar mit Handschlag. Vermutlich hatten sie Langeweile und suchten nur eine kleine Abwechslung. Einen Kajaker der bis nach Athen und noch weiter paddeln möchte, trifft man ja nicht alle Tage.

                            Am Nachmittag bemerkte ich gerade noch rechtzeitig, dass sich die rumänischen Grenzer bei einer Insel, natürlich wieder in einer Linkskurve, die ich hätte abkürzen können, mit ihrem Boot gerade auf die Lauer legten. Ich beobachtete als ich mich dem kleinen Eiland näherte, wie der Bug des Grenzwachbootes rückwärts hinter der Landzunge an der flussabwärts gerichteten Seite der Insel verschwand. Scheinbar war mein lockeres Verhalten an die nächsten betroffenen Stellen auch links vom Fluss weitergegeben worden. Aber ich ließ mich jetzt nicht mehr auf solche Experimente ein. Strickt paddelte ich nahe dem bulgarische Ufer entlang, winke dem Boot der rumänischen Grenzpolizei zu, das beim Vorbeipaddeln nun in voller Größe zu sehen war (Die Besatzung erwartete mich ja auf der anderen, rumänischen Seite.) und fuhr dieses Mal sogar mit gutem Gewissen weiter.

                            In Silistra bekam ich den Ausreisestempel, nachdem ich mein Visum abgegeben hatte. Entsprechend der „Hektik auf dem Balkan“ dauerte es zwar eine längere Zeit, bis alles erledigt war, ging aber ohne formalistische Schwierigkeiten vonstatten. Wenn man aber ungeduldig geworden wäre und zu drängeln begänne, hätte dann die Obrigkeit so eine Prozedur in der südöstlichen Region Europas womöglich absichtlich noch etwas in die Länge gezogen. „Willst Du schnell weiterkommen, übe Dich in Geduld!“, hieß so eine Devise in diesem Abschnitt der Welt und auch ich musste diese Erfahrung ein paar Tage später machen. Anschließend paddelte ich die verbliebenen 1,5 km bis zur Grenzstation in Rumänien.

                            Was ich in Rumänien mit den Gesetzeshütern alles erlebt habe, schildere ich in meinem nächsten Bericht.

                            Viele Grüße
                            Beyond

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                              Hej Outdoor-Gemeinde, Seekajak-Freaks,

                              Rumänien war 2004 ein weiterer Aspirant für die Aufnahmen in die Europäische Union. Ich war deshalb sehr neugierig, wie sich die offiziellen Vertreter dieses Landes gegenüber uns Bürgern aus der EU verhalten werden, zu der sie selbst ja in wenigen Jahren gehören wollten.

                              Von Silistra in Bulgarien paddelte ich die rund 1,5 km bis zur Fährstation in Rumänien am Südufer der Donau. Die Fährverbindung selbst lag auf dem Territorium von Rumänien, wurde aber offiziell als Fähre von Bulgarien nach Rumänien betitelt. Die Grenzer vom Südufer der Donau fühlten sich für Kajaker auf dem Fluss nicht zuständig, nur für die Autos auf der Straße und schickten mich auf die andere Seite der Donau zu ihren Kollegen. Also wieder rein in den Kajak und die 1,7 km über die Donau gepaddelt bis zu den Grenzern am Nordufer. Diese befanden meine Papiere als völlig in Ordnung. Den Stempel in den Pass bekäme ich aber erst bei der „Wasserpolizei“ in Cernavodă. Die Stadt läge rund 70 km flussabwärts. Wenn ich mich beim Hafenmeister melde, wird der alles Weitere veranlassen. Ich erklärte, dass ich das heute unmöglich schaffen werde und einmal übernachten müsse und fragte ein wenig besorgt nach den Kontrollen in Rumänien. Dies sei überhaupt kein Problem, meinte mein Gesprächspartner, offiziell war ich ja eingereist und die Grenzpolizei werde mir nicht „nachspionieren“ und fügte mit einem Lächeln hinzu: „Ab jetzt fließt die Donau ausschließlich durch Rumänien und ist kein Grenzfluss mehr. Da sind die Kontrollen nicht mehr notwendig - erst wieder ab Galați, wenn sie zum Grenzfluss von Rumänien und der Ukraine wird.“

                              Am nächsten Tag war Cernavodă schnell erreicht und der Hafenmeister gleich gefunden. Er residierte in dem einzigen Gebäude auf einem Landungssteg im Hafen. Kaum hatte er mich begrüßt und versucht, die Polizei telefonisch zu erreichen, stand diese auch schon in der Tür. Wie Bulgarien schien auch Rumänien ausgezeichnet informiert zu sein, wenn auch nicht so theatralisch mit Polizeiboot an der Grenze.

                              Ein Uniformierter und ein Beamter in Zivil begrüßten mich mit Handschlag. Während der Polizist meine Personalien aus dem Pass aufnahm, fragte mich der „Zivilist“ aus: woher, wohin, wie lange, usw., wieder die üblichen Fragen. Allerdings war ich der Meinung, dass der Herr im Anzug nicht vom Zoll gewesen war. „Er erinnert irgendwie an einen Politkommissar aus den Erzählungen von den ehemaligen sozialistischen Musterstaaten“, dachte ich bei mir. Aber er war sehr höflich und interessierte sich eigentlich mehr für meine Kajaktour zu den Olympischen Spielen in Griechenland, die ich als Grund und Ziel für meine Paddelreise angegeben hatte. Vielleicht half auch meine beiläufige Bemerkung ein wenig weiter, dass ich dort erwartet werde. Nach einiger Zeit bekam ich den Stempel in den Pass und den guten Tipp, nicht in Constanța, sondern in Mangalia, der letzten Ortschaft am Meer vor der bulgarischen Grenze, auszuchecken. Dort sei es nicht so überlaufen und deshalb wesentlich günstiger.

                              Auf meine Frage, ob man heute am Sonntag irgendwo etwas Geld wechseln könne, meinte der Grenzer, die Banken seinen geschlossen und er bot sich an, mir einen kleinen Betrag umzutauschen. Ich nahm an, weil ich dann nicht in die Stadt gehen musste, denn ich hatte das Boot nur so recht und schlecht an Land ziehen können. Der Kurs war zwar miserabel, was sicherlich auf die Geschäftstüchtigkeit der Rumänen zurückzuführen war. Aber ich hatte halt keine Schwierigkeiten, am Sonntag irgendwo in der Stadt Geld zu wechseln. 20 Euro waren nicht allzu viel. Da hielt sich der Verlust in Grenzen.

                              Nur so nebenbei: Als ich mit meinem Camper/Schlaglochspion 2008, mit der Fähre von Vidin in Bulgarien nach Calafat in Rumänien übergesetzt hatte, beide Länder waren damals bereits seit einem Jahr Mitglied der EU, musste ich paradoxerweise nicht mehr in Bulgarien eine Einreisegebühr entrichten, sondern in Rumänien. Es könnte sich auch um eine Straßenbenutzungsgebühr gehandelt haben. Es war auch möglich, in Euro zu bezahlen, was die Prozedur natürlich sehr vereinfachte, zumal ich noch keine rumänischen Währung zur Verfügung hatte. Ich hatte damals in mein Tagebuch geschrieben: Als „Kopfgeld“ nach Rumänien verlangte der „Offizielle“ 8 Euro, mit dem Hinweis, dass eigentlich 10 Euro der normale Tarif seien, er aber großzügigerweise nur 8 verlange, weil er eine besonders gute Beziehung zu Deutschland habe und unser Land liebe. Vermutlich wollte er die restlichen zwei Euro für sich behalten. Ich bekam sogar eine behördliche Quittung aushändigte. Allerdings bemerkte ich erst bei der Buchführung am Abend und auch nur unter Zuhilfenahme einer Lupe, weil ich das Kleingedruckte absolut nicht lesen konnte, dass in dem Beleg nur 6 Euro ausgewiesen waren. Also hatte dieser Vertreter des rumänischen Volkes und als Grenzbeamter, auch ein Aushängeschild des Staates, sich bereits selbst bedient und legte es obendrein noch darauf an, sein Bakschisch um 100 Prozent zu erhöhen, wenn ich seinem zielgerichteten Hinweis, den Betrag auf 10 Euro aufzurunden, nachgekommen wäre. Soviel nur zur „Geschäftstüchtigkeit“ der Rumänen. Man könnte es aber auch treffender als „Schlitzohrigkeit“ bezeichnen.

                              Ein kleiner Einschub zur Lagertechnik: Auf dieser Kajaktour war ich zum ersten Mal mit einem Tarp unterwegs. Eigentlich war es eine ordinäre Baumarkt-Abdeckfolie 2 m x 3 m. Sie hatte sich bestens bewährt und ich werde meine zukünftigen Kanutrips im Mittelmeer ausschließlich mit einem Tarp unternehmen (siehe dazu meine Lagerplatzbilder). Die Heimwerkerplane hatte sogar heftige Stürme überstanden und zwei weitere Langfahrten ausgehalten. In der Regel spannte ich die Plane sehr hoch mit drei Zeltstab-Elemente auf, damit ich bequem, sonnengeschützt und luftig unter dem Dach sitzen konnte, in den heißen Sommermonaten am Mittelmeer eine zwingend erforderliche Maßnahme, wenn kein natürlicher Schatten vorhanden war. Weil meine Elemente unterschiedlich lang waren, konnte ich aber mehrere Höhen des Tarps realisieren. Auf dem Weg nach Galați wetterte ich in einer Nacht in meinem Lager am offenen Flussufer einen ausgeprägten Sturm ab, mit nahezu waagerecht ankommendem Regen. Zum Glück hatte er sich rechtzeitig angekündigt, so dass ich die nötigen Vorkehrungen treffen konnte. In diesem konkreten Fall lag der schwer beladene Kajak, das Lager schützend, auf der Luvseite. Die lange Seite des Tarps spannte ich um den Kajak bis über die Rundumleine und zurrte es so fest, dass der Stoff außen am Boot eng anlag und weder Wind noch Regen zwischen Tarp und Kajak hindurchgedrückt werden konnten. Die Höhe reduzierte ich auf zwei Elemente (ca. 60 cm). Der Nachteil war, dass ich unter das Dach kriechen musste, der Vorteil, dass mein Lager absolut sturmfest war. Die Giebel spannte ich mit einer dickeren Schnur ab, die gleichzeitig als Firstleine ihren Dienst verrichtete. Als Zeltnägel dienten hier zwei Moniereisen mit 6 mm Durchmesser und 40 cm Länge (Nicht gerade ultraleicht, dafür erfüllten sie aber perfekt ihren Zweck!), die ich in das Gras einschlug. (Im losen Kies der Meeresbuchten beschwerte ich die Halteschnur vor den Heringen bei Bedarf zusätzlich mit großen Steinen.) Die lange Tarpseite in Lee spannte ich mit 4 Leinen straff ab. Zwischen Stoff und Boden betrug der Abstand ca. 15 cm. Mit dieser Anordnung überstand ich die Sturmnacht unbeschadet, trocken und konnte beruhigt schlafen - dieses Mal sogar ohne Mücken!

                              Die Grenze zur Ukraine wurde von den Rumänen stark bewacht. Scheinbar war hier ein Schmugglerparadies entstanden. Drei Kontrollen musste ich über mich innerhalb kurzer Zeit ergehen lassen.

                              Die erste von den offiziellen Grenzwachen, die in ihrem Boot auf mich warteten, höflich, verbindlich auf englisch mit einem Smaltalk am Schluss. Es war alles in Ordnung und als ich mich in den Kajak gesetzt hatte und weiter den Fluss hinunterpaddelte, war ich der Meinung, für die nächste Zeit von der Überwachung verschont zu bleiben. Das war aber ein Trugschluss gewesen.

                              Nach rund 7 Kilometer rief mich ein junger Soldat an, den ich zunächst einfach negierte. Erst als mich Fischer gezielt auf den Armeeangehörigen aufmerksam machten, dass ich gemeint sei, blieb mir nichts anderes übrig, als an Land zu fahren. Der Soldat wollte mich noch einmal kontrollieren. Er verstand ein wenig englisch. Als ich ihm erklärte, ich sei erst vor einer Stunde von der Grenzpolizei gestoppt worden und er solle doch über Funk oder Handy bei der zuständigen Behörde nachfragen, ließ er mich ziehen, ohne dass ich wieder meinen Pass aus dem Kleidersack kramen musste und wünschte mir sogar eine gute Reise zu den Olympischen Spielen nach Athen. Ja, auch angenehme Ausnahmen bestätigen eben die Regel!

                              Wieder etwa 15 Kilometer weiter erging es mir allerdings nicht so gut. Kurz nach einem heftigen Regenschauer und starkem, sehr kalten Wind holte mich erneut eine Streife an Land. Einer war mit Feldstecher und „Handgurke“ (militärisches Funkgerät, älterer Bauart) ausgerüstet und mimte den Chef. Der Andere hatte ein Sturmgewehr vom Typ AK-47 vor der Brust hängen, das auch als Kalaschnikow bekannt war. Etwas genervt erklärte ich dem „Chef“ des Duos, ich sei bereits zweimal angehalten und meine Personalien aufgenommen worden. Er solle sich bitte mit seiner Zentrale in Verbindung setzten. Dort müssten ja die Vorgänge registriert sein. Es sei ihm egal, erwiderte daraufhin die Amtsperson bissig, er sei weder von den Grenzern, noch ein Soldat. Er gehöre der Ortspolizei an und die sei in Rumänien selbständig. Jetzt lernte ich die Umkehrung der alten osteuropäischen Devise in der Praxis kennen: „Willst Du schnell weiterkommen, übe Dich in Geduld!“ Ich hatte es mir bei diesem Polizisten gewaltig verscherzt! Barfuß im eiskalten Wasser der Donau stehend, mit regennassem T-Shirt bei zugigem frischen Wind, erfuhr ich, wie akribisch genau ein rumänischer Ortsgendarm eine Kontrolle durchführen konnte, wenn er sich in seiner Kompetenz auf den Schlips getreten gefühlt hatte. Er schrieb jede Einzelheit meines Passes auf, gab sie anschließend über Funk seiner Zentrale mit aller Gründlich- und Genauigkeit durch, diskutierte lange mit seinem Kollegen an der anderen Seite der Verbindung. Als er noch die Dokumente des Kajaks einsehen wollte, erklärte ich ihm, dies sei ein Sportboot ohne Motor und benötige keine Dokumente, das sei international so vereinbart. Wieder bediente er sich seines Funkgeräts, setzte sich mit seiner Zentrale erneut in Verbindung und führte ein ausgiebiges Gespräch. Mir kam es so vor, als ob sie über die Auslegung des Gesetzestextes und der dazugehörenden Ausführungsanweisungen einen intensiven Diskurs führten, ob für ein motorloses Sportboot eine Betriebserlaubnis erforderlich sei oder nicht. Die Zentrale schien ihm aber jetzt dasselbe erklärt zu haben wie ich, denn ich bekam meinen Pass kommentarlos zurück und durfte jetzt alles wieder einpacken. Ich konnte meinem Gegenüber ansehen, dass er ziemlich zerknirscht war, keinen Volltreffer gelandet zu haben. Kurz und bündig waren nun seine Bemerkungen, dass ich weiterfahren könne. Aber und das rechne ich ihm hoch an, er wünschte mir dann doch noch eine gute Weiterreise, einen Wunsch, den ich gerne angenommen hatte, denn in der Zwischenzeit war es mir äußerst kalt geworden und ich war froh, wieder im Boot zu sitzen.

                              Keine 500 Meter weiter wurde ich wieder von zwei Uniformierten mit einem Feldstecher beobachtet, ein Pärchen, wie eben zuvor. Ich sah gerade noch im Augenwinkel, wie der eine mit dem Funkgerät seinen Kollegen mit Worten und Gestik davon abbrachte, mich erneut aufzufordern, anzulanden, um mich kontrollieren zu können. Scheinbar hatte derjenige am Funkgerät die Gespräche mitgehört, die kurz zuvor erfolgt waren. Dann winkte er mir zu, ich natürlich zurück und entging so der vierten Kontrolle an diesem Nachmittag.

                              Mir war völlig klar, dass die Rumänen diesen Grenzabschnitt extrem überwachen und beim Weiterpaddeln musste ich mir sogar eingestehen, ja sogar vorwerfen, dass ich mich für den „längeren“ Aufenthalt eigentlich selber an die Nase fassen müsse. Letztendlich machten die Jungs auch nur ihren Job! Wenigstens hatte dieses kleine Ereignis meinen Erfahrungsschatz sehr bereichert. Ansonsten war ich in dieser schwierigen Grenzregion mit der Obrigkeit eigentlich recht gut zurechtgekommen, wenn man berücksichtigte, dass hier die Nerven auch einmal blank liegen und die Emotionen dann hochkochen könnten.

                              Die Weiterfahrt auf der Donau und anschließend im Schwarzen Meer verlief ohne weiteren Zwischenfall. Erst kurz vor Mangalia, als ich in der Ortschaft Costinești in einem Hotel wegen Sturm und Regen einen Ruhe- und Reparaturtag eingelegt hatte, bekam ich wieder mit der Polizei zu tun.

                              Am Nachmittag bat man mich zur Rezeption, die Polizei wäre hier und wolle mich sprechen. Die Agenten sahen meinen Pass ein, an dem sie nichts auszusetzen hatten, als sie ihn mir zurückgaben. Dann schwenkten sie zu ihrem eigentlichen Anliegen um. Sie meinten, es sei hier in der Region ein großes Problem, ein so kleines Boot am Strand liegen zu lassen und empfahlen mir, es in die Nähe des Hotels zu transportieren. Die Dame am Schalter übersetzte das Gespräch. Dass die Obrigkeit so um das Wohl ihrer Gäste besorgt war, hatte mich nun doch sehr verwundert und ich war angenehm überrascht. Nachdem die Polizei weggegangen war, sagte ich der Dame, ich hätte Vertrauen zu den Einwohnern dieser Ortschaft. Außerdem war sie so freundlich gewesen, auf meinem Wunsch hin, mir das einzige freie Zimmer zur Verfügung zu stellen, von dessen Fenster aus ich meinen Kajak sehen konnte.

                              Mein Vertrauen in die Bevölkerung von Costinești wurde nicht enttäuscht und ich konnte am nächsten Tag meine Reise mit meiner vollständigen Ausrüstung fortsetzen. Als ich um das nahe gelegene Kap gebogen war und ich Mangalia bereits sah, begleitete mich eine Schule von Delphinen ein ganzes Stück. Es waren mindestens ein Dutzend Tiere. Auch Quallen, mit majestätischer Trägheit im Wasser pulsierend, bekam ich an diesem Tag zu Gesicht.

                              In Mangalia fuhr ich in den Hafen hinein, fragte ein Besatzungsmitglied eines Kutters, der dort an der Mole vor Anker lag, wo die Passabfertigung sei. Der Matrose schickte mich in den Zivilhafen. Nach mehrmaligem Nachfragen landete ich bei der Politia de Frontiera, wieder einmal bei der Grenzpolizei, die im Zivilhafen ein Büro unterhielt. Ein Offizier lotste mich nach längerem Erkundigen mit einer Barkasse wieder in den Handelshafen zurück, und half mir sogar beim schwierigen Anlanden an der felsigen Hafenmole. Dann begleitete er mich zur Passkontrollstelle. Dort verlief alles seinen geregelten bürokratischen Gang. Ich bekam meinen Ausreisestempel, unterhielt mich lange mit den anwesenden Offiziellen über mein Vorhaben und der Offizier begleitete mich wieder zum Kajak zurück. Wir verabschiedeten uns sehr herzlich und als ich dann abfuhr und am Leuchtturm vorbeipaddelte, kam er erneut mir der Barkasse und mit Blaulicht herangefahren und über die bordeigene Lautsprecheranlage wünschte er mir nochmals eine gute, erfolgreiche Reise.

                              Von Mangalia aus sind es noch etwa 10 km bis zur bulgarischen Grenze, also noch gemütliche 2 Stunden. Was ich in „Bulgarien Süd“ und in der Türkei so alles mit den Staatsorganen erlebt habe, kann man in meinem nächsten, vierten Bericht lesen.

                              Viele Grüße
                              Beyond

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                                Zitat von Beyond Beitrag anzeigen
                                Die gemeinsame Grenzstation von Serbien, Kroatien und Ungarn war ebenfalls nicht besetzt und ich überließ mich wieder der Donau, die mich am gemeinsamen „dreiteiligen“ Zollhaus und an den drei Staatsfahnen gemächlich vorbeidefilieren ließ. Bis rund 40 km vor Novi Sad wechselten sich die Länder Kroatien und Serbien ständig ab, durch die die Donau periodisch floss. Dann strömte die Donau nur noch durch Serbien allein.
                                Zitat von Beyond Beitrag anzeigen
                                .... Hier sei die Zollbehörde nur für den Grenzverkehr „Bulgarien/Rumänien“ auf der Straße zuständig. Er wunderte sich, warum kein Vermerk von Serbien in meinem Pass war. Ich erzählte ihm, dass ich nirgends einen Grenzbeamten aufgetrieben hatte, der mir die Stempel in den Pass hätte drücken können. Anschließend fügte ich noch so nebenbei ein, dass ich zur Olympiade nach Athen paddeln wolle. Der Grenzer meinte daraufhin, ihm sei es ja egal, was die Serben machen, hier in Bulgarien geht das aber auf keinen Fall, hier herrsche Ordnung. Entsprechend dem Empfang an der Grenze musste ich ihm da absolut beipflichten.
                                Nur mal zur Klarstellung: du bist illegal nach Serbien ein- und wieder ausgereist. Falls du jedoch mal in eine serbische Kontrolle geraten wärst, hättest du erheblichen Ärger bekommen können. Normalerweise brauchst du für die Einreise nach Serbien auf jeden Fall einen Stempel im Pass.
                                Offensichtlich hatten die dort Personalmangel, vielleicht auch kein besonders hohes Interesse an flächendeckenden Kontrollen. Die Rumänen und Bulgaren übten dagegen wahrscheinlich schon für ihre strengen Schengen-Pflichten


                                Gruß Michael

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                                • Beyond
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                                  • 09.11.2010
                                  • 601
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                                  Hallo Michael (Spartaner),

                                  wie Du schreibst bin ich natürlich illegal nach Serbien und Kroatien ein- und auch wieder ausgereist, obwohl es nicht meine Intention gewesen ist. Das ist mir auch bei der Grenzüberschreitung vollkommen bewusst gewesen. Allerdings habe ich mich damals sehr gewundert, warum die gemeinsame Grenzstation von Serbien und Kroatien bei der Einreise überhaupt nicht besetzt gewesen ist. Gleiches gilt auch bei der Ausreise. Über Mutmaßungen, warum das vorgekommen ist, möchte ich aber kein Urteil abgeben, das steht mir nicht zu. Das ist Sache der einzelnen Staaten. Ähnliches habe ich mehr oder weniger auch mit dem Trip durch die Türkei erlebt, wie Du in meinem nächsten Beitrag (Teil 4) lesen kannst.

                                  In meinen Berichten: „Vom Umgang mit der Obrigkeit auf dem Balkan“ schildere ich lediglich, was ich persönlich erlebt habe und gebe keine Empfehlung, es mir nachzumachen! Mir geht es dabei mehr um das menschliche Verhalten von Angehörigen bei der Polizei, beim Grenzschutz, bei der Grenzkontrolle und beim Militär. Wie Du aus meinem Geschreibsel entnehmen kannst, benehmen sich sowohl die Bürger als auch die „Behördenvertreter“ auf dem Balkan aus meiner Sicht ebenso europäisch wie wir. Dabei habe ich sehr oft feststellen müssen, dass das alte deutsche Sprichwort: „So wie man es in den Wald hineinruft, hallt's auch wider!“ auch auf dem Balkan gilt – also das reine menschliche Verhalten.

                                  In meinem Post #469 „Grenzübertritt Balkanländer“ habe ich die Problematik bei der Einreise in die Balkanländer von der Meerseite aus dargestellt und auch dort meine eigenen Erfahrungen in der Praxis aufgezeigt.

                                  Was ich bei einer Kontrolle im Jahre 2004 bei einem illegalem Aufenthalt auf dem Balkan erlebt hätte, kann ich leider nicht nachvollziehen, weil ich noch nicht in solch eine prekäre Situation geraten bin und deshalb keine Erfahrung habe sammeln können - auch nicht 2010 an den Küsten in Kroatien, Montenegro und Albanien. Ich persönlich bin der Meinung, dass es jeder Einzelne mit seinem Benehmen und Verhalten selber in der Hand hat, ob er kontrolliert wird oder nicht. Wenn ich von den obligatorischen Kontrollen an dem Grenzfluss Donau einmal absehe, bin ich noch in keinem Balkanland im Landesinneren überprüft worden. Das gilt auch, wenn ich mit meinem „Schlaglochspion“ unterwegs gewesen bin. Als ich nur mit bulgarischem Einreisestempel immer wieder auf der rumänischer Seite der Donau von der Grenzwache aufgebracht worden war, bekam ich auch keinen Ärger, sondern man schickte mich lediglich wieder auf die andere Seite des Flusses (siehe Teil 2). Es wäre in diesen Fällen ebenfalls eine illegale Einreise nach Rumänien gewesen.

                                  „Seit dem 12.06.2010 besteht für die Einreise nach Serbien für deutsche Staatsangehörige keine Passpflicht mehr. Die Einreise ist seitdem mit einem gültigen Personalausweis möglich“, so steht es auf der Homepage des Auswärtigen Amtes und ist hier nachzulesen.

                                  Wer sich als Deutscher über die Reise- und Sicherheitshinweise irgend eines Landes informieren möchte, sollte zuerst grundsätzlich die Homepage des Auswärtigen Amtes aufsuchen. Der Link zur Startseite – klicke: hier.

                                  Viele Grüße
                                  Beyond
                                  Zuletzt geändert von Beyond; 23.11.2012, 19:21.

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                                  • Beyond
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                                    • 09.11.2010
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                                    Hej Outdoor-Gemeinde, Seekajak-Freaks,

                                    dass ich die Grenze zu Bulgarien überschritten hatte, erkannte ich daran, weil mich ein uniformiertes Grenzpolizistenpaar vom Ufer aus anrief, ich solle anlanden. Es konnten nur Bulgaren sein, denn die rumänische Obrigkeit hatte sich an der gesamten Küste des Schwarzen Meeres noch nie blicken lassen. Die Grenzkontrolle erfolgte wie bei der auf der Donau. Nachdem der „Chef“ des Duos meinen Pass eingesehen und sein Adjutant alles aufgenommen und per Funk weitergemeldet hatte, erklärte er mir, ich müsse nach Balčik fahren, zum Einklarieren. Es wären rund 14 km bis dorthin.

                                    Ich dachte mir, das schaffst du noch an diesem Tag. Nach etwa drei Stunden und 15 km sah ich aber weit und breit noch keine Stadt. Ich fragte einen Fischer, der meinte, es wären von hier noch etwa 30 Meilen. „Das kannst du vergessen, unmöglich die 55 km an diesem späten Nachmittag noch zurückzulegen! Das ist ja eine Strecke für einen ganzen Tag“, mutmaßte ich und fand mich deshalb damit ab, wieder eine Nachtfahrt einzulegen, falls ich keinen passenden Lagerplatz mehr finden würde, weil die Küste vom Flach- zum Steilufer übergegangen war.

                                    Auch die Grenzpolizei blieb aktiv. Immer wieder sah ich einen ihrer Geländewagen am Uferweg auftauchen, mit zwei Männern besetzt, von denen der Beifahrer mich mit dem Feldstecher beobachtete. Ich winkte mit meiner Kappe zu ihnen hinüber und manchmal erwiderte man meinen Gruß. Die permanente Überwachung der Bulgaren funktionierte auch im Südabschnitt ihres Landes recht gut.

                                    Kurz vor Sonnenuntergang bemerkte ich in einer kleinen Bucht etwas Helles aufblitzen und fuhr an Land. Es war ein schmaler Streifen Kies und ich bootete aus. Ich schlug das Lager auf und begab mich dann bald zur Ruhe. Zuvor begrüßte ich noch meinen jungen Beobachter, der oben auf der Klippe im fahlen roten Licht der sich senkenden Sonne saß und mir zuschaute. Auch er winkte mir freundlich zurück. Die nonverbale Kommunikation klappte hier ausgezeichnet.

                                    Bei strahlender Sonne erreichte ich am nächsten Tag gegen Mittag endlich Balčik, Der Grenzer gestern gab zwar „fourteen kilometres“ an, wollte aber vermutlich „forty“ sagen und meinte nicht Kilometer sondern Seemeilen.

                                    Ich fuhr zur Station der Grenzpolizei. Von einem ihrer Boote aus verwies man mich zu einem kleinen Häuschen in der Nähe, vor dem eine Dame und ein Herr, beide in Uniform, standen. Ich paddelte hin und erkannte sie schon von weitem als Offizielle der Einreisebehörde, weil sie mir zu- und dann zu sich her winkten. Ich fragte sie auf englisch, ob sie schon auf mich gewartet hatten und mit einem breiten Grinsen wurde dies bejaht. Dann wollten sie wissen, warum ich solange für die Strecke benötigt habe und ich erklärte ihnen von den falsch verstandenen Entfernungsangaben und dass man mit rund einem dreiviertel PS in einem Kajak nicht in der selben Zeit eine Strecke zurücklegen kann, wie mit einem Motorboot mit 250 Pferdestärken.

                                    Danach kam auch noch der Chef der Einreisebehörde und weil ich wegen der steilen Böschung nur schlecht anlanden konnte, vereinbarten wir, uns bei ihrem Büro bei den Fischerbooten zu treffen. Dort konnte ich bequem an einem Strand ausbooten. Der Hafenmeister empfing mich bereits und die Formalitäten gingen dann auch von der Einreisebehörde routiniert vonstatten. Ich erhielt meinen Pass abgestempelt zurück, mit der Bitte, in Burgas die Ausreiseformalitäten zu erledigen. Als ich den Behördenleiter auf die „Einreisegebühr“ vom Grenzübertritt an der Donau ansprach, meinte der nur schmunzelnd: „Ach, wissen Sie, dort oben im Norden haben wir eine gemeinsame Grenze mit Rumänien, da sind solche Formalitäten schon notwendig. Hier unten an den goldenen Stränden von Bulgarien brauchen wir keine Visa und deshalb auch keine Gebühren. Hier bei uns im Süden geht das alles ohne Probleme, ohne Schmuggel und ohne illegale Grenzgänge.“

                                    Weil ich kein Dokument für das Boot hatte, machte der Hafenmeister noch eine Kopie von meinem Pass. Er sprach recht gut deutsch und er erzählte, dass er zur Ausbildung in Leipzig gewesen war und dort deutsch gelernt hatte. Wir unterhielten uns noch eine längere Zeit über meine Tour und über die Ausstattung des Kajaks und auch einige private Details kamen nicht zu kurz. Scheinbar wollte der Hafenmeister seine Deutschkenntnisse auffrischen. Dann wünschten mir alle einen angenehmen und „kontrollefreien“ Aufenthalt in Bulgarien.

                                    Das Wetter war den ganzen Tag nichts Besonderes, mal bedeckt, dann wieder Sonne, immer Wind von seitlich vorn, nur in der Bucht von Burgas blies er von hinten und die Wellen halfen mit 4 - 5 Bft nach. Ich konnte nicht einmal an einem Strand anlanden, ohne gehörig nass zu werden. Deshalb fuhr ich in den Handelshafen von Burgas und fand dort einen Slip und einen notdürftigen Übernachtungsplatz an einer Rampe, den ich vom Platzwart aus auch für diesen Zweck benutzen durfte.

                                    Es erschien ein Mitarbeiter von der Passkontrolle, den mich ohne Widerrede aufforderte, mitzukommen, um die Passformalitäten zu erledigen. Wir fuhren mit seinem Dienstwagen, einem alten, nahezu schrottreifen Lada, zu dem Gebäude, am anderen Ende des Hafens. Er konnte aber nichts mehr ausrichten, weil sein Kollege, der die Siegelhoheit besaß und mir den Stempel in den Pass drücken sollte, schon nach Hause gegangen war. Also forderte er mich etwas kleinlaut auf, morgen früh nochmals zu erscheinen. So konnte ich doch wie geplant und und wie ich dem Grenzer schon zuvor erklärt hatte, morgen erst die Passkontrolle hinter mich bringen. Wenigstens brachte er mich wieder mit dem Vehikel zu meinem Lagerplatz zurück, was ich als sehr angenehmen Service empfand.

                                    Wieder ein kleiner Ausflug ins Lagerleben: Es war sehr windig und ich verzog mich alsbald in den Schlafsack. Der Lagerplatz war zur Wetterseite offen, nur durch den Kajak geschützt. Der Wind zerrte so stark an dem Tarp, das ich auf der betonierten Rampe nur notdürftig hatte abspannen können, sodass ich es abbaute, bevor der Sturm es mir zerriss oder „entführte“. Der Wind war im Schlafsack nicht so schlimm, zumal er nicht eiskalt war und ich trockene Klamotten angezogen hatte. Der Regen aber ließ nicht lange auf sich warten. Erneut kramte ich die Plane heraus, befestigte sie sturmsicher in gewohnter Weise am Kajak, der auf der Luvseite Regen und Wind abhielt und zog sie einfach über mich. Aber der Wind blies sie mir immer wieder weg und ließ sie wie eine Fahne flattern. So stopfte ich die losen Enden auf der Lee- und an der Fußseite unter die Unterlage, was sie mir auf dem rauen Beton sehr übel nahmen und am Rand etwas aufscheuerten. Später verstärkte ich sie an den abgeriebenen Stellen sicherheitshalber mit Klebeband. Alles andere war dann nur noch Wind und Regen! Aber ich überstand relativ gut die Nacht und konnte sogar recht angenehm schlafen.

                                    In der Früh lugte ich unter der Plane hervor, und sah nur grauen Himmel - dasselbe wie gestern! Um 06.00 Uhr machte ich mich auf den Weg zur Passkontrolle. Die Plane hatte ich zuvor notdürftig gesichert, damit sie trocknen konnte, auch die Schlafsachen ließ ich einfach liegen. Die Kontrollstation war von der Hafenseite aus noch zugesperrt, ebenso das Hafentor. So kletterte ich einfach über die rund 3 m hohe Holzwand des Tors und ließ mich auf der anderen Seite hinunter. Das habe ich ja im Grundwehrdienst zur Genüge exerziert.

                                    In der Passkontrollstelle bat man mich erst nach 08.00 Uhr zu erscheinen, weil die zuständigen Beamten noch nicht da seien. Ich suchte deshalb eine Bäckerei, fand sie, trank einen Kaffee und gab dort meine restlichen Lewa aus. Dann schlenderte ich zum „Checkout“ zurück. Es dauerte eine dreiviertel Stunde, bis sie mich abgefertigt hatten und mein Reisepass abgestempelt war. Sicherheitshalber gab ich an, bis zur türkischen Grenze mindestens drei Tage zu benötigen (90 km Streckenlänge und ein Etmal von 30 km). Dann fuhr mich der Beamte, es war der selbe wie der von gestern, wieder mit dem klapprigen Lada zum Hafen, um meine Angaben zu meinem Boot zu überprüfen. Nachdem das geschehen war, verabschiedete er sich freundlich und ich begann, meine Ausrüstung zusammenzupacken. Der Einstieg in das Boot war wegen der anrollenden Wellen etwas wackelig, aber ich kam ohne baden zu gehen in den Kajak.

                                    Die Grenze wollte einfach nicht kommen. Immer wieder dachte ich, das ist der Grenzbach. Erst bei einer weiten Bucht sah ich Wachtürme auf der bulgarischen und eine Moschee auf der türkischen Seite.

                                    Nach dem Kap steuerte ich den Ort Limanköy an, um zu erfahren, wo man die Grenzkontrolle durchführen kann. Ich fuhr direkt zum Kreuzer der Küstenwache und fragte nach. Man bat mich höflich aber bestimmt anzulanden. In einiger Entfernung sichtete ich eine Treppe. Dort konnte ich ausbooten und den Kajak auf dem Steg ablegen. Ein Matrose holte mich ab.

                                    Nach einigem Warten erschien ein junger Offizier mit einem Matrosen. Seine Ärmelstreifen wiesen ihn als Teğmen, also einen Leutnant zur See, aus. Er bat mich auf englisch, unter einem Pavillon Platz zu nehmen. So jung der Leutnant auch war, so konsequent war die Kleiderordnung nach britischem Vorbild, inklusive Aktenmappe und dem obligatorischen Stöckchen. Seine erste Frage an mich war: „Möchten Sie Tee?“ und ohne meine Antwort abzuwarten, forderte er seinen „Burschen“ auf, Tee zu servieren.

                                    In einem ungezwungenen Gespräch fragte er mich nach meinem Aufenthalt in der Türkei und sah meinen Pass ein. Dann erklärte er mir, die Passkontrolle sei im Hafen Ambarh in Istanbul. Auf der Karte erklärte er mir den Port, der unmittelbar südlich des Goldenen Horns lag, gleich hinter dem Kap. Dann zeigte er mir in der Zeitung den aktuellen Wechselkurs der türkischen Lira (1 Euro = 1,834 Mio Lira), damit man mich nicht übervorteilen, besser gesagt, nicht übers Ohr hauen konnte. In den nächsten Ortschaften gäbe es keine Bank, man müsse auf der Straße wechseln, meinte er oder in einem Hotel, wenn ich übernachten würde. Dann setzte sich das Gespräch mit privaten Themen fort. Bei der Mannschaft schien ich als Exote zu gelten. Viele standen an der Reling des Kreuzers und schauten meiner Abfahrt zu.

                                    Der Trip durch den Bosporus gestaltete sich als sehr aufregend und die Sage von den Argonauten lief in meinen Gedanken wie in einem Film ab, als sie durch die Symplegaden, das sind die Kyaneischen Felsen oder eben der Bosporus, ruderten. Aber die Felsen schlossen sich bei mir nicht und erdrückt wurde ich auch nicht, nicht einmal von einem der zahlreichen riesigen Containerschiffe! Ich konnte sogar wieder die Kurven anschneiden, weil ich auf die großen Pötte aufgepasst hatte und denen ich immer rechtzeitig ausgewichen war. Trotzdem gewann ich in der Phantasie den Eindruck, die Felsen würden sich zusammenschieben, als ich durch die enge windungsreiche Passage paddelte.

                                    Dann kam Istanbul in Sicht: Hier spielte sich ein Schiffsverkehr ab, den ich noch nie zuvor erlebt hatte. Fähren, Touristenboote, Küstenmotorschiffe, Handelskähne, Fischer, große und kleine Containerschiffe, Luxuskreuzer ... und alle schipperten kreuz und quer, über und durch die Einfahrt des Bosporus, zwischen den Stadtteilen hin und her, die sich an beiden Seiten der Meerenge in das Land hineingefressen hatten. Nur die Wasserpolizei ließ sich nicht blicken. Ich kam nur minimal zum Schauen und konnte die Sehenswürdigkeiten kaum betrachten, weil ich auf den Schiffsverkehr um mich herum höllisch aufpassen musste, keinem der Schiffe zu nahe zu kommen. Ich paddelte über das Goldene Horn, an der Galatabrücke vorbei, umrundete das Kap mit dem Topkapi-Palast und dem historischen Zentrum von Konstantinopel und ehe ich es mich versah, war ich rund 15 km weitergefahren und am Flughafen angelangt.

                                    Nach den Angaben in der Seekarte des Offiziers war der Hafen zum Einchecken ein relativ kleiner Port. Aber ich hatte ihn nicht gefunden. Ich sah zwar den Haupthafen von Istanbul auf der Südseite von der Landzunge, den ich aber wegen des starken Schiffsverkehrs gemieden hatte. Außerdem bestand er aus meiner Sicht nur aus hohen Kais, die zum Ausbooten für einen Paddler überhaupt nicht geeignet waren. Selbst wenn ich in diesem riesigen Hafen irgendwo einen Slip oder Strand gefunden hätte, wäre der Weg zur Passkontrolle vermutlich sehr weit gewesen, so dass ich den Kajak und meine gesamte Ausrüstung hätte für längere Zeit ohne Aufsicht lassen müssen. Dieses Risiko wollte ich nun dennoch nicht eingehen! Vermutlich war der Hafen zum Einklarieren, den mir der Leutnant gezeigt und erklärt hatte, ein kleiner Teil in Istanbuls Haupthafen.

                                    Aus dem gegebenen Anlass hatte ich mich entschlossen, ohne Einreiseformalitäten durch die Türkei zu paddeln. Bei einer Kontrolle musste ich mir dann eine Ausrede einfallen lassen. Gut ich hatte ja in Limanköy einchecken wollen und mein Pass ist auf alle Fälle kontrolliert und für in Ordnung befunden worden. Zur Not müsste ich mich auf den netten Leutnant von der Grenzwache berufen. So war ich auch in die Türkei ohne offizielle Passkontrolle und ohne Stempel unterwegs, in der Hoffnung, nicht erwischt zu werden.

                                    Meine Hoffnung war nicht getrübt worden. Während des gesamten Trips durch die Türkei wurde ich nicht ein einziges Mal von behördlicher Seite kontrolliert.

                                    Im Kanal von Çanakkale schnitt ich wieder die Kurven. Prompt brachte mich die Küstenwache auf, als ich einer Fähre mit kräftigen Paddelschlägen ausgewichen war. Der Schiffsführer meinte, ich solle mich mehr an das Ufer halten, als mitten im viel befahrenen Schifffahrtskanal. Er verstand dies als eine Belehrung aus Sicherheitsgründen für mich selbst, sowie für die gesamte Schifffahrt. Als ich ihm erklärte, woher ich gekommen war und wohin ich wolle und dass ich auf ähnliche Weise durch den Bosporus und durch ganz Istanbul gepaddelt war, ließ er sich von meinen fahrtechnischen Kenntnissen und meinem ausdrücklichen Sicherheitswillen überzeugen und wünschte mir noch eine schöne Reise.

                                    Viele Türken, die in Deutschland gearbeitet hatten, ließen sich an der Küste westlich von Istanbul nieder, so dass sich die Bebauung in diesem Abschnitt, zumindest direkt am Marmarameer, bis zu 100 km nahezu geschlossen ausgeweitet hatte. Bootete ich an einem Strand aus, um Einkaufen zu gehen, wurde ich sehr oft auf Deutsch angesprochen und es entwickelte sich immer ein sehr nettes unterhaltsames Gespräch. Oft versorgten mich die ehemaligen „Gastarbeiter“ mit guten örtlichen Informationen, wo ich am günstigsten einkaufen konnte. Viele von ihnen hatten auch in München und Umgebung gearbeitet, was natürlich mit noch einem herzlicheren Gespräch einherging, manchmal sogar auf bayerisch.

                                    Noch etwas ist mir aufgefallen: Die meisten der alten „Deutsch-Türken“ sprachen ein sehr gutes Deutsch, nicht das abscheuliche „Kanak-Sprech“ der sich selbst abschottenden islamisch-türkischen Parallelgesellschaft auf unseren heutigen Straßen. Scheinbar war die erste Generation der Angeworbenen noch bemüht, die Sprache ihres Aufnahmelandes zu erlernen, den Kontakt zu ihren Arbeitskollegen zu pflegen und sie hatten auch ein ganz anderes persönlicheres Verhältnis zu dem Land, in dem sie lange Zeit gearbeitet und gelebt hatten. Vielleicht war auch das ein Grund sich leichter zu integrieren, weil die meisten der frühen Zuwanderer aus dem europäischen, weitgehendst säkularisierten Teil der Türkei mit der geringsten Analphabetenrate stammten und viele nach Erreichen ihrer Rente wieder zurück in die Türkei gegangen waren, um sich am Marmarameer ein Häuschen zu errichten.

                                    Auch im letzten ägäischen Abschnitt der Türkei war ich nicht mit der Obrigkeit auf irgend einer Weise in Berührung gekommen und erreichte bald den Evros, den Grenzfluss zwischen der Türkei und Griechenland. Auf der Nordseite des Deltas schlug ich mein Lager auf, bereits auf griechischem Boden.

                                    Drei Dinge ließen aber den Entschluss zu einer Nachtfahrt reifen: die übergroße Neugierde der Fischer, die Lichter des knapp 20 km entfernten Alexandroupoli und insbesondere die dichte Wolke von aggressiven Mücken im Evrosdelta, die allen meiner Gegenmaßnahmen permanent strotzte. Das Lager war mit Hilfe meiner Stirnlampe schnell abgebrochen und verpackt. Ich orientierte mich an den Lichtern der Stadt. Bei nahezu Windstille und einer leichten Dünung fuhr ich los. Ich nahm mir Zeit und übereilte die Überfahrt nicht. Ungefähr auf der halben Strecke ging vor mir ein Feuerwerk hoch - eine Ehrerbietung an die Sommer-Sonnenwende. Ich nahm an, dass es Mitternacht sein müsste. Die Discos und ein Openair-Konzert versorgten mich durch unüberhörbare Beschallung mit griechischen Weisen.

                                    In meinem letzten Beitrag über den Umgang mit der Obrigkeit auf dem Balkan möchte ich von meiner Verhaftung auf der Insel Salamis und meinem Erlebnis mit den Betreibern des Kanals durch den Isthmus von Korinth erzählen.

                                    Viele Grüße
                                    Beyond

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                                      Hej Outdoor-Gemeinde, Seekajak-Freaks,

                                      mein Ziel Athen habe ich erreicht, bereits einen Monat vor dem Beginn der Olympiade. Ich habe das Argument: „Ich fahre zur Olympiade nach Athen!“ eigentlich nur verwendet, weil es einfach in dem Zeitfenster meiner Reise gelegen ist und so habe ich einen Bezug zu einem aktuellen Ereignis herstellen können. Das hat bei einigen Situationen im Umgang mit der Obrigkeit sicherlich Vorteile gebracht. Weil aber bei mir als „Soloreisender“ Menschenmassen grundsätzlich nicht zu meiner Reisephilosophie gehören und ich solchen Großveranstaltungen eigentlich aus dem Weg gehen will, habe ich meine Kajaktour, ohne der „Olympiade in Athen“ beizuwohnen, fortgesetzt.

                                      Beim Hafen Piräus wollte ich zur Insel Salamis paddeln, um dem starken Schiffsverkehr aus dem Weg zu gehen. Genau in der Hafeneinfahrt, die ich überqueren musste, stoppte mich die Küstenwache, um mich aufzuklären, dies sei der Hafen und ich dürfe mich hier nicht aufhalten. Ich solle unbedingt in Küstennähe bleiben. Genau in diesem Moment verließ ein Frachter den Hafen und musste wegen des Küstenwachboots ausweichen, das in der Einfahrt des Hafens trieb. Hätte mich die Küstenwache weiterfahren lassen, hätte sie und ich das auslaufende Küstenmotorschiff wohl kaum behindert.

                                      Kurz nach Paloukia, dem Fährhafen auf Salamis, machte ich auf dem Eiland Agios Georgios durch einen Damm mit dem Festland verbunden, bei einer neu gebauten Kapelle halt, aß eine Kleinigkeit und gab per Handy meine Position an meine Familie durch. Als ich geraden meinen Kleidersack in die Stauluke räumte, hörte ich hinter mir ein langsames ziehendes Schleifen von Metall auf Metall, dann ein schnelles beschleunigendes Schleifen und zum Schluss ein Klacken, wie wenn etwas in ein Schloss fällt.

                                      Ich kannte das Geräusch von meinem Wehrdienst her. Es war das Fertigladen eines Gewehrs vom Typ „G-3“ von Heckler und Koch. Ich drehte mich um und sah einem jungen Soldaten in die Augen, mit seinem Gewehr im Hüftanschlag. Verwundert fragte ich ihn auf englisch, was das eigentlich soll. Zum Glück verstand er mein bayerisches Englisch und er erklärte, ich befände mich auf Militärgelände. Mit einem kleinen Schritt nach rechts und einen Blick auf die linke Seite seiner Waffe hatte ich feststellen können, dass der Sicherungshebel nicht auf „E“ oder „F“ stand, seine Waffe also nicht schussbereit war. Gut, dass es sich nicht um einen jener aggressiven Soldaten handelt, der John J. (James) Rambo nacheifert, dachte ich bei mir. Ich deutete auf die Kapelle und fragte, ob Gott in Griechenland auch ein Militär-General sei. Jetzt erkannte ich ein flüchtiges Lächeln in seinem Gesicht. Ich erklärte, warum ich an Land gegangen war und machte ihm den Vorschlag, ich würde alles zusammenpacken und einfach wieder verschwinden, dann wäre alles in Ordnung. Darauf erwiderte der Soldat etwas irritiert, das ginge nicht, er habe den Vorfall bereits weitergemeldet und wir müssen nun warten, bis sein Vorgesetzter komme.

                                      Ein in „weiß“ gekleideter Offizier trat hinzu und teilte mir mit, ich müsse mich gedulden bis die Grenzpolizei erscheine, die bereits verständigt sei. Ich befände mich auf der größten Marinebasis Griechenlands, auf der zugleich das Hauptquartier seinen Sitz habe. Ich solle mich in diesem Moment als „Gefangener der Marine“ betrachten. Mir gingen alle Hiobsbotschaften durch den Kopf, die ich gehört hatte, auf militärischem Grund verhaftet zu werden. Das Warten dauerte eine ganze Weile. In der Zwischenzeit gaben sich mehrere Offiziere der Marinebasis die Hand. Alle waren neugierig, wer sich da auf ihrem Gelände so herumtrieb. Scheinbar hatte sie Langeweile. Ein Lastwagen kam, dann der Jeep der Grenzpolizei. Ich wurde aufgefordert, mit ihnen nach Paloukia in ihr Quartier zu kommen, das Boot würde mit dem Truck dorthin transportiert werden. Eingeklemmt zwischen zwei etwas schwergewichtigen Grenzpolizisten fuhren wir durch die gesamte Marinebasis. Für mich stellte das eine „Sightseeing-Tour“ der besonderen Art dar, die ich unter normalen Bedingungen hätte nie durchführen dürfen. An der Wache umringten viele Angehörige der Basis den Geländewagen - alle wollten schauen, wen die Grenzwache da abgeholt hatte.

                                      Auch in der Station der Grenzpolizei war ich scheinbar die Attraktion. Der Soldat, der mich „festgesetzt“ hatte, war ebenfalls gekommen, in Zivil, vermutlich, um seine Aussage zu Protokoll zu geben. Wir saßen nebeneinander auf der Wartebank und ich versuchte, mich mit ihm ein wenig zu unterhalten. Komischerweise ging er auf meinen Smalltalk ein. Man bot jeden von uns eine Flasche Wasser an. Dann kam ein Offizier, der sehr gut deutsch sprach und das „Verhör“ begann. Dazu gesellte sich eine junge Offizierin mit ebenfalls vorzüglichen Deutschkenntnissen. Gefragt wurde ich das Übliche, auf das ich bereitwillig Auskunft gab. Dann erklärte ich, dass es mir nicht in den Sinn gekommen sei, dass sich eine neu errichtete Kapelle auf Militärgelände befinden könne. Gottes Botschaft habe ich eigentlich anders in Erinnerung. Beide Verhörenden nahmen es auch sehr wohlwollend auf, als ich absichtlich bemerkte, ich würde es absolut verstehen und es auch grundsätzlich für richtig heißen, dass der junge Soldat seiner Pflicht nachgekommen war. Auch ich hatte ja meinen Wehrdienst abgeleistet und war des Öfteren zum Wacheinsatz befohlen worden. Das Problem, eine richtige Entscheidung zu treffen, sei auch mir bekannt.

                                      Nachdem ich meinen Pass vorgelegt hatte, sah man auf Anraten eines anwesenden Zivilbeamten (es könnte ein Vertreter der Staatsanwaltschaft gewesen sein) von weiteren Verhörmaßnahmen ab. Nach einer kurzen Besprechung kam auch der Schichtleiter in Funktion als wachhabender Offizier und belehrte mich auf englisch, dass ich zwar militärisches Gelände betreten habe, es aber offensichtlich unbeabsichtigt geschehen sei. Scheinbar hatte der griechische „Militärgott“ in der kleinen Kapelle ein Einsehen mit mir gehabt. Dann erklärte der Wachhabende weiter und es klang schon fast wie eine Entschuldigung, dass man hier in der Umgebung wegen der großen Marinebasis und der bevorstehenden Olympiade in Athen in diesen Tagen sehr vorsichtig sei, denn es habe bereits etliche Terrorwarnungen gegeben. Die Offizierin setze ein bezauberndes, entwaffnendes Lächeln auf und ergänzte in einem akzentfreien Deutsch: „Ach wissen Sie, mit ihrem leichenblonden Bart schauen sie eigentlich aus wie Ajatollah Khomeini. Da ist es doch kein Wunder, dass Sie als Terrorist auf einer Marinebasis verhaftet worden sind.“ Ich musste grienen. Nachdem sie die kleine Bemerkung ihren Kollegen auf griechisch erzählt hatte, lachten alle ... und das Eis war gebrochen.

                                      Jetzt holte der Offizier eine Seekarte hervor und erklärte mir, wie ich mich in der markierten Passage durch das militärische Sperrgebiet in der Meerengen zwischen Salamis und dem Festland genau bewegen könne und nicht über die Begrenzungsbojen des Kanals fahren dürfe. Als ich ihm von der kleinen Begegnung mit der Küstenwache am Hafen von Piräus erzählt hatte und ich meinte, ich sei eigentlich nur diesen Anweisungen gefolgt und habe mich küstennah aufgehalten, begann er zu grinsen. „Ist vermutlich in Deutschland genauso, dass eine Institution von der anderen nichts weiß“, kommentierte er meine Ausführungen und ich konnte ihm mit einen Nicken nur zustimmen.

                                      Zum Schluss inspizierte der deutsch sprechende Offizier und der gesamte Rest der Grenzwache meinen Kajak, vermutlich mehr aus Interesse als aus Pflichterfüllung. Ganz offiziell fragte er mich, ob ich Drogen dabeihabe. Ich erklärte ihm, dass ich lediglich reinen weißen Raffinadezucker mitführe, um meine Energiereserven am Nachmittag aufzufüllen, anstelle des teuren Traubenzuckers. Ich zeigte ihm eine fast leere Plastikflasche mit weitem Hals, schraubte sie auf und er konnte eine Probe entnehmen, die er tatsächlich als Zucker definierte. Eine weitere Plastikflasche lag in der Sitzluke mit der gleichen Verschlussfarbe, die sich ebenfalls als Zuckerbüchse entpuppte. Sie lag bereits als Reserve für die fast leere Dose in der Sitzluke.

                                      Nun entdeckte mein Offizier noch eine identische Plastikflasche mit einer anderen Deckelfarbe und wollte natürlich auch diese kontrollieren. Ich wurde ein wenig verlegen und mein Kopf musste einen leicht rötlichen Stich angenommen haben, als ich ihm erklärte, dass diese Flasche leer sei und einem anderen Zwecke diene. Scheinbar ist in meinem Gegenüber die Skepsis erwacht, denn er bestand darauf, diese Flasche ebenfalls zu überprüfen, trotz aller Gegenwehr meinerseits. Aber er ließ sich nicht davon abbringen. Zum Schluss gab ich auf und erklärte: „Gut, Sie können die Flasche kontrollieren. Aber nur auf Ihre eigene persönliche Verantwortung!“ Natürlich war der Offizier einverstanden, sein Jagdinstinkt war jetzt erwacht. Ich schraubte den Deckel ab und reichte ihm die Flasche. Er nahm sie, schaute hinein. Dabei musste ihm ein Geruch in die Nase gestiegen sein, den er absolut nicht vertrug. Er verzog dermaßen sein Gesicht, dass alle Anwesenden zu ihm hinschauten und die Unterhaltung der anderen urplötzlich verstummte. Während er mir angewidert die Flasche zurückgab und ich schnell wieder den Deckel aufschraubte, meinte ich nur: „Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, nur auf Ihre eigenen Verantwortung! Das ist nämlich meine Pinkelflasche und in der griechischen Sonne bei 40 Grad im Schatten, da kann man sie noch so sauber ausspülen, nach einiger Zeit der Benutzung entsteht halt ein entsprechendes Geschmäckle ...“

                                      Der Offizier begann lauthals zu lachen und als er den gesamten Vorgang dann seinen Leuten auf griechisch erzählte, steckte sein Lachen die andern an. Es mussten einige entsprechend böse Bemerkungen gefallen sein, denn das Gesicht des Offiziers nahm ebenfalls eine leichte rötliche Färbung an. Aber er schien darüber zu stehen, als er lächelnd meinte, die Kontrolle sei nun beendet.

                                      Zum Schluss trug man meinen Kajak zum Hafenbecken und ließ ihn zu Wasser und der Offizier bat mich, unbedingt die rote Schwimmweste anzuziehen, damit ich in der schmalen Fahrrinne die restlichen zwei Seemeinen besser gesehen werde. Alle verabschiedeten mich sehr freundlich. Ich bedankte mich bei den beiden deutsch sprechenden Beamten mit Handschlag für die gute Übersetzung und ihre außerordentliche Hilfsbereitschaft in dieser Angelegenheit, stieg ein und fuhr ab. Akribisch hielt ich die mir vorgegebene Route ein, so wie ich es versprochen hatte. Andere Schiffer sahen das schon lockerer und fuhren auch außerhalb der Begrenzungsbojen. Das waren aber Griechen.

                                      Einige Tage später war ich in Isthmia am Kanal von Korinth angelangt. Die Berater in der Kundenabfertigung erklärten mir auf englisch, wieder wie ein Jahr zuvor auch, dass ich aus Sicherheitsgründen nicht selber durch den Kanal fahren dürfe, ich aber in rund einer Stunde eine Mitfahrgelegenheit auf einem Pilot-Boot bekommen werde. Ich fragte sicherheitshalber nach dem Tarif. Da stutzte der Kundenbetreuer ein wenig und fragte: „Mit einem gelben Kajak? 45 Euro? Waren Sie letztes Jahr schon einmal hier? Ja - also doch!“ und ich erhielt als Antwort: „OK, tax free! Ja, ich kann mich noch erinnern, obwohl ich Sie noch nie gesehen habe! Sie sind damals das Tagesgespräch gewesen, in unseren Kneipen ... von Venedig bis nach Bari und dann von Igoumenitsa bis hierher, mit einem „Canoe“ und dann noch weiter, erzählen Sie mal.“ In der Zwischenzeit sind immer mehr Bedienstete der Kanalverwaltung zusammengekommen. Während ich auf den Schlepper wartete, gab ich meine Geschichte von der Weiterfahrt vor einem Jahr preis ... dass ich bis runter nach Rhodos ohne Fähre gepaddelt war, dann die Südküste von Kreta befuhr, die halbe Peloponnes von Gythio bis nach Patras umrundete. Auch meine heurige Reise umschrieb ich in groben Zügen und dass ich wieder hoch nach Igoumentisa möchte, um von dort mit einer Fähre nach Venedig zu gelangen ...

                                      Die kleine Vorgeschichte aus dem Jahre 2003, entsprechend meinem Tagebuch: Als ich durch den Isthmus von Korinth zum ersten Mal von West nach Ost fahren und ich blauäugig in den Kanal hineinpaddeln wollte, hielt mich die Aufsicht bei der Einfahrt zurück. Gerade als ich die versenkte Brücke passiert hatte, erschallte ein Pfiff und der Brückenwart fuchtelte aufgeregt mit den Armen. Er erklärte mir auf englisch, dass ich den Kanal so nicht benutzen dürfe, weil erstens ein Frachter mir entgegenkomme und zweitens der Kanal grundsätzlich für motorlose Sportboote gesperrt sei. Er verwies mich an den Tower, ich solle dort meine Passage abklären. Also paddelte ich an den Strand, bootete aus und begab mich zu dem Turm, stieg die Treppe hinauf, klopfte an die Tür und trat ein. Zwei Männer in weißen Uniformen hatten Dienst und hörten sich geduldig mein Anliegen an. Scheinbar hatten sie solch ein Problem noch nicht, denn sie setzten sich telefonisch mit der Zentrale der Kanalgesellschaft auf der anderen Seite des Kanals in Verbindung und erkundigten sich, welche Optionen möglich seien. Als Ergebnis ihrer Ermittlungen war ein Angebot für einen Transfer auf einem Schlepper für 45 Euro. Was blieb mir da noch übrig, als auf die Offerte einzugehen. Trotzdem begann ich ein wenig zu feixen. Ich erklärte ihnen, dass ich in Grado/Venedig gestartet sei und mir die Überfahrt auf der Schnellfähre von Bari nach Igoumenitsa mit rund 360 km nur 48 Euro gekostet hatte, die 6 km Kanal aber 45 Euro kosten sollen. Die Leser der Zeitung in der ich meine Erlebnisberichte veröffentliche, würden nur noch den Kopf schütteln über das griechische Verhältnis von Geld zur Leistung. Natürlich spöttelten sie auch zurück und meinten, wenn der Kajak 1000 Euro kosten würde, könnten sie ohne weiteres auch 500 Euro für die Passage verlangen, wenn ich die rund 350 km um die Peloponnes ablehne. Oder ich könnte auch den Kajak über den Berg tragen. Naja, es würde sicherlich auch private Trucks geben, die das erledigten könnten, gab ich zu bedenken und ergänzte, dass das sicherlich im Beipack mit einem Trinkgeld zu machen sei und außerdem habe ich ja sowieso vor, auf meiner Rückreise um die Peloponnes zu paddeln. So ging es noch eine Zeit lang weiter, auch noch unten am Strand, weil die beiden Offiziellen sich mein Boot anschauen wollten, um es zu taxieren. Als der Schlepper am Kai anlegte, hatte ich den Kajak in der Zwischenzeit dorthin geschleift. Nachdem mir die Matrosen geholfen hatten, den Kajak auf den Schlepper zu verladen, kam einer der beiden Verhandlungspartner, klopfte mir auf die Schulter und erklärte, der Transport sei frei, ich müsse nichts bezahlen. Scheinbar hatten er mit dem Crewchef verhandelt. Die Besatzung hole einen russischen Frachter ab und geleite ihn durch den Kanal und nähme mich nun als „Beipack“ mit. Die fünf Männer waren äußerst freundlich, erklärten mir alles auf ihrem Schlepper, beantworteten geduldig meine Fragen und boten mir alles mögliche an: Kaffee, Wasser, Cola, Zigaretten, usw. Ich lehnte aber dankend ab. Ich war schon froh, mit der Durchfahrt so glimpflich davon gekommen zu sein. Am anderen Ende des Kanals half mir die Besatzung erneut und trug den Kajak bis zur Treppe, die ins Wasser führte. Ich wollte meinen Helfern einen Schein für eine Runde Bier geben. Aber sie nahmen ihn nicht an, auch der Bootsführer lehnte ab. Als ich einem Matrosen aber demonstrativ das Geld in die Brusttasche steckte, wurde es akzeptiert. Winkend verabschiedeten wir uns voneinander. Es war für mich ein sehr beeindruckendes Erlebnis, meine erste Durchfahrt durch den Kanal von Korinth, wenn auch nur huckepack und die direkte Begegnung mit griechischen Seeleuten.

                                      Auch der Schiffsführer des Schleppers der mich jetzt abholte, erinnerte sich noch an mich, obwohl ich auch ihn zum ersten Mal gesehen und gerade kennen gelernt hatte. Der Transfer verlief reibungslos: Ich hatte den Kajak bereits an den selben Steg gezogen, wie voriges Jahr, die schweren Flaschen und die Büchsen in Plastiktüten verpackt und das Paddel von der Sicherungsleine abgeknotet. Fast alle Crewmitglieder halfen, den Kajak an Bord zu tragen. Das Pilotboot hatte durch den Kanal eine Freifahrt, weil es erst auf der Westseite einen Frachter „anleinen“ musste. Das Ausladen passierte an der selben Stelle wie letztes Jahr das Einladen. Der Schiffsführer fragte mich, auf welche Seite des Kanals ich das Boot haben wolle und ich erwiderte, an die Seite, an der es die wenigsten Umstände mache. Wieder hatte ich Probleme, mein Trinkgeld loszuwerden. Alle Matrosen sträubten sich, den Schein anzunehmen, ich musste ihnen sogar nachlaufen. Zum Schluss schob ich meinen Obolus einem wieder in die Tasche.

                                      Noch einmal begegneten wir uns, als ich den Kanal queren wollte und ich das Pilotboot mit dem Frachter im Schlepptau vorbeituckern ließ. Wir winkten uns zu und die gesamte Besatzung stand an der Reling. Sogar der Steuermann winkte aus seinem Führerstand.

                                      Fazit:

                                      Im Gegensatz zur langläufigen und mit Vorurteilen behafteten Meinung breiter Bevölkerungsschichten in Deutschland gegenüber den Balkanstaaten habe ich eigentlich im rein menschlichen Bereich und auch im Umgang mit der „Obrigkeit“ eine sehr gegenteilige und äußerst angenehme Erfahrung gemacht. Die Menschen in ihrer Mentalität und ihr Verhalten gegenüber ihren europäischen Nachbarn unterscheiden sich im zusammenschmelzenden Europa kaum mehr. Die Gastfreundschaft auf dem Balkan ist noch sprichwörtlich und wird sicherlich auch noch bleiben, solange wir sie nicht überfordern und ungebührlich ausnützen. Allerdings gibt es noch gewisse Unterschiede in den politischen und wirtschaftlichen Ausrichtungen zwischen Nord- und Süd-Europa und insbesondere im religiösen Bereich (Christentum / Islam / Orthodoxe Kirchen). Je mehr wir uns aber im vereinigten Europa begegnen, reisen (Tourismus), trekken (Outdoor), persönliche Kontakte pflegen, Freundschaften schließen, miteinander kommunizieren, Meinungen austauschen, sich gegenseitig Respekt erweisen und uns nicht von demokratiefeindlichen Extremisten und missionarischen Fundamentalisten manipulieren lassen, um so schneller wachsen wir gesellschaftlich zusammen und überwinden die uns noch trennenden politischen und religiösen Gräben. Meines Erachtens haben gerade wir „Individualreisende“ dabei einen sehr großen Einfluss auf diese Entwicklung, weil wir mehr auf die einheimische Bevölkerung im jeweiligen Gastland zugehen, abseits der abgekapselten Touristenscharen am mediterranen „Teutonengrill“.

                                      Gut, „geschäftstüchtig“ sind sie, die Bewohner des Balkans, vielleicht sogar ein wenig schlitzohrig. Aber wer ist heute nicht auf seinen eigenen Vorteil fixiert? Man muss derzeit nur googeln, nach der geldgierigen Geisteshaltung unserer Banker und Aktionäre im alten Kerneuropa (Zockermethoden, Wetten auf den Zusammenbruch des Euros und auf Bankrotterklärungen von europäischen Staaten usw.), nach der gemeinschaftsschädigenden Denkweise unserer deutschen Steuerflüchtlinge (geschätztes, transferiertes Kapital, allein in die Schweiz, weit über 100 Milliarden Euro), nach der sozialen Hängematte einiger arbeitsunwilliger, bildungsferner Empfänger von Hartz-IV, insbesondere deren betrügerischen Missbrauch durch falsche Angaben und zusätzlicher Schwarzarbeit (rund 177.000 Straf- und Bußgeld-Verfahren im Jahre 2011, 227.000 ein Jahr zuvor) oder nach der Jagd auf Sonderangebote bei den Deutschen (Ein Beispiel sind die stark frequentierten Schnäppchen-Threads in den einzelnen Foren.). Jeder kann dann feststellen, dass die menschlichen Unterschiede innerhalb Europas gar nicht mehr so groß sind.

                                      Viele Grüße
                                      Beyond
                                      Zuletzt geändert von Beyond; 05.12.2012, 15:04. Grund: Rechtschreibfehler ausgemerzt

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                                        Fuchs
                                        • 11.05.2010
                                        • 1466
                                        • Privat

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                                        hey beyound.

                                        nach der sozialen Hängematte einiger arbeitsunwilliger, bildungsferner Empfänger von Hartz-IV, insbesondere deren betrügerischen Missbrauch durch falsche Angaben und zusätzlicher Schwarzarbeit (rund 177.000 Straf- und Bußgld-Verfahren im Jahre 2011, 227.000 ein Jahr zuvor)
                                        das ist unter deinem niveau. zumindest hoffe ich das.
                                        denk nochmal drüber nach...
                                        Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave.

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                                        • LihofDirk
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                                          Liebt das Forum
                                          • 15.02.2011
                                          • 13729
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                                          Zitat von krupp Beitrag anzeigen
                                          hey beyound.



                                          das ist unter deinem niveau. zumindest hoffe ich das.
                                          denk nochmal drüber nach...
                                          Im Vollzitat/ Gesamtzusammenhang ließt es sich deutlich anders, in meiner Auffassung.

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